„Karl Deichgräber“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
 
(42 dazwischenliegende Versionen von 21 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 2:
 
== Leben ==
Karl Deichgräber besuchte bis 1922 das [[Gymnasium Ulricianum]] in [[Aurich]]. Ab 1922 studierte er [[Klassische Philologie]], aber auch andere Fächer in [[Georg-August-Universität Göttingen|Göttingen]], später in [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]] und [[Westfälische Wilhelms-Universität|Münster]], wo [[Hermann Schöne (Philologe)|Hermann Schöne]] ihn darauf verpflichtete, sich auf die Medizingeschichte zu konzentrieren. 1928 wurde er in Münster mit einer Arbeit über die griechische Ärzteschule der sogenannten Empiriker promoviert. Nach Berlin zurückgekehrt, [[Habilitation|habilitierte]] sich Deichgräber 1931 mit einer Untersuchung zum ersten und dritten Epidemienbuch des [[Hippokrates von Kos|Hippokrates]]. 1935 erhielt er einen Ruf als Außerordentlicher Professor für Gräzistik nach [[Philipps-Universität Marburg|Marburg]]; drei Jahre später wurde er eindeutig wegen seiner fachlichen Qualifikation Nachfolger von [[Max Pohlenz]] in Göttingen, abersowohl wegen seiner fachlichen Qualifikation als auch weil, so der Rektor der Universität, "in weltanschaulicher Hinsicht nur Vorzügliches zu berichten" war.<ref>Wegeler, "...wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik", S. 254</ref> Am 12. Juni 1937 beantragte er die Aufnahme in die [[NSDAP]] und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.437.470).<ref>Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/5941154</ref><ref>Vgl. Anikó Szabó, Göttingen 2000, S. 116.</ref>
Von 1939 bis 1945 diente er dort auch als Dekan der Philosophischen Fakultät. Auswärtige Rufe nach Graz, Würzburg und Frankfurt lehnte er ab. Von 1938 tratbis 1945 war er inordentliches dieMitglied NSDAPder ein[[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]].<ref>VglHolger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' AnikóFolge Szabó3, Bd. 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 20003-525-82516-1, S. 11666.</ref>
 
Am 25. Januar 1946 wurde Deichgräber aus seinem Amt entlassen, was er selbst zeitlebens als zutiefst ungerecht empfand<ref>Schröder, Art. Deichgräber</ref>. Seine Rolle im Nationalsozialismus hat er nie hinterfragt. 1951 wurde er wie die meisten seiner Kollegen über das §131er Gesetzals ''[[Professor zur Wiederverwendung131er]]'' rehabilitiert. Gegen den Antrag des Senats der Universität Göttingen, ihn zu emeritieren, was ein geringeres Ruhegehalt mit sich gebracht hätte, legte er Widerspruch ein. Klage drohte er schließlich an, um seine Wiederverwendung auf dem Latte-Lehrstuhl zu erreichen. Er wurde 1957, nach der Emeritierung des von den Nationalsozialisten vertriebenen, aber nach Göttingen zurückgekehrten [[Kurt Latte]], wieder in sein altes Amt als ordentlicher Professor der Klassischen Philologie eingesetzt.<ref>Wegeler, "...wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik, S. 270 f.</ref>
 
Er lehrte danach in Göttingen bis zu seiner Emeritierung im April 1968. Sein Nachfolger wurde [[Klaus Nickau]].
 
Karl Deichgräber war der Bruder des Architekten [[Ludwig Deichgräber]]. Er war seit 1934 verheiratet mit Ilse Deichgräber (geb. Lammers). Die Eheleute hatten einen Sohn [[Reinhard Deichgräber|Reinhard]] und die Töchter Gisela, Almuth und Hildegard.
 
== Schriften (Auswahl) ==
* ''Die griechische Empirikerschule:. Sammlung der Fragmente und Darstellung der Lehre.''. Berlin 1930 (Diss.Dissertation Münster 1928; erw.erweiterter Nachdr.Nachdruck Berlin/Zürich 1965).
* ''Die Epidemien und das Corpus Hippocraticum:. Voruntersuchungen zu einer Geschichte der koischen Ärzteschule''. Berlin(= ''Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1933, (erwphil.-hist. NachdrKlasse.'' Nr. 3). Berlin 1933; erweiterter Nachdruck Berlin/New York 1971).
* ''Hippokrates über Entstehung und Aufbau des menschlichen Körpers (Peri sarkon).''. In Gemeinschaft mit den Mitgliedern des philologischen Proseminars Berlin. Mit einem sprachwissenschaftlichen Beitrag von [[Eduard Schwyzer]]. Leipzig 1935.
* ''Die Lykurgie des Aischylos: Versuch einer Wiederherstellung der Dionysischen Tetralogie.''. Göttingen 1939 (Nachr. d. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen. Philol.-histor. Kl. Fachgruppe 1, Altertumswissenschaft. Neue Folge, Bd. 3, Nr. 6).
* ''Die Perser des Aischylos''. Göttingen 1941 (Nachr. d. Akad. d. Wiss. in Göttingen. Philol.-histor. Kl., Jahrg. 1941, Nr. 8).
* ''Eleusinische Frömmigkeit und homerische Vorstellungswelt im homerischenHomerischen Demeterhymnus.''. Verlag der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (in Kommission bei Franz Steiner Verlag, Wiesbaden), Mainz 1950 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1950, Nr.Band 6).
* ''Professio medici:. zumZum Vorwort des Scribonius Largus.''. Verlag der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (in Kommission bei Franz Steiner Verlag, Wiesbaden) Mainz 1950 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1950, Nr.Band 9).
* ''Aus Victor Hehn Nachlaß.'' (= ''Abh. d. Akad. d. Wiss. u. Lit. in Mainz,.'' Jg. 1951, Nr. 9).
* ''Der listensinnende Trug des Gottes: vier Themen des griechischen Denkens''. Göttingen 1952.
* ''Natura varie ludens:. einEin Nachtrag zum griechischen Naturbegriff.''. Mainz 1954 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1954, Nr.Band 3).
* ''Der hippokratische Eid.''. Stuttgart 1955 (4., erw.erweiterte Aufl.Auflage 1983).
* ''Parabasenverse aus Thesmophoriazusen II des Aristophanes bei Galen''. Berlin 1956 (Sitzungsber. d. Dt. Akad. d. Wiss. zu Berlin. Kl. für Sprachen, Literatur u. Kunst, Jahrg. 1956, Nr. 2).
* ''Galen als Erforscher des menschlichen Pulses: ein Beitrag zur Selbstdarstellung des Wissenschaftlers (De dignotione pulsuum I 1)''. Berlin 1957 (Sitzungsber. d. Dt. Akad. d. Wiss. zu Berlin. Kl. für Sprachen, Literatur u. Kunst, Jahrg. 1956, Nr. 3).
* ''Parmenides'Parmenides’ Auffahrt zur Göttin des Rechts:. Untersuchungen zum Prooimion seines Lehrgedichts.''. Mainz 1958 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.Sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1958, Nr. 11).
*( mit [[Fridolf Kudlien]] und Franz Pfaff): ''Galens Kommentare zu den Epidemien des Hippokrates''. Berlin 1960.
* ''Rhythmische Elemente im Logos des Heraklit.''. Mainz 1963 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.Sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1962, Nr. 9).
* D''ie Musen, Nereiden und Okeaninen in Hesiods Theogonie''. Mit einem Nachtrag zu ''Natura varie ludens''. Mainz 1965 (Abh.= ''Abhandlungen der Akad.Akademie d.der Wiss.Wissenschaften &und der LitLiteratur. Geistes- und Sozialwiss.Sozialwissenschaftliche KlKlasse.,'' Jahrg.Jahrgang 1965, Nr. 4).
* als Hrsg. mit [[Hans Diller]] und [[Heinz Goerke]]: ''Ars medica. Texte und Untersuchungen zur Quellenkunde der Alten Medizin. Schriftenreihe des Instituts für Geschichte der Medizin der Freien Universität Berlin.'' II. Abteilung: ''Griechisch-lateinische Medizin.'' Berlin 1968 ff.
* ''Medicus gratiosus:. Untersuchungen zu einem griechischen Arztbild'', mit dem Anhang ''Testamentum Hippocratis und Rhazes' De indulgentia medici.''. Mainz 1970 (= Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 1970, Nr. 3, S. 65–70).
*''Charis und Chariten, Grazie und Grazien''. München 1971.
* ''AretaeusCharis vonund KappadozienChariten, alsGrazie medizinischerund SchriftstellerGrazien''. BerlinMünchen 1971.
* ''Aretaeus von Kappadozien als medizinischer Schriftsteller.'' Mit Anhang: ''Der kranke Gelehrte.'' Berlin 1971 (= ''Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, philosophisch-historische Klasse.'' Band 63,3).
*''Der letzte Gesang der Ilias''. Mainz 1972 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 1972, Nr. 5).
* ''Hippokrates'Der Deletzte humoribus inGesang der Geschichte der griechischen MedizinIlias''. Mainz 1972 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 1972, Nr. 145).
* ''PseudhippokratesHippokrates' ÜberDe diehumoribus Nahrung:in Text,der Kommentar und Würdigung einer stoisch-heraklitisierenden Schrift ausGeschichte der Zeit um Christigriechischen GeburtMedizin''. Mainz 19731972 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 19731972, Nr. 314).
* ''Pseudhippokrates'Die PersertetralogieÜber desdie Aischylos''Nahrung: mitText, einemKommentar Anhang,und ''Aischylos'Würdigung Glaukoseiner Pontiosstoisch-heraklitisierenden u.Schrift Leonaus der Zeit um Christi Geburt'',. Mainz 19741973 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 19741973, Nr. 43).
* ''Die PatientenPersertetralogie des HippokratesAischylos'': historisch-prosopographischemit Beiträgeeinem zuAnhang, den''Aischylos' EpidemienGlaukos desPontios Corpusu. HippocraticumLeon''., Mainz 19821974 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 19821974, Nr. 94).
* ''DerDie letztePatienten Gesangdes derHippokrates: historisch-prosopographische Beiträge zu den Epidemien des Corpus IliasHippocraticum''. Mainz 19721982 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 19721982, Nr. 59).
* ''Das Ganze-Eine des Parmenides: fünf Interpretationen zu seinem Lehrgedicht''. Mainz 1983 (Abh. der Akad. d. Wiss. & Lit. Geistes- und Sozialwiss. Kl., Jahrg. 1983, Nr. 7).
 
Zeile 42 ⟶ 43:
* Inge Auerbach: ''Catalogus professorum academiae Marburgensis. Zweiter Band: 1910 bis 1971''. Marburg 1979, S. 484
* [[Hans Gärtner (Philologe)|Hans Gärtner]]: ''Nachruf auf Karl Deichgräber''. In: ''[[Gnomon (Zeitschrift)|Gnomon]]''. Band 58 (1986), S. 475–480.
* [[Wilt Aden Schröder]]: ''Deichgräber, Karl Marienus''. In: ''[httphttps://www.ostfriesischelandschaft.de/obiofileadmin/detailuser_upload/BIBLIOTHEK/BLO/Deichgraeber.php?id=97pdf Biographisches Lexikon für Ostfriesland]''
* Anikó Szabó: ''Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung:. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus, mit einer biographischen Dokumentation der entlassenen und verfolgten Hochschullehrer: Universität Göttingen – TH Braunschweig – TH Hannover – Tierärztliche Hochschule Hannover.'' [[Wallstein Verlag|Wallstein]], Göttingen 2000, ISBN 978-3-89244-381-0 (= ''Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen'' (nach 1945), Band 15, zugleich [[Dissertation]] an der [[Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover|Universität Hannover]] 1998)
* Cornelia Wegeler: ''„… wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik“. Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut für Altertumskunde 1921–1962.'' Böhlau, Wien 1996, ISBN 3-205-05212-9, S. 254, 270f.
 
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|118878905}}
* {{Teuchos-Prosopographie|Deichgraeber.Karl|Karl Deichgräber|[[Wilt Aden Schröder]]}}
* Wilt Aden Schröder: [httphttps://www.ostfriesischelandschaft.de/fileadmin/user_upload/BIBLIOTHEK/BLO/Deichgraeber.pdf Ausführliche Vita Deichgräbers] im [[Biographisches Lexikon für Ostfriesland|Biographischen vonLexikon Ostfriesischefür LandschaftOstfriesland]]
* {{LAGIS|ref=nein|DB=HBN|ID=118878905|titel=Deichgräber, Karl Marienus|datum=2020-05-11}}
 
== Einzelnachweise ==
Zeile 62 ⟶ 65:
{{SORTIERUNG:Deichgraber, Karl}}
[[Kategorie:Altphilologe (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Gräzist]]
[[Kategorie:Medizinhistoriker]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Georg-August-Universität Göttingen)]]
[[Kategorie:Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]]
[[Kategorie:Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur]]
[[Kategorie:NSDAP-Mitglied]]
Zeile 71 ⟶ 75:
[[Kategorie:Gestorben 1984]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Absolvent der Universität Münster]]
 
{{Personendaten
|NAME=Deichgräber, Karl