Coffee to go
Von Sarah Lou Dodds
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Über dieses E-Book
Erst als sie mit Ethan auf ein Date geht, stellt sie fest, wie sicher und geborgen sie sich bei ihm fühlt. Wäre da nur nicht Evelyns Vergangenheit, die wie eine graue Wolke über der aufkeimenden Beziehung schwebt. Als sich Evelyn dann doch auf Ethan einlässt, ist es sein Geheimnis, das die zwei auseinanderzubringen droht...
Sarah Lou Dodds
Sarah Louise Dodds wurde 1999 in Detmold geboren und entdeckte bereits in der Grundschule ihre Liebe zum Schreiben von Geschichten. Derzeit verfolgt sie ein Studium in Journalismus und Public Relations. Neben dem Lesen und Schreiben genießt Sarah es, Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden zu verbringen. Ihr treuer Begleiter, ein Golden Retriever namens "Buddy", ist stets an ihrer Seite und sorgt für Inspiration und Freude in ihrem Alltag. Die junge Autorin hat Wurzeln in Nord-Irland und verbringt so viel Zeit wie möglich dort. Ohne Kaffee geht bei Sarah gar nichts.
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Buchvorschau
Coffee to go - Sarah Lou Dodds
Kapitel 1
Wie kann ein Mensch nur so laut schnarchen?, fragte ich mich, als ich an Sabrinas Zimmer vorbei ins Bad schlich.
Ich huschte über die kalten Fliesen und wärmte meine Füße an dem grauen flauschigen Teppich vor dem Waschbecken wieder auf. Im Spiegel schaute mir eine junge Frau entgegen, die mit ihren tiefen Augenringen als Waschbär hätte durchgehen können.
Außerdem würde man mich mit der zu blasse Haut sofort für den nächsten Twiglight-Film casten, dachte ich.
Tief seufzend stellte ich fest, dass sich ein neuer Pickel auf meinem Gesicht breitmachte. Genervt hantierte ich mit dem Make-up herum und verließ das Bad mit mehr Frust als Zufriedenheit. Beim Vorbeigehen an Sabrinas Zimmertür ertönte ein lauteres Schnarchen als zuvor. Meine Mundwinkel zuckten nach oben, denn ich war davon überzeugt, dass sie auch heute zu ihrer Vorlesung zu spät kommen würde.
Sonderlich kreativ war ich in meiner Kleiderauswahl nicht. Zwar glaubte ich Sabrina nicht alles, was aus ihrem vorlauten Mundwerk kam, doch nach einem Blick in meinen Kleiderschrank war klar, warum sie der Meinung war, dass ich einem Film aus den Dreißigern entsprungen sei.
„Selten habe ich so langweilige und farblose Klamotten gesehen", hatte sie mal zu mir gesagt.
Gleichgültig griff ich nach den ersten Kleidungsstücken, die mir in die Hand fielen: eine schwarze Skinny-Jeans und ein weißes basic T-Shirt. Fertig angezogen befestigte ich noch die goldene Herzkette, die mein Vater mir zu meinem siebten Geburtstag geschenkt hatte, hinter meinem Nacken. Sie gehörte zu meinen wertvollsten Gegenständen, und ich stopfte mein Portemonnaie und Macbeth von William Shakespeare in die schwarze Handtasche. Bei dem bloßen Gedanken an sein Werk bildete sich ein kurzes, kaum bemerkbares Grinsen um meine Mundwinkel.
Ich warf mir die Tasche über die Schulter, schnappte mir mein Handy und schlenderte in die Küche. Die Kaffeemaschine brodelte vor sich hin, nachdem ich sie reflexartig angeschaltet hatte, und mir entfloh ein entspanntes Seufzen. Für einen Moment schloss ich die Augen und lauschte zufrieden. Als das Geräusch erlosch und der Kaffee fertig gekocht hatte, spielte ich mit dem Gedanken, lieber einen Tee, statt einen Kaffee zu trinken. Versprach mir dann aber, meiner Koffeinsucht erst morgen ein Ende zu setzen. Wohlwissend, dass ich auch dann nicht auf meinen Kaffee verzichten würde.
Zufrieden mit meiner Entscheidung füllte ich den Kaffee in meine Tassen und gab besonders viel Milch hinzu, roch kurz an meinem Lieblingsgetränk und begann, vorsichtig daran zu nippen.
Stirnrunzelnd stellte ich das Getränk an die Seite, um es abkühlen zu lassen, und warf stattdessen einen ersten Blick auf mein Handy. Nicht einmal eine Sekunde später spürte ich, wie sich das Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete und es auch ohne Kaffee wohlig warm in mir wurde.
Es war eine WhatsApp-Nachricht von meinem Bruder Josh.
Morgen Lyn, fliegen jetzt von New York nach Nashville. Denke jeden Tag an dich und vermisse dich.
Love, Josh xoxo.
Der Zeitunterschied war uns beiden bewusst. An manchen Tagen zerriss es mich, zu wissen, dass die eine Person, der ich nah sein wollte, gleichzeitig die Person war, die so weit von mir entfernt war. Die Entfernung hielt uns aber nicht davon ab, so zu tun, als würden wir ein gemeinsames, funktionierendes Leben führen. Morgen Josh, flieg vorsichtig. Vermisse dich auch. Love. Lyn. xoxo
Das wohlig warme Gefühl und das Grinsen verabschiedeten sich mit einem Blick auf die Uhr. Der Gedanke an meine Pflegemama, die ich liebevoll Mama-Beth nannte, schnürte mir gefühlt den Magen zu, als würde er von einer Würgeschlange in die Mangel genommen werden. Sie würde heute ihre neue Chemotherapie beginnen und ich fürchtete, dass auch diese wieder nicht anschlagen könnte.
Nach dem ersten und letzten Schluck stellte die halbvolle Tasse in die Spüle und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, mit dem Wunsch, dass die Therapie anschlagen würde. Zurück im Flur schlüpfte ich rasch in meine Sneaker und streifte mir eine Jeansjacke über meine Schultern.
Bevor ich nach meinem Schlüsselbund griff, entschied ich mich augenrollend dazu, das Unmögliche möglich zu machen. Vorsichtig klopfte ich an Sabrinas Tür, bekam aber nur ein lauteres Schnarchen als Antwort.
Genug ist genug, dachte ich, öffnete lautstark ihre Tür, marschierte mit raschen Schritten durch das Zimmer und riss die Vorhänge auf.
„Aufstehen, Schönheit, die Sonne lacht, verkündete ich. „Außerdem beginnt deine Vorlesung in einer Stunde.
Wie ein Vampir griff sie nach ihrem Kissen, um das Sonnenlicht abzuwehren, dass geradewegs in ihr Gesicht schien.
„Evelyn, du miese Kröte!", stöhnte sie genervt.
„Du kommst sonst wieder zu spät, sagte ich und lachte. „Außerdem hätte ich eine kreativere Beleidigung von dir erwartet. Du lässt nach.
„Ja … Kurz überlegte sie. „Aber so früh am Morgen brauche ich einen Kaffee, um passende Beleidigungen für dich zu formulieren
, sagte sie schnippisch und mit dumpfer Stimme, denn sie drückte sich das Kissen weiterhin aufs Gesicht.
„Ist schon gekocht und wartet nur darauf, in deine Tasse umgefüllt zu werden."
Langsam bewegte sie das Kissen von ihrem Gesicht. Zum Vorschein kamen giftgrüne Augen, mit denen sie mich fragend musterte. „Ich weiß nicht, ob ich dich lieben oder hassen soll."
„Hier ist ein Vorschlag. Neugierig folgte sie mir mit den Augen, als ich die ersten Schritte zurück zur Tür machte. „Hass mich einfach so sehr, dass du mich liebst.
Ein dezentes Nicken musste mir vorerst als Antwort reichen.
„Bist du auf dem Sprung oder hast du Zeit für einen gemeinsamen Kaffee?", fragte sie hoffnungsvoll.
„Tut mir leid, heute bin ich spät dran, aber wir trinken nachher einen, okay?"
Mit einem weiteren Nicken fiel sie seufzend zurück in ihre Kissen.
„Du schläfst jetzt aber nicht wieder ein, oder?"
Den blonden Wuschelkopf schüttelte sie so heftig, dass er ihr Grinsen verdeckte. „Lyn, wie in Gottes Namen könnte ich nach dieser Aktion und so viel Licht im Zimmer wieder einschlafen?"
Entschuldigend hob ich meine Hände. Ich hatte es ihr definitiv zugetraut.
„Gut, ich wollte nur sichergehen. Viel Spaß in der Uni."
Der hölzerne Fußboden knarrte, als ich ihr Zimmer verließ. Ihr patziges „Na vielen Dank auch" hörte ich trotzdem.
Die gute alte Sabrina. Es war schön, zu wissen, dass sie sich niemals ändern würde. Manchmal könnte sich die Welt ein Beispiel an ihr nehmen.
Der niedliche schwarze Corsa D stand in der Sonne, der Spätsommer war in diesem Jahr wirklich gut zu uns. So viel Sonne war für London ungewöhnlich. Sofort nach dem Einsteigen umhüllte mich der angenehme sachte Geruch von Vanille. Zufrieden stellte ich fest, dass der Duftbaum definitiv die richtige Entscheidung gewesen war. Zwar war es nur ein Opel Corsa, aber es war mein erstes eigenes Auto und mein ganzer Stolz. Mit dem Umdrehen des Zündschlüssels begann, der alte Motor zu rappeln, und mein Handy verband ich mit dem AUX-Kabel, bevor ich mich anschnallte.
Mein Spotify entschied sich für Piece by Piece von Kelly Clarkson und ich summte die Melodie leise mit. Wie beinahe jeden Morgen ärgerte ich mich über die Menschen, die einfach nicht Auto fahren konnten. Natürlich rechnete ich in London mit solchen Chaoten, akzeptiert hatte ich sie aber trotzdem noch nicht. Besonders die BMW- oder Audi-Fahrer, die der Meinung waren, wegen ihrer Autos auf alle Verkehrsregeln verzichten zu können, trieben mich zur Weißglut. Für meine missbilligenden Blicke hatten sie aber nicht die geringste Zeit, schließlich fuhr ich nur einen Opel.
Vollidioten, dachte ich kopfschüttelnd.
Als wenigstens mein Standardparkplatz, nicht weit vom Café entfernt, frei war und ich mein Auto ohne Probleme abstellen konnte, beruhigte ich mich wieder. Nach einem fünfminütigen Spaziergang kam ich auch endlich an dem Café an, welches wie mein zweites Zuhause war.
Durch das Aufstoßen der Tür klingelten die Glöckchen über der Tür und als mir der altbekannte Geruch von Kaffee und Gebäck in die Nase stieg, löst das ein Gefühl von Gemütlichkeit und Geborgenheit in mir aus.
Für einen kurzen Moment weilte ich in Erinnerungen. Schon vor drei Jahren, als ich nach London gekommen war, hatte sich das Café zu meinem liebsten Ort gemausert. Trotz des Lächelns, das sich an meinem Mundwinkel anbahnte, konnte ich es fast nicht glauben, dass ich seit meinem Umzug in die Stadt auch hier arbeitete.
Kaffee auszuschenken und Bagel zu belegen, war mit Sicherheit nicht mein Traumjob. An die vielen netten Stammkunden hatte ich mich aber gewöhnt. Die meisten sogar liebgewonnen. Die alten Damen, die hier ihren Kaffeeklatsch hielten und mich anlächelten, als sei ich ein wahrer Engel. Nur, weil ich ihnen ohne Aufpreis Kaffee nachschenkte. Die Workaholics, die sich hier eine wohlverdiente Pause gönnten und die Gedanken der Arbeit verdrängen konnten, wenn auch nur kurz. Und nicht zu vergessen die übermüdeten Schüler, die unbedingt Pretty Little Liars zu Ende schauen wollten und an ihren Augenringen zu urteilen wahrscheinlich deswegen bis spät in Nacht wach geblieben waren. Für all diese Menschen war ich schon längst nicht mehr Miss Bennet, diese Menschen waren bereits Teil meiner großen Pottine-Familie. Und für Familie war ich Lyn.
Mit Großbuchstaben stand der Name Café Pottine über dem Eingang des Lokals und an der Menütafel wechselte ich wieder lediglich das Datum. Die Angebote änderten sich nie, zumindest nicht, seit ich hier arbeitete.
„Die Leute lieben, was sie kennen, und wollen nichts anderes, sagte die Inhaberin Claire immer, wenn ich die mangelnde Abwechslung ansprach. Ganz nach dem Motto: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.
Nachdem ich das Schild an der Tür umdrehte und es „Geöffnet" anzeigte, legte ich mir die Schürze um und stellte schon einmal die Kaffeemaschine an.
„Morgen, Lyn."
Jess’ helle Stimme war unverwechselbar und so wusste ich, auch ohne sie gesehen zu haben, dass sie mit schlurfenden Schritten durchs Café ging. Sie war ein Senior in High School und holte sich, seit ich hier arbeitete, jeden Morgen ihr Frühstück und Schullunch ab. Auf die Frage, warum sie nicht einfach in der Schule zu Mittag aß, zuckte sie nur mit den Schultern und meinte, es schmecke nach Erde. Wie so oft hatte sie Augenringe, die aus der Unterwelt stammen mussten, und ihre Schulkrawatte war auch falsch gebunden. Ohne jeden Zweifel fiel sie unter die Kategorie: Schlafen kann ich, wenn ich Tod bin.
„Morgen Jess, bist du gut vorbereitet für heute?", fragte ich in der Hoffnung, dass ein Schwarztee mit extra viel Zucker in der Lage sein würde, sie wieder zum Leben zu erwecken.
Fragend musterte sie mich und schien nicht die geringste Ahnung zu haben, wovon ich sprach. Ich rollte mit den Augen. Sie ist der vergesslichste Mensch, der mir je begegnet ist, dachte ich.
„Deine Englischklausur? Die war doch heute, oder?"
Ihre haselnussbraunen Augen wurden immer größer, was meine Vermutung bereits bestätigte: Sie hatte also nicht gelernt.
„O Mist, das habe ich vergessen. Was mache ich denn jetzt?", fragte sie panisch. Mit einem raschen Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass sie genau dreißig Minuten Zeit hatte, den versäumten Stoff aufzuholen. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, aber auch kein Grund zur Panik.
„Ein bisschen Zeit hast du noch. Lern, so viel du kannst. Ich versuche, dir nebenbei, so gut es geht, zu helfen."
Nickend setzte sie sich zu mir an die Theke, zog das Englisch-Buch aus ihrem überfüllten Rucksack und band sich ihre langen braunen Haare in einen Messy-Bun zusammen.
„Wir schreiben über literarische Analysen, kannst du das?"
Nickend bestätigte ich ihr, dass ich das konnte.
„Lern hauptsächlich den Aufbau auswendig. Damit meine ich Einleitung, Hauptteil und Schluss. Merke dir, welche Aspekte einer Analyse du wann und wo einsetzen musst. In die Einleitung kommen zum Beispiel Titel, Name des Autors, Datum und Ort der Veröffentlichung und solche Sachen. Die gleichen Schritte gehst du dann auch im Hauptteil und im Schluss durch, aber natürlich mit anderen Kriterien. Die müssten in deinen Unterlagen aufgelistet sein. Präg sie dir gut ein, denn wenn du sie auswendig kannst, ist das die halbe Miete. Viel mehr kannst du bei Analysen nicht machen, außer zu hoffen, dass du einen einfachen Text bekommst. Satiren eignen sich ziemlich gut dafür."
Die Fragezeichen in ihren Augen machten mir Sorgen, denn sie hatte mit Sicherheit nicht einmal die Hälfte verstanden.
Weiß sie überhaupt, was eine Satire ist?, fragte ich mich. Mit einem tiefen Atemzug beugte sie sich schließlich über ihre Bücher und begann, zu lesen. Während Jess krampfhaft versuchte, den versäumten Stoff zu lernen, ging das Leben im Café weiter.
Mrs. Miller, Mrs. Smith und Mrs. Clarke hatten sich bereits zusammengefunden und tranken gemeinsam ihren Montagskaffee. Wie immer waren die Top-Gesprächsthemen: das langweilige Leben der Rentner, die guten Noten der Enkel und die jungen Mädchen, die in ihren Augen etwas zu freizügig angezogen waren.
Auch Mr. Dawson war bereits eingetroffen und trank hektisch seinen Cappuccino, während sein Blick ständig zur Uhr schweifte. Ich hätte sogar behauptet, dass sich dieser Mann niemals entspannte. Immer schien er unter Strom zu stehen.
Es fühlte sich an, als hätte ich meinen Blick nur kurz von der Uhr abgewandt, als sich Jess schon verabschiedete. Bevor sie ging, schaute ich noch rasch über ihre Notizen und war zufrieden mit ihr. Für ihre offensichtliche Ahnungslosigkeit hatte sie einiges geschafft und fühlte sich trotz leichter Nervosität besser als zuvor, wie sie mir sagte. Ein letztes Mal legte ich ermutigend meine Arme um sie und wünschte ihr viel Glück, bevor sie sich ihr von mir bereits vorbereitetes Lunchpaket schnappte und sich mit einem Luftkuss verabschiedete.
Die Glöckchen an der Tür klingelten, wie immer, wenn ein neuer Kunde hereinkam. Und nur ein flüchtiger Blick auf meine Armbanduhr war nötig, um zu wissen, wer gerade durch die Tür gekommen war. Schon jetzt hätte ich gern die Flucht ergriffen, doch bereitete stattdessen mit zügigen Schritten alles für seine übliche Bestellung vor. Vergeblich versuchte ich, mich zu wappnen, um diesen emotionslosen, grauen Augen standhalten zu können.
Kapitel 2
Seit vier Wochen kam er nun schon jeden Morgen um Punkt neun Uhr in unser kleines Café. Seine immer gleichbleibende Bestellung konnte ich auswendig, nur an seinen abwertenden, kalten Blick gewöhnte ich mich einfach nicht.
Ein langweiliger Bagel mit Käse, Schinken und drei Scheibchen einer Bio Gurke. Dazu einen schwarzen ungesüßten Kaffee und alles fein säuberlich eingepackt to go.
Noch bevor er die Theke erreicht hatte, hatte ich die Bestellung fertiggestellt. Den Kaffee füllte ich in einen mediumgroßen Becher, auf dem schon eine vorgedruckte Nachricht stand: Es sind die kleinen Dinge, die einem den Tag versüßen. Für uns ist es Kaffee. – Café Pottin. Da die Nachricht bereits auf allen Bechern klebte, brauchte ich sie nur noch mit meinem Namen unterschreiben.
Die Idee hatte die Inhaberin Claire letztes Jahr gehabt, um unseren Kunden ein familiäreres Gefühl zu vermitteln. Ich war aber davon überzeugt, dass sie sich die Idee von Starbucks abgeguckt hatte. Außerdem waren die meisten Menschen viel zu beschäftigt, um sich Botschaften auf Kaffeebechern durchzulesen.
Bevor er seinen Mund öffnen konnte, um zu bestellen, stellte ich bereits alles fertig vor ihm hin.
„Ein Bagel, belegt mit Käse, Schinken und drei Scheiben Gurke, ein schwarzer ungesüßter Kaffee und alles to go, richtig? Etwas überrumpelt schaute er mir in die Augen. Mit jeder vorbeiziehenden Sekunde schnellte mein Puls in die Höhe und seinem Blick nach zu urteilen, war ich mir sicher, dass er etwas Unfreundliches antworten würde. „Ja, das ist richtig so.
Immer wieder verlagerte ich mein Gewicht von einem Bein auf das andere und bemerkte, dass sein Blick nicht von mir abließ. Was er damit bezwecken wollte, war mir ein Rätsel, aber standhalten konnte ich ihn trotzdem nicht.
„Evelyn, Schätzchen, könnten wir noch einen Kaffee bekommen?" Mrs. Clarkes Stimme unterbrach die unangenehme Situation und bot mir einen Grund, mich seinem Blick zu entziehen.
„Natürlich, Mrs. Clarke, kommt sofort."
Etwas gefasster und ohne Herzrasen drehte ich mich wieder zu ihm um. „Ähm, das … das wären dann vier Pfund … vier Pfund fünfzig", stotterte ich verlegen.
Er reichte mir einen Zehner und als ich ihm sein Restgeld geben wollte, verneinte er.
„Das stimmt so – prüfend schaute er auf seinen Kaffeebecher – „Miss Bennet.
Völlig verdutzt sah ich ihn an. „Ich, ähm, vielen Dank."
Meine Wangen wurden heiß. Vermutlich glich mein Gesicht einer Tomate. Augenblicklich hasste ich mich dafür, was die Situation nur verschlimmerte. Amüsiert über meine Reaktion, nahm er seine Bestellung und verließ grinsend das Café.
Mit den Augen folgte ich ihm, bis er an den Fenstern des Geschäfts vorbeigelaufen und aus meinem Sichtfeld verschwunden war. Plötzlich verstand ich gar nichts mehr. Mein Name hatte jeden Morgen auf seinen Kaffeebecher gestanden. Kein einziges Mal hatte er darauf geachtet und noch niemand hatte mir jemals über fünf Pfund Trinkgeld gegeben. Zumindest nicht hier.
„Evelyn, unser Kaffee!"
Durch den Alltagsstress waren der unbekannte Schönling, seine grauen Augen und seine langweilige Bestellung bald vergessen.
Jess kam zur Mittagszeit noch mal vorbei, um mir von ihrer Klausur zu erzählen. Insgeheim glaubte ich, dass sie es nur auf einen Tee und einen Donut abgesehen hatte.
„Lyn, du hast mir heute Morgen echt den Arsch gerettet. Hättest du mich nicht an die Klausur erinnert, wäre meine Analyse verloren gewesen. Jetzt hat sie wenigstens einigermaßen Struktur bekommen."
Grinsend bereitete ich ihren Tee vor. „Dafür musst du mir nicht danken, gelernt hast du ja schließlich selbst."
Stück für Stück knabberte sie an ihrem pinken, mit Zuckerguss glasierten Donut und schaute sich im leeren Café um.
„Und, ist irgendwas Spannendes passiert, als ich weg war?"
Ohne aufzuschauen, zuckte ich mit den Schultern, damit sie mein anbahnendes Lächeln nicht sah.
„Na ja, Ed Sheeran und Taylor Swift haben hier einen Kaffee getrunken, dann hat er mir einen Heiratsantrag gemacht. Ich habe natürlich abgelehnt, er hatte keinen Ring und außerdem gefällt mir seine Frisur nicht. Das Übliche halt."
Zuerst schüttelte sie nur den Kopf, aber dann war schließlich doch ein leichtes Zucken um ihren linken Mundwinkel zu erkennen.
„Wenn dein Tee so schlecht wäre wie deine Witze, hättest du keine Kunden, das kannst du mir glauben."
Die Glöckchen an der Tür läuteten und Jess wie auch ich schauten neugierig zum Eingang.
„Hey, Mrs. Pottine", begrüßte Jess die Dame mittleren Alters.
„Guten Tag, Jessica, sprach Claire sanft und streichelte ihr sacht und vertraut über die Schulter. „Na, hast du schon Schulschluss?
Jess’ Nicken musste als Antwort genügen, immerhin war sie gerade dabei, ihren Tee hinunterzuschlucken. Sie verzog das Gesicht, was vermutlich daran lag, dass sie das Getränk nie genug abkühlen ließ.
„Und dir Evelyn, Süße, wie geht es dir?"
„Gut, danke, Claire."
Ihre Stirn warf feine Falten, während sie mich vorsichtig anlächelte. „Bist du sicher? Ist irgendwas passiert?"
Claire schien Emotionen zu riechen, man konnte dieser Frau nichts verheimlichen. Schon oft hatte ich mir gedacht, dass sie lieber bei der Polizei hätte arbeiten sollen, anstatt sich mit einem Café selbständig gemacht zu haben.
„Nein, alles war wie immer."
Ihr Blick war scharf wie ein Messer und schien mich beinahe zu durchbohren. „Na ja, es gibt da diesen einen Kunden, der mir seit dem ersten Tag, an dem er herkam, unsympathisch war. Heute hat er mich auf einmal angelächelt und viel mehr Trinkgeld gegeben, als seine Bestellung gekostet hat. Ich frage mich nur, woran es plötzlich liegt. Vorher hat man nicht mal ein guten Morgen aus ihm herausbekommen."
„Ist er heiß?", fragte Jess plump mit dem letzten Stück Donut im Mund.
Claire musterte sie empört. „Jessica, so etwas fragt man nicht. Besonders nicht mit solch einer Ausdrucksweise", stellte sie fest.
„Beantworte doch einfach die Frage", erwiderte sie genervt.
„Ja, er ist heiß, wenn du es so ausdrücken willst, aber auch furchtbar arrogant, unfreundlich und kalt."
Nickend nahm Jess einen weiteren Schluck vom Tee, als würde für sie bereits alles feststehen. „Na dann ist doch alles sauber. Er hat dich bestimmt abgecheckt."
Lachend schüttelte ich mit dem Kopf, während Claire die Stirn kraus zog.
„Verzeihung, Jessica, Kleines. Ich glaube, ich habe dich nicht ganz verstanden. Warum sollte der Kunde denn nicht sauber sein? Und was meinst du damit, dass er Evelyn abgecheckt hat?"
Während Jess weiter versuchte, Claire die Jugendsprache näherzubringen, widmete ich mich den neuen Kunden, die hereinkamen. Schließlich verabschiedete sich Jess und auch Claire machte sich eine Stunde vor Ladenschluss auf den Heimweg.
„Bis morgen, Evelyn, ach ja und ähm … bleib schön … fresh", sagte sie, während sie ihre Finger zu einem Peace-Zeichen hochhielt. Ich hätte mir nicht mal ein Lachen verkneifen können, wäre es um mein Leben gegangen.
„Bis morgen, Claire, schönen Feierabend."
Nachdem ich alle Maschinen und Lichter ausgeschaltet hatte, war ich bereit, meine kleine Oase zu verlassen.
Wieder einmal stellte ich fest, wie gemütlichen es war, an einem schönen Sommerabend durch den kleinen Stadtpark zu spazieren. An der roten Ampel blieb ich stehen und freute mich schon, den ganzen Lärm hinter mir zu lassen und mich von den blühenden Blumen, den singenden Vögeln und den sanften Sommerwind berauschen zu lassen. Kaum etwas war schöner, als nebenbei auch noch lesen zu können. Ungeduldig kramte ich in der Tasche. Den gesamten Tag war ich nicht zum Lesen gekommen und der Drang, mich in eine imaginäre Welt zu verstecken, wuchs mit jeder Minute.
Als das rote Männchen zu einem grünen wechselte, ergriff ich das Buch und überquerte die Straße blind. Aus den Augenwinkeln heraus erkannte ich nur noch ein furchtbar grelles Licht, das mich wie ein überraschtes Reh zum Stillstand brachte. Als es schon zu spät schien, war das Quietschen von Reifen das Letzte, was ich vernahm. Ich kniff die Lider zusammen und spürte, wie mich jemand nach vorne schubste und mich damit zu Fall brachte.
Als ich meine Augen öffnete, fand ich mich auf dem harten Asphalt wieder und ging davon aus, dass der LKW mich angefahren hatte. Meine Hand führte ich schmerzerfüllt zu meinem Kopf und bei Berührung meiner Stirn verzog ich mein Gesicht noch mehr. Meine Hände waren mit Blut beschmiert, ob sie aufgekratzt waren oder meine Stirn blutete, konnte ich in meinem benommenen Zustand nicht erfassen. Die Welt schien sich dreimal schneller zu drehen und wie ich auf dem Boden und nicht zerquetscht unter dem LKW gelandet war, war mir schleierhaft.
Unter Schock kniete ich mich hin, beobachtete das Blut auf meinen Händen und versuchte, aus der ganzen Situation schlau zu werden. Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich starke Hände an meiner Hüfte und Schulter spürte, die mir mit sanftem Druck aufhalfen.
Rasch wandte ich mich herum, um mich bei dem Mann mit den starken Händen zu bedanken. Ich rechnete mit dem LKW-Fahrer, doch als ich meinem Helfer in die Augen schaute, erschrak ich. Das emotionslose Grau traf mich und für ein paar kurze Momente verlor ich mich in diesem Nebel. Oft hatte ich überlegt, welcher Beruf einen so unfreundlich machte, aber für einen LKW-Fahrer hätte ich diesen schick gekleideten Mann wirklich nicht gehalten.
„Sie bluten."
Kurz flackerte etwas in seinen Augen auf, als könnte der Unbekannte Sorge verspüren. Schnell griff er in seine Jacketttasche. Hervor zog er eine Packung Taschentücher und drückte eines sacht auf meine Stirn. Benommen wich ich zurück. Und als er seinen Arm um meine Hüfte legte, pumpte mein Herz das Blut rauschend in meine Ohren. Gegen den stechenden Schmerz half es nur, die Zähne fest aufeinanderzubeißen, und ich schien es nicht im Geringsten so gut überspielen zu können, wie ich hoffte. Denn der Unbekannte musterte mich bei jedem Zucken mit einem sorgenden und entschuldigenden Blick.
„So, äußerlich ist das Gröbste überstanden. Aber ich rufe trotzdem einen Krankenwagen. Sicher ist sicher."
Zu meiner Überraschung schenkte er mir ein leichtes Lächeln, welches ich nicht erwidern konnte. Das Taschentuch nahm ich von der Stirn.
„Nein, bitte keinen Krankenwagen. Das ist nicht nötig."
Er lächelte zwar, aber zog sein Handy trotzdem aus der Tasche, um den Notruf zu wählen.
„Mit allem Respekt, Miss, ein Arzt wird das besser beurteilen können, als eine junge Frau mit einer Kopfverletzung."
Seine Antwort mochte vielleicht Sinn ergeben haben, aber unter keinen Umständen würde ich auch nur einen Fuß in den Krankenwagen setzen.
„Ich werde nicht einsteigen, das versichere ich Ihnen", sagte ich mit einer Entschlossenheit, die ihn zu überraschen schien.
„Okay, aber dann halten Sie das Tuch wenigstens weiter auf Ihre Stirn, bis ich Sie ins Krankenhaus gefahren habe."
Mein Blick wanderte zu dem LKW, welchem ich gerade noch so entkommen war, während der Fahrer aus der Kabine stieg und auf uns zulief.
„O Gott, geht es Ihnen gut, Miss?"
Noch immer neben der Spur nickte ich, mein Retter tat jedoch das Gegenteil.
„Natürlich geht es ihr nicht gut. Wäre ich nicht da gewesen, hätten Sie die junge Dame platt gefahren."
Bei der Vorstellung schluckte ich schwer.
„Die Ampel war rot, das müssen Sie doch gesehen haben!", fuhr der Unbekannte den LKW-Fahrer an.
Mit gesenkten Schultern und zitternden Händen schüttelte der Fahrer mit dem Kopf. Seine grauen Haare und die tiefen Ringe unter den Augen ließen ihn älter wirken, als er wahrscheinlich war. Verzweifelt wechselte sein Blick zwischen dem Mann und mir.
Mit jeder Sekunde, die ich ihn ansah, wurde mein Herz schwerer, schließlich trug ich ja irgendwie Mitschuld. Immerhin hatte ich selbst auch nicht aufgepasst und war gedankenverloren über die Straße gegangen.
„Es tut mir aufrichtig leid. Meine Schicht geht schon viel zu lange. Ich muss wohl eingeschlafen sein, so eine Art Sekundenschlaf. O Gott, jetzt verliere ich meinen Job. Wenn mein Chef das erfährt, bin ich raus."
Ob es mein Bauchgefühl oder sein wertender Blick war, wusste ich nicht, doch bevor der Unbekannte mit den grauen Augen wieder eine unfreundliche Antwort von sich geben konnte, beschloss ich, die Situation selbst in die Hand zu nehmen.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Sir. Sie werden Ihren Job nicht verlieren. Es ist alles gut. Mir ist nichts passiert und außerdem hätte ich auch aufpassen müssen. Sie sollten sich ausruhen, fahren Sie nach Hause und nehmen Sie sich, wenn Sie können, ein paar Tage frei."
Wohlwollend legte ich meine Hand auf seine Schulter und wäre es nicht so unangemessen gewesen, hätte ich ihn sogar gern umarmt. Doch er schaute noch immer beschämt zu Boden.
„Sie wollen also keine Anzeige gegen mich erstatten?"
Ich verneinte. „Natürlich nicht." Beinah ungläubig musterte er mich und lächelte mir dankend zu.
„Vielen Dank, Miss, und