Perry Rhodan Neo 304: Amtraniks Zorn: Staffel: Chronopuls
Von Rüdiger Schäfer
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Mitte des Jahres 2112 wächst in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten zudem auf eine mögliche Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf.
Währenddessen beschließen Reginald Bull und Stella Michelsen auf der Erde, eine Spur zu jenen 2500 Raumschiffen zu verfolgen, die vor zehn Jahren auf mysteriöse Weise verschwunden sind. Bei ihren Nachforschungen werden sie konfrontiert mit AMTRANIKS ZORN ...
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Rezensionen für Perry Rhodan Neo 304
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Buchvorschau
Perry Rhodan Neo 304 - Rüdiger Schäfer
Band 304
Amtraniks Zorn
Rüdiger Schäfer
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Cover
Vorspann
Prolog
1. Reginald Bull
2. Stella Michelsen
3. Reginald Bull
4. Stella Michelsen
5. Reginald Bull
6. Stella Michelsen
7. Reginald Bull
8. Stella Michelsen
9. Reginald Bull
10. Stella Michelsen
11. Reginald Bull
12. Stella Michelsen
13. Reginald Bull
14. Stella Michelsen
15. Reginald Bull
16. Stella Michelsen
17. Reginald Bull
18. Stella Michelsen
Epilog
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert reist die Menschheit zu den Sternen und hat zahlreiche Konflikte sowie kosmische Katastrophen bewältigt. Nach einer Phase des Friedens und Aufbaus zeichnet sich aber neues Unheil für das kleine Sternenreich der Terraner ab.
Mitte des Jahres 2112 wächst in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten zudem auf eine mögliche Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf.
Währenddessen beschließen Reginald Bull und Stella Michelsen auf der Erde, eine Spur zu jenen 2500 Raumschiffen zu verfolgen, die vor zehn Jahren auf mysteriöse Weise verschwunden sind. Bei ihren Nachforschungen werden sie konfrontiert mit AMTRANIKS ZORN ...
Prolog
Der Kriecher wirkt geradezu zierlich. Ein kaum mehr als handlanger, silberner Stab, zwei kugelförmige Verdickungen in der Mitte, ein schmaler Griff mit einer deutlich spürbaren Erhebung, auf der einer meiner vier Finger liegt. Das alles erweckt eher den Eindruck eines Spielzeugs als einer Waffe, die es verdienen würde, in das Arsenal der Verdammnis aufgenommen zu werden.
Ich teste sie trotzdem. Weil ich viel zu viel Zeit habe. Weil mich die Langeweile quält. Weil man mich abgeschoben hat, um die Arbeit eines gewöhnlichen Soldaten zu verrichten. So fühlt es sich zumindest an.
Die beiden Kampfroboter befolgen ihre Befehle und stampfen stoisch über den Sand der Arena. Ich hebe den Arm und ziele auf einen davon. Dann drücke ich ab.
Der Kriecher vibriert. Ein hohes Singen ertönt, das wie das Geräusch des Winds klingt, wenn er über die Spitzklippen von Amivar streicht. Ich kann die Wut nicht gebrauchen, sie stellt sich dennoch ein. Es wird Zeit für eine neue Jagd. Ich muss mich abreagieren.
Das Verhalten der Kampfroboter ändert sich abrupt. Obwohl ich nur auf einen von ihnen geschossen habe, sind beide betroffen. Von einem Moment auf den nächsten verwandeln sich ihre zuvor koordinierten Bewegungen in erratische Zuckungen. Sie drehen sich um ihre Vertikalachse, die Glieder strecken sich ruckartig in alle Richtungen, ziehen sich wieder zusammen, schlagen krachend gegen den metallenen Panzertorso. Eine der Maschinen löst ihre Energiewaffe aus. Eine Lanze aus gleißendem Licht schmettert in den Schutzschirm, der die Arena als flimmernde Kuppel überspannt.
Ich sehe, wie Stuur zusammenzuckt. Mein Vorbeißer steht zehn Schritt entfernt von mir vor einer Konsole und zeichnet den Testverlauf auf. Ich glaube zwar nicht, dass ich den Kriecher – oder den Kriechladungsstrahler, wie er offiziell heißt – jemals einer Kommission vorstellen werde, aber völlig ausgeschlossen ist es auch nicht. Das Arsenal benötigt steten Nachschub.
Schließlich geraten die Roboter völlig außer Kontrolle. Sie gehen aufeinander los. Ohne jede Taktik, ohne Ziel und Plan. Wie zwei Hoa'pesh, die zu viel Kruy genossen haben. Stuur will den Test abbrechen, damit sich die Roboter nicht gegenseitig zu stark beschädigen. Doch ich stoppe ihn mit einer knappen Geste. Das unwürdige Schauspiel lindert meine Wut ein wenig, wenngleich ich nicht genau sagen könnte, warum.
Womöglich liegt es daran, dass ich einen Augenblick lang nicht daran denken muss, wo ich bin und was ich an diesem Ort tue. Man hat mich ans Ende des Universums geschickt. Und als ob das nicht schon demütigend genug gewesen wäre, darf ich dort Weiche beobachten. Ich hätte es nie für möglich gehalten, einmal so tief zu sinken.
Natürlich habe ich den Auftrag angenommen. Das gebieten mir die Ehre und die Loyalität, die jeder Labori bereits in den Blutscharen als unverzichtbare Stützpfeiler der Gesellschaft verinnerlicht. Außerdem wurde ich vom Obersten Lordrichter persönlich auf diese Expedition geschickt. Er hat mir versichert, dass meine Mission ungeheuer wichtig sei, dass sich in diesem Teil des Kosmos eine neue, große Gefahr zusammenbraue und das Auskundschaften der dort lebenden Weichen unverzichtbar ist. Aber an den Tatsachen änderte das nichts. Man hat mich verbannt, auch wenn man es anders nennt. Fast als wäre ich ein gewöhnlicher Labori ohne eigenes Haus und Verdienste.
Die Roboter haben einander mittlerweile gegenseitig so übel zugerichtet, dass man sie wohl direkt in die nächste Konverterkammer bringen kann. Das Krachen und Knirschen ihres sinnlosen Kampfs ist verstummt. Ihre Körper sind an unzähligen Stellen aufgerissen, die Panzerplatten zerbrochen oder angeschmolzen. Da und dort zittern energetische Entladungen wie Sternfeuer über ihre schartigen Hüllen. Ein einzelner Arm zuckt noch immer ekstatisch und führt Schläge gegen einen nicht vorhandenen Feind.
Ich werfe den Kriecher achtlos in den Sand der Arena.
»Wir müssen die Programmierung überarbeiten«, sage ich zu Stuur. »Die Waffe ist zu ungenau. Außerdem wirkt sie zwar auf die Positroniken und verhindert eine normale Signalübertragung. Aber ich will, dass sich die von ihnen gesteuerte Technik danach gegen ihre Schöpfer wendet. Die Roboter sollen sich nicht gegenseitig zerfleischen, sondern jene, für die sie eigentlich kämpfen.«
»Das ist schwierig, Herr«, erwidert mein Vorbeißer. »So etwas würde eine gezielte Impulsleitung erfordern. Die Wirkung des Kriechers basiert jedoch auf einer Schädigung der positronischen Neuronalstruktur, die nicht mehr reversibel ist. Wir können nicht ...«
Ich mache einen Schritt auf den deutlich kleineren Labori zu. Sofort senkt Stuur den Kopf und knickt in den langen Beinen ein. Sein kugelartiger Oberkörper sackt zu Boden wie ein Palk, aus dem man schlagartig sämtliche Luft gelassen hat.
»Sag mir niemals, was wir nicht können!«, zische ich. »Und sag mir niemals, dass etwas schwierig ist. Wirst du es jemals in dein degeneriertes Hirn kriegen? Wir können alles! Schwierigkeiten stärken den Intellekt, und eine Krise ist nichts weiter als ein produktiver Zustand!«
»Ja, Herr«, sagt Stuur leise. »Ich werde sofort mit den Modifizierungen beginnen.«
Für einen Moment hasse ich mich selbst, weil ich den unbändigen Drang verspüre, meinen Vorbeißer zu schlagen. Das ist eines Kriegers unwürdig, doch der Zorn relativiert so vieles. Vor allem, wenn er ein ständiger Begleiter ist. Seit ich mit der VAZIFAR und meiner kleinen Flotte die Heimat verlassen habe und in die Fremde aufgebrochen bin, hat er mich nach und nach infiziert – und ich weiß nicht, wie ich ihn besiegen kann. Ob ich ihn besiegen kann.
Genau das ist es, was mich launisch und aggressiv macht. Ein Krieger, der den Gegner zwar gestellt hat, ihn aber nicht zu fassen bekommt, ist zahnlos. Hinzu kommt die Untätigkeit, das Warten, die fehlende Herausforderung.
Der einzige Lichtblick sind die Yissan auf Keddin. Ich habe den Planeten nach der größten Arena meiner Heimat benannt. Keddin – das Feld der Ehre. Dort habe ich meinen ersten Schatten getötet – vor den Augen meiner Blutschar. Damals habe ich zum ersten Mal die Kraft des wahren Kriegers gespürt, die jeder Labori in sich trägt. Die dem Leben einen Sinn gibt, jedoch erst freigesetzt werden muss.
Es war ein unglaublicher Glücksfall, dass wir das Raumschiff der Yissan entdeckt haben. Es war schwer beschädigt, und seine Besatzung wäre früher oder später verhungert oder erfroren. Ich habe den Weichen an Bord des Wracks die Chance gegeben, ihrem Tod mit Mut und Entschlossenheit zu begegnen. Und – ich leugne es nicht – habe mir damit eine Art Ventil geschaffen.
Ich kehre in meine Kabine zurück und sichte die neuesten Statusmeldungen. Nervtötende Routine ohne Belang. Daten, die die Speicherbänke füllen, aber keine neuen Erkenntnisse bringen. Triviale Beschäftigungstherapie und für kurze Zeit Ablenkung. Wenn es tatsächlich etwas gäbe, das meine Aufmerksamkeit erfordert, hätte mich Roschass sofort verständigt.
Mein Erster Offizier ist einer der wenigen an Bord der VAZIFAR, die meinen Gemütszustand richtig einordnen können. Ich würde nicht so weit gehen und behaupten, dass er mich wirklich versteht, aber er hat bereits drei Hordenzüge mitgemacht. Er hat für die höchste Sache gekämpft und trägt seine Narben mit Stolz. Er ist ein Ehrenkrieger mit mindestens einem Dutzend Belobigungen und Auszeichnungen. Dennoch hat er mehrere Kommandos abgelehnt. Er ist ein Diener, kein Führer.
Ich aktiviere die interne Kommunikation. Das verheerte Gesicht von Roschass wird in einem faustgroßen Hologramm vor mir sichtbar. Er sagt nichts, schaut mich nur aus seinen dunklen, kugelförmigen Augen an. Seine Dids bewegen sich kaum. Sie wirken wie Karotblätter, die auf der Oberfläche eines schwarzen Sees schwimmen.
»Ich gehe jagen«, verkünde ich knapp.
»Ihre Fähre ist jederzeit startbereit.« Roschass hebt bestätigend den Kopf. Wie üblich verzichtet er darauf, mich mit meinem Titel anzusprechen, wie es eigentlich vorgeschrieben ist; ebenso wie ich darauf verzichte, ihn dafür zu tadeln.
»Gut«, sage ich nur. »Sie haben das Kommando.«
Das Holo erlischt. Ich greife nach meiner Maske, die an einem Haken an der Wand hängt. Dann lege ich den Kampfanzug an. Ich überlege kurz, ob ich mir das Gebiss nachschärfen soll, verzichte jedoch darauf. Ich war vor drei Wochen das letzte Mal auf Keddin. Es war ein unbefriedigender Besuch, denn die Yissan, auf die ich traf, waren schwach, und ihr Mut war durch Angst verwässert. Statt ihre Chance zu ergreifen und ehrenvoll zu sterben, haben sie um ihr Leben gebettelt. Wie immer habe ich mich danach gefragt, welche Gefahr von diesen Wesen ausgehen soll. Aber die Lordrichter irren sich nicht. Also verfügen die Yissan womöglich über versteckte Qualitäten, die ich noch nicht entdeckt habe.
Ein Beleg dafür wäre, dass es ihnen vor einem halben Jahr gelungen ist, einen Notruf abzusetzen. Ihre technischen Fähigkeiten müssen recht hoch sein, denn die Funkanlage ihres Raumschiffs war fast vollständig zerstört. Meine Techniker haben mir versichert, dass es eigentlich unmöglich war, sie wieder instand zu setzen. Ich glaube ihnen, habe sie aber trotzdem bestraft. Sie hätten wissen müssen, dass nichts unmöglich ist, obwohl dieses Prinzip normalerweise nur für Labori gilt.
Immerhin hatte die Sache auch ihr Gutes. Wenige Tage nach dem Notruf traf ein weiteres Schiff ein – offenbar, um nachzuforschen. Größer als das erste Raumfahrzeug und mit mehreren Hundert Yissan an Bord. Dadurch konnte ich meinen Vorrat an ... Studienobjekten auffüllen und wieder häufiger auf die Jagd gehen.
Ob die Lordrichter meine entsprechenden Berichte akzeptieren werden, ist nicht sicher. Man hat mich hierhergeschickt, um Informationen zu sammeln. Ich soll die Weichen beobachten und auf keinen Fall Kontakt mit ihnen aufnehmen. Streng genommen, habe ich das auch nicht getan, denn keiner der Yissan wird Keddin lebend verlassen. Sie kennen nur meinen Namen – und meinen Zorn.
Aber das sind semantische Feinheiten. Wenn ich wieder in der Heimat bin, werde ich die Lordrichter überzeugen. Sie werden verstehen, dass man einen Gegner am besten kennenlernt, wenn man gegen ihn kämpft. Ich dokumentiere meine Jagden lückenlos. Und wenn es eines Tages zu einem Hordenzug gegen die Yissan kommen sollte, hoffe ich, dass man mich als Dowa-Shant auswählen wird, als Führungskrieger.
Dowa-Shant Amtranik! Ich finde, das hat einen guten Klang ...
1.
Reginald Bull
Der Knall war so laut, dass Reginald Bull im ersten Moment glaubte, sein Trommelfell sei geplatzt. Ringsum ertönte vielstimmiges Geschrei. Er hörte es wie durch eine Wand aus Watte, überlagert von einem unangenehmen Pfeifen. Dann bebte die Erde.
Bull sprang auf und drehte den Kopf. Kurz traf sich sein Blick mit dem von Stella Michelsen.
Ein zweiter Knall, nicht ganz so laut wie der erste, ließ beide zusammenzucken. Bull musste sich festhalten, um nicht über die Sitzreihe vor ihm katapultiert zu werden. Eine Sirene ertönte und verstummte wieder. Die Ehrentribüne des Galactic Park Oval, des größten Sportstadions von Terrania, neigte sich langsam nach vorn. Die Menschen gerieten in Panik.
Das waren Explosionen, begriff Bull. Ein Anschlag?
Die Tribüne, die Platz für etwa tausend Gäste bot, sackte mit einem kräftigen Ruck in die Tiefe. Erneut klangen Schreie auf. Bull geriet ins Rutschen und suchte hastig nach Halt. Er spürte, wie ihn jemand am rechten Oberarm packte. Michelsen zog ihn zu sich heran, wobei sie sich mit der anderen Hand an der Rückenlehne ihres Sessels festhielt. Ein zufälliger Beobachter hätte der vergleichsweise kleinen Frau einen solchen Kraftakt niemals zugetraut, zumal Bull nicht gerade ein Leichtgewicht war.
Aus dem Rund des Stadions erklangen zwischen den Schreien der unmittelbar Betroffenen laute Ohs und Ahs. Das Galactic Park Oval war mit hundertvierzigtausend Zuschauern voll besetzt; schließlich fand gerade das Finale der ITRL, der Interstellar Terran Rugby League, zwischen den Terrania Shooting Stars und den Rumalor Super Barrels statt – das größte Sportereignis der Erde und ihrer Kolonien. Mehr als zwanzig Milliarden Menschen und Außerirdische verfolgten die Direktübertragung im Mesh, dem interstellaren Kommunikations- und Datennetz der Terranischen Union.
Die Tribüne wies inzwischen eine so starke Neigung auf, dass man sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Die meisten Zuschauer versuchten, sich irgendwo festzuklammern. Ihre Gesichter waren vor Todesangst verzerrt. Bull musste an diejenigen denken, die eine Etage tiefer auf den Plätzen des Zwischenrangs saßen. Wenn die Ehrentribüne dort mit ihrer vollen Fläche aufschlug, würde es Hunderte, vielleicht Tausende Tote und Schwerverletzte geben.