Friederike Schlossmaus und der Raub der Türkenbeute
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Über dieses E-Book
Sabine Staub-Kollera
Sabine Staub-Kollera, Jahrgang 1961, wurde nach dem Studium Journalistin und Schreibberaterin. Später hat sie verschiedene Berufe rund ums Unterrichten ausprobiert. Mittlerweile schreibt und lektoriert sie wieder hauptberuflich Texte, eigene und fremde, und coacht Autorinnen und Autoren während ihres Schreibprozesses. Sabine Staub-Kollera lebt in Karlsruhe. „Friederike Schlossmaus und der Raub der Türkenbeute“ ist ihre erste Buchveröffentlichung. Derzeit arbeitet sie an einem Cosy-Crime, der in Irland spielt, und veröffentlicht Kurzgeschichten und Gedichte auf Instagram .
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Buchvorschau
Friederike Schlossmaus und der Raub der Türkenbeute - Sabine Staub-Kollera
1. Kapitel
Vorsichtig steckte die Maus das Schnäuzchen aus ihrem Loch und schnüffelte nach allen Seiten. Die Sonne war schon lange untergegangen, die Lichter ausgeschaltet. Alle Besucher hatten an diesem Ostermontag das Karlsruher Schloss verlassen, bevor die Putzkolonne unter Leitung der umsichtigen Rosanna den Museumssaal wienerte, damit am nächsten Tag alles wieder glänzte wie vor einem Ball.
Friederike hieß die Maus und sie begann ihren abendlichen Rundgang. Jetzt gehörte der Schatz wieder ihr, der heimlichen Wächterin der Türkenbeute.
Sie war sehr zufrieden mit der Arbeit der Putzleute: Die Fingerabdrücke waren von den Vitrinen verschwunden. Pistolen und Säbel lagen an ihrem Platz. Das goldbestickte Gewand sah aus, als ob der Markgraf gleich hineinschlüpfen würde, um zu einem Kostümball zu gehen.
Die Ausstellung hatte den Ansturm am Feiertag unbeschadet überstanden.
Friederike wusste, dass nur ein kleiner Teil der gezeigten Stücke aus der Schlacht bei Wien stammte, in der das Heer der Habsburger vor über 300 Jahren die türkische Armee besiegte. Das hatte sie bei den vielen Führungen gehört, die sie – unsichtbar für die Besucher - heimlich begleitet hatte.
Den Namen „Türkenbeute führte die Sammlung dennoch zu Recht, wie sie fand. Begründet hatte sie der „Türkenlouis
. So wurde Markgraf Ludwig Wilhelm genannt, weil er bei vielen Schlachten zeitweise das Oberkommando über die Habsburger Truppen geführt hatte. Aus diesen Kriegen brachte er Erinnerungsstücke mit nach Hause, manche aus der Beute, andere hatte er gekauft oder geschenkt bekommen. Später kamen noch viele Kriegsgeräte und Alltagsgegenstände zur Sammlung. Jetzt waren davon im Karlsruher Schloss insgesamt etwa 400 Stücke ausgestellt.
Friederike konnte das alles auswendig aufsagen, immerhin lebte sie seit vielen Jahren in der Ausstellung und war stolz darauf, eine echte Schlossmaus zu sein.
Sie trippelte um den Schaukasten herum, hinter dem sie ihren Bau eingerichtet hatte. Wie so oft blieb sie bewundernd davor stehen. Darin waren Gegenstände ausgestellt, die die Osmanen – so nannte man die Türken zu der Zeit, aus der die Gegenstände stammten - für das Essen unterwegs benutzt hatten.
Die Maus liebte die alten Löffel, Feldflaschen und besonders den kleinen ledernen Faltbecher, der auf Reisen sehr praktisch gewesen sein musste: Brauchte man ihn nicht mehr, wurde er ganz klein zusammengelegt im Gepäck verstaut.
Alles war sorgfältig verziert mit geschnitzten oder gemalten Blumenmustern und Ranken. Manche glitzerten und funkelten von den in Lack eingebetteten Perlmuttstückchen und den Gold- und Silberblättchen. Jedes noch so kleine Messer war geschmückt wie ein Kunstwerk, auch wenn es hauptsächlich im Alltag benutzt wurde.
Weiter huschte Friederike, hinüber zur gegenüberliegenden Vitrine mit Schriftkunst der Osmanen. Briefe und Urkunden mit verschlungenen Zeichen und rätselhaften Buchstaben waren darin ausgestellt, daneben die alten Schreibkästen, die es ihr schon immer angetan hatten.
Damals bewahrten die Schreiber darin ihre Werkzeuge auf, Federn, Tintenfass und ein Messerchen zum Anspitzen der Federn. Die rechteckigen Kästen waren verziert mit Bordüren aus Perlmutt, Elfenbein und Schildpatt. Sie sahen so kostbar aus, fand Friederike, dass man sofort verstand, wie viel den Türken damals das Schreiben bedeutete.
Nie hätte sie irgendwo anders wohnen wollen als in der „Türkenbeute" und noch immer konnte sie sich nicht an der Pracht satt sehen.
Auch für ihr leibliches Wohl war hier gesorgt durch Rosanna, die Chefin der Reinigungskolonne. Sie ließ ihr die besten Stücke liegen, wenn sie Sauberkeit und Ordnung kontrollierte.
An diesem Abend fand Friederike gleich neben ihrer Lieblingsvitrine einen Rest Brezel, zwei Apfelschnitze und ein paar Haferkörner. Sie wünschte sich „Guten Appetit" und verputzte alles an Ort und Stelle.
Gestärkt nahm sie ihren Weg Richtung Ausgang wieder auf, um in den Westflügel zu wandern. Dort wollte sie ihre Freunde Leonie und Paul besuchen, die Kinder von Schloss-Hausmeister Rosenberg und seiner Frau.
Gerade hatte Friederike die Ritze neben der dicken Abschlusstür zur Abteilung der Türkenbeute erreicht, da hörte sie ein Geräusch, das so gar nicht in diese Frühlingsnacht passte.
Zuerst piepste es, wie beim Wählen auf dem Handy. Dann klickte ein Schlüssel im Türschloss.
Friederike hörte Schritte – leise, aber für Mäuse deutlich vernehmbar. Wer konnte das sein? Für den Rundgang des Wachmanns war es doch noch viel zu früh! Da schlich tatsächlich ein Mensch - aber keiner vom Wachdienst.
Dieser hier kam heimlich und wollte nicht entdeckt werden.
Sie spitzte die Ohren. Einer? Nein, es waren zwei Paar Füße, die den Saal betraten. Was hatten diese ungebetenen Besucher vor?
Die Schlossmaus drückte sich an die Wand in den Schatten. Ihre Schnurrhaare bebten vor Aufregung und sie hielt den Atem an, obwohl sie wusste, dass Menschen sie nicht hören konnten.
Ein Lichtschein kam auf sie zu und ihre Beine begannen zu zittern. Das Licht bog ab und zog an ihr vorbei. Sie erkannte zwei schwarze Figuren mit einer Taschenlampe. Einer rumpelte fluchend an eine Vitrine. „Leise, du Simbel", fuhr der andere ihn an.
„Zwei Männer!, dachte Friederike und huschte ihnen hinterher, darauf achtend, dass das Dunkel sie schützte. Die beiden trugen Mützen, die nur die Augen frei ließen. „Das bedeutet nichts Gutes
, dachte die Schlossmaus.
Dann fiel ihr die große Reisetasche auf, die der eine trug. Sie schlackerte ganz leer an seinem Arm.
Keuchend hielt Friederike an. Sie konnte die Männer nicht mehr einholen, die mit großen Schritten davon eilten. Die Einbrecher waren viel schneller als sie und sie würde nicht verhindern können, was immer die beiden vorhatten. Verfluchtes Abendessen und alle Leckereien der letzten Wochen, die ihre Pfoten nun tragen mussten!
Plötzlich klirrte Glas schrill in Friederikes Ohren. Das konnte nur eines bedeuten: Die Männer räumten eine Vitrine aus! Und sie war die einzige Zeugin.
Außer dem Keuchen der beiden und dem Klappern und Scheppern der Beute, die sie in Windeseile einpackten, war im ganzen Schloss nichts zu hören. Niemand außer der Schlossmaus bemerkte den Einbruch.
Wieder hörte Friederike Glas zerbrechen. Die Diebe machten sich bereits an einer zweiten Vitrine zu schaffen.
Fieberhaft überlegte sie, was sie tun konnte, um die Räuber aufzuhalten. Leider war sie zu klein, um sich ihnen in den Weg zu stellen. Die würden sich kaputtlachen über eine Hausmaus, die ihnen entgegenfiepte: „Halt, Jungs, gebt sofort die Beute zurück! Ihr kommt hier nicht mehr raus!"
Verstehen würden die beiden sowieso keinen Pieps.
„Wenn ich nur Leonie und Paul zu Hilfe holen könnte!", dachte Friederike. Doch dafür reichte die Zeit nie und nimmer: Bis sie auf ihren kurzen Mäusebeinen den langen Gang hinunter in den anderen Flügel getrippelt wäre und bei der Hausmeisterwohnung ankäme, hätten sich die beiden Männer längst aus dem Staub gemacht.
„Am besten verfolge ich die Diebe, entschied Friederike blitzschnell. „Wenn ich die Kerle schon nicht aufhalten kann, finde ich so wenigstens heraus, wie sie ins Schloss hineingelangt sind.
So schnell ihre Beinchen sie trugen, jagte sie ins Haupttreppenhaus. Hier mussten die Räuber auf dem Rückweg vorbeikommen und sie selbst hatte alles im Blick. Nach Luft japsend versteckte sie sich in der Eingangshalle hinter einer kleinen Litfaßsäule.
Sie ließ ihren Blick schweifen. Wo die beiden wohl eingestiegen waren? Friederike konnte kein eingedrücktes Fenster erkennen und das Hauptportal des Museums schien unversehrt.
Ein paar Mal klirrte es noch von fern aus den Räumen der Türkenbeute. Dann war anscheinend die Reisetasche der Räuber mit Kostbarkeiten gefüllt und sie machten sich damit auf den Rückweg.
Friederike hörte ihre Schritte wieder näher kommen, noch immer vorsichtig, aber gleichzeitig beschwingt, als ob sie erleichtert wären. Sie duckte sich in ihrem Versteck, als die beiden ins Mondlicht traten, das durch die hohen Fenster fiel.
Jetzt konnte sie die Männer zum ersten Mal ausführlich betrachten. Der eine überragte seinen Kompagnon um mindestens einen Kopf. Sie waren beide schlank, beim Größeren zeichneten sich unter dem T-Shirt deutlich trainierte Muskeln ab.
Die brauchte er auch, stellte Friederike mit einem Blick auf die ausgebeulte Reisetasche fest. Nun sah sie, dass jeder zusätzlich einen vollgestopften Wanderrucksack trug. Sie hatten die Türkenbeute wohl gründlich ausgeräumt.
„Laaf emol vor", flüsterte der kleinere der beiden. Sein Dialekt war unüberhörbar, anscheinend stammte er hier aus der Gegend.
„Achtung, da kommt die erste Stufe", antwortete der andere tonlos. Das war der Sportlichere, der jetzt auf die Treppe in den Keller zeigte.
Was wollten sie dort unten? Außer den Besuchertoiletten und der Garderobe für die Schulklassen gab es nichts, schon gar keinen Ausgang. Das musste sie sich ansehen!
Sobald die Einbrecher auf der Treppe waren, setzte sie ihnen hinterher. „Vielleicht, vermutete sie, während sie einen Weg hinunter suchte, „verstecken sie die Beute dort unten und machen sich erst mal ohne sie aus dem Staub.
Sie verwarf den Gedanken sofort wieder, weil er keinen Sinn ergab. Warum sollten sie die Sachen erst später mitnehmen, wenn das Schloss für Besucher wieder geöffnet war? Das war viel zu gefährlich. Es musste einen anderen Grund geben.
So leise sie konnte, hüpfte sie von Stufe zu Stufe. Vor lauter Aufregung verlor sie mehrmals das Gleichgewicht und landete schließlich auf dem Rücken.
„Potz Madendreck und Spinnebein!", entfuhr es ihr und sie hielt sich schnell die Pfote vor die Schnauze. O weh, wenn sie sich jetzt verraten hatte! Aber niemand reagierte auf ihren erschrockenen Pieps.
Beim Sprung von der letzten Treppenstufe wartete der nächste Schreck auf sie: Sie verlor das Gleichgewicht und prallte unsanft gegen die nächste Wand.
Diesmal konnte sie sich nicht mehr beherrschen. „Aua!, entfuhr es ihr, „aua, meine Schnauze!
Friederike blieb ganz starr liegen. „Jetzt entdecken sie mich!", dachte sie.
Doch nichts geschah, sie war ganz allein und außer ihrem Keuchen war kein Laut zu hören: Die beiden Diebe hatten sich samt ihrer Beute in Luft aufgelöst.
Friederike überlegte fieberhaft. Durch die Toilettenfenster konnten sie nicht entkommen sein. Die waren vergittert und es war unmöglich, so schnell und leise die Eisenstäbe durchzusägen. Aber wie hatten sie es dann geschafft?
Aufgeregt sprang sie zurück auf ihre Pfoten. Schmerz, Angst und Müdigkeit waren verschwunden. Allein würde sie das nie herausfinden. Sie musste sofort zu Leonie und Paul!
2. Kapitel
Ein zweites Mal in dieser Nacht musste Friederike viele Stufen überwinden, diesmal nach oben, weil ihre Freunde im zweiten Obergeschoss wohnten.
Zum Glück hatte sie in ihrer Jugend Leistungssport betrieben. Einmal hatte sie sogar die Karlsruher Mäusemeisterschaft im Fünfkampf gewonnen, Siegerin in den Disziplinen Rennen, Balancieren, Klettern, Verstecken und Nagen! Ohne diese Grundfitness – Friederike übersah geflissentlich ihr wohlgerundetes Bäuchlein - hätte sie sich eben erst noch von den Strapazen der Verfolgungsjagd ausruhen müssen.
Dass sie sich um ihre geliebten Ausstellungsstücke sorgte, gab ihr zusätzlich Kraft. Jammern half sowieso nichts, sie musste wieder nach oben, da biss die Maus keinen Faden ab.
Friederike nahm Anlauf und sprang so hoch sie konnte. Sie krallte sich am Rand der nächsten Stufe fest und schwang sich über die Kante. So überwand sie Stufe um Stufe, bis sie endlich im zweiten Stockwerk angelangt war.
Jetzt hatte sie es gleich geschafft: Nur noch durch die nächste Ausstellung, über den Flur dahinter am Aufzug vorbei und schon stand sie vor dem inoffiziellen Hintereingang zur Wohnung der Familie Rosenberg.
Als Abschluss des Ganges reichte hier eine Milchglasscheibe bis auf den Boden, die Menschen den Weg versperrte. Beim Einpassen dieser Scheibe hatten die Handwerker allerdings eine kleine Lücke am Boden übersehen, die Friederike nun als Durchgang nutzte. Sie hatte sie einmal zufällig gefunden, als sie sich fragte, woher der Duft von frisch gebackenem Käsekuchen kam. Hier gab es doch weit und breit keine Küche!
Damals folgte sie ihrer Nase, schlüpfte durch die Lücke und entdeckte, dass sie direkt neben der Küchentür der Hausmeisterwohnung stand, wo der Kuchen auf dem Tisch zum Abkühlen stand.
Kuchen würde mir jetzt guttun
, dachte Friederike, denn nun spürte sie doch die Strapazen dieser Nacht. Ihre Beine fühlten sich schwer und unbeweglich an, als wären sie aus Beton. Sie brauchte unbedingt ein Päuschen.
„Nur ein paar Minuten ausruhen, gleich geht's weiter", murmelte sie, streckte alle viere von sich und erinnerte sich an die erste Begegnung mit den Kindern.
Die drei hatten sich kennengelernt, als Paul und Leonie noch sehr klein waren. Friederike war damals gerade auf der Suche nach einem eigenen Heim. Beim ersten Erkundungsgang auf eigenen Pfoten hatte sie sich in das Schloss verguckt. Sie mochte die großen hohen Räume, den weitläufigen Garten und sogar die vielen Besucher jeden Tag, denen sie Neuigkeiten aus aller Welt ablauschte.
Sofort beschloss sie, dort einzuziehen, auch wenn sie damals noch gar nichts von der Türkenbeute wusste. So sagte sie an einem schönen Sommerabend ihren Eltern Lebewohl und wanderte in ihr neues Heim. Ein passendes Mauseloch war schnell gefunden – damals noch in der Eingangshalle. Erst später zog sie in die Türkenbeute um.
Paul und Leonie waren die ersten Schlossbewohner, die sie traf. Paul lag im Kinderwagen und sah den Schatten der Blätter zu, die im Wind hin- und her wogten. Leonie spielte daneben auf einer Decke mit ihrem Kuscheltiger. Die Eltern der beiden schliefen im Gras.
Bei diesem ersten Treffen fanden Maus und Menschengeschwister heraus, dass alle Kinder sich mit Tieren unterhalten können, wenn sie klein sind. Doch nur Leonie und ihr Bruder, mittlerweile elf und fast neun Jahre alt, behielten diese Fähigkeit über die Kindergartenzeit hinaus. Die Freunde erkannten dadurch, dass Menschen regelmäßig trainieren müssen, sonst verlieren sie ihre Kenntnisse wieder.
Friederike bemerkte zudem im Laufe der Jahre, dass sie nur ganz langsam alterte. Mit ihren acht Jahren war sie noch immer fast genauso flink und kräftig wie in ihrer Jugend, obwohl Mäuse normalerweise höchstens drei Jahre leben. Sie vermutete, dass dies an ihrer Freundschaft mit den Menschenkindern lag.
Anscheinend war sie eine der seltenen Methusamäuse geworden, zu denen auch die Filmschauspielerin Inge Mausel gehörte. Die hatte das biblische Mausealter von elf Jahren erreicht und war Hauptdarstellerin in so beliebten Serien wie „Verbotene Tierliebe, „Die Weltall-Tierklinik
oder „Unsere Lehrerin Dr. Maus" gewesen.
Bei diesen angenehmen Gedanken entspannte sich die Schlossmaus immer tiefer. Gleich würde sie einschlafen. Sie schreckte hoch. Oh nein! Das durfte sie nicht. Sie musste weiter, unbedingt, denn es war etwas Schreckliches geschehen.
Friederike zwängte sich durch den engen Spalt und schleppte sich zum Kinderzimmer. Mit ihren Vorderpfötchen zog sie an dem Glöckchen neben der Tür. Paul hatte es eingebaut, damit Friederike ihre Freunde jederzeit besuchen konnte.
Drinnen klingelte es leise, doch in der Wohnung blieb alles still. Nur aus dem Schlafzimmer der Eltern hörte sie jemand gleichmäßig schnarchen.
Noch einmal zog Friederike an der Troddel. „Dingelingeling schrillte es diesmal energischer. Ein Kind seufzte, dann fiel etwas auf die Erde. Leonie rief „Paul, wach auf, Friederike ist da!
Jemand schlurfte zur Tür, die sich einen Spalt weit öffnete. Es war Leonie.
„Na endlich! Friederike konnte ihre Ungeduld nicht verbergen. „Zieht euch an und kommt mit, ich brauche eure Hilfe!
„Was ist denn passiert?", fragte Paul und gähnte ausgiebig. Er machte keine Anstalten aufzustehen.
„Das erzähle ich euch unterwegs, beeilt euch, kommandierte Friederike, die wieder hellwach war. Doch die Kinder rührten sich noch immer nicht. „Im Schloss ist eingebrochen worden
, fiepte die Maus schließlich und trippelte vor Aufregung von einer Pfote auf die andere.
„Ratschepüh, Friederike, du hast geträumt", gähnte Paul noch einmal. Er las für sein Leben gerne Comic-Hefte und liebte es, Geräusche nachzumachen wie die in den Sprechblasen. Dann strich er sich durch seine flaumig blonden Haare, bei denen Friederike immer an die Federn eines Küken denken musste, suchte nach einer bequemen Kuhle auf seiner Matratze und wollte die Augen wieder zumachen.
„Die Räume sind doch alle mit einer Alarmanlage gesichert, da kommt keiner rein, ergänzte die dunkelblonde Leonie, die immer erst überlegte, bevor sie handelte. „Und der Wachdienst kontrolliert alle zwei Stunden. Geh’ wieder schlafen!
Langsam verlor Friederike die Geduld mit ihren bequemen Freunden. „Sie haben die Türkenbeute geraubt, und jetzt kommt endlich! Die Maus piepste vor Aufregung wie eine Schallplatte, die zu schnell abgespielt wird. „Die Diebe sind längst über alle Berge. Durch den Keller entwischt, keine Ahnung, wie. Ihr müsst mitkommen, so schnell wie möglich!
Paul und Leonie sahen sich an. Räuber, die lautlos kommen und einfach wieder verschwinden? Hatte Friederike etwa geträumt? Laut sagten sie: „Also gut, wir kommen mit. Aber alles noch mal der Reihe nach."
Während die Kinder sich Pullis und Hausschuhe anzogen und ihre Taschenlampen einsteckten, lauschten sie dem Bericht ihrer Mäusefreundin. Dann hob Paul Friederike auf seine Hand, und die Kinder schlichen leise aus der Wohnung. Je weiter Friederike in ihrer Erzählung kam, desto schneller liefen sie. Zum Schluss rannten sie zum Tatort.
Im Licht des Mondes sah der Ausstellungssaal aus wie ein riesiger Haufen Sperrmüll, der schon mehrmals durchwühlt worden war. Umgekippte Vitrinen, zerbrochenes Glas, Regalbretter: Alles lag durcheinander und war kaputt. Die Kinder und Friederike hielten vor Schreck die Luft