Wie vom Blitz getroffen: Das Verderben des Reichtums
Von Martin Schwander
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Über dieses E-Book
Martin Schwander
Martin Schwander ist 1987 in Bern geboren und aufgewachsen. Er hat die pädagogische Hochschule in Bern abgeschlossen und ist als Lehrperson auf der Sekundarstufe 1 tätig. Die Literatur fasziniert ihn schon seit längerer Zeit.
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Wie vom Blitz getroffen - Martin Schwander
Martin Schwander ist 1987 in Bern geboren und aufgewachsen. Er hat die pädagogische Hochschule in Bern abgeschlossen und ist als Lehrperson auf der Sekundarstufe 1 tätig. Die Literatur fasziniert ihn schon seit längerer Zeit.
Nebst dem Lehrberuf gehört das Tanzen zu seiner Leidenschaft. Seit vielen Jahren praktiziert und unterrichtet er Breakdance.
„Oft erlebe ich die deutsche Sprache in der Literatur als relativ humorlos. Dieses Empfinden gab mir den Anstoss das vorliegende Drama zu schreiben, welches einen ernsten Sachverhalt auf eine humorvolle Art unterhaltsam darstellen soll."
Das vorliegende Buch ist ein Roman. Handlungen und Hauptfiguren sind frei erfunden. Die Ähnlichkeit zu realen Personen ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig. Zudem sind jegliche Angaben und Zahlen weder empirisch überprüft noch statistisch bewiesen, sondern dienen lediglich der Unterhaltung im Rahmen dieses Romans.
Gewidmet an alle, die es interessiert.
Und an Kolibris.
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Ausblick
Once upon a crime: Mike Moser
Teil 1
Die Elfe
Teil 2
Der Kommissar und sein Gehilfe
Der Ehemann
Der Krufax
Der Rethewar
Der Barthlox
Die Arbeitskollegin
Die Vyrie
Die Daeny
Der Täter
Abspann
Danksagung
1
Mit dem metallischen Glanz seines Gefieders ist der Kolibri nicht nur schön anzusehen, sondern er ist durch seine Fähigkeiten auch ein sehr aussergewöhnlicher Vogel. Je nach Gattung wird er zwischen 6 und 25 cm lang, inklusive Schwanz und Schnabel. Bis heute wurden über 100 Gattungen mit mehr als 330 – 340 Arten gezählt.
Als Wirbeltier gehört er der Klasse der Vögel und der Ordnung der Seglervögel an. Allerdings ist er das einzige Tier der Familie der Kolibris, was unschwer am selben Namen zu erkennen ist. Der Name Kolibri stammt übrigens aus dem Französischen, wo er erstmals im 18. Jahrhundert aufgetaucht war. Es wird jedoch vermutet, dass er seinen Ursprung aus einer karibischen Sprache hat. Sowohl die Herkunft wie auch die Bedeutung des Worts „Kolibri" sind noch nicht geklärt.
Im Bezug auf die Körperlänge ist der Kolibri der schnellste Flieger unter allen Vögeln. Er schafft 385 Körperlängen pro Minute. Dazu verhelfen ihm seine Flügel, mit denen er 40 – 50 Schläge pro Sekunde machen kann. Das erlaubt ihm, an Ort und Stelle fliegen zu können. Was mich aber am Kolibri am meisten erstaunt, ist dass er nicht laufen kann. Durch seine kräftigen Flügel ist er ein hervorragender Spitzensportler in der Luft, doch am Boden sind seine Beine zu schwach, um sein Gewicht tragen zu können. Mit dieser Geschichte hat der Kolibri nicht das Geringste zu tun, doch ich finde diese Informationen äusserst spannend.
An dem Tag, an dem die Geschichte anfing, ass ich einen Döner Kebab zu Mittag. Ich weiss das noch genau, weil ich vergessen hatte zu frühstücken und mein Magen um 11 Uhr laut knurrte, sodass mich mein Tischnachbar im Call Center darauf ansprach.
Als dann endlich Mittagszeit war, eilte ich freudig zur Dönerbude, bestellte euphorisch meinen Imbiss, bekam ihn ein wenig später überreicht und biss genüsslich hinein. Doch wie die Welt so ist, spielt sie einem immer einen Streich und das meistens schon bei den kleinen Dingen im Leben. Ich biss hinein, die Cocktailsauce drang durch ein Loch an der Seite des Fladenbrots heraus und landete auf meinem weissen T-Shirt. Als wären zwei Löcher oben und unten nicht genug, musste das Fladenbrot an der Seite auch noch eins haben. Ungefähr wie dieses Mittagessen verläuft diese Geschichte.
Aus dem kleinen Lautsprecher an der Wand zu meiner Linken trällerte ein längst verstaubter Popsong.
„… I close my eyes and fantasise…"
Die 80er feierten wohl gerade ihr Comeback. Mein Tag war definitiv gelaufen. Das dachte ich jedenfalls.
2
Zurück im Call Center erwartete mich eine neue Liste mit Namen, die ich anrufen musste, um zu fragen, wie das Wohlbefinden in einem Fahrstuhl so sei. Ja genau, ich bin einer der mühsamen Anrufer, die Sie mit Fragen zu unnötigen Themen belästigt.
„Und was für Gefühle kommen in Ihnen auf, wenn der Fahrstuhl hochfährt?"
„Stellen Sie sich nun vor, der Fahrstuhl fährt nicht in den 3., sondern in den 12. Stock. Empfinden Sie etwas anderes?"
Wenn ich das nicht jeden Tag machen würde, könnte ich die Fragen eventuell mit Humor nehmen, aber irgendwann in der Routine des Alltags vergeht einem der Witz.
„Finden Sie die Abfalleimer in der Innenstadt gross genug?"
„Essen Sie manchmal mit ihrem Haustier aus demselben Gefäss?"
„Fühlen Sie sich oftmals genauso leer wie Ihr Kühlschrank?"
Die Fragen mussten jedes Mal nach einer vorgegebenen Reihenfolge vorgelesen werden. Auf diese Weise können die Forscher des Bundesamts neue Statistiken erheben. Nicht, dass die Erkenntnisse jemanden interessieren würden, doch das fast doppelt so hohe Gehalt machte die Forscher zu unseren Vorgesetzten.
Wir waren ein kleines Team mit nur sechs Call-Agents (Die Bezeichnung ist viel zu aufregend für die eigentliche Tätigkeit. In Zukunft nenne ich mich des Nervenkitzels wegen Agent Mike). Mit Karl und Ben verstand ich mich gut, wirklich befreundet waren wir jedoch nicht. Die anderen zwei männlichen Agents Pascal und Oliver waren richtige Schnarchtüten.
Als ich vom Mittag zurückkam, war das Erste, das mein Tischnachbar Pascal sagte:
„Ist das da ein Fleck auf deinem T-Shirt?"
„Nein, das ist ein Original Miró."
Ihm fiel mein Sarkasmus nicht auf.
„Ach so …", murmelte er nur und dann ging er wieder. Ich wäre nicht erstaunt gewesen, wenn er gefragt hätte, ob die Erde wirklich rund sei und meine Antwort, dass neueste Studien zeigten, dass sie wahrscheinlich dreieckig ist, kein Misstrauen ausgelöst hätte. Kopfschüttelnd lief ich an meinen Arbeitsplatz.
3
Nach vier Stunden langweiliger Fragen und einem trockenen Hals verliess ich das Call Center pünktlich um 17 Uhr. Im Bus rief mich meine Freundin an, die nichts Besseres zu tun hatte, als mich mit ihren Fragen in eine Diskussionsfalle zu locken.
„Schatz, findest du mich attraktiv?"
Da hat Mann schon von vornherein verloren.
„Ja Schatz, du bist die schönste Frau auf der Welt."
„Das sagst du jetzt bestimmt nur so. Ich glaube dir nicht."
Wie wäre es denn mit:
„Ich finde dich durchschnittlich schön, aber das ist mir egal, denn ich finde deinen Charakter ganz akzeptabel und wir haben guten Sex."
Ich war zum Scheitern verurteilt. Nach 17 Minuten konnte ich das Telefonat zu einem Abschluss bringen, was aber sicherlich noch ein Nachspiel haben würde. Die restliche Fahrt verlief ruhig.
Zuhause nahm ich mir ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte mich vor den Fernseher auf die Couch. Ich war ziemlich erschöpft von dem Tag. Müde drückte ich auf der Fernbedienung einige Knöpfe.
Von Reality-Shows über Vor-Abend-Serien kam alles, was mich nicht interessierte. Im Anschluss an die Nachrichten wurden noch die Lottozahlen gezogen, ich hatte sechs Richtige, stellte auf einen Spielfilm um, trank das dritte Bier leer, ging Zähne putzen und fiel in mein Bett. Zwei Minuten später schlief ich bereits tief und fest.
4
Irgendwo hatte ich gehört, dass die Wahrscheinlichkeit von einem Blitz getroffen zu werden ungefähr 176 Mal grösser war, als im Lotto den Jackpot zu knacken. Im Vergleich zum Lottogewinn ist selbst die Gefahr, beim Hosenanziehen einen Unfall zu haben, 1‘400 Mal wahrscheinlicher. Dennoch hatte ich das Glück, sechs Richtige zu haben. Als ich am Morgen aufstand, nahm ich dieses freudige Ereignis jedoch noch nicht bewusst wahr. Ich wusste aber, dass etwas anders war.
Es regnete, ich verschlief meinen Wecker und als ich dann wach wurde, musste ich einen neuen Rekord im Anziehen aufstellen, um rechtzeitig den Bus zu erwischen. Den Schirm hatte ich natürlich vergessen mitzunehmen. Pünktlich aber durchnässt kam ich schliesslich im Call Center an. Ich verabscheute Morgen wie diese. Eigentlich verabscheute ich Morgen generell.
Meine Laune hellte sich erst auf, als eine Stunde später Lynn ins Büro kam. Sie war das sechste Mitglied (oder müsste es Mitgliedin heissen?) in unserem Team und die einzige Frau in der gesamten Abteilung. Lynn war umwerfend. Im Gegensatz zu mir kam sie auf die Minute eine Stunde zu spät, doch man verzieh ihr, weil es jedes Mal wie in einem 90er Hollywoodblockbuster ablief.
Der Fahrstuhl öffnete sich und bevor man sie sah, nahm man bereits ihr Parfüm wahr. Die Absatzschuhe ertönten. Gleich darauf war sie schon zu sehen. Ihr blondes Haar wehte im Wind (von wo auch immer der Wind im Büro plötzlich herkam) und die Zeit schien still zu stehen.
Lynn trug einen schwarzen engen Rock, der bis über die Knie reichte, dazu passende, schwarze Absatzschuhe und eine weisse Bluse. Das Besondere war augenfällig die Bluse. Sie war vorne komplett zugeknöpft, sodass man sie dort überhaupt nicht öffnen konnte. Um sie zu öffnen, müsste man an den Reissverschluss auf der Rückseite kommen.
Kurz fragte ich mich, wie sie sich die Bluse alleine angezogen hatte, aber als mir der Gedanke kam, dass sie vielleicht männliche Hilfe gehabt haben könnte, verdrängte ich meine Fantasien wieder.
Lynn war einfach perfekt. Sie hatte Stil und schien, soweit ich es beurteilen konnte, nett zu sein, aber so genau wusste ich das nicht, denn ich musste zugeben, häufig hatte ich noch nicht mit ihr gesprochen. Jedenfalls ist es uns allen ein Rätsel, wieso eine Frau mit Klasse wie sie in einem Call Center arbeitete. Die Theorien reichten von „sie hatte eine Wette verloren bis zu „der Chef gibt ihr ein extrahohes Gehalt
. Es wird ebenfalls erzählt, dass sie Nymphomanin war und deshalb gerne von männlichen Kollegen umgeben war. Für Letzteres hatte sie jedoch bei weitem zu wenig Sex im Büro. Ich wusste das. Ich war ja ebenfalls die ganze Zeit hier im selben Büro mit ihr.
Nichtsdestotrotz trug Lynn wesentlich dazu bei, dass die Zeit schneller vorbeiging. Ab dem Mittag erhellte sich der Himmel und die Sonne schien sogar zeitweise durch die Fenster. Von den Strahlen angeschienen, glänzte ihr Haar noch mehr, als es sonst schon tat. Was ich eigentlich den ganzen Tag gemacht hatte? Keine Ahnung mehr.
5
Kurz vor dem offiziellen Feierabend konnte auch Lynn mich nicht mehr im Büro halten und so verliess ich das Gebäude in Richtung Busstation. Der Bus kam, ich stieg ein und mit mir der Buskontrolleur. Nicht, dass ich ihn nicht schon an der Haltestelle bemerkt hätte, doch ich hatte trotzdem keine Lust, mein Ticket zu zeigen.
Widerwillig suchte ich in meiner Hosentasche und nahm das verlangte Ticket hervor. Was ich dem Buskontrolleur entgegenstreckte, war aber nicht das Ticket, sondern das Lotterielos. Mist, das Lotterielos hatte ich ganz vergessen.
Am Bahnhof lief ich zum nächsten Kiosk. Die Verkäuferin schaute mich mit grossen Augen an, die nun auch nicht so bezaubernd waren, da sie schätzungsweise 55-jährig war. Sie gratulierte mir und sagte, dass ich mich direkt an die Lotterie wenden müsse. Solch grosse Summen könne sie nicht auszahlen. Als hätte die Verkäuferin gerade 37 Millionen flüssig in ihrer Kasse. Ja genau, 37 Millionen gross war der Jackpot, den ich geknackt hatte. Wie viel Geld das war, konnte ich mir noch nicht wirklich vorstellen. Schon bald aber würde ich es wohl herausfinden.
6
Am Abend traf ich mich mit meiner durchschnittlich-hübschen Freundin Hanna. Sie kam zu mir. Zusammen sassen wir auf meinem Sofa und schauten „Stranger Things". Ich beschloss, ihr noch nichts von meinem Glück zu sagen. Wir tranken Wein, schauten auf den Bildschirm, sprachen nur das Nötigste miteinander und etwas nach Mitternacht entschieden wir, dass wir müde genug waren, um ins Bett zu gehen.
Ich putzte mir die Zähne. Ich hasste es, mir die Zähne zu putzen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, spülte ich mir anschliessend noch den Mund mit der ätzend-grünen Flüssigkeit. Ich hasste Mundspülungen noch mehr als das Zähneputzen. Den Würgereflex konnte ich gerade knapp unterdrücken.
Die Alltagskleider tauschte ich gegen ein Nachtshirt, legte mich ins Bett und atmete langsam ein und aus, während ich auf Hanna wartete. Die Mischung aus Wein und Mundspülung törnte mich irgendwie an. Hanna legte sich ins Bett, schaltete das Licht aus und wir hatten Gute-Nacht-Sex. 37 Millionen und Sex, was für ein Tag.
7
Als ich gegen Mittag aufstand, war Hanna bereits gegangen. Es war Samstag und sie hatte Frühschicht. Das kam mir gerade recht. Auf diese Weise konnte ich in Ruhe duschen und mich anziehen.
Es regnete noch immer. Ohne Frühstück aber mit Schirm verliess ich die