Club der Vier
Von Edgar Wallace
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Über dieses E-Book
Edgar Wallace
Am 1. April 1875 wird Richard Horatio Edgar Wallace in London geboren. Seine leiblichen Eltern, ein unverheiratetes Schauspielerpaar, geben das Kind zur Adoption frei. Weshalb sich ausgerechnet der Fischhändler George Freeman entschließt, den Säugling als Sohn aufzunehmen? Wer weiß... Allzu wohlhabend ist er jedenfalls nicht. Der kleine Dick Freeman nimmt schon im Alter von elf Jahren Gelegenheitsarbeiten an und wird sich während der ersten Jahre seines Erwerbslebens mehr schlecht als recht durchschlagen. Es dauert noch etwas, bis der Schulabbrecher zu jenem Mann wird, den das Publikum als Erfolgsautor kennt, wohlgenährt und mit einer Vorliebe für lange Zigarettenspitzen.
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Buchvorschau
Club der Vier - Edgar Wallace
1
Der äußeren Erscheinung nach machte Douglas Campbell einen wenig freundlichen Eindruck. Er war etwa achtundvierzig Jahre alt, groß und breitschultrig. Wahrscheinlich schrieb man ihm deshalb ein düsteres Temperament zu, weil seine starken Augenbrauen in der Mitte zusammengewachsen waren. Er war erster Direktor der Vereinigten Versicherungsgesellschaften und als solcher von Natur aus nüchtern und sachlich.
Ali einem sonnigen Frühlingsmorgen saß er in seinem Büro am Schreibtisch und las einen Brief. Nach einer Weile schaute er auf und sah nach der Uhr.
»In ein paar Minuten muss Mr. Robert Brewer hier sein«, sagte er zu seinem Sekretär. »Führen Sie ihn in mein Büro und sorgen Sie dafür, dass wir während unserer Besprechung nicht gestört werden.«
»Sehr wohl.«
Es klopfte gleich darauf an der Tür, und ein Angestellter reichte eine Visitenkarte herein.
»Mr. Brewer ist soeben gekommen«, sagte der Sekretär.
»Lassen Sie ihn eintreten«, entgegnete Mr. Campbell.
Mr. Robert Brewer war jung und elegant gekleidet. Man sah ihm an, dass er in guten Kreisen verkehrte und sich in jeder Gesellschaft bewegen konnte. Seine Bewegungen waren geschmeidig, und er machte einen frischen, flotten Eindruck, der ganz zu seinem jugendlichen Aussehen passte.
Mit ausgestreckter Hand ging er auf Campbell zu.
»Mein lieber, guter Direktor, ich sehe an Ihrem freudestrahlenden Gesicht, dass Sie froh sind, mich begrüßen zu dürfen.«
»Das weiß ich allerdings nicht so genau, aber nehmen Sie bitte Platz.« Der Direktor gab dem Sekretär einen Wink, worauf dieser das Zimmer verließ. Dann wandte sich Campbell wieder seinem Besuch zu. »Sie sehen heute Morgen wirklich glänzend aus.«
»Das glaube ich schon«, entgegnete Mr. Bob Brewer befriedigt. »Ich fühle mich auch dementsprechend. Nun wollen wir aber über geschäftliche Dinge reden. Sie haben mich wahrscheinlich nicht von New York hierherkommen lassen, nur um mir ein Kompliment zu machen.«
»Sie sind wirklich smart, ich bewundere Sie. Wenn ich in meiner Jugend ebenso energisch, kühl und vorurteilslos gewesen wäre wie Sie, besäße ich heute Millionen.«
»Na, zwei haben Sie doch mindestens, während ich nur ein armer Teufel und Versicherungsdetektiv bin, dem es schwerfällt, sich durchzuschlagen.«
Mr. Campbell zog den Stuhl näher an den Tisch heran und sprach jetzt etwas leiser. »Bob, die Direktoren dreier uns angeschlossener Gesellschaften haben mir den Rat gegeben, Sie kommen zu lassen. Unser Syndikat besteht aus sechs der größten Versicherungsfirmen Englands, und es handelt sich bei uns meistens um Versicherung gegen Diebstahl, Unfall und so weiter. Sie kennen ja das Geschäft in- und auswendig, darüber brauche ich Ihnen nichts zu erzählen, da Sie ja früher selbst in der Branche tätig waren.«
Bob nickte.
»Wir versichern die Leute der vornehmen Gesellschaft gegen Torheit und Fahrlässigkeit«, fuhr Mr. Campbell fort, »und das Geschäft hat sich nicht recht bezahlt gemacht. Bob, Sie kennen ja unsere Gesellschaft, Sie wissen, wie diese Leute leben. Von einem Modebad reisen sie ins andere und müssen bei allen Gesellschaften dabei sein! Man kann sie fast mit einer Herde Schafe vergleichen. Und es folgt ihnen eine kleine Armee von Parasiten, die von dem Reichtum und der Dummheit unserer Kunden leben und uns viel zu schaffen machen. Wenn wir nicht den Bankrott erklären sollen, müssen wir ihnen mit aller Energie entgegentreten.«
Brewer nickte.
»Dazu brauchen wir aber einen Spezialisten, der diese Schafherde bewacht und zusieht, dass die Wölfe sie nicht zerreißen. Wir bieten Ihnen ein sehr gutes Gehalt an, damit Sie diesen Posten für uns übernehmen; und abgesehen davon, erlauben wir Ihnen auch noch, Privataufträge auszuführen, die Sie nebenbei erledigen können. Ist Ihnen das recht?«
»Das hängt ganz davon ab, was Sie unter einem sehr guten Gehalt verstehen«, entgegnete Bob grinsend. »Gewöhnlich bekommt ein Detektiv für einen solchen Posten drei- bis vierhundert Pfund im Jahr.«
»Wir sind bedeutend großzügiger. Wenn ich Ihnen ein Gehalt anbiete, so hat es eine – vierstellige Zahl.«
Brewer sah ihn ruhig an und nickte.
»Dann machen Sie bitte eine Notiz, dass ich bei Ihnen engagiert bin.«
Campbell ging zur Tür und drehte den Schlüssel um.
»Ich will Ihnen nun den Verbrecher nennen, der uns am meisten zu schaffen macht. Es ist der Führer des Clubs der Vier – Reddy Smith.«
Bob musste lachen.
»Von dem brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Wenn man in New York lebt, kennt man ihn.«
»Kennt er Sie auch?« fragte der Direktor schnell.
»Nein, wir sind uns niemals geschäftlich begegnet, aber ich kenne ihn trotzdem. In New York habe ich auf dem Gebiet der Handelsversicherung gearbeitet: Veruntreuungen und dergleichen. Reddys Hauptgeschäft bestand darin, dass er faule Aktien von Scheingründungen an die reichen Landwirte im Westen verkaufte. Ich habe ihn in einem Gefängnis gesehen, aber ich glaube kaum, dass er mich kennt. Vor einem Jahr war ich hinter ihm her, ehe er nach Europa kam.«
Mr. Campbell nickte.
»Was ich über ihn weiß, habe ich von der Polizei. Er hat mit einer Anzahl geriebener Burschen in Frankreich zusammengearbeitet, aber man konnte ihm nie etwas nachweisen, obwohl allgemein bekannt ist, dass er an zwei der größten Einbrüche beteiligt war. Soviel ich weiß, hält er sich jetzt in Monte Carlo auf. Unglücklicherweise sind auch mehrere unserer Kunden dort.«
»Welche Hilfe kann ich von der französischen Polizei erwarten?« fragte Bob.
Der Direktor zog die Schublade auf und nahm ein kleines Heft heraus.
»Hier ist Ihre Vollmacht, die von dem französischen Innenminister unterzeichnet ist, ebenso vom Staatsminister von Monaco. Die Behörden dieses kleinen Staates bemühen sich eifrig, die Verbrecher von dort fernzuhalten.«
Bob nahm das Heft an sich, blätterte es kurz durch und ließ es in die Tasche gleiten.
»Reisen Sie möglichst bald nach Ihrem neuen Bestimmungsort. Wir setzen voraus, dass Sie in den besten Hotels wohnen.«
»Darauf können Sie sich verlassen«, erwiderte Bob. »Übrigens noch eine Frage. Bekomme ich mein Gehalt im Voraus, und wann kann ich es abheben?«
»Ich kannte Ihren Vater«, entgegnete Campbell. »Er war ein zäher, sparsamer Schotte. Auch Ihre Mutter hielt Geld und Eigentum zusammen, aber Sie sind ein verschwendungssüchtiger Engländer geworden. Soll ich Ihnen einen kleinen Vorschuss zahlen?«
»Wovon soll der Schornstein sonst rauchen?« fragte Bob. »Ich werde mir sechs Monate Gehalt im Voraus zahlen lassen, dann teile ich Ihnen mit, wieviel ich für meine außerordentlichen Ausgaben brauche. Auf der Durchreise bleibe ich ein paar Tage in Paris, und wie Sie wissen, ist das ein kostspieliges Pflaster.«
Mr. Campbell seufzte und schrieb einen Scheck aus.
•••
Zwei Herren saßen vor dem Café de Paris in Monte Carlo. Beide waren elegant gekleidet, glattrasiert und machten einen weltmännischen Eindruck. Welchem Land sie angehörten, konnte man ihnen nicht ansehen, aber wahrscheinlich waren sie beide Amerikaner.
Der ältere der beiden rauchte nachdenklich eine Zigarre und nickte.
»Ich habe ihn noch nie getroffen, aber schon viel von ihm gehört«, sagte er. »Jimmy, hier in Monte Carlo wird es vom