In IHREN Händen: Erfahrungen mit Mutter Meera
Von Emma Veh
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Über dieses E-Book
Dieser Weg der inneren Heilung gelingt auf einer tiefen Ebene, als sie Mutter Meera, einen weiblichen Avatar, kennenlernt und regelmäßig ihren Darshan besucht. Bedingungslose Liebe, Vertrauen und Hingabe wachsen in der Obhut von Mutter Meera.
Emma Veh
Nach einem erfüllten Berufsleben widmet sich die Autorin Emma Veh ganz der Erforschung der Frage: Wer bin ich wirklich? Tagebucheinträge, Träume und Botschaften aus der Geistigen Welt, die sie seit 2014 empfängt, begleiten und steuern diese Suche nach dem eigenen Selbst.
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Buchvorschau
In IHREN Händen - Emma Veh
Habt den Mut, euren Schwächen ins Auge zu sehen.
Aber wisst auch, dass ich euch ständig helfe.
Mutter Meera
Inhalt
Befreiung
Anfänge
Vernichtung
Angst
Auswege
In Ihren Händen
Eremitin
Glaube
Annehmen
Abschiede
Anhang
Befreiung
Eine Traumbotschaft
Durch das kleine Fenster in Deckenhöhe des Kellerraums schleicht trübes Licht. Im Halbdunkel wirken die anwesenden Personen wie Schatten ihrer selbst. Ausrangierte Möbel lagern ringsherum. Sie stammen aus einer anderen Zeit und sind nicht mehr von Nutzen. Auf einem alten Küchenschrank sehe ich ein Bonbon-Glas, wie ich es von früher kenne, als es auf dem Tresen vom Krämerladen mit seinem süßen Inhalt lockte, die Öffnung gerade groß genug, um mit der Kinderhand hineinzugreifen und ein Belohnungsbonbon herauszufischen. Doch in diesem Glas hier im Keller warten keine Süßigkeiten. In diesem Glas hockt eingezwängt eine Ente mit weißen Federn. Sie hat sich ganz klein gemacht in dieser Enge.
Ihr Schnabel ist gelb.
Dann kommt Bewegung in das Tier. Es rüttelt sich, es schüttelt sich und nähert sich der Öffnung, die viel zu eng erscheint, den Leib hindurchzulassen. Zurück bleiben die wenigen trockenen Grashalme, die man ihm schenkte.
Die Ente duckt sich Kopf voran geschmeidig aus dem Glasgehäuse, sie beugt sich vor und breitet die Flügel aus.
In majestätischem Gleitflug lässt sie ihr Gefängnis hinter sich.
Ihr Weiß erhellt das Kellerlicht.
Ich bin ganz ergriffen, wie sie voller Anmut und Würde das Fliegen genießt. Sie ist in ihrem Element, sicher getragen vom Luftstrom.
Friede und Freude erfüllen den Raum.
Kapitel 1 Anfänge
Der? NIE! So fängt mein zweites Leben an.
„Der ist einer, der gar nicht meinen Vorstellungen entspricht und ich bin fast ein bisschen empört, dass meine Freundin meint, er sei der ideale Partner für mich. Die Zeit der wilden 68er-Songs ist eigentlich schon vorbei, aber „I can get no satisfaction
von den Rolling Stones treibt mich immer noch voll Vehemenz auf die Tanzfläche. So auch auf dem Fest der Freundin. „I can get no satisfaction" spricht mir aus der Seele. Im Außen habe ich alles, was es für ein zufriedenes Leben braucht: einen netten Mann, einen erfüllenden Beruf, eine komfortable Wohnung und Geld genug. Und doch: Das kann doch nicht alles gewesen sein! Etwas fehlt. Auf der Tanzfläche im Wohnzimmer setze ich meinen Frust in Bewegung. Augen zu und los!
Zwölf Jahre Ehe mit zunehmender Entfremdung, Wege, die auseinanderlaufen, Verständnisbrücken, die nicht tragen und resigniertes Sich-Arrangieren. >Was willst du eigentlich?< Ja, was will ich eigentlich? Mein Körper tobt all die Fragezeichen im Halbdunkel aus. Zwischendurch blinzle ich, um die räumliche Orientierung nicht zu verlieren, wenigstens die nicht auch noch! Ich nehme den Rand des Teppichs wahr, die Möbel. Niemand sonst tanzt, außer „Der"! Er tanzt mit mir. Ich bin nicht sonderlich beeindruckt. Dann sitze ich pustend auf dem Sofa. Er reicht mir Wein und sieht mich an.
Stille.
Nichts mehr.
Seine Augen fallen mir bis in den Bauch. Treffen etwas Unbenennbares in mir, passen in kein gewohntes Einordnungsraster. >Was bist du für einer?< Diesen Blick kann ich nicht in die Schublade „Feten-Flirt" packen. Das ist etwas Anderes. Das kenne ich noch nicht.
Im Nu weicht meine Zurückhaltung. Mein Kopf muss die Distanziertheit mühsam aufrecht erhalten und meine Seele „anleinen". Geborgenheits-Wärme durchströmt mich und entzündet einen Funken Hoffnung in meiner zur Gewohnheit gewordenen inneren Einsamkeit: vielleicht sind meine Träume von Zweisamkeit doch nicht so unrealistisch?
Irgendwann fällt mir ein, dass ja auch mein Gatte da ist, dass nicht alles seinen Lauf nehmen darf. Irgendwann fahre ich mit dem Gatten im Taxi nach Hause, in das „Der in letzter Sekunde mit hereinspringt und seine Hand auf mein Knie legt. Irgendwann steigt dieser „Er
unweit unserer Wohnung aus und verschwindet im Dunkeln. Das Arrangement der Ehe hat einen weiteren Bruch erlitten, einen gravierenden, wie sich in den nächsten Monaten herausstellt.
Nach der Fete bleibt dieser „Er" weiter im Dunkeln für mich. Nur ab und zu erzählt die Freundin von ihm. Selten. Seine Augen sinken tiefer in eine Schicht: Aufbewahren, bewahren wie einen kostbaren Schatz. Der Alltag muss bewältigt werden, zu einer Kontaktaufnahme fehlt mir der Mut.
Sieben Monate später sitze ich mit der Freundin im Theater. Mitten in der Aufführung flüstert sie mir zu, dass sie sich hinterher noch mit ihrem Mann in einer Kneipe treffen wird, ob ich mitkomme. Ich nicke. „Er" sei auch dort. Ich erstarre. Von jetzt auf gleich rast mein Puls, meine Wahrnehmung kippt, das Theaterstück verschwimmt.
>Was bist du für einer?<, dass du mich so erschütterst!?
Nach diesem Abend geht alles sehr schnell, so als hätten unsere beiden Leben, unsere Seelen nur darauf gewartet sich miteinander zu verbinden. Schwierigkeiten schmelzen, Lösungen wie Wunder ebnen unseren Weg und nach zwei Monaten bin ich aus der Ehe ausgezogen und mein Leben mit David, diesem „Der", kann beginnen.
Ich fühle mich wie ein Schwamm, der lange im Trockenen lag. Schwelge in unseren endlosen Gesprächen, in denen wir „die Welt retten", in denen wir die Harmonie unserer Wellenlängen erforschen. Unsere Sexualität schlägt Purzelbäume und Vertrautheit wächst. Keine irrealen Pubertäts-Träume! Wenn es so bliebe, wäre ich am Ziel meiner Wünsche. Nach zwölf Jahren Ehe bin ich nicht so unvorsichtig, völlig vorbehaltlos abzuheben.
Neben all dem üblichen Kennenlernen und Verliebt-Sein taucht urplötzlich etwas Unbekanntes auf. Mir fehlt der Rahmen, es einzuordnen. Wir machen einen kleinen Spaziergang, als die Realität sich plötzlich verändert und ich mich in einen Zustand versetzt fühle, der kaum zu beschreiben ist. Was geschieht mit mir? Und mit ihm? Die Grenzen zwischen uns lösen sich auf.
Licht zergleißt
Konturen verschweben
er ist ich bin er
wer bin ich
und er?
Zeit kondensiert.
Lautlose Stille.
Grenzenlos.
Transparenz
unserer Körperlichkeit
im raumlosen Raum
schutzlos
eins.
Transzendenz
Nur wenige Augenblicke, dann ist alles wie sonst: ein Wald und ein Feldweg. Er und ich. Wortlos gehen wir zum Auto zurück. Erst hier suchen wir nach Sätzen, uns auszutauschen.
Er hat die Situation ähnlich erlebt wie ich, auch er ist berührt von dieser überirdischen Nähe zwischen uns. Was ist da passiert? Ich weiß es nicht. Eine mir fremde Dimension hat sich aufgetan.
Unser persönlicher „Siebter Himmel wird am 26. April 1986 jäh erschüttert: Tschernobyl, die Nuklearkatastrophe. Das, was wir Realität nennen, ist wieder eine Stufe bedrohlicher geworden. Die Behauptung, Kernkraftanlagen seien sicher, zerbröselt im radioaktiven Wind und Unsicherheit ist plötzlich an der Tagesordnung. Wie wird die Zukunft aussehen? Warten Krankheiten und lebensverändernde Einschränkungen auf uns? Und: Wie lange haben wir noch zu leben? Zum ersten Mal ist eine nukleare Bedrohung in unseren Alltag gerückt. Wir dürfen die Kinder nicht mehr im Gras und Sand spielen lassen. Wir können nicht sicher sein, ob der Regen den Boden mit Wasser nährt oder mit Radioaktivität vergiftet. Man sieht die Gefahr nicht, riecht sie nicht, schmeckt sie nicht. Dieses Ungreifbare führt wohl auch dazu, dass man schnell wieder zum Gewohnten übergeht. „Normalität
pendelt sich auf einem neuen Niveau ein. Notfalls erhöht man die zulässigen Belastungswerte und wiegt sich in Sicherheit.
Wir verbringen den Feiertag 17. Juni sorgenvoll in meiner neuen kleinen Dachwohnung, als der Satz fällt: „Man müsste sich das Leben nehmen." Das ist nicht als Selbstmord gedacht, ganz im Gegenteil. Ideen und Wünsche werden frei – so als wüssten wir, dass wir wirklich nur noch kurze Zeit zu leben hätten. Ganz schnell ist klar, dass wir für ein Jahr reisen wollen. Und es dauert auch nicht lange, bis das Ziel feststeht: Südamerika.
Organisatorisch klärt sich alles schnell zum Guten. Womit wir nicht gerechnet haben, ist, wie schwer es fällt, die sozialen Beziehungen für ein Jahr auf Eis zu legen. Die Traurigkeit der Eltern zu spüren. Keiner wagt die Frage laut zu stellen: „Und wenn wir uns nicht wiedersehen? Das wiegt schwer in unserem Reisegepäck. Ein Jahr Südamerika hieß zu der Zeit noch, wir würden ein Jahr fast unerreichbar sein. Handys sind noch nicht in jeder Hand, an Internetcafés ist nicht zu denken und Briefe brauchen drei bis vier Wochen für die lange Reise und lagern dann „poste restante
in einem Postamt in irgendeiner Stadt, die wir irgendwann erreichen würden. Das einzige Telefonat, das wir von Argentinien nach Deutschland führen werden, wird handverstöpselt und die Leitung steht erst nach sechs Stunden Wartezeit im Postamt!
Wir sind richtig „weg".
Dieses Weg-Sein schenkt uns aber auch die Möglichkeit für ein anderes Leben. Ich lasse Rollenbilder, die ich von mir selbst habe, hinter mir und erprobe neue in einem veränderten Alltag, dem Reise-Alltag. Das ist in vielen Situationen eine Herausforderung. Wenn der Kochtopf kippt und die Spaghetti im Lagerfeuer landen oder das Autofahren auf Erdpisten meine Angst toben lässt, fühle ich mich klein und dumm. Ich stoße an meine Grenzen und muss sie wohl oder übel erweitern! Meine Selbsteinschätzung muss ständig korrigiert werden, was mich natürlich aus dem Gleichgewicht bringt und unsere noch junge Beziehung stark belastet.
Werden wir das Miteinander schaffen? Er und ich?
Mit dem räumlichen Abstand ist auch ein innerer Abstand zu meinen Eltern entstanden, der es mir ermöglicht, genauer hinzugucken. Was steht zwischen uns? Was liebe ich, was hasse ich? In Träumen, in Gesprächen mit David und in Ritualen rackere ich mich durch bis mein Verständnis für ihr Handeln wächst und ich vergeben kann. Meine Verurteilungen wandeln sich in Liebe. Da ist mehr zwischen uns als nur Erziehung und Alltag. Etwas, das über dieses Leben hinauszeigt.
„Vater „Mutter
- es fühlt sich an wie ein kosmischer Vertrag und erfüllt mich mit Dankbarkeit. Das Netz unter meinem Boden. Von wem auch immer gespannt.
Ähnlich aufwühlend ist die Verarbeitung der gescheiterten Ehe. Alles kocht in diesem Reise-Freiraum hoch. Für mich ist wichtig zu erkennen, welches meine Anteile am Scheitern sind, denn ich will nicht noch einmal dieselben Fehler machen.
Reise-räumlich gesehen brodeln diese inneren Konflikte alle auf unserem Weg ans Ende der Welt. In Patagonien. Niemand, den wir auf Feuerland treffen, hat diese Region ohne Beziehungsprobleme passiert!
Patagonien, das ist eine schnurgerade Straße in Küstennähe. Rechts braunes Gestrüpp, links braunes Gestrüpp. Ganz weit im Westen zeichnen sich manchmal die Anden schemenhaft gegen den grauen Himmel ab. Einfahrten zu Estancias sind geschmückt mit bleichen Tierschädeln. Das Haus liegt unsichtbar in weiter Ferne. Hier wohnen ein bis zwei Einwohner auf einem Quadratkilometer! Pro Tag begegnen uns ein bis zwei Autos! Ein Land so groß wie die Türkei, mit so viel Weite, dass man völlig auf sich geschmissen ist. Die Eintönigkeit zerrt an den Nerven. Der starke Seitenwind reißt alles, was nicht festgehalten wird, machtvoll mit sich: Autotüren, Zeltplanen und Kleidungsstücke. Kochen, Pipi-Machen und Zeltaufbau werden zur logistischen Meisterleistung. Besonders, wenn im Süden Argentiniens auch noch Schrägregen dazukommt.
Das erste Grün rührt mich zu Tränen: endlich wieder Leben! Das Panorama gleicht einer schweizerischen Idyll-Landschaft und weckt Vertrautheitsgefühle. Lange Moosflechten wehen an den Bäumen und verleihen dem lichten Wald Märchencharakter. Welche Wohltat für mein Auge, das so lange nur Grau und Braun und flache Weite sah. Wir erreichen das „Ende der Welt zur Weihnachtszeit, die hier in den Hochsommer fällt. Doch „Hochsommer
bedeutet in Ushuaia, dass es eines Nachts bis auf hundert Meter über unserem Zeltplatz schneit. FEUERland – besser man lässt die Wärmequelle Feuer den ganzen Tag über nicht ausgehen.
Am Ende der Welt bin auch ich am Ende. Ich habe das Gefühl mit all meiner inneren Arbeit so ein Durcheinander erschaffen zu haben, dass eine Fortsetzung unserer Beziehung nicht möglich sei. Ich sehe uns getrennt und vorzeitig nach Deutschland zurückfliegen, bin von mir enttäuscht und ganz mutlos. Keine Frage, ich habe mir zu viel zugetraut, reisetechnisch und beziehungsmäßig.
Das Miteinander scheint kaum noch möglich. Er und ich?
Wir treffen sehr viele Weltenbummler, die auf unterschiedlichste Arten unterwegs sind: mit dem Landrover, mit Wohnmobilen, mit dem Motorrad und wir mit unserem kleinen „Fusca", einem VW-Käfer, den wir in Brasilien gekauft haben. Sie alle scheinen voll des Glücks zu sein, ganz in ihrem Element des abenteuerlichen Reisens. Nur ich fühle mich fremd und überfordert. Am Ende der Welt kann man nicht mal eben in den nächsten Flieger steigen. Oder mit dem Bus zu einer Stadt fahren, die ans Flugliniennetz angeschlossen ist.
Es heißt: ausharren.
Die Natur am Südzipfel dieses Kontinents nimmt uns ganz gefangen. Traumhafte Berge, Flüsse und Meeresbuchten glätten meine inneren Wogen ein wenig und stecken mich mit ihrer Friedlichkeit an. Ich komme etwas zur Ruhe. Mitte Januar treibt uns die Sehnsucht nach Wärme Richtung Norden. Wir trauen uns, doch durch Chile zu fahren, denn Leute, die von dort kamen, haben erzählt, dass es nicht so gefährlich sei, wie in manchem Reiseführer berichtet.
Dieses 4275km lange Land Chile erfreut uns mit seinen unglaublich unterschiedlichen Landschaften. Wir wandern vier Tage mit Minimal-Gepäck durch die Torres del Paine im Süden, lassen uns von Sturmböen durch- und umpusten und trotzen Regen und Kälte. Es ist herrlich, in diesem gigantischen Gebirge einsam und langsam unterwegs zu sein. Wir fahren die Caretera Austral mit unserem kleinen Käfer so weit südlich, wie sie damals gebaut war. Die Fuchsien-Büsche und Gewächse mit riesigen Blättern überragen unser Auto und wirken wie ein Wunder-Wald. Von Zeit zu Zeit flüchten wir in den Regenschatten der Anden, sprich nach Argentinien, um uns aufzuwärmen und die Zeltsachen zu trocknen.
Dieses mächtige Gebirge mit seinen Gipfelriesen um die sechstausend Meter Höhe beeindruckt uns sehr. Da fahren wir mit unserem Fusca auf circa viertausend Meter hoch (mit nächtlichen Minusgraden!) und ringsherum werden wir immer noch von schneebedeckten Gipfeln überragt! Tief eingeprägt hat sich mir eine Situation, in der wir oben auf der Hochebene aus dem Auto steigen.
Und da ist nichts mehr, gar nichts und gleichzeitig alles.
stille
atemloses lauschen
ins all
weite
unendlicher blick
ins sein
der mensch
ein staubkorn
und allumfassend
zugleich
kosmos
ordnende kraft
aus ewigkeit
Ich weiß plötzlich, dass es „etwas" in der Welt gibt, das diesem Gefüge eine Ordnung verleiht. Damals habe ich es noch nicht GOTT genannt. Und: wir haben es gemeinsam erlebt, welch Geschenk!
Miteinander – er und ich.
Später wird diese Anden-Erfahrung immer wieder in meinen Alltag einfließen, mich still und ergriffen machen. Irgendwann werde ich sie „Einheitserfahrung" nennen. Es war und bleibt das wesentlichste Erlebnis der Südamerika-Reise.
Langsam komme ich wieder in meine Kraft und es gelingt mir, einige innere Konflikte aufzulösen und loszulassen. Das tut unserem Miteinander gut.
Ein ganz besonderer Höhepunkt ist für mich die Besteigung des aktiven Vulkans Villarrica (2840m). Wir bauen unser Minizelt an seinem Fuße auf und besorgen uns Steigeisen für die Schneefelder. Der Aufstieg ist lang und beschwerlich, denn ich bin wahrlich keine „Bergziege". Kenne ich doch aus meiner Kindheit nur den Deich an der Weser und den Weyerberg mit seinen stolzen 54,4 Höhenmetern! Von den fünf Stunden müssen wir die Hälfte der Zeit mit diesen ungewohnten Steigeisen mühsame Schritte in den gefrorenen Schnee treten. Es scheint unendlich weit bis zur Rauchfahne am Gipfel! Mehrmals glaube ich, es nicht zu schaffen, aber als David mir die Tritte vorstapft, komme ich gut voran.
Miteinander – step by step.
Zum Schluss krabble ich noch auf allen Vieren über die bröckelige, scharfkantige Lava am Gipfel.
Der Hang wölbt sich nach innen,
das Gestein leuchtet grün vom Schwefel,
der Berg grummelt,
der Rauch wird stärker,
der Schwefelgeruch intensiver…
noch ein Schritt und ich sehe ES:
das Auge des Vulkans; das Auge der Erde.
Rot-glühend brodelt die heiße Lava unter mir. Feurige Spritzer schießen auf den schwarzen Kraterrand, wo sie langsam verglühen.
Sattsehen – stundenlang mich sattsehen!
Es ist ein Blick in die Unendlichkeit – etwas wie GOTT und doch nicht GOTT.
Ich glaube, verrückt zu werden. Sehe mich schon schreiend umherlaufen, immer kurz vor einem Sturz in die Tiefe. Fürsorglich nimmt David meine Hand und verankert mich so in der Wirklichkeit.
Miteinander – Hand in Hand.
Dann setze ich mich lieber hin. Im Sitzen kann ich dieses gigantische Szenario gefahrloser genießen. David geht noch die letzten Meter bis zum wirklichen Gipfel neben dem Kraterschlund hoch und ich bleibe allein mit diesem Etwas, diesem Auge, diesem Loch. Vor aufgewühlter Ergriffenheit muss ich plötzlich schluchzen.
Feuer
voll Sog und Furcht
Feuerauge des Seins
im Innern verglüht mein Ich
verschmilzt in Elementen
verrückt mich
zu Tiefe
und Sein
SEIN?
Doch zum Sich-Fallenlassen ist keine Zeit, denn wir müssen an den Abstieg denken. Es ist schon achtzehn Uhr und bald wird sich der Schnee in steinhartes Eis verwandeln. Ich gehe noch die eine Kraterwand hoch, um einen Blick in die andere Richtung zu werfen. Jetzt ist es die Weite, die mich packt. Wieder schluchzt es aus mir heraus: da liegt die Welt zu meinen Füßen! Unendliche Berge, unendliche Weite.
Natürlich ist der Abstieg anstrengend, natürlich wird der Hunger unerträglich, natürlich sind die Beine bleischwer und kriecht die Angst abzurutschen immer wieder den Nacken hoch, aber ich habe ES gesehen! Was immer ES ist und war.
Je nördlicher wir kommen, umso ausgeglichener werde ich. Wie gut, dass ich auf Feuerland in kein Flugzeug steigen konnte und stattdessen unserer Beziehung eine Chance geben musste. Sie hat die Turbulenzen überlebt! Und wie gut! Wir sind sozusagen mit allen Wassern gewaschen oder auch: Sturm- und Feuer-erprobt. Und so kommt es, dass wir uns im März in Cachi (Argentinien) bei der Besichtigung einer kleinen Kirche spanischen Ursprungs ganz spontan vor dem