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Leute von früher

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Eine Liebe auf der Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer

Marlene hat gerade ihr Studium beendet und fängt als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem alles so ist wie um 1900 – Brauchtum, Handwerk, Kleidung. Die aufwändige Inszenierung wird von zahlreichen Saisonkräften aufrechterhalten, die jenseits der »Kostümgrenze« in einfachen Baracken wohnen. Bald lernt Marlene Janne kennen, die hier aufgewachsen ist, und fühlt sich ungewohnt stark zu ihr hingezogen. Doch nicht nur die Gefühle für sie, auch die Insel selbst scheint Marlenes Wahrnehmung zu verändern. Im Watt erinnern die Überreste der versunkenen Stadt Rungholt ständig daran, welches Unheil durch den steigenden Meeresspiegel droht. Je näher sie und Janne sich kommen, desto deutlicher spürt Marlene, dass Janne ein Geheimnis hat, das weit in die Vergangenheit der Insel reicht. Und sie ist nicht die Einzige. Immer öfter beobachtet Marlene merkwürdige Vorfälle, bis sie schließlich einen Zusammenhang erahnt.

Strand war eine Insel in der Nordsee, von der heute nur Pellworm und Nordstrand übrig sind. Leute von früher erzählt vom Bewahren und Verschwinden, von Abschied und Neubeginn. Von alten Legenden und moderner Lohnarbeit, vom Verliebtsein und von der Suche nach einem Platz im Leben. Humorvoll, klug und mit großer Wärme.

316 pages, Hardcover

Published April 15, 2024

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About the author

Kristin Höller

2 books2 followers

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Community Reviews

5 stars
109 (36%)
4 stars
127 (42%)
3 stars
57 (19%)
2 stars
6 (2%)
1 star
1 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 59 reviews
Profile Image for Ulla Scharfenberg.
131 reviews155 followers
May 9, 2024
Was zunächst wie ein seichter Insel-Roman mit zarter Lovestory erscheint ist in Wahrheit ziemlich dark.

Margarete ist Ende 20 und hat gerade ihren Abschluss gemacht, jedoch keinen Job in Sicht und möglicherweise auch gar nicht wirklich Bock drauf. So hat sie sich entschlossen, einen Sommer lang auf "Strand" zu arbeiten, eine Insel in der Nordsee, die als eine Art Freilichtmuseum funktioniert. Alles hier soll wirken wie vor hundert Jahren. Die Touris finden das toll, kaufen im Kramladen "hausgemachte" Marmeladen, während des nachts die Lieferungen vom Festland kommen und die Aldi-Produkte zu Großmutters' Beste umetikettiert werden. Alles hier ist Kulisse und basically scam, aber es funktioniert.

Margarete gewöhnt sich schnell an die Kostüme, an den Rhythmus auf der Insel und freundet sich mit den anderen Saisonkräften an. Zuhause in Hamburg warten ihr liebenswerter Mitbewohner Robert, die beste Freundin Luzia und Paul, bei dem nicht so richtig klar ist, ob er ihr "fester Freund" ist oder nicht. Dann begegnet sie Janne, einer einheimischen, irgendwie geheimnisvollen jungen Frau und verliebt sich.

Doch "Leute von Früher" ist keine Romanze. Dunkle Geheimnisse der Vergangenheit, Geistergeschichten und eine unglaubliche Schwermut, die über allen Figuren zu hängen scheint, machen diesen Roman zu einem eher düsteren Leseerlebnis. Das mochte ich sehr.

Was ich nicht ganz so mochte: es war mir alles zu viel und zu viele der aufgeworfenen Themen bleiben als lose Enden liegen: Die Story von Margaretes Eltern hätte ich nicht gebraucht, die Figur des Weert hatte viel mehr Potenzial und die zugrundeliegende Idee - ein Investor kauft eine Insel auf und erschafft eine Fantasie für Bürgi-Tourist*innen, die sich nach einem vermeintlich besseren (weißen!) Früher sehnen - fand ich viel interessanter als das bi-awakening von Margarete.

Alles in allem hab ich "Leute von Früher" aber richtig gern gelesen und werde es dieses Jahr sehr oft Menschen empfehlen, die was für den Urlaub suchen, aber keine Lust auf Strandschmonzetten haben.
Profile Image for Ninia LaGrande.
47 reviews91 followers
May 26, 2024
Uff. Das ist so ein fantastisches Buch. Sprachlich so schön und klar und feinsinnig. Hab alles daran geliebt.
Profile Image for hand.verlesen.
172 reviews19 followers
April 15, 2024
Marlene lebt in Hamburg, ist Ende 20 und hat nach vielen Jahren vor kurzem endlich ihr Studium abgeschlossen. Sie fühlt sich orientierungslos und nimmt daher erst einmal einen Job als Saisonarbeiterin in einem Erlebnisdorf auf der Nordseeinsel Strand an. Bei der Arbeit tragen alle Mitarbeitenden Kostüme aus dem frühen 20. Jahrhundert. Marlene trifft auf der Insel viele interessante Persönlichkeiten, unter anderem Janne, die faszinierend und rätselhaft zugleich ist. Und auch die Insel zeigt sich zunehmend von ihrer mysteriösen Seite.

Die Geschichte wird unaufgeregt erzählt und hat mich trotzdem nie gelangweilt. Die Insel wirkt dabei wie eine eigene Figur. Das Wetter, das Licht, Ebbe und Flut und die Atmosphäre werden ganz wunderbar und spürbar beschrieben.
Marlene hat mir als Hauptfigur gut gefallen. Anfangs eher passiv zeigt sich an ihr exemplarisch die Orientierungslosigkeit vieler junger Menschen.
Wir erleben Marlenes Alltag als Verkäuferin im Dorfladen, die Ankunft von Tourist:innen, die Interaktionen mit den anderen Saisonkräften und mit den Einwohner:innen von Strand. Das alles ist unspektakulär im besten Sinne und fühlt sich sehr authentisch an. Einblicke und die Arbeitswelt von Romanfiguren lese ich generell sehr gerne und kam hier stark auf meine Kosten.
Auch die Liebesgeschichte fand ich äußerst gelungen. Die Anziehungskraft, aber auch die Unsicherheiten waren realistisch und einfühlsam beschrieben, ohne in Kitsch abzudriften.
Das Mysteryelement hat meiner Meinung nach gut zur Geschichte gepasst und wurde nicht übertrieben. Ich bin mit der Auflösung und dem Ende zufrieden.

Alles in allem war „Leute von früher“ eine sehr stimmige und atmosphärische Geschichte, die meinen Geschmack absolut getroffen hat. Für mich ein Highlight! 💙💛
(Rezensionsexemplar)
Profile Image for LeserinLu.
223 reviews11 followers
March 2, 2024
Marlene ist Ende zwanzig und hat soeben ihr Studium in Hamburg beendet, wo sie sich ein Leben mit guten Freunden und losen Partnerschaften aufgebaut hat. Um die Entscheidung, was sie nach dem Studium aus ihrem Leben machen will, noch ein wenig aufzuschieben, wird sie Saisonarbeiterin im historischen Erlebnisdorf auf der Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer, wo die Zeit scheinbar stillzustehen scheint.

Die detaillierte Beschreibung von Kleidung, Handwerk und Bräuchen auf der Insel lässt den Leser tief in die Atmosphäre eintauchen und wirkt sehr authentisch. Besonders gelungen ist die Darstellung des Erlebnisdorfes, das reiche Touristen anlockt und gleichzeitig das Leben der Saisonkräfte, wie Marlene, in einfachen Verhältnissen bestimmt. Diese Kluft zwischen Schein und Realität bildet einen zentralen Konflikt im Roman. Protagonistin Marlene, eine junge Frau am Scheideweg zwischen Vergangenheit und Zukunft, wird zum Spiegelbild der ambivalenten Welt von Strand.

Die Begegnung zwischen Marlene und Janne, einer Inselbewohnerin mit einem geheimnisvollen Hintergrund, ist dann der Ausgangspunkt für eine Liebesgeschichte, die zugleich von Geheimnissen und düsteren Ereignissen durchzogen ist. Höller gelingt es, die Spannung zu steigern, indem für Marlene zunächst undurchschaubare Dinge auf der Insel passieren und sie zugleich Verliebtheit und Nähe mit Janne ganz neu entdecken kann.

Besonders gefallen hat mir Höllers melancholischer und poetischer Schreibstil, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Sie entfaltet in ihrem Roman eine glaubwürdige Kulisse, in der Tradition und Moderne aufeinandertreffen - ich empfehle unbedingt, die Geschichte der Insel Strand im Verlauf des Romans einmal nachzuschlagen, ohne hier zu viel verraten zu wollen. Das emotional mitreißende Ende machte den Roman für mich schließlich zu dem, was Kafka als „Axt […] für das gefrorene Meer in uns“ bezeichnet hat. Große Empfehlung!
Profile Image for antonia .
10 reviews
May 16, 2024
Came for the lesbians…stayed for the Plot ig? 2,5 ⭐️
Profile Image for isaac.
137 reviews
October 24, 2024
ich mochte das meiste an dem buch, aber das ende hat mich verloren. komplett verloren. i was so lost. der slice of life vibe? impeccable. die topics? auch sehr gut. der writing style? auch sehr gut. aber man, dieses ende. what even
Profile Image for carlota.
26 reviews1 follower
November 6, 2024
mit Herzrasen und Tränen zueende gelesen.
So schön, präzise, behutsam und spannend. “Leute von Früher” habe ich gerne gelesen, es hat mich richtig abgeholt, ging so einfach und ich konnte garnicht aufhören. Doch es hinterlässt mich mit dem Verlangen nach mehr, mehr zu lesen und erfahren. Über die Geschichte der Insel, über Marlene, über Dascha, aber vor allem über Janne.
Profile Image for Hanna.
595 reviews67 followers
March 16, 2024
Ich habe Höllers Roman innerhalb eines Tages verschlungen. In kürzester Zeit konnte ich eine tiefe Verbindung zur Hauptfigur Marlene aufbauen und ich mochte das Setting in der das Buch spielt wahnsinnig gerne.
Leute von früher ist ein sehr modernes Buch, viele aktuelle Themen (modernes Dating/Liebe, prekäres Arbeiten, Erwartungshaltungen der Elterngeneration, Queerness, Klimawandel) werden verhandelt ohne dabei jemals im Zentrum zu stehen. Weshalb sich dieser Roman auch so unglaublich natürlich und aus dem Leben gegriffen anfühlt und trotz einer sich am Schluß dramatisch verdichtenden Handlung sehr leicht daher kommt. Ich hatte beim Lesen ähnliche Empfindungen wie bei der Lektüre von Tucholskys Schloß Gripsholm, eines meiner liebsten Bücher.
Leute von früher ist wahrscheinlich die perfekte Sommerlektüre, aber funktioniert auch gut mit einer Tasse Tee in die Decke eingekuschelt. Also einfach ein gutes Buch.
Profile Image for Rahel.
255 reviews29 followers
December 21, 2024
Uff uff uff. So gut! So ein gutes Ende! Ich habe sicherlich noch schlauere Gedanken bei Tageslicht dazu, aber Mensch, das war toll - durch und durch ein Buch nach meinem Geschmack.
16 reviews
October 26, 2024
Hm, ich hab mehr von dem Buch erwartet. Es hat mir schon gefallen, ich mochte die Sprache und die Figuren, aber man hätte mehr aus der Geschichte machen können. Die ersten 100 Seiten lang ist überhaupt nichts passiert und ich hatte deshalb teilweise keine wirkliche Motivation weiterzulesen, dann kam ich 70 Seiten lang richtig rein und war gespannt, dafür dass sich die Liebesgeschichte dann aber ungefähr auf 2 Seiten entwickelt, was dem ganzen den Zauber genommen hat. Das „mysteriöse Geheimnis der Insel“ wird auf den letzten 100 Seiten (wenn überhaupt) behandelt und auch das hätte man irgendwie zauberhafter gestalten können, so war’s halt einfach schwachsinnig. Das Ende hat mich aber tatsächlich sprachlos zurückgelassen und ich fand’s richtig überraschend und gut. Generell war die Liebesgeschichte leider auch nichts besonderes, ungefähr jede queere Liebesgeschichte ist genau so aufgebaut, von den Figuren bis zu den Gedanken/Zweifeln/Gefühlen, irgendwie leider immer das gleiche. 🥲 Gut gefallen haben mir aber die Sexszenen lol, die waren sehr authentisch, es ging dabei viel um Konsens und Kommunikation darüber, was gefällt/nicht gefällt und dass nicht alles beim ersten Mal direkt „klappt“.
Kann man also gut mal lesen, man verpasst aber auch nichts, wenn mans nicht liest.
16 reviews
March 12, 2024
Mein Highlight beim Lesen von "Leute von früher" von Kristin Höller war unter anderem tatsächlich der Moment, als der Titel im Buch vorkam und mir bewusst wurde, dass ich den Titel bis dato anders interpretiert habe. Bis kurz vor dem Ende dachte ich immer, dass es sich dabei lediglich um eine Beschreibung der Szenerie/Handlung/des Plots handelt. Vorsicht Spoiler: mir war nicht bewusst, dass man den Titel doppeldeutig verstehen kann und damit auch die Leute gemeint sind, welche auf See gestorben sind. Und so schaurig sich diese Stelle auch angehört hat - auch ich fand es nicht gruselig, sondern auf eine gewisse Art und Weise bewegend.
Abgesehen von dem Highlight lies sich die Geschichte auch sehr schnell und zum Großteil auch sehr einfach lesen (dies ist tatsächlich das erste Buch, welches ich an einem Tag durchgelesen habe), leider fand ich aber die Dialoge teilweise "schwierig" zu lesen, da ich manchmal nochmal zurückgehen und schauen musste, wer denn nun was gesagt hat.
Auch wenn mir Marlene zu Anfang ziemlich komisch oder sonderbar vorkam und ich sie leider bis zum Ende nicht richtig "verstanden" habe, habe ich mich für sie mitgefreut, als es ihr zeitweise richtig gut ging. Leider habe ich ihre Wahrnehmungen über ihren Körper und ihr Bewusstsein der Welt nicht ganz verstanden.
Richtig schön, und mit unter anderem auch der Grund warum ich das Buch unbedingt lesen wollte, ist die Tatsache, dass die Nordsee und ihre Natur und ihre Wunder so schön beschrieben werden. Beispielhaft bei der kleinen Wanderung durch das Watt nach Südfall konnte ich Schritt für Schritt wirklich nachempfinden, wie sich das Schlick gerade unter den Füßen und zwischen den Zehen anfühlt. Die Parts wurden sehr schön und nahhaft beschrieben.
Einerseits ein bisschen vorhersehbar fand ich auf den letzten Seiten dann das Ende bzw. dachte ich mir, dass der Sturm doch nicht so nahtlos an Strand vorbeigeht. Schön fand ich dann aber allerdings den allerletzten Abschnitt, welcher den Leser*innen den Freiraum lässt, auf ein Happy End zu hoffen.
Dementsprechend kann ich "Leute von früher" gerne Menschen empfehlen, welche die Nordsee genauso lieben wie ich und welche gerne mal eine Geschichte mit "echten"/"nahbaren" Charakteren lesen möchten.
Profile Image for Kris M..
57 reviews
September 17, 2024
Zum einen muss ich sagen: absolut sexygeiles cover.
Zum anderen: ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch durch Zufall zur Hand genommen habe. Es hatte wunderbar eindrückliche und beruhigende Naturbeschreibungen, eine sehr passend entschleunigte Erzählweise und klaren, sehr fließenden Stil. Außerdem einen Twist, der mich richtig gefreut und abgeholt hat!

Die Charaktere haben mich zwar eher so halb abgeholt, ihre Lebensumstände - als Person die dieses Jahr die Uni abgeschlossen hat, 30 geworden ist und in einer WG in Hamburg wohnt - dafür umso mehr.
Die Autorin hat das Gefühl dieses Lebensabschnitts im Umgang zwischen Marlene und ihren Freunden, meiner Meinung nach, sehr gut eingefangen.
Kann nur sagen: Immaculate vibes, gerne wieder.
Profile Image for Katharina Hartwell.
23 reviews2 followers
July 27, 2024
Tolles Buch u. a. darüber, wie das ist, jung zu sein. Hatte ich schon total vergessen. Und dass es zum Ende hin gruselig wurde, war ein willkommener und unerwarteter Bonus. Möchte allen gratulieren, die es schaffen, Magischen Realismus in deutsche Gegenwartsliteratur zu schmuggeln.
Was die Autorin kann: Dialoge, Figurenzeichnung, Setting, Spannungsaufbau. Hoffe, es kriegt alle Preise.
Profile Image for Kyky.
239 reviews17 followers
July 6, 2024
2,5 Sterne

Der Schreibstil transportiert eine sehr melancholische Grundstimmung und eine gewisse Distanz zu den Figuren, auch zur Hauptfigur, weshalb ich mit allen nicht wirklich warm wurde. Die Story an sich war ganz nett, bis dieser mystische Touch gegen Ende kam, von dem ich jetzt nicht so angetan war. Alles Geschmackssache, meins war's eher nicht.
Profile Image for Carla.
855 reviews124 followers
April 16, 2024
„𝐴𝑙𝑙𝑒𝑠, 𝑤𝑎𝑠 𝑠𝑖𝑒 𝑠𝑎ℎ, 𝑤𝑢𝑟𝑑𝑒 𝑙𝑎𝑛𝑔𝑠𝑎𝑚 𝑧𝑢 𝑒𝑖𝑛𝑒𝑚 𝐵𝑖𝑙𝑑, 𝑧𝑢 𝑑𝑒𝑚 𝑒𝑖𝑛 𝐷𝑎ℎ𝑖𝑛𝑡𝑒𝑟 𝑔𝑒ℎö𝑟𝑡𝑒.“
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„Leute von Früher“ hat mich durch das wunderschöne Cover und den spannenden Klappentext direkt angesprochen, noch bevor die Bloggerboxen dazu auf Bookstagram die Runde gemacht haben. Nordsee-Setting? Queere Story? Autorin im gleichen Jahr geboren wie ich? Immer her damit! Vorweg muss ich aber ehrlicherweise sagen, dass es nicht ganz das ersehnte Highlight wurde, was ich mir gewünscht hatte.
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Marlene hat ihr Studium nach langer Zeit beendet und sucht nun nach etwas Sicherheit auf einer Insel im ostfriesischen Wattenmeer. Sie ist nämlich kein Mensch, der Veränderungen leicht übersteht. Sie tritt einen Saisonjob in einem Erlebnisdorf an, in dem es scheint, als würden die Leute noch um 1900 leben. In dem Dorf arbeitet auch Janne, die Marlene auffällt und irgendwie auch anzieht. Doch ein Geheimnis des Dorfes stellt sich zwischen die Beiden, während sie sich nach und nach näherkommen.
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Das Setting auf der Nordsee-Insel hat mir sehr gut gefallen! Ich fand auch Marlene sehr interessant, besonders ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Der Schreibstil hat sie manchmal sehr kindlich wirken lassen, was sehr stark im Gegensatz zur Altertümlichkeit der Insel stand. Die Handlung plätschert eher ein wenig vor sich hin, doch am Ende überschlagen sich die Ereignisse. Da hätte ich mir ein wenig mehr Balance gewünscht, weil es dadurch auch an Glaubwürdigkeit verloren hat.
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Wenn euch atmosphärische Geschichten interessieren, kann ich euch das Buch trotzdem empfehlen! Es war nicht schlecht, hat mich nur leider nicht so mitgerissen, wie ich das erhofft hatte.
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3,5/5 ⭐️
11 reviews
March 3, 2024
Mich hat Kristin Höllers Buch direkt angesprochen und ich war gespannt, mehr über diese Insel im nordfriesischen Wattenmeer zu erfahren. Der Schreibstil der Autorin lässt sich leicht und flüssig lesen. Ich habe zwei, drei Kapitel gebraucht, um richtig in die Geschichte einzusteigen. Doch je länger ich gelesen habe, desto mehr hat das Buch eine Art Sogwirkung entwickelt und mich immer weiter in die Geschehnisse hineingezogen. Besonders zum Ende hin konnte ich es dann gar nicht mehr aus der Hand legen.

Mit Marlene konnte ich mich leider das gesamte Buch über nicht so richtig anfreunden. Es ist mir schwer gefallen, ihre Denkweise und Handlungen richtig nachvollziehen zu können. Auch von Janne und ihrem Leben hätte ich gerne mehr erfahren. Trotzdem hat es mir sehr viel Spaß gemacht, die Charaktere zu begleiten und ihren Alltag auf der Insel zu verfolgen. Die Alltagsbeschreibungen in dem Erlebnisdorf haben mir wirklich gut gefallen. Es war interessant und erschreckend zugleich von Marlenes Erlebnisse zu lesen und ihre Eindrücke mitzubekommen. Die Verbindung von Gegenwart und Vergangenheit wurde dabei anschaulich umgesetzt.

Kristin Höller ist es gelungen, eine eindrucksvolle Geschichte zu schreiben, die über die Seiten hinweg eine unheimliche Sogwirkung entwickelt. Die Vergangenheit war dabei zu jeder Zeit präsent und auch die Insel, die Nordsee und das Wattenmeer wirkten wie eigenständige Figuren, mit ganz eigenen Geschichten und Charakterzügen.

Mir hat das Buch außerordentlich gut gefallen. Trotz kleiner Schwächen bewerte ich ein Buch in erster Linie danach, was es bei mir ausgelöst hat und das war gerade zum Ende hin eine Menge. Ein tolles Leseerlebnis und definitiv eine Empfehlung!
March 10, 2024
Ich habe das Buch am Ende ziemlich geliebt, allerdings hat mich eine Sache gerade am Anfang gestört. 4 1/2 ⭐️

Ich muss sagen, dass der Schreibstil des Buches am Anfang wirklich irritierend war, aber je weiter ich gelesen habe, desto besser hat er zur Protagonistin, den Situationen und ihren Freundinnen gepasst.

Die Atmosphäre war die ganze Zeit über sehr angenehm und gut beschrieben, es gab viele kleine Details die erwähnt wurden, das habe ich sehr geliebt.

Der Plot war für mich, fast bis zum Ende, überhaupt nicht vorhersehbar. Die Spannung hielt sich für mich ziemlich gut. ⚡️

Alles in allem ein solides Buch, welches ich getrost weiterempfehlen würde! 🏳️‍🌈

Vielen Dank an den Suhrkamp Verlag, für das Rezensionsexemplar!
Profile Image for Lena.
16 reviews1 follower
May 5, 2024
Auch wenn ich den Klappentext nicht gelungen finde, hat mir das Buch umso besser gefallen! Ich bin durch die Geschichte gerauscht wie die Nordseewellen um die fiktive Insel ‚Strand’, die ironischerweise nicht einen Strandabschnitt besitzt.

Kristin Höller nimmt uns mit ans Meer und erzählt stimmungsvoll das Leben einer End-Zwanzigjährigen, die ihren Platz im Leben auf der Insel zu finden versucht. Eine feine Geschichte über alte Legenden, Freundschaft, Kommerz, das Jungsein und das Älterwerden.
Profile Image for Glitterregen.
56 reviews
June 17, 2024
Das war irgendwie...langweilig. Ich habe mich ewig durch die ersten 100 Seiten gekämpft und brauchte eine ganze Weile, um ins Buch hineinzufinden. Das lag einerseits daran, dass ich die Protagonistin ziemlich unsympathisch/nervig fand (die Art, wie sie ihre Probleme zu Hause ignoriert hat, hat mich wahnsinnig gemacht), andererseits passiert auch einfach nicht viel. Für Menschen, die stimmungsvolle, langsame Lektüre mögen, ist dieses Buch wohl eher was, für mich wars leider nichts.
Und dann der Schluss...die lang ersehnte Auflösung war mir persönlich zu surreal, aber für Leute, die mystische Enden mögen, könnte das passen.
41 reviews
August 2, 2024
Es braucht hier irgendeinen Superlativ, den ich grad nicht habe. Ich weiß nicht warum, aber das Buch war von Anfang an total fesselnd und spannend, aber gar nicht auf "klassische" Weise sondern eher wie ein leiser Sog den man nicht erklären kann. Die Sprache ist wunderschön und fein und klar und einfach, ich mag es dass es nie viele Worte braucht um etwas zu sagen. Und das Ende hat mich mit so viel Wucht getroffen, wie ich es nie erwartet hätte.
Profile Image for Jule.
126 reviews3 followers
March 10, 2024
Sachlich

"Leute von Früher" von Kristin Höller ist ein Buch mit einer tollen Idee und großen Kontrasten, die Verlauf des Buches immer deutlicher herausstechen.

Mit Marlene finden wir eine Protagonistin vor, die noch nicht so recht weiß, wo sie in ihrem Leben hin möchte. Sie ist Jemand, der schwer zu beschreiben ist. Mal wirkt sie kühl und distanziert, dann fängt sie an offener und fröhlicher zu werden, lässt davon aber kurze Zeit später nichts mehr nach außen.
Zu ihr habe ich nie einen Draht entwickeln können. Es blieb immer distanziert und ihr Verhalten hat mich des öfteren auch mal verwirrt.
Sie ist zwar Ende zwanzig, hat allerdings immer wieder den Eindruck vermittelt, als wäre sie viel älter.
Nichtsdestotrotz hat man ihr angemerkt, wie unerfahren sie in manchen Dingen ist, gerade wenn es um das Thema Liebe ging.

Ihre Beziehung zu Janne ist, in diesem Buch, sehr wechselhaft und auch Janne bleibt über viele Strecken eher undurchsichtig.
Auch ihr Geheimnis, das weit in die Vergangenheit reichen soll - laut Klappentext - rückt erst gegen Ende ein wenig in den Fokus. Die damit einhergehende Auflösung fand ich enttäuschend. Irgendwie habe ich einfach mehr erwartet. Genauso wie vom Ende des Buches, dass ebenfalls eher enttäuschend war, da auf einmal alles so schnell ging und vieles offen gelassen wurde.
Schade, denn da hätte man deutlich mehr rausholen können.

Der Schreibstil dagegen passt zu den Protagonisten. Er ist etwas kühl und distanziert, sorgt zwischendurch trotzdem für ein bisschen Nähe.
Er besticht durch simple Dialoge, die ohne viele Details auskommen und kreiert eine bedrückende Atmosphäre, die sich über die gesamte Geschichte legt.
Die einfachen Beschreibungen des Settings ermöglichen es zudem, sich die Insel gut vorstellen zu können.
Ebenfalls harmonieren Cover und Inhalt miteinander. Beides wirkt eher kühl und sachlich.

Alles in allem ist es ein Buch, das mich nicht so recht überzeugen konnte. Besonders beim Ende habe ich einfach etwas anderes erwartet. Mir haben tief gehende Emotionen gefehlt und die Nähe zu den Protagonisten.
Einfach schade, weil ich finde, dass dieses Buch super viel Potenzial hat, das nicht genutzt wurde.
Trotzdem bin ich mir sicher, dass viele Menschen an dieser Geschichte viel Freude haben werden.
Profile Image for Steffi.
163 reviews7 followers
March 15, 2024
In letzter Zeit habe ich mit großer Freude einige mit mäßigem Tempo erzählte Geschichten gelesen. Und so dachte ich, dass ein Roman über eine Insel, auf der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, genau das Richtige für mich ist. Leider merkte ich jedoch schnell, dass mich weder die Insel noch die ProtagonistInnen oder die Handlung für sich einnehmen konnten. Die Geschichte treibt über weite Strecken langsam und ziellos vor sich hin. Die ProtagonistInnen - allen voran Iris - halten uns Lesenden stets auf Distanz. Mitgefühl und Nähe zu ihnen konnten sich so kaum entwickeln. Dabei hätte die Beziehung zwischen Iris und Janne so viel Potential gehabt. Auch Janne blieb mir bis zum Ende fremd, was teilweise bestimmt beabsichtigt war, da sie und die Insel ja ein unheimliches Geheimnis umgibt. Doch wären gerade Iris und Janne sehr interessante Charaktere gewesen, aus denen noch so viel mehr herauszuholen gewesen wäre.

Die unheimlichen Phänomene und das Geheimnis, das weit in die Vergangenheit der Insel reicht, von denen im Klappentext und der detaillierten Inhaltsangabe die Rede ist, werden leider nur ganz am Rande thematisiert. Die Auflösung dieser Geheimnisse vollzieht sich auch viel zu schnell und hat zudem kaum Einfluss auf die weiteren Geschehnisse, was ich sehr schade finde. Denn die Idee dahinter ist durchaus vielversprechend. Und wie viel mehr Spannung hätte man dieser bedächtigen Geschichte verleihen können, wenn man den unheimlichen Phänomenen im Laufe der Handlung mehr Beachtung geschenkt hätte.

Das Ende hat mich schließlich vollkommen kalt erwischt. Nachdem über weite Strecken des Romans kaum bis gar nichts geschieht, passiert auf den letzten Seiten fast ohne Vorwarnung alles auf einmal. So ein abrupter Wechsel des Erzähltempos und dann noch das viel zu offene Ende haben mich komplett ratlos zurückgelassen.

Fazit: “Leute von früher” von Kristin Höller konnte mich mit einem sehr sachlichen und distanzierten Stil und einem sehr abrupten Ende leider nicht von sich überzeugen. (2,5/5)
Profile Image for Frederike.
182 reviews170 followers
April 24, 2024
"Es war ein Wetter ohne Jahreszeit: vierzehn Grad und ein schwerer Himmel. ... Es war, als hielte alles hier die Luft an, oder vielmehr: als würde vorher nochmal Luft geholt. Marlene schaute aufs Wasser, in der Erwartung, dass es etwas in ihr auslösen würde. Aber das Meer glich dem Himmel darüber, bloß auf den Kopf gestellt." (S. 9)

Nach dem Abschluss ihres Studiums sehnt Marlene sich nach Halt, doch in ihr ist eine große Leere: Sie fühlt sich eingeengt von den Erwartungen der Gesellschaft an sie als junge Frau, und gleichzeitig verloren in ihrer Erwartungslosigkeit an eine mögliche Zukunft. Sie braucht Abstand. Von den fragenden Blicken, von ihrem Leben und beschließt daher, für den Sommer in einem Erlebnisdorf im nordfriesischen Wattenmeer zu arbeiten. 

Auf der Insel Strand scheint die Zeit stillzustehen: In altertümlichen Trachten, die sie innerhalb der „Kostümgrenze“ zu tragen haben, bewirten die zahlreichen Saisonkräfte die Urlaubsgäste, verkaufen authentische Handwerkskunst und frisch geräucherten Fisch. Marlene ist für die Zeit ihres Aufenthalts im Hofladen eingeteilt; jeden Morgen versteckt sie ihre Haare unter einer Spitzenhaube, bindet sich die schweren Schnürstiefel, streift Bluse und Rock über, und verkauft Kekse, Inselhonig und Sanddornbonbons, bis die Abenddämmerung den Horizont färbt. Bald lernt Marlene Janne kennen, die auf der Insel aufgewachsen ist. Es kribbelt in ihrer Brust, wenn sie an sie denkt, ihr Herz klopft schneller, wenn sie sie unter der Traufe der Räucherei stehen sieht. Je näher sie einander kennenlernen, ihre Geschichten und Körper erkunden, desto mehr verändert sich Marlenes Wahrnehmung der Insel und ihrer Bewohner:innen. Sie beginnt, sich für das Unsichtbare zu interessieren, das, was hinter alldem liegt, was den Urlauber:innen tagtäglich vorgespielt wird. Aber auch Janne hat Geheimnisse, die sie nicht greifen.

„[Durch die Glasscheibe sah Marlene] eine in Packpapier eingewickelte Makrele [auf der Fensterbank liegen]. Auf dem Papier stand mit Edding ‚Bis nächste Woche‘ geschrieben. Nervös zählte sie an den Fingern die Nächte bis Johannisnacht ab: Es waren sechs.“ (S. 180)

Diese ersten Seiten, das fühlte sich an wie das Betreten einer anderen Welt, wie Urlaub: salziger Wind, Sand zwischen den Zehen, Wellenrauschen. Am liebsten wäre ich direkt in die Bahn gestiegen und ab ans Meer, im Handgepäck: „Leute von früher“ von Kristin Höller. Von Urlaub kann Marlene in diesen ersten Tagen auf Strand nur träumen. Ihre Gedanken wiegen schwer, der Geburtstagskuchen knistert in der Plastikfolie, als sie ihr Zimmer für den Sommer bezieht, doch die Neugier über das, was sie erwartet, tritt mit jedem Schritt in den Vordergrund. Und mit der Neugier auch die Beklemmung. 

Ich lerne Marlene als eine rastlose, emphatische junge Frau kennen, die zuhört und anpackt, uneitel und pragmatisch ist, und von sich selbst sagt, dass sie „absichtlich unachtsam“ sei, und nie gelernt hätte, in sich hineinzuhören. Eng an ihrer Seite: ihre besten Freund:innen Luzia und Robert. Sie hatten sich zu Beginn des Studiums kennengelernt und sind einander Ohr und Schulter. Und Kühlpack-Halter, Wartezimmer-Begleitung, In-den-Schlaf-gleit-Beschützer. Wir alle brauchen einen Robert in unserem Leben. Das Verhältnis zu ihren Eltern hingegen ist distanziert, angespannt; wie ihre Großmutter, der sie jede Woche eine Postkarte schreibt, wissen sie nichts von Marlenes Sommerjob. 
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"Die tun ja nichts. Das sind nur Leute von früher." (S. 301)
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Als Marlene Janne kennenlernt, verändert sie sich. Sie wird offener, sich selbst und ihrer Gefühle bewusster, verletzlicher. Ihre Beziehung beginnt leise, ein heimliches Kribbeln wird zu einem klopfen Herzen, zärtlich schwebend ist ihre Annäherung, gewinnt immer mehr an Konturen, bis auch diese unter der Anziehung verschmelzen. Sie sind fühlbar aufregend wärmend und gleichermaßen subtil tastend neugierig, diese Blitze zwischen ihnen, die Worte, die Kristin H��ller für das Zwischenmenschliche findet, beklemmend die Atmosphäre, die auf der Insel vorherrscht. Immer satter wird das Bild des Urlaubsdorfes und seiner Schausteller:innen, der Strukturen des Tourismus und die Auswirkungen des Klimawandels auf das Inselleben und seine Menschen. Doch kein Licht ohne Schatten. Vielleicht wollte ich festhalten an dem Zauber, diesem Leben in der Schwebe, denn, nachdem ich mich auf den ersten zweihundert Seiten komplett verloren habe, quasi auf der Insel gelebt habe, hat mich das Ende verloren. Something was off, die Magie war weg. Und ich ziemlich gefrustet. Vielleicht kam es zu schnell, vielleicht habe ich es auch einfach nicht verstanden? In meinem Kopf bleibt das Bild der schwankenden Fähre, der ersten unsicheren Schritte auf dem sandigen Boden - und diese zarte Liebe.

Profile Image for Anna.
83 reviews
March 23, 2024
Endlich hat Marlene ihr Studium abgeschlossen, doch die Freude darüber will sich noch nicht so recht einstellen – immerhin nähert sie sich rasant der 30 und es wird von ihr erwartet, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Das jedoch kann Marlene sich gerade so gar nicht vorstellen, und so packt sie ihren Koffer, lässt das hektische Treiben Hamburgs hinter sich und besteigt die Fähre in Richtung der kleinen Nordseeinsel Strand. Hier wird sie den Sommer über arbeiten, als Saisonkraft in einem Museumsdorf, das dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert entrissen scheint.

Gemeinsam mit den anderen Sainsonkräften lebt sie in einer Barackensiedlung und fährt jeden Morgen mit dem Rad zur Arbeit. Die Inselbewohner nehmen die Arbeitskräfte freundlich auf, hier wird jede helfende Hand gebraucht – spätestens, wenn zur Ferienzeit ganze Schiffe voller Besucher auf der kleinen Insel einfallen. Die wichtigsten Regeln sind, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen und hinter der Kostümgrenze immer das mehr oder weniger stilechte Kostüm zu tragen. Das Arbeitspensum ist machbar, die Insel überschaubar, schnell fühlt sich Marlene hier wohl. Dann begegnet sie Janne, die auf Strand lebt; eine merkwürdige Faszination geht von ihr aus, und Marlenes Blick schweift immer öfter über die kleine Dorfstraße zur gegenüberliegenden Räucherei, in der Janne arbeitet. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Beziehung, fragil und zerbrechlich und zugleich von großer Anziehungskraft geprägt.

Ebenso wie Marlene fühlt man sich auch als Leser*in bald wohl auf Strand, das gar keinen Strand, sondern bloß einen Deich hat. Das kleine Dörfchen, mitunter auch scherzhaft "Deutschland-Park" genannt, will auf Außenstehende antik und authentisch wirken, fühlt sich aber auch bei einem Blick hinter die Kulisse bald angenehm heimelig an – und das, obwohl vermutlich weit über die Hälfte der Menschen gar nicht dauerhaft hier lebt und auch die Kekse in Wahrheit gekauft sind. Die urigen, alten Häuser, die einsamen Inselpfade, das Dünengras, der Deich, Ebbe und Flut – hier wirkt alles stimmig. Schon nach wenigen Kapiteln ist die Umgebung vertraut, die kleine Insel treibt wie aus der Zeit gerissen im Ozean, der sich bis zum Horizont erstreckt. Dass es irgendwo da draußen noch eine Welt geben soll, lässt sich nicht nur dank der Kostüme leicht vergessen, wenn sich das ganze Leben zwischen Barackensiedlung und Räucherei, alter Vogelwarte und Reetdach-Edeka abspielt.
Gleichzeitig hat all das, schaut man noch ein bisschen genauer hin, einen düsteren Beigeschmack: da wäre zum Beispiel der Friedhof der Namenlosen, auf dem seit jeher all jene Unbekannten ihre letzte Ruhe fanden, die das Meer ans Ufer der kleinen Insel gespült hat. Und dann ist da noch Rungholt, der ehemals größte Ort der Insel, der vor langer Zeit während einer Sturmflut vom Meer verschluckt wurde und um den sich zahlreiche Legenden ranken – angeblich kann man noch heute ab und an die Krichenglocken läuten hören. Wie nebenbei werden so die dramatischen Konsequenzen eines ansteigenden Meeresspiegels mit der Handlung des Romans verflochten, sind die Sturmflut und der versunkene Ort doch keinesfalls nur aus dramturgischen Zwecken dazuerfunden: Rungholt hat es tatsächlich gegeben, die Insel Strand existierte in der ursprünglichen Form nur bis 1634 und heute nur noch in Teilen.

"Leute von früher" überzeugt mit einer zarten, von Unsicherheiten geprägten Liebesgeschichte, die sich zwar langsam entwickelt, dabei aber mit großem Einfühlungsvermögen geschrieben ist. Die Inselkulisse, das Dorfleben und die stets im Hintergrund präsente Mystik sorgen für eine atmosphärische Dichte, der man sich kaum entziehen kann; dass es dem Roman gelingt, sowohl Spannung zu erzeugen als auch Urlaubsstimmung aufkommen zu lassen, ist besonders bemerkenswert. Mich hat der Roman so gepackt, dass ich ihn an einem einzigen Tag komplett verschlungen habe – was bleibt da noch zu sagen?
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March 23, 2024
Schein und Sein im Wattenmeer 


Untergegangene Inseln tragen immer gerne zur Mythenbildung einer Kultur bei. In der Nordsee ist es die Insel Strand mit dem legendären untergegangenen Ort Rungholt, der die Menschen an der Künste und darüber hinaus noch bis heute fasziniert. Obwohl es die Insel Strand heute nicht mehr als Ganzes gibt (die Reste der Insel sind heute die Inseln Nordstrand, Pellworm und die Hallig Nordstrandischmoor), bezeichnet Kristin Höller ihren Schauplatz in “Leute von Früher” schlichtweg als Insel “Strand”.

Auf Strand heuert die 29-jährige Marlene aus Hamburg als Saisonkraft in einem Museumsdorf an. Schnell wird das Leben zwischen Containerunterkunft und Kostümgrenze mit ihrem Arbeitsplatz im Kramladen bei Arno zur eingespielten Routine. Ihr Leben in Hamburg, die noch junge Beziehung zu Paul, ihre besten Freund:innen Luzia und Robert, die Eltern, die einen Prozess am Laufen haben - alles nur noch eine ferne Erinnerung. Dazu trägt auch die geheimnisvolle Janne bei, die in der Fischräucherei arbeitet. Die Frauen kommen sich näher, doch was ist auf der Insel im Wattermeer überhaupt echt und was nur Kulisse?


Dieser Roman ist Eskapismus pur. Ich möchte nach der Lektüre jetzt bitte auch gerne ganz dringend nach Strand, um kostümiert in diesem Dorf zu arbeiten. Ich will mit den Bewohner:innen der Insel das Johannisfest feiern, ich möchte eine Janne und ihren Räucherduft kennenlernen, ich will diesen älteren Kollegen beobachten, der immer die Sportschau auf dem Handy schaut. Natürlich möchte ich auch mit Arno und seinen Kindern einen Auflauf essen und mir von Barbara die Karten legen lassen. Aber wenn ich dann so darüber nachdenke: Vielleicht möchte ich es auch wieder nicht - und das hat nicht nur mit den Geistern der Insel zu tun, sondern auch mit dem steigenden Meeresspiegel…


Erzählweise und Sprachstil dieses auch optisch wunderschön gestalteten Buches sind unaufgeregt, bildhaft und gleichzeitig schnörkellos modern. Es wird in jedem Fall eine bestechend maritime und mystische Atmosphäre erzeugt, ohne dass es jemals “drüber” ist. Wer Freude an metaphorischen Umschreibungen für das lesbische Liebesspiel hat, wird hier auch einige finden, ich sage nur Austern und Orangenschale. Man sollte auch für magischen Realismus etwas übrig haben, denn ganz ohne ihn kommt dieses Buch nicht aus. 

Was mir besonders gefallen hat, ist die Topographie der Insel. Hier wird eine sehr spannende erzählerische Welt erschaffen, die einem schon nach kurzer Zeit sehr vertraut vorkommt. Obwohl dem Buch keine “Landkarte” beigegeben ist, baut sich die Insel im Kopf der Leser:innen zu einem perfekten Mikrokosmos auf - vom reetgedeckten Edeka, über den “Friedhof der Namenlosen” bis hin zur Fischräucherei und Jannes Zuhause in der ehemaligen Vogelwarte. Auch die ganze Mystik und Legendenbildung, um die sich alles dreht, hat mich hier nicht abgeschreckt, sondern zur Spannung des Plots beigetragen. Die erzählerische Detailverliebtheit hat mir ebenfalls sehr gefallen, vor allem wenn es um die genaue Beschreibung der Nahrungsmittel, das Umetikettieren, die Fischereiprodukte, etc. ging. Das Thema Schein und Sein wurde jedenfalls für meine Begriffe perfekt umgesetzt.


Was soll ich noch sagen, außer: Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und kann es allen empfehlen, die gute Geschichten zu schätzen wissen.
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June 6, 2024
Viel Nordseefeeling und ein Hauch von Legende

Inhalt

Langzeitstudentin Marlene hat nach fast neun Jahren endlich ihr Studium hinter sich und es zieht sie zum Arbeiten von Hamburg auf die Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer. Sie tritt einen Job als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint – alles wird so gemacht wie 1900. Verantwortlich für die Inszenierung ist eine ganze Horde von Saisonkräften, die in einfachen Baracken hausen, auch in der Freizeit stets die „Kostümgrenze“ im Kopf. Marlene lernt Janne kennen, die auf der Insel aufgewachsen ist und fühlt sich sofort zu ihr hingezogen. Je näher sich die beiden Frauen kommen, desto öfter kommt es zu rätselhaften Zwischenfällen, die sich Marlene einfach nicht erklären kann.


Wie war’s?

Schon das Cover hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Die Farben und die Darstellung der tosenden, rauen See bilden der perfekten Bogen zum ersten Satz: „Es war ein Wetter ohne Jahreszeit: vierzehn Grad und ein schwerer Himmel.“ Jeder Nordseeliebhaber kennt so ein Wetter, man weiß manchmal nicht, ob es nun ein kühler Sommer, vielleicht doch noch Frühling oder schon wieder Herbst ist.

Kristin Höller gelingt es in diesem Roman, das Bild der schönen Scheinwelt im Erlebnisdorf für die Leserinnen und Leser sehr anschaulich lebendig werden zu lassen. (Es war, als beträte sie ein Gemälde). Auch diese Beschreibung der Vogelwarte in den Salzwiesen lässt mich vom nächsten Inselurlaub träumen. Diese ganz besondere Stimmung dort wird für mich perfekt transportiert.

Interessant sind auch der Spagat zwischen der heilen Welt, die für die Touristen inszeniert wird, und der Lebenswirklichkeit der Menschen, die dort leben und arbeiten. Auf engstem Raum, in einfachen Baracken, mit all ihrem „Gepäck“ und zwischenmenschlichen Problemen – und dem Inselkoller, den auch Marlene mal zu spüren bekommt.

Faszinierend fand ich den Teil der Geschichte, der von der versunkenen Stadt Rungholt handelt, die einer Legende zufolge in der Johannisnacht wieder auftaucht.

Die Charaktere im Buch sind für mich sehr stimmig dargestellt. Mit Marlene als Protagonistin wurde ich anfangs nicht richtig war, sie wirkte oft ein bisschen unterkühlt und unnahbar, schien vieles auch gar nicht begreifen zu wollen. Insgesamt passt sie aber perfekt im diese ruhige, unaufgeregt erzählte Geschichte.

Die letzten 50 Seiten habe ich mit angehaltenem Atem gelesen, ohne hier irgendwie spoilern zu wollen, das Finale kam für mich völlig unerwartet und war einfach nur wow!


Fazit

Für alle, die auf der Suche nach Lesestoff sind, mit dem sie sich gedanklich an die Nordsee träumen können, und die unaufgeregt erzählte Liebesgeschichten und einen Hauch von alter Legende mögen, eine unbedingte Leseempfehlung!
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