Inhalt
Thomas aus der Klasse 4a schwänzt an einem sonnigen Tag die Schule und verbringt seine Zeit in den Straßen von Berlin. Als er plötzlich einen Wohnungsbrand entdeckt, ruft er geistesgegenwärtig die Feuerwehr. Durch die schnelle Hilfe werden zwei kleine Kinder vor dem Tod gerettet. Als jedoch ein Feuerwehrmann dem kleinen Helden danken will und nach seinem Namen fragt, sucht Thomas das Weite, da sein schlechtes Gewissen wegen des Schuleschwänzens ihn trotz allem noch plagt. Auch als am nächsten Tag die gute Tat in der Zeitung gelobt wird und die Lehrerin mit den Kindern über den anonymen Retter spricht, weiß Thomas nicht, wie er sich verhalten soll. Als Grund für sein Fehlen am Vortag hat er nämlich Zahnschmerzen angegeben. Letztendlich gesteht er seine Lüge den Feuerwehrmännern, die den Lebensretter aufspüren konnten.
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Aber weil ihm das U-Bahn-Fahren so viel Spaß macht, nimmt Thomas lieber die hier im Prenzlberg oberirdisch auf Stelzen fahrende Bahn in Richtung Thälmannplatz – und ehe er sich versieht, ist diese schon, nun wirklich durch einen unterirdischen Tunnel, in die Station Alexanderplatz eingefahren. Als die Lehrerin, Frau Reinhard, den Unterricht in der Klasse 4a der 6. Oberschule Prenzlauer Berg traditionell mit dem Pionierlied beginnt, betritt Thomas gerade den Alex mit Blick auf das „Haus des Lehrers“. Er beschaut sich Walter Womackas Bilderfries und dann, es ist bereits Viertel nach Acht, eine Reisegruppe Farbiger am noch recht schmucklosen Brunnen vor den Behrens-Bauten (Womackas „Völkerfreundschaft“- Gestaltung wird erst 1969 eingeweiht). „Die Welt ist nach Berlin gekommen“ lässt sich Eberhard Esche vernehmen: Ohne solche Kommentare könnten die mit zukunftsfrohen Kinderliedern unterlegten Alltagszenen aus der DDR-Hauptstadt, heute ein Zeitdokument, richtig spannend sein.
Sesam öffne dich: Thomas lässt sich von der Automatiktür des Hotels Berolina beeindrucken und staunt über das Hauptportal der Stadtbibliothek: um eine Caspar Nehersche Friedenstaube (nach Pablo Picasso) hat Fritz Kühn 117 Varianten des Buchstabens „A“ auf Stahlplatten gruppiert. Der Marx-Engels-Platz mit dem Staatsratsgebäude im Hintergrund wird noch als Aufmarschforum für Paraden aller Art genutzt, was der Junge sogleich mit Begeisterung imitiert: der Palast der Republik ist erst in den 1970er Jahren erbaut worden. Fischerkiez mit Jungfernbrücke im Regen: ein Blick auf den Stundenplan offenbart, dass er nun auch Deutsch und Rechnen verpasst hat.
Thomas, der auch Bauarbeitern beim Abriss von Altbauten, der Erzähler nennt sie „verwunschene Häuser mit runzligen Fassaden“, und beim Plattensetzen für das „neue Berlin“ zugeschaut hat, plagt schon ein schlechtes Gewissen: Schulschwänzen ist keine Kleinigkeit. Aber schon wird er abgelenkt durch das Geräusch einer fahrenden U-Bahn, dabei ist weit und breit kein Bahnhof zu sehen. Plötzlich hört er Hilferufe nach einer „Omi“ und bemerkt Qualm, der aus einem Obergeschoss-Fenster der Altbauten an der Friedrichsgracht dringt. Unweit sieht er einen roten Trumm von Brandmelder. Er müsste jetzt dessen Scheibe einschlagen und den Alarmknopf drücken. Doch ein Emailleschild warnt: „Missbrauch strafbar.“ Nach einigem Zögern nimmt er doch eine Sandale zu Hilfe, um die Sirene auszulösen.
Als Oma Krüger vom Einkaufen zurückkehrt, ist die Feuerwehr bereits vor Ort. Sie weist den Feuerwehr-Leutnant (Wolfdietrich Goldbach) auf ihre beiden Enkelkinder Andrea (4) und Peter (2) hin, die mit Hilfe einer Drehleiter gerettet werden können. Im letzten Moment, Andrea muss mit Sauerstoff beatmet werden. Thomas hat sich klammheimlich verdrückt, darf doch niemand wissen, dass er die Schule geschwänzt hat. Am anderen Morgen gibt er seiner Lehrerin Zahnschmerzen als Grund seines Fernbleibens an. Als er einen Artikel aus der „Berliner Zeitung“ vorlesen soll, bekommt er kaum ein Wort heraus: „Dufter Berliner Junge meldet Brand und verschwindet“ lautet die Überschrift. Im Text steht, dass der unbekannte Lebensretter jetzt gesucht werde. Als Thomas seinen Freund Dieter in der nächsten Pause einweiht, hält dieser ihn für einen Maulhelden – was in eine zünftige Klopperei auf dem Schulhof ausartet.
Thomas holt seinen Vater von der Arbeit ab und druckst merkwürdig herum. Was für seinen Erzeuger nur bedeuten kann, dass sein Ältester etwas ausgefressen hat. Am dritten Tag führt eine scheinbare Feuerwehrübung zum Appell der ganzen Oberschule am Fahnenmast: ein Oberst der Feuerwehr (Rudi Mösch) ist angetreten, um den Helden auszuzeichnen. Was dem Schuldirektor gehörig gegen den Strich geht: ein Schulschwänzer als leuchtendes Vorbild geht gar nicht. Doch der Mann mit dem SED-Abzeichen am Revers lässt sich von Lehrerin Reinhard zu einem Kompromiss bekehren: erst wird Thomas für sein Fehlverhalten wie im finsteren Mittelalter an den Pranger gestellt – und gleich anschließend für seine Heldentat öffentlich belobigt. Zur Armbanduhr des Feuerwehr-Offiziers gibt’s noch Blumen von Oma Krüger und eine herzliche Umarmung der genesenen Andrea…
„Der tapfere Schulschwänzer“ ist in Kooperation mit dem Präsidium der Volkspolizei Berlin, Abteilung Feuerwehr, entstanden. Der durch den Sprecher arg oberlehrerhaft wirkende Kinderfilm offenbart, mit welcher Selbstverständlichkeit brutale Methoden kollektiver Selbstbezichtigung zum Alltag der sozialistischen Erziehung zum „neuen Menschen“ gehören. Als sich Thomas am zweiten Tag noch einmal das Haus an der Friedrichgracht ansieht, belauscht er ein Gespräch von Brand-Experten. Danach soll die ganze Altbau-Häuserzeile demnächst abgerissen werden. In der Tat wurde die nach dem Krieg erhaltene historische Bausubstanz nach 1965 sukzessive abgerissen im Zuge der Neubebauung der Fischerinsel.
Pitt Herrmann