Inhalt
Barbara Hug ist eine junge, radikale Anwältin, die in den 1980er Jahren gegen das rückständige Schweizer Gefängniswesen kämpft. Walter Stürm ist ein Industriellensohn, Charmeur und Berufskrimineller und verhöhnt das Establishment mit seinen unverschämten Diebstählen. Er kommt immer wieder ins Gefängnis und wird als Ausbrecherkönig bekannt. Als die beiden sich begegnen, entsteht eine unwahrscheinliche Verbindung. Barbara will Walters Popularität für ihre sozialen Reformziele nutzen, und je weniger Walter sich für ihr Engagement interessiert, desto mehr verfällt sie der Faszination für seinen kompromisslosen Freiheitsdrang. Doch auch die Linksautonome Heike hat ein Auge auf den charismatischen Rebellen geworfen.
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Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit: Seit zwei Wochen war die Nierenkranke nicht mehr in der Blutwäsche. Lehnt es aber ab, dass ihr Ex-Freund Felix Lammel ihre Fälle übernimmt. Bei Gericht lernt sie die deutsche Anwältin Meret Spengler kennen, eine Freundin von Heike, die in ihrer Villa eine linksalternative Kommune mit Verbindungen zu den RAF-Terroristen beherbergt.
Plötzlich sitzt der legendäre Ausbrecherkönig Walter Stürm neben Barbara Hug auf einer Parkbank: Er war mitten im Demo-Trubel einmal mehr seinen Bewachern entkommen samt seiner umfangreichen Gefängnisakte, die er der engagierten Anwältin übergibt, welche sich zusammen mit Roger Beliér, dem politischen Kopf der Kanzlei, schon lange für eine Verbesserung der Zustände in den Gefängnissen einsetzt. Im Gegenzug soll sie ihm zur Flucht aus der Schweiz verhelfen.
Heike wird „ausgeschafft“ und landet zusammen mit Stürm in der schwäbischen Kommune Meret Spenglers. Letzterer verspricht, 50 Sturmgewehre für die RAF zu beschaffen. Wird bei einem Banküberfall in der Schweiz aber erneut verhaftet und in Isolationshaft gesteckt. Gegen die sich Stürm mit einem Hungerstreik wehrt: Barbara Hug sieht eine Chance, den völlig unpolitischen Ausbrecherkönig vor ihren politischen Karren zu spannen…
Es ist eine ziemlich krude und dazu noch dick aufgetragene, aber von viel auch musikalischem Zeitkolorit unterlegte Story, die Dave Tucker, Schweizer Autor mit amerikanischen Wurzeln, nach der 2004 erschienenen Biographie „Stürm – Das Gesicht des Ausbrecherkönigs“ von Reto Kohler erzählt. Aber bis auf die erfundene Figur der SS-Obersturmbannführer-Tochter Spengler in großen Zügen eine wahre ist einschließlich der schon arg kitschigen Dreiecksgeschichte zwischen „Babsi“, Heike und Walter, der im Alter von 16 Jahren von seinem schwerreichen Vater, Chef der Stürm Metall AG, vor die Tür gesetzt wurde: „Ich bin ein Täter, Frau Hug, Sie machen mich nicht zum Opfer.“ Weshalb sich der von der Baader-Meinhof-Bande herausgeholte Stürm freiwillig der spanischen Polizei stellt: Er will die Freiheit nicht geschenkt bekommen, und von Barbara Hug schon gar nicht. Michel Foucault zitierend notiert er in der Haft: „Die vielleicht einzig wahre Freiheit im Leben eines Menschen besteht darin, dass er sich dieses jederzeit nehmen kann.“
„Bis wir tot sind oder frei“ erlebte seine Leinwand-Premiere am 18. November 2020 beim Black Nights Festival in Talinn. Oliver Rihs im Port au Prince-Presseheft: „Walter Stürm ist in der Schweiz ein Mythos: Für manche war er der große Ausbrecherkönig der 1980er- und 1990er-Jahre ein irrwitziger Robin Hood oder Mini-Che-Guevara, für andere einfach ein gefährlicher Soziopath. Die Faszination seiner Figur liegt in seinem radikalen Freiheitsdrang, der nicht nur ihn und die Gesellschaft, sondern letztlich auch seine langjährige Anwältin Barbara Hug prägte. Deshalb haben wir den Erzählfokus unseres Films auf die unkonventionelle Beziehungsgeschichte zwischen Walter Stürm und Barbara Hug gelegt. Sie, eine Juristin aus der linken Szene im Zürich der 1980er-Jahre, will Stürms Popularität für ihr Ziel nutzen, den Strafvollzug in der Schweiz zu reformieren. Doch je weniger Walter Stürm sich ihrer Logik beugt, desto mehr verfällt sie der Faszination seines kategorischen Freiheitswillens. Er wird der Felsen, an dessen Widerstand sie wachsen muss. Stürm ist das Rätsel, dessen Lösung für sie zur Lebensaufgabe wird.“
Pitt Herrmann