[0001] [0002] 301/00 [Abbildung] [0003] [0004] [0005] [0006] [1./0007] 1. Vorlesung, 3. November 1827 Die phyſikaliſche Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semeſtre 1827/28. Meine hochzuverehrenden Herren! Das Unter- nehmen einer Vorleſung über die phyſikaliſche Ge- ographie, erregt bei mir zwei Beſorgniſſe, über die ich zuvor mich auszuſprechen mich verpflichtet halte. Die eine läßt mich befürchten, daß die Abweſenheit von hier ſo vielen Jahren, wo ich in andern Ländern lebte, und fremde Sprachen redete, meinem Vaterlande mich fremd machte, und ein anderer Accent vielleicht meiner Sprache nun nicht die Deutlichkeit giebt, die Sie wohl von mir fordern könnten. Auch daß ich zum erſten Male jetzt den Lehrſtuhl beſteige, läßt mich von der hochverehrten Verſammelung, Nachſicht über die Mängel meines Vor- trags hoffen. Eine zweite Beſorgniß liegt darin, daß die Gegenſtände dieſer Vorleſung ſchon von zwei ver- dienten Männern auf dieſer Univerſität vorgetragen wurden, indem der hochverdiente H Prof. Ritter, mir ſchon [2./0008] voranging, und ein anderer bekannter Gelehrter, wenn auch nur mit theilweiſem Beifalle, doch mit einer glänzen- den Rednergabe, gleiche Gegenſtände zum Vortrag wählte; – Verhältniſſe, welche die Schwierigkeiten für mich ſteigern. Nicht minder liegt der phyſikaliſchen Geographie ein ſo viel umfaſſendes Sein zum Grunde, daß ich bei der beſchränkten Zeit nur vorläufig eine allgemeine Ueberſicht geben kann. Jedoch werde ich ſpäter dieſe Wiſſenſchaft näher begrenzen, ſo wie auch die verſchiedenen Erſcheinungen, die wir bei derſelben wahr- nehmen, unterſuchen. Wenn wir einen Blick auf das Weltſyſtem werfen, ſo ſehen wir, wie in den entfernten Räumen die Materie entweder in große Kugeln geballt, oder im Lichtproceß begriffen, oder in Dunſtform ausge- breitet liegen. Solcher Nebelflecke welche ſichelförmig beſonders nach dem ſüdlichen Pole zu zerſtreuet liegen, giebt es wohl an 3000. Dieſe ſind vorzugsweiſe durch Herſchel’s und Frauenhofer’s Fernröhre beobachtet; dem ungeachtet konnten ihre Grenzen oft nur unbeſtimmt angegeben werden, da einige ſich faſt nur ahnden laſſen. Einige Sterne finden ſich im Wechſelproceß mit den ſie umgebenden Nebeln, in welchen ſie zu ſchweben ſcheinen, und die wohl das farbige Licht veranlaſſen, welches ſie vor [3./0009] andern auszeichnet. Einen Begriff ihrer großen Ent- fernung giebt, daß ihr Licht um zu uns zu kommen die Zeit von 20–25,000 Jahre nöthig hat, da das der Sonne in 7½ Minuten uns erreicht. Ob wir in irgend einer Verbindung mit jenen entfernten Räumen ſtehen, ob die Syſteme jener Weltkörper ſich dem unſrigen durch Planeten nähern, wird die Folge lehren. In dem großen Weltraume ſind ſchon gegen 700 Doppel- ſterne entdeckt, und man hat gefunden, daß die mit einem farbigen Lichte ſich um die drehen, die daſſelbe entbehren und zwar von Oſten nach Weſten. In unſerm Planetenſyſtem hat nur ein Trabant des Mars ein ſolches farbiges Licht, welches zu erkennen iſt, wenn er die Sonnenſcheibe paſſiert. Auſſer dieſen zeigen ſich auch noch einige andere wandel- bare oder veränderliche Sterne, wie z. B. in der Caſſio- peia ſich einer findet. Wären die Sterne überall gleich verbreitet, ſo würden alle Himmelsräume mit einem ſonnenähnlichen Glanze er- hellt ſein, und wäre unſere Sternſchicht gleich weit von uns entfernt, müßte ſie einen hellglänzenden Teppich bilden, wie ſchon Olbers früher bemerkt hat. Aber die Sternſchichten dichter und dünner gewebt, müſſen daher auch einen verſchiedenen Lichtglanz verbreiten, der dem aufmerk- ſamen Beobachter nicht entgehen wird. Durch dieſe ungleiche Vertheilung der Sterne entſtehen die ſchwarzen Flecken, [4./0010] wie ich mehrere am ſüdlichen Himmel, beobachtete. Es ſind wahrſcheinlich ins Unendliche fortlaufende leere Räume, die nicht von Sternen erhellt ſind. Bei der groſſen Zahl der Sterne und ihrem oft ſtarken Glanze müſſten aber dennoch jene Himmelsräume hell erſcheinen, wenn ſie nicht mit einer Licht tödtenden Materie gehüllt wären. Unſer Planetenſyſtem gehört zu der Sternſchicht, die wir Milchſtraſſe nennen, und ſcheint an der Theilung derſelben ſeine Stelle zu haben. Wir können aber nur die Axe dieſer Sternſchicht ſehen, weshalb die Sterne derſelben, ſo gedrängt beiſammen zuſtehen ſcheinen. Die Ent- deckungen von Frauenhofer haben ergeben, daß die zu ihr gehörigen Weltkörper Aehnlichkeit des Lichtes von ſich geben; dieſe Sternſchicht iſt aber im Auflöſen be- griffen. Die eigentliche Bewegung der Fixſterne iſt nur ſcheinbar. Zwei weſentliche Unterſchiede der Weltkörper unſers Sonnenſyſtems ſind die, daß welche immer in einer faſt cirkelförmigen Annäherung zur Sonne bleiben, andere da- gegen ſich oft weit von ihr entfernen. Dieſe ſind die Cometen, jene aber die Planeten. Ein Uebergang zwiſchen beiden findet nicht ſtatt, wie einige aus den Ringen und der mehr geſtreckten Bahn der kleinere Pla- neten folgern wollten. Die Planeten unſers Syſtems werden aber von den kleinern, zwiſchen Jupiter und Mars [5./0011] ſtehenden in 2 beſondern Abtheilungen getheilt, und die ſich auſſer ihrer Kleinheit auch durch ihre ſich durchſchneidende Bahnen auszeichnen. Erſt in neuern Zeiten wurden ſie entdeckt und ſind die Veſta, Ceres, Pallas und Juno. Dieſe, ſowie die welche auſſerhalb ihrer Bahn ſich bewegen: der Jupiter, Saturn und Uranus ſind den Polen zu ſtark abgeplattet, und haben eine nur dünne Rinde die dem Fichten- holze uns der Naphtha an Feſtigkeit gleich kömmt. Der Uranus iſt dichter wie Saturn. Ihr Unterſchied verhält ſich wie Naphtha zu Waſſer. Die andern Planeten dagegen, die innerhalb der Bahnen der kleinern Planeten ſich drehen, zeichnen ſich aus durch weit größere Dichtigkeit, die der von Platina und Magneteiſenſtein gleich kommt, und weniger an den Polen abgeflacht ſind, wohin auſſer un- ſerer Erde, Mars, Venus und Mercur gehören. Auſſer dieſen wenigen Planeten gehören zu unſerm Sonnenſyſtem eine große Anzahl von Cometen, deren man ſchon gegen 400 beobachtet hat, und es iſt wahrſchein- lich daß mehrere 1000 dazu gehören. Sie ſind weit weniger dicht wie die Planeten, da der dichteſte Comet kaum 1/5000 Theil von der unſerer Erde enthält. Herr Enke hat das Verdienſt, zuerſt beobachtet zu haben, daß einer regel- mäſſig in 3½ Jahren zurückkehrt, und fand, daß es ſeine Bahn nicht weiter wie Mars von der Sonne entfernt, und [6./0012] ihre nicht näher als zum Mercur ausdehnt. Er iſt ſchon 5 mal beobachtet, und hat den Namen, der Enkſche Comet erhalten. Nach ihm hat der Hr. Hauptmann Biela bei einem andern die Entdeckung gemacht, daß er in 6½ Jahren ſeinen Lauf vollbringt. So ſind nun ſchon 2 Cometen be- kannt, die ſich nicht aus unſerm Planetenſyſtem entfernen. Der Bielaſche Comet iſt derjenige, welcher ſeine Bahn der Erde am nächſten hat, und wohl mit ihr in Berührung kommen könnte. Daß er aber wenig zerſtöhrende Eigen- ſchaften beſitzt, beweiſt, daß er zwiſchen den Uranus und ſeinen Trabanten hindurchging, ohne daß ſich eine Veränderung darnach wahrnehmen lieſs. Die unver- änderte Fortdauer der Stabilität dieſes Planetenſy- ſtems läßt ſich beweiſen, und kann nur durch einen Stoß von auſſen zerſtört werden. Einen Begrif von der auſſerordentlichen Größe des Weltraumes, giebt ſchon der Durchmeſſer unſers Sonnen- ſyſtems; welcher 86 tauſend millionen Meilen beträgt, und dieſe Entfernung verhält ſich zu dem Abſtande des letzten Nebelfleckes von der Sonne, wie eine Linie zu 4½ Meilen. Ueber die Beſchaffenheit jener Welt- körper wiſſen wir nun wenig, doch laſſen die Aerolithen muthmaſſen, daß ſie von jenen zu uns geführt ſind, und dieſe haben nahe Verwandſchaft mit unſern Gebirgsarten. [7./0013] Wie die Geognoſie durch das Studium der Verſteine- rungen aufgeklärt iſt, ſo hat ſich die phyſik. Geographie durch das Studium der Optic erweitert. Bis hierher geht die phyſikal. Aſtronomie, und wir kommen nun zu unſern Planeten, deſſen Form, Dichtig- keit, Maſſe und Größe wir zuerſt betrachten wollen. Die Form der Erde wurde ſchon von Ariſtoteles nach den Mondfinſterniſſen genau angegeben, und man nahm bisher ihre Abplattung zu 1/305 Theil an. Neuere Pendel- verſuche im ſüdlichen Afrika, der Spitze Grönlands und Spitzbergen, ſowie die genauere Berechnung des Mondes haben dieſelbe zu 1/389 Theil ergeben. Die Dichtigkeit iſt wahrſcheinlich dieſelbe, welche die andern Planeten innerhalb dem Kreiſe der kleinern haben, nach der Attraction der Berge gemeſſen beträgt ſie 4 3/10 Innere Verſuche ſtellen ſolche zu 4 4/10. Dieſe Dichtigkeit nimmt im Innern der Erde immer zu, und der höchſte Grad derſelben, muß nach den Geſetzen der Attraction im Mittelpunct der Erde ſein. Auch muß ſich die innere Dichtigkeit durch den Druck der Schichten aufeinander ver- ſtärken. Auch giebt die Stabilität der Meere einen ſichern Beweis von der innern Dichtigkeit der Erde, da ſie ſonſt durch den Druck der Schichten aus ihren Tiefen gedrängt würden. /5½?/ Die Erdwärme ſcheint aus den durch die Sonnenſtrahlen aufgeregte, magnetiſchen Kräfte hervorzugehen. Denn [8./0014] der Einfluß der Sonnenſtrahlen auf die electriſche Spannung iſt ſo groß, daß man unmagnetiſches Eiſen dadurch magnetiſiren kann. Neuere Beobachtungen in der Tiefe der Erde haben gezeigt, daß die Temperatur in derſelben zunimmt. Die äuſſere Rinde der Erde giebt uns die Gebirgskunde, wir kennen aber die Erde nur in einer Tiefe von 900′. 2. Vorlesung, 7. November 1827 Wäre unſer Erdkörper aus einer Maſſe gebildet ſo würde er dem Mineralogen kein Intereſſe gewähren; aber die einzelnen Materien bilden unendlich Aſſociationen unſerer Erdrinde, worauf jedoch die climatiſchen Verhält- niſſe keinen Einfluß zeigen. Je tiefer wir in die Erde eindringen, finden wir daß die Wärme in derſelben beträchtlich zu nimmt. Quellen die tief aus den Erde hervorkommen, ſind weit wärmer als diejenigen, welche einen weniger tiefen Urſprung haben. Die tiefſten Gruben auf den Gebirgen von Peru, wo die mittlere Temperatur etwa 6–7°+ iſt, haben eine gleichmäſſige Temperatur von 26–27°+. Ja man glaubt, daß meilenweit im Innern der Erde eingedrungen eine ſolche Hitze ſei, daß die äuſſern Schichten daſelbſt ſchmelzen würden, und eine Folge dieſer innern Hitze ſind die heiſſen Quellen und vulkaniſchen Erſcheinungen, von denen es zweierlei Arten giebt, wie ſie der verdiente Geognoſt [9./0015] Herr. L. von Buch eingetheilt hat. Die Erdwärme als die Urſache innerer Wärmeausſtrö- mungen anzunehmen, iſt eine Anſicht eigener Art, die näher zu unterſuchen iſt, da ſie wohl durch gewaltſame Spaltungen des Innern der Erde die ſich wieder ſchlieſſen, hervorbrechen kann. Das Innere der Erde könnte an Wärme ab oder zunehmen, ſo würde die äuſſere Temperatur derſelben dennoch in 4000 Jahren ſich gleich bleiben. Die bleibenden Vulkane ſtehen in einem fortwährenden Zuſammenhange mit der Atmosphäre und ſtrömen nur Wärme aus. Die temporären dagegen werfen nur periodiſch ſteinige und erdige Maſſen aus, heben große Maſſen aus dem Innern der Erde hervor, und bilden ſo nicht ſelten neue Berge und Inſeln. Die bleibenden Vulkane haben eigenthümliche abge- flachte Formen, und bilden bei den ſie umgebenden Ge- birgsarten das Dichte ins Körnige um. So ſieht man in der neuern Lage ältere Baſaltſyſteme und Granit. Wenn wir die Schichten der Erde von oben anfangen, ſo finden wir 4 Schichtungen. 1. Eine aufgeſchwämmte lockere Erdmaſſe, mit Waſſer und Knochen von Thieren jetziger und früherer Zeiten vermiſcht, welche letztern oft von einer rieſenhaften Geſtalt ſind. 2. Dann kom- men die Schichten von Kalkſtein abwechſelnd mit Sandſtein [10./0016] vermiſcht, in denen ſich häufig thieriſche Spuren finden, auch ſind nicht ſelten Lagerungen von Vegetabilien ebenſo Steinkohlen darin. 3. Thonſchiefer, alter Sandſtein ohne thieriſche Spuren, und ſchwarzbrauner alter Kalkſtein, unter denen Lagerungen von monocotyledoniſchen Stämmen, als Gräſer, Bambus, Farrnkräuter und Palmen, auch wenige Spuren von kleinen Thiermuſcheln ſich finden. 4. Granit, Gneis, Serpetinſtein, Glimmerſchiefer, Baſalt und Chlorit, die beiden letztern aus der Tiefe oft zapfenförmig hervor- ſtehen. Dieſe letzten körnigen Gruppen hat man Urgebirge genannt,vorausgeſetzt daß das untere älter ſei. Auf- fallend iſt es daß ſich im Granit und Gneiſs das körnige Gefüge wiederfindet, welches wir bei den Gebirgsarten in der Nähe der Vulkane wahrnehmen. Es iſt eine ſonder- bare Erſcheinung, daß man in den älteſten Gebirgen die älteſten Spuren des vegetabiliſchen Lebens und nur von Monocotyledonen findet; dagegen zwiſchen den Uebergangs- und Flözgebirgen ſich eine groſſe Schicht von Vegetabilien mit Waldungen untermiſcht vorfinden. Eine zweite Zerſtörung der Wälder ſehen wir auf unſe- rer Erde in den Schichten von Steinkohlen, davon einige ſich in einer Höhe von 15–16,000′ über dem Meere vorfinden. 3. Vorlesung, 10. November 1827 Die verſchiedenartigen Verhältniſſe der Gebirgsarten auf der Oberfläche der Erde veranlaſſen die Unebenheiten [11./0017] derſelben. Ihre Heterogenität iſt entweder mechaniſch oder chemiſch. Mechaniſch iſt ſie, wo nur die Geſtalt, nicht die Beſtandtheile eine Abänderung erlitten, wie bei den Gebirgsarten, die aus dem dichten ins körnige Geſtein übergingen. Die chemiſchen Heterogenen der Erde finden ſich theils einfach in Schichten gelagert, theils durch die Aſſociation der Theile in Maſſen zuſammengeſetzt, wie z. B. bei dem Granit und Gneuſs. Dieſe chemiſche Zu- ſammenſetzungen ſind ſich immer conſtant, und finden ſich in den entfernteſten Theilen der Erde wieder. Die Gebirgsarten vereinigen ſich wieder in Gruppen, die wir Formationen nennen. Werner hat das groſſe Verdienſt die Aſſociationen zuerſt bewieſen zu haben, und daß Dinge ſich zuſammengebildet hätten, die heterogen ſcheinen. Eine der wichtigſten Entdeckungen iſt aber das Beiſammenſein der Gebirgsarten in Gruppen, ſo daß ſich von einer immer auf das Daſein anderer ſchlieſſen läßt. Baſalt, Granit und Mandelſtein finden wir ſo immer vereinigt. Steinkohlen ſind immer von Quarz und Porphyr begleitet. Man findet die verſchiedenſten Aſſociationen neben und unter einander. Die Gruppen der Gebirge folgen peri- odiſch hinter einander. Das Problem der Geognoſie iſt eine Reihe, worin die Gebirgsarten die einzelnen Glieder [12./0018] ausmachen. Man findet dieſe Reihen in einer arithmeti- ſchen oder unterbrochenen Folge. Die heterogenen Stoffe der ganzen Erde kommen zu Gebirgsketten aneinander gereiht in 3 verſchiedene Klaſſen vor. 1. Die Schichten ſind plattenförmig auf einander gelagert, mit verſteinerten Thieren häufig ge- miſcht; dies iſt das Flözgebirge, das man auch Vertical- gebirge nennt. 2. die fragmentariſche Formation, die von Zerſtörungen zeigt, und oft aus Bruchſtücken ver- ſchiedener Gebirgsarten zuſammengeſetzt iſt, wie Sand- ſtein, Thonſchiefer etc. 3. Aus körnigen Gebirgsarten gebildet, wie Granit, der groſſe Brocken bildet, oder Porphyr, der wie der Chimboraſſo ſich kegelförmig erhebt. Mit Quarzporphyr ſtehen Steinkohlen in Verbindung. In ganzen Erdſtrichen ſehen wir dieſe oder jene Klaſſe oft ganz fehlen. Ganze Eilande ſind durch die Mollusken aus Corallen gebildet, wie mehrere Inſeln der Antillen die Columbus wegen ihrer Fruchtbarkeit die Gärten des Königs und der Königin nannte. In dem weiten Land- ſtriche zwiſchen dem Orinoco und dem Amazonenſtrom fehlen die Flözgebirge ganz. In den Uebergangsformationen erkennen wir das erſte Aufkeimen der Vegetation auf zweiſchaligen See- thieren gelagert. Dieſe beſteht wie ſchon erwähnt iſt [13./0019] aus einer dünnen Steinkohlenſchicht von Monocotyledoniſchen Stämmen. Höher finden ſich Lagerungen von Waldungen, dann kommen rieſenmäſſige Eidexen, groſſe Schildkröten. Mehr der Oberfläche zu, zeigen ſich Ueberreſte groſſer See- und Landthiere, und zuletzt Vögelknochen. Zwiſchen dem Tertiären- und dem Flözgebirge finden wir eine zweite Schicht Steinkohlen, die aus dicotyledoniſchen Waldungen entſtand, und neuern Urſprung iſt als die früher genannte. Beide Steinkohlenlagerungen bilden geognoſtiſche Horizonte, die man überall wieder findet. Lange glaubte man daß die tiefer liegenden Gebirgs- arten älter ſein müſſten, als die welche das Uebergangs- und Flözgebirge bilden, und nannte ſie deshalb Urgebirge. Neuere Entdeckungen haben jedoch ergeben, daß nicht Auf- lagerungen, ſondern Anlagerungen ſtatt gefunden haben. Manche der ſecundären Gebirge erſcheinen ſo durch Spaltungen getheilt, indem die untere Gebirgsarten ſich zwiſchen ihnen emporheben. Selbſt die Flözgebirge gewannen hierdurch an Höhe. Es iſt wahrſcheinlich daß die Vulkane durch tiefe Wurzeln im Innern der Erde zuſammenhängend, eine weite unſern Blicken verborgene Ausdehnung haben. Wenigſtens iſt es auſſer zweifel geſetzt, daß an demſelben Tage, als das groſſe Erdbeben Liſſabon zerſtörte, das Meer an den Küſten der Antillen hoch aufbrauſte, und im Carlsbade [14./0020] zwei Quellen verſiegten. Dieſe Erſcheinungen laſſen muthmaßen, daß das Innere der Erde viele brennbare Subſtanzen enthält, die beſonders aus Metallen beſtehen. Bei der Berührung dieſer Metalle mit der atmosphäriſchen Luft mußten dieſe oxydiren, und es iſt wahrſcheinlich daß ſich ſo die Rinde unſers Erdkörpers gebildet hat. Die Chemie lehrt wie ſchnell die Oxydation mancher Metalle erfolgt ſobald der Sauerſtoff der Atmosphäre auf ſie wirken kann. Die körnigen Gebirgsarten der Ebenen, beſonders der Granit, können eine der erſten Oxydationen dieſer Art geweſen ſein. Betrachten wir eine mineralogiſche Karte, ſo ſehen wir den Granit, Gneuß und Glimmerſchiefer in groſſen elliptiſchen Formen ſich durch Spaltungen der neueren Formationen emporheben, in denen ſie gleichſam einge- ſchichtet ſind. Bei Podezo im ſüdlichen Tyrole ſehen wir den Granit auf Kalk aufliegend, wo der dichte Kalk- ſtein ſowie in den Appeninen in körnigen umgewandelt iſt, daß hierbei das Feuer mitwirkte, beweiſt, daß der körnige Kalkſtein immer in Berührung mit den Vulkanen ſich findet. Nach andern Beweiſe finden ſich im ſüdlichen Tyrole, wo man ſchwarzen Porphyr in dieſen Kalkſtein gefunden hat. Das Vorkom- men der Conchilien auf hohen Gebirgen iſt nicht, wie man glaubte, eine Folge des hohen frühern Waſſerſtandes, [15./0021] ſondern ſie wurden durch die Hebung der Gebirgsarten mit emporgetragen. So fand ich deren auf der Kette den Andes in einer Höhe von 14,000′. Auf den Pariſchen Inſeln, die durch gleiche Phänomene ihr Daſein erhielten, fanden ſich Meerespflanzen, die von dem Boden des Meeres herauf ins Trockene gehoben waren. Die Baſalt- maſſen nehmen nach der Tiefe zu ab, ſo daß ſie gleichſam auf Stiften zu ſtehen ſcheinen. Die elaſtiſchen Dämpfe, welche durch Spaltungen die innere Maſſen emporgehoben haben, wirkten wahrſchein- lich auch zur Erzeugung ? der Metalle mit, und veranlaſſen daß ſie ſich ſchichtweiſe in Gänge lagerten. Dieſe Revolution der geognoſtiſchen Ideen, und neueren Anſichten über die Bildung unſers Erdkörpers haben in Frankreich und England den tiefſten Eindruck gemacht. Sie gehören nicht dem Auslande an, ſondern gingen von unſerer Mitte aus, da ſie allein von dem hier lebenden großen Geognoſten, Herrn L. von Buch ausgingen. – Auch die Chemie hat viel beigetragen, Licht hierüber zu verbreiten, und die Verhältniſſe ihrer Bildungen feſtzuſtellen, wobei wir den glücklichen Verſuchen des Herrn Profeſſor Mitſcherlich viel zu verdanken haben.? – [16./0022] Von den ſtarren Theilen der Erde gehen wir zu den flüſſigen über, der Luft und dem Waſſer. Die Atmosphäre beſteht aus Sauerſtoff, Stickſtoff und einem kleinen Theile von Kohlenſtoff, der in Ver- bindung mit Sauerſtoff, Kohlenſäure bildet. Das Ver- hältniß des Sauerſtoffs iſt in den untern Luftſchichten ſowohl wie in den oberen ſich immer gleich, wie ich es auf dem Chimboraſſo beobachtete, und noch höher durch Montgolfièren gemeſſen iſt. Der Gehalt an Kohlen- ſäure iſt ſich nicht immer gleich, er ändert ab mit den Jahreszeiten. Es giebt Bewegungen in der Luft die das Baro- meter anzeigt, und die täglich regelmäſſig wechſeln, indem 2 mal Ebbe und 2 mal Fluth darin iſt, und be- ſtimmt nicht durch Ströme und Erdbeben unterbrochen werden. Im Süden iſt ſie ſtärker und leichter zu beobachten weil die Luft ruhiger iſt, regelmäſſig ſtellt ſich die Ebbe in den Tropenländern des Morgens um 9 Uhr ein, gegen 3 Uhr iſt die höchſte Fluth, die bei 10 Uhr abnimmt, und um 4 Uhr des Morgens wieder- kehrt. Schwieriger iſt dieſe Bewegung im ſtürmiſchen Norden zu beobachten, wo längere Zeit nöthig iſt, um die Stunden des Wechſels aufzufinden. [17./0023] Die Quantität der Feuchtigkeit in der Atmos- phäre iſt ſehr verſchieden. Der Niederſchlag derſelben als Regen iſt der Menge nach, von dem Clima und von Lokalverhältniſſen abhängig und ſehr abweichend; denn wenn in den Tropen jährlich 120–130 Cubic Zoll Waſſer fällt, beträgt dies bei uns nur 14–15 C. Zoll. Eine der regenreichſten Gegenden im Norden iſt die weſt- lichſte Küſte von Schottland und dennoch regnet es nicht mehr als 30–35 C. Z. Das Clima iſt nicht allein vom Stande zur Sonne, ſondern auch von den wechſelſeitigen Verhältniſſen der Continente und Meere abhängig, und wird von den vor- herſchenden Winden modificirt. Nahe Meere, hohe Ge- birge haben den größten Einfluß. Die Temperatur wird vorzugsweiſe bedingt, ob die Sonnenſtrahlen auf lichte oder opake Flächen fallen. Auf dem Waſſer- ſpiegel werden nicht alle, ſondern nur ein Theil der Sonnenſtrahlen gebrochen, weshalb dieſe nie die hohe Temperatur der ſtarren opacen Flächen der Erde er- halten. Groſſe Waſſerflächen mindern daher einen hohen Grad der Wärme. In den kältern Jahreszeiten müſſen aber die Winde wieder wärmer ſein, welche lange in Berührung mit groſſen Waſſerflächen ſtehen, die nie [18./0024] zufrieren, als wenn ſie weite Strecken über erkälte- tetes vom Eiſe erſtarrtes feſtes Land kommen. Die Oſtwinde ſind deshalb in Winter kälter als die Weſtwinde. Europa verdankt ſein gemäſſigtes Clima drei Umſtänden a. An der weſtlichen Küſte eines groſſen Continents zu liegen das von einem eisfreien Meere begrenzt iſt, und durch warme Strömungen aus dem Süden erwärmt wird. /Aus gleichen Urſachen iſt Africa ſchon wärmer als Europa./ b. Südlich von einem groſſen heiſſen Continent /Africa/ begrenzt zu werden. c. Eine dritte Urſache liegt in dem Verhältniſſe Europas zum Nordpol; da es von dieſem durch ein offnes eisfreies Meer getrennt iſt. Vorzüge die Aſien und Amerika nicht hat. 4. Vorlesung, 14. November 1827 Beſonders hängt die Temperatur von der Ruhe der Luft und Feſtigkeit der Erdoberfläche ab. Die Wärme wird durch den Winkel bedingt, unter dem die Sonnen- ſtrahlen auffallen. Nur in einer verticalen Richtung kann die größte Zahl auf einen gewiſſen Flächenraume fallen, und im gleichen Verhältniſſe wie ſich der Winkel verkleinert, muß auch die Wärme bei der ge- [19./0025] ringern Zahl der auffallenden Sonnenſtrahlen abnehmen. Der Gang des Windes hat vorzüglich nur in den untern Luftſchichten Einfluß auf die Temperatur, da in den hohen Regionen der Atmosphäre ſeine Wirkungen gering ſind. Der Ocean aber hat eine andere Temperatur, weil die durchſcheinenden Flächen ſich anders erwärmen als die feſten. Es finden in ihm wie in der Atmosphäre dieſelben Schichtungen ſtatt. Die kältere Theile dieſer Schichten ſind ſchwerer als die wärmern, weshalb jene auch unter fallen, dieſe aber an der Oberfläche ſich er- halten. Ebenſo erkalten die öſtlichen Theile des Oceans leichter als die weſtlichen. Wir können demnach 3 Temperaturen im Meere annehmen. 1, Ein almähliges Abnehmen der Wärme von der Oberfläche zur Tiefe. 2. Die Untiefen welche durch Gebirgsrücken im Meere gebildet werden, haben eine höhere Temperatur als die andern Schichten, ſo daß man ihre Annäherung ſchon durch den höhern Stand des Thermometers erkennen kann. 3. Strömungen, die den Strömungen der Luft ganz ähnlich ſind. Eine der ſtärkſten von dieſen, iſt die bekannte unter dem Namen Golfſtrom. Er bewegt ſich längs den Küſten Südamerika’s nach der groſſen Inſelgruppe der Antillen, wo er zwiſchen Ober-Mexico und Cuba in den mexicaniſchen Meerbuſen ſich eindreht, und von den Küſten [20./0026] Florida’s nach Europa ſich wendet, einige Küſten von Irrland und Schottland, von ganz Dänemark und Schweden beſpült, und die Erzeugniſſe des Südens beſonders Holz und Früchte ans Land wirft. Erſte- res iſt unter dem Namen, Treibholz bekannt. Groſſe Wahrſcheinlichkeit erhält durch dieſe Strömungen die Saga, welche Cornelius Nepos erzählt, daß über 1000 Jahre von der erſten Entdeckung durch die Nor- männer, Indianer in kleinen Boten von Häuten nach dem nördlichen Scandinavien gekommen wären, die ſich durch kleine Natur und gelbe Farbe auszeichneten. Höchſt wahrſchein- lich iſt es daß dieſe Nordamerika angehörten, und durch die Strömungen durch den Ocean geführt werden, da jene Be- ſchreibung ganz auf die Eskimos paßt, auch bei dieſen noch ſolche Bote von Häuten gefunden werden. Von dem Unorganiſchen, dem Starren und Flüſſigen gehen wir nun zur Betrachtung des Organiſchen über. Im Aufkeimen der organiſchen Anfänge herſcht eine Ungewißheit ob es Thier oder Pflanze werde. Die Prieſtleiſche Materie, die Oscillatorien und Infuſorien haben eine ſolche Zwitternatur. Vorzugsweiſe hat ſich in der neueſten Zeit Bory St. Vincent mit dieſe Organis- men beſchäftigt. Man hat lange geglaubt daß das Licht zur Ent- wickelung organiſcher Stoffe nothwendig ſei. Sie ver- [21./0027] breiten ſich aber in’s Innere der Erde ſo weit wie wir gedrungen ſind, in Gruben und Höhlen. In den Tiefen des Meeres leben Muſchelthiere und Tangen ſelbſt von grüner Farbe, wie ich ſelbſt im atlantiſchen Ocean mit dem Senkblei hervorzog, und wohin gewiß kein Strahl des Lichtes drang. Ganz des Lichts entbehren die Eingeweidewürmer, die bei einem groſſen Wärmegrade gedeihen. Man hat ſchon über 1000 Arten derſelben entdeckt. Weit verbreitet finden ſich in allen Zonen und den entfernteſten Ländern dieſelben Arten, wenn Thiere durch nahe Verwandſchaft zu einer Familie gehörend in derſelben vorkommen. Dieſelbe Art die ſich in den Hirſchen und Rehen findet kömmt auch in der Antilope und dem Kengeruh vor. Der rothe Schnee ſcheint einer der erſten Anfänge organiſcher Entwickelung zu ſein, da er ſchon in der Feuchtig- keit der Luft ſein Daſein erhält, und in einer Temperatur unter dem Gefrierpuncte ſeine Wachsthumsperiode hat. Es beſteht aus kleinen organiſchen kugelförmigen Körpern die Bauer Uredo nivalis nannte, er gehört aber zu den gallertartigen Gewächſen. – Die Prieſteiſche Materie, Leper, Monilien und ähnliche, ſind die erſten Anfänge der Vegetation, die durch eine Aneinanderreihung von Schläuchen ſich bilden. So ſteigt die Vegetation immer höher von der Einfachheit zum Zuſammengeſetzten, und von der Kleinheit zum Groſſen. Von den Ulven in den Tiefen des Meeres [22./0028] ſteigt ſie empor zu den Palmenbäumen die 250–300′ ſich über der Erde erheben. Die Ulven vegitiren ſelbſt bei 60–68° R. fort. Die Zahl der bekannten Pflanzenarten beläuft ſich etwa auf 60,000, und wenn der Süden in der Fülle der Arten ſchwelgt, ſo ſind ſie den kalten Zonen nur kurz zugetheilt. Wenn wir auf die Pflanzengeographie zurückkommen, werden wir ſehen, welche Einheit der Natur in der Ver- theilung der Pflanzen herſcht, die höchſt merkwürdig iſt. Man kann beſtimmt die Zahl der Arten von einem Lande berechnen, wenn zwei Länder unter gleichem Himmels- ſtriche verſchiedene Pflanzen haben, und dieſe nur von einem Lande bekannt ſind, weil die fehlenden durch andere ihren aber ähnliche erſetzt werden, ſo daß zugleich die Stände der Familien daraus mit Gewißheit gefol- gert werden kann. Viele dieſer Familien ſind nur dem Süden eigen, andere dagegen nur dem Norden. Auf- fallend iſt der Unterſchied in den Arten der Pflanzen ſolcher Länder die unter gleichen Breitegraden liegen, aber durch Meere oder hohe Gebirge getrennt ſind. Ihrem Vorkommen auch, kann man die Pflanzen ein- theilen in geſelliglebende und einzeln ſich findende. Letz- tern bilden vorzüglich die dichten Urwälder der Tropen durch [23./0029] die Vereinigung einer groſſen Zahl von Arten, unter denen halten eine vorherſchend iſt. Nachtheilig wirken dieſe auf die Cultur der Menſchen, ſie widerſtrebten ihren ſtärken und hielten die Entwickelung des Geiſtes zurück. Ein Bild der geſelligen Vegetation ſind unſere Waldungen, wo viele Pflanzen derſelben Art zu groſſen Maſſen ſich vereinigen, und ein Grund mit iſt die vorgeſchrittenen Cultur in Eu- ropa. Andere Länder wie das nördliche Aſien, haben nur baumloſe Steppen, welche das Nomadenleben er- zeugten. Das Gemiſch der Arten bietet keine groſſe Ab- wechſelung dar, und giebt nicht den ſchönen Anblick der Natur als da, wo die Mannigfaltigkeit nur in den Gruppen herſcht, wie wir ſie beſonders auf den Gebirgen weiter gegen Norden antreffen, wo das Verhältniß der Zahl der Gattungen zu denen der Arten weit gröſſer iſt als irgendwo. Die Thiere ſondern ſich auf ihren niedrigſten Stufen von denen der Pflanzen: durch willkührliche Bewegung. Viele von ihnen ſind wie die Pflanzen an einem Ort gefeſſelt, /doch hängt/ dieſe Locomotivität nicht mit ihrer organiſchen Vollkommenheit zuſammen, da mehrere Arten von Muſchelthieren, die ſich durch Feſtwach- ſung nicht von dem Orte ihrer Geburt entfernen können, auf einer höhern Stufe der Vollkommenheit ſtehen wie Echinus Arten, die durch membranöſe Füſſe, ſich durchaus frei bewegen können. [24./0030] Durch die freie Bewegung ſind die Thiere anders ver- theilt als die Pflanzen, ſo findet man z. B. viele Fiſche die bei Gibraltar vorkommen am Vorgebirge der guten Hoffnung wieder. Die verſchiedene Temperatur der Meeres- ſchichten begünſtigt dieſe Verbreitung, wie die Gebirge bei den Pflanzen. Aus dem Thierreiche kennen wir bis jetzt 45,000 In- ſecten, 5400 Vögel, 3500 Fiſche und 700 Säuge- thiere, etwa ⅐ der Vögel. Dieſes Verhältniß hat jedoch nicht immer beſtanden, denn bei den groſſen Ka- taſtrophen der Erde ſind viele, beſonders rieſenartige Säugethiere untergegangen, denen die Vögel leichter entgehen konnten. Nur Theile ihres Knochenbaues ſind uns als Ueberreſte von dieſen groſſen Thieren geblieben, wie ſie die Schöpfung nicht mehr aufzuwei- ſen hat, und wovon beſonders den Schweinen, Ele- phanten und Krokodillen ähnlich. So war z. B. der Mecoloſaurus ein Krokodill von der Höhe eines Ochſens u. ſ. w. Die Geographie der Thiere giebt wichtige Auf- ſchlüſſe über den frühern Zuſammenhang der Länder, und wir erkennen daraus den frühern Zuſammenhang vieler Inſeln mit den Continenten. Die Inſeln der Südſee haben nur kleine den Mäuſen ähnliche Thiere. Hingegen die Inſeln des indiſchen Oceans haben die- [25./0031] ſelben Thiere welche im ſüdlichen Aſien vorkommen. An der Küſte von Malacca hat man 2 neue Rhinoceros entdeckt, die ſich auch auf Sumatra finden. Dieſe Inſeln waren wahrſcheinlich die Gipfel von zuſammenhängenden Ge- birgen, deren Thäler nun das Meer füllt. Das höchſte Ziel der Naturbeobachtungen iſt die Ent- wickelung der Menſchheit ſelbſt, und deren Verbreitung auf der Oberfläche der Erde. Man hat verſucht verſchiedene Menſchenracen aufzuſtellen, und zur Eintheilung haben Knochenbau, Haare und Farbe gedient. Dieſe Merkmale ſind aber ſehr ſchwenkend und unbeſtimmt, denn ihre Vereinigung findet ſich nicht bei allen Individuen einer Race, und auf der Lage der Länder finden häufige Übergänge ſtatt, wo keine Ver- miſchungen wahrſcheinlich ſind. Kielchen theilte ſie zuerſt in die weiſſe, gelbe und ſchwarze Race, denen Blumenbach noch die Malaien und Amerikaner hinzufügte. Die Neger- völker wovon den Alten ſchon nach dem Knochenbau, den aufgeworfenen Lippen und ſchwarzen wolligen Haaren be- kannt. – Später hat man geſucht die Sprachen auf die Eintheilung und Verwandſchaft der Menſchen anzuwenden, doch Wilh. von Humboldt hat gefunden, daß ſie bei den ver- ſchiedenſten Racen oft ſehr übereinſtimmend, bei ähnlichen [26./0032] Völkern dagegen ſehr verſchieden ſind. Man wird dann auch hier die groſſen Eintheilungen verlaſſen müſſen, wie es bei der Botanik ſchon geſchehen iſt, um in klei- nere Familien engere Grenzen zu ſetzten. Hiermit wäre dann das Naturgemälde geſchloſſen, deſſen Umriſſe wir in 5 Abtheilungen durchgingen. Die 1te zeigte die feſten Theile der Erde, die 2te die flüſſigen: Luft und Waſſer; die 3t gab ein Bild der Vegetation, die 4t der Thiere, und die 5t zeigte uns den Menſchen in ſeiner Verbreitung. 5. Vorlesung, 17. November 1827 Die Geſchichte der Einheit der Natur, und die der Völker in gegenſeitiger Beziehung, iſt eine Unterſuchung der wir uns, wenn auch nur theilweiſe hingeben wollen. Zur Einheit der Natur führt uns die Naturkenntniß, womit ſich die Naturwiſſenſchaften beſchäfftigen. Die Er- weiterungen der Wiſſenſchaften ſtehen in einem nahen Zuſammenhange, indem wir oft durch Entdeckungen in einer, mit neuen Anſichten in andern oft unerwartet überraſcht werden. Es liegt in jeder Wiſſenſchaft ſelbſt, daß ſie kürzer und deutlicher vorgetragen werden kann, je mehr ſie er- weitert iſt, da die Entwickelungen aus einfachen Grund- lagen ſich leichter auffaſſen laſſen, als bei Erklärungen [27./0033] von Erſcheinungen, die in einem Chaos gehäuft ſind, und die nur beziehungsweiſe erläutert werden können. Ein Beiſpiel giebt uns die Meteorologie, wo wir die Kräfte mannigfaltiger Erſcheinungen, wie die Inclination des Magneteiſens und der Magnetnadel wirkſam ſehen, ohne ſie beſtimmt erklären zu können. Die Kenntniß der Natur und ihre Verhältniſſe zum Menſchen, theilt ſich in eine Menge von Wiſſen- ſchaften. Es könnte ſcheinen als ſollte mein Vortrag eine Encyclopädie der Naturwiſſenſchaften ſein. Die Encyclopädie verfolgt aber eine jede Wiſſenſchaft ausführlich in ihre einzelnen Theile. Bei einer ſo groſſen Menge von Gegenſtänden, kann aber ein Vortrag wie der meinige, auf wenige Stunden beſchränkt, nicht einzeln jede Wiſſenſchaft verfolgen. Nur kann es meine Ab- ſicht ſein, durch eine Zuſammenfaſſung der Wiſſenſchaften in Umriſſen zu zeigen, wie weit wir in der Er- gründung der Naturkörper und Naturkräfte ge- drungen ſind. Natur iſt die Vielheit in der Einheit, der Inbegriff aller Naturdinge und Naturkräfte. Naturkenntniß iſt die Kenntniß der Dinge neben einander, oder hinter- einander. Erſteres iſt die Naturbeſchreibung, letzteres die [28./0034] Naturgeſchichte. Die Naturbeſchreibung ſetzt die Körper neben einander nach ihren Verwandſchaften. Die Natur- geſchichte dagegen verfolgt ſie von ihrem erſten Entſtehen an, in ihre Verbreitung, und ſucht die Abänderungen zu erforſchen, die durch äuſſere Wirkungen entſtehen konnten. Beide Arten der Naturkunde bilden beſondere Wiſſenſchaften, doch zuweilen kann eine nicht ohne die andere beſtehen, wie wir allein die neuern Anſichten der Geognoſie ihrer Geſchichte verdanken. Der Name Naturgeſchichte iſt vielfältig gemißbraucht da man allgemein auch die Naturbeſchreibung damit be- legt hat. Die Veranlaſſung dazu gab ohne Zweifel Plinius der die Hiſtoria naturalis nannte, indem er den Namen aus dem Griechiſchen in’s Lateiniſche übertrug. Die Naturkenntniß iſt entweder eine beſondere oder allgemeine. Sie ſtrebt entweder nach dem Ojecte ſelbſt, oder ſie betrachtet alle Körper als ein Ganzes, und ſucht die verſchiedenen Verhältniſſe auf in denen ſie zur Menſchheit ſtehen. Die Botanik ſelbſt gründet ſich ſchon auf eine Art objectiver Anſchauung, wie z. B. der Drachenbaum auf Orotava darbietet, der bei ſeiner Entdeckung vor 500 Jahren faſt dieſelbe Stärke wie jetzt ſchon hatte. Oder Adanſonia des Senegal die [29./0035] oft 30–40′ im Durchmeſſer hat, wo in einem Stamme derſelben, die Vorſteher einer Ortſchaft ihre Zuſammen- künfte halten. Die Eintheilung der Monocotyledonen in Gräſer, Zwiebeln, Palmen und Farrenkräuter geben andere Beiſpiele. Nach dem Object kann man die Naturgegenſtände auch für ſich betrachten; ſo iſt eine 2t Abſtraction, alle Körper in ihren räumlichen Verhältniſſen zu den Zonen als ein Ganzes zu betrachten, womit ſich die Pflanzen- geographie beſchäftigt. Valerius ſtellt in ſeinem Werke Geographia generalis et ſpecifica 1650, wozu Newton mehrere Erläuterungen gegeben, zuerſt die G. reſpectiva auf, worin er den Stand unſers Weltkörpers zu den übrigen angiebt, und die G. comperativa, worin er die einzelnen Naturerſcheinungen mit einander vergleicht. Die hier abgehandelte Wiſſenſchaft hat Kant ohne daß er ſelbſt etwas darüber ſchrieb, ſehr richtig Welt- beſchreibung genannt, eine Benennung die auch wir bei- behalten wollen. Die ſpecielle Geographie in Verbin- dung mit dem telluriſchen Theile, iſt vortreflich in der vergleichenden Geographie von Carl Ritter abgehandelt, welches das vorzüglichſte Werk über dieſen Gegenſtand iſt. Die Weltbeſchreibung giebt Materialen der Wiſſen- [30./0036] ſchaft. Das Ziel aller Beobachtungen und Unter- ſuchungen iſt die Kenntniß aller Naturkräfte und Naturkörper in ihren mannigfaltigen Verhält- niſſen zueinander, ohne Widerſprüche darin zu finden. Kein Widerſpruch ſollte in den Wiſſenſchaften ſtatt finden, denn er beruht immer, entweder auf falſche Beobachtungen oder auf falſche Speculationen. Erfahrung und Beobachtungen ſollten nie mit der ächten Natur- philoſophie im Streite ſein. Unſer Zeitalter hat das Merkwürdige, daß zwei entgegengeſetzte Tendenzen darin vorherſchen. Nämlich entweder eine bloſſe Anhäu- fung von Thatſachen, eine ſinnliche Wahrnehmung derſelben oder 2, die der Beobachtungen nach Vernunftſchlüſſen, wobei alle Verſuche und genauere Prüfungen verachtet werden, und nur ſpeculativ Syſteme gebildet, die doch nur die Form einer Naturphiloſophie ohne Kenntniſſe und Erfahrungen haben. Nur in den Fällen wo es zur Verſinnlichung nothwendig iſt, dürfen wir mathematiſche Hypotheſen anwenden. So wiſſen wir z. B. daß es keinen Licht- und keinen Schallſtoff giebt, und dennoch iſt es nothwendig um die Bewegung derſelben mathematiſch zu beſtimmen, auf Quantität und räumliche Verhältniſſe zurückzukehren. Die Geſchichte der Wiſſenſchaften iſt nicht die Geſchichte [31./0037] einer einzelnen, ſondern es ſoll darin entwickelt werden, wie die Völker im Allgemeinen zu den neuern Naturanſichten gekommen ſind, und welche Begeben- heiten darauf einwirkten. Die Idee der Einheit der Natur iſt bei den ſo genannten Wilden nur ein dunkeles Vorgefühl, oder eine dunkele Ahndung. Das durch die Cultur geweckte Denken leitet zu Beobachtungen, die durch das dunkele oder undeutliche Erkennen der Natureinheit zur Begeiſterung führt. Erſt durch das geſteigerte Nachdenken erhält ſie ihre deutliche Erkennung. Die erſte Erkenntniß der Völker liegt im Dunkeln, da ſelbſt bei denen die wir Wilde nennen, und in ihrem erſten Naturzuſtande zu leben ſcheinen, finden ſich Reſte von Kenntniſſen, die ſie nicht durch ſich ſelbſt erlangt haben können, ſondern durch Traditionen erhielten, und ich möchte mich zu der Meinung neigen, daß es keine Urſtämme mehr giebt, ſondern alle die Wilden, die noch von Reiſenden geſehen wurden, Ueberreſte früherer cultivirter Nationen ſind. So finden wir z. B. bei den eben genannten Wilden, Ideen über die Himmelskörper, ſelbſt über Erſcheinungen im Monde, die erſt in neuern Zeiten wieder entdeckt wurden, [32./0038] Benennungen von Fixſternen etc. die eine weit höhere frühere Cultur nur zurücklaſſen konnte. Die erſten Spuren der Civiliſation finden wir in Babylon und Aſſyrien und tiefer in Indien hinein, die in Sagen und Mythen ſich finden. Viele Völkerwande- rungen haben ſie weiter verbreitet. Erſt bei den heleniſchen Stämmen die aus Thracien kamen, verbreitete ſich mehr Licht darüber. Bei dieſen erſt beginnt die Geſchichte der Wiſſenſchaften. Bei einer genauen Verfolgung der- ſelben würde es mir vielleicht glücken, ihr einigen Reiz der Neuheit abzugewinnen, ſo kann ich aber nur die vor- züglichſten Begebenheiten daraus hervor haben. Lange glaubte man, daß die Idee der Einheit der Natur einem Urvolke angehörte, und nannte dieſe daher Urphyſik. Die heleniſchen Stämme ſezten eine Art von Achtung gegen alle Völker, die nicht mit ihnen auf gleicher Stufe der Cultur ſtanden, doch dieſe Achtung war wohl nur eine moraliſche zu nennen. Denn nicht ein Urvolk reifte allein zur Cultur heran, die Idee der Einheit der Natur ſprach ſich bei vielen Völkern zugleich aus. Es bleibt wenigſtens bei dem dunkel der Geſchichte unentſchieden, wo der erſte Lichtpunct einer Naturbetrachtung ſich zeigte. [33./0039] 6. Vorlesung, 21. November 1827 Die Epochen der Geſchichte in dem Fortſchreiten dieſer Kenntniſſe, ſind theils groſſe Weltbegebenheiten, theils durch einzelne groſſe Männer, oder durch Erfindungen, von Inſtrumenten herbeigeführt. Wir können ſie in 6 Epochen eintheilen, die jedoch in den neuern Zei- ten ſchwer feſt zuſtellen ſind. Dieſe ſind 1, die Ioniſche Schule und die der Pythagoräer. 2, Alexander’s Heerzug nach Indien. 3. die der Araber, der Be- gründung chemiſcher Kenntniſſe. 4, die Entdeckung von Amerika. 5. Die Erfindung neuer Inſtrumente. 6. Cook’s große Reiſe um die Welt. 1. Die Ioniſche-Schule und der Pythagoräiſche-Bund In ihnen finden wir die erſte Erkenntniß der Ein- heit der Natur. Die Ionier waren die erſten, unter denen Thales und Socrates eine Naturphiloſophie auf- ſtellten. Sie betrachteten aber die Weltkörper noch nicht einzeln, ſondern ſehen das ganze Weltſyſtem als ein Ganzes an. Die Planeten und andere leuchtende Sterne hielten ſie für feurige brennende Maſſen, und das ganze Weltſyſtem ſollte aus einer Urmaterie und der Luft entſtanden ſein. Es fand ſich bei ihnen zuerſt die Idee des Verdickens und Verdünnens, die [34./0040] ſich bis zur neuern Zeit erhalten hat. Ebenſo die Lehre, daß einige Elemente flüſſig andere luftartig ſind, hat ſich alle Jahrhunderte hindurch erhalten. Die ioniſchen Philoſophen beobachteten nicht allein im all- gemeinen ſondern auch im Einzeln. Diogenes machte über das Athmen der Fiſche ſehr richtige Beobachtungen, und beſchäftigte ſich auch mit den Vulkanen. Pythagoras war der Schöpfer einer eigenen Schule, die mit der ioniſchen eng verknüpft iſt. Mit vielem Dunſt und Myſtiſchen iſt dieſer Name umgeben, den man oft mißbrauchte, ſelbſt in verſchiedenen Ländern leben ließ. Der pythagoräiſche Bund wurde zerſtört, ſo verbreitet auch ſeine Lehren waren. Die Herren Böhm & Idler haben ſehr ſcharfſinnig dieſelben in neuerer Zeit unterſucht. So ſymboliſch die Anſichten der Pythagoräer auch zu ſein ſcheinen, ſo ſieht man bei ihnen doch eine Anwendung der Mathematik auf die Naturkenntniß, die eine mathe- matiſche Symbolik gab. In ſpätern Zeiten haben die pythagoräiſchen Lehren durch die Streitigkeiten der erſten Chriſten viel Myſtiſches er- halten. Plutarch hat ihn ſogar mit Numa zuſammen- geſtellt. Die Meinungen der Pythagoräer haben auch auf Coper- nicus gewirkt, wie ſpäter bewieſen werden ſoll. Sie [35./0041] hielten nicht die Sonne für das Centrum der Erdbahn, ſon- dern dachten ſich die Sonne als einen feurigen Schild, der ſich um den Weltherd bewegte, und durch ſeine Strahlen die Erde erleuchte und Wärme gäbe. Plato hatte über das Innere der Erde ſchon ziemlich richtige Anſichten. Anklänge der Pythagoräer ſind bei Plato im Thymëns ausgeſprochen. Man muß bei ihm zweierlei unterſcheiden. a. Seine ſcharfſinnigen empyriſchen Unterſuchungen. Er er- kannte zuerſt die Wirkungen des Waſſers und Feuers auf die Bildung der Erde, und ahndete den wahren vulka- niſchen Zuſtand unſers Erdkörpers, wozu ihn der an vulkaniſchen Erſcheinungen ſo reiche griechiſche Boden leitete. Er hielt die Vulkane ſelbſt für eine Ver- bindung unterirdiſcher Feuermaſſen mit der Atmosphäre. Auch das Mittelmeer betrachtete er zuerſt als eine einizige Niederung, in der, wie er ſcherzweiſe ſich äuſſerte, die Griechen gleich Fröſchen auf ihren Inſeln lebten. b. Seine rationellen Betrachtungen. Dieſe ſind dunkel. Von den Gebirgsarten unterſcheidet er ſolche die durch das Waſſer, und andern die durch das Feuer gebildet ſind. 2. Alexander’s Zug nach Indien iſt eine Weltbegebenheit, welche die zweite Epoche für [36./0042] die Erweiterung der Naturkenntniſſe bildet. Bis dahin kannten die Helenen nur wenig von den Tropenländern, denn was ſie von Nubien wußten, war geringe; und ſie lernten den Zuſammenhang groſſer Länder kennen. Wenn Alexander auch nicht ganz die Tropenländer berührte, ſo fand er doch in ihrer Annäherung, die ihnen eigenthümlich grosartige Schöpfung ſchon, die ſich noch weit über die Grenze der eigentlichen Tropenländer nach Norden hinaus erſtreckt. So kamen neue Kenntniſſe nach Griechenland, da die ältern über dieſe Producte bei den Helenen ſehr gering waren, die ſie durch den engen Handel über den perſiſchen Meer- buſen ſammelten. Sie erſtreckten ſich kaum über die Kenntniſſe des Bambusrohrs und Zuckerrohrs, deren ſchon Herodot erwähnt, und daß aus erſterer die Köcher ge- macht würden. Einige nähere Kenntniſſe von Cteſius über Indien, der als Reiſender dieſe mannigfaltigen Producte erwähnte, haben, wie Schlegel ſehr treffend beweiſt, Alexander bewogen, jenen berühmten Zug zu unternehmen. Der tiefe Eindruck, den dieſer Heeres- zug auf Griechenland machte, läßt ſich nur mit dem ver- gleichen, den die Entdeckung von Amerika in neuerer Zeit auf die damals cultivirten Länder zur Folge hatte. Damals lernte man kennen den Piſang, Aryenik von dem Volke der Aryier genannt, eine Menge fremder Wurzeln [37./0043] hohe Bäume, und die größten Thiergeſtalten, die bisher fremd waren. Ihre Architectur bezog ſich mehr auf Thier- abbildungen, da die Aegyptier mehr die der Pflanzen liebten. Von daher wurden die erſten Elephanten nach Europa gebracht. Man lernte die heiſſen Winde, Mon- zune genannt, kennen. Man beobachtete das Steigen und Sinken der Flüſſe, und fand daß der Nil nicht allein dieſe Eigenſchaft beſitze, und daß es vom Fallen des tropiſchen Regens abhänge. Man erkannte den Einfluß des Clima’s auf die verſchiedenen Völker. Bisher hatten die Griechen nur die Aethiopier aus heiſſen Himmels- ſtrichen kennen gelernt; die nicht ſchwarze Farbe der Indier war ihnen eine neue Erſcheinung, und ſie erkannten als die Urſache, eine feuchte Hitze, da die trockne Hitze hingegen die Neger färbt. Sie lernten die Weisheit der Indier kennen, beſonders die Mathematik und Anwen- dung der Algebra, wenn gleich der Theil von Indien, in welchen Alexander eindrang, noch am wenigſten gebildet war. Erſt ſpäter wurde eine höhere Cultur in den mehr weſtlich gelegenen Ländern des Ganges gefunden. Von den Chaldäern lernten ſie die Himmelskunde; dieſe ſind kein Volk, ſondern eine Prieſterkaſte, welche am Belus- tempel ihren Gottesdienſt verrichteten. Calliſtenes den [38./0044] Ariſtoteles geſchrieben, ſpricht von der Entdeckung gegen 300 Eclipſen. Mit Ariſtoteles hängt Alexander’s Zug innig zuſammen da ſein Wiſſen größtentheils als das Reſultat deſſelben anzuſehen iſt. Er hatte eine groſſe Naturalienſamm- lung auf ſeinem Landgute in Epheum angelegt, und ihm ſind wir es ſchuldig, daß die ſpecielle Beſchreibung der Naturkörper, an die Stelle der Erkenntniß der Einheit in der Natur trat. Zwei Hauptbeſtrebungen leiteten ihn vorzüglich, die ſpecielle Naturbeſchreibung, und die phyſiologiſchen Anſichten des thieriſchen Lebens. Der Geiſt des Ariſtoteles pflanzte ſich in Aegypten unter der Herrſchaft der Ptolomäer weiter fort, es wurde nach ſeinem Beiſpiele ein Muſeum und Bibliotheken angelegt. Die Streitigkeiten zwiſchen Ptolomäus und den Griechen veranlaßten ein Verbot der Ausfuhr des Papyrus aus Aegypten, welches ſeine Anpflanzung auf den griechiſchen Inſeln und in Sicilien zur Folge hatten. Auf letzterer Inſel wird er jetzt noch häufig gefunden, während er in Aegypten gänzlich verſchwunden iſt. Als Aegypten zu einer römiſchen Provinz wurde, gingen die Sammlungen und das Streben nach Naturkenntniſſen nach Rom über, und wurden mit Geiſt aufgenommen. Zuerſt trat Strabo unter Auguſtus Regierung auf, [39./0045] deſſen Geographie eine phyſicaliſche Erdbeſchreibung iſt. Er war der Erſte der die Geſtalten und Formen der Thiere mit den verſchiedenen Climaten in Verbindung ſetzte. Die 37 Bücher des Plinius iſt das großartigſte Werk der Römer, das umſo unerwarteter erſchien, da man früher ſo wenig noch für Naturkenntniß gethan hatte, und eher von den Griechen zu erwarten geweſen wäre. Der Plan iſt beſſer wie die Ausführung; von der Sternkunde an, die Meteorologie durch alle Zweige der Naturgeſchichte, ſelbſt mit der Blüthe der Kunſt zu verbinden, war die Abſicht. Dem Werke fehlt aber die Anordnung. Plinius /ſoll ein ſtolzer Mann geweſen ſein,/ war Statthalter von Spanien, dann Befehlshaber der Flotten, konnte daher bei überhäuften Geſchäften ſeinen Plan nicht ſelbſt aus- führen, ſondern mußte durch andere arbeiten laſſen, obgleich er ſelbſt viele Materialien dazu lieferte. Der ernſte und ſtrenge Weg des Plinius wurde nicht lange verfolgt, ſondern durch die Schwärmerei der Neu- Pythagoräer wieder verdrängt. Aber auch dieſe hatte einen wohlthätigen Einfluß, denn wenn gleich die allgemeine Phyſik vernachläſſigt wurde, ſo führte ſie zum Gefühl der Einheit zurück, und das Studium der geheimen Kräfte brachte ſie zur Lehre der Chemie. Die Idee der Verdickung und Ver- dünnung der Ioniſchen Schule und des pythagoräiſchen Bundes [40./0046] iſt eine Philoſophie des Maaſſes und der Zeit, die nach vielen Jahrhunderten auf Copernicus und Kepler noch wirkte. 7. Vorlesung, 24. November 1827 3. Einfall der Araber in Aegypten. In den frühen Zeiten haben ſich die Phönicier und Aegypter mit der Unterſuchung der Stoffe am meiſten beſchäftigt. Wir ſehen dies an der Bereitung metalliſcher Gemiſche der Färbung des Glaſes, der Einbalſamirung ihrer Todten welche ihre Grabmäler bis zu unſrer Zeit aufbewahrt haben. Von hier gingen dieſe Kenntniſſe nach Rom über. Aber auch die ſchwärmeriſchen Ideen des Morgen- landes wurden unter Hadrian’s Regierung mit in Rom eingeführt. Schon unter dem Kaiſer Calligula bediente man ſich der Chemie zu Verſuchen um Gold zu machen, und dieſe wurde ſo allgemein, daß der Kaiſer Diocletian ein Edict gegen die Chemiker ergehen ließ. Plinius erzählt nämlich im 33 B. 22 K. ſeiner Hiſtoria naturalis, daß man dem Kaiſer Caligula vorgeſpiegelt habe, aus Operment Gold zu machen, es ſei aber ſehr wenig Aus- beute erhalten worden! Dennoch wurden dieſe chemiſchen Verwandlungſproceſſe fortgeſetzt, und der Kaiſer Dio- cletian gab endlich den Befehl, alle aegyptiſchen Bücher über die Chemie zu verbrennen. – [41./0047] Das Wort Chemie kommt aus dem Coptiſchen und Plutarch erwähnt es ſchon. Urſprünglich iſt es von dem Namen eines Landes genannt Chiari, abgeleitet, in welchem ſie ihren Urſprung mag gehabt haben. Der Verfall Aegyptens als römiſche Provinz be- reitete eine Revolution vor, durch welche die Araber um ſo leichter Eingang fanden. Erſt bei ihrem Durchzuge durch Aegypten, erlernten ſie chemiſche Kenntniſſe, in welchen ſie ſich bald ſo ſehr auszeichneten. Während der Schwächung des römiſchen Reichs durch lombardiſche und germaniſche Stämme, die Nacht über das Abendland deckte, blühte die Cultur im Morgenlande um ſo heller auf. Während der Oſten ſich hob, ſank der Weſten in Dunkelheit, da er nichts von den Fort- ſchritten jener Länder erfuhr. Doch nicht allein nach Süden richteten germaniſche Stämme ihre Wanderungen, ſondern auch nach Oſten, tief in Aſien hinein, noch hinter der chine- ſiſchen Mauer ſind deutſche Stämme nach Klaproth’s Entdeckung gedrungen, die jetzt noch den Namen Uſier führen und im Lande Manſchu wahren. Sie wurden anfänglich von den Perſern angeregt, ſich auf chineſiſche Stämme zu werfen. Erſt 400 Jahre nach dieſer erſten Wanderung bedrängten die germaniſchen Stämme die [42./0048] Völker des ſüdlichen und weſtlichen Europa’s. Eine ſpätere Völkerwanderung iſt die der Hunnen, die nicht nach der allgemeinen Annahme ein mongoliſcher, ſondern ein finniſcher Stamm ſind. Nach dieſen folgte die der Gothen. Zu den Epochen welche den Geiſt der Menſchen wieder auffriſchten, gehört die der Herrſchaft der Ara- ber. Sie waren nicht die Erſten, welche in Aegypten eindrangen, da Hirtenvölker, die durch den Iſthmus kamen ihnen vorangingen. Nachdem die Araber Jahr- tauſende ruhig auch ihrer Halbinſel gelebt hatten, über- zogen ſie Aegypten, drangen immer weiter vor, und herſchten vom Ganges bis zu den Säulen des Hercules. Sie kamen unwiſſend ohne roh zu ſein, wie ſich der eigene Character der Wechabiten zeigt, doch eine groſſe Vor- liebe für die Natur, weckte bei ihren Nachkommen die Wiſſenſchaften, die beſonders weſtlich bei ihnen aus- gebildet wurden. Sie kamen nach Aegypten ſchon mit Keimen der Civiliſation, die ſie von Muhamed erhielten, und ſtanden mit Aethiopien, Aegypten und Perſien in Verbindung. Griechiſche Aerzte hatten ſich mit Neu-Platoniern ſchon zu Muhameds Zeiten in Mecca niedergelaſſen, und ſelbſt vor Muhamed finden [43./0049] wir die Dichtkunſt bei ihnen blühen, auch Kampfſpiele wurden in Mecca und Medina von ihnen gefeiert. Die glänzenſte Epoche der Araber war, als die Ge- ſchlechter der Aſchenieden und Caliphat ſie beherſchten. Durch die Einwirkung der aegyptiſchen Schule, und durch griechiſche Flüchtlinge blüheten die Wiſſenſchaften auf. Merkwürdig genug daß Griechenland bei ſtetem Unglücke, Strahlen des Lichtes überall verbreitete. Die Araber fingen an, Himmelsbeobachtungen, Chemie und Pflanzen- kunde zu treiben, erfanden aſtronomiſche Inſtrumente, nahmen die indiſchen Zahlen an, die ſie wahrſcheinlich durch den Verkehr mit den Perſern erhielten, und die im 13t Jahrhundert unter dem Namen arabiſche Zahlen zu uns kamen, und durch ihre Einfachheit großen Ein- fluß auf die Wiſſenſchaften hatten. Die erſte richtige Kenntniß der Optic und Refraction der Strahlen gehört ihnen an. Oparis Werk, aus dem Plutarch ſchöpfte, enthält vieles darüber wie H De Lambert neuerlich gezeigt hat. Im 11t Jahrhundert ſpricht ſich ſchon ihr Geiſt für aſtronomiſche Beobachtungen aus. Die Ueberſetzung grie- chiſchen Werke wurde von ihnen ſo wichtig erachtet, daß ein Ueberſetzungs-Ausſchuß entſtand. Die Wiſſenſchaften waren in das Kaſten-Verhältniß eingezwängt, nach [44./0050] dem Grundſatze des islamiſchen Glaubens. Die wich- tigſte Tendenz iſt die chemiſchen Entdeckungen. Sie haben zuerſt die Säuren entdeckt, als Salpeterſäure, König- waſſer etc. Sie bereiteten ferner Queckſilberoxyd, Roſen- waſſer, etc. ſelbſt eine Art von Brantewein wußten ſie zu deſtilliren. Es iſt überhaupt ſchwer Alles anzu- geben, was wir den Arabern zu verdanken haben. Die Araber hatten 2 Reflexe, einen nach Oſten an den Mongolen, wo ein Enkel des Timur die Sternwarte zu Samarkand errichtete, und den andern gegen Weſten an die Spanier. Sie füllen mit ihrer Betriebſamkeit eine glänzende Epoche aus die vom Jahre 640 bis 1235 zur Einnahme von Cordova reicht. Nach der Unterdrückung der Araber in Spanien, findet ſich der Abglanz ihrer Kenntniſſe bei Baco /einem Spanier/ in Majorca der die ars magna hinterließ. Der Dr. Mirabilis bildet eine myſtiſche Schule in Spanien; er nahm die Einheit der Natur tief wieder auf, endete aber wegen An- ſchuldigung von Zauberei im Kerker. 4. Entdeckung von Amerika. Dieſe Epoche wurde durch das Aufblühen des Handels in den italiänſchen Freiſtaaten vorbereitet, und durch [45./0051] die Erfindung der Buchdruckerkunſt 1436 ungemein begünſtigt. Petrarchas Poëſie hat vorzüglich dazu bei- getragen, die klaſſiſche Literatur Italiens zu bilden. Schon der König Robert ſchickte nach Griechenland um Bemerkungen zu ſammeln. Das freie Sprachſtudium wirkte bedeutend mit. Ein vorzügliches Studium der alten Claſſiker hat beim Aufblühen der italiänſchen Civili- ſation, alte Kenntniſſe wieder geweckt. Die ſcandinaviſchen Schiffer Gorn und Drei haben ſchon im Jahr 1003 Amerika theilweiſe entdeckt, nament- lich die Küſte von Neu-Fundland. Die Gebrüder Ceni hatten ums Jahr 1390 ebenfals ihre Reiſe dahin gerichtet, und nicht allein Neu-Fundland ſondern auch Georgien beſucht. Ja im 11t Jahrhundert trug Marco Polos Reiſe viel dazu bei, indem er ſüdlich zwiſchen Sumatra und Java durchdrang. Doch iſt der Einfluß dieſer Reiſen nicht ſo groß geweſen, als derjenige, an denen ganze Reiche wie Spanien und Portugal Theil nehmen. Die Entdeckung von Amerika trifft mit 3 großen andern Weltbegebenheiten zuſammen, denn während Amerika ſich gleichſam aus den Wellen erhob, ſtiegen die ſchönſten Gebilde der alten Kunſt aus ihren Gräbern empor, in den Jahren von 1498–1506, als der Apol, etc. [46./0052] Martin Luthers und Calvins groſſe Reform gab dem Geiſte Freiheit und Stärke. Zu derſelben Zeit fiel die Entdeckung eines neuen Weltſyſtems von Copernicus 1507, aber 1543 erſchien erſt ſeine Schrift Gregoriam coeleſtinam recolationis. Er glaubt das Syſtem des Phylolaus wieder herzuſtellen, das er mißverſtand. Doch begeiſtert durch daſſelbe kam er auf ſein groſſes Syſtem. H Ideler hat gezeigt daß Archimedes Werk ihm unbekannt bleiben mußte, da es erſt ein Jahr nach ſeinem Tode erſchien. Die Entdeckung von Amerika weckte eine groſſe Zahl von Anſichten. Man ſah hier zuerſt Schnee unter dem Aequator; damals erkannten die Menſchen zuerſt daß vom Aequator nach Süden zu die untere Schneelage ſich mit den Breitegraden verändere. Man erkannte zuerſt den Einfluß der Höhe auf Clima, auf Pflanzen. Es entſtanden groſſe Diſcuſſionen über die verſchiedenen Menſchenracen, nördlich weiſſe, die ſüdlich dunkeler war aber auch eine Art von Aethiopier, die nicht von der Hitze gefärbt ſein können, da ſie auf den Höhen der Andeskette leben, die ein Clima wie Norwegen und Schweden haben. Man kam auf eine richtigere Anſicht der Vul- [47./0053] kane, die auf der Andeskette ſo häufig ſind. Man er- kannte die wahre Natur der fabelhaften Waſſervul- kane. Der Golfſtrom wurde entdeckt. Nicht allein eine neue Erde war entdeckt, auch ein neuer Himmel wurde geſehen, an dem die magelaniſchen Wolken beſonders auffielen, und 2 groſſe Nebelflecke ſind, die ſchon den Arabern bekannt waren. Wer erkennen will, wie die Entdeckung von Amerika auf die phyſikaliſche Erdbeſchreibung wirkte, der leſe Acoſtis Naturgeſchichte, geſchrieben am Ende des 16t Jahrhunderts, der die erſten Anſichten ſammelte, die die Spanier nach Europa brachten. Petrus Magnus Angiera ſchrieb um dieſelbe Zeit. 8. Vorlesung, 28. November 1827 Nach der Entdeckung von Amerika belebten ſich Städte und Univerſitäten. Columbus, Vasſo de Gama und Ma- gellan erweiterten die Schiffahrt. Columbus beobachtete die Paſſatwinde, und auch er war es, der zuerſt zwiſchen den azoriſchen und canariſchen Inſeln die Beobachtung von der Abweichung der Magnetnadel machte. Die ariſtoteliſche Philoſophie in ihrem engen Gewande hatte keinen Raum mehr für ſo vieles Wiſſen und nahete ſich ihrem Ende. Zu ihrem Sturze trug Jordano Bruno ein Italiäner viel bei, der Mathematic vortrug, und das merk- [48./0054] würdige Schickſal hatte, von Calvin verketzert und von der Inquiſition verbrannt zu werden. Baco und Com- panella, /Philoſophia inſtauranda/ Zeitgenoſſen von Jordano Bruno, glücklicher als er, folgten ihm in ſeinen Anſichten. In beiden Werke ſpricht ſich ein tiefes Ge- fühl für die Einheit der Natur aus. Wenn in dem Leben der Völker und ihrer Entwickelung geiſtiger Kräfte, alles organiſch zuſammenhängend er- ſcheint, ſo haben die Araber durch den Einfluß der aſtro- nomiſchen Tafeln die Entdeckung von Amerika vorbereitet. Sie hatten einen bedeutenden Einfluß auf den Nutzen, den die phyſikaliſche Geographie durch Pflanzenkunde und Chemie erhielt. Wiſſenſchaften, die ihr Entſtehen nur ihnen verdankten, und die im Groſſen nun durch jene Entdeckung in Ausführung gebracht wurden. Melalam_ Caſtalama und Fuscanella haben das größte Verdienſt. Letzterer ſtand mit Columbus im Briefwechſel, und be- ſtärkte ihn in ſeinem Unternehmen. 5. Die Entdeckung phyſikaliſcher Inſtrumente. Dieſe Epoche fällt von 1590 bis 1643. Die vorigen Epochen waren merkwürdig durch Reiſen und Länderent- deckungen, man ſuchte durch den Beginn der Wiſſenſchaften [49./0055] die Erfahrungen der ſinnlichen Erſcheinungen wahrzunehmen, und Unterſuchungen darüber anzuſtellen. Dieſer Epoche war es vorbehalten die Organe zu erfinden für’s tiefere Forſchen, durch neue Inſtrumente die Sinne zu verſtärken. Das Fernrohr wurde 1590 von Middelberg erfunden. Er lehrte uns, daß auch andere Planeten Monde haben, die Urſache des erblühten Erſcheinens in der Milchſtraſſe, den Ring des Saturns, die Mondberge u. ſ. w. Das Thermometer iſt 1600 von Fahrenheit erfunden, und 1700 von Reaumur verbeſſert. Den Einfluß der Temperatur auf die verſchiedenen Climate und ihrer Vege- tation lernten wir durch ihn kennen. Das Barometer, 1630 von Torricelli erfunden, zeigte den Druck der Atmosphäre. Pascal wandte es zuerſt zur Meſſung der Höhe der Berge an. Die Ebbe und Fluth der Atmosphäre wurde durch ihn entdeckt. Leibnitz behauptete in ſeinem Streite gegen Newton, es zuerſt in der Aſtronomie im Jahre 1674 angewandt zu haben. Später leiſtete es vorzüglich der Phyſik Dienſte. Je mehr man ſich der neuern Zeit nähert, iſt dieſe Epoche um ſo ſchwieriger in ihrer Reihenfolge zu entwickeln. Die Erweiterung der Schiffahrt, die weitere Verbreitung der Wiſſenſchaften, häufen die Entdeckungen auf eine [50./0056] Art, daß Deutlichkeit der Darſtellung, nur durch die Compoſition des Gemäldes entſtehen kann. Genauere Kenntniß von den Luftſtrömungen ver- danken wir Dampier und Hallier; ſie ſahen zuerſt ein daß man die Atmosphäre als ein Luftmeer betrachten könne. Letzterer entdeckte auch die Linien der Ab- weichung der Magnetnadel. 6. Cook’s Reiſe um die Welt. Dieſer verdanken wir eine Vollendung der Kennt- niß unſers Erdkörpers, und die Umſchiffung der Erde. Ungeachtet der vielen Entdeckungen in der Naturgeſchichte und der Phyſik, iſt ſie nicht ſowohl durch ſich ſelbſt ſo wichtig als durch die Folgen die ſie hatte. Ihr verdanken wir die Erweiterung der magneti- ſchen Linien, eine genauere Kenntniß der Tempe- ratur der Meere, die geognoſtiſche gleiche Vertheilung der Gebirgsarten und Lagerung der Erdſchichten. Unſerem Landsmann Forſter aus Halle, welcher als Natur- forſcher Theilnehmer dieſer Reiſe war, verdanken wir vorzüglich dieſe Entdeckungen. [51./0057] Dieſe Reiſe war der Anſtoß zu allen darauf fol- genden. Die Regierungen fingen an ſich lebhaft dafür zu intereſſiren. So leiſteten die Reiſen von Baudin, Freycinet und Dupert für die Kenntniß der phyſikaliſchen Erdbeſchreibung ſehr viel; ſie lieferten den Beweis gegen die damalige Annahme, daß die ſüdliche Hemisphäre nicht ſtärker abgeplattet ſei als die nördliche. Die Landreiſen ſind ein charakteriſtiſcher Zug neuerer Zeiten. Sie ſind nicht ſo ausgedehnt wie die, welche bei den Arabern ſtatt fanden, aber mit neuen Inſtrumenten ausgerüſtet, führten ſie in kurzen Strecken und in einzelnen Theilen verſchiedener Climate zu den wichtig- ſten Entdeckungen. Das Innere von Aſien wurde uns bekannt durch die Reiſen von Niebuhr und Pallas. Erſterer fand daß das Himalayagebirge, /4500 Toiſen hoch/ höher als der Chimboraſſo in der Andenkette Amerika’s ſei. In Europa wurde vorzüglich durch Sausſure der Einfluß der Gebirge phyſikaliſch unterſucht. Reiſen in Amerika fanden ſtatt, auf denen viele Inſtru- mente zu Beobachtungen benutzt wurden. Der ſüdliche Theil von Afrika wurde von Barn, Lichten- ſtein und Hochſtätter genauer unterſucht. Beſſere Folgen hatten die Reiſen ins Innere von Afrika [52./0058] durch Hornemann, Mungopark, Denham und Clapperton. Früher glaubte man, nur durch groſſe Reiſen wichtige Entdeckungen und Beobachtungen machen zu können. Es giebt aber einige Wiſſenſchaften denen die Stettigkeit des Raums mehr Stoff bietet wie weite Strecken, da man den Typus weiter Gegenden oft auf einem kleinen Raume findet. Die Geognoſie hat auf dieſem Wege ihre Ausbildung erhalten, denn die Kenntniß der Formationen durch Werner und ſeine Schüler ſind überall anwendbar; durch dieſe wurde erſt bekannt, wie die einzelnen Reſte der organiſchen Natur in den Steinſchichten ſich verbreitet finden. Cuvier, Branga und Schlottheim verdanken wir beſonders die genaue Kenntniß derſelben. Eine Folge derſelben war die Kenntniß der ausgebrannten Vulkane, die von Cenit- Porphyr umgeben ſind. Die Idee der Hebung der Berge und Inſeln, eine genauere Kenntniß der Erdbeben gingen durch Beobachtungen in engere Räume hervor, und ſind auf ganze Continente ausgedehnt und haben Licht durch phyſikaliſche und chemiſche Ent- deckungen erhalten. Italien die Wiege ſo vieler Kenntniſſe in den [53./0059] Künſten, der Wiſſenſchaften und der Litteratur, ver- danken wir auch die Entdeckung des Galvanismus und die Erfindung der Voltaiſchen-Säule, die zu höchſt wichtigen Entdeckungen führte. Sie zeichnet ſich durch die Zerſetzung der Körper aus, die unter ihre Einwir- kung gebracht werden, indem die verſchiedene Pole der Säule die verſchiedenen Stoffe anziehen. Die Entdeckung der elektriſchen Säule geſchah im Jahre 1800 vo Alexander Volta. Durch ihre Anwendung hat Davy die Metalloide entdeckt, woraus unſere Erdarten im oxydirten Zuſtande beſtehen. Eine andere wichtige Entdeckung von Arſtid, 1820, iſt die Identität der magnetiſchen und elektriſchen Kräfte, es ſind nur verſchiedene Aeuſſerungen der nämlichen Grund- Kraft. Arago fand daß die Erregung der elektriſchen Kräfte in allen Körpern zu bewerkſtelligen ſei durch Rota- tion, ſelbſt im Waſſer. Man gewann Kenntniß über die Bildung der Wolken und des Nebels; über die Entſtehung der Phänomene des Nordlichts, der Gewitter und Gewitter- regen, die immer noch in dunkel gehüllt ſind, erhielten wir einiges Licht. Dalton, Sausſure, Gay-Lusſac, DeLuc, Erman, Bellinghauſen und andern verdanken wir die wichtig- [54./0060] ſten Entdeckungen. Herr Erman verdanken wir ein neues Inſtrument, die Feuchtigkeit der Luft genauer zu beſtim- men als bisher. H Gay-Lusſac ſtellte die geiſtreiche Idee der Spannung der Atmosphäre auf. Am Ende des 18t Jahrhunderts führte die Verbeſſerung der Fernröhre durch Dollon, Herſchel und Frauenhofer zu wichtigen Entdeckungen in der Aſtronomie. Ein neuer Planet, der Uranus wurde aufgefunden, zwei Cometen entdeckt der Enkiſche und Bielaſche, die unſer Planetenſyſtem nicht verlaſſen. Die Bewegung der Doppelſterne, die Nebelflecke in den entfernſten Räumen wurden erkannt. Die Entdeckung der Polariſation der farbigen und unfarbigen Gläſer in den Inſtrumenten, hat zu den Beobachtungen gewirkt ob das Licht der Körper ein eigenes ſei, oder von andern Himmelskörpern komme. So wie Doppelſterne und Nebelflecken in der Erweiterung der Weltanſichten die Aſtronomie an den äuſſerſten Gren- zen des Weltſyſtems beſchäftigten, bemüheten ſich engliſche Reiſende unter der Führung des Capitain Parry dem äuſſer- ſten Ende der Erde, dem Nordpole ſich zu nähern, und drang bis zum 86° N. B. vor. Der Capitain Huyn näherte ſich dagegen dem Südpol um 3° mehr, als Cook gekommen war und fand gegen die allgemeine Annahme, daß ſich am Südpol [55./0061] weniger Eis als am Nordpol finde. Die Entwickelung der menſchlichen Intelligenz hält gleichen Schritt, mit der Entwickelung des phyſikaliſchen Wiſſens. Früher hatten die Völker mehr Neigung zum Philoſophismus, da die Cultur nur um des abendländiſche Inſelmeer verbrei- tet war. Unſere Epoche hat der Cultur eine groſſe Ver- breitung gegeben; die Fortſchritte in den Wiſſenſchaften und Entdeckungen ſind gleichzeitig, aber nicht gleichmäſſig, da ſie als Stöſſe anzuſehen ſind, die ſie durch ausgezeichnete Männer oder durch Weltbegebenheiten erhalten. Das Streben nach allgemeinen Ideen, nach Einheit der Natur iſt wieder geweckt. Bei dem Bau des Himmels mit Berückſichtigung des Planetenſyſtems war es eher möglich Uebereinſtimmung und Einheit aufzuſtellen, beſonders durch das Wirken von Kepler, Newton und La Place. Schwieriger aber iſt dies auf der Erde, wo die Heterogenität der Stoffe, die chemiſchen Verhältniſſe, die ungleichen ſtarren und flüſſigen Theile der Erde, mannigfaltige Erſcheinungen geben. Dohlambert hat das Problem auf eine merkwürdige Weiſe gelöſt, die Mechanik des Himmels dargeſtellt. Vieles Dunkel haben immer noch die Vulkane in der Geognoſie, und die meteoro- logiſchen Erſcheinungen der Atmosphäre für uns, ſo wie die [56./0062] elektriſchen Spannungen der Gewitterwolken und Gewitter- regen, als auch die Erſcheinungen des Nordlichts, das wahrſchein- lich an den Grenzen der Atmosphäre ſeinen Urſprung hat. Es iſt ein Vorurtheil beſonders der neuern Zeit, daß man glaubt, die Entdeckungen in den einzelnen Wiſſenſchaft hätten keinen Einfluß auf die Entdeckung des allgemeine Wirkens der Kräfte im Groſſen. Die neuern Fortſchritte ſprechen aber gegen dieſes Vorurtheil, da die Entdeckungen in der Chemie und Phyſik, durch die Voltaiſche Säule glänzende Fortſchritte hervorgebracht haben. 9. Vorlesung, 1. Dezember 1827 Als Quellen der Wiſſenſchaft ſind beſonders anzuführen a. Studium der Natur nach Sammlungen, und b. Studium der einzelnen hierher gehörigen Naturwiſſenſchaft durch die Litteratur. Das Studium der Natur iſt das wichtigſte, es kann ge- fördert werden durch Reiſen, auf deren Beobachtungen der Natur geſammelt werden. Zur allgemeinen Ausbildung iſt es aber nöthig alle Reiſebeſchreibungen und Schriften die darauf Bezug haben durch zugehen. Das Generelle kann nur aus dem Einzelnen hervorgehen, durch das Specielle von Beobachtungen einzelner Völker, finden wir, daß es auch nothwendig iſt, einige Betrachtungen der Natur zuzuwenden. [57./0063] Die älteſte phyſikaliſche Geographie aus der Mitte des 17t Jahrhunderts iſt Varenius geographia generalis. Der Plan zu dieſem Werke iſt ſehr ſchön, nur wird oft das Generelle mit dem Speciellen darin verwechſelt. Muloc’s Einleitung in die mathematiſch-phyſik: Erdbeſchreibung. Bergmanns phyſikaliſche Erdbeſchreibung. Neuere Werke ſind: Die phyſikaliſche Geographie von Rieg und Vollmer, 6 Bände. Es ſind dies meiſt Kant’s Anſichten nach ſeinem Tode ge- ſammelt, denen es ebenſo ging wie denen von Werner. L’Ametteria theorie de la terre 1812. 4 Bände. Ein beſſres Werk wie alle vorhergehenden. Sehr geiſtreich aber voll von Theorien, weshalb es mit Vorſicht gebraucht werden muß. Auch in dieſem Werke iſt noch das Specielle mit dem Generellen verwechſelt. Parot’s Grundriß der Erde. 1814. Laplace Syſtem de monde, vorzüglich. Hochſtaedter’s mathemat. phyſikaliſche Geographie 1820. Link’s Urwelt. 1822. Die hier angeführten Werke handeln nur vom Tellurſchen. Schubert’s und Lithros aſtronomiſche Anſichten, 2 Werke, welche ſich auf die allgemeine Weltbeſchreibung beziehen. Hopfner’s Geſchichte und Ueberlieferung der aus frühern [58./0064] Zeiten aus aufbewahrten Thierkörper 1822 und 1824. Zwei Theile. Iſt ganz vorzüglich. Unkert’s phyſikaliſche Erdbeſchreibung der Griechen und Römer 1816. 2 Theile. Enthält eine Menge hiſtoriſcher Facte, beſonders in Hinſicht der Vulkane. Die äſthetiſche Behandlung von Naturſonnen und der Einfluß der botaniſchen Gärten durch ihre pittoreske Zu- ſammenſtellungen hat in neuerer Zeit mächtig angereizt fremde Länder zu ſehen. Nicht weniger hat die Kunſt in der lebendigen Aufnahme von Pflanzenformen hierzu bei- getragen. In den frühern Zeiten der Griechen und Römer waren dieſe Schilderungen nur im Geſange den Dichtern eigen. Es bildete hier die Landſchaftsmalerei den Hinter- grund der Gemälde. Die eigene Richtung der unbelebten Natur war ihnen fremder. Die Griechen und Römer zeigen auch groſſe Liebe für die Natur, wie Plinius Beſchreibung ſeiner 2 Villen und Cicero’s Briefe beweiſen. Solche Be- ſchreibungen wurden aber keine beſondern Zweige der Litte- ratur, ihre Liebe für Natur zeigt ſich immer nur ein Hintergrunde ausgedrückt, wie ſie ſie benutzten um den lebenden Figuren Licht zu geben. Dieſe ſentimentalen Anregungen ſind mehr dem indiſchen [59./0065] Stamme eigen, wir finden in ihrer Poeſie die anmuthigſten Beſchreibungen, und ein tiefes Gefühl für Pflanzen und Thiere. In ſpätern Zeiten erſchien beim Aufleben der Litteratur von Cardinal Bende eine Phyſionomik der Pflanzen. Er bemühte ſich die Naturſcenen des Aetna zu ſchildern. Andere vortreff- liche äſthetiſche Behandlungen ſind in dem groſſen hiſtoriſchen Werke von Bender über die Natur in Amerika. In neuern Zeit iſt Buffon durch ſeine Naturgeſchichte auch hierin ausgezeichnet, doch haben ſeine Schilderungen viel Kälte, indem er nicht ſelbſt ſammelte. Georg Forſter war in neuern Zeiten der erſte Deutſche, der in ſeinen ſchönen Beſchreibungen der Südſee eine Naturſchilderung gab. Denn Bernard über tropiſche Erſcheinungen, und Chateubriant in ſeiner Beſchreibung des Miſſiſſipi haben unter den Franzoſen ſich ausgezeichnet. Neben der äſtthetiſchen Behandlung der Naturſcenen iſt die Landſchaftsmalerei ein anderer Zweig. Bei den Alten war ſie kein beſonderer Gegenſtand der Kunſt geweſen. Im Aufleben der Künſte blühte ſie zuerſt in der nieder- ländiſchen Schule bei Verneuk van Eyk /doch nicht bei Hubert und Johann van Eyk? die die Stifter der niederländiſchen Schule waren./ In der Mitte des 16t Jahrhunderts beſchäftigte ſich damit Basſano und Carracci, es war dies jedoch mehr Nachahmung der Phantaſie. Erſt in der Mitte [60./0066] des 17t Jahrhunderts ſammelte Franz Hoſt der 1647 mit dem Prinzen Moritz nach Braſilien ging exotiſche Naturſcenen. In neuern Zeiten hat der Maler Hodges welcher Cook auf ſeiner Reiſe begleitete Tropenſcenen aus Oſtindien geliefert. Beſonders aber hat Franz Rugendas in Darſtellungen von Pflanzenformen ſich hervorgethan. Es hat dieſe Kunſt der Verbindung der Pflanzenformen mit der Landſchaftsmalerei in neuern Zeiten zu Reiſen mächtig angereizt. Sie gab auch mir den erſten Antrieb, wozu beſonders Forſter’s Schilderungen der Südſeeinſeln und Hodges Gemälde der Naturſcenen von Oſtindien wirkten. Hiermit iſt die Einleitung meines Vortrages beendigt. Die Weltbeſchreibung iſt definirt worden, als eine Beſchreibung des Geſchaffene, und wir können das Welt- ſyſtem 3 Betrachtungen unterwerfen. 1. Anhäufung der Materie nach abſoluten Maſſen. 2. Anhäufung der Materie nach Maaß und mathem. Gröſſe 3. Anhäufung der Materie nach dem Maaß ihrer räumlichen Entfernungen. [61./0067] 1. Anhäufung der Materie nach abſoluter und relativer Gröſſe. Es iſt hier nicht die Rede die telluriſchen Verhältniſſe zu vergleichen, wir wollen zu den Weltkörpern in ihren Verhältniſſen ſelbſt gehen und betrachten wir die einzelnen Stoffe im Weltraume vertheilt ſind. Zuerſt iſt es uns auffallend wie der kleinſte Planet die Veſta 59–60 Meilen im Durchmeſſer hat. Auf der andern Seite ſehen wir kleinere Weltkörper welche nicht zu unſerm Syſtem gehören, und mit den Aerolithen zu vergleichen ſind, die aus fernen Weltgegenden zu uns kommen. Der Durchmeſſer der Veſta verhält ſich zu dem der Sonne wie 1:3,300. und Saturns innerſter Trabant iſt noch kleiner als die Veſta. Der gröſſte Aerolith der in Mexico gefunden iſt hat etwa 5′ im Durchmeſſer, der nur /80 ?/ mal an Gröſſe vom Trabanten des Saturns übertroffen wird. Der Durchmeſſer des Sirius iſt wenig- ſtens 34mal gröſſer als der der Sonne. Sehr wahr- ſcheinlich iſt des Saturns innerſter Trabant nur halb ſo groß im Durchmeſſer als die Veſta. Es würden demnach 135,000 Aerolithen einen Cometen bilden, während 12,000 dieſer Cometen /Satelliten/ zum Centralſtern Sirius gehörten. [62./0068] Ein ſo ungeheurer Unterſchied findet in Vertheilung der Materie ſtatt. Der Aerolith von 5 Fuß Durchmeſſer würde ſich zum Centralſtern Sirius wie 1:28 tauſend Millionen verhalten. Wir ſehen daraus, daß zwiſchen den innerſten Trabanten und dem Sirius ein gröſſerer Unterſchied iſt, als zwiſchen dem erſteren und dem in Mexico gefunden Aerolithen von 5′ Durchmeſſer. Auſſer dieſen ſtarren Körpern giebt es noch eine groſſe dunſtförmige Materie welche zerſtreut liegt, ſie iſt theils ſichtbar, theils un- ſichtbar, theils läßt ſie ſich auch nur folgern. Die groſſen Luftpyramiden des Thierkreislichts, die wir des Frühjahrs und Herbſt bei uns nur ſehen ſollen, und gegen 10 Grad hoch den Horizont erhellen, gehören nicht wie man _ glaubte zur Sonnenatmosphäre. Es iſt eine Erſcheinung die man täglich am Tropenhimmel ſieht, oft ſtoßweiſe leuchtet und zuerſt von Casſini geſehen iſt. Eine 2te ſichtbare dunſtförmige Materie ſind die von Herſchel entdeckten Nebelflecke. Es iſt wahrſcheinlich, daß ſie zu- ſammengedrängte Sterngruppen ſind, die planetariſch _ und in denen noch kein feſter Körper entdeckt wurde, obgleich ſie mit 8–900 maligen Vergröſſerungen beobachtet ſind. Je gröſſer die durchdringende Kraft der Telescope iſt, je mehr wird man die äuſſerſten Räume des Weltalls [63./0069] und ihr Zunehmen gewahr. ― ― In den ſtarren Weltkörpern die eine feſte Maſſe den Wirkungen des Lichts entgegen ſtellen, finden wir weniger die Maſſe des Lichts angezeigt, wie bei dünnern mehr flüſſigen Körpern als den Cometen, die dadurch empfäng- licher für das Licht ſind. Der enkiſche und bielaſche Comet laſſen uns auf ein ſehr ſtarkes Licht ſchlieſſen, das ſie erhellet. Herr Olbers hat darauf aufmerkſam gemacht, daß bei den vielen Sternſchichten in jedem Puncte des Weltalls ein leuchtender Körper ſei, auf die wir nach verſchiedenen Puncten durchblickend treffen, dieſe das Weltall von den vielen Lichtſtrahlen ſonnenhell erleuchtet, und die Sonne ſo überſtrahlen müßte, daß ſie nur als ein heller Körper mit 2 dunkeln Flecken uns erſchiene. Da dieſes aber nicht der Fall iſt, ſo ſchließt Herr Olbers mit Recht auf eine lichtſchwächende Materie, die dunſtförmig, noch nicht zu Weltkörpern geſtaltet im Weltall verbreitet ſei. 10. Vorlesung, 5. Dezember 1827 2. Anhäufung der Materie nach der Beſchaffenheit in der Verdichtung. Dieſe iſt dreierlei. a. ſtarr, b. tropfbarflüſſig und c. elaſtiſch flüſſig. Wir ſehen alle 3 Arten auf unſerer Erde vertheilt. a. Die ſtarre Materie erkennen wir an den feſten Theilen unſerer Erde, den Felſenmaſſen hoher Gebirge. [64./0070] b. Die tropfbarflüſſige Materie füllt der Ocean; Wahrſcheinlich iſt auch das Innere unſerer Erde damit angefüllt; denn es iſt wahrſcheinlich, daß bei der zu- nehmenden Erdwärme nach dem Innern der Erde, in der Tiefe von 48 Meilen eine Wärme von 1600° R. iſt, bei der das Eiſen ſchmilzt. c. Die elaſtiſch flüſſige Materie bildet unſere Atmosph. Sie beſteht vorzüglich aus 3 Gasarten, ſie enthält aber vielleicht noch viele andere Stoffe darin aufgelöſt. So ſind aber nicht alle planetariſche Körper. Der Mond z. B. kann mit den Aerolithen verglichen werden, er ſcheint nur ein ſtarrer feſter Körper zu ſein, der eine ſehr dünne Atmosphäre hat. Man hat neuerlich allen Tra- banten die Atmosphäre abgeſprochen, jedoch hat man Erſcheinungen an den Satelliten des Jupiters wahr- genommen, daß ſie ſich auf eine wunderbare Weiſe verfinſterten, was nur ihrer Atmosphäre zugeſchrieben werden kann. Andere Körper ſind nur gasartig wie die Cometen, da man Sterne ſelbſt von 7 bis 8t Gröſſe durch den Kern derſelben geſehen hat. Da die mittlere Dichtigkeit dieſer Körper ſo dünn iſt, ſo müſſen die äuſſern Schichten dieſer Weltkörper eine auſſerordentliche Dünnigkeit haben. Denn wir müſſen wohl [65./0071] den Kern derſelben von den äuſſern Theilen unter- ſcheiden, da immer nach dem Mittelpuncte zu die ſtärk- ſte Verdichtung iſt. Noch dünner wahrſcheinlich ſind die Nebelflecken welche Herſchel entdeckte, deren Materie in groſſen Scheiben ſich ausdehnt, und bei der ſich darbie- tenden Vergröſſerung ſich nicht zu Sternen auflöſend er- ſcheinen. Die untern Planeten welche der Sonne nahe ſtehen, haben eine Dichtigkeit wie Platina, die der entfernteren Planeten iſt der Naphtha gleich. Eine andere wichtige Betrachtung iſt die chemiſche Ver- ſchiedenheit. Die chemiſche Beſchaffenheit unſres Erd- körpers kennen wir genauer; durch die Aerolithen aber, welche ſehr wahrſcheinlich Theile fremder Weltkörper ſind, und aus entfernten Welträumen zu uns kommen, können wir /nämlich nach deren Miſchungen/ auf die anderen fernern Weltkörper ſchlieſſen. Ihre Beſtandtheile ſind unſern Gebirgsarten nahe verwandt, was auch die treffliche Unterſuchung des H Guſtav Roſe uns gelehrt hat. Von unſern Erdkörper kennen wir aber eigentlich nur die Rinde, die aus vielfachen Theilen zuſammenge- ſetzt iſt. Vorherſchend iſt Sauerſtoff und Kieſelerde, man findet eine ſehr groſſe Menge Sauerſtoff an unſere [66./0072] Erde gebunden, was Davy und Berzelius gegen die frühere Annahme hinlänglich bewieſen haben. Man glaubte früher daß die Atmosphäre an Sauerſtoff reicher ſei. Die flüſſigen Maſſen ſind von geringerer Mannigfaltig- keit, größtentheils aus Sauerſtoff und Waſſerſtoff auch wahr Stickſtoff und geringen Gehalt von Kohlenſäure zuſammengeſetzt. Eine andere Betrachtung iſt die Belebung des Orga- niſchen und Unorganiſchen. Die organiſchen Stoffe ſind nur dünn in der Rinde vertheilt, wenn gleich das Leben auch in einzelnen Pflanzen und Thieren ſich in den tief- ſten Höhlen und Klüften zeigt. Die organiſchen Stoffe zeichnen ſich von den unorganiſchen dadurch aus, daß, ſo lange ſie ein Ganzes bilden, ſich nicht verändern ſobald aber Trennungen von einzelnen Theilen entſtehen auch chemiſche Zerſetzungen folgen. Bei unorganiſchen Körpern dagegen ändern Trennungen den chemiſchen Zuſtand nicht. 3. Anhäufung der Materie nach dem Maaſſe ihrer räumlichen Entfernungen. Man unterſcheidet allgemein Himmel und Erde, den telluriſchen und nicht telluriſchen Verhältniſſe. Wir [67./0073] können aber in dieſer Rückſicht 2 Fragen aufſtellen: a. Welcher Himmelskörper iſt unſerer Erde am nächſten gekommen, und b. welche Himmelskörper ſich unter- einander am nächſten kommen. a. Unter den Himmelskörpern iſt der Mond unſerer Erde an nächſten, und 48,000 Meilen von uns entfernt. Unter den Cometen iſt der, welcher 1670 erſchien auf 6 Mondweiten zu ausgekommen. Wäre er von der Dichtig- keit der Erde geweſen, ſo würde er die Tage um 3 Stunden verlängert haben. Von den neueren iſt der enkiſche Comet im Jahre 1826 nur 2 Mondweiten von unſerer Erdbahn entfernt geweſen. Man kann auch fragen, ob es wahrſcheinlich iſt, daß Cometenſchweife unſere Erde berührt haben. Im Jahre 1683 bei dem groſſen Erdbeben in Calabrien, zeigte ſich die Sonne mehrer Tage hindurch gleich einer rothen Scheibe, der Mond wurde nur abwechſelnd geſehen, und ein ſtarker Heerrauch füllte die Atmosphäre. Man hat ſpäter geglaubt, daß gerade um dieſe Zeit ein Comet der Erde nahe geweſen ſein könne, der mit ſeinem Schweife die Erde berührt habe. Wohl wäre dies möglich geweſen, da in damaligen Zeit der Beobachtung hätte entgehen können. [68./0074] Was aber dagegen ſpricht, iſt, daß er auch über dem atlanti- ſchen Ocean und Amerika in gleicher Breite zwiſchen dem 45 und 55t Grade gefegt haben müſſe, und eine gleiche Verfinſterung hätte man dort bemerken müſſen, welches aber nicht der Fall war. Es iſt gewiß daß der Comet von 1879 den 26t Juni vor der Sonnenſcheibe durch gegangen iſt; wäre er ein dichter Körper geweſen ſo hätte er der Erde einen Schatten zuwerfen müſſen. Es iſt eine alte Sage, die faſt in alle Bücher, die von Cometen handeln, übergegangen iſt, daß ein Jahr nach der Eroberung von Conſtantinopel alſo 1454 ein Comet die Sonne verfinſtert habe, und iſt aus einer alten Chronik vom Obergarderobenmeiſter des bizantiſchen Kaiſers geſchöpft. Neuere Forſchungen haben aber ge- zeigt, daß die Nachricht davon durch eine unrichtige Ueber- ſetzung der Jeſuiten in das Lateiniſche entſtanden iſt da nur im Originale ſteht, es habe ſich die Sonne ver- finſtert und ein Comet ſei geſehen worden. b. Eine 2t Frage alſo iſt, welche Himmelskörper ſich untereinander am nächſten kommen. – Der innerſte Trabant des Saturns iſt von dieſem nur 27,300 Meilen entfernt, welches etwas über die Hälfte der Mondweite [69./0075] von der Erde iſt. Die 3 Satelliten des Saturns ſtehen dieſem näher, als der Mond von uns entfernt iſt; dieſer iſt erſt der 5t Trabant welcher ſeinem Planeten am nächſten kommt. Der Comet von 1770 iſt im Jahre 1680 und 1689 zweimal zwiſchen dem Saturn und ſeinem 2t Trabanten durchgegangen, welche gegen 33,000 Meilen von einander entfernt ſind, ohne daß man eine Veränderung bemerkt hat. Dies iſt das merkwürdigſte Beiſpiel der Annähe- rung. Der Comet von 1780 /?/ hat ſich auf 5 Mondweiten der Sonne genähert. Der groſſe Ring des Saturns iſt wahrſcheinlich eine Materie die ſich noch nicht zu Satelliten gebildet hat. Er iſt nur 5800 Meilen vom Saturn entfernt. Betrachten wir die Materie in dunſtförmigen Maſſen, ſo ſehen wir, daß in denen theils Sterne eingeſenkt ſind, theils ſich noch gleichförmig zeigen; ja es giebt Uebergänge von den Sternen zu der Materie. 1. Lichtſtrahlen. Die Entfernung hat man durch die Ge- ſchwindigkeit des Lichts berechnet. Vom Saturn braucht es um zu uns zu kommen 2½ Stunden, 3 Jahre vom Sirius, 2400 Jahre von dem Ende unſerer Sternſchicht, und 30–40,000. [70./0076] Jahre von den entfernteſten Nebelflecken. 2. Attraction. Sie iſt ſtärker bei den dichten und feſten Körpern als bei den Lockern. Es iſt wahrſcheinlich daß die entfernteſten Sterne durch Attraction auf unſere Erde wirken doch reicht unſere Bemerkung davon nur bis zum Saturn. Die Inclination oder Abweichung der Erdaxe, die Ebbe und Fluth ſowohl im Ocean, wie in der Atmosphäre ſind davon abhängig. Letztern rühren von der Attraction der Sonne und des Mondes her. 3. Verkehr. Das Starre und Feſte der Aerolithen macht es wahrſcheinlich, daß ſie nicht von auſſerhalb unſers Planeten- ſyſtems herkommen. 11. Vorlesung, 8. Dezember 1827 Wenn wir den Character der Weltbeſchreibung ver- folgten, eine allgemeine Mittheilung über die Natur in dieſer Welt geben, den Unterſchied zwiſchen der ſtarren und der nebligten Materie zeigten, den der Aerolithen mit den kleinſten Planeten, und dieſe wieder mit dem Central- ſterne verglichen, die Stoffe der nebligten Materie ent- wickelt, und die Verhältniſſe und Wirkungen der ver- ſchiedenen Weltkörper zu einander dargethan haben, ſo kehre ich jetzt zu dem aſtronomiſchen Theile oder den [71./0077] nicht telluriſchen Stoffen zurück. Die dem Auge durch Telescope ſich zeigende Materie iſt theils zu Kugeln geballt, theils ungeballt; es kann hier jedoch nur von dem die Rede ſein, was entdeckt iſt. Eine mathematiſche Behandlung dieſer Weltkörper ge- hört nicht in die phyſikaliſche Geographie, ſondern in die Geodäſie, wir werden uns mit den anderſeitigen Beſtand- theilen beſchäftigen. Die phyſiſche Aſtronomie iſt nicht in dem Begriffe der neueſten Weltbeſchreibungen zu nehmen. Wir betrachten nicht allein die Bewegung, ſondern auch die Zuſammenſetzung und phyſiſche Beſchaffenheit der Weltkörper. Die Be- trachtung der andern Welten als Bewohner der Erde iſt für uns beſonders vortheilhaft, da unſer Weltkörper kein ſelbſtleuchtender iſt. Wenn wir auf der Sonne lebten, ſo würden wir von dem ſchönen Sternenteppich, der über uns ausgebreitet iſt, nichts wiſſen. Es giebt ſelbſt auf unſrer Erde einige Gegenden, wo dieſer Anblick oft einige Monate lang jährlich, wie es im niedern Peru der Fall iſt, durch die Nebel einer ſo dichten wäſſrigen Atmosphäre entzogen wird, daß die Sonne nur als eine rothe Scheibe erſcheint, und man den Mond nicht errathen kann. – [72./0078] Würden jene Weltkörper nicht ſichtbar ſein, ſo könnten ſie auch nicht auf die Gefühle der Menſchen wirken. Einge- ſchränkter würde der Ideenkreis der Menſchen ſein, dem religiöſen wie dem wahren Wiſſen würde die eigenthüm- liche hohe Begeiſterung fehlen, wir würden nur ſehr unvoll- kommene Begriffe von der Geſtalt unſerer Erde haben, die allein auf Pendelverſuche begründet ſein könnte, ſchwer oder gar nicht würde die Lage der Länder trigonometriſch zu be- ſtimmen ſein, die Schiffahrt ihrer Hauptſtütze beraubt, würde nur beſchränkt ſein können, und die Kenntniß der höhern Mathe- matik nicht erlangt werden. Die Lage der Erde, zu den mittleren Planeten gehörend iſt vorzugsweiſe für uns vortheilhaft. Auf der Erde aber zeichnet ſich jene Gegend, wo wir unter dem Aequator die Pflanzenformen der verſchiedenen Zonen vereinigt finden, vorzugsweiſe für die Beobachtung des Himmels aus, weil wir von dort alle Sterne des Himmels ſehen können. Ein groſſes Verdienſt wird ſich daher der gleichfalls als ausge- zeichneter Aſtronom bekannte Sohn von Herſchel, durch die Ausführung ſeiner beabſichtigten Reiſe erwerben, um in jenen Gegenden aſtronomiſche Beobachtungen anzuſtellen. Wenn ſich auch die Exiſtenz der Weltkörper durch Lichter- ſcheinungen anzeigt, ſo ſehen wir doch nur das Licht der [73./0079] Sonne und des Mondes, von den Sternen dagegen nur Strahlen, und es iſt nicht nöthig daß ein eigenes Licht dabei wirkſam iſt. Durch Fernröhre geſehen verlieren ſich dieſe Strahlen, und eine Verminderung derſelben be- merken wir ſchon an dem Himmel der Tropen, wo die At- mosphäre reiner und gleichmäſſiger iſt, welches beweiſt, daß die Strahlen von der Beſchaffenheit unſerer Atmosphäre herrühren. Auch die Fixſterne ſind nördlich leuchtender als in den Tropenländern, was aber auch nach den Jahres- zeiten abändert, da in der trockene Zeit das Licht gleich- förmiger iſt als in der naſſen, wo es durch Dünſte gebrochen mehr funkelnd erſcheint. Das unbewaffente Auge wird bei der Beobachtung der Sterne durch zweierlei getäuſcht, nämlich a, durch eine ſchein- bare Vergröſſerung, und b, durch ſternförmige Polygonalfiguren. a. Scheinbar vergröſſert werden ſie dadurch, daß nach der Organiſation des Auges, es nur eine gewiſſe Entfernung des menſchlichen deutlichen Sehens giebt, wonach gleichſam durch einen Hebel gehoben, die Netzhaut zu einer Dilatation gebracht wird, die die Sterne vergröſſert. Ein Planet der nur 6 Secunden im Durchmeſſer hat, wächſt ſo ſcheinbar zu 4 Minuten Durchmeſſer an. Die Vega einer der leuchten- ſten Fixſterne hat ⅓ Secunde im Durchmeſſer, dagegen der [74./0080] Uranus von 4 Secunden Durchmeſſer nur ſelten zu ſehen iſt, was von der Intenſität des Lichts abhängt. Bei der Bewegung des Mondes von Sternen hin, ſcheint der Stern eine zeitlang an dem Rande ſeiner Scheibe zu kleben. Man hat dies gleichfalls der Dilatation des Auges zugeſchrieben wir werden aber ſpäter ſehen, daß es andere Urſachen ſind, die hier täuſchen. b. Täuſchung durch Polygonalfiguren. Sonne und Mond werden als Scheiben geſehen, alle andern aber als Poly- gone, deren Zahl der Seiten von der Zahl der Strahlen abhängen. Man ſollte glauben daß die Venus, die ſchon 1 Minute im Durchmeſſer hat, eine Scheibe ohne Strahlen zeigen müßte. Man hat auch noch nicht unterſucht, um wie- viel die Venus wachſen müßte, um keine Strahlen mehr zu werfen. Wohl hätte man das bei der Er- ſcheinung im Scorpion beobachten können, wo ein Stern förmlich auflockerte und dabei zu ¼ Theil des Mondes oder 7 bis 8 Minuten anwuchs. Ebenſo ſoll der Comet von 1806, der von den Arabern beobachtet wurde, 6mal ſo groß als die Venus geweſen ſein. Die Sonne er- ſcheint in einer Größe von 10 Minuten. Die Zahl der Strahlen iſt nach dem Auge ſehr ver- ſchieden, einige erſcheinen ſehr regelmäſſig abgetheilt, andere [75./0081] minder leicht erkennbar. Ich habe mich ſelbſt mit dem verſchie- denen Erſcheinen der Strahlen beſchäftigt, und bei den Sternen erſter Gröſſe 7 Strahlen nach der Organiſation meiner Augen gefunden, wo andere nur 8 Strahlen ſehen. Die alten Aegyptier müſſen vorzugsweiſe 5 Strahlen geſehen haben, da in ihren Hieroglyphen ein Stern die Zahl 5 bedeutet. Dieſe Polygonalfiguren hängen von dem Auge ab, denn ſenkt man dieſes, ſo dreht ſich der Stern mit dem Auge; eben ſo die Interpretation der Strahlen, dann ſenkt man den Kopf, ſo ſieht man nur die untern Strahlen. Das Funkeln der Sterne iſt nicht eine Folge der Dünſte, und keinesweges eine Translations-Bewegung durch die Atmosphäre hervorgebracht, ſondern wie Mitſchel im 16t Jahrhundert richtig beobachtete, iſt es ein fortwäh- rendes Verſchwinden und Wiedererſcheinen der Sterne mit einem farbigen Lichte, das 5mal in einer Secunde wechſelt. Es hängt von dem Phänomen ab, welches im 17t Jahrhundert ſchon entdeckt wurde, daß nämlich 2 ungleiche Lichtſtrahlen ſich einander zerſtören können. Der Profeſſor Brimaldi /Jeſuit/ früher zu Bologna fand, daß bei der Bewegung der Lichtſtrahlen ein farbiges Licht entſteht. Thomas Young möchte 1803 die Entdeckung, daß wenn [76./0082] man einen Schirm vor das Licht hält, in der Mitte des Schattens dunkele Streifen entſtehen, die durch die gegen- ſeitige Zerſtörung der Lichtſtrahlen hervorgebracht werden. Reflectirt man von 2 Körpern das Licht auf einen Punkt ſo entſtehen in der Mitte deſſelben gleichfalls ſchwarze Streifen, die aber verſchwinden, wenn man einen Körper hinwegnimmt. So wie die rothen Strahlen nach neuern Verſuchen die wärmſten ſind, ſo beſitzen die violetten die Eigenſchaft des Chlorſilber am ſtärkſten zu ſchwärzen; doch wo die Lichtſtrahlen gegen einander reflectirt werden, bleibt das Chlorſilber planetarweiß. Wenn man ein Stück weiſſes Blech mit einem feinen Einſchnitte vor das Licht hält, ſo erſcheinen im Schatten zwei helle Streifen, die einen dunkeln zwiſchen ſich haben. Hierdurch läßt ſich das Funkeln der Sterne erklären. 12. Vorlesung, 12. Dezember 1827 Das Funkeln der Sterne iſt in den Ebenen ſtär- ker als auf Bergen, wo die Atmosphäre gleichförmiger und dünner iſt. Bei der Beſteigung hoher Berge beſonders in den Tropengegenden iſt mir dieſe Verſchiedenheit be- ſonders aufgefallen. Das Funkeln der Sterne wird nicht beträchtlich verſtärkt, wenn die Luft mit Dünſten an- gefüllt iſt, ſondern wenn in den höhern Luftſchichten eine plötzliche Abkühlung, beſonders durch elektriſche Entladungen [77./0083] ſtatt fand. Weil die Planeten uns mehr als die Fix- ſterne ſcheibenartig erſcheinen, ſo haben ſie mehr Lichtſtrahlen, welche die erſetzen, die durch die Luftſchichten abgeleitet werden, deshalb funkeln ſie nicht. Auf das Phänomen der Erſcheinung des farbigen Lichts durch die theilweiſe Zerſtörung der Lichtſtrahlen, welche am Rande heller Scheiben farbige Ränder bilden hat H Joung das Circometer gegründet, um die Feinheit der Wolle zu beſtimmen. Von der Beugung der Lichtſtrahlen hängt die Erſcheinung ab, daß wenn der Mond vor einem Sterne durchgeht, dieſer eine Zeitlang an ſeinem Rande vorgeheftet zu ſein ſcheint. Ebenſo ſehen wir bei totalen Sonnenfinſterniſſen dennoch einen leuchtenden Rand, der von gleichen Urſachen herrührt. Wir kommen nun zu dem was mir mit bloſſen Augen ſehen können. Es iſt wahrſcheinlich daß die Sterne der 6 und 7t Gröſſe wenigſtens 10 Siriusweiten von uns entfernt ſind folglich ihr Licht über 30 Jahre braucht um zu uns zu kommen. Die natürliche Kraft des Sehens, verhält ſich zu der durch Fernröhre, nach Herſchel etwa wie 3 Fuß zu 4 Meilen. Es iſt eine alte Meinung, daß aus tiefen Gruben und dunkeln Schachten man Sterne bei Tage ſehen könne, nirgend haben aber meine Nachforſchungen auf Wahrſchein- lichkeit derſelben geſtoſſen. Die Führer auf dem Montblanc [78./0084] verſichern dem Reiſenden, daß man von deſſen Spitze Sterne bei Tage ſehen könne, doch auf der weit höhern Andeskette habe ich nie davon ſprechen hören. In dem ſogenannten düſtren Thale Norwegens wollte man früher bei Tage Sterne ge- ſehen haben, doch erwähnen neuere Reiſende ebenfalls nichts davon. Die Venus kann zuweilen bei Tage mit bloſſen Augen geſehen werden, und wir finden zuweilen ausge- zeichnete Sehkräfte für Sterne. So verſichert Herr Benzenberg den Jupiter und ſeine Trabanten bei Tage ge- ſehen zu haben, was nur guten Augen ſelten des Nachts geſtattet iſt. Herr Eſchwege in Göttingen bewies deutlich, daß er den Jupiter /?/ bei Tage ſehen könne, dadurch, daß er das Fernrohr genau darauf richtete, wodurch ſich andere von der Wahrheit überzeugen konnten. Ich habe an einem hellen Morgen den Jupiter in den Tropen noch 18 Minuten lang nach Sonnenaufgang geſehen. Wenn wir Sterne nicht gleich ſehen, ſo finden wir bei ruhiger Beobachtung, daß ihr Lichteindruck ſich verſtärkt. Von der Form des Gegenſtands und der Farbe des Hintergrundes, hängt ſeine Erkennung ab. Die weiteſte Entfernung für mich war, als Herr Bonpland mein Begleiter in Amerika, den Punſchenza noch einmal beſtieg, ich ihn noch in einer Entfernung von 4 Meilen aber doch nur in der Bewegung erkennen konnte. Dies Er- [79./0085] kennen wurde aber dadurch begünſtigt, daß der Berg aus ſchwarzdunkeln Geſtein gebildet iſt, und H Bonpland einen weiſſen Mantel trug. Beim Sehen kommt es ſehr darauf an, ob der Gegenſtand ſich hell oder dunkel abhebt. So ſehen wir Berge ohne Schnee nur negativ, weil ihre Umriſſe gegen den Himmelsgrund ſich dunkel abheben und das Licht nicht zu uns leiten; mit Schnee bedeckt ſehen wir ſie poſitiv, weil ſie die Lichtſtrahlen aus reflectiren. Wir können fragen, warum die Sterne bei Tage durch Fernröhre geſehen werden, da dieſe ſie nicht vergröſſern. Die Urſache davon iſt gewiß nur in der ſchnellen Bewegung der- ſelben zu ſuchen, die leichter durch Fernröhre erkannt werden kann. Stellen wir z. B. ein Licht in den Sonnenſchein, ſo werden wir keinen Schatten durch daſſelbe bei nahen Körpern bemerken; bewegen wir aber das Licht, ſo werden wir auch den Schatten der von ihm ausgeht, in ſeiner Bewegung erkennen. – Bei den alten aſtronomiſchen Fernröhren verhält ſich die Länge gleich dem Quadrat der Vergröſſerung; deshalb beobachtete man früher durch ſehr lange Fernröhre. Campani machte zuerſt die groſſen Objective dazu, indem er eins von 155 Fuß Länge anfertigen ließ. Casſini machte aber zuerſt beſondern Gebrauch davon. Er hatte eins von 250′ Länge, mit dem er die Trabanten des Saturns entdeckte. [80./0086] Es beſtand blos aus einem Objectiv- und einem Ocularglas erſteres wurde durch lange Schnüre bewegt; in Paris wird noch ein ſolches aufgehoben. Der Aſtronom Oſo hatte ſich eins von 620′ Länge verfertigen laſſen, das aber nie aufgeſtellt iſt. Man hat gewöhnlich angenommen, daß es ſichtbare Sterne welches die von der 5t bis 6t Gröſſe ſind, etwa 6000 gäbe, doch man kann dieſe Zahl weit höher über 11,000 annehmen, da nach Herſchels Zählung es von der 6t Gröſſe allein 8000 und von der 7t über 14,000 giebt, die noch von Einigen geſehen werden. Durch das telescopiſche Sehen haben wir über Dinge. Aufklärung erhalten, von denen wir keinen Begriff hatten oder die nur ſehr ſelten mit bloſſen Augen geſehen ſind. Doch beſonders nützlich wurden die Telescope dadurch, daß man ſie mit Meßinſtrumenten verband. Der Arzt Morin war der Erſte der dies 1634 that, und dadurch die Entfernung mancher Sterne vom Monde zuerſt be- rechnete. Im Jahre 1664 wurden ſie durch Pipan und Coſa doch erſt allgemeiner in Anwendung gebracht. Zu Ludwig’s des 14t Zeiten war die Verbindung beider allgemein. Man muß erſtaunen wie die Araber in frühere Zeiten die Breitengrade ziemlich genau beſtimmt [81./0087] haben, und ſpäter Columbus die Ortsbeſtimmungen nach den Breitegraden namentlich von Cuba auf 4 bis 6 Minuten Unterſchied richtig ergab. Dagegen haben die jetzigen Be- ſtimmungen eine Genauigkeit von 6 bis 8 Secunden. Ein anderes aſtronomiſches Inſtrument iſt der Cometen- ſucher oder das Nachtfernrohr, bei dem nur eine 4 fache Vergröſſerung ſtatt findet; dagegen fällt das Licht auf das Object, wodurch der Gegenſtand um ſo leichter und deut- licher zu erkennen iſt. 13. Vorlesung, 15. Dezember 1827 Quellen über die Indifferenz der Lichtſtrahlen finden ſich in folgenden Werken: Franzöſiſche Añalen der Chemie, Jahrgang 1816. 1t Theil pag. 199 und 239. Zwei Abhandlungen über die neuen optiſchen Erſcheinungen. In dem mathematiſchen Memoir von Frennel. In der franzöſiſchen Ueberſetzung von Thomſon’s Chemie, 3t Theil der als letzter Band Supplemente enthält. Fiſcher’s Naturlehre 2ter Band, nach Möglichkeit des kurzgefaßten Plans. Der geſtirnte Himmel mit unbewaffnetem Auge geſehen. Von den äuſſerſten erkennbaren Räumen des Weltalls, kehren wir zu dem zurück was mit bloſſen Augen zu ſehen iſt. [82./0088] Die feſte Materie in Weltkörper geformt, liegen gleich Inſelgruppen vereint wie im Archipel des mittelländiſchen Meeres, oder als einzelne Inſeln abgeſondert, wie die im atlantiſchen Ocean zwiſchen Südafrika und Amerika. Unſer Sonnenſyſtem iſt eine dieſer Inſelgruppen, und beſteht aus 11 Haupt- und 18 Nebenplaneten. Der Uranus iſt der Aeuſſerſten deſſelben. Wie unbeträchtlich unſer Sonnenſyſtem nur im Vergleich mit unſerer Sternſchicht iſt, zeigt daß es mit Einſchluß aller ſeiner Cometen, dennoch 35,000 mal der Länge noch darin Raum haben würde. Ebenſo wie die Weltgeſchichte in den Mythen beginnt fangen wir in der Weltbeſchreibung von den entfernte- ſten Räumen an. Die entfernten Gruppen der Welt- körper und der noch ungeballten Materie, ſind nicht Spiele der Fantaſie, es ſind Schlüſſe der Wahrheit auf Meſſungen gegründet, und nicht ohne mathematiſche Richtig- keit. Wir theilen ſie in 3 Theile, und handeln 1, von den fernen Gruppen, 2. Von unſerer linſenför- migen Sternſchicht, und 3, Von unſerem Planetenſyſtem. Einige der im Weltall verbreiteten Nebelflecke ſind mit bloſſen Augen ſichtbar, und ſchon in frühen Zeiten gekannt. Mehrere von ihnen, wie die Milchſtraſſe, löſen ſich durch Fernröhre betrachtet in Sterngruppen auf, andere [83./0089] haben nur in ihrer Mitte Sterne, wie der Nebelflecke im Gürtel der Andromeda, oder den im Krebs, welcher im Anfange des 17t Jahrhunderts von Simon Marius entdeckt wurde. Der eigentliche Columbus dieſer Räume aber iſt Herſchel geweſen. Er hat zuerſt die Idee gehabt den Weltraum nach 3 Dimenſionen zu meſſen. Lambert und Kant haben dieſe Räumen durch Schlüſſe beſtimmt. Was wir von dieſen Nebelflecken ſehen, läßt ſich in 2 Klaſſen eintheilen. 1. Auflösbare Nebelflecken, wo der Nebel dem bewaffneten Auge ſchwindet, und nur Sterne ſichtbar ſind, wie unſere Milchſtraſſe. Meggens hat ſchon die Idee gehabt, daß es auflösbare und nicht auflösbare gäbe, wenn gleich er noch keine Auflöſung bei ſeinem nur 250 Mal vergröſſernden Inſtrumente ſah. 2. Unauflösbare Nebelflecken. Es bleibt dahin geſtellt, ob dieſe bei noch ſtärkere Vergröſſerungen ſich auflöſen; doch iſt es wahrſchein- lich, daß manche nicht auflösbar ſind, da kein Unterſchied bemerkt wurde, wenn man von 80 maliger zu 800 malige Vergröſſerung überging. In der Mitte von einigen ſehen wir Sterne, die ſich mit dem ſie umgebenden Nebel gleich- mäßig fortbewegen. Wir kennen ſchon über 3000 Nebelflecke, von denen die meiſten ſich nicht auflöſen. Wären dieſe alle vereint, ſo würden ſie am Himmel [84./0090] einen Raum von 600 Vollmonden einnehmen. Der nächſte von ihnen iſt nach Herſchel 8000 Siriusweiten von uns entfernt, die äuſſerſten ſchätzt er auf 300,000 Siriusweiten. Die Nebelflecke erſcheinen uns gleich Dunſtwolken. Wir unterſcheiden von ihnen dreierlei, 1. Nebel die farb- los ſind, und in denen wir keine Sterne entdecken. Sie ſind rein planetariſch. 2. Nebelflecke, die eine Lichtmaſſe im Mittelpuncte zu einem leuchtenden Kerne zuſammenge- häuft haben. Dies ſind die Nebelſterne, die nur in der Mitte eine Zuſammenziehung des Lichts haben, nach dem Rande zu aber noch dünne Nebel ſind 3. Nebelflecke, in denen ſich einzelne Sterne finden, wie der der Andromeda. Die planetariſchen Nebelflecke haben 12–15 Minuten Durchmeſſer, und ſind ſo beträchtlich groß, daß viele den Raum von der Sonne bis zum Uranus ausfüllen würden. Die übrigen Nebelflecken ſind von der ſonderbarſten Form, erſcheinen bald pinſel- bald kamm- ring- oder ſchweifförmig wie die Cometen. Ihre Bewegung in dieſen Räumen muß von unglaublicher Schnelligkeit ſein, und die des Lichts noch übertreffen. Der Nebelflecke des Orion iſt ſchon im 17t Jahrhundert beobachtet, und durch Herſchel fortwährend von 1774 bis 1810. Dieſer iſt im Auflöſen, denn während der Beobachtung von Herſchel haben ſich ſelbſt einige Sterne der 8t Gröſſe davon entfernt. Mehrere dieſer Nebelflecke [85./0091] ſind runde planetariſch zuſammengezogene Maſſen, um die ſich ein Ring wie der des Saturns findet. Herſchel hat auch verſchiedene Stuffen ihrer Verdichtung geſehen, auch welche mit 2 Kernen beobachtet. Andere haben eine bloße Zu- ſammenziehung im Innern, durch welche wir auf eine fortſchrei- tende Attraction ſchlieſſen können, ſo daß er verſchiedene Stufen der Formation, des Alters und der Ausbildung wahrnahm. Schon über 600 haben ſich verdichtet. Ich komme nun zu unſerer linſenförmig abgeplatteten Sternſchicht. Diejenige Sternſchicht, wozu unſer Sonnenſyſtem gehört, ein Nebelgewölk zu nennen, iſt unrichtig; doch iſt das Thierkreislicht darin eine im Lichtproceß begriffene Dunſt- form. Um von der Form derſelben eine Idee zu geben, muß ich von der Lichtſtärke ſprechen. Wären alle Sterne gleichgroß, würde es ſchwierig ſein ihre Entfernungen anzu- geben. Die Araber haben vorzüglich ſich in frühere Zeiten damit beſchäfftigt. Plinius erwähnt daß ein Stern zu Hippocrates Zeiten, als dieſer ſie zählte, verloren gegan- gen ſei, und dies habe ich veranlaßt ſeinen Catalog, der die vorzüglichſten Sterne enthält, alphabetiſch zu ordnen, wie wir ſie jetzt noch haben. Die Helle des Leuchtens wurde nach einer Scala angegeben, und die verſchiedenen Grade mit Buchſtaben bezeichnet, ſo daß α die hellſten, β die ihnen [86./0092] um nächſten kommenden u. ſ. w. ausdrückt. Eine ſolche Scala haben wir von einigen hundert Jahren, und es iſt merkwürdig daß mehrere Sterne nicht mehr darauf paſſen, folglich ihr Licht ſich verſtärken oder vermindern mußte und hieraus ergiebt ſich die Wichtigkeit dieſer Meſſungen da ſie uns die Revolutionen der fernſten Weltkörper bemer- ken laſſen. Herſchel hat zuerſt das Licht der Weltkörper in den Himmelsräumen vorgenommen, was von großer Schwierigkeit iſt. Lambert fand, daß das Licht des Vollmondes 2700 bis 3000 Mal ſchwächer als das der Sonne ſei. Nach Herr Olbers iſt die Lichtſtärke des Aldebaran’s 400,000 Mal ſchwächer als die des Vollmondes. Der Vollmond giebt 900,000 Mal weniger Licht auf dieſelbe Flächengröße, wie die Vollmondsſcheibe hat. Das Licht der Venus iſt 3000 Mal ſchwächer als das des Mondes. Die Lichtſtärke der Sterne hängt nicht von ihrer Größe ab, denn die Sterne der erſten Größe haben kaum 1/20 Secunde im Durchmeſſer, dagegen der Uranus 4 Secunden hat, und wir können ihn nur ſelten ſehen. Man ſollte glauben, daß die Größe der Central- körper mit den der Planeten verglichen, dem eigenen Lichte zum Grunde läge; doch noch unzuſammengeballte Materien der Nebelflecke leuchten in den entfernteſten Himmelräumen. [87./0093] Es giebt einen Lichtproceß ſelbſt in der dunkeln Scheibe der Venus, da wir einen leuchtenden Ring erkennen, der zuweilen verſchwindet. Die Lichtſtärke kann auf vielfältige Weiſe gemeſſen werden, die vorzüglichſten Arten davon ſind: 1. Nicht die Lichter ſondern die Schatten miteinander zu ver- gleichen, dann gleiche Stärke und Länge des Schattens, be- dingt auch gleiche Entfernung. Dieſe Methode iſt vom Grafen Remfort angegeben, und neuerlich hat man ſie auch zur Prüfung der Lichtſtärke bei den Laternen angewandt. 2. Die von Hugo und Lambert angegebene Art, das Licht durch Hohlgläſer an die Wand zu produciren, und da zu vergleichen. 3. Die von Herſchel angegebene, und zuerſt bei den Trabanten des Jupiters angewandte Methode iſt vor- züglich. Ein Theil des Lichts nämlich was in die Teles- cope fällt, wird verkleinert. Die erſte Idee dazu gab Granjan Fuſchi. Beſonders wichtig wurde ſie aber durch Herſchel, der die größten Beobachtungen damit er- ſtellte. Er nahm 2 groſſe Spiegeltelescope von gleicher Stärke, in die er einen groſſen und einen kleinen Stern aufnahm, nun verminderte er das Licht des gröſſern [88./0094] durch Bedeckung des Spiegels ſo weit, bis ſein Licht dem des kleinern gleich kam. Hierdurch erhielt er das Quadrat der gröſſern Entfernung des kleinen Sterns vor dem groſſen. 4. Eine von mir ſelbſt vorgeſchlagene Methode iſt die durch Spiegelſextante, indem man in den Spiegel Sterne bis zu 60° Entfernung aufnehmen kann. Die Bewegung des Fernrohrs an demſelben geſtattet, durch das Herauf- ſchieben deſſelben, das Licht zuvermindern, durch das Herauf- ſchieben oder das Senken dagegen, mehr Strahlen aufzu- nehmen. Auf dieſe Weiſe kann man 2 verſchiedenen Sternen gleiches Licht geben, und die Lichtſtärke leicht beſtimmen. 14. Vorlesung, 19. Dezember 1827 Durch dieſe Meſſungen der Lichtſtärke iſt es möglich geworden, eine Gewißheit über den Grad des Leuchtens der Sterne zu erhalten. So glaubte man früher daß den ſüdliche Himmel den hellſten Stern am Canopus habe den im untere Theile des Schiffes ſteht. Meſſungen deſſelben haben jedoch gezeigt, daß er dem Sirius faſt gleich iſt, und dieſer ſich zum Canopus wie 100:98 in der Stärke des Lichts verhält. Von den Sternen erſter Gröſſe giebt es 14, und es iſt merkwürdig daß dieſe ſowohl, als auch die der andern [89./0095] Claſſen an dem Himmel beider Hemisphären faſt gleichförmig vertheilt ſind. Herr Struwe hat ſich mit dieſem gegenſeitigen Verhältniß vielfach beſchäftigt. Wenn das Sternenlicht dem Anſehen noch ſich gleich iſt, ſo iſt die phyſiſche Natur deſſelben doch oft ſehr ungleich. Herſchel und vorzüglich aber Frauenhofer fingen ein Prisma vor des Fernrohr, und ſie fanden im Spectra ſonderbare Grund- ſtreifen mit hellen oder dunkeln, auch violetten Flecken ge- miſcht. Die Sonne und der Mond haben ein gleiches Licht, welches darin übereinſtimmt, daß das Mondes Licht, nur ein reflectirtes der Sonne iſt. Ofenfeuer, elektriſches Licht und Sternenlicht ſind ſehr verſchieden. So auch haben Caſtor und Pollux ein ſehr verſchiedenes Licht, des letztern iſt dem Sonnenlichte gleich. Der Sirius und Caſtor haben wiederum ein gleiches Licht. Die alten Perſer theilten den Himmel durch 2 rothe Sterne, den Sirius und Orion, in den nördlichen, und durch 2 weiſſe, den Regulus und Aldebaran, in dem ſüdlichen Theil des Himmels, ziemlich ſymmetriſch ein. Selbſt von den Griechen und Römern wurde der Sirius noch roth geſehen, der er jetzt ein helles weiſſes Licht hat, und daher im ſtär- kern Lichtproceß begriffen iſt. Wir kommen nun auf die Zahl der Sterne. Diejenigen, welche man mit bloſſen Augen am Firmamente ſehen kann, [90./0096] wozu man alle von der 1t bis 6t Gröſſe zählt, hat man gewöhnlich ihrer Zahl noch viel zu geringe angegeben, da man um 5000 derſelben angab. Nach einer genaueren Zählung von Herſchel giebt es deren aber über 8000, da er allein 6100 von der 6t Gröſſe aufgefunden hat. Nach Herr Struwe ſind im Hardingſchen Sternenkatalog 11,000 Sterne. Herr Bode giebt ihre Zahl dagegen auf 12,000 an. Bis zur 5t Gröſſe iſt keine Unſicherheit in der Zählung, aber die der 6t Gröſſe ſind oft mit denen der 7t verwechſelt. Von der 1 bis 7t Gröſſe giebt es 14,200 Sterne, und dennoch würden von dieſen noch nicht ein Stern auf den Flächenraum von 12 Vollmonden kommen, wenn ſie gleichförmig am Himmel ver- theilt wären; dieſes beweiſt, daß es nicht ſo häufig iſt, wie man beim Anblick des geſtirnten Himmels glauben ſollte, daß der Mond in ſo gerader optiſcher Richtung mit jenen kömmt, daß ſie von ihm bedeckt werden. Der Catalog von Ptolemäus enthält 1022 Sterne 1–6t Gröſſe. Es ſind nun zwei verſch. Fragen, nämlich wieviel Sterne ſchon beſtimmt ſind, und wieviele geſehen werden. H Bode hat 17,240 in ſeinem Cataloge angegeben. H De Lange hat 50,000 geſehen. Nach neuren Beobachtungen ſind in allem etwa 120,000 Sterne beſtimmt, 8–9000 aber nur von dieſen ganz genau, nach dem Cataloge von Piazzi. Es iſt ein Verdienſt der hieſigen Academie, daß ſie vorgeſchlagen hat [91./0097] den Himmel in Zonen einzutheilen, wonach ſich nun ein jeder mit einem beſtimmten Theile deſſelben beſchäfftigen kann, um ſo eine vollſtändige Himmelskarte zu entwerfen. Wichtig wird dies auch beſonders für die genauere Beobachtung der Cometen ſein, und gewiß auch noch zu der Entdeckung neuer Planeten, die zu unſerm Syſteme gehören, führen. Man kann auch fragen, wieviel Sterne ſind ſchon durch Telescope geſehen, was ſich aber nicht beſtimmt angeben läßt. Herſchel ſah in einer hellen Nacht des Auguſts von 1792 binnen 40 Minuten Zeit, von einem nicht beſonders vollen Theile der Milchſtraſſe 258,000 Sterne von ſeinem Telescope durchgehen. H Littrow in Wien, glaubt daß man durch 15 füßige Telescope in jeder Quadrat-Minute Sterne ſehen könne, und daß es über 148,000000 Sterne gäbe; dann würden über 200 telescopiſche Sterne auf die Vollmondfläche kommen. Den ſüdlichen Himmel erblickt man zum Theil ſchon vom 30° N. B. und der etwa bei Rhodus und Madeira anfängt, wo man alle Sterne der ſüdlichen Hälfte ſieht die eine Abweichung von 25° haben. Mit neuen Erdräumen ſehen wir dort auch neue Himmelsgegenden. Am Aequator ſind die Sterne beider Erdhälften ſichtbar. Die Alten konnten nur wenige Sterne der ſüdlichen Zone kennen, da ſie nur bis zu den Cataracten und dem rothen Meere kamen. Die Küſten von Indien wurden, wie wohl auch nur ſelten, von den Aegyptiern beſucht, und dennoch [92./0098] von ſolchen, die keine Aſtronomen waren. Rhodus und Alexandrien waren die ſüdlichſten Orte, wo man beobachtete. In neuern Zeiten hat die Entdeckung Amerika’s vorzüglich dazu beigetragen, die Erſcheinungen des ſüdlichen Himmels näher kennen zu lernen. Früher ſtand Spanien in dem Ruf, daß man dort beſonders viele Sterne ſehen könne, weshalb Poſidonius von Alexandrien nach Cadix ging um ſo zu beobachten. Im Jahre 1676 ſchickte die engliſche Regierung den jungen /21 Jahre alt/ aber berühmten Edmond Halley nach der Inſel St. Helena, und Lacolle ging nach dem Vorge- birge der guten Hoffnung um die Sterne zu beobachten. Nach letztern Orte iſt jetzt von den Engländern H Follond geſchickt, und wird gewiß mit den für ihn beſtimmten vor- züglichen Inſtrumenten viele neue Entdeckungen machen. In demjenigen Theile des Himmels welcher von Madeira an unteren 30° N. B. den 5t Theil des ganzen Himmels beträgt ſind 6 Sterne erſter und 12 St. zweiter Gröſſe. Der ſüdliche Himmel iſt nicht ſo eindrucksfähig als man ihn oft geſchildert hat, er zeichnet ſich nicht ſo wohl durch mehr Licht, als durch ſchöne Gruppen aus, die gleichſam in Landſchaften zuſammen ge- ſtellt ſind. Auffallend ſind die Nebelflecke, welche die Magellanſchen-Wolken genannt werden, wie auch der Nebel- fleck im Schiffe, da wir ſonſt nicht gewohnt ſind ſolche groſſe Nebelflecke von der Milchſtraſſe getrennt zu ſehen. Dann auch [93./0099] die beiden ſchwarzen Flecke. – Wenn man von Norden nach dem Süden geht, ſo ſieht man auf einander folgend, zuerſt den Canopus auf 37½ in Alexandrien und Madeira, dann die Füſſe des Centauren, hierauf das ſüdliche Kreuz, noch mehr ſüdlich die beiden ſchwarzen Flecke, Kohlenſäcke /Cool-bags/ von den Engländern genannt, und endlich die glänzenden Magellanſchen-Wolken. So iſt aber die Ordnung nicht immer geweſen, früher ſah man in Alexandrien das ſüdliche Kreuz 6° über dem Horizonte, jetzt ſteht es 3° unter demſelben. Früher ſah man erſt die Füſſe des Centauren und dann den Canopus, jetzt iſt es umgekehrt. Eben ſolche Verände- rungen haben die Gruppirungen der Sternbilder erlitten. Das Sternenlicht iſt bei dieſen mehr weiß und planetariſch, weit weniger gelb wie bei uns, da dort die Atmosphäre weit reiner und klarer iſt. Die Nebelflecke ſind nicht blos in den Magellanſchen-Wolken, es finden ſich auch 2 Wolken im Schiffe. Lacolle war der erſte der den ſüdlichen Himmel in Pro- vinzen eintheilte. Der nördliche Theil deſſelben iſt ſeinen Be- nennungen nach der mythiſche, der ſüdliche kann dagegen der induſtrielle genannt werden. Der ſchwarzen Flecke giebt es 2. Einer davon iſt im ſüdlichen Kreuz, ſo daß Alpha darin verſenkt iſt. Er [94./0100] iſt auf der einen Seite 3° breit, und von vielen Sternen faſt begrenzt. Der andere iſt in der Carlseiche; er auch ſehr hoch ſtehen um geſehen zu werden, und iſt wahrſcheinlich von Chili aus beſſer zu ſehen, wo ich nicht hingekommen bin. Den des ſüdlichen Kreuzes ſah ich in den Cataracten des Orinocco. Es müſſen Oeffnungen im Himmel ſelbſt ſein und keine Wirkungen des Contraſtes, wie man geglaubt hat, daß er dem dunkeln Flecke in der Milchſtraſſe, neben dem Adler die Inſel genannt, gleiche, der von vielen leuchtenden Sternen umgeben iſt. Herſchel hat im Scorpion auch eine ſolche Oeffnung geſehen von 4° Gröſſe, iſt aber nicht ſehr ſchwarz, denn man findet noch leuchtenden Puncte von tiefer- ſtehenden Sternſchichten. Neben ihr iſt ein groſſer Stern- haufen von dem Herſchel behauptet, daß es der ſtärkſte ſei den er je geſehen habe; und er glaubt, daß die Attraction der Sterne deſſelben, die für jene Oeffnung beſtimmten Ster- ne ſich gezogen habe, da er, wenn der ganze Himmel vor ſeinem Fernrohre durchgegangen ſei, immer ſchon nach der Verdichtung der Sterngruppen des Erſcheinen ſolcher Oeffnungen habe vorher ſagen können. – 15. Vorlesung, 22. Dezember 1827 Ich habe die groſſe linſenförmige Sternſchicht unterſucht, welche der Milchſtraſſe angehört, und wenn ich mich länger bei unſerer Sternſchicht aufhalte, ſo geſchieht dies aus einem [95./0101] doppelten Grunde. Nämlich die Kenntniß derſelben in der Beziehung, wie wir ſie hier ſtellen gehört nicht der eigentliche Aſtronomie an, findet ſich daher auch nicht in den Werken derſelben. Einige Schriften dagegen, die davon handeln ſind weniger zugängig, Vieles iſt auch nun in einzelnen Abhandlungen als Bruchſtücke vorhanden. Auch iſt der Geiſt einer Weltbeſchreibung ein ganz anderer, als der einer aſtronomiſchen Vorleſung, wo der wichtigere Theil der meſſende iſt. Hier dagegen iſt es die Bewegung des Lichts und die Rotation der Körper. Es iſt der Zweck der eigentlichen Weltbeſchreibung auch die Er- ſcheinungen des Weltalls in ſich aufzunehmen. Den Polen entgegengeſetzt, kreiſen um den ſüdlichen die Magellanſchen Wolken /auch Capwolken von den Schiffern genannt/, wie ſich um den nördlichen der groſſe Bär dreht. Die Breite der Magellanſche Wolken iſt 8 Mondbreiten, und haben 3–4° in ihren verlängerten Axe. Ihr Glanz iſt der der Milch- ſtraſſe gleich. Einige Sterne habe ich darin bemerkt, die aber weit davor, uns näher liegen. Ob ſie gleich der Milchſtraſſe, im Auflöſen oder erſt im Entſtehen begriffen ſind, müſſen erſt anhaltende Beobachtungen zeigen. Die Griechen ſcheinen ſie nicht gekannt zu haben, wenigſtens haben ſie ihrer nicht erwähnt, dagegen hat H Ideler gefunden, daß die Araber in Bagdad ſie beobachtet haben. Der Dr Horner welcher [96./0102] Cruſenſtern auf ſeiner Reiſe um die Welt begleitete, glaubt daß die Magellanſchen Wolken früher jene dunkeln Räume der ſchwarzen Flecke eingenommen hätten, doch ihr unregel- mäſſiger Stand von dieſen macht es unwahrſcheinlich. Von dem ſüdlichen Kreuze /Alpha crucis/ muß ich noch bemerken, daß, als man anfing das rothe Meer zu be- ſchiffen, es von den Griechen geſehen iſt. Sie geben aber wenig Acht darauf. Eine ganz andere Wirkung mußte es auf die Chriſten haben, die es vorzüglich auf ihren Fahrten nach Amerika ſahen. Unter den Wilden am Orinocco dient es zur Beſtimmung der Tageszeit. Schon Dante der 1321 ſtarb hat es gekannt, da er in ſeinen Geſängen eine ſchöne Schilderung giebt, die Streckfuſs vortrefflich überſetzt hat. Er mußte die Nachricht von Schiffern erhalten haben die durch den arabiſchen Meerbuſen nach Oſtindien ſchifften. Einige haben es für das Product einer myſtiſchen Idee von ihm gehalten, was aber nicht wahrſcheinlich iſt. Von den Meſſungen des Lichts kommen wir nun zu der winkelmeſſenden Aſtronomie, wodurch wir mit den ent- fernteſten Fixſternen in nähern Bekanntſchaft treten, und beginnen mit der Geſchichte der Doppelſterne. Schon Galilei /1564 zu Piſa geboren/ hat die Frage aufgeworfen was ein Doppelſtern ſei, und die Erklärung gegeben, [97./0103] zwei Sterne die hinter einander ſtehend, einen optiſchen Radius haben, ſo daß der vordere den hintere decke. – Herſchel hat ihre Unterſuchung am Ende des verwichenen Jahr- hunderts wieder vorgenommen, und 1782 gezeigt, daß ſie zu- ſammen gehören, und einer ſich um den andern bewegt, was auch H Beſſel bewieſen hat. Hingegen bei manchen Sternen des Schwans werden auf gleiche Weiſe eigene Bewegungen afficirt. Die Entfernung der nächſten Fixſterne iſt ſchon 3000000 Meilen, /ſind von der 5t und 6t Gröſſe/ und mehrere von dieſen gehören zu den Doppelſternen. Die Zahl der Doppelſterne nahm man früher nach Herſchel 800–1000 an. Herſchel der Sohn hat nach den Entdeckungen ſeines Vaters 675 beſchrieb. Herr Struwe in Dorpat hat dagegen ſchon 3112 Doppelſterne aufgezählt, von denen nur 800 nicht genau unterſucht ſind. Bis auf 74 nach, ſind ſie übrigens alle von Struwe ſelbſt be- obachtet. Er hat unterſucht wie ſie am Himmel vertheilt ſind, wie ſie ſich in Hinſicht der Zahl zu den übrigen verhalten, und gefunden daß bei den Sternen von 1–3t Gröſſe ſich unter 5 Sternen ein Doppelſtern findet, unter denen der 5t und 6t Gröſſe dagegen von 12 Sternen nur einer ein Doppelſtern iſt. Von der 1–7t Gröſſe findet ſich nach H Struwe unter 11 Sternen ein Doppelſtern, wonach man die Geſammtzahl dieſer Sterne von 33,000 erhält. Wäre es, daß ſie in groſſen Entfernungen von einander nur einen gleichen optiſchen [98./0104] Radius hätten, ſo müßten ſie immer in einer gleichen Stellung zu einander bleiben, und könnten in ihrer Be- wegung in keiner Beziehung zu einander ſtehen. Es giebt Doppelſterne die nur aus 2 Sternen beſtehen, andere da- gegen ſind aus mehreren zuſammengeſetzt, da ſie bei ſtarken Vergröſſerungen ſich bis zu 17 Sternen oft auflöſen. So iſt Caſtor ein Doppelſtern vor 2 Sternen. Der Polarſtern desgleichen, da er der 2ten, der kleine Stern neben ihm, dagegen der 11t Gröſſe angehört. Der Orion iſt ein Doppel- ſtern von 16 kleinen andern. Die älteſten Beobachtungen ſind von 1756–59, wo im Schwan der 61t Stern als ein Doppel- ſtern erkennt wurde, alſo erſt vor 70 Jahren. Ihre Bewe- gung läßt ſich ſchon in einem Monat beobachten, ſie muß von einer Schnelligkeit ſein, wovon wir kein Beiſpiel haben. Die Farbe der Doppelſterne iſt bei einigen weniger auffallend, bei vielen aber höchſt merkwürdig. Es giebt gelbe, grüne, indigoblaue und rothe. Zuweilen ſehen wir verſchieden gefärbte um einen nicht gefärbten gröſſere ſich bewegen. Gewöhnlich iſt der gröſſere farbenlos und der kleinere bunt, doch auch nicht ſelten drehen ſich zwei bunte um einander. Wenn man 2 verſchiedene gefärbte Sterne ſieht, könnte man glauben es ſei ſubjectiv, aber die Richtigkeit der Farben [99./0105] beweiſt, daß dieſe ſich immer gleich in den verſchiedenſten Telescopen zeigt. Man hat noch keinen einzelnen Stern gefunden der grün oder blau iſt, rothe aber häufig, die Farbe kann daher nicht von Contraſte entſtehen. Es ſind Nebel, welche die Sterne umgeben und durchs Farbenſpiel angedeutet ſind. Gewöhnlich bewegt ſich der kleinere um den gröſſern Stern, die alle ſelbſtleuchtend ſein müſſen. Aber auch zuweilen bewegen ſich mehrere um ihren Schwerpunct. Die Veränderungen welche man bemerkt hat ſind zweifach. Ihre Farbe hat bei einigen durch einen ſtärkern Lichtproceß abgenommen, und ihr Poſitiveswinkel verändert ſich fort- während, ſo daß ein Stern oft hinter den andern kommt. 1795 war der Doppelſtern in Hercules noch ſichtbar, jetzt decken ſie ſich. Ihre Bewegung iſt von nicht gekannten Schnellig- keit, und doch unter ſich verſchieden. Sie bewegen ſich in einem Jahre von 1 bis zu 12 Graden weit. Der kleinere Stern des Caſtor bewegt ſich jedes Jahr um 1°. Einen der Doppel- ſterne im groſſen Bär der vorn an der Axe ſteht, hatte in einem Jahre 6° in dem andern 12° Bewegung, welches beweiſt, daß er ſich oft weit bewegen muß; er braucht etwa 52 Jahre zu ſeinem Kreislauf. Die Planetenbewegung iſt von Weſten nach Oſten, und es iſt merkwürdig daß die Be- [100./0106] wegung der Cometen und Doppelſterne gerade entgegen geſetzt iſt. Bei letztern iſt der Lauf auch periodiſch. Wir kommen zu den allgemeinen Begebenheiten der Fixſterne. Von den Revolutionen die im Weltall vergingen, mögen nachſtehende Ereigniſſe einige Kenntniſſe geben. Alle neue Sternbilden zwiſchen der Caſſiopeia und dem Schwan, der Adler, Waſſerträger und Scorpion, zeichnen ſich hierin von allen andern aus, es iſt gleichſam der vulkaniſche Boden in den Himmelsräumen. In ihnen iſt beobachtet 1. die Entſtehung neuer Sterne, und ihre merkwürdige kurze Dauer. 2. Ihr Auflodern, das bei hellem Lichte nur wenige Monate dauerte, und ſie dann verſchwanden. 3. Die Verſchiedenheit der Farbe, anfangs weiß, durch mehrere Farben durchgehend, und almählig erloſchen. 4. Man kennt keine Bewegung derſelben. Die älteſte bekannte von dieſen Begebenheiten, fällt in’s Jahr 389 nach Chriſti Geburt, wo ein Stern zwiſchen dem Adler und dem Schwane auflockerte gleich dem ſtärkſten Licht- glanze der Venus. Dies Phänomen wurde 3 Monate lang geſehen. – Die Araber erzählen von einem Sterne im Scorpion, der den 4t Theil des Mondes einnahm, aber nur 4 Monate dauerte. – Ein Stern der Caſſiopeia war [101./0107] 1572 ſo groß wie Venus, war erſt weiß, denn roth und zuletzt gelb, und bei Tage ſichtbar. Er war glänzender als die Venus, veränderte ſeinen Ort am Himmel und verſchwand nach 16 Monaten. Von Ticho de Brahe iſt er beobachtet. Schon an demſelben Orte ſind 955 und 1264 ſolche Phänomene wahrgenommen, alſo in einem Zeitraume von 319 und 308 Jahren. Die Periode ähnlicher Wieder- kehr müßte alſo gegen Ende dieſes Jahrhunderts ſich zu- tragen. Im Jahre 1670 hat man wiederum 5 Sterne in der Caſſiopeia entdeckt, von denen 3 wieder ver- ſchwanden; ſie waren alle von ſtärkere Lichte wie die Venus. Am öſtlichen Fuße des Schlangenträgers erſchien 1604 ein Stern der Kepler ſehr beſchäftigte. Er war erſt gelb, dann purpur und endigte blaßroth; ſeine Dauer war ein Jahr, und er gleich einem Sterne erſter Gröſſe. In der Nähe deſſelben war 1777 nach Roms Erbauung eine Coalition des Jupiters und Saturns, welche wie H Ideler gezeigt hat, veranlaſſte, daß wir in der Rechnung nach Chriſti Geburt uns um 6 Jahre verſpätet haben. – 1670 erſchien im Schwan oder eigentlich im Fuchs ein Stern der von Casſini beobachtet wurde. Es war nur ein Stern 3ter Gröſſe, lo- derte nach 4 Monaten auf, erſchien nach 3 Monaten 1671 [102./0108] wieder, und loderte noch einmal auf. Wären die klei- nern Sterne gehörig unterſucht, ſo würde man dieſe Veränderung öfters wahrnehmen. Von den Plejaden glaubte ſchon Ovid, doch mit Unrecht, daß ein Stern unter gegangen ſei, da man nur 6 Sterne ſieht, als 3 St. 5t Gröſſe, 2 Sterne 6ter und 1 Stern 2ter Gröſſe mit vielen noch kleinern. Die Fabel der Alten verbindet dies mit der Zerſtörung Troja’s. Veränderliche Sterne gehören zu denſelben Erſcheinungen wie das Entſtehen neuer Sterne. Sie verändern ihr Licht periodiſch. H Deveans hat gute Tafeln über die Veränderung vieler Sterne gegeben. Einige verändern ſich regelmäßig andere unregelmäßig. Der Algol im Kopf der Meduſa wechſelt in 3 Stunden von der 2t zur 4t Gröſſe; H Whittig ein Engländler hat ihn zuerſt be- obachtet im Jahre 1783. Des Unregelmäſſige des Mira im Wallfiſche hat Fabrion 1596 ſchon beobachtete Casſini bemerkte, daß er in 334 Tagen von der 2t zur 3t Gröſſe überging, auch wohl mehrere Jahre verſchwindet. Der veränderliche Stern im Schwan wurde 1600 entdeckt, nach 19 Jahren wurde er wieder unſichtbar. 1695 wieder be- obachtet ging er zur 5t und dann zur 7t Gröſſe über, [103./0109] und kann jetzt als ein Stern 3ter Gröſſe geſehen werden. In der Bruſt des Schwans wurde 1686 gleichfalls ein veränderlicher Stern geſehen. Der Caſtor war früher heller als Polux, jetzt iſt es umgekehrt; erſterer wird mit jedem Jahre ſchwächer an Licht. Auch der Stern Delta im groſſen Bäre war früher ein Stern 2ter Gröſſe und iſt zur 4ten Gröſſe herabgeſunken. Die wahre Urſache dieſer Veränderungen iſt ſchwer richtig zuerklären, obgleich darüber mehrere Hypotheſen auf- geſtellt ſind, als: man hat dieſen Sternen eine linſen- förmige Geſtalt zugeſchrieben, die uns in ihrer Bewe- gung verſch. Seiten zeige. Auch hat man ſie für dunkele Körper gehalten, die um andere rotirten, und ſo zu- weilen ihre nicht erleuchtete Seite uns zukehrten. 16. Vorlesung, 29. Dezember 1827 Die phyſikaliſche Aſtronomie als ein Theil der phyſikaliſchen Erdbeſchreibung, zerfällt in 3 Abtheilungen, und beſchäftigt ſich mit den Betrachtungen der Nebelflecke, der uns ſichtbaren Sterne und unſerer Sternſchicht der wir angehören, und mit der Topographie des Sonnenſyſtems ſelbſt. In dieſen Betrachtungen kommen wir nun zu den Fixſternen, und beginnen mit ihrer Entfernung, und den Beweiſen der Aſtronomen über die welche beſtimmt ſind. [104./0110] Wir haben hierbei vorzüglich auf zweierlei zu achten a. Auf die Entfernung der Fixſterne von unſerer Erde, b. Auf die Entfernung in welcher die Fixſterne unter- einander zu Gruppen gehäuft ſtehen, und ob die Milchſtraſſe ein Zuſammenfluß von Sternen wirklich ſei, oder ob ſie einer Projection zugeſchrieben werden müſſe. Die ſcheinbare Gröſſe der Sterne hängt von der Stärke ihres Lichts, weniger von ihrem mehrer Durchmeſſer ab. Sind daher alle Sterne gleich groß, ſo ſind die ſcheinbar kleinere viel weiter entfernt. Es kann einen Unterſchied der wahren Gröſſe geben, der ſich aber den Meſſungen entzieht. Wir müſſen daher eine mittlere Gröſſe annehmen, nach welcher die ſcheinbar kleinern entfernten ſtehen. Ebenſo wenn 17 Sterne zuſammen gruppirt ſind, ſo iſt es wie ſich 50,000 zu 1 verhält wahrſcheinlicher daß ſie eine Anziehung zu einander haben, als daß es eine Projection ſei. Herſchel hat zuerſt gründlich die ver- ſchiedenen Gruppirungen der Sterne unterſucht, und ge- funden, daß bei den gitterförmig gezogenen Diaphragmen in einem Raume von 16 □ Minuten die Sternmenge in der Milchſtraſſe oft 550 bis 600 betrug, dagegen an an- [105./0111] dern Orten die Zahl abnahm, und zuweilen fand er nur 4 Sterne in denſelben Raume. Sternenarme Räume ſind die Pole der Milchſtraſſe bei der Wage und dem Waſſermann; oder richtiger im Haupthaar der Berenice, und im ſüdlichen Fiſche neben der Bildhauerwerkſtatt. Wäre die Milchſtraſſe eine Projection, ſo würden die Sterne nicht allemal in der Mitte derſelben ſtärker angehäuft ſein, wie wir es ebenſo in den Gruppen ſehen, die an ihrer Begrenzung immer am ſchwächſten ſind. Doch unterſcheidet ſich die Milchſtraſſe von den Sterngruppen dadurch, daß letztern aus der Anhäufung von gleich groſſen Sternen beſtehen, in der Milchſtraſſe dagegen in denſelben Dimenſionsradius Sterne verſch. Gröſſe ſtehen. Die groſſe Axe der Sternſchicht hat einen 800 Siriusweiten groſſen Radius, dagegen hat den der kleinern Axe nur 140–150 Siriusweiten. Herſchel hat unterſucht, ob andern Sonnenſyſteme mit dem unſrigen in Ver- bindung ſtehen. Er glaubte anfangs eine völlige Abſonderung unſerer Sternenſchicht zu finden, und daß ſie an den Grenzen des Weltalls ihren Stand habe, da er einige Nebelflecke entdeckte, die ſich ſternarmen Theilen anzuſchlieſſen ſcheinen. Nach Herſchel liegt unſer Sonnenſyſtem wahrſcheinlich zwiſchen dem Adler und dem Sirius. Unſere Sternenlinſe /Milchſtraſſe/ theilt ſich nicht allein in Schwan, ſondern ſie hat auch Trümmer [106./0112] anderer Theilungen. Sie iſt ſchon in frühere Zeiten als eine Anhäufung von Sternen erkannt. Die griechiſchen Phyſiker hatten die Meinung, daß ſie die frühere Bahn der Sonne ſei. Schon Kant war 1755 auf die Idee gekommen, daß ſie eine beſondere Sternſchicht ſei, deren Axe wir ſehen, was Herſchel 1790 bewies. Von den Arabern wurde ſie Clechera /d. h. Fluß/ genannt. Sie theilt ſich beim Schwan, ſo daß Beta in dem einen und der Adler im andern Theile liegt. Am Fuſſe des Centauren ſieht man einen Arm von neuem wieder hervorkommen. Ihre Breite wechſelt von 2 bis zu 17°. Am ſchönſten und breiteſten iſt ſie beim Canopus im ſüdlichen Schiffe, am ſchwächſten dagegen beim Kreuze. Eine ganze Zone von Nebelflecken entſpringt in der Jungfrau, zieht durch das Haupthaar der Berenice herauf, durchſchneidet die Milchſtraſſe in der Caſſiopeia und wendet ſich dann zur Andromeda hin. Man hat dieſen Nebel- flecken Schuld gegeben, daß ſie unſerer Sternſchicht Sterne entzogen hätten. Nehmen wir von der Bewegung der Fixſterne die ſchein- baren Folgen der Abbreviation des Lichts durch die Täuſchung der Sinne, und die der Proceſſion hinweg, ſo zeigt ſich doch noch eine Veränderung ihrer Stellung. Herſchel und Prevot haben geglaubt, daß unſer Syſtem ſich zum Hercules hin bewege; und auch in neuern Zeiten hat man gefunden, [107./0113] daß von allen ſcheinbaren Bewegungen, doch wirkliche ſich auszeichnen. Beſonders fiel dieſe bei Sternen auf die früher ſchon genau beſtimmt ſind, da ſie jetzt nicht mehr in denſelben Verhältniß ſtehen. In der ſüdlichen Hemis- phäre waren die Sterne ſeit La Calles Zeiten nicht genau wieder beobachtet; ich habe ſie wieder vorgenommen und Herr Fallow ſtimmt mit mir darin überein, daß die Sterne erſter Gröſſe die wenigſte Bewegung zeigen; die des Artur iſt ſchwächer als die das Sirius. Es ſcheint die ſtärkern Bewegung von der Dichtigkeit abzuhängen. Allgemein hat man bei den Sternen 3ter und 4ter Gröſſe eine ſtär- kere Bewegung gefunden, als bei denen der 1 und 2t Gröſſe. Die abſolute Entfernung der Fixſterne iſt uns nicht be- kannt, wir können ſie aber muthmaſſen, da wir die größten und die kleinſten Grenzen ihrer Entfernung beſtimmt durch die Parallaxe angeben können. Die meſſende Aſtronomie denkt ſich ihren Standpunkt im Mittelpunkt der Erde. Die optiſche Parallaxe aber iſt der Abſtand zweier Orte, der von der Quantität des Raums zwiſchen beiden abhängt und dadurch die Gröſſe der Parallaxe beſtimmt. Da ſich aber die Gruppen der Fixſterne in dem Dimenſionsradius der Erde nicht öffnen oder ſonſt verändern, ſo müſſen die nächſten Fixſterne wenigſtens 4000000 Meilen von uns entfernt ſein. Die Parallaxe der Erdbahn iſt der Unterſchied der optiſchen [108./0114] Orte aus entgegengeſetzten Orten geſehen. Doch ungeachtet der Veränderung des Orts in der Erdbahn blieben die optiſchen Orte eben ſo parallel. Sie ſind daher ſo weit von uns ent- fernt, daß die Veränderung des Orts keinen bemerkbaren Einfluß hat, da wir doch auf 2/10–3/10 Secunden Genauig- keit der Meſſungen kommen, und Gewißheit bis zu einer Secunde haben. Hieraus läßt ſich mit Gewißheit ſchließen daß die Fixſterne der 1t Gröſſe als die nächſten, wenigſtens 4000000 Meilen Entfernung haben müſſen, da, wenn ſie aus näher wären die Differenz wenigſtens ½ Secunde betragen müßte. In neuern Zeiten hat man wieder Verſuche ange- ſtellt, ob die Parallaxe der Fixſterne nicht zu beobachten ſei. Herrn Brindly ein Engländer, glaubte dieſe zu Dublin gefunden zu haben, wurde aber auf eine glorreiche Weiſe, von H Pret zu Greenwich ſeines Irrthums überführt, indem er bewies daß die Parallaxe der Sterne 1t Gröſſe auch nicht ⅒ Secunde beträgt. Das beſte Mittel die Gröſſe der Fixſterne zu meſſen, bietet ſich bei der Bedeckung der- ſelben durch den Mond dar. Dann hätten ſie eine Secunde in Durchmeſſer, ſo würden 2 Secunden vorgehen ehe ſie ganz von ihm bedeckt würden. Dieſes iſt aber nicht der Fall, da ſie im Augenblick der Berührung des Mondes auch ver- ſchwinden. Huygens und Halley haben dieſe Entfernun- gen durch Vernunftſchlüſſe entwickelt. Erſtere Idee [109./0115] war durch Ariſtarch von Samos angeregt, der ſchon wußte daß die Erde ſich um die Sonne drehe, und die Fixſterne für entfernte Sonnen hielt. Auch Thales, am ſchönſten aber hat Heraclit von Pontus die Fixſterne als Welten wie unſere Erde geſchildert, die aus Erde und Waſſer beſtänden; auch Pythagoras iſt dieſe Idee zugeſchrieben. Es iſt wohl zu unterſchieden das was wir mit Sicherheit wiſſen von dem was eine Schlußfolge iſt. Mit Ge- wißheit können wir annehmen, die Exiſtenz der beſtimmten Sterne und Nebelflecken. Den neuern Fernröhren ver- denken wir viel Licht hierüber, denn ſelbſt das Herſchlſche von 50′ Länge war noch nicht hinreichend. Mit einer Art von Gewißheit kennen wir die Zahl der Sterne von 1–7t Gröſſe die etwa 120,000 iſt. Wir kennen den Unter- ſchied des planetariſchen Lichts von dem farbigen, ſelbſt einen röthlichen Schein mancher Nebelflecke. Dann das Minimum der Entfernung und des Durchmeſſers der Fixſterne. Aber noch ungewiß iſt die Projection als optiſche Täuſchung in dem nähern Zuſammenſtehen mancher Fixſterne, ebenſo ob die Wolken oder das Haupthaar der Berenice zu unſrer Stern- ſchicht gehören, ob alle Nebelflecke entfernter als die Sterne 3–4t Gröſſe von uns ſind, ſo wie die Gröſſe der Dimen- ſionen unſerer Sternſchicht. [110./0116] 17. Vorlesung, 2. Januar 1828 Wir kommen nun zu unſerm Sonnenſyſteme ſelbſt. Die Sonne iſt der erleuchtende Körper der Planeten, ihre Strahlen geben wahrſcheinlich die elektriſche Spannung unſerer Erde. Die Sonne iſt ähnlich den Fixſternen, wohin auch die Doppelſterne gehören, welche nur in einem verſchiedenen Licht- proceſſe ſtehen. Die Cometen haben in der Nähe der Sonne einen ſtärkern Glanz als in ihrer Ferne. Die Pla- neten ſind dunkele Körper, und es iſt ungewiß, ob ſie ein phoſphoriſches Leuchten haben. Doch iſt es gewiß daß eine doppelte Erleuchtung bei ihnen ſtatt findet. So hat der Mond eine helle Erleuchtung die von der Sonne kommt, und eine aſchgraue, die ihm die Erde giebt. Ein anderes Licht des Mondes zeigt ſich noch darin, daß wir oft den Rand ſeiner dunkeln Seite ſehen, als wenn eine Erleuchtung ſeiner Rückſeite ſtatt fände. Das Sonnenſyſtem beſteht aus einer gröſſern Zahl von Welten als man früher glaubte. Gegenwärtig zählen wir 11 Hauptplaneten 18 Nebenplaneten 2 Cometen, deren Lauf in die Planeten- bahn eingeſchloſſen iſt, und viele tauſend Cometen, die die Planetenbahn verlaſſen, und weit darüber hinaus ihren Lauf nehmen. Eine Maſſe von vielen kleinen Welt- körpern, die Aerolithen und das Thierkreislicht gehören gleich- [111./0117] falls dazu. Die Hauptplaneten haben auch noch den Namen Irrſterne beibehalten, weil man ſie den Fixſternen entgegen ſetzen wollte. Wenn wir die Sonne als Centralkörper in die Mitte ſtellen, ſo iſt dies nicht Theorie, ſondern ſchon früher Beobachtung. Doch verwechſelte man in ältern Zeiten die Rotation mit der Translation wie Dicitas von Syracus und Ariſtarch von Samos, was Idler neuerlich bewieſen hat. Wir ſehen 7 Monde des Saturns, 6 Monde des Uranus, 4 des Jupiters und 1 der Erde. Für uns ſind ſie ſehr wichtig, denn wir würden ohne ſie keine Idee von der Dichtig- keit der Sonne haben, und ohne Beſtimmungen der Längen- grade auf der Erde machen zu können, würde die Geographie und Schiffarth eine ihrer Hauptſtützen beraubt ſein, und die nächtliche Erleuchtung müßten wir entbehren. Die Hauptplaneten haben, wenn ſie gleich ihr Licht von der Sonne erhalten, doch eine Art von Phosphorescenz, welche namentlich bei der Venus wenn ſie uns ihre dunkele Seite zeigt, mehr bemerkbar iſt. Neuerlich hat man ſie auch dem Monde zu geſchrieben, und ebenſo den Uranus und den neuen Aſteroiden, wie der Veſta zu geſchrieben, der gröſſere Licht- ſtärke wegen. Der Mars hat ein reflectirendes röthliches Licht, das des Saturns iſt grauweiß; Mercur und Venus [112./0118] ſind die weißeſten. Unter den Trabanten des Jupiters hat man auch farbige bemerkt, einige orange andere blau. Die Kenntniß unſers Sonnenſyſtems hat in neuern Zeiten ungemein zu genommen. Die Alten ſprechen bald von 5 bald von 7 Planeten. Als den entfernteſten kannten ſie den Saturn, dann den Jupiter, den Mars, die Venus und der Sonne am nächſten den Mercur. Durch ſie ſind die Wochen entſtanden, da die Planeten den Stunden vorſtehen. Man hat neuerlich bewieſen, daß bei den Juden die Tage nach den genannten Planeten benannt wurden, indem ſie mit dem Saturn anfingen und die Sonne und den Mond hinzu rechneten. Das Syſtem der Aegyptier ſtimmt mit dieſen überein. Unerachtet daß die Alten nur 5 Planeten kannten, ſo vermutheten ſie deren noch mehrere. Die neuern Entdeckungen begannen im 17t Jahrhundert. Im Jahre 1620 wurde Jupiters erſter Trabant von Huygen entdeckt. 1650 der letzte Trabant des Saturns und 1652 der 5te, beide von Casſini. 1781 wurde der Uranus von Herſchel entdeckt, der freilich 1690 ſchon von Flamm- ſtaidt geſehen, aber für einen Fixſtern gehalten war. 1781 der 1t und 2t Trabant des Uranus von Herſchel. 1789 der 3t Trabant des Saturns durch Herſchel ebenfalls. Auſſer dieſen wurden eine Menge von Cometen entdeckt, die aber weniger wichtig wie die Planeten ſind. [113./0119] Auch das 19t Jahrhundert begann glorreich durch wichtige Entdeckungen, die das Sonnenſyſtem erweiterten. Am 1t Januar 1801 entdeckte Piazzi die Ceres. Olbers 1802 die Pallas. 1804 wurde die Juno entdeckt; und 1807 entdeckte Olbers die Veſta. Es iſt wohl die Ver- muthung möglich, daß dieſe Aſteroiden aus der Zerthei- lung eines groſſen Planeten ihr Daſein erhielten. Ferner wurden 2 planetariſche Cometen entdeckt, 1818 der Enkeſche und 1826 der Bielaſche. Auſſer dieſen Hauptplaneten wurden auch noch 8 Satelliten entdeckt. Es iſt merkwürdig genug daß faſt alle dieſe Welt- körper von 6 deutſchen Aſtronomen entdeckt ſind. Wie ſich die vergleichende Erdkunde nicht mit den einzelnen Theilen, ſondern mit der Harmonie des Ganzen beſchäftigt, werde ich auch die Verhältniſſe der Planeten zu einander auf zufaſſen ſuchen, und wir kommen zu- nächſt auf die Entfernung derſelben von der Sonne. Unſere Erde iſt 108 Sonnendurchmeſſer von ihr ent- fernt oder 20½ Million Meilen. Der Saturn 10 Erdweiten oder 200 Millionen Meilen, und der Uranus 19 Erdweiten oder 400 Millionen Meilen von der Sonne entfernt. Die Cometen gehen aber weit über die Bahn der Planeten [114./0120] hinaus. Der Comet von 1680 geht 3½ mal ſo weit als Uranus von der Sonne weg, der von 1811 aber 22 Saturnweiten oder 8000 Millionen Meilen von der Sonne. Es giebt welche die 80 bis 100 tauſend Jahren zu ihren Umlaufszeit gebrauchen. Man hat geglaubt daß die Cometen mehrere Planetenſyſteme durchliefen, aber die Uranusweite iſt der 1/1000 Theil der Entfernung der Sonne von Sirius. Der Comet von 1811 verhält ſich aber zur Uranusweite wie 22:1. es bleibt daher noch ein auſſerordentlichen leerer Raum, der jene Muthmaßung nicht wahrſcheinlich macht. Die Gröſſe der Planeten hat mit ihrem Abſtande von der Sonne keinen Zuſammenhang, denn in der Reihenfolge erreichen ſie 2 mal das Maximum und 3 mal das Minimum ihrer Gröſſe. Der kleinſte der Monde iſt der innerſte des Saturns von etwa 30 Meilen Durchmeſſer, und der größte iſt der 3te Satellit des Jupiters und der 3te des Saturns. Die Satelliten des Uranus entfernen ſich verhältnißmäßig am weiteſten von ihrem Hauptplaneten. Dagegen die des Saturns dem Sonnenſyſtem am nächſten ſind, da ſie nur einen Abſtand von 27,000 Meilen haben. Der Mond ſteht 60 Halbmeſſer oder 52,000 Meilen von der Erde ab. Die Abſtände der Planeten hatte ſchon die Auf- [115./0121] merkſamkeit der pythagoräiſchen Schule erregt, beſonders beſchäftigte ſich Philolans und Plato mit ihrer Unterſuchung Kepler aber war der Erſte, der die Planeten in einer Reihenfolge annimmt, und er glaubte daß ein beſtimmtes Verhältniß in der Entfernung ihrer Bahnen ſtatt fände. So nahm er die Entfernung des Mercurs zu 4 an, der Venus zu 4+3, der Erde zu 4+3+3, des Mars zu 4+3+3+2×3=16. Dieſes Verhältniß kömmt ihren Abſtänden wohl nahe iſt aber nicht ganz richtig. Denn die Venus hat 7½ Ent- fernung von der Sonne. Der Jupiter müßte 51 haben, iſt aber 537/10 entfernt, und der Uranus hat ſtatt 196 aber 1983/10. Man hat geſchloſſen, daß da wo dieſes Verhältniß durchweite Abſtände unterbrochen iſt, es noch unentdeckte Planeten geben müſſe, eine Vermuthung die ſchon Kepler äußerte und ſpäter Lambert wiederholten. Dies hat ſich bis jetzt aber nur bei den Aſteroiden beſtätigt, und der erſte derſelben die Ceres wurde ganz zufällig von Piazzi entdeckt, da er durch einen Druckfehler im Bulantonſchen Cataloge einen andern Stern vergeblich ſuchte. Die Hauptplaneten haben nichts anderes mit einander ge- mein, als daß ſie ſich von Weſten nach Oſten um die Sonne in gewiſſen Abſtänden bewegen. Die Cometen dagegen bewegen ſich nach allen Richtungen. Die Planeten weichen aber in ihrer Neigung zur Sonne mehr oder weniger ab. Am wenigſten neigt ſich die Bahn des Mercurs, nur um 3°; am [116./0122] ſtärkſten iſt ſie aber bei der Pallas, wo ſie 37° beträgt. Die Abweichung der Juno iſt 16°. Der Uranus ſteht ſenkrecht auf ſeiner Bahn. Ebenſo haben die entfernter ſtehenden Sa- telliten weniger Abweichung als die innere beim Jupiter und Saturn, weshalb Verfinſterungen weniger vorkommen. Sie kehren den Hauptplaneten immer dieſelbe Seite zu, da ſie in derſelben Zeit, daß ſie ſich um die Planeten bewegen, auch um ſich ſelbſt drehen. Die größte Excentricität der Bahnen iſt bei der Juno, Pallas und Veſta. Die der Juno iſt 25/100, des Mars 9/100, Jupiter 4/100, Venus 2/100. Die Quantität der Excentricität iſt bei Pallas und Juno am ſtärkſten, bei Mercur und Venus am ſchwächſten. 18. Vorlesung, 5. Januar 1828 Die Erweiterung unſerer Kenntniß des Sonnenſyſtems durch die neuen Entdeckungen, hat auch den wichtigſten Einfluß auf die Veränderung unſerer Anſichten deſſelben zur Folge gehabt, da ein Theil der neuern Planeten ſich ſehr von den früher bekannten auszeichnet. Ich habe von der Zahl und d. Entfernung gehandelt, nun werde ich zu der Dichtigkeit und der Atmosphäre der Planeten übergehen. Die 2. Syſteme der Planeten in die ſie durch die Aſteroiden getheilt ſind, zeichnen ſich auch durch verſchiedene Dichtigkeit aus. Die 7 ältern Planeten nehmen im [117./0123] Verhältniß ihrer Abſtände an Dichtigkeit immer mehr zu, je näher ſie der Sonne ſtehen; nur Uranus macht eine Aus- nahme, der nämlich dichter als Saturn iſt. Der Unterſchied der Dichtigkeit ſcheint mit der Rotation in naher Verbindung zu ſtehen. Nicht aber iſt die Sonne als Centralkörper wie Kepler glaubte, auch am dichteſten, denn ſie hat kaum die Dichtigkeit von 1,2. etwa wie die Salpeterſäure. Am dichteſten iſt der Mercur 20–21, alſo etwa wie Pla- tina. Die der Venus iſt 52/10, ſie iſt dichter als unſere Erde die nur 45/10 Dichtigkeit hat. Mars hat eine Dichtig- keit 3,3. Der Jupiter iſt dem Waſſer gleich; der Saturn hat nur 5/10 der Dichtigkeit des Waſſer; der Uranus dagegen 0,9, etwa wie das Sodium. Nur Vergleichungs- weiſe wurden hier Flüſſigkeiten genannt, es folgt aber deshalb nicht daraus, daß jene Weltkörper flüßig ſein müßten. Es giebt je harte Körper genug die auf dem Waſſer ſchwimmen, der Beinſtein z. B. hat nur 7/10 der Dichtigkeit des Waſſers, ebenſo iſt auch die des Mandelſtein’s geringer. Eine Gebirgsart woraus vorzüglich die alte Stadt Mexico gebauet war, iſt ſo ſpongiös daß ſie im Waſſer ſchwimmt, und leicht könnten unter Cortez die Pferde mit ihren Hufen die Häuſer unter ſich treten. Um die Dichtigkeit zu kennen muß man des Volumen haben, denn die Planeten ziehen ſich durch die Maſſe der Materie an. [118./0124] Denn die Maſſe dividirt durch das Volumen der Materie, iſt die Dichtigkeit. Durch eine genauere Beſtimmung der Gröſſe und des Durchmeſſers der Planeten hat H Arrago auch die Dichtigkeit näher angeben können. Herr Gaus hat die Dichtigkeit des Jupiters näher erforſcht durch ſeinen Einfluß auf die kleinern Planeten. Vergleichen wir die zwiſchen der Sonne und den Aſteroiden, mit denen auſſerhalb derſelben, ſo haben die Innere eine 5 mal ſtärkere Dichtigkeit als die Aeuſſere. Alle Planeten zuſammengeballt, ſo hat die Sonne dennoch 825 mal mehr Volumen und 526 mal mehr Maſſe, als dieſe vereint. Faſt ¾ der ganzen Planetenmaſſe gehört Jupiter allein. Die Maſſe des Jupiters und des Saturns verhält ſich zu allen andere wie 1:20. Unſere Erde kann von ihren Stö- rungen wenig leiden, da ſie zu entfernt von ihnen iſt. Bei ihren nächſtſtehenden Geſtirnen bringen ſie ſonſt oft Störungen hervor. Venus iſt kaum der Erde gleich, und Mars hat kaum die Hälfte ihres Volumens. Man ſollte glauben die Satelliten müßten viel dünner ſein als die Planeten, dies iſt aber nicht der Fall, denn der Mond verhält ſich zur Erde wie 1:1,47 iſt alſo nur wenig um den 4t Theil dünner. Der 4t Saturns Trabant ſteht zu dieſem in einem Verhältniß wie 1,7:1. Der Trabant iſt daher weit [119./0125] dichter als der Saturn. Auch 3 Monde des Jupiters ſind dichter als dieſen. Die innern Planeten ſind von geringer Gröſſe. Iſt das Volumen der Erde = 1, ſo iſt das Verhält- niß von Venus und Mars ½ /?/ Die äuſſern Planeten ſind dagegen ſehr groß, ihre Mittelgröße iſt 780 mal größer als die der innern, und verhält ſich zu unſerer Erde wie 1:500. Die mittlere Dichtigkeit der innern Pla. iſt 5 mal ſtärker als die der äuſſern, und verhält ſich wie Platina und Magneteiſen- ſtein. Die äuſſern Pla. haben eine ſtärkere Abplattung, den Mars ausgenommen, wo ſie nach Herſchel ſehr be- deutend /1/15/ ſein ſoll, doch iſt dies noch ungewiß. Seine Rotation iſt 24½ Stunden. – Die äuſſern Pla. haben 17 Satelliten und den Saturnring. Von den innern hat nur unſere Erde einen Satelliten. Die äußern haben Zonen, die innern nicht; beim Jupiter und Saturn hat man dieſe beſonders der verdickten At- mosphäre zu geſchrieben, doch mehrere engliſche Aſtronomen, beſonders das Capitain Koeter Meſſungen haben bewieſen, daß ihre Atmosphäre wenigſtens nicht der unſrige ähnlich iſt. Die Schiefe der Ecliptik oder die Inclination zur Sonne hat man bei der Venus zu 72 angegeben, da die der andern innern Planeten einen Winkel von 20–30° haben. [120./0126] Bei den äuſſern Planeten dagegen ſteht der Uranus ſenkrecht mit ſeiner Axe auf der Bahn. Jupiter hat dagegen kaum 3°. Domini Casſini hat von 1665–1671 die Rotation des Jupiters, Venus und Mars berechnet. Die des Saturns dagegen von Herſchel 1789. Den Mars hat 1/15 Abplattung, es kommt dieſe wohl von der Richtung des Stoßes und der innern Dichtigkeit her. Die Erde hat 1/290, Jupiter 1/14, Saturn 1/11 Abplattung. Beim Uranus iſt ſie beträchtlich aber nicht genau beſtimmt. Die Wahrſcheinlichkeit, daß Thiere und Pflanzen formen ähnlich denen der Tropen, auch in dem jetzt kalten Norden einſt wohnten, hat zu den Muthmaſſungen Anlaß gegeben, daß die heiße Zone früher über dieſe Gegenden geherſcht habe. Am dies zu erklären hat man geglaubt: 1. Wenn die Sonnenflecke Sonnenfackeln andeuteten, ſo müßten dieſe früher eine ſtärkere Licht- und Wärme- maſſe gegeben haben, wovon auch die Pole tropiſch erwärmt wurden. Angenommen dieſe periodiſche Erwär- mung die die heiſſe Zone völlig unwirthbar würde gemacht haben, ſo läßt ſich doch bezweifeln ob eine periodiſche Ver- änderung ſo einflußreich könnte geweſen ſein. 2. Eine andern Urſache hat man in der Schiefe der Ecliptik ſelbſt geſucht, die ſchon ſeit 2900 Jahren beobachtet und immer noch im Abnehmen iſt. Die älteſten Nachrichten [121./0127] darüber hat der Miſſionair Bobil in China gefunden. Herr Ideler ſowohl als Laplace haben bewieſen, daß die Veränderungen der Ecliptik immer Perioden unter- werfen bleiben, die nur gewiſſe Zeiten dauern. Die Abweichung der Ecliptik iſt bis jetzt nur 1½°. Was alſo gar keine Veränderung auf das Clima hervorbringen kann. Dieſe Perioden haben aber auch eine Dauer von 20–28,000 Jahren. 3t glaubte man, daß die Zertrümmerung eines große Weltkörpers, auch eine Veränderung der Axe unſerer Erde veranlaßt habe, wodurch das Clima verſchobe ſei. Auch wohl ein Comet ähnliche Veränderungen veranlaßte. Die Möglichkeit hiervon iſt nicht zu bezweifeln, wohl aber, ob das Clima unter einem ſolchen Zuſtand der Dinge ſich verändern. Mit der Verſchiedenheit des Maximums und Minimums der Sonnenhöhe verändert ſich auch die Länge und Kürze der Tage und Nächte. Die Umlaufszeit der Planeten um die Sonne beſtimmt nach ihrer Länge die verſchie- denen Jahreszeiten. Die durch Abſorbtion hervorge- brachte Wärme aus den Sonnenſtrahlen unter einem Winkel von 45° ſollte das Mittel der Wärme 70 bis 120° ſein. Aſtronomiſch iſt die Annehme richtig, denn phyſiſch werden die Lichtſtrahlen zurückgeworfen, und tragen nichts [122./0128] zur Erwärmung bei. Die Quantität der zurückge- worfenen Strahlen, beſtimmt die Quantität der Wärme die ſich nicht mehr verändert, wenn die Sonne ſchon 70° hoch ſteht. Die phyſiſche Wärme iſt nicht dieſelbe in den obern und untern Luftſchichten. Der Jupiter hat nur eine Neigung von 3°. Venus dagegen 72. Uranus 90. Je größer die Neigung des Aequators, um ſo größer iſt auch den Unterſchied der Jahreszeiten. Es könnten 2 Extreme in der Neigung ſtatt finden. Wenn der Aequator nämlich entweder ſenkrecht auf der Erdbahn ſtände, oder wenn er mit der- ſelben zuſammenfiele. Wäre erſteres der Fall, ſo ſtände die Sonne einmal des Jahres im Nadir und einmal im Zenith. Die Aequinoctialzone würde ſich denn bis zu den Polen ausdehnen. Die mittlere Temperatur jeder Gegend würde dieſelbe bleiben, aber nach den Jahreszeiten in ungeheuren Extremen wechſeln. 19. Vorlesung, 9. Januar 1828 Plutarch ſagt, daß Anaxagoras geglaubt habe, daß die Erdaxe ſenkrecht auf der Erdbahn ſtehe. Uranus hat dieſen Stand er- reicht und Venus iſt ihm nahe. Fiele dagegen die Erdbahn mit dem Aequator zuſammen, ſo würde Tag und Nacht immer gleich ſein, und an jedem Orte eine ewige gleiche Temperatur herrſchen, nämlich die gegenwärtig mittlere Temperatur jedes Ortes würde [123./0129] ſich immer gleich bleiben. Jupiter iſt dieſem Zuſtande ſehr nahe, da er nur 3° Neigung hat. Die Sonne würde unter 70° Breite immer 50° Höhe haben, und unter 20° Breite 75° Höhe. Dieſer Zuſtand würde der Vegeta- tion durch das gleichmäßige Clima wohl günſtiger ſein, als der Wechſel der Exſtreme, aber wir würden auch der Wechſel der Jahreszeiten entbehren. In beiden Fällen würde das Palmenclima ſich nicht erweitern. Erſt neuerlich hat man die Grenzen des Palmenclima’s genauer beobachtet. Man muß von den Palmen des Südens, die Bergpalmen unterſcheiden, die man neuerlich hat kennen gelernt. Das eigentliche Clima der Palmen und baumartigen Farrenkräuter erſtreckt ſich nur zu 400 bis 800 Toiſen Höhe, alſo etwa 4000′, wo noch eine mittlere Temperatur von 13–15° herſcht, da Berlin nur 7° hat. Baumartige Farrenkräuter gehen nur bis Madeira nördlich zu 30° Breite wo die mittlere Temperatur noch 16° R. iſt. Südlich da- gegen ſind ſie viel weiter verbreitet, doch hat Vandie- mensland, wo ſie bei 42° Breite, mit der Dickſonia antarctica Die noch 18′ hoch wird, aufhören, wenigſtens noch eine mittlere Temperatur von 10°. Die großen Schilf und Bambusarten ſteigen auch zu beträchtlicher Höhe hinauf, zwiſchen 5–6000′. Die Bergpalmen dagegen verlaſſen das Tropenclima. [124./0130] Drei Arten zeichnen ſich beſonders unter dieſen aus. Die Wachſpalme /Ceroxylon Andicola Humb./ kommt nicht tiefer als 900 Toiſen vor, ſteigt dagegen bis zu einer Höhe von 1500 Toiſen, wo aber dennoch die mittlere Temp. 10° oder gleich der von Mailand iſt. Die Kunthia mon- tana ſteigt bis zu 1000 Toiſen. Die Oreodoxa frigida H. kommt bis 1400 Toiſen Höhe vor. Auf der Höhe von 1700 Toiſen kommen keine Palmen mehr vor, wo doch die mittlere T. noch 6–7° iſt. Dieſe Bergpalmen ver- laſſen des Palmenclima, da die andere Palmen wenig- ſtens eine mittlere Temp. von 10° verlangen, die etwa bis zu 40° ſteigt. Von der Atmosphäre welche die verſchiedenen Planeten umhüllt. Man hat geglaubt daß bei jeder Temperatur den gasartigen Theile, welche wir Luft nennen, einen Kör- per umhüllen könnten; Beobachtungen haben aber ge- zeigt, daß dieſe bei einer hohen Temperatur ſehr geringe wurden. Daß die Atmosphäre unſers Planeten, von der der übrigen ſehr verſchieden, und eine beſondere ſei, zeigen alle Beobachtungen. Schwer iſt aber die Frage zu beantworten, wie hoch unſere Atmosphäre iſt, und ob ſie mit den der andern Planeten in Verbindung ſteht. Nach den Budelſchen Verſuchen hat man eine Höhe der [125./0131] Atmosphäre von 8–10 Meilen annehmen zu können geglaubt, da man die Grenze derſelben durch Beobachtungen anzu- geben ſuchte, wie hoch aufſteigende Dämpfe noch eine Re- flexion gaben, und hindurch jene Höhe bemerken wollte. Aber in dieſer Höhe kann kaum noch ½ Linie Barometer- ſtand ſein. Dieſer Gegenſtand hat einen großen Streit zwiſchen den Phyſikern und Mathematikern veranlaßt, da man glaubte daß die Grenze der Atmosphäre da ſein könnte, wo die gegenſichtige Anziehung der Planeten ſich gleich iſt, und daß in den höhern Regionen die Elaſti- cität derſelben geringer ſei als in der Nähe der Erde. Hierdurch aber könnten wie leicht unſere Atmosphäre oder doch wenigſtens einen Theil derſelben einbüßen, da ſie von den andern Planeten angezogen werden könnte. Laplace glaubt dagegen, daß durch den Druck der Schwere, unſere Atmosphäre beſtimmte Grenzen habe, worauf die Anziehung anderer Planeten nicht wirken könnte; dagegen habe aber unſere Erde dem Monde die Atmosphäre entzogen, da die ſeinige ſo unbedeutend iſt. Würde ein Theil unſerer At- mosphäre in dem Weltraum treten, ſo müßte uns die Sonne in einem dicken Nebel eingehüllt erſcheinen. H Wollaſton hat hieraus geſchloſſen, daß es gewiſſe Grenzen gebe, über die die Atmosphäre nicht hinaus gehen könne. Bei den andern Planeten muß die Atmosphäre ſehr dünn ſein, [126./0132] da wir ſie ſonſt beſtimmt erkennen müßten. Beim Durchgange des Jupiter’s Trabanten vor ihm, müßte, wäre ſeinen Atmosphäre ſo dicht wie die unſrige eine Refraction ſtatt gefunden haben; die genaueſten Beobachtungen haben keine bemerken laſſen. Ebenſo beim Durchgange der Venus und des Mars vor der Sonne konnten keine Bemerkungen dieſer Art gemacht werden. Von den großen Bergmaſſen der Planeten. Man findet dieſe mehr bei den innern als äußern Planeten. Unſere Erde hat die höchſten auf der ſüdlichen Hemisphäre, wo das Himalayagebirge das größte iſt. Von dieſen hat man auf die andere geſchloſſen. Herr Schröder, deſſen Angabe aber nicht verbürgt iſt, hat in der Venus Berge gefunden von 18,000 Toiſen, und im Mercur von 19,000 Toiſen. Die höchſten Mondberge ſind dem Himalayagebirge gleich; man ſchätzt ſie auf 4200 Toiſen, und wenn man ſie mit dem Monddurch- meſſer vergleicht, ſo iſt dies der 1/214 Theil deſſelbe, dage- gen das Himalayagebirge den 870 /?/ Theil des Erd- durchmeſſers hat, folglich verhalten ſich jene des Mondes zu denen der Erde wie 1:4. Man hat geglaubt daß unſere Atmosphäre eine höhere Hebung der Gebirge ver- hindert habe. [127./0133] Geſetze der Planetenbewegung. Es ſind dieſes nicht zufällige ſondern factiſche, im Cauſalzuſammenhange. Die Abänderungen darin haben ihr Maximum und Minimum, ſelbſt die entfernteſten Cometen ſind dieſen Geſetzen unterworfen. Die Schnelligkeit der Be- wegungen iſt wie ihre Dichtigkeit immer in gleichen Ab- nahmen der Nähe zur Sonne bemerkt, den Uranus aus- genommen. Die Abplattung hat man bei den entfernte- ſten am ſtärkſten beobachtet. Den Geſetzen der Zu- nahme der Dichtigkeit auf die Schwungkraft ſchreibt man die Bildung der Planeten zu. Die Maſſen wirken auch auf das Clima durch ihre Dichtigkeit. Man weiß noch nicht, warum in der ſüdlichen Hemisphäre die Maſſen gröſſer als in der nördlichen ſind. – Was Kepler numeriſch ahndete hat Newton im reinſten Zuſammenhange dargeſtellt. Kepler war ein Zeitgenoſſe des Galilei, dem die phyſiſche Aſtronomie ſoviel verdankt. Vor ihnen zeichneten ſich aber ſchon 2 Aſtronomen beſonders aus, nämlich Copernicus der Schöpfer der Aſtronomie, ſtarb 1543, und Tycho, der die meſſende Aſtronomie begründete. Galilei ſtarb in dem Jahre da Newton geboren wurde. Kepler fand durch Induction und Analogie 3 Hauptgeſetze der Be- [128./0134] wegungen. 1. Die Planeten bewegen ſich in Ellipſen. Tychos Beobachtung des Mars hatte ihn hierauf geleitet. 2. Aus den Sectoren oder Flächenräumen, welche aus den von der Sonne nach den Planeten gezogenen Radien ent- ſtehen, die Bahn der Planeten zu erkennen. 3. Die Quadratzahlen der Umlaufszeit verhalten ſich wie die Würfel der Radiuſſe der Bahnen. Kepler war durch fantaſtiſche und ſchwärmeriſche Ideen, zur Entdeckung der Geſetze nach welchem ſich das Planetenſyſtem bewegt, am 15t Mai 1618, gekommen. Da er ſich verrech- nete, ſo wollten natürlich ſeine Angaben nicht übereinſtim- men, doch vom innern Bewußtſein der Richtigkeit ſeiner Annahme geleitet, nahm er die Berechnung nach 2 Monaten wieder vor und fand nun die Beſtätigung. 20. Vorlesung, 12. Januar 1828 Von der Sonne. Die Sonne iſt der erſte Centralkörper unſers Planeten- ſyſtems. Sie hat 825 mal ſoviel Volumen als alle Planeten zuſammen genommen, enthält 109¾ Durch- meſſer der Erde, und iſt 20,870 Millionen Meilen von uns entfernt. Eine Kanonenkugel, die angenom- men 1500′ in einer Secunde zurücklegt, würde von Paris bis Berlin 18 Minuten, von Monde zu uns 9 Tage, und von der Sonne her 9 Jahre nöthig haben. – Man [129./0135] ſieht an öſtlichen Rande der Sonne zuweilen Flecke, die ſich noch Weſten bewegen, und nach 13 Tagen ver- ſchwinden. Man hat hieraus auf die Rotation der der Sonne geſchloſſen. Dieſe Flecke ſind ſchon ſo deutlich geweſen, daß man ſie mit bloſſen Augen ſah. Sie ſind nicht im Innern der Sonne ſelbſt, da ihr Erſchei- nen nur periodiſch iſt. In Gilbert’s Annalen iſt ange- führt, daß ſie ſchon in den Jahren 321 und 626 nach Chriſti Geburt beobachtet ſind. Die arabiſchen Aſtro- nomen und ſelbſt Kepler iſt durch ſie getäuſcht den Mercur vor der Sonnenſcheibe geſehen zu haben. Der Engländer Harrioth hat ſie den 8t Sept. 1610 zuerſt als Flecke erkannt, und viele Streitigkeiten haben ſie unter den Aſtronomen veranlaßt. Man muß von den Flecken die kohlenſchwarz ſind, den aſchfarbigen Rand der- ſelben unterſcheiden, der gitterförmig mit weißen Streifen durchzogen iſt. Nur dieſe hellere Randflecke, nicht die innere ſchwarzen bewegen ſich. Ehe die ſchwarzen Flecke ſich zeigen, erſcheint erſt einige Stunden vorher eine Lichtfackel. Die Flecke ſind ſcharf begränzt, und haben in der weſtlichen Begränzung einen Schatten, Penumbra genannt. Die Penumbra oder der aſchgraue Rand wird breiter wenn die Flecke verſchwinden. Die Sonnenfackeln ſind elaſtiſche Flüſſigkeiten, und veranlaſſen dem Innern [130./0136] oder dem eigentlichen Körper der Sonne zu trichterför- mige Oeffnungen. Es ſcheinen dieſe Oeffnungen in der Atmosphäre der Sonne ſelbſt zu ſein, die Atmosphäre muß aber aus zwei Wolkenſchichten beſtehen, einer äuſſern leuchtenden, und einer unter ihr liegenden dunkeln Schicht, von der der aſchfarbige Rand oder die Penumbra entſteht, da das Schwarze der Sonnenkörper ſelbſt iſt. Denn die Sonne ſelbſt iſt nicht leuchtend, ſie iſt nur mit einer Lichtatmosphäre umgeben. Da der Sonnen- körper ſelbſt ſchwarz iſt, muß auch die Penumbra da breiter ſein, wo der Sonnfleck verſchwindet, da ſie der obere Theil der 2t Wolkenſchicht iſt. A B C z. B. ſei die trichterförmige Oeffnung in den beiden Wolkenſchichten, A B und C D von denen die erſtere die leuchtende, und die innere aber die dunkle Wolkenſchicht iſt. Bei C und D wird aber immer die innere Wolkenſchicht erkenntlich ſein, und je näher die Oeffnung dem Rande der Sonnenſcheibe ſteht, um ſo breiter wird er auch erſcheinen. E iſt der ſchwarze Fleck des Sonnenkörpers ſelbſt. Dieſe Erklä- rung hat Herſchel gegeben, und iſt die jetzt allge- mein verbreitete Idee der Aſtronomen; daß die Sonne ein dunkler Körper ſei, wurde noch vor 40 Jahren als ein Zeichen der Tollheit angeſehen. Herſchel hat ge- glaubt, daß die Jahre in denen ſich Sonnenflecke zeigen [Abbildung] [131./0137] wärmer als andern ſind, was wohl viel Wahrſcheinliches für ſich hat. Sie ſind oft in vielen Jahren nicht geſehen; es giebt aber auch Perioden wo ſie ſich häufiger zeigen, ſo wie es bei den Nordlichtern der Fall iſt. Das Sonnenlicht ſelbſt iſt in den neueſten Zeiten, ſeit 20–25 Jahren uns genauer bekannt geworden. Es giebt 3erlei Arten von Sonnenſtrahlen, leuchtende, nicht leuchtende aber erwärmende, und magnetiſche, die eine magnetiſche Spannung geben. H Rochon hat die Entdeckung gemacht, daß der durchs Prisma gebrochene Strahl, faſt gar nicht erwärmt, oder doch vielmehr, daß verſchieden gefärbte Strahlen, auch eine verſchieden er- wärmende Kraft beſitzen. Was von Herſchel nachher beſtätigt wurde. H Seebeck hat aber gefunden, daß dieſes variirt, und daß der Stoff, aus welchem das Prisma gefertigt iſt, Einfluß auf die Reſultate hat. So fällt, nach Seebeck’s Verſuchen, der wärmſte Punct außerhalb des rothen Strahles, wenn das Prisma aus engliſchen Flintglas gemacht, in dem rothen Strahl ſelbſt aber, wenn es aus Kronenglas oder gewöhnlichen weiſſen Glaſe verfertigt iſt, und wenn man, ſtatt eines aus dem Ganzen verfertigten Prisma’s, ſich eines ſolchen bedient, was aus Glasſcheiben zuſammengeſetzt nur mit Waſſer, Alkohol oder Terpentinöl gefüllt iſt, ſo fällt die ſtärkſte Wärme in den gelben Strahl. [132./0138] Die violetten Strahlen ſind die eigentlich chemiſchen von denen man glaubt, daß ſie beſonders die grüne Farbe in den Blättern veranlaſſen. Ein Gemenge von Chlor und Waſſerſtoff explodirt bei dem ſchwächſten violetten Strahlen, denn Gay Lusſac ſtellte dieſen Verſuch in Januar und Februar an. Es ſind die Strahlen des violetten Saumes vom Farbenbilde, welche das Gas- gemenge entzünden. Die rothen, gelben oder grünen wirken nicht darauf. Deshalb entſteht keine Exploſion, wenn das Gas in Glas eingeſchloſſen iſt, welches eine von dieſen Farben hat. Auch der elektriſche Funken entzündet dieſes Gasgemenge. Der Bologneſer Stein leuchtet hell im violetten Strahle nicht im rothen. Morichini giebt an, daß das violette Licht die Eigen- ſchaft beſitze, eine darin aufgehängte Compaſſnadel, nach einer halbſtündigen Beſtrahlung, magnetiſch zu machen. Die gelben Strahlen leuchten am ſtärkſten. Huygens glaubte daß der Durchmeſſer der Sonne abgenommen habe. Doch dieſes iſt nur ſcheinbar. Das Sonnenlicht iſt 300,000 mal ſtärker als das des Vollmondes. In der Nähe des Aequators iſt es ſtärker als in deſſen Entfernungen. Das Sonnen- licht untern 60° und das untern 19–20° verhält ſich wie 3:2. Es iſt oft die Frage aufgeworfen, [133./0139] ob der Rand oder das Centrum der Sonne ſtärker leuchten, letzteres hat Huygens lange geglaubt. Kepler glaubte aber das Gegentheil. Eine geneigte Fläche giebt weniger Strahlen als einen ſenkrechte, woraus man ſchloß daß das Centrum ſtärker leuchten müſſe, als die nach dem Rande zu mehr ſchräg ſtehenden Kugelflächen. Durch 2 gefärbte Gläſer nebeneinander geſtellt, hat man 2 Complimentar /?/ Farben in einem Tubus aufgefangen, der ſo verändert werden kann, daß die Strahlen beider zuſammen fallen. Da in dieſen, gleiche Zahl der Strahlen des Randes und des Centrums, gegenſeitig die Farben ganz aufhoben und weiß wurden, ſo iſt es außer Zweifel geſetzt, daß alle Theile der Sonne gleich ſtark leuchten. Auch iſt es keinem Zweifel mehr unterworfen, daß das was das Licht von der Sonne ausſtrahlt, eine elaſtiſche Flüſſig- keit iſt. In neuern Zeiten iſt das Sonnenlicht von dem großen Mathematiker Gaus dazu angewandt, um durch Blendungen Signale auf eine Entfernung von 7 bis 8 Meilen zu geben. Man ſchreibt der Sonne noch zu 1, Ein Schwanken des Mittelpunctes in ihrer Rotation durch die Rückwirkung der Planeten, daß ſie wie zwei Doppelſterne gemeinſchaftlich, ſich einzeln um einen Mittelpunct bewege. Würde dieſe ſo ſtark ſein, daß ſie ſich nur 60 Meilen von dieſen Mittelpuncte bewegte, [134./0140] ſo würden wir es beſtimmt bemerken können. 2. Eine ſehr ungewiſſe Meinung iſt, daß ſie in ihrer Translation nach dem Lande des Herkules ſich hinbewegen. Man hat noch andere Flecken an der Sonne bemerkt was wahrſcheinlich Aerolithen ſind; ein Engländer glaubte zwar, daß es Vögel wären, die vor der Sonne vorüber flögen. – – 21. Vorlesung, 16. Januar 1828 Bewegung der Planeten. Dieſe theilt man, wie ſchon erwähnt iſt, in die obern und untern. Zu den erſtern wird der Mercur, die Venus und unſere Erde gerechnet. Der Mercur iſt ſehr ſchwer mit bloſſen Augen zu ſehen, da er nur 29° von der Sonne entfernt iſt. Copernicus ſah ihn nie, was er noch auf ſeinem Sterbe- bette bedauerte, und der große Casſini ſah ihn nur einmal. Häufiger iſt er unter 35° Breite zu ſehen, da er in Babylon häufig beobachtet iſt. Sein Licht iſt heller als das des Jupiters. Sein Durchmeſſer iſt 580 Meilen, und in 87 Tagen vollendet er ſeinen Umlauf, in einer ſehr concentriſchen Bahn. Sein Abſtand von der Sonne iſt 8000000 Meilen, da der der Erde 21,000,000 Meilen iſt. Schon die Aegyptier haben ge- glaubt, daß Mercur und Venus ſich um die Sonne bewegen [135./0141] beide haben Copernicus auf ſein Syſtem geführt. Seine Rotation iſt erſt 1800 genauer beſtimmt, nicht aber durch die Berge, ſondern durch die kleine Atmosphäre die ihn umgiebt, und die ſich nicht ſcharf abſchneidet. Harding hat in derſelben Längenſtreifen bemerkt. Es iſt aber ſehr zweifelhaft ob er eine Atmosphäre hat, wie die unſerer Erde iſt, oder ob ſie aus einer andern Flüſſig- keit beſteht. Bei dem Durchgange vor der Sonne hat man dieſe nicht bemerkt, was ſein müßte, wenn ſie wie die unſerer Erde wäre. Casſini hat zuerſt ſeinen Durch- gang beobachtet, und bis jetzt haben wir 21 Beobachtungen. Halley war deshalb nach St. Helena gereiſt. Der nächſte Durchgang wird 1829 und wiederum 1835 in demſelben Jahre ſein, in welchem man den großen Halleyſchen Comet von neuen erwartet. Die Venus, auch Abend- oder Morgenſtern genannt, hat die größte Lichtſtärke unter den Planeten; ſie iſt 3000 mal ſchwächen als die des Vollmondes, nach den photometriſchen Meſſungen von Lambert. Ihr Durch- meſſer iſt 6 mal kleiner als der der Erde. Sie wälzt ſich in 224 Tagen um die Sonne, und legt in jeder Se- cunde 49/10 Meilen in ihrer Bahn zurück. Die Berge auf der Venus ſind wie die auf de Mercur kettenartig zuſammenhängend, aber bedeutend höher; Schon L. hat [136./0142] beobachtet, daß ihre Berge höher als die des Mondes ſind, und nach Herr Schröters doch unverbürgter Angabe ſind ſie 7 Meilen hoch. Von einer Dämmerung hat man Spuren gefunden. Ihre Rotation hat zwiſchen Casſini und Ganginelli einen Streit veranlaßt. Neuern Beob- achtungen haben dieſe auf 23 Stunden 27 Minuten feſt- geſetzt, wie Casſini ſchon früher richtig angab. 1769 glaubte man einen Mond der Venus zu bemerken, es muß aber Täuſchung geweſen ſein, denn es iſt keiner bei ihrem Durchgange vor der Sonne bemerkt. Die Phaſen des Mercur’s und der Venus ſind die ſchön- ſten Beweisgründe für das Syſtem des Copernicus. Sie gehören zu den 4 vorzüglichſten Entdeckungen des 17t Jahrhunderts, nämlich a, die Sonnenflecke, b, die Trabanten des Jupiters, c. der Ring des Saturns, und d, die Phaſen der Venus. Der Durchgang der Venus vor der Sonne iſt zuerſt von Kepler, vorher ge- ſagt, und von Hores 1670 zuerſt beobachtet. Meſtre hat ihn 1661 in St. Helena beobachtet. Doch der merk- würdigſte iſt der von 1769, weil er zu vielen Reiſen Anlaß gab, die wichtige Entdeckungen zur Folge hatte. Beſonders gehört hierher Cooks Reiſe um die Welt, und Schotts Reiſe nach Californien. Ihre Sonnen- parallaxe iſt auf 8,15 und 8,16 Minuten Gewißheit [137./0143] beſtimmt. Herr Enke hat ſie von neuen berechnet, und nur ⅒ Secunde Irrthum gefunden. Der Venus Entfernung von der Sonne iſt 20,525,000 Meilen. Die Erde hat eine Abbreviation durch Lichterſcheinungen. Man glaubte früher von 1683–1718, daß ſie unter dem Aequator abgeplattet ſei, da Casſini und Mo- raldi durch ſchlechte Inſtrumente ſowohl, als auch durch die Unregelmäßigkeiten der Erdoberfläche getäuſcht wurden. Maupertuis ſtellte drauf im Lappland Meſſungen an, um die Abplattung des Pol’s zu finden, die aber von H Schwanenberg für unrichtig erklärt ſind, der jedoch an einem andern Orte ſeine Meſſungen anſtellte. Neuerlich hat H Roſenberg dagegen die Meſſungen des H Schwanenberg mehr als die von Mau- pertuis in Zweifel gezogen. Die Schwanenbergſche- Meſſung gab 1/304, wahrſcheinlicher iſt aber die Roſen- bergiſche, die 1/289 beträgt. Zwiſchen beiden würde daher die wahre Abplattung ſchweben, die einen Unterſchied von 600 Toiſen geben. Vergleicht man die Grademeſſer von Peru und Frankreich, ſo hat Peru 1/300, Frankreich 1/309. Die Excentricität der Erde iſt jetzt im Abnehmen, da ihre Bahn ſich mehr dem Kreiſe nähert; ſie wächſt aber bis Mercur, Mars und Jupiter. Für die Rotation der [138./0144] Erde hat man 3 Beweiſe, als a, Die Abplattung, b, die Verſchiedenheit der Pendellänge, und c, der Fall der Körper. Wäre ſie 17 mal ſchneller, ſo würde am Aequator die Schwere gleich 0 ſein. Man glaubte früher, und beſonders Ticho, durch Steine die man von hohen Thürmen herabfallen ließ ſie zu widerlegen. Man hatte aber nicht die Wurfkraft beachtet. Dieſer Verſuch wurde zuerſt zu Bologna auf den dort berühmten Thurme angeſtellt, man ließ die Steine 260′ hoch herabfallen, man glaubte ſie hätten mehr nach Weſten zu fallen müſſen, was aber nicht der Fall war, ſondern mehr nach Oſten hin. Nachher wurden noch Verſuche in Hamburg von Benzenberg, und in einigen Kohlengruben der Grafſchaft Mark angeſtellt. Man beobachtete aber immer dabei eine Deviation der Erde gegen Oſten, die vier bis 5 Zoll auf 260 bis 280 Fuß Höhe betrug. Die Translation der Erde iſt durch das Syſtem von Copernicus ſchon bewieſen. Auch die ſpätere Beſtimmung der Parallaxe der Erde, wobei die Beobachtungen von Cook in beiden Hemisphären wichtig waren, haben die Bahn der Erde genauer ermittelt, die 40,000000 Meilen im Durchmeſſer hat. Braudly bemerkte 1720, daß [139./0145] die Sterne, wenn ſie bei Tage culminiren nach Süden, bei Nacht aber nach Norden fortrücken. Das Licht be- wegt ſich 10 mal ſtärker als die Erde, deshalb ſehen wir die Sterne nicht an ihrem wahren Standorte, da ihr Licht in 16 Minuten den Durchmeſſer der Erdbahn durch- läuft, und deshalb, wir ſie in einer Diagonale von 16 Minuten ſehen. Ein merkwürdiger Gegenſtand iſt das Vorrücken der Tag- und Nachtgleiche. Es iſt eine Folge der abgeplattete Geſtalt der Erde, indem ſie bei ihrer Rotation in 25,200 Jahren mit ihrer Axe noch einen kleinen Kreis beſchreibt. Wäre die Erde eine Kugel, ſo würde die Maſſe auf jeder Seite gleich ſein. Da ſie aber abge- plattet iſt, ſo iſt in der Richtung von 45° nach dem Aequator zu mehr Maſſe, als nach den Polen hin, da hier der Winkel kleiner, dort gröſſer iſt, und ſich unter dem Aequator die Materie ringförmig angehäuft hat. Durch die Lage der Sterne, die das Vorrücken der Tag- und Nachtgleiche verändert, iſt ſie von Hipparch zuerſt beobachtet. Die Rotation der Erde hindert das Zuſammenfallen der Erdbahn mit dem Aequator. Alle übrigen Planeten wirken auch auf die Erdbahn, welche aber nur eine ſchwache entgegengeſetzte Wirkung von 2/10 veranlaſſen. [140./0146] 22. Vorlesung, 19. Januar 1828 Der Codiacal oder Thierkreis. Die Expedition der Fran- zoſen nach Aegypten hat uns gelehrt, daß früher mehrere Thierkreiſe bekannt waren, da einer in Tentoris nördlich von Theben, und 2, ſüdlich davon gefunden wurden. Es ſind dies aber nur Bruchſtücke auf Steinen, da man einen der wichtigſten Steine zurückließ. Die einzelnen Zeichen ſind bei ihnen in 2 Reihen als Spirale geſtellt, die der Löwe eröffnet. – Vor 2700 Jahren vor Chriſti G. fiel der Aufgang des Sirius bis auf 2 /Tage ?/ mit dem Sonnenſolſtitium zuſammen. Der deutſche Aſtronom Burkardt behauptet daß der jetzige 4300 Jahre alt ſein müſſe. – Man glaubt daß ſein Entſtehen in die Zeiten des Nero und Tiberius fällt, und die Nachah- nung eines noch ältern ſei. H Champillon las auf einem der Steine aus Aegypten den Namen Autocrates. Die Aegypter wollten, daß die Zeichen durch alle Monate gehen ſollten, woraus dieſe Periode entſtand. Merk- würdig iſt es, daß der Thierkreis in Latopolis gefunden, mit der Jungfrau anfängt. Bei den früheſten Unter- ſuchungen hatte man geglaubt, daß die Wage unter Julius Caeſar aufgeſtellt ſei. Herr Ideler hat aber be- weiſen daß ſie ſchon länger exiſtirt, da Origenes es wahrſcheinlich macht, daß die Wage aus Indien kam, [141./0147] und alle 12 Abtheilungen aus den 27 Mondſtationen entſtanden ſind. Das Vorrücken der Nachtgleiche hat keinen Einfluß auf das Clima, wohl aber, daß andere Sterne in gleichen Monaten ſichtbar werden. Merkwürdig iſt die Aenderung des Polarſterns, der früher dicht neben den hintern Rädern des kleinen Bär ſtand, dem Zepheus näher ge- rückt iſt, und auch den Schwan noch erreichen wird. Einen genauen Stand über dem Pol hat er nie gehabt. Die Schiefe der Ecliptic hat eine kleine Veränderung auf die Rotation der Axe, von 18 Secunden, ſo daß ſie in 18 Jahren 8 Monaten einen kleinen Kreis beſchreibt. Etwas Wichtigeres iſt aber die große Aenderung der Schiefe der Ecliptic in 26,000 Jahren. Der erſte Winkel von der Schiefe der Ecliptic iſt von Aximander zuerſt 150 Jahre nach Chr. G. gemeſſen. Die älteſte iſt aus China von Logang 1100 Jahre vor Chr. G. die 23°54′ Minuten betrug. Hipparches fand 23°49′. Gura 23°26′ und Besſel 23°27′56″. Laplace hat beſondere Unter- ſuchungen angeſtellt, wonach der Wendekreis uns näher oder ferner durch dieſe Abänderung kommen kann, ohne bedeutenden Einfluß zu haben, da der Unterſchied nicht groß genug iſt. [142./0148] Der Mond. Es iſt merkwürdig, daß die Alten allgemein glaubten, der Mond ſei erſt ſpäter erſchienen, und ſetzen ſein erſtes Erſcheinen zur Zeit der Schlacht des Hercules mit den Giganten. Man hat daraus folgern wollen, der Mond ſei ein Comet geweſen, der durch die Anziehung der Erde ſeinen Schweif verloren habe; H Kreutzer glaubt dagegen, daß die Zeit damit gemeint ſei, in welcher an- fing des Mondjahr zu berechnen. Der Monddurchmeſſer iſt 466 Meilen, ſo daß Ruß- land etwas gröſſer als er iſt. Die Axe ſteht ſenkrecht auf ſeiner Bahn. Er iſt 51,800 Meilen von uns ent- fernt, was bis auf 15 Meilen Genauigkeit beſtimmt iſt, durch die Meſſungen von La Caille & La Landes. Sein Licht iſt 300,000 mal ſchwächer als des der Sonne. Im letzten und 1t Viertel ſehen wir ſein aſchfarbenes Licht, das von der Reflexion der Erde kommt. In ältern Zeiten glaubte Plutarch beſonders, daß der Mond einen Phosphorescenz beſitze. Leonardo da Vinci der 1521 ſtarb, hat zuerſt eine richtige Erklärung dieſes aſchfarbigen Lichtes gegeben. Bei totalen Mond- finſterniſſen ſieht man ein anders auffallendes ſtarkes rechtes Licht, beſonders unter den Tropen, weil das Licht denn nicht mehr von der Erde reflectirt wird. [143./0149] Am Iſthmus von Panama ſah ich nur einen Theil davon, da der andere beſchattet wurde. Dieſes Licht iſt verſchieden nach der Lage die der Mond zur Erde hat. Die Wärme des Mondes wurde im verwieſenem Jahre wiederum genau von H Arago und eine in Paris beobachtet. Bei Anwendung groſſer Brennſpiegel konnten wir aber dennoch keine Spur von Wärme wahrnehmen. Die Flecke im Monde hielten die Alten für eine Ab- ſpiegelung unſerer Erde, welcher Meinung auch Plutarch war. Merkwürdig iſt, daß die Perſer dies noch jetzt glauben, wie ich es aus der eigenen Behauptung des perſiſchen Geſandten weiß, der ſich einige Zeit zu Paris aufhielt. Die Flecke haben eine ſehr verſchiedene Farbe, und wurden früher für Meere gehalten, weil dieſe mehr reflectiren. Kepler behauptete es müßten Berge ſein. Daß keine Waſſerflächen auf ihn ſind, beweiſt ſeine Ungleichheit, die immer wechſelt. H Kunowsky hat ſich um manche Entdeckung verdient gemacht. Einzelne Theile ſind immer ſchwärzlich und dunkler als andere. Jetzt iſt es dargethan daß es wirklich Berge ſind, worauf Galilei ſchon aufmerkſam machte, und ſelbſt die Berge zuerſt gemeſſen hat. Es giebt 3 Arten ihre Höhen zu beſtimmen. [144./0150] 1. Nach der verſchiedenen Erleuchtung; die erleuchteten Spitzen der Berge, wenn die Ebenen ſchon dunkel ſind, ſchneiden ſich nicht beſtimmt ab. Aus den Abſtänden derſelben werden dann die Höhen ermittelt. 2. Durch das Verhältniß der Berge mit dem Mondrande. 3. Als die vorzüglichſte, iſt die durch die Länge des Mondſchattens ſelbſt, wodurch die Berge auf 4–500′ Genauigkeit gemeſſen ſind. Die Topographie des Mondes iſt uns genauer bekannt als die unſerer Erde. Wir ſehen immer nur eine Hälfte des Mondes, durch das Schwanken deſſelben aber mehr. Dieſe Libration hat Galilei zu erſt entdeckt 1637. Es giebt ein ſolches Schwanken von 6–8°, bald mehr der Nordpol, bald mehr der Südpol. Die Libration der Breite entſteht dadurch, daß der Mond nicht ganz genau ſenkrecht bei der Rotation auf ſeiner Axe ſteht. Die Topographie deſſelben hat das Merkwürdige, daß gewöhnlich ſeine Berge nicht ſo wie auf dem Mercur, Venus und unſerer Erde in Kettengebirgen aneinander hängen, es giebt eigentlich nur 3 Kettengebirge im Monde. Es iſt auf dem Monde wohl kaum ein Berg von ſo kleinen Umriſſen, wie wir ſie auf unſrer Erde haben. Die vor- züglichſten Berge ſind die Aſchgeruhiſchen und die Alpen. Die Apenninen des Mondes ſtehen wie das Erzgebirge [145./0151] unſerer Erde. Der höchſte Punct der nördlichen Hemis- phäre iſt der Berg Huygens von 3500 Toiſen. Dagegen ſind aber in der ſüdlichen Hemisphäre die größten Berge, unter denen ſich der Leibnitz und Dorfer /?/ von 4160 Toiſen auszeichnen. Sie betragen den 1/214 Theil des Halbdurchmeſſers des Mondes, da die höchſten Berge der Erde nur 1/700 Theil deſſelben der Erde haben. Eine andere Betrachtung der Berge des Mondes iſt ihre Vergleichung der Breite mit denen der Erde. Der Marnkliſium hat 14 Mondgrade, und die Flecken Hipparch und Ptolemäus ſind ſo groß als Böhmen. In den Anden dagegen habe ich den Durchmeſſer der Berge nicht über 5–6000 Toiſen gefunden. Die Aehnlichkeit der Krater des Mondes mit denen auf unſerer Erde iſt ſehr groß. Aſchenkegel bilden die Spitzen, und ſtehen bald zur Seite, bald in der Mitte. Was man von Ringen und Flußbetten geſprochen hat, ſind Irrungen, da man eine Reihe in einander ſich öffnende Krater dafür anſah. Vom Jahre 1783–1789 haben Herſchel und Brühl in London ſich beſonders mit den Mondvulkanen beſchäftigt. Nur in dem aſchfarbigen Theile entſtehen Lichtpuncte, die aber vorübergehend ſind. Die genaueſten Beobachter ſind darauf zurückgekommen, daß ſie aus der Ver- [146./0152] ſchiedenheit unſerer Atmosphäre mit der des Mondes entſtehen können. Man glaubte daß bei dem Wechſel der Theile unſerer ihn zugekehrten Seite, auch verſchie- dene Erleuchtungen hervorgebracht werden müßten. So hielt Halley jene Lichtpuncte für eine Abſpiegelung der Felſen und Gletſcher. Buygens wollte ſogar be- merkt haben, das reflectirte Licht des Amazonenſtroms ſei grünlicher als das anderer Gegenden. 23. Vorlesung, 23. Januar 1828 Unter den neuern Mondkarten zeichnen ſich vorzüglich die von dem Director Lohrmann in Dresden aus, und wenn gleich weniger detaillirt, iſt die in den Bonner Schriften vorhandene von Gruthuiſen treflich, um eine allgemeine Ueberſicht zu geben. Die großen Züge, wie wir ſie auf der Erde in der ſüdlichen Hemisphäre finden, ſind ähnliche Erſcheinungen, wie die auf dem Monde; nur Flüßigkeiten ſind nicht ſichtbar. In der nördlichen Hemisphäre deſſelben finden wir den einzigen Beweis von Kettengebirgen, welche die Apenninen heiſſen, und nur einen Krater haben, Conon genannt, und der zwiſchen den beiden Ebenen Mare ibericum & Mare ſphaericum liegt. In der ſüdlichen Hemisphäre ſind keine Kettengebirge, doch in demſelben Meridianen wo ſich jenes Kettengebirge befindet, iſt hier eine Spalte, wo Krater an Krater ge- [147./0153] kettet iſt, und die vom Pyraeus bis zum Orontium geht. Auſſer dieſen Eſſen der Vulkane, die oft in einander ver- laufen, ſind alle übrigen Unebenheiten zerſtreut. Eine ſonderbare Erſcheinung, die man beſonders bei ſchwächere Vergröſſerungen ſieht, ſind weiſſe Lichtſtreifen die vom Tycho ausgehen, und über Berg und Thal ſich verbreiten. Wir haben keinen Begriff was es ſein kann. Bei ihren Beobachtungen der Vulkane, glaubten Herſchel und Brühl in den Jahren 1790–94, Feuerausbrüche auf dem Monde geſehen zu haben. Nach Hevel ſind es aber nicht ſolche Ausbrüche wie auf unſerer Erde, er glaubt daß ein Theil dieſer Berge mehr Licht als der andere erhalten kann. Dieſe Erſcheinung iſt beſonders ſtark bei dem Vulkane neben dem Ariſtark. Man hat bemerkt, daß das Licht dieſes Berges weniger leuchtend iſt, wenn die feſte Maſſe des Continents der Erde das Licht reflectirt, was ſtärker als die Reflexion des Waſſers iſt. Es giebt vielfache Meinungen neuerer Zeit, ſelbſt Werke der Kunſt auf dem Monde geſehen zu haben. Schon nach einer Stelle des Cicero glaubte man Städte zu erkennen. Unter mehreren Aſtronomen hat Herr Schröter beſonders, vielfache Gebilde der Kunſt bemerkt haben wollen, ſelbſt Landſtraſſen und Selenitenwohnungen. Aehnliche Meinungen ſind uns aus dem ſüdlichen Deutſchlande [148./0154] zugekommen. Zur Beurtheilung derſelben iſt die Erör- terung der Frage wichtig, von welchem Umfange und von welcher Höhe die Gegenſtände auf dem Monde ſein müſſen, um ſie wirklich erkennen zu können. London enthält bei einer Länge von etwa 5, und einer Breite von 3 engliſchen Meilen, noch keine geograph. Quadratmeile Flächeninhalt. Gäbe es Städte im Monde von ⅛ der Gröſſe, ſo müßten wir ſie unterſcheiden können. Nach der Höhe kann man 6–700′ hohe Gegenſtände meſſen, außerdem laſſen ſie ſich noch bis zum ¼ Theil dieſer Höhe wohl erkennen. Wäre der Flächenraum von einem vulkaniſchen Ausbruch auf dem Monde 600 □′ groß, ſo würde er ſich unterſcheiden laſſen. Ein ſolches Kunſtwerk könnte man vom Natur- werk nur durch die Regelmäßigkeit unterſcheiden. Die fabelhaften Mondſtädte haben 30–40 Quadratmeilen. Merkwürdige Erſcheinungen über die Atmosphäre des Mondes. Ihre Refraction iſt 100 mal geringer als bei uns, und etwa der gleich, die wir unter der Luftpumpe für 0 annehmen. Das Barometer würde nur einige Linien hoch ſtehen. Sie kann höchſtens nur 800′ hoch ſein, die man bei Sonnenfinſterniſſen beſonders hat bemerken wollen. Auch hat man geglaubt daß der Mond durchlöchert ſei. Dies wurde zuerſt bei einer Sonnenfinſter- [149./0155] niß am 12. Jan. 1728 beobachtet, wo ein ſternartiger Punct im Monde ſtrahlte. Es iſt möglich daß die Sonne durch eine tiefes Thal oder einer Spalte eines Vulkans früher geſehen wurde, ehe ſie den Rand des Mondes er- reichte. Im Jahre 1725 hat man in Spanien etwas ähn- liches geſehen. Noch andere optiſche Erſcheinungen hat man geſehen, die theils von unſern Augen herrühren, theils andere Täuſchungen ſein können. So hat ſchon Halley Blitze darin geſehen; und noch merkwürdiger iſt die Erſchei- nung, daß wenn die Sonne verfinſtert war, hat man Feuer gleich Raqueten aus der Scheibe des Mondes fliegen ſehen; im ſüdlichen Frankreich wurde dieſe Erſcheinung einmal ſo ſtark geſehen, daß ſich die Bewohner einer kleinen Stadt verſam̃elten. Die erſte Topographie des Mondes iſt von Hevel und Piczolli. Sie geben den Bergen Namen berühmter Aſtronomen und Philoſophen. Die beiden erſten Karten ſind von Casſini und La Caille entworfen aber nicht geſtochen. Später wurde die von Tobias Mayer heraus- gegeben, die Gruithuiſen verbeſſert auflegte, denn er- ſchienen in den neuern Zeiten die beiden von Schröter und Lohrmann. Der Mond hat auf die geiſtige Entwickelung einen groſſen Einfluß gehabt. Hevel macht die Bemerkung [150./0156] daß unſere Erde für die Bewohner des Mondes eine ziemlich genaue Uhr ſein müße, da ſie bei ihrer Rotation dem Monde immer in jeder Stunde des Tages eine andere Geſtalt zeigen La Place hat die Frage aufgeſtellt, ob der Mondkörper blos da wäre, um die Erde zu erleuchten. Er hat aber zu gleich dargethan, daß wenn der Mond in derſelben Erdent- fernung der Sonne gegenüberſtände, und als Planet ſich um ſie bewegte, wir immer Vollmond haben müßten. Der Mond erregt Ebbe und Fluth im Meere ſo wohl, wie in der Atmosphäre. Höchſt wichtig iſt er zur Beſtimmung der Längengrade für die Schiffarth. Ebenſo iſt ſein Ein- fluß groß auf unſern aſtronomiſchen und mechaniſchen Kennt- niſſe. Die ganze Lehre der Mechanik des Himmels iſt aus ihm geſchloſſen; eine genaue Geſtalt unſerer Erde iſt aus ſeiner Bahn berechnet, womit die angeſtellten Meſſungen ganz übereinſtimmen. Die Unveränderlichkeit des Tages, und der ſich gleichbleibenden mittleren Temperatur in 3000 Jahren, iſt durch ihn erkennt. Zuvor wir zu den andern Planeten übergehen, wollen wir die Erſcheinungen des Zodiakallichts erwähnen. Man hat lange geglaubt, daß es von Casſini zuerſt im Jahre 1683 entdeckt ſei. Wohl war er der Erſte, der in Europa darauf aufmerkſam machte, und er behauptet ſpäter, daß es ſtärker geworden ſei, als da er es in [151./0157] ſeiner Jugend zuerſt in Paris ſah, wo es ſich wie jetzt noch im Frühling und im Herbſte nach Sonnenuntergang, einem Lichtſtreif ähnlich am Horiezont zeigte und erhob. Es hat ſich aber nachher gezeigt, daß die Bewohner der Tropenwelt es längſt kannten, und die Perſen ſchon in frühern Zeiten es mit dem Namen Genſchatſch belegten. Mahrang und Casſini glaubten, daß es in genauer Verhält- niße oder vielmehr Zuſammenhange ſtehe mit dem Nordlichte und den Sonnenflecken. Casſini hat ſchon von Zuckungen des Lichts geſprochen, und ich glaube mich überzeugt zu haben, daß es von 2 zu 2 Secunden wechſelt vom Hellen zum Dunkeln, gleichſam wie ein Funkenſprühen; dies kann aber auch in der Atmosphäre liegen. – Man hat lange geglaubt, daß es eine abgeplattete Sonnenatmosphäre ſei. Dieſe geht aber nur bis zum Mercur. Dagegen glaubt La Place, daß es beim Zurückziehen der Sonnenatmosphäre, ein zurück- gebliebener Reſt der alten Sonnenatmosphäre ſei. Mars. Sein Durchmeſſer beträgt 963 Meilen, oder 55/100 des Durchmeſſers der Erde. Hier ſieht man noch Phaſen. Die Abplattung hat noch neuerdings vielen Streit erregt. Herſchel giebt ſie zu 1/12, Schröter 1/80, und H N. N. jetzt in Göttingen giebt ſie ebenfalls wie Herſchel zu 1/12 an. Man ſieht zwei dunkeln und zwei helle Flecken auf den Mars. [152./0158] Die dunkeln gleichen beweglichen Wolken. Die hellen Flecke ſind an den Polen, und werden im Dunkeln noch heller. Sie ſind ſchon von Maraldi, La Caille und neuerlich auch von Cunowsky beobachtet. Man hat ſie nicht ohne Wahrſcheinlichkeit Eisflecke genannt, da ſie an den beiden Polen liegen. Keplern war dieſer Planet wegen ſeiner groſſen Excentricität merkwürdig geworden. Die 4 kleinern Planeten ſind zu unſerer Zeit entdeckt. Democrit und Artimidor haben ihn Daſein gemuthmaßt, wegen des groſſen Abſtandes zwiſchen dem Mars und Jupi- ter. Man glaubt daß ſie die Trümmer eines größern Weltkörpers ſind, der aber doch nicht gröſſen als der Mond ſein konnte. Die Veſta hat nicht über 40 bis 45 Meilen im Durchmeſſer. Herſchel nannte ſie deshalb ſpottend Aſteroiden. Sie ſind gerade in umgekehrter Reihe ihres Abſtandes von der Sonne entdeckt. Die Veſta von H Olbers 1807. H Gaus hat ihr den Namen gegeben, und die Umlaufszeit berechnet. Die Juno wurde 1804 von Harding entdeckt. Die Pallas 1802 von Olbers, und 〃 Ceres 1801 von Piazzi. Die Entdeckung der Ceres durch einen Druckfehler im Wulangſtonſchen Cataloge gehört dem Zufall an. Beſonders Verdienſt [153./0159] aber gebührt Herr Olbers, der abſichtlich Beobachtungen anſtellte um Planeten zu entdecken, da er berechnet hatte, daß wenn ein Planet zertrümmert ſei, die Stücken deſſelben durch einen gemeinſchaftlichen Karten in den Flügel der Jungfrau gehen müßten. Herr Encke hat berechnet, daß ſie ſich in 3400 Jahren wieder vereinen würden. Die kleinſte Umlaufszeit iſt 3 Jahre 7 Monate, die größte 4 Jahre 7 Monate. Sie zeichnen ſich durch große excentriſche Bahnen aus; die der Veſta gleicht am meiſten der unſerer Erde. Der optiſche Durchmeſſer dieſer Planeten iſt ſehr klein, er ſoll noch keine Minute haben. Die Bahnen ſind in einander verſchlungen. Die Umlaufszeit der Ceres und Pallas treffen auf einem Tag zuſammen. Man will ein phosphorescirendes Leuchten bei ihnen bemerkt haben. 24. Vorlesung, 26. Januar 1828 Wir kommen zu dem Syſtem der gröſſern und mondreichern Planeten. Jupiter und Saturn ſind die zwei zunächſt ſtehenden und mächtigſten unter ihnen, die nicht allein ſtörend auf den Lauf der Planeten wirken, ſondern auch die Planeten beunruhigen, welche ihren Lauf zwiſchen Mars und der Sonne hindurch nehmen. Der Jupiter iſt durch ſeine Lichtſtärke und gelbe Farbe bemerkbar. Er hat 11 Erddurchmeſſer, und iſt um ⅓ gröſſer als alle übrigen Planeten zuſammen genommen. [154./0160] Seine Dichtigkeit iſt der der concentr. Salpeterſäure gleich. Man ſieht auf ihm Streifen und leuchtende Puncte, die man von dem Schatten ſeiner Monde unterſcheiden muß, wenn dieſe zwiſchen ihm und der Erde ſtehen. Dieſe Streifen ſind ſpäter geſehen als die Monde, da man ſie nicht mit ſchwachen Vergröſſerungen erkennen kann. Gewöhnlich ſind 5 dieſer Streifen zu ſehen, von denen der mittlern heller iſt, man hat daran aber ſchon 10 bemerkt. Zwiſchen dieſen Streifen ſind kleine bewegliche Flecke. Auch an den Streifen ſieht man zuweilen einige Bewegung. Auſſer jenen Streifen die den Aequator umgeben, liegt noch an jedem Pole einer. Casſini beſtimmte zuerſt ſeine Ro- tation von 9 Stunden 56 Minuten im Jahre 1666, durch einen Flecken der in der ſüdlichen Hemisphäre ſtand, und in dieſem und dem Jahre zuvor ſich immer gleich zeigte. 1690 iſt dieſer Fleck wiederum mehrere Monate hindurch beobachtet. Schröter will ähnliche Flecke geſehen haben, nach welchen er ſeine Abplattung an den Polen um 1/14 ſeines Durchmeſſers beſtimmt hat. Er behauptet auch noch eine andere Abplattung von ſüdweſt nach nordoſt be- merkt zu haben. Der Jupiter iſt der wichtigſte Planet für die Schiffarth. Die 4 Jupiterſtrabanten wurden von Simon Meyer in Anspach zuerſt entdeckt 1609. Da er dies nicht zeitig genug bekannt machte entdeckte ſie im [155./0161] nächſten Jahre 1610 auch Gallilei. Ein jeder von ihnen iſt größer als unſer Mond, und der 3te iſt größer als die übrigen. In der Entfernung des Mondes würde er uns ſo groß als das ganze Sternbild des Orions erſcheinen. Die Verfinſterungen der Jupiterſtrabanten ſind wichtig für die meſſende Geographie. Die Fehler dabei ſind nicht größer als 12 Secunden, ſehr ſelten bis 20 Secunden, Laplace hat berechnet daß die 3 innern Trabanten nie zugleich verfinſtert werden können. Saturn obgleich entfernter von der Sonne, hat ein klei- neres Volumen als der Jupiter. Er hat nur 94/10 Erd- durchmeſſer. Seine Rotation von 10 Stunden 16 Minuten iſt erſt 1789 von Herſchel beſtimmt. Herſchel glaubt daß ſie eine doppelte ſei; die eine macht einen Winkel von 45° mit dem Aequator. Man ſieht Streifen wie auf den Jupiter, aber von einer bräunlichen Farbe. Er hat 7 Trabanten, die 5 ältern ſind die äußern. Die beiden innerſten von Herſchel entdeckt, ſind kleiner als die Veſta. Er hat überhaupt die meiſten, größten und kleinſten Trabanten von allen Planeten. Flecke ſieht man in dem äußerſten, der immer dieſelbe Seite dem Saturn zukehrt. Der Saturnsring iſt der ſonder- barſte Körper unſers Syſtems und von Huygens 1659 [156./0162] entdeckt, wenn gleich Gallilei zuerſt ihn ſah. Er ver- ſchwindet in den gewöhnlichen Telescopen wenn die Sonne ſeinem Rande gegen über ſteht, da er nur 116 Meilen dick iſt. Mit Herſchels großen Telescop war er immer ſichtbar. Er iſt nicht einfach, ſondern beſteht aus mehreren concentriſchen Ringen, von denen man ge- wöhnlich nur 2 ſieht. Es iſt wahrſcheinlich, daß er von Planeten getrennt iſt. H Schröter bezweifelt ſeine Beweglichkeit. Man hat an ſeinem Rande bergartige Erhöhungen geſehen, die mehrere Tage unverändert blieben, und als leuchtende Puncte gleich Karten erſcheinen. Die Nächte auf dem Saturn müſſen die magiſchſten von allen ſein, da ſie von 7 Monden zugleich erleuchtet werden. Uranus. Er hat 4 Erddurchmeſſer. Sein optiſcher Durch- meſſer beträgt 4 Secunden. Er iſt ſehr hell, und man glaubt deshalb daß er ſelbſt phosphoriſches Licht hat. Von den 6 Satelliten die Herſchel entdeckte, ſind nur 2 wieder geſehen, der 2t und 4te. Flecke hat man auf ihm nicht unterſcheiden können, auch iſt ſeine Rotation noch unbekannt. Nach ſeinen Trabanten zu ſchließen iſt ſie von Norden nach Süden. Die Cometen. Das Alterthum hat ſich viel mit ihnen beſchäftigt, und ſo für Planeten gehalten. Die pythagoräiſche Schule und [157./0163] die Chaldäer glaubten an eine beſtimmte Wiederkehr, und letztern beſonders rühmten ſich dieſes vorher ſagen zu können. Wegen der Aehnlichkeit wovon dies aber nur Muthmaßungen, ſo glaubte Seneca z. B. daß der zur Zeit des Nero, derſelbe geweſen ſei, der beim Tode des Julius Caeſar erſchien. Noch am Ende des 15t und anfangs des 16t Jahrhunderts glaubte Acoſta daß ihr Schweif mit den Paſſatwinden in Verbindung ſtände, da er von Oſten nach Weſten gerichtet ſei. Auch von der Meinung iſt man zurückgekehrt, daß es Meteore ſein ſollten. Ihr Character iſt, daß ſie ſich in ſehr excentriſchen Ellipſen bewegen. Der Herzog Parſi von Northumberland erkannte dies zuerſt gegen Ende des 17t Jahrhunderts, und der Prediger Dörfel zu Plauen machte die Beob- achtung 1680 daß ſie eine paraboliſche Bahn haben, doch Newton hat ſie zuerſt berechnet. Die eigentliche Theorie iſt von Halley der den Comet von 1682 beobachtete. Man hat geglaubt einen Uebergang der kleinere Planeten zu den Cometen zu finden, wegen ihrer excentriſchen Bahn; auch hat man von Nebel geſprochen die ſie einhüllen. Die Planeten bewegen ſich aber nur, wie auch ſchon erwähnt, von Weſten nach Oſten, die Cometen dagegen nach allen Richtungen. Bei den Cometen muß man dreierlei unterſcheiden, [158./0164] den Kern, die Hülle und den Schweif. – Zwiſchen dem Kerne und der Dunſthülle iſt eigentlich kein Unterſchied, er iſt nur eine Verdickung der Materie, und iſt nicht ſo abgeſondert wie man anfangs glaubte. Die Durch- ſichtigkeit des Kerns iſt ſo groß, daß Herſchel den 9t Nov. 1795 einen Doppelſtern der 12t und 13t Gröſſe durch den Kern geſehen hat. La Hire glaubte Phaſen geſehen zu haben. Die Kerne ſind aber ſo unförmig, daß man hierauf keinen Werth legen muß. Die Cometen haben kein eigenes Licht, es iſt nur von der Sonne reflectirtes Licht. H Olbers hatte berechnet, daß der Comet von 1819 eine halbe Stunde vor der Sonnenſcheibe müſſe geſtanden haben, doch die ſich widerſprechenden Beob- achtungen der Sonne an dieſem Tage haben kein Reſultat gegeben. Die Dunſthülle hängt nicht mit dem Schweife zuſammen; 1811 war ein dunkler Raum zwiſchen, Schweif und Hülle. Gallilei hat den Schweif für Flammen ge- halten. Wenn ſich die Cometen der Sonne nähere, ſo wird ihr Schweif auf Koſten der Hülle größer. Es giebt Cometen ſogar mit 6 Schweifen, aber auch ſchweifloſe wie der 2t Comet von 1811. Bei dem von 1623 war der Schweif ſo getheilt, daß beide Hälften concentriſch gegen einander ſtanden. Der von 1780 hatte einen ſehr großen [159./0165] Schweif, ſo daß wenn er im Meridian ſtand, ſein Schweif noch den Horizont berührte. Der von 1640 hat 2 Schweife gehabt. Man hat geglaubt daß der Schweif immer mit der Sonne ſtehen müße, aber der von 1823 hatte 2 Schweife, einen gewöhnlichen, und einen der gegen die Sonne gerichtet war, ſie machten gegen einander einen Winkel von 160°. Beim Enckeſchen-Comet glaubte H Dümler in Paramatta eine Rotation des Schweife’s bemerkt zu haben. Es iſt gewiß daß ſie bei ihrem Wiedererſcheinen nicht unver- ändert bleiben. Beim Halleyſchen Comet wurde der Schweif immer kleiner. Der von 1811 iſt von Herſchel gemeſſen, der Kern hatte nur 93 Meilen im Durchmeſſer, die Hülle 27000 Meilen, und die Länge des Schweifes betrug 22,000,000 Meilen. Die Phaſen welche La Hire bemerkt haben wollte ſind falſch, wenn hat ein etwas Aehnliches wieder geſehen. Bei dem im Juli 1819 geſehenen Comet hat H Arago gefunden, daß ſein Schweif polariſirtes Licht hat. Vereint mit H Arago habe ich dieſe Unterſuchungen angeſtellt, und wir fanden, daß das Licht der Kapelle daſſelbe ſei, bei jenem war es nur ſchwächer. Die Zahl der Cometen iſt ſchwer zu beſtimmen. Man hat hiſtoriſche Angaben bis 400 etwa, wovon 128 wirklich beobachtet ſind. Im 17t Jahrhundert ſind nur 10 geſehen; im 18t 65, und in unſern Jahrhundert ſchon 4 mit bloſſen [160./0166] Augen. Nach der Probalitätsrechnung giebt es 400000 in unſerm Sonnenſyſtem. 25. Vorlesung, 30. Januar 1828 Zwei Aſtronomen, H Morier in Paris und H Pons ehemals in Marſeille jetzt in Italien, haben beſonderes Verdienſt um die Beobachtung der Cometen. Die Zeit von 1769 bis 1807 war ſehr ungünſtig dafür, da kein ausgezeichneter Comet in dieſer Zeit erſchien. Die Wieder- kehr der Cometen iſt factiſch beſchränkt. Noch vor 8–9 Jahren kannte man mit Gewißheit nur die Wiederkehr des Halleyſchen, der 1682 denn 1759 wieder erſchien, und 1835 wird er von neuem erwartet. Auſſer dieſem konnte die Wiederkehr von keinem andern mit Gewißheit ange- geben werden, bis H Encke 1819 fand, daß einer regelmäßig in 3½ Jahren zurückkehre, der deshalb nach ihm benannt iſt. Mit einem 3t dieſer Art hat uns 1826 H Biela bereichert. Den von 1815 hat H Olbers berechnet, und ſeine Wiederkehr ſoll nach 75 Jahren ſtatt finden. Laland hat zuerſt Furcht vor den Cometen der Welt eingeflößt. Doch die Aſtronomen haben dieſe auch wieder durch die Beweiſe beſeitigt, daß noch kein Beiſpiel einer dadurch veranlaßten Zerſtörung bekannt iſt. Der von 1680 iſt der Oberfläche der Sonne bis auf 34,000 Meilen oder ⅝ Mondweite nahe gekommen, während er über 10,000000 Meilen von der Erde entfernt blieb. [161./0167] Unter allen bekannten C. iſt der von 1770 der Erde am nächſten gekommen, war aber dennoch 6 Mondweiten von ihr entfernt. Der Bielaſche Comet iſt 1826 der Erdbahn bis auf 2 Mondweiten nahe geweſen. Die Gefahr wird noch gemindert durch ihre geringe Maſſe, doch könnten ſie bei ihrer ſchnellen Bewegung, durch einen Stoß Veränderungen hervorbringen. So iſt es faſt gewiß, daß der Comet von 1670 durch das Syſtem der Jupiter Trabanten gegangen iſt, ohne daß eine Veränderung wahrgenommen wurde; ſie kreiſen nach wie vor. Und hätte dieſer Comet auch nur den 1/5000 Theil der Dichtigkeit unſerer Erde gehabt, ſo würde er das Jahr um 3 Stunden verlängert haben. Wir gehen zu den beiden planetariſchen Cometen über, die unſer Planetenſyſtem nicht verlaſſen. Der Enkeſche-Comet iſt der erſte der als ſolcher er- kannt iſt. Seine Bahn geht auf der einen Seite bis zum Mercur in die Sonnennähe, auf der andern bis über den Jupiter hinaus. Er wurde ſchon 1680 von Machin ent- deckt. 1780 ſah ihn Herſchels Tochter. 1805 und 1819 wurde er von Pons, 1822 von Encke in Neuholland, und 1825 von Harding zuerſt geſehen. Er bewegt ſich wie die Planeten von Weſten nach Oſten, und kann dem Erde ein ſehr nahe kommen, da er die Erdbahn nicht durchſchneidet. Seine Bewegung iſt in der Gegend der größern Planeten [162./0168] und ſo große Maſſen der Materie vermindern die Wurf- kraft, denn von 1785–1795 war ſeine mittlere Umlaufs- zeit 1208 2/10 Tage, von 1795–1805 war ſie 1207 7/10 Tage, und von 1805–1819 = 1207 2/10 Tage. Er wird das größte Licht über die Cometen verbreiten, und beſonders uns kennen lehren, welche Störungen er im Planetenſyſtem hervorbringen kann. Der Bielaſche-Comet iſt 1772 entdeckt, 1805 und 1826 wieder geſehen. Seine Umlaufszeit iſt 6 Jahre und 9 Monate. In ſeiner Sonnennähe ſchneidet er die Erdbahn, und in der Sonnenferne geht er über den Jupiter hinaus. Er kann unter allen für die Erde am gefährlichſten werden, da er die Erdbahn ſchneidet, und ſein Schweif ſich mit unſerer Atmosphäre vermiſchen kann. Das waren die beiden innern Cometen, und jetzt kommen wir zu den äußern Cometen. Nur der Lauf des Halleyſchen iſt uns beſtimmt bekannt. Er wurde 1456 zuerſt, zur Zeit als die Araber vertrieben wurden, beobachtet. Seine periodiſche Um- laufszeit dauert 77 Jahre. Er iſt 1682 wieder er- ſcheinen wo ihn Halley berechnete, und die Wiederkunft deſſelben auf das Jahr 1759 richtig voraus ſagte; er glaubte daß der Jupiter ihn zerſtören würde. – Der Comet von 1770 wurde von Lexly vorhergeſagt. Mit [163./0169] dieſem hat ſich Burchhart viel beſchäftigt. Seine Umlaufs- zeit war auf 5½ (?) Jahre beſtimmt, doch da er durch das Jupitersſyſtem gieng, hat er ſolche Störungen erlitten, daß er wahrſcheinlich ein wiederkehren wird, was ein Bewies ſeiner Dünnigkeit iſt. Er blieb 36 Erdhalbmeſſer von der Erde entfernt. – Den von 1825 hat H Olbers optiſch berechnet, wonach er 75 Jahre zu ſeiner Bahn gebraucht. Er hatte eine Entfernung von 34 Erdhalbmeſſer. Die Bahn der Himmelskörper kann nur bei einer be- ſtimmten Geſchwindigkeit hyperboliſch oder concentriſch ſein, bei vielmöglichſter Geſchwindigkeit dagegen muß ſie Hyperbeln und Ellipſen beſchreiben, und da zu elliptiſchen Bahnen ein geringerer Stoß gehört, ſo iſt es wahrſcheinlich daß, daß alle Cometen ſich in Ellipſen bewegen. Laplace hat anſchaulich gemacht, daß die Cometen keine Planeten können geweſen ſein, er hält ſie vielmehr für rotirende Nebelflecke, die durch Störungen zu einem andern Syſtem übergingen, und glaubt, daß alle Himmelskörper aus ſolchen Nebelflecken können hervorgegangen ſein. Wie Herſchel ſchon wahrnahm, daß ein oder mehrere Sterne in den Nebelflecken ſich bewegen und davon trennten, ſo könnten auch einzelne und ganze Gruppen von Sternen durch die Zu- ſammenziehung der Materie entſtehen, in denen auch 2 Kerne [164./0170] zwei Centralkörper bilden können. Laplace glaubt, daß dieſe Maſſe gleichzeitig rotirend ſich verdichte, und durch die Bildung der Kerne, die Rotation vermehrt werde, weil dieſe im Centre ſich bilden. Dadurch müſſe die Grenze der Atmosphäre kleiner werden, ſich alſo verdichten durch Zu- ſammenziehung, und ganze Zonen derſelben ſich ſo trennen, daß große Ringe entſtänden, in denen ſich die Materie um die ſchon gebildeten Kerne vertheile. Ebenſo wie aus ſolchen gröſſern Ringen um den Centralkörper ſich die Planete durch die Verknotung dieſer Zonen bildete, könnten dieſe wieder die noch nicht verdichtete Materie wieder in Atmos- phären und Ringen an ſich ziehen, wie wir es noch in dem Ringe des Saturns erkennen, und durch eine neue Verdichtung die Monde aus ihnen hervorgehen. Dieſe Theorie hat einige Aehn- lichkeit mit der Buffonſchen, noch welcher die Syſteme durch eine Zerſprengung groſſer Weltkörper entſtanden. Die Dauer unſers Syſtems beruht auf die Mechanick des Himmels. Im Mittelalter hielt man nur für ge- ſetzlich, was als ſolches immer wiederkehrt. Allein wir beobachten auch vieles periodiſch, was uns deshalb ſo erſcheint, weil es nicht nach leicht zu ergründenden Geſetzen begründet iſt. Die Geſetze ſcheinen nichts periodiſches vorzuſchreiben es iſt auch nicht einmal nothwendig, ſondern liegt in der Schweif unſers Erkennens früherer Bildung. Eine Ordnung der [165./0171] Dinge muß auf einander folgen, nur weil ſie eine größere Ordnung iſt, deren Gang wir nicht erkennen, ſo müſſen wir manche Erſcheinungen für periodiſch halten. – Kein Princip der Deſtruction liegt im Planetenſyſtem; Störungen können nur von auſſen kommen, und aus dem Herumkreiſen der Planeten entſtehen. Dieſe Störungen ſind zweierlei Art: a. daß ſie entweder die Richtung der Bahn verändern, die Planeten in ihre Bahn eindrücken, und dieſe ſind periodiſch; oder b, die die Bahnen officiren und ſo immer mehr und mehr die Storungen häufen. – Die Excentricität unſerer Erde wird immer abnehmen, bis ſie in 23,000 Jahren dieſe Periode vollbracht hat. Die Excentricität des Jupiters wächſt, während ſie beim Saturn abnimmt. Der Grund von der Sicherung gegen Störungen liegt darin, daß das Verhält- niß der Umlaufszeit dieſer beiden ſich nicht durch ganze Zahlen ausdrücken läßt, daß es irrational iſt. Es iſt faſt wie 2:5, wäre es ganz ſo, würden ſie ſich nicht allein ſelbſt, ſondern auch das ganze Planetenſyſtem zerſtören. Das Wichtigſte für die Stabilität ſind die großen Axen der Planeten, die immer in ihrer Bewegung unverän- derlich bleiben, ſo wie die ungeheure Maſſe des Central- körpers ſelbſt. Laplace ſieht noch 2 Gefahren, nämlich daß große dunſtförmige Maſſen im Weltall verbreitet, auch dieſe im Planetenſyſtem durch die Cometen es giebt, die eine größere [166./0172] Attraction ausüben könnten, doch würden dieſe nur periodiſch ſein. Eine andere Gefahr ſieht er in der Richtung der langen Axe, worin allein keine Periodicität gefunden iſt, ſie läßt aber nichts befürchten. Wiederholte Ueberſicht der Oeconomie und Einthei- lung des Ganzen der Vorleſung. Ich habe zuerſt ein Naturgemälde entworfen, dann eine Definition der Wiſſenſchaft gegeben. Hierauf einen Ueber- blick der Geſchichte der Entdeckungen, nicht eigentlich der Wiſſen- ſchaft gegeben. Dann habe ich mit den antitelluriſchen Er- ſcheinungen im Weltall begonnen, erſt die Nebelflecken, dann unſere abgeplattete Sternſchicht und dann das Sonnenſyſtem durchgenommen. Jetzt werden wir zu den telluriſchen Verhältniſſen übergehen. [167./0173] 26. Vorlesung, 2. Februar 1828 Zweiter Theil. Telluriſche Verhältniſſe unſerer Erde, oder phyſicaliſche Geographie im engern Sinne. Gewöhnlich nennt man dieſen Theil vorzugsweiſe die phyſicaliſche Geographie, nur Strabo umfaßte ihn in ſeiner Geographia univerſalis. Er zerfällt in 3 Hauptabtheilungen 1. In das Starre oder Feſte der Erde. 2. In die flüſſigen Hüllen, die elaſtiſch oder tropfbar ſind. 3. In die organiſchen Körper, Pflanzen und Thiere. Der Maſſe nach die kleinſten, aber im Aufſteigen vom Vegetabiliſchen zum Animaliſchen, um ſo mehr von der Form beſiegt und belebt. 1. Das Starre. Mit dem Starren beſchäftigt ſie die Geognoſie. Das Unpaſſende dieſer Benennung möchte ſchwer bei der allge- meinen Annahme zu bekämpfen ſein. Dieſer geognoſtiſche Theil zerfällt wieder in 5 Abtheilungen. a. Geſtalt und Dichtigkeit der Erde. b. Die innere Wärme und die Lichterſcheinungen derſelben. c. Der Magnetismus. d. Folgen der Communication der äuſſern Oberfläche mit dem Innern durch die Vulkane, Entſtehung der [168./0174] Erdbeben und Lagerung der Gebirgsarten, und Ge- ſchiebe der Verſteinerungen. e. Das Gegliederte der Continente in Bergketten. a. Geſtalt der Erde. Die Geſtalt der Erde zu erforſchen iſt nicht ein Gegen- ſtand der Neugierde allein, ſondern man hat ſich vergänglich neuerlichſt damit beſchäftigt, weil ihre Kenntniß ſehr wichtig für Schiffarth, Beſtimmung der Orte, für Land- karten, Meſſungen der Abſtände und für die Beſtimmung der Maaße geworden iſt. Die Beſtimmungen der Geſtalt ſind einzeln entſtanden. Wenig Geſchichtliches werde ich hier anführen, und mich nur an die Hauptmomente halten. Die Alten hielten die Erde für eine flache Erdſcheibe vom Ocean umfluthet. Die Anſicht daß die Erde rund ſei, hatte nach Plinius ſchon Thales und fand ſich dann auch in der ioniſchen Schule. Da aber Plinius oft unzuverläſſig iſt, ſo ſcheint es wahr- ſcheinlicher daß dieſe Anſicht der pythagoräiſchen Schule an- gehört, wo uns Phylolaus Bürgſchaft leiſtet, da er die- ſelben Gründe aufſtellte, die bis zur Umſchiffung der Weltkugel dafür gelten, alſo bis zum Anfange des 16t Jahrhunderts. Die Geſtalt des Erdſchattens im Monde, ſo wie die Bemerkung, daß auf der Reiſe von Cypern nach [169./0175] Aegypten das ſchöne Geſtirn des Centauren allmählig aufſteige, leiteten ihn dazu. Schon Ariſtoteles de coelo ſagt, die Erde muß eine ſphäriſche Geſtalt haben, da jedes Theilchen durch Anziehung nach dem Mittelpuncte getrieben wird, ſo müßten die äuſſern in gleichen Entfernung ſich anhäufen. – Die Idee der Gegenfüßler war bei den Alten ſchon gemein, und von Diogenes Laertius zuerſt ausgeſprochen. Merkwürdig genug daß dieſe Anſichten im Mittelalter wieder verworfen waren; ſo ſetzte der Pabſt Zacharias den Erzbiſchof von Salzburg ab, weil er äußerte daß es Antipoden gäbe. Ebenſo zeigen die Schwierigkeiten die man Columbus machte, daß dieſer Glaube damals nicht allgemein angenommen war. Die erſten Verſuche der Meſſungen wurden unter dem Califen Almammunion in Meſopotamien angeſtellt. Man kann nicht den ganzen Umfang meſſen, ſondern nur wenige Grade. So maaß man zuerſt geometriſch und aſtro- nomiſch, indem man von dem Scheitelpuncte eines Sterns bis zu dem eines andern maaß, und denn auch die Entfernung zwiſchen beiden nach Graden aufnahm; und da der Umfang der Erde wie jeder Kreis 360 Grade hat, ſo konnte die Größe der Erde leicht berechnet werden. Eine der leichteſte Methoden iſt von dem Holländer Schnellius 1674 angegeben, [170./0176] wonach man ein trigonometriſches Netz zog und die Baſis einer der hierdurch entſtehenden Triangel maaß, und die an- dern danach berechnete. Eine andere Methode iſt von Pitar aufgeſtellt, aber D’Alembert beweiſt daß dieſe alle nicht genau ſind, wenn ſie nicht mit der Verfolgung des Meridians vorgenommen werden. Ein anderer Theil der Meſſungen ſind die aſtronomiſchen. Hier wird der Winkel durch den Unterſchied der Meridianshöhen beſtimmt. Am einfachſten kann man ſie auch durch die Entfernung von 2 Zenithſternen finden. Die erſten Meſſungen werde Ariſtoteles zugeſchrieben, der Bibliothekar an den Muſeum in Alexandrien war; man weiß aber daß er ſie nur ab- ſchätzte, indem er einen Stift auf einen zinnerne Scheibe aufſtellte, auf der durch Ringe eine Scala angegeben war, wonach er den Umfang der Erde ziemlich genau traf, da er ihn auf 5800 Meilen berechnete, und der wahre 5400 Meilen hat. Eine ähnliche Meſſung iſt von Poſidonius dem Lehrer Ciceros vorgenommen, der den Canopus zur Hülfe nahm. Ptolemeus ſelbſt rühmt ſich eine Meſſung gemacht zu haben; dies ſoll vorzüglich die Veranlaſſung zur Aſtronomie in Arabien gegeben haben. Die erſten genauren Meſſungen ſind von Depica 1669 unternommen, und von Miraldi und den beiden Casſinis wieder genauer unterſucht. Merkwürdig genug fanden ſie, [171./0177] daß die Erde an den Polen nicht abgeplattet, ſondern zu- geſpitzt ſei. Da Newton aber bewies, daß ſie abge- plattet ſein müße, ſo wurden Meſſungen an den Polen ſelbſt hierdurch veranlaßt. Man fing im Anfange das 18t Jahrhunderts auch an Pendelverſuche anzuſtellen. Sie gaben Veranlaſſung der Reiſen von Richet, Casſini und Baudin nach Cajenne und Quito, wo ſie an den Schneegrenzen auf den Gebirgen, und auf dem niedern Belte der Flüſſe mühe- volle Beobachtungen anſtellten, die von 1735–1746 dauerten. Es ergab ſich daß die Pendel dort 2 Minuten 18 /?/ Secunden zu langſam gingen. Man bediente ſich hierbei der Pyramidal- ſignale, ſpäter wurden Feuerſignale angewendt; neuerlich hat H Besſel die Reflection des Sonnenlichts vorge- ſchlagen, und H Gaus hat hierbei eine ſolche Vorrichtung getroffen, daß man damit auf 26 Meilen ſignaliſirt hat. Eine andere Meſſung geſchah 1736 von Claiſot, Meaubertui und Monnier im Norden auf Lappland, und wurde auf dem Fluſſe Tornas angeſtellt, deren Richtigkeit aber immer noch, wie ſchon früher geſagt, zweifelhaft iſt. Die große franzöſiſche Meſſung hat die Beſtimmungen des Maaßes in Frankreich zur Folge gehabt. Der 10 millionenſte Theil von ¼ des Erdumfanges ſollte das Längenmaaß für den Meter, und der 1 tauſenſte Theil [172./0178] vom Cubicmeter deſtillirten Waſſer ſollte der Maaß des Kilograme’s ſein. Die von Tobias Meyer erfundenen Repitirkreiſe wurden hierbei zuerſt angewandt, wodurch ſich größere Fehler vermeiden laſſen. Die Meſſungen neuerer Zeit, die von England ausgingen, ſind von H Arago und Herſchel Sohn geleitet. Rußland und Finnland ſind von H Struwe gemeſſen. Das Reſultat dieſer verſchiedenen Meſſungen iſt, daß der Grad unter dem Aequator 57,700, in Frankreich 57,600 und in Lappland 57,200 Toiſen hat. Die größten Meſſungen mit Pendel ſind durch Engländer und Franzo- ſen angeſtellt. Die Meſſungen der Abplattung nach den Polen zu, ſchwanken aber noch zwiſchen 1/305 und 1/280. Dieſe Zweifel machen 360′ oder 1/18 der Abplattung. Der Aequator iſt demnach 10,700 Toiſen oder 67,200′ mehr von Centrum der Erde entfernt, als die Theile der Pole, ſo daß die Gegenden unter dem Aequator etwa 3 Meilen, oder zwiſchen 2–3 doppelte Höhe der größten Berge, höher als die an den Palme ſind. Man hat geglaubt hierin auch den Grund des günſtigern Climas der Tropenländer zu finden. Die Gradmeſſungen geben immer weniger Abplattung wie die Pendel. Nach der Bahn des Mondes iſt ſie 1/299, nach dem Pendel 1/280–1/290. Die Meſſungen in der ſüdlichen Hemisphäre von La Caille, Freycinet, Duperet und einiger Spanier in Peru und Chili [173./0179] haben erwieſen, daß die Erde nach beiden Polen zu, gleichmäßig abgeplattet iſt. Aber unter verſchiedenen Meri- dianen ſind die Reſultate der Meſſungen oft ſehr ab- weichend geweſen. In einigen Gegenden von England hat man nur 1/130 /?/ Abplattung gefunden, wonach die Pole ſpitz ſein müßten, in Frankreich dagegen 1/239. Wir ſehen hieraus daß die Erde ein Streben zur Regelmäßigkeit hat, es aber nicht ganz geworden iſt. Auf Veranlaſſung der franzöſiſchen Regierung ſind Meſſungen von Bourdeaux bis Fiume, einer Weite von 15 Längengrade, angeſtellt, und Oeſtreich läßt dieſe durch Ungarn fortſetzen, ſo daß dieſe Meſſung in einer geraden Richtung von Weſten nach Oſten 24 Längengrade betragen wird. Ehe ich dieſen Abſchnitt verlaſſe, muß ich über die Figur der Erde noch Einiges ſagen. Man hat dieſe, und vorzüglich die Abplattung auf 3 verſchiedene Arten bewieſen. Als durch die Mondtheorie, den Gradmeſſungen und durch die Pendel verſuche. Es iſt merkwürdig, daß die beiden erſtern faſt daſſelbe Reſultat geben, nämlich nach der Mondtheorie beträgt die Abplattung 1/304, und nach angeſtellten Meſſungen 1/305. Die Pendelverſuche dagegen ergeben nur 1/290. Es beträgt dieſe Verſchiedenheit aber nicht mehr als 3500 Fuß des Aequinoctialhalbmeſſers [174./0180] oder 1/5000 des Erddurchmeſſers; ſie iſt ſo geringe als wenn man ſich an der Höhe der Schneekoppe um einen Fuß geirrt habe. Die Pendelverſuche geben nur die Abplattung, aber nicht die Größe, den Umfang. Man kann jetzt ohne eine Obſervatorium zu verlaſſen, den Umfang der Erde aus der Mondtheorie angeben, da die Parallaxe von der Höhe des Mondes ausgeſchloſſen den Umfang giebt. La Cailles Behauptung, daß die ſüdliche Hemisphäre mehr als die nördliche abgeplattet ſei, iſt durch die Meſſungen von Alex. Mareſpina an der Weſtküſte von Südamerika, und des Generals Brieske in Neuholland widerlegt, nach welchen, nach beiden Polen zu die Abplattung gleich- mäſſig iſt. Die Unregelmäßigkeit der Erde kann oft groſſe Täuſchungen hervorbringen. Im ſüdlichen Theile von England, weicht ſie ſo ſtark gegen den nördlichen ab, daß danach die Pole zugeſpitzt ſein müßten. Es iſt merkwürdig genug daß gerade auf den Inſeln dieſe Unregelmäßigkeiten ſo groß ſind, denn wenn man unter denſelben Meridian fort- geht, erſcheint die Abplattung weit regelmäſſiger da ſie in Frankreich 1/55 iſt. Durch Pendelverſuche kann man faſt auch auf die geo- gnoſtiſche Beſchaffenheit der Erde ſchließen. Freycinet, Duperet und Watſon fanden, daß auf den ſüdlichen vul- [175./0181] kaniſchen Inſeln, zu denen Isle de France gehört, das Pendel ſchneller ſchwingt, und in einem Tage 12–13 Oscillationen mehr machte, die Attraction daher ſtärker als auf dem Continente ſein muß. Es ſcheint von der Dichtigkeit der Maſſen im Innern der Erde bedingt zu ſein, da die Nähe einer Platinkugel einen groſſen Einfluß auf die Oscillationen des Pendels zeigt, denn je dichter die Maſſen um ſo mehr Pendelſchwingungen, und um ſo weniger abgeplattet würde die Erde ſein. Man muß bei Pendelverſuchen daher wohl unterſcheiden, ob die geognoſtiſche Unterlage urſprünglich, oder durch vulkaniſche Erſcheinungen aus dem Innern der Erde emporgehoben iſt. 27. Vorlesung, 6. Februar 1828 In neuern Zeiten hat auf Laplace’s Anrathen, das franzöſiſche Gouvernement in Verbindung mit Sardinien und Oeſtreich, eine Meſſung in der Richtung der Parallele von Weſten nach Oſten ausführen laſſen, um zu unterſuchen, ob auch eine Abplattung von Oſten nach Weſten ſei. Schon 1733 haben Miraldi und Casſini, aber mit unvollkommenen Inſtrumenten ſolche Meſſungen unternommen, die natürlich zu keinem richtige Reſultate führten. Dieſe Operationen aber von Bousſot, Henry und andere geleitet, und ſchon in einer Entfernung von 15 Längengraden ausgeführt, gehen von Bordeaux bis Fiume über die Spitzen des [176./0182] Mont blanc und Mont Cenis weg, auf denen Signale ſtehen Oeſtreich läßt jetzt dieſe Meſſungen bis an die öſtlichen Grenzen Ungarns fortſetzen, ſo daß ſie wie ſchon erwähnt 24 Längengrade betragen werden. Durch dieſe Meſſungen hat man eine ſehr bedeutende Abplattung gefunden, die noch größe als die nach den Polen zu iſt, da ſie 1/260–1/270 beträgt. Doch hat H Bousſot darauf aufmerkſam gemacht, daß man die fernere Ergebniſſe erſt abwarten müße, da die hohen Berge wohl durch ein größeres Reſultat täuſchen könnten. Die Dichtigkeit der Erde nimmt nach dem Centrum zu, und wahrſcheinlich oder vielmehr gewiß, gleichmäßig wie das Quadrat der Oberfläche. Nach Laplace iſt dieſe Zunahme der Dichtigkeit höchſt wichtig für die Stabilität der Meere; wären ſie mit Queckſilber gefüllt, das durch ſeine eigene Schwere auch minder von der Dichtigkeit der Erde angezogen würde, ſo könnte es den ſtarren Theilen gefährlich werden. Die Zunahme der Dichtigkeit läßt ſich auch aus der Abplattung ſchließen, da dieſe ſonſt 1/230 ſein würde. – Die Dichtigkeit der Erde braucht nicht in feſter ſtarren Maſſe, wie Metalle, Magneteiſenſtein u. ſ. w. zu zunehmen, es können auch flüſſige oder gasförmige Körper ſein, die durch den auszuhaltende ungeheuren Druck com- primirt werden würde. Der alte Glaube, daß das Innere der Erde hohl ſei, iſt neuerlich wieder durch den Capitain und [177./0183] Aſtronomen Simſen in Nordamerika, in Anregung gebracht, der ſogar ſelbſt eine Schilderung davon giebt. – !! H Chladni hat ſehr richtig bemerkt, daß wenn im Innern der Erde Luft wäre, dieſe eine ſo ſtarke Compreſſion erleiden würde, daß ſie phosphoriſch leuchten müßte. Schon Halley und auch Lichten- berg haben geſucht, der Idee, daß die Erde hohl ſei, Wahr- ſcheinlichkeit zu geben. Die Erde iſt nicht allein gemeſſen, ſondern auch gewogen, und zwar mit großer Genauigkeit. Die Theorie konnte ſchon das Verhältniß geben, welches die Erde im Gewichte gegen das Waſſer hat. Wenn man die Geſetze des Gleichgewichts, der Abplattung, der Rotation, und des zu- nehmenden Druck’s der Dichtigkeit, der von der Oberfläche ausgeht, ſo giebt dies eine Theorie für die mittlere Dichtigkeit der Erde. Die unmittelbare Abwägung hat daſſelbe zu- gegeben, wonach die mittlere Dichtigkeit 4,7 iſt, alſo 47/10 mal dichter als Waſſer. Man hat daraus ſchließen wollen, daß die Erde einen metalliſchen Kern habe. Eine andere Unterſuchung der Dichtigkeit der Erde geſchieht durch die Attraction der Berge. Man wählt nämlich im Ge- birge das von Weſten nach Oſten ſtreicht, nimmt zur Meſſung ein aſtronomiſches Inſtrument das mit einen Pendel ver- ſehen iſt, und mißt unter Zenithſternen die Berge auf [178./0184] auf der nördlichen und ſüdlichen Seite. Die eine Seite wird eine ſtärkere Attraction zeigen als die andere, die durch die Ablenkung des Pendels erkennt wird. Die innere Maſſe hat nach ihrer Dichtigkeit eine ſtärkere oder geringere Abweichung. So fanden H Baudin und Bourges als ſie bei Quito die Anden maaßen eine geringere Anzie- hung, als hätte ſeine müßen, und ſie ſchloſſen mit Recht darauf daß das Innere derſelben hohl ſein müße. Vergleicht man die beiden Meſſungen mit einander, und kennt die Gebirgs- arten des dazwiſchen gelegenen Gebirges, ſo läßt ſich leicht beſtimmen, wieviel von der Attraction der Erde, und wie- viel dem Gebirge angehört. H Plefery fand ſo bei drei Gebirgsarten die Attraction, und zog die dieſen zu kom̃ende davon ab, und fand ſo gleichfalls die Dichtigkeit der Erde 4,7. H Carini in Mailand hat am Mont Cenis ähnliche Meſſungen vorgenommen, H Briol in Bordeaux, und H Zach hat die Berge um Marſeillen gemeſſen. Alle Beſtimmungen ſchwanken um obige Zahl. Eine dritte Art die Dichtigkeit der Körper zu beſtimmen iſt die vermittelſt der Drehwege. Schon 1668 war Mitſchel auf die Idee gekommen, durch einen an einem Faden aufge- hängten Stab die Attraction der Körper, und nach dieſer ihre Dichtigkeit zu beſtimmen. Sie wurde nachher von H Caillon [179./0185] 1771 eingeführt, nachdem ſie von H Cavendish verbeſſert war. Er hing nämlich einen Stab, deſſen beide Enden mit einer kleinen Bleikugel verſehen waren, in eine Schwerpuncte an einem Faden auf, und umgab dieſen mit einem gläſernen Kaſten. Wurde nun einer dieſer beiden Kugeln eine größere Blei- kugel genähert, ſo erregte dieſe bei jenen durch die größere Anziehung ihres Volumens Oscillationen, nach deren Stärke die Quantität der Anziehung iſt. Auf dieſe Weiſe fand Cavendish die Dichtigkeit der Erde zu 5,1; doch hat Caillon gezeigt daß ſie wahrſcheinlich 4,7 und vielleicht noch geringer iſt. Die Verſuche mit der Drehwege haben das Nachtheilige, daß die Annäherung eines jeden Körpers Einfluß darauf hat, weshalb man ſie in einiger Entfernung mit Fernröhren beobachtete. Wir kommen nun zu 3 andern Phänomenen, der innern Wärme, des Magnetismus der Erde, und des Polarlichts, die in einer genauern Verbindung mit einander zu ſtehen ſcheinen. 1. Die innere Wärme. Ueber ihre Verbreitung kann ich hier nur allgemeine Mittheilungen geben, auch nicht in chemiſcher Beziehung auſeinander ſetzen, ſondern nur von ihrer geographiſchen Verbreitung reden. Der Einfluß der Wärme überhaupt iſt 3 Einflußen unterworfen: a. Von auſſen durch die Sonnenſtrahlen, deren Einfluß verſchieden [180./0186] nach ihren Einfallswinkel und der Dauer iſt. b. Eine Theilnahme an der Wärme die im Weltraum exiſtirt, durch das Strahlen der Weltkörper gegen einander. Wir können ſie nicht meſſen, aber die Temperatur der ver- ſchiedenen Jahreszeiten läßt dieſe Wahrheit nicht beſtreiten. Die Wärme würde ungeachtet der Hülle der Atmosphäre ausſtrahlen, und größere Temperaturverſchiedenheiten zur Folge haben. H Delambert hat bewieſen, daß wenn den Weltraum nicht eigene Wärme hätte, ſchon im October alle Wärme des Sommers durch die Pole würde entgangen ſein; und er glaubt, daß ſie der mittleren Temperatur der Polarländer gleich ſei. c. Die primitive Wärme welche der Erde angehört, die ſich bei der Oxydirung der äuſſern Rinde bildete, und noch zum Theil im Innern eingeſchloſſen iſt. Denn wenn ein flüſſiger Körper in einen ſtarren übergeht, wird innere primitive Wärme entbunden, ſo auch bei der Erde. Sie hat faſt keinen Einfluß auf die äußere Temperatur. Es iſt hier ein ſolches Gleichgewicht der äußern Wärme und der Mittheilung derſelben aus dem Innern, durch die Pole ſo hergeſtellt, daß in Jahrtauſenden die Erkältung nicht um 1/30° R. verändert wird. Die Wärme aus dem Innern der Erde hat auf die äußere aber auch kaum ¼° R. Einfluß. [181./0187] 28. Vorlesung, 9. Februar 1828 Die Perioden der Wärme ſind verſchieden nach den Jahres- zeiten. So iſt die Wärme bei 2–2½′ Tiefe binnen 24 Stunden keiner Veränderung durch die äußere W. unterworfen; bei 22′ Tiefe iſt die mittlere Temperatur für jeden Theil der Erde gleichmäßig. Herr Arago fand in dem Keller des Obſervatoriums zu Paris, an einem der heiſſeſten Tage /den 20t Jul 1825/ bei 26½° äußerer Temperatur, wo der Sand 42° hatte, der in den Tropen oft 52° Wärme annimmt, folgende Reſultate: bei 1½′ Tiefe 22½° Wärme, bei 10′ Tiefe 11°, und bei 20′ Tiefe aber ſchon, ungeachtet der warmen Jahreszeit die mittlere Temperatur von 92/10°, die etwa um 1° höher als die mittlere Temperatur der Luft iſt. Hieraus folgt, alle Punkte in einer Vertikale erreichen nicht zu gleicher Zeit das Maximum und Minimum der Temperatur. Lambert und früher ſchon Sausſure haben Thermometer von 20–80′ Länge in die Erde gelaſſen, die daſſelbe Reſultat geben. Bei einer Tiefe von 100–120′ iſt keine Gährung ? mehr. Bis zu 10′ Tiefe braucht die Wärme 2–3 Monate, dann im 8br erſt fing die Wärme bei 8′ Tiefe an zu zunehme. Der Temperaturzuſtand des Erdkörpers iſt ſich innere gleich, was er am Aequator erhält, verliert er wieder durch das Auſſtrömen an den Polen. Mondbeobachtungen zeigen, daß die Dauer des Tages ſeit Hipparchs Zeiten nicht um 1/4000 Theil abgenommen hat, [182./0188] alſo keine Veränderung der Rotation der Erde ſtatt fand. Wäre aber die Rotation und Translation der Erde in Zu- nehmen, ſo würde der Punct, wo die gleiche Temperatur in der Erde iſt, der Oberfläche näher rücken, weil denn eine ſchnelle Zu- und Abnahme der Wärme entſtände. Dieſe Puncte ver- halten ſich wie die Dauer der Wärme ſelbſt, oder wie der- jenige Punct der täglichen Wärme zu der Dauer der Jahres- zeiten, oder wie 1:19, der Quadratwurzel aus 365. Es giebt 2 Mittel die primitive Wärme der Erde zu meſſen, nämlich durch Beobachtungen in den ſtarren Theilen der Erde, als in Bergwerken und durch Bohrlöcher, und durch Beobachtungen der Wärme in den Quellen ſelbſt, die nicht blos die Leiter der Wärme ſind, ſondern ſie auch durch das Eindringen ins Innere erzeugten. Es hat ſich ergeben, daß die Erdwärme in den kältern Gegenden größer iſt, als in den gemäßigſten, und wahrſchein- lich auch in den Tropenländern. Der H L. von Buch hat dieſe Anſichten herrlich entwickelt, ſo wie die Theorie der Vulkane und die Erzeugung der Feuerſtröme, die in einer beſtändigen Circulation mit dem Innern der Erde ſind. Dieſe richtigen Ideen über die Centralwärme exiſtirten nach Plato ſchon bei den Alten. In der Zwiſchenzeit der mittlere Jahrhunderte finden wir keine Spur davon. Später hat Merang in einem großen Abſtande 1720–1765 zwei Abhand- [183./0189] lungen über die Centralwärme der Academie übergeben, die aber voll von Irrthümern ſind. Vorzüglich Beobachtungen hat Lambert angeſtellt, früher hatten jedoch Jean San in den Vogeſen und Sausſure bei Breſt /?/ ſchon Unterſuchungen in Bohrlöchern veranſtaltet. Die merkwürdigſten Verſuche ſind aber in England durch Fox und Beuth angeſtellt, welche die Wärme der tiefſten Bergwerke beobachteten. Die beſten Verſuche durch Bohr- löcher hat H Treber in Sachſen angeſtellt. Er fand in einer Tiefe von 120 Lachtern, eine Wärme von 12° R. da die mittlere T. von Freiberg nur 6° R. hat. Die Tiefen der Steinkohlen- bergwerke in England haben 20° R. Selbſt auf hochliegenden Bergen iſt die T. in den Gruben bedeutend verſchieden. So fand ich in Gruben auf Bergen in Peru, die über 11,000′ hoch waren eine Temp. von 15°, und wo die mittlere T. der Luft der von Berlin ziemlich gleich kommt. In den ſehr hoch gelegenen Gruben etwa 14,400′ von Acunto in Mexico, fand man eine Quelle die 27° warmes Waſſer hat, während die Temperatur der Grube nur 13° beträgt. Daß die Temperatur mit der Tiefe zunimmt, leidet keinen Zweifel, und zwar weit ſchneller iſt dieſe Zunahme, als es die Abnahme der Temperatur über der Oberfläche der Erde, nach den obern Luftſchichten zu iſt. Denn bei 80′ Tiefe nimmt die Wärme ſchon um 1° zu, in der Luft dagegen muß man 650′ hoch ſteigen um den Unterſchied von 1° zufinden. [184./0190] Die beſtimmteſten Verſuche ſind die welche in den Keller des Obſervatoriums zu Paris angeſtellt ſind, wo eine blei- bende T. von 94/10° in der Tiefe von 85′ iſt, während Paris die mittlere T. von 8½° hat. Die Verſuche durch Quellen die innere Temperatur der Erde zu finden, ſind zuerſt 1775 von einem engliſcher Phyſiker angeſtellt, der ein conſtantes Verhältniß in den Quellen fand. Man hat 2 verſchiedene Arten von Quellen beobachtet, nämlich ſolche deren T. unverändert bleibt, und ſolche welche einem monatlichen Wechſel unterworfen ſind. Von der großen Erdwärme welche im Innern der Erde am Nordpol herſcht, haben die Unterſuchungen der Herren von Buch und Wahlenberg, höchſt intereſſante Reſultate gegeben. Es giebt hier Quellen, wie ſelbſt auch in den Hudſonsbay, die bei der ſtärkſten Kälte nicht verſiegen. Nach von Buch nimmt die T. im Innern der Erde den Zonen zu, ab, was er auf den canariſchen Inſeln beſtätigt fand. In Schwe- den bei einer Breite von 66° fand Wahlenberg Quellen von 4–6° Wärme. Dagegen näher nach dem Süden zu, zwiſchen 58–60° Breite iſt die T. der Quellen gleich der der Luft. In Italien dagegen und auf den canariſchen Inſeln ſind die Quellen kälter als die Atmosphäre, und ſelten über 11°. Man hat die Urſache davon in der weiteren Entfernung der [185./0191] dem Aequator näher gelegenen Länder vom Centrum der Erde, als es die Polarländer ſind, geſucht, doch dieſer Einfluß iſt nicht ſo groß als man glauben ſollte. Denn die Schichten welche ungleich vom Centrum entfernt ſind, können doch eine gleiche innere Wärme haben, da die Quellen welche von den Bergen kommen, nicht immer die Kälte ihrer T. haben, ſondern oft wärmen als die der Ebenen ſind. Die Urſachen deren ſind mannigfaltig. Eine der wichtigſten iſt die Regenzeit in den Wintermonaten der Tropenländer, wo das Waſſer von niedriger T. die Wärme des Erdkörpers vermindert. Der Schnee dagegen iſt ein ſchlechter Wärmeleiter, er hindert daß die Wärme herauskommt, und die periodiſche Veränderung wird dadurch geringer. Wenn in der nördlichen Zone, der Erdkörper mehr erwärmt iſt als in der ſüdlichen, ſo kann dies nur von der größere Maſſe der ſtarren Theile herrühren. Man hat nämlich in gleicher Tiefe und unter gleichen Breitegraden vom Aequator, nicht dieſelbe T. zu finden geglaubt, und in der nördlichen die Wärme ſtärker wahrgenommen. Das letzte Phänomen ſind die Eismaſſen im Innern der Erde ſelbſt gefunden. Mali erwähnt in dem ruſſiſchen Archiv gefunden zu haben, daß bei Irkutsk die Kaſacken an einem Brunnen bei 100′ Tiefe nicht weiter graben konnten, [186./0192] weil ſie auf feſtes Eis ſtießen. Wenn gleich dieſe Angabe wenig Glauben verdient, ſo iſt die in der neueſten Zeit von Capitain Fränklin unternommene Landreiſe nach dem Mackenzie- und Kupferminenfluß mehr Bürgſchaft dafür. Dieſer hat unter einer Breite von 65½°, in einer Tiefe von 3′ feſte Eismaſſen gefunden. Es hätte hier wohl unter- ſucht werden ſollen, ob und bei welcher Tiefe ſich wieder eisfrei ErdMaſſen zeigen. Man findet jedoch in dieſen Gegenden ſelbſt mit Pflanzen bewachſene Erdſchichten, die Eis zur Unterlage haben. So hat der Capitain Davy auf Eis- maſſen die nur 3′ mit Erde bedeckt waren ſelbſt baum- artige Gewächſe gefunden. Noch muß ich bei der Anſicht über die Temperatur der Quellen erwähnen, daß diejenigen Quellen welche ſo reich an Kohlenſäure ſind, immer einer 3–4° höhern T. haben, als die ohne Kohlenſäure; wahrſcheinlich kommen die Q. mit Kohlenſäure tiefer hervor, und ſind vulkaniſchen Urſprungs. Selbſt gleiche Verſchiedenheit zeigt ſich, wenn ſie auch beide dicht neben einander ſind. 2. Der Magnetismus. Nicht die Theorie deſſelben, noch die Aufzählung der Phäno- mene werde ich hier erörtern, ſondern nur von der geographiſche [187./0193] Vertheilung deſſelben werde ich reden, aber doch Mehreres aus dem Gebiete der Phyſic dabei erwähnen. Eine der älteſten Beobachtung iſt, daß der Magnetismus dem Eiſen und beſonders dem Eiſenerz allein angehöre, und dieſes an der Erdoberfläche ihn ſtärker beſitze als in der Tiefe. Reines Eiſen kann ſeinen Magnetismus nicht in vertheiltem Zuſtande lange behalten; wohl aber kann der Stahl, der eine Vereinigung von Eiſen mit etwas Kohle iſt, oder Eiſen in Ver- bindung mit etwas Schwefel oder Phosphor, die magnetiſche Kraft leicht an ſich ſelten, wenn es ein magnetiſchen Zuſtande gerieben wird, und zwar am beſten mit einem Magnete. In neuern Zeiten iſt erſt entdeckt, daß außer dem Eiſen, auch metalliſches Nickel, Kobalt, Mangan und Chrom vom Magnet angezogen werden, dieſe Eigenſchaft aber durch Ein- miſchung von Arſenik verlieren. – Herr Arago hat dargethan, daß alle Körper tranſitoriſch von magnetiſchen Kräften ſollicitirt werden können. Er wurde zuerſt darauf aufmerkſam gemacht, als er zu Paris Pendelverſuche anſtellte, die Schwingungen deſſelben aber ſo gehemmt wurden, als wenn es ſich im Waſſer bewege, und nach einigen 20 Schwingungen ſtand es ſtill. Später fand er, daß dies von kupfernen Ringen herrühren, die an den Seitenſtäben befeſtigt waren, was ihn zu der Entdeckung leitete, daß alle Körper ſelbſt die nicht [188./0194] metalliſchen, Einfluß auf die Pole der Nadel haben, und daß feſt alle Körper, als Holz, Papier etc. etc. je ſogar Waſſer und Eis magnetiſch werden können, von Magnetismus afficirt werden. Bei dieſen iſt der Magnetismus aber nicht blei- bend, ſondern nur tranſitoriſch erregt. Man hat auch gezeigt daß durch Schwingungen dieſen Körper die Nadel in Bewe- gung geräth. Schon Coulomb hat von langen Zeit ge- zeigt, daß alle Körper vom Magnete ſchwach afficirt werden, aber die feinſten Werkzeuge ſind erforderlich, um es zu bemerken. Hanſteen hat eine magnetiſche Polarität aller Gegenſtände auf der Oberfläche der Erde durch ſehr ſinnreiche Verſuche be- wieſen, indem er gefunden hat, daß die Magnetnadel nahm an der Erde auf der nördlichen Seite z. B. eines Baum’s, eines Phal’s, eine größere Anzahl Schwingungen in einer beſtimmten Zeit macht, als auf der ſüdlichen Seite deſſelben, daß ſie aber umgekehrt auf der ſüdlichen Seite des oberen Endes des Phals oder des Baumes geſchwinden ſchwingt, als auf der nördlichen, welches in dieſen Gegenſtänden eine ſchwacher magnetiſche Polarität anzeigt. Sie haben alle den Nordpol unten und den Südpol oben. Es iſt folglich keinem Zweifel unterworfen, daß nicht jeder Theil des Erdbodens an der allgemeinen Vertheilung des Magnetismus Antheil nehmen ſollten, [189./0195] allein durch unſere magnetiſchen Verſuche wiſſen wir, daß dieſelbe unendlich viele Male ſtärker in den Eiſenerzen, dem Eiſen und in eiſenhaltigen Körpern iſt, und die Erfah- rung hat uns gelehrt, daß dieſe Metall in größerer oder geringerer Menge einen Beſtandtheil der Körper unſers Erdbodens ausmacht. Eine nothwendige Folge deren iſt, daß die ungleiche Vertheilung dieſes Metalls in der ur- alten innere Maſſe des Erdbodens auch auf die Magnetnadel Einfluß haben, und die Abweichung derſelben, vielleicht auch ihre Neigung, verändern müßte, je nachdem die Erde in größerer oder geringerer Entfernung nach Oſten oder Weſten zu, oder auch näher unter ihrer Oberfläche, reichhaltiger an dieſem Metalle iſt. Die jährlichen Veränderungen der Abweichung können von Veränderungen in der magnetiſchen Kraft der Erde herrühren, welche durch die in ihrem Innern fortwährend vor ſich gehenden chemiſchen Proceſſe verurſacht werden. Ampère und Arago fanden, daß, wenn man einen Metall dreht in Spiralform, d. h. in einer Schraubenlinie, dreht, und nachher durch dieſe Spirale die elect. Entladung leitet, ſo bildet die Spirale einen Magnet, der dem gewöhnliche künſtlichen Magnet in allen ſeinen Eigenſchaften vollkommen ähnelt. Es ſoll aber dabei auf die Richtung der Schraube ankommen. Durch H Poggendorfs und Schweigers Ent- [190./0196] deckung iſt es möglich geworden, durch die Magnetnadel die Exiſtenz einer noch ſo ſchwacher Säure anzuzeigen, die man durch chemiſche Reagentien nicht entdecken kann, und dieſes geſchieht vermittelſt der Hydroelektricität. Herr Seebeck hat die Entdeckung gemacht, daß in Metallen /2 verſchiedenen/, welche ſich an zwei, von einander entfernten Stellen berühren, von denen die eine erſitzt wird, ein elektriſcher Strom entſtehe, welcher die Metalle mit voll- kommen derſelben Art Polarität, wie bei Entladung des elektriſchen Paares, magnetiſch macht. Thermoelektricität. Beim Verrücken des magnetiſchen Aequators iſt keine Verſchiedenheit der Temperatur bemerkt. Die Einflüſſe der verſch. Erwärmung durch die Sonnenſtrahlen auf der Oberfläche der Erde, die auch auf chemiſche Veränderungen ſoviel Einfluß haben, machen es wahrſcheinlich, daß ſie auch die elektro- magnetiſche Spannung der Erde modificiren, und die zum Theil abhängig von der Veränderung der Wärme auf der Oberfläche oder im Innern der Erde iſt. Die Sonnenſtrahlen bringen ebenfalls Magnetismus hervor, aber nur die violetten, eine Bemerkung die zuerſt H Morichini in Rom machte. H Boulaton fand, daß durch ihre Einwirkung, das was zuvor der Nordpol war, in den Südpol verwandelt wurde. [191./0197] 29. Vorlesung, 13. Februar 1828 Ueber die magnetiſchen Kräfte ſind von mir die höchſten Meſſungen auf Bergen z. B. in der Grotte Ascellana angeſtellt, die 15000′ hoch liegt, und wo ſie ſich wie 23:21 verhielt. Dies Reſultat konnte aber nicht genau ſein, weil in der Grotte Trachinitſteine waren, die wohl darauf einwirken konnten. Auf einer aeroſtatiſchen Reiſe dagegen hat ſich Gay Lusſac zu einer Höhe von 21,500 emporgeſchwungen, wo er die Mag- netnadel ſchwingen ließ, die aber daſſelbe Reſultat gab, als in dem unter ihm gelegenen Paris. Dieſe Luftfahrt machte Gay Lusſac an einen ſehr warmen Tage wo das Thermometer in Paris 26° R. zeigte, und in jener Höhe hatte er 9° Kälte zu ertragen. Dieſe Beobachtung leitete zu dem falſchen Schluſſe, daß auf dieſer Höhe dieſelbe magnetiſche Spannung ſei wie auf der Oberfläche der Erde. – Herr Kupfer hat aber bewieſen, daß bei einer Zunahme der Wärme, auch die magnetiſchen Kräfte ſtärker werden, und gezeigt daß in den höhern und kältern Luftſchichten auch die magnetiſchen Kräfte geringer ſein müſſen. H Erman hat auch eine Reihe ähnlicher Verſuche in den Tiefen der Bergwerke vorgenommen, aber hier keine beſtimmte Zunahme der mag- netiſchen Kräfte ergründen können. Herr Trauton in England ſtellte die höchſt eigene Behauptung auf, daß die magnetiſchen Kräfte im dunkeln nicht dieſelben wären, [192./0198] als diejenigen welche beim Tageslichte ſich äuſſern. Aber die erſten Verſuche über die Pendelſchwingungen der Mag- netnadel wurden von Casſini in den Kellern des Pariſer Obſervatoriums angeſtellt, und vielfältige Wiederholungen haben keine Differenz gezeigt. Es iſt hier nicht der Ort, die Urſachen des Magnetismus ſelbſt zu erforſchen, ich werde nur Hypotheſen heraus haben, und in ſoweit dieſen Theil behandeln, als er mit den Ge- ographiſchen in Verbindung ſteht. Schon früher habe ich darauf hingedeutet, wie die pri- mitive Wärme von der Erſtarrung des Erdkörpers herrührt, und auf gleiche Weiſe iſt es möglich, daß ſo auch die magneti- ſchen Kräfte entſtanden ſind. Noch andere Ideen ſind über die Entſtehung derſelben geäußert, wie die Erzeugung durch die Sonnenſtrahlen, doch könnten die magnetiſchen Kräfte denn nur der Rinde mitgetheilt ſein. etc. etc. Es giebt 3 verſchiedene Erſcheinungen der magnetiſchen Kräfte: a. Die magnetiſche Abweichung, b. Die magnetiſche Neigung, c. Die magnetiſche Intenſität, die man erſt ſeit einigen 20 Jahren kennt. Zwiſchen 60–70° nördlicher Breite liegt der magnetiſchen [193./0199] Pol, und man hat geglaubt, daß auch da das Maximum der Kälte ſei. H Walter /?/ will dies dadurch beweiſen, daß Amerika unter gleichen Breitegraden kälter iſt als Europa. Dieſer Unterſchied des Clima’s liegt aber in der menſchlichen Kultur ſelbſt, welche ſich vorzugsweiſe auf der Weſtküſte des alten und der Oſtküſte des neuen Continents ausdehnte, und aus früher ange- gebenen Gründen haben wir geſehen, daß in der nördlichen Hemisphäre die Weſtküſten der Länder immer wärmer ſind als die öſtlichen. Will man daher in Amerika die gleiche mittlere Temperatur von Berlin ſuchen, ſo muß, ſo muß man nicht unter demſelben Breitegrade, ſondern mehr ſüdlich gehen. H Walter will es davon herleiten, daß Canada ſüdlich vom Magnetpole liegt, folglich Amerika eine näher Polardiſtance habe, welche die verſchiedene Temperatur hervorbringen. Noch 2 Gründe ſind gegen dieſe Hypotheſe. Die größte Kälte herſcht nach Sabine nicht da, wo der magnetiſche Pol iſt, ſondern zwiſchen den Inſeln von Neuſibirien und der Behringsſtraße, alſo nordweſtlich von dieſen, wo die Eisſchollen nicht ab- laufen können, und nicht auf der öſtlichen Küſte Amerika’s in der Nähe des magnet. Pols iſt die ſtärkſte Kälte. [194./0200] Eine andere Idee hatte H Klügel, welcher glaubte, daß die magnetiſchen Pole die alten der Erde ſein könnten. Laplace hat dies aber durch die Gradmeſſungen widerlegt, da dort das Maximum der Abplattung ſich findet, wo jetzt der Pol noch iſt. Die weſtliche Abplattung kennen wir noch zu wenig, um nach ihr etwas beſtimmen zu können. Merkwürdig iſt es, daß wenn man die an- geſtellte Meſſung von Weſten nach Oſten in 5 gleiche Theile theilt, die Erde ſehr unregelmäßig erſcheint, da gerade die Theile in welchen die hohen Gebirge der Schweiz und Savoyen mit dem Montblanc liegen, weniger Ab- plattung zeigen, als in den Theilen der Ebenen, wo auf einem Grad 40,000 Toiſen kommen. Der Durch- ſchnitt dieſer verſchiedenen Abplattung iſt 1/250 Theil. Alle dieſe Meſſungen von Weſten nach Oſten ſind von großer Wichtigkeit, und ſo wird auch die vom General Müffling geleitete von Achen bis Königsberg, durch die Baſis von denen in England und Frankreich gelöſt werden. Man hat bald 2 bald 4 magnetiſche Pole annehmen zu müſſen geglaubt. H Euler hat ſie auf 2 reducirt, dagegen hat ſchon Halley 4 angenommen, 2 bewegliche und 2 un- bewegliche. H Hanſteen hat nur durch die Annahme von 4 Polen die magnetiſchen Erſcheinungen erklären können; [195./0201] er nimmt nämlich an, daß die Erde 4 verſchiedene Pole, 2 in Norden und 2 in Süden, haben müſſe, die alle beweglich ſind, und zwar ſo, daß denſelben, jeder mit ſeiner eigen- thümlichen ſehr langſamen Bewegung, einen Kreis um die Erdpole beſchreiben. Tobias Meyer glaubte an einen beweglichen Magnet im Innern der Erde; gleich wie H Steiner eben dort einen Planeten annimmt, und ihn Minerva nennt, nach andern heißt er Pluto! – a. Die magnetiſche Abweichung. Eine Magnetnadel zeigt nur ſelten den wahren Norden, da ſie nach Weſten oder Norden abweicht. Die Griechen und Römer kannten ihre Anziehungskraft, nicht aber ihre Richtung. Flavio Gioja der angebliche Erfinder des Compaſſes, ſoll auch der Entdecker der Richtung der Magnetnadel geweſen ſein, allein der Dichter Provin nannte in dem Romane Dela Roſi als ſolchen Marinette. Norwegiſche Seefahrer zeigten ſchon im 12t Jahrhundert, daß die Richtung des Magnets und deſſen Anwendung ihnen wohl bekannt war, durch die Klage, daß ſie beim Mangel eines Leitſteins ſich der Reben bedienen müßten, um das nächſte Land aufzu- finden. Bei den Chineſen und Arabern iſt der Ge- brauch des Compaſſes uralt; erſtere hatten ſchon im 12t Jahrhundert ſeine Abweichung gemeſſen. Columbus hat [196./0202] ſich mit Unrecht gerühmt, daß er die erſte Abweichung gekannt habe. Unter den Europäern war er aber der erſte, der 1492 zwiſchen den azoriſchen und canariſchen Inſeln den Punkt fand, wo keine Abweichung ſtatt fand. Die Abweichung ſelbſt kennen zu lernen, muß man den Winkel unterſuchen, welchen die Richtung der Nadel mit dem Aequator macht. – Von Oſten nach Weſten ge- ſteuert, wird man die Abweichung ſchnell wachſen ſehn. Die Magnetnadel hat eine ſtündliche Abweichung bis ¼ ſelbſt bis zu 18 Minuten, was leicht zu Irrungen beim Meſſen fährt. Die gewöhnliche Methode war um dieſe Abweichung zu meſſen, daß man beobachtete wie weit ſie ſich von einem gezogenen Meridian entferne. Beſter aber und weit genauer iſt die von H Zach angegebene Art, nämlich daß man an ein freihängendes Fernrohr mit einen kupfernen Röhre einen Magnet befeſtigt, welcher es polariſirt, und davor ein Fadenkreuz zieht. Ohne andere Einwirkung wird man jede Viertelſtunde einen andern Gegen- ſtand durch daſſelbe ſehen, wonach die Abweichung beſtimmt werden kann. Groſſe Maſſen von Eiſen welche beſondere Kriegsſchiffe mit ſich führen, haben auf die Abweichung der Magnetnadel beſonders ſtarken Einfluß; die Reſultate ſind aber verſchieden nach der Richtung in welcher dies Eiſen und der Nordpol zugleich auf die Nadel wirken. Der [197./0203] Engländer Barrot hat hierfür eine Correctionſtafel er- funden, und dadurch den ausgeſetzten Preis gewonnen. Um zu wiſſen wie groß dieſe Abweichung iſt, viſirt man vom Schiffe aus nachdem Lande, und von dem Lande nachdem Schiffe; wenn das Schiff jede Viertelſtunde umgedreht wird, ſo iſt der Effect gröſſer. Wäre keine Abweichung ſo müßten die hieraus ſich ergebenden Linien gleich ſein, da dieſes aber nicht der Fall iſt, ſo giebt die Differenz die Stärke der Ab- ziehung des Eiſens vom Nordpol. Dieſe Correctionſtafel iſt ſo angebracht, daß ſie im gleichen Verhältniß entgegen- geſetzt wirkt wie das Eiſen auf den Compaſs. /?/ Die Capitaine Beſilha und Parry haben auf ihren Fahrten dieſe Scheibe gebraucht, und ihre völlige Richtigkeit immer erkannt, welche ſich auch auf den Puncten der Erde ergiebt, wo beide wirkende Kräfte in einer Richtung ſind, dann wird die Correctionsſcheibe 0 zeigen. Im Jahre 1538 wurde vom Piloten Pedro Mungos die Abweichung oder Declination bemerkt, und Pigafetta erkannte, daß man durch die Abweichung die Längengrade finden könne. Die früheſten Karten über die Abweichung der Nadel ſind von Alonzo de St. Cruz 1635 gemacht. Er war Cosmograph, und er iſt derſelbe der Carl dem 2ten zuerſt aſtronomiſchen Unterricht gab. [198./0204] Die Abweichung der Magnetnadel war in London 1580 noch 11¼ öſtlich, 1655 = 0, und 1667, 1°22 Minuten weſtlich. Die Linie hatte 2 Zweige, von denen einer Paris zu, der andere gegen Conſtantinopel ſich zu wenden ſchien. Im Jahre 1818 hatte die weſtliche Abweichung ihr Maximum erreicht, und ſeitdem nähert ſie ſich wieder immer mehr und mehr nach dem Norden. Ein Jahr war ohne Abweichung. Die Linie ohne Abweichung iſt ſeit dem Anfange des 18t Jahrhunderts bekannt, ſie hat ſich aber ſo verändert, daß dieſelbe Linie welche 1653 durch London ging, nicht mehr darauf zu reduciren iſt. Im nördlichen Aſien ſind nach H Schubert noch viele Zweifel über die Abweichung, nach den Beobachtungen kann man ſich 3 bis 4 Linien ohne Abweichung denken. Der Linien ohne Abweichung ſind 4 bekannt, eine im atlantiſchen Ocean, ſie geht beim Kap Auguſtin längs der Küſte von Braſilien hin, öſtlich an der Inſel Trinidad durch nach dem weſtlichen Canada. Die 2t in der Südſee, läuft an der weſtlichen Küſte von Peru hin. Die 3t und 4t ſind von vielen, wie auch Hanſteen annimmt, in eine begriffen. Nach ihm ſchneidet ſie die Moluccen und theilt ſich in 2 Zweige, nach China und Japan hin der eine; der andere nach Kaſan und Archangeln. Der erſte geht von Norden gegen Süden, der andere von Oſten gegen Weſten. Im Innern von Afrika hat man noch keine magnetiſche Linie [199./0205] ohne Abweichung gefunden. Ebenſo hat man gefunden, daß die Linien auf dem Continente nur ſchwache Wirkungen haben. Ueber die Lage des magnetiſchen Poles in Amerika iſt noch eine ſolche Ungewißheit, ungeachtet der Reiſen der Engländer, daß Sabine ihn zu 60° und Parry zu 70° Breite ergiebt. 30. Vorlesung, 16. Februar 1828 Die elektro-magnetiſchen Erſcheinungen haben keinen Ein- fluß auf die climatiſche Vertheilung der Wärme, da ſie nicht von kleinen Urſachen abhängig, ſondern gleichzeitigen unterworfen ſind. Die Kräfte welche die elektriſchen magnetiſchen Erſcheinungen erregen entbinden Licht, welches an den Polen ausſtrömt. Es ſind zwei verſchiedene Aeuſſerungen einer Grundkraft, deren Zuſammenhang wir einſehen, aber ſo lange eine deutliche Anſicht uns vorent- halten bleibt, bis die Erregung dieſer Kraft ſelbſt ergründet iſt. So wie es regelmäſſige tägliche Veränderungen in der Atmosphäre gleich der Ebbe und Fluth giebt, ſo iſt auch der Magnetismus täglichen Modificationen unterwerfen, und zwar auf zweierlei Art. 1. Einer ſtündlichen Veränderung vom Aufgange der Sonne an bis zu ihrem Untergange. 2. Findet eine beſtimmte Veränderung bei hellem Himmel ſtatt, von Morgen bis Mittag. Von dieſen müſſen noch diejenigen unterſchieden werden, welche durch Gewitter ent- ſtehen. Dieſe äuſſere ſich im Luftkreiſe, und nach dem von [200./0206] Ollmann und mir angeſtellten Beobachtungen, äuſſern ſich die Kräfte der Gewitter durch eine Oscillation der Nadel. – Innere Erdwärme, vulkaniſches Feuer können elektriſche Ladungen in der magnetiſchen Spannung erzeugen. Ein großer Schritt iſt ſeit 1820 geſchehen ein Schritt der durch Volta vorbereitet und eröffnet wurde. Die Einſicht im Zuſammenhange, die Erſcheinungen der De- clination, Inclination und Intenſität der Kräfte, aus einer Urſache ableiten zu wollen, liegt außer dem Ge- biete dieſes Vortrages, da nur Folgerungen und nicht mathematiſche Schlüſſe überall wo Heterogenität der Stoffe ſtatt findet, angewandt werden können, und nicht einmal Hoffnung dazu geben. Man kennt nicht einmal die Zahl der Pole noch ihre Lage, genauer iſt dagegen der magnetiſche Aequator be- kennt, wo die Inclination 0 iſt, weil er ſeiner Lage auf ſich zugänglicher zeigt als da der Pole. Der eine Pol liegt im weſtlichen Canada, der 2te nach Hanſteen weſt- lich von Jeniſey zwiſchen dem 70–75° unweit dem Archipe- lagus der ſibiriſchen Inſeln. Die beide ſüdlichen Pole des Magnet. liegen dem wahren Südpole näher; als die beiden nördlichen dem Nordpole. Der eine liegt etwa im Meridiane von Vandiemansland, der andere in [201./0207] dem des neuen Archipelagus. Der magnetiſche Aequator hat nicht dieſelbe Lage im größten Kreiſe wie der der Erde, ſondern iſt ſehr unregelmäßig, und macht deshalb jede mathematiſche Behandlung ſchwer anwendbar. Alle Verſuche von Tobias Meyer ſind deren geſcheitert, und man hat ſich nur an empiriſche Beobachtungen halten können. Die Richtung dieſer Linie, ſo wie die 3 Erſcheinungen hat hat man zu erklären geſucht, durch die Annahme eines im Innern der Erde befindlichen magnetiſchen Kerns, und der der Periodität wegen, ſich auch verſchiedentlich bewegen müſſe. Die Beobachtungen lehren, daß die magnetiſchen Linien ohne Abweichung, welche in frühern Jahren beobachtet ſind, vom Anfange des 17t Jahrhunderts an, keine der jetzigen Linien gleich oder nur ähnlich ſind. Man weiß, daß wenn ſie vom Meere auf den Continent kommen, länger verweilen. Alles dieſes beweißt, daß eine An- wendung der Mathematik, um den Cauſalzuſammenhang zu ergründen, nicht gut denkbar iſt. Da außerdem alle genauern Beobachtungen nicht über 30–35 Jahre hinausgehen, ſo iſt es umſo ſchwerer von dieſer Periode auf 3–4000 Jahre zuſchlieſſen. So glaubte Herr Burkhart daß die Periode der Declination welche in Paris 0 war, 430 [202./0208] Jahre lang ſei, aber die ſchon eingetretene Rückkehr der Nadel widerlegt dies. Am nützlichſten iſt es daher auf die empiriſchen Geſetze zurück zu gehen, um die ſich Herr Hanſteen ein großes Verdienſt erworben hat, und der, nachdem er in Norden von Europa viele Beob- achtungen anſtellte, im bevorſtehenden Sommer eine Reiſe nach dem öſtlichen Aſien unternehmen wird. Von der Declination. Man kennt 3 Linien ohne Abweichung. 1. Die ſich von Centritſchlande nach dem Kap Auguſtin, an der öſtlichen Küſte von Braſilien und Colum- bien nach Canada hin erſtreckt. 2. Die in der Südſee, an der Küſte von Peru und wahrſcheinlich öſtlich von den Gallopagosinſeln nach Californien ſich hin erſtreckt. 3. Die Neuholland durchſchneidet, ſich über den weſtlichen Theil den Moluccan zieht, und in 2 Arme theilt, von denen der eine nach China und Japan ſich erſtreckt, der andere geht gegen des Kap Comorin, durchzieht Bengalen, und iſt zwiſchen Caſan und Orenburg wieder bemerkt. Von Innern Afrikas wiſſen wir nichts, da die Reiſenden als Denhem und Clapperton keine Maßinſtrumente bei ſich hatten. Auſſer dieſen giebt es noch eine ſtündliche Abweichung, welche von einem Jeſuiten in Siamente 1682 entdeckt [203./0209] wurde, die aber unter den Tropen gering iſt. Die Me- thoden ſie zu meſſen, ſind früher ſchon erwähnt. Nach den Verſuchen von Casſini und Gilphin ſind in jedem Jahre 2 mal Ebbe und Fluth. Von dem Herbſtaequi- noctium nimmt ſie zu bis zum Winterſolſtitium, von dieſer fällt ſie bis, zum Frühlingsaequinoctium und ſteigt wieder bis zum Sommerſolſtitium. Die Quantität dieſer Abwei- chung iſt ſehr verſchieden. Es giebt Monate im Winter in denen ſie nur 2–3 Minuten ſteigt, in andere wieder 9–10. In den warmen Monaten dagegen wie in Juli, beträgt ſie zuweilen 18–20 Minuten, wo ſie ihr Maximum erreicht, das in December dagegen 6 M. iſt. Die Nordlichter haben den größten Einfluß auf die Declination der Magnetnadel. Denn beim Erſcheinen der Nordlichter iſt ſie ſchon bis 26° ge- weſen, auch wenn dieſe nicht er demſelben Orte ſichtbar waren, und ſelbſt vom tiefen Norden her haben ſie merk- lichen Einfluß auf die Abweichung, denn H Arago’s Beob- achtungen ſtimmten auf den Tag mit den Berichten der 2t Parryſchen Reiſe, wo viele Nordlichter geſehen wurden. Wenn die Declination bei uns weiter gegen Weſten geht, ſo hat man dieſes der Erwärmung durch die Sonne zu geſchrie- ben, die bis zum Mittag ſteigt. In der ſüdlichen Hemisphäre iſt dagegen von H Freycinet und Duperet das Gegentheil beobachtet. [204./0210] Was die Beunruhigung der Nadel anbetrifft, die einige bei der Erſcheinung der Nordlichter bemerkt haben, iſt eigener Art. Als ich über das große Nordlicht von 1806 Unterſuchungen an- ſtellte, bemerkte ich keine Zuckungen, die Declination eben veränderte ſich von 8 zu 20 Minuten. Das Nordlicht zeigte eine abſtoßende Kraft. Andere Beunruhigungen giebt es bei der Nacht, ich ſage bei Nacht, weil bei Tage das Geräuſch einwirkend ſein könnte, und die von der Veränderung des magnetiſchen Meridians herrühren, ſich aber nicht immer gleich ſind. 6. Die Erſcheinungen der Inclination. Wenn die Magnetnadel in ihrer horizontalen Richtung nicht den wahren Norden zeigt, ſo iſt es auch in ihrer aufſteigenden Richtung nicht der Fall. Unter allen Inſtrumenten iſt die Inclinationsnadel eines der merkwürdigſten. Nur die Linie des magnetiſchen Aequators iſt keiner Inclination fähig. Mehrere Reiſende haben ihn über- ſchritten, ich ſelbſt auf der Andeskette zwiſchen 4 und 5° ſüdlich B. Freycinet und Duperet haben ihn in der Südſee 6 mal durchſchnitten. Er geht vom Kap Guardafei durchs Innere von Afrika, wo wir ſeinen Gang nicht kennen, durchſchneidet ſüdlich vom Aequator 4–5° den atlantiſchen Ocean, geht über die Andeskette, und ſüdlich /?/ von den Gallopagos Inſeln weg, in merkwürdigen Biegungen. So wie der magnetiſche Nordpol von Weſten gegen Oſten um den [205./0211] Nordpol der Erde ſich dreht, ſchiebt ſich der Aequator von Oſten gegen Weſten, welches durch den Durchſchnittspunkt des Aequators der Erde ſich zeigt. Hier in Berlin war im Jahre 1827 die magnetiſche In- clination, wo ich ſie gemeſſen, 69° 38 Minuten. Als ich ſie 1805 mit H Gay Lusſac maaß 69° 50 Minuten; ein Zeichen alſo daß ſie kleiner geworden iſt, und der magnetiſche Ae- quator uns näher rückt. Unterm 73° nördlicher Breite beobachtete Parry 88° Inclination, alſo nur 2 Grade fehlten an ihrer ſenkrechten Richtung. Nach den von H Arago und mir angeſtellten Beobachtungen, hat in Paris von 1798 bis 1827 die Abweichung jährlich um 4 Minuten abgenommen. Ebenſo in Havanna, wo ich ſie zuerſt beſtimmte, haben ſpätere Beobachtungen von Sevi gezeigt, daß auch dort eine jährliche Abnahme von 4 Minuten ſeitdem ſtatt gefunden hat. Die Linien der Inclination ſind wechſelnd von Stunde zu Stunde. H Arago hat gezeigt, daß ſie von 9 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends ſtärker ſind, als die übrige Zeit. c. Die Intenſität der magnetiſchen Kräfte ſelbſt. Borda kam zuerſt auf die Idee, die magnetiſchen Kräfte zu meſſen. Lapeyrouſe hatte auf ſeiner unglücklichen Reiſe den Auftrag mit erhalten, die Nadel ſchwingen zu laſſen. [206./0212] Von Cadix bis Teneriffe fand er keine Veränderung. Die Intenſität der Kräfte nimmt vom Aequator bis nach den Polen ſie zu, und die Oſcillationen unter dieſem und denen der Pole verhalten ſich wie 245:211. Auf meiner Reiſe mit Gay Lusſac, durch Spanien, Italien, Frankreich und der Schweiz, haben wir eine gleiche Zunahme nach den Norden zu gefunden. Nimmt man die Intenſität der Kräfte unter dem magnetiſchen Aequator zu 1 an, ſo hat Sicilien 1,2. Paris 1,3. Berlin 1,4. und die Polargegenden 1,7. Herr Hanſteen hat die Meſſungen bis zum Nordkap auf- genommen. Die Intenſität ſelbſt ändert ſtündlich, und nimmt vom Morgen bis Mittag ab, in der übrigen Zeit dagegen zu, was eine Entdeckung des letzten Jahres iſt. Es iſt ſehr zu bedauern, daß man kein ſicheres Maaß hat, um in künftigen Jahrhunderten die Beobachtungen der Intenſität mit den jetzigen vergleichen zu können, da es immer ungewiß iſt, ob die magnetiſche Kraft der Inſtrumente ab oder zu genommen hat. Am beſten lieſſe ſich dieſes noch durch Nadeln von verſchiedenen Längen bezeichnen, deren Kräfte in einem beſtimmten Verhältniß zu einander ſtänden, iſt dieſes nach längerer Zeit nicht verändert, ſo iſt es wahr- ſcheinlich daß noch dieſelben Kräfte ihnen eigen ſind. [207./0213] 31. Vorlesung, 20. Februar 1828 Früher wurde die Abnahme der Intenſität der Kräfte geleugnet, ſeitdem hat man aber die Zunahme von dem Aequator nach den Polen hin dargethan, und geſtrebt ſie auf die Inclination zurück zu führen. Th. Joung hat darauf eine Formel angegeben, nämlich die √4–3–2 der Inclination, nach der er ihre Abnahme feſt zu ſtellen glaubte. Neuerlich hat H Sabine eine andere aufgeſtellt, nach welcher er die Erde als eine eiſerne Kugel darſtellt, und danach die Intenſität als die √1–3 Coſin. 2 beſtim̃te, wonach der Unterſchied des Maximums und Minimums der- ſelben ſich wie 1:2 verhält. Die Abnahme der Intenſität iſt ſich aber nicht immer gleich, ſelbſt nicht auf dem magnetiſchen Aequator, ſo fand ich auf denjenigen Theil deſſelben, welcher die Andeskette durchſchneidet, das Verhältniß wie 1:7/10. Aehnliche Beobachtungen hat ſchon Anderkoſte im indiſchen Archipelagus gemacht. Der Unterſchied der Intenſität in den verſchiedenen geographiſchen Breiten, liegt wahrſchein- lich in der innern Beſchaffenheit des Erdkörpers. Die partiellen Geſetze für die einzelnen Erſcheinungen ſind entdeckt, aber noch nicht durch ein allgemeines Geſetz zur Einheit verbunden. Um durch ein Beiſpiel den Gang des phyſicaliſchen Forſchens zu erläutern, diene eine Vergleichung mit den Entdeckungen durch die [208./0214] Fernröhre, welche anfänglich den Ring des Saturns nur ahnden lieſſen, und jetzt in ihrer größern Vollkommenheit beinahe ganz ſeine Beſchaffenheit haben erforſchen laſſen, wodurch wir ein Geſetz erkennten, was uns die Mechanik des Himmels lehrt. Eben ſo iſt es mit den phyſicaliſchen Apparaten und Inſtrumenten. Zuerſt werden die Erſchei- nungen begrenzt, dann Geſetze erkannt, die hiernach unter ein allgemeines Geſetz zu vereinigen bleiben. Dies iſt das Ziel der empiriſchen Wiſſenſchaft, um die Allgemein- heit der Eigenſchaften aus dem Weſen der Materien her- zuleiten. Immer aber iſt es nothwendig die Beob- achtungen in allen ihren Modificationen zu kennen. Von dem Erd- oder Polarlicht, was aus den Polen ausſtrömt. Es iſt eine Frage, ob ein Unterſchied zwiſchen einem Centralkörper und ſeinem Planeten darin beſtehe, daß jener nur eigenes Licht habe, da wir dieſes auch bei andern Weltkörpern die es wie die Venus nicht ſind, ſehen. Es iſt gar nicht unwahrſcheinlich daß jeder Erdkörper im An- fange der Concentration ſeiner Materie Wärme und Licht erzeuge. Damals können chemiſche Proceſſe und Com- preſſionen Lichterſcheinungen hervor gebracht haben, und wie dieſe aufhören können, haben wir aus den Revolutionen [209./0215] brennender Sterne in der Milchſtraſſe geſehen. Es iſt möglich daß dieſer Lichtproceß auſſer den Polen unſern Aequator zu finden iſt, da bei völlig bezogenem Himmel des Nachts noch eine Erleuchtung ſtatt findet, die be- ſonders auf dem Meere am ſtärkſten bemerkt wird. Man hat gefragt, ob dies dem Erdkörper eigen, oder die Erregung der irdiſchen Subſtanz vom Sonnenlichte ſei, wie wir es bei faulendem Holze ſehen. Körper die der Sonne ausgeſetzt geweſen ſind, können wie bekanntlich nachher auch leuchten. Ich ſelbſt habe geſehen, daß Grubenholz welches ſo ſtand, daß nur ein Theil von den Sonnenſtrahlen getroffen werden konnte, auch dieſer Theil nur, der andere dagegen nicht leuchtete. Erſt vor kurzer Zeit, hat das Auffinden einer leuchtenden Pflanze in den weſtphäliſchen Kohlengruben, groſſes Aufſehen gemacht. Als Form ſehen wir das Polarlicht in den Nordlichtern. Die Alten welche doch bis zu den brittiſchen Inſeln kamen, alſo dieſe Erſcheinung beobachtet haben konnten, reden ein deutlich davon. Auſſer den fabelhaften Erzählungen und Mythen von einem Geräuſche wilder Jäger im hohen Norden iſt nichts, was darauf hindeuten könnte. Die Er- ſcheinungen werden ſehr verſchieden angegeben, doch müſſen [210./0216] die zufälligen von den gewiſſen unterſchieden werden. In neuern Zeiten haben wir treffliche Beobachtungen von Franklin erhalten, die er auf ſeiner Reiſe nach dem Norden machte. Nach dieſem fängt das Nordlicht ge- wöhnlich mit einem Nebel an, der gleich dem Segmente eines Kreiſes von 6–8° iſt. Eine milchweiſſe Zone be- grenzt dieſen, aus den Strahlen ſenkrecht in die Höhe gehen, und abhängig von der Inclination der dortigen Breite ſind. Der Nebel ſelbſt iſt bräunlichgrau, und nach den Beobach- tungen von Parry ſo dünn, daß er den kleinſten Stern durch ihn erkennen konnte. H Hanſteen ſagt, daß die Materie einen Niederſchlag der dünſte verurſache, was von andern geleugnet wird; doch je weiter nach Norden ſoll der Nebel dünner werden, und ihr Bogen gewöhnlich 12–15° ſein. Herr Wrangel ſah ihn nur von 6°. Zu- weilen geht er durch den Zenith, dann bleibt er nicht ein- fach, ſondern bildet mehrere Bögen. Die Convergenz der Strahlen ſoll nach Hanſteen eine optiſche Täuſchung ſein. Die Farben ſind von der größten Schönheit, purpur, grün und violett. Franklin ſah, daß wenn die Streifen zwiſchen zwei groſſen Sternen ſtehen, eine große In- tenſität des Lichts wechſelnd nach den Sternen zu geht. Es ſind auch leuchtende Wolken geſehen. Thinemann [211./0217] der ſich längere Zeit in Island aufhielt, hat zuerſt darauf aufmerkſam gemacht. Er glaubt, daß die kleinen Wölk- chen welche man Schäfchen nennt, und hoch über die Wolken- ſchichten ſtehen, /ich ſah ſie auf dem Chimboraſſo noch 3 bis 4000 Toiſen über mir,/ im beſondern Verkehr mit den Nordlichtern ſtehen, denn er ſah ſie leuchten wenn die Nacht einbrach. Parry hat etwas ganz ähnliches geſehen, und auch wie die Schäfchen entſtanden. Die Stärke des Nordlichts iſt nach den Breiten ver- ſchieden; in dem nordweſtlichen Canada z. B. kann man dabei leſen, in andern Gegenden wieder nicht. Franklin fand, daß die Nordlichter unter dem 62 und 63° N. Breite eine ſtärkere Intenſität hatten als noch mehr nördlich. Früher glaubte man ihre Höhe ſehr beträchtlich. Berg- mann gab ſie 80–100 Meilen hoch an, alſo außerhalb der Atmosphäre. Cavendish hat 10–15° Höhe ge- funden. Wohl leuchten Sternſchnuppen in einer ſolchen Höhe. Wrangel ſah, daß die Sternſchnuppen die Nordlichter anzündeten. Eine genaue Meſſung hat aber in neuerer Zeit ſtatt gefunden, da es ſich an der Hudſons- bai traf, daß der Capit: Franklin und ſein Begleiter der Dr Richardſon 2–3 Meilen von einander entfernt, ein Nordlicht zugleich maaſſen, das 1½ geogr. Meile hoch war. [212./0218] Mehr male ſehen ſie Nordlichter noch unter den Wolken, die ſehr niedrig waren. Eine ähnliche Beobachtung wurde auf der 3t Parryſchen Reiſe gemacht, wo die beiden Freunde Scherer und Roth ans Land gingen, und ſie mit Parry gemeinſchaftlich ſehen, wie ein Nordlicht zwiſchen dem Lande und dem Schiffe ſtrahlenförmig niederſchoß, und nur 90′ hoch war. Parry ſagt, daß dabei der leuchtende Bogen einen Schatten von ſeiner Hand auf das Schiff warf, aber nur kurze Zeit. Nicht nur der Nordpol ſondern auch der Südpol giebt dieſe Erſcheinung. Je mehr Continent jemehr Nordlichte will man bemerkt haben, nach Bellinghauſen ſoll es deshalb auch am Südpol ſeltner ſein, als an den am feſten Maſſen reichen Nordpol. Man zweifelt, daß es in Europa ſchon in Malta und Liſſabon geſehen iſt, da man es nur bis zu den Sardennen weiß, ſüdlicher nicht. In Amerika dagegen iſt es in Mexico geſehen, das dem magnetiſchen Pole näher liegt. Die Periodicität iſt ſchon in frühern Zeiten beob- achtet. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts glaubte Mehring einen Zuſammenhang mit dem Zodiacallichte zu finden. Der Phyſiker Ritter glaubte, daß nach Nord- [213./0219] lichtern Meteorſteine fielen. Man kann nicht auf die Beobachtungen vor dem 15t Jahrhundert mit Gewißheit rechnen. Ihr Erſcheinen iſt periodiſch, bald mehr bald minder häufig. Von 1722–1745 gab es ſehr viele Nord- lichter. Von 1752–1790 ſind jährlich etwa 5 im Durch- ſchnitt geſehen. Von 1790 bis 1816 kommt kaum 1 bis 1½ auf jedes Jahr. Zwiſchen dem 48–65° N. Br. ſind die meiſten Beobachtungen gemacht. Die Jahreszeiten haben einen großen Einfluß darauf, Parry hat z. B. im November nur 5, und im Januar 1824 dagegen 14 bis 15 geſehen. In Sibirien ſind hingegen im November mehr als im Januar beobachtet. Das ziſchende Getöſe was die Nordlichter hervor- bringen ſollen, iſt vielfach beſtritten worden, und neuer- lich ganz geleugnet. Patrin und Pallas haben es nicht bemerkt, und Gieſecke hat es beſtritten, indem er es dem Krachen des Schnee’s zuſchreibt. Der Baron Wrangel glaubt im Eismeere etwas gehört zu haben; und der H von Buch hat ſelbſt darüber Erkundigungen an Ort und Stelle eingezogen, aber nichts darüber erfahren können. H Hanſteen dagegen nimmt es als ausgemacht an, ohne der obwaltenden Zweifel zu erwähnen, daß wenn das Nordlicht nahe iſt, man es mit einem ziſchenden Ge- [214./0220] töſe aus dem Erdkörper ausſtrömen höre. H Bion hat deſſelben auch von H Ethmanſton gehört. Franklin hingegen glaubt ebenfalls daß das Brechen der Schnee- maſſen täuſche. Man ſieht alſo daß es ſehr ungewiß iſt, und vielleicht erſcheinen einige mit andere ohne Getöſe. Eben dieſe Zweifel gelten auch von der Einwirkung des Nordlichts auf die Magnetnadel. Fendius und Wilke bemerkten eine Beunruhigung der Nadel. Die Richtung des Bogens trifft nicht immer mit den magneti- ſchen Linien überein. Die Richtung der Bogen ſcheint aber Einfluß zu haben, und man muß die Bogen unter- ſcheiden, ob deren Centrum im Kreiſe des magnetiſchen Meri- dians liegen, oder ob der Punkt der Convergenz mit dem magnetiſchen Pole zuſammenfällt. Parry hat bei ſeinem letzten Aufenthalten auf der Melvilleinſel, eine große Menge Nordlichter am Pole ſelbſt nicht im magnetiſchen Meridian ſondern ſüdöſtlich davon geſehen. Daſſelbe hat Cranz auch in Grönland bemerkt. Was die Beunruhigung anbetrifft, ſo glaubt Hanſteen die Veränderung um mehrere Grade bemerkt zu haben. Auf den 3 Reiſen des Capit: Parry hingegen, iſt auch nicht der geringſte Einfluß des Nordlichts auf die Magnetnadel bemerkt, obgleich ſie bis zum 72–73° vorgedrungen waren. [215./0221] Auf dem Pariſer Obſervatorium dagegen ſind an demſelben Tage de Parry viele Nordlichter ſah, bedeutende Abwei- chungen wahrgenommen. Auch Franklin hat bedeu- tende Abweichungen bemerkt. Elektriſche Erſcheinungen hat man während der Nordlichter nicht bemerken könne. Auf den Parryſchen Reiſen wurden eiſerne Spitzen auf die Höhe der Maſten geſetzt, und dieſe mit Ketten ver- bunden, man hat aber keine elektriſche Erſcheinungen wahrgenommen, ſo groß auch der elektriſche Zuſtand war. Sie hängen alſo wahrſcheinlich genau mit der Elektricität zuſammen. Die Urſachen dieſer Phänomene ſind verſchieden ange- geben. Van der Hell glaubte daß es Eistheilchen wären. Marang hält es für eine Folge des Zodiacallichts, das näher in die Anziehung der Erde gekommen ſei. Selbſt neuerlich ſagte H Biot noch die Meinung, daß es magnetiſcher Eiſenſand ſei von den nördlichen Vulkanen ausgeworfen. Der Zuſammenhang der Nordlichter mit den Wolken iſt wohl unleugbar, und nach Scoresby ſollen ſie Einfluß auf Sturm, Richtung des Windes und Wetters haben, welcher Meinung H Thinemann auch iſt. An gewiſſen Tagen nimmt man in den kleinen Wolken dieſelben Er- [216./0222] ſcheinungen wahr. Es wäre möglich, daß die Elektricität nur auf der obern Schicht einer Wolke ſich befinde, da nach Gay Lusſac ſich plötzlich Gewitter bei einer ſchnellen Zerſetzung des Dunſtes in den Wolken entwickeln, weil die dabei entbundene Elektricität ſich alle auf der obere Fläche der Wolken vereinigt. Herr Davy und Arago haben gezeigt, daß wenn an der voltaiſchen Säule 2 Kohlenſtiele gegeneinander über gehalten wurden, beim Ueberſtrömen der Elektri- cität eine Flamme von 3–4 Zoll Länge entſtand, die durch den Nordpol angezogen, vom Südpol dagegen abge- ſtoßen wurde. Auf gleiche Weiſe können die Nord- lichter vom Nordpole angezogen werden. – 32. Vorlesung, 23. Februar 1828 Von den Erdbeben, heiſſen Quellen und Vulkanen. Wenn auch einzelne Theile der Geognoſie nur in ihrer allgemeinen Verbindung bekannt ſind, ſo werde ich mich doch bemühen ſie einzeln in einem gewiſſen Zuſammen- hange darzuſtellen. Die Unterſuchungen über die Beſchaffenheit des Erd- körpers, durch Erdbeben oder Waſſerfluthen erzeugt, haben die Alten ebenſo beſchäfftigt, als ſie unſer Intereſſe [217./0223] erregen. Unter den Griechen in der joniſchen und pythagoräiſchen Schule waren einige die es dem Feuer, andern die es dem Waſſer zuſchrieben. Erſt Ende des vorigen Jahrhunderts hat der Vulkanismus geſiegt. Derſelbe Geognoſt welcher den vulkaniſchen Urſprung, ſelbſt die felſige Wand im Innern der Vulkane nicht für vulkaniſch hielt, iſt jetzt geneigt, es für eine Folge der Vulkane anzuſehen. Lange hat der Streit zwiſchen den Vulkaniſten und Neptuniſten gedauert, doch dieſelben Geognoſten die die vulkaniſche Steinarten, als Mandelſtein, Porphyr, Granit, u. ſ. w. für nep- tunſche Erzeugungen hielten, haben jetzt ihre Mei- nungen geändert. In einer Wiſſenſchaft wo das Fortſchreiten auf allgemeine Kenntniſſe der Lage der Gebirge beruht, können nur diejenigen welche gemächlich der Ruhe des Gemüths nachſtreben, ſich mit angeerbten Hypotheſen begnügen. Bei der Unkenntniß der Alten mit der Natur über- haupt, erhielten die Araber durch Liebe für dieſelbe zuerſt einen Anſtoß ſich mit den Gebirgsarten zu be- ſchäftigen. Die Alten beſchäfftigten ſich nur in ſo fern mit ihrer Kenntniß, als ſie deren Gebrauch auf Bildhauerarbeit machen konnten. [218./0224] Die Geognoſie als Wiſſenſchaft, als Lehre der Mineralogie, ſo wie vom Innern des Planeten, zählt kaum 40 Jahre, und verdankt ihr Studium den grund- lichen Forſchungen und genauen Unterſuchungen eines Werner’s, dem Lehrer von den Formationen. Der Name Geognoſie bezeichnete früher keine Wiſſen- ſchaft, ſondern Spiele dichteriſcher Einbildungskraft, denn noch vor einem halben Jahrhundert wurde ſie ſo be- handelt wie in der joniſchen und pythagoräiſchen Schule. Sie enthielt Fabeln und Mythen, die theils unter vielen verſchiedenen Völkern gleichartig verbreitet ſind, oder auch theilweiſe mit einander im Widerſpruche ſtehen. So hat der Indus und das Innere von Aſien ſeine eigene Sagen, und andrer hat uns wieder die Biebel aufbewahrt. Bei dem allgemeinen Schiff- bruch der Völker, ſind die Reflexionen davon zerſtreut unter ihnen geblieben. Die Zeit iſt vorüber, wo man die Geognoſie als Sage betrachtete. Vorurtheils freie Beobachtungen ſind an ihre Stelle getreten, und Hypotheſen haben ihre Stelle der Theorie eingeräumt. Von dieſen Mythen gehe ich nun zu den Gebirgs- arten ſelbſt über, welche mit den Vulkanen des Innere in Verbindung ſtehen. [219./0225] a. Das Erdbeben iſt ſeiner Definition nach, eine Er- ſchütterung der obern Oberfläche der Erde, durch innere Urſachen herbeigeführt, die wir freilich nicht immer genau angeben können. Es werden aber nicht allein die feſten Theile erſchüttert, ſondern auch Sand und Waſſer, und ſelbſt da wo letzteres 5–6000′ tief iſt. Ich ſelbſt habe in der Südſee 2 ſolcher Stöße empfud, das Gefühl iſt höchſt ſonderbar, man glaubt daß das Schiff auf eine Sandbank gerathen iſt. Man hat dem Erdbeben nur eine beſchränkte Wirkung zu geſtehen wollen, und war geneigt es Lokalurſachen zuzu- ſchreiben, genaue Beobachtungen der Phänomene haben aber das Gegentheil bewieſen, und einen weit ver- breiteten Zuſammenhang gezeigt, der einen großen Theil der Erde afficirt. Man hat geglaubt, daß man die Erdbeben durch ver- ſchiedene Erſcheinungen vorher ſagen könne, als durcheinge- tretene Windſtille, durch den niedrigen Stand des Barometers, und wenn der Horizont feurig erſcheinen u. ſ. w. dieſe Be- hauptungen ſind aber grundfalſch. In Südamerika hat man geſehen, daß ſo wohl bei heiterm Himmel als bei be- zogenem, bei Sturm und Windſtille Erdbeben ſtatt finden. [220./0226] Aber nach dem Erdbeben verändert ſich die Witterung oft. In den Tropen z. B. ereignet es ſich, daß bei ſtarken Erdbeben die Regenzeit beſchleunigt wird. So trat nach dem Erdbeben zu Riobamba, wobei 40,000 Indianer ihr Leben verloren, gleich darauf die Regenzeit ein. Wenn vor dem Erdbeben das Barometer durch einen tiefen Stand dieſes vorher zu ſagen ſchien, ſo iſt es doch keine Folge davon, ſondern es fanden ſchon früher an einem andere Orte Erdbeben ſtatt, die durch die ſchnelle Vertheilung der Luft auf das Barometer wirkten. Die kleinen ſtündlichen Veränderungen des Barometers werden durch die Erdbeben nicht geſtört, wie ich aus eignen Beobachtungen weiß. Gewöhnlich ſind die Erdbeben mit einem unterirdiſchen Getöſe verbunden, doch nicht immer. Am merkwürdigſten ſind die Erdbeben des Plateau von Quito, das ganz vulkaniſch unterminirt iſt, wo ſich oft 8–10 Minuten lang ein unterirdiſcher ſtarker Donner hören läßt, denn einzelne Schlänge mit hellem Klange, was mit dem Geklirre der Ketten zu vergleichen iſt. Schon von unſere Vorfahren iſt die Beobachtung gemacht, daß ſolche Getöſe nicht immer mit Erdbeben verbunden ſind. Das merkwürdigſte Beiſpiel von ſolchem Getöſe war 1784 in Guanchaco, welches 3 Monate lang dauerte, und bei [221./0227] meiner Anweſenheit von noch lebenden Zeugen geſchildert wurde. Im December fing es an, wo ſich fortwährend ein Getöſe gleich dem entfernt vollenden Donner hören ließ, wurde im Januar immer ſtärker und ſtärker, ohne jedoch die mindeſte Erſchütterung dabei wahrzunehmen. Es wurden nämlich zu dieſem Befühl, mit Waſſer gefüllte Gläſer in die tiefſten Bergwerke geſtellt, um ſo die geringſten Er- ſchütterungen wahrnehmen zu können, es wurde aber wie geſagt keine bemerkt. Es war nur hörbar ſo weit ſich eine Gebirgsart von ſchwarzer Thonſchiefer erſtreckte, und auf die kleine Fläche von etwa ¼ □ Meile beſchränkt, und endigte ebenſo nach und nach abnehmend wie es ange- fangen hatte. – Hiermit ſtehen die Getöſe in Verbindung, wenn Vulkane ſtarke Ausbrüche haben, ſo war es den 30t Apr 1812, als der Vulkan von St. Vincent bei Carracas ausbrach, wo das Getöſe bis an den Orinoko hörbar war. Ein ähnliches war das von 1744 durch den Ausbruch des Cotopaxi, welches etwa ſo weit wie von hier bis Sibirien hörbar war. In der Nähe des Vulkans hört man das Getöſe mehren- theils ſchwächer, als weiter davon entfernt. Der Cotopaxi erhebt ſich auf einer Ebene von 10–12,000 hoch, [222./0228] wenn es alſo eine Fortpflanzung des Getöſes durch die Luft wäre, ſo könnte der Schall nicht ſo weit kommen. Bei dem Erdbeben zu Liſſabon, wodurch das ganze weſtliche Europa gerüttelt wurde, ſchwoll das Meer an den weſtin- diſchen Küſten hoch an; dieſe Veränderung konnte nur durch eine im Innern erzeugte Spalte fortgepflanzt werden. Die Erdbeben bringen ebenfals magnetiſche Veränderungen hervor, doch nicht an magnetiſcher Intenſität ſondern In- clination, was ich ſelbſt beobachtet habe. Man ſpricht viel von den verſch. Modificationen der Richtung der Erd- beben, bald ſollen dieſe von unten nach oben, bald von einer Seiten zur andere gehen, dies ſind aber phantaſti- ſche Ideen, und beſonders läßt ſich nicht beſtimmen ob ſie einfach oder zuſammen geſetzt ſind. Die Bewegung muß übrigens ſehr regelmäßig ſein, da ſelbſt große Gebäude nicht leicht zuſammen fallen, wiewohl große Riſſe in den Mauern entſtehen. So ſieht man z. B. in Sta- tito, welches an dem Fuſſe des Pichinga liegt, und oft von Erſchütterungen heimgeſucht wird, nur zuweilen Riſſe in den Gewölben. Dieſen Erſchütterungen, wegen hat man in Lima nicht gewagt hohe Häuſer zu bauen, da aber die Erdbeben nur in Perioden von 30–40 Jahren wieder- [223./0229] kehren, ſo haben einige Leute, die dieſe nicht mehr zu er- leben hofften, einzelne 2–3 Stock hohe Häuſer aufführen laſſen. Das Verſchieben der obern Theile der Erde iſt bei ſolchen Erdbeben höchſt merkwürdig; beſonders auffallend war dies beim Erdbeben zu Riobamba, wo ich es ſelbſt geſehen habe, und einzelne Theile der Oberfläche ſelbſt, das Eigenthum der Menſchen, als Häuſer, Meubeln etc. ver- wirrt durcheinander geſchoben vorfand, und unter den Einwohnern Streitigkeiten veranlaßt haben ſoll. Merkwürdig genug wurde ſelbſt der Riocolca bei Riobamba dabei 300′ hoch gehoben. Und noch merkwürdiger iſt bei Erd- beben das Verſchlingen durch Spalten, ſo ſind in Riobamba welches 20,000 Einwohner hat, beträchtliche Kirchen, Paläſte und Häuſer ſo tief geſunken, daß ich keinen dieſer Gegenſtände höher als 5′ fand. Der größte Zuſammenhang ſolcher Erder- ſchütterungen, iſt an der Küſte von Chili und Guayaquil in einer Länge von 400–450 geogr. Meilen beobachtet. Im Innern der Continente finden wir ſelten ein Beiſpiel dieſer Art. Die Erdbeben ſtehen im genauem Zuſammenhange mit den Vulkanen, denn wo die Vulkane Ausbruch haben, hören die Erdbeben auf, weil die elaſtiſchen Dämpfe Ausgang haben. [224./0230] Der Zuſammenhang der Vulkane mit den Erdbeben iſt von Perſonen die in den Kratern waren erkannt. Steigt man in dieſe hinein, ſo hört man zuerſt ein unterirdiſches Brauſen, dann erfolgt ein Erdſtoß, und 4–5 Minuten darauf kommen die Dämpfe, nach denen die Schlacken fallen. Man hat die Vulkane auch Sicherheitsklappen genannt, indem da wo ſie ſpeien, wie ſchon erwähnt, keine Erdbeben ſtatt finden. Aus eben dieſem Grunde beklagen ſich auch die Ein- wohner von Quito, daß der Chimboraſſo keinen Vulkan hat. Es kommen aber ſo gut Erdbeben im Kalkſtein, wie in Flözge- birge vor. In Carracas wo 1812, 3–4000 Menſchen umkamen, pflanzten ſich die Spalten fort; es giebt aber eben ſo gut einzelne Gegenden die nie erſchüttert werden, man nennt ſie Brücken /Hoſsie puente/. Die Erſchütterungen pflanzen ſich auch nicht überall gleich fort. Die Idee, daß die Vulkane wenn ſie ſpeien die Gefahr vermindern, ſpricht ſich ſchon bei den Alten aus. Strabo ſagt nämlich im 1t Buche: die erſten Erdſtöße in Agre- ponte lieſſen nach, als ſich in der Ebene von Alanta bei Chalcis feuriger Schlamm entwickelte. Wie die Spalten ſich öffnen iſt das Erdbeben vorbei. 1798 bei dem großen Erdbeben zu Cumana, bebte die ganze Küſte nur die Halbinſel nicht. [225./0231] Die Erdbeben wirken nicht allein dynamiſch, ſondern ſind auch von chemiſchen Phaenomenen begleitet. Bei dem Erd- beben zu Liſſabon 1755 hat der Felſen bei Alcaros nicht allein Flammen ausgeſtoßen, ſondern auch 3 Wochen geraucht. Oft ſteigen während des Erdbebens große Hügel /Moya/ aus der Erde hervor, dieſe emporgehobene Maſſe iſt von G. Roſe unterſucht, und giebt bei der Behandlung gekohltes Waſſerſtoffgas. Ob die Elektricität mit den Vulkanen unmittelbar in Verbindung ſteht, iſt vielfach beſtritten. In Peru wo ich Unter- ſuchungen dieſer Art anſtellte, habe ich keine Spur gefunden. Dagegen im Piemonteſiſchen im Thale Pinyeroag, und 1808 im Thale Cluſon, gab es 8 Erſchütterungen an einem Tage, wo Spannungen des Elektrometers wahrgenommen ſind. Wir haben geſehen daß die Communicationen ſich dynamiſch äußern. Nach dieſen wollen wir die Bewegungen aus dem Innern nach dem Aeußern, in dem Aufſtoßen von Waſſer betrachten, wo ſie als heiße Quellen erſcheinen, in denen ſchon die Verdampfung einen Niederſchlag als Tuffſtein abſetzt, und aus welchen man die Gebirgsarten erkennen kann, mit denen ſie unter der Oberfläche in Verbindung ſtanden. Von dieſen gehen wir zu den Vul- kanen über, bei welchen wir zweierlei betrachten werden, [226./0232] nämlich die Luftvulkane und die eigentlichen Vulkane, welche wiederum bildend und zerſtörend auf die Erdober- fläche wirken, und in welchen wir die erſte Entwickelung des körnigen Geſteins und der Urgebirgsmaſſen wahrnehmen. 33. Vorlesung, 27. Februar 1828 Wir haben aus dem Vorhergehenden geſehen, daß oft die durch die Erdbeben erſchütterten Theile in eine ganz andere Lage verſetzt werden, die Erdſchichten werden entweder gehoben wie bei der Bildung der vulkaniſche Inſeln, oder ſie werden verſchoben wie bei dem Erd- beben zu Riobamba. Die zerſtörenden Wirkungen zeigen ſich nur ſelten in einem großen Umfange, und das neuere Beiſpiel was ſich in Chili zutrug iſt um ſo merkwürdiger, da ſich dort 4–5′ hohe Kalkſteinbänke 30 Meilen lang, längs der Küſte hin erhoben, und ſtehen geblieben ſind. An einer Stelle hat die Hebung allmählig ganze Jahre hindurch gedauert. Auſſer dieſen hat H Prof. Reimann bei den Molukken die Bemerkung gemacht, daß ſie ſich ſeit mehreren Jahren gehoben haben, und ähnliche Beobachtungen ſind auf Banda und Ternate gemacht. H Reimann behauptet, daß die Molukken von Korallenſchichten entſtanden ſind, die durch Erdbeben gehoben wurden, dann hoch über dem Meeres- ſpiegel fand er Korallenſchichten die in einer Abnahme mit denen in Verbindung ſtanden, welche noch bewohnt ſind. Bei der ſcandinaviſchen Halbinſel hat der Prof. Zendius [227./0233] die Bemerkung gemacht, daß der Meereſſpiegel an der weſt- lichen Küſte ſinke, da dieſes aber ohne auch an andern Orten bemerkt zu werden, nicht möglich iſt, ſo hat H L. von Buch mit vollem Rechte darauf hingedeutet, daß es nicht ein Sinken des Waſſers, ſondern ein Heben des Continents ſei, das langſam aber gleichförmig etwa 3–4′ in 100 Jahren geſchehe. Bei mehrern Inſeln der Südſee hat man dieſelbe Bemerkung gemacht. Auch in andern Gegenden haben ſich Granitſchichten gehoben. b. Die heißen Quellen. Wenn man alle die Quellen Thermalquellen nennen wollte, deren Temperatur über die mittlere T. der Gegenden wo ſie ſich finden iſt, ſo würde ein großer Theil der nörd- lichen damit bezeichnet werden müſſen. Die wärmſte Quelle die ich kenne iſt in Mexico bei Guanaxunto, wo ich 77° zur Seite fand, und die einige Fuß tiefer ge- wiß auf 80° ſteigt. In der Auvergne im ſüdlichen Frank- reich iſt gleichfalls eine Quelle die eine T. von 70° + hat. Das Karlsbader und Achener Waſſer hat eine Temp. von +70°–90°, und das Waſſer des Geyſers auf Island, der in gewiſſen Zwiſchenzeiten eine Waſſerſäule [228./0234] von 19′ Durchmeſſer mit unglaublicher Gewalt 100′ in die Luft treibt, iſt kochend heiß. – Alle dieſe Quellen haben ihren Sitz in Urgebirge, und ſind um ſo merkwürdiger, da ſie /bis auf das Karlsbader und Achener Waſſer, wovon unten weiter erwähnt werden wird/ ein ganz reines, wie deſtillirtes Waſſer, liefern, worin durch Reagentien nichts zu entdecken iſt, und ſind als nieder geſchlagene Dämpfe zu betrachten. – In Neu Granada hat H Bousſingoult die Verſuche wiederholt, und dieſelben Reſultate gefunden; dagegen fand er eine andere Quelle, die wirkliches Stickſtoffgas aus- hauchte, was früher bezweifelt wurde. Eine merkwürdige Erſcheinung ſind die Quellen welche freie Schwefelſäure enthalten. Solche ſind bei Popayan am Eſſigfluß, der ſich dann bald in die Kauka ergießt, und die Fiſche 2–3 Meilen umher tödtet. Aehnliche Quellen giebt es am Kraterſee auf Java, die Salz- und Schwefel- ſäure enthalten. Eben ſo merkwürdig war die Erſcheinung bei der Erhebung des Vulkans Carulljo, in deſſen Ebene 2 Quellen in den Rio Quitimba floſſen; beide ſind verſunken und an einem entfernten Orte wieder hervorgekommen, ihr hervorſprudelndes Waſſer hatte 1759 eine Temperatur von + 40° und jetzt aber über 60°, da ſie in näherer [229./0235] Verbindung mit der innern Wärme des Vulkans gekommen ſind. Viele Thermalquellen ſind ihrer Heilkräfte wegen merkwürdig, einige haben wenige andere viele Beſtand- theile, weshalb man ſie nach in einfache und zuſammen- geſetzte Quellen eintheilt. Zu den letztern gehören die Karlsbaderquellen die in ihrem Waſſer folgende Beſtand- theile gelöſt enthalten, als: Natron, Lithion, Kalk, Magneſia, Strontian, Kieſelerde, Eiſen, Mangan, Schwefelſäure, Salzſäure, Phoſphorſäure, Flußſäure, Kohlenſäure, und zuweilen Kali. Mit dem Karlsbader Waſſer fließen jährlich 746, 884 Pfund Kohlen- ſaures Natron und 1,132,923 Pfund ſchwefelſaures Natron hervor, ohne die übrigen beigemengten Stoffe zu rechnen. Die Beſtandtheile erhalten ſie durch Auslaugen der Gebirgs- arten. Lithion findet ſich auch im Eyer und Pyrmonten Waſſer, und um ſo merkwürdiger, da die Flußſäure in allen Glimmern enthalten iſt. Den Analyſen der Heilquellen zufolge, haben die Herren Struve und Soltmann, /eigentlich gehört erſteren wohl das Verdienſt allein zu/ ſie künſtlich nachzubilden geſucht. Die Einwendungen welche dagegen gemacht wurden, beziehen ſich auf den falſchen Begriff, daß es in den natürlichen Quellen noch verborgene Kräfte geben könne, die ſich nicht ſo ent- [230./0236] decken lieſſen. So hat man von denen zu Wisbaden zu behaupten geſucht, daß man das 58° heiſſe Waſſer in den Mund nehmen könne, ohne ſich zu verbrennen, und die Magnet- nadel um 12–15° abweichen laſſe. – Die T. iſt wohl zu hoch angegeben, ſie iſt nur 45°. Eine von den ſchönen Arbeiten des Herrn Doctor Struve, iſt die Auslaugung der Gebirgsarten, indem er pulveriſirten Thonſchiefer, Baſalt und Porphyr mit deſtillirten oder Kohlen- ſauren Waſſer unter dem gelinden Druck von 2 Atmosphäre ſo auslaugte, daß das Waſſer die in den Gebirgsarten auf- löslichen Subſtanzen aufnahm, ſelbſt die Kieſelerde und Kohlen- ſaure Talkerde. Auf dieſe Weiſe iſt auch das Berliner Waſſer nachgekünſtelt, und das Lithion im Liebenſteiner Baſalt nachgewieſen. In Island iſt die Quantität mancher Quellen an Kieſelerde ſehr bedeutend, und beträgt 3/10 aller feſten Beſtandtheile. Andere heiſſe Quellen enthalten auch vegetabiliſch-animaliſche Subſtanzen, ſie geben Ammoniak; es ſcheint als wenn eigene Stoffe aus Kohlenſtoff und Waſſerſtoff beſtehend, im Innern der Erde enthalten ſind. Aber woher nehmen wir dem den Stickſtoff Caſtein bekannt als ein Thermalbad, enthält unbedeutend wenige feſte Beſtandtheile, das ℔ etwa gr. Das Berliner-Waſſer enthält gr auf’s ℔. So lange man noch keinen klaren Begriff vom Innern [231./0237] der Erde hatte, hielt man die heiſſen Quellen für Lokal- phänomene. Von der Lagerung der Gebirgsarten hat man geglaubt, die Lagen lägen ſo übereinander, daß ſie gleichſam voltaiſche Säulen bildeten, und die Quellen dieſe in Spalten durchſchnitten, wodurch ihr Gehalt entſtände. Dieſe Hypotheſe aber, haben die neuere Anſichten vom Innern der Erde ſehr unwahrſcheinlich gemacht. Die Analyſen der Mineralwäſſer geben wenig Verſchie- denheit in großen Zwiſchenräumen, in Hinſicht des Gehalts und der Temperatur. So hatte die Quelle zu Flinsberg 1779 dieſelbe Temperatur wie jetzt, und ebenſo geht es mit dem Karlsbader Sprudel der eine T. von 59° hat. Mehrere Analyſen ſind von Klapproth, Berzelius u. andere angeſtellt. Einige Quellen, wie z. B. in Pyrmont, Marien- bad u. ſ. w. haben dagegen nicht zu allen Zeiten dieſelben Beſtandtheile gezeigt, was auch ganz natürlich iſt, denn im Frühjahr ſind ſie der Winterruhe wegen reichhaltiger, als ſpäter bei anhaltendem Schöpfen. Bei andern Quellen die z. B. nahe an Flüſſen liegen, kann der _ iſetſte Fall eintreten, indem ihr Waſſer durch das Anſchwellen der Flüſſe wie gewöhnlich im Frühjahr, verdünnt wird. Es giebt auch Quellen die nur Gaſe ausſtoßen, wie die zu Karamanian in Aſien. Von den Quellen zu [232./0238] Pietramala iſt es entſchieden, daß ſie aus Naphtha im Zuſtande großer Verdünnung beſtehen. Die älteſte Gaſerleuchtung bildete ſo die Natur im Tempel der Braminen am Himalaya-gebirge, welcher über Quellen die Waſſerſtoffgas aushauchten, gebauet war. Von den Quellen gehen wir zu dem über, was ſie hervorbringen. Diejenigen welche Kieſelerde enthalten geben runde Geſteine, andere bilden Hügel von Tuff, wenn ſie vegetabiliſche Subſtanzen enthalten. In der Ebene von Caramatte in Peru iſt eine Quelle, um die ſich eine 10–12′ dicke Mauer von kohlenſaurer Talkerde ge- bildet hat, über welche ſich die heiſſe Quelle in einem Bache ſchlängelt. c. Von den Vulkanen. Luftvulkane. Die erſten vulkaniſchen Erſcheinungen ſind die Koth und Luftvulkane. Am längſten bekannt iſt der Schlammvulkan Makalube in Italien, ein Thonberg von 150 bis 160′ Höhe, von der Geſtalt eines abgeſtumpft Kegels, auf deſſen Gipfel ſehr viele Kegel, mit kleinen faſt immer feuchten Kratern ſind, aus deren Grunde ſich im Sommer unaufhörlich Thon /Letten/ erhebt, und mit Geräuſch über den Rand des Kreters abläuft. Einige Oeffnungen blaſen [233./0239] blos Gas aus. In Columbien bei Carthagena haben ſich oft kleine Kegel von 10–12′ Höhe, welche aber mitunter keine 24 Stunden ſtehen bleiben, verſchwinden und andere wieder zum Vorſchein kommen. Sie haben einen kleinen microscopiſchen Krater von 8 Zoll breite, aus welchen das Gas ausſtrömt. Früher ſollen hier auch Flammen von Zeit zu Zeit geſehen worden ſein, wie H Bertram Gelett bei Modena beobachtet hat. Dieſe Kegel werfen Schlamm, Koth, mit Steinen von Grauwacke vermengt, aus. Ueber die Gasart hat man viel geſtritten, es iſt aber weder Kohlenſäure noch Waſſerſtoffgas, ſondern Stickſtoffgas. Eine ähnliche Erſcheinung iſt auf der Inſel Taman in der Krim von Pallas beobachtet, und beſchrieben; der Vulkan war in Lettenboden. Neuerdings hat H Parot bei demſelben chemiſche Verſuche angeſtellt, und ebenfalls gefunden daß er Stickſtoffgas aushaucht, auch hat er Flammen bemerkt. Von den Vulkanen bei Agrigent erwähnt Strabo etwas ähnliches. Im Azow-See entſtanden den 5t Dec. 1799 und den 10t Mai 1814 zwei Inſeln, die ſich einige Zeit auf der Oberfläche erhielten, dann verſchwanden und ebenfalls Letten zeigten. Die Vulkane in Italien hauchen kein Stickſtoffgas aus, ſondern Schwefelwaſſerſtoffgas, wo ſich auch häufig Schwefel niederſchlägt. Der Vulkan von [234./0240] Popayan am Eſſigfluß hat keinen Krater, ſondern 15 bis 20 Schwefelquellen ſtoßen mit einem Geräuſche gleich 30 Schmiede- eſſen, Dämpfe von geſchwefeltem Waſſerſtoffgas aus. Eigentliche Vulkane. Sie ſtehen in einer engen Ver- bindung mit der Hervorbringung der Gebirgsarten. Man hat ſehr fälſchlich ſolche Oeffnungen auſſerhalb der Vulkanen als beſondere betrachten wollen, wie z. B. der am Monte Roſſo neben dem Veſuv 1794 entſtand. Wenn der Vulkan als ein ganzes Gerüſte da ſteht, ſo bildet er einen Kegel von Trachit, und hat eine Oeffnung die mit den innern Erd- ſchichten in Verbindung ſteht, aus welcher die flüſſigen Erd- arten ruhig wie Quellen flieſſen. Man kann eine ge- wiſſe Gradation derſelben nach ihren Kegeln aufſtellen. Die ganze Provinz Quito als einen eigenen Vulkan anzuſehen, iſt nicht richtig; das ganze Land um den Catapoxi iſt eine Oeffnung dieſer Hochebenen. Eben ſo wie in Mexico der Vulkan von Xorullio auf einer von Oſten nach Weſten ſich hinziehenden Spalte ſich bildete, ſo ſtehen auch in Quito den Vulkane auf einer Spalte, durch welche ſie miteinander in Verbindung ſtehen, und ſich auch ihr Feuer von Norden nach Süden zieht. Ein anderer Fall iſt auf Teneriffa, wo nur der Pic der einzige Vulkan iſt, mit dem die Aus- [235./0241] brüche in Monſerrat /?/ in Verbindung ſtehen, und an jedem andern Orte, wo dergleichen ſtatt finden, iſt es gleichſam eine Schwäche der Steinſchichten welche den Durchbruch er- lauben. Selbſt mit den andern Inſeln hängt der Pic zuſammen. 34. Vorlesung, 1. März 1828 Durch das Studium der Naturkunde werden wir zu höhern Anſichten unſres Erdkörpers geführt; ein tiefes und erhabenes Ergründen derſelben ſpricht ſich vorzugsweiſe in der Geognoſie aus, welche ſoviel großes umfaßt, daß es auch nöthig iſt, bei dem Einzelnen zu verweilen, um darin mehr Einheit des Cauſalzuſammenhanges zu finden. Die Verbindung der Ober- fläche des Erdkörpers mit dem Innern bewährt ſich wie wir geſehen haben auch beim Erdbeben, welches durch das Verſchieben der Theile, oder durch den Durchbruch feſten Maſſen aus dem Innern äußerlich eine neue Geſtaltung hervorbringt. Bei den Vulkanen ſteigen die innere Theile in den Kegel auf, und ſind theils gasartig oder Waſſer, theils Schlamm, Steine oder auch geſchmolzene Theile. Um eine richtige Idee von den wirkenden Organen ſelbſt aufzufinden, muß man nicht unbemerkt laſſen, daß die Erſcheinungen der verſchiedenen Wirkungen derſelben in Allgemeinen übereinſtimmend ſind. So zeigt ſich bei den Vulkanen Feuer und Rauch, erſteres aber auch bei Gasquellen. [236./0242] Die Gasquellen bei Baku ſind noch nicht genau bekannt, wo nach der Auſſage der Einwohner ſich periodiſch Feuer zeigen ſoll. Die Gegend um die Stadt Baku /am Kaſpiſche Meere/ wird wegen ihrer blumenreichen Fluren des Roſenparadies genannt, und zu dem in der Nähe berühmten ewigen Feuer wallfahrten die Indier häufig. – Auch bei den Schlamm- vulkanen iſt wie geſetzt Feuer beobachtet. Dagegen die großen Vulkane die im Trachytſtein ausbrachen, geben Flammen, ſtoßen Luft aus, und haben geſchmolzene erdige Maſſe aus dem Innern hervor. Dieſe unterirdiſche Kraft im Innern, gleicht dem Wirken der Naturkräfte in obere Theile. Das Erſtarren des Beweglichen oder Flüſſigen bewirkt die Entſtehung der Gebirge. Auch die Quellen bringen mehrere harte Schichten hervor, die nicht blos aus Auflöſungen ſich niederſchlagen, ſondern auch durch Anſchwemmungen veranlaßt werden, wie man dies deutlich in Italien, Ungarn und andern Orten wahrnehmen kann. So iſt der Berg Traventino bei Rom von 600′ Höhe, durch den Traverna entſtanden, der aus kohlen- ſaurer Kalkerde in cylinderartiger Form beſteht, und noch jetzt die ſchichtweiſe Anhäufung erkennen läßt. In der Gegend von Paris finden wir ebenfalls ſolche Süßwaſſer-Formationen. Und in Ungarn ſind mehrere Seen, wo ſich kalkartige Sub- ſtanzen in Lagerungen gebildet haben. [237./0243] Auſſer dieſen den Süßwaſſer-Formationen ähnlichen, iſt noch die bei den Vulkanen zu unterſchieden, welche durch An- ſchwemmungen wie bei den Tuffen entſteht. Dieſe Koth- vulkane, zu denen beſonders der Cotopaxi und Guadalaxato gehören, bringen große Lettenſchichten hervor. Durch ähnliche Vulkane werden die groſſen Maſſen von Letten auf den baltiſchen Inſeln ferner gebracht. Die eigentlichen oder Trachytvulkane bringen endlich alles dieſes hervor, vorzüglich aber das körnige Geſtein. Wir können die Vulkane nach 3 Geſichtspuncten betrachten. 1. Nach ihrer Entſtehung, entweder durch das Aufſteigen im Waſſer als Inſeln, oder in der Atmosphäre ſelbſt auf dem trockene Boden ſich bildend, wie der von Xorullio, welcher 1802 zuerſt ausbrach. Es ſind dies nicht allein permanente, ſondern auch einzelne vulkaniſche Wirkungen. 2. Nach dem Zuſtande ihrer vollen Wirkſamkeit der ſich gleich bleibenden Thätigkeit. Sie ſind wenn auch nicht äußerlich doch im Innern fortlebend. Ohne Ausbrüche können ſie hunderte von Jahren ruhig bleiben, dann aber plötzlich von neuen mit der größten Kraft ſich äußern. 3. Nach ihrem veraltetem Zuſtand als Solfatara, der chemiſch ganz von dem ihrer Thätigkeit verſchieden iſt. Ihr Erlöſchen [238./0244] kann auch theilweiſe erfolgen. So iſt der Pic von Teneriffa an ſeinem Gipfel im Zuſtande der Solfatara, aber in tiefern Gegenden von ihm finden noch Ausbrüche ſtatt. Schon von den Alten wurde beobachtet, daß das Erſcheinen der Vulkane auf der Oberfläche der Erde nicht dem Locale ſelbſt, ſondern innern Anregungen der nach auſſen wirkenden Kräfte zuzuſchreiben ſei. So ſagt Seneca von dem Aetna daß er nur der Weg aus dem Innern der Erde ſei, und die Nahrung nicht aus dem Berge ſelbſt, ſondern von dem ihm die Entſtehung gegebenen Innern komme. Das Problem einer richtigen Idee von der Erhebung der Inſeln und der Krater, iſt in neuerer Zeit von H L. von Buch zuerſt gelöſt. Bei dem Erheben ſolcher Ausbruchsinſeln kommt zuerſt eine feſte Maſſe auf die Oberfläche des Waſſers, mehrere Tage ſpäter erfolgt erſt das Ausbruch. Die Oeffnung welche entſteht iſt der Erhebungskrater, in ihm entſteht erſt durch die Zeit bei mehrmaligen Entladungen der Trachytkrater der Aushebung. Beſonders merkwürdig iſt dies auf der Inſel Palma, wo erſt Blöcke von Granit aus dem Innere des Kraters ſich hoben, ſpäterhin Baſalt, in dem Innern ſelbſt aber Trachyt ſich bildete. So iſt der Pic von Teneriffa gleichſam mit einem großen Bollwerke [239./0245] umgeben, welches bis zur Hälfte aus ſolchem Trachitgeſtein gebildet iſt. Auf der Inſel Forteventura bei der Stadt St. Maria de Ventura, ſind ebenfalls ſolche Naturphänomen erkennbar. Bei der Erhebung ſolcher Inſeln behalten dieſe nicht ihre frühere Größe und Geſtalt, ſondern es entſtehen eine Menge von Thäler, die ſtrahlenförmig gegen den Krater gehen. Auf der kleinen Inſel Amſterdam, die ihr Daſein auch einer Erhebung verdankt, findet ſich noch kein Krater gebildet, nur heiſſes Waſſer kommt hier zum Vorſchein. So hatten die Inſeln St. Turin, Terracina und Aſtroniſe, die ſchon von den Alten gekannt waren, bei ihrer Erhebung eine Maſſe von Thonſchiefer hervorgebracht, auf welchen ſich Kalkſtein gelagert findet. Seit mehrern Jahrhunderten hat die Natur hier gear- beitet einen Trachytkegel zu bilden. Endlich entſtand 1709 der neue Comani /?/, der von einigen Reiſenden beobachtet, erſt in Felſen uneröffnet ſich erhob, und denn Spalten bekam. Auf den azoriſchen Inſeln iſt um St. Michel mehreremale eine Inſel entſtanden, aber nach einem gewiſſen Zeitraum wieder verſchwunden. Zuerſt entſtand ſie 1638, verſchwand aber wieder. 1719 bildete ſie ſich von neuem, und endlich zum 3t Male 1811, wo ſie nur von kurzer Dauer war. Sie erhob ſich faſt jedesmal auf derſelben Stelle von etwa 3–4′ Höhe. [240./0246] Merkwürdig iſt es aber, daß zwiſchen dieſen Erhebungen eine beinah gleiche Zeitperiode ſtatt fand, nämlich von der 1t zur 2t 81 Jahre, und von der 2t zur 3t 91 Jahre. Sehr wahrſchein- lich erfordern die Dämpfe eine gewiſſe Zeit, um ſolche Kraft zu erlangen. Aehnliche Phaenomene der Bewegung oder Hebung entſtehen im Meere, ohne daß ſich Inſeln bilden. Merk- würdig iſt z. B. die Waſſerbewegung an der Küſte von Lima und Peru, wo ich ſelbſt ſah, daß ohne den geringſten Luftſtoß ein groſſer Wellenſchlag von 20–25′ Höhe mit ſtarkem Geräuſch entſtand. Man hat bei ſolchen Bewegungen auch Flammen auf dem Meere geſehen, wiewohl nicht oft, und was ſehr ſchwer zu erklären iſt; Herr L. v. Buch meint, ob dieſe Flamme nicht doch die neuen Alkaloide ſelbſt wie etwa Kalium oder Natrium, hervorgebracht werden könne, die an die Luft kommend verbrannten. – – Oft wird eine ganze Strecke des Meeres merklich erwärmt, wie der Golf von Cariaco mehrere Meilen weit eine beträcht- liche Wärme hat. 1731 kamen bei Lancerotte nach einer ſolchen Bewegung eine Menge todter Fiſche empor. Bei den Azoren finden dieſe Meererſchütterungen auch oft ſtatt. Bei dem Entſtehen der Vulkane auf den Continenten iſt ihre verſchiedene Nähe von den Meeren ſehr merkwürdig. [241./0247] Früher glaubte man, daß die Nähe der Meere zur Ent- ſtehung der Vulkane vorzüglich beitrage, was aber nicht der Fall iſt. Wir wollen die von Südamerika in dieſer Hinſicht betrachten, wo der größte der Popocatepetl zwiſchen Mexico und Puebla liegt, und vom Meere auf beiden Seiten 32 geogr. Meilen entfernt iſt. Ich habe den Hügel von Guakamayo, öſtlich von der Andeskette, geſehen, der freilich uns unbedeutend an Größe iſt aber häufige Ausbrüche hat, und 40 Meilen von jedem Meere entfernt liegt. Ein neu entdeckter der bei Corduna in Africa liegt, ſoll 140 Meilen vom Meere entfernt ſein. Das merkwürdigſte Beiſpiel dieſer Art bietet das Innere von Aſien dar, wo wir in den Reiſe be- richten von Klapproth und Abel Remuſath, eines Feuer- berges Namens Koſcher bei der Stadt Kutſchi weſtlich von Tuffen, erwähnt finden, der auch in den chineſiſchen Annalen vorkommt, und 270 deutſche Meilen vom nächſten Meere entfernt ſein ſoll. Man glaubte erſt es ſei ein Phänomen wie das der Boraxſäule, aber in der chineſiſchen Encyclopedie wird ſehr deutlich bemerkt, daß aus ihm ge- ſchmolzene Steine, Feuer und Rauch emporſteigen. Es iſt ſehr möglich daß in der Nähe großer Meere Vulkane ſich zeigen oder entſtehen können, wie der Dama- [242./0248] vand bei Teheran nahe dem Kaſpiſchen Meere. Aber diejenigen welche glauben ſollten, daß große Waſſermaſſen zum Daſein der Vulkane nothwendig ſein, ſehen aus den angeführten Beiſpielen daß dies nicht der Fall iſt. So viel iſt wenigſtens gewiß, daß es nicht das Eindringen des Waſſers ſelbſt in die Vulkane iſt. Von dem Emporſteigen im Trocken, giebt uns im 16t Jahrhundert der Monte nuovo unweit Neapel ein Beiſpiel der 1538 in 48 Stunden durch einen vulkaniſchen Ausbruch ent- ſtand; die ganze herausgehobene Maſſe glich mehr einem Schlackenhügel, dem nur ſehr wenig Schlacke beigemiſcht war. Auf der Inſel Iſchia bei Neapel wo 1302 der Ni- comao entſtand, iſt neuerdings wieder etwas zum Vorſchein gekommen, und es iſt möglich daß der Epomeo daſelbſt mit dem Veſuv in Verbindung ſteht, und letztere vielleicht auf lange Zeit ruhen wird, um erſteren die Kraft ſeiner Dämpfe zu geben. Eine andere Erhebung iſt die des Vulkans von Xorulljo im Jahre 1759, welcher in einer ſchönen Ebene liegt, die mit Indigo und Caffee bepflanzt war. Erſt entſtand hier ein unterirdiſcher Donner, dann ſtarke Spaltungen, aus welchen eine Menge Bim- ſtein hervorkam. Einige Menſchen die in den Pflanzungen [243./0249] gerade arbeiteten wurden mit Bimſtein beſpritzt, und flohen nach dem in der Nähe liegenden Hügel Akuaſako, von dem ſie ſahen, daß ein großer Theil der Erde ſich zu 280–300′ Höhe gleich einer großen Blaſe erhob, in deren Mitte eine Spalte entſtand, auf welcher ſich der Vulkan von Xorulljo mit noch 2 kleinern bildete. Außerdem ſieht man in ſeiner un- mittelbaren Umgebung 2–3000 kleine Baſaltkegel von etwa 6′ Höhe, die nach und nach entſtanden ſind, und gleich Schornſteinen noch fortrauchen. Von jenem Hügel aus glaubt man, durch die Menge dieſer kleinen rauchenden Kegel getäuſcht, eine bewohnte Gegend zu erblicken. In dem reifern Alter der Vulkane hängt die Thätig- keit des Entbindens und Auſſtrömens aus dem Innere mit ihrem Bau zuſammen. Dieſe Thätigkeit iſt ſehr un- gleich; ein beſonderes Beiſpiel davon bietet uns der Vulkan auf der Inſel Stromboli dar, deſſen Flammen in kleinen Perioden von 6–7 Minuten herausbrechen, und ſchon Strabo ſagt von ihm, daß er alle Minuten dieſelben Ausbrüche habe. Der Veſuv hat häufigere Ausbrüche wie der Aetna. Die Erſcheinungen der verſch. Thätigkeit ſtehen vorzüglich in Amerika in einem großen Contraſte. Die kleinen Vulkane haben häufigere Eruptionen als die größern, [244./0250] letztere haben ſchon mitunter Jahrhunderte lang keine Aus- brüche gezeigt, bei ihnen ſcheint die Kraft der Dämpfe abgenommen zu haben, indem ſie denn nicht mehr die erdichten Maſſen bis auf die Höhe treiben können; ihre Kegel ſtehen nicht frei, und häufig ſind ſie an der Seite ge- ſpalten. Rauch kommt ſelten aus ihnen hervor, ſondern nur Waſſerdämpfe, welche aber größtentheils Nieder- ſchläge der Atmosphäre ſind. Der höchſte von allen Trachytkegeln, aber ohne Oeffnung, iſt der Chimboraſſo der den Guanako als Seitenvulkan hat. Von allen jetzt ſpeienden Vulkanen iſt der Cotopaxi von 17,712′ Höhe der höchſte. Nach ihm kommt der Popocatepetl von 16,626′ Höhe. Ihren Bau ſtellt man ſich gewöhnlich ſteiler vor, als er wirklich iſt. Die Höhe aber mit dem Umfange verglichen, verhält ſich beim Veſuv, Aetna, Pic von Teneriffa etc. wie 1:28 oder 30, ſo daß die Höhe 1/28 oder 1/30 ihrer Grundfläche ausmacht; wonach der Abhang 10–12° hat, folglich keine Pyramidenform iſt. Der Aſchenkegel iſt um ſo größer, je häufigere und größere Eruptionen ſtatt finden; beim Veſuv iſt ſeine ganze Höhe ⅓, beim Pic von Teneriffa wo er 84 Toiſen hoch iſt, 1/28 der Höhe. 10,602′ [245./0251] Die Zeichen der Ausbrüche ſind unbeſtimmt, obgleich man Manches für Verboten gehalten, und lange geglaubt hat daß ſie mit der Atmosphäre in Verbindung ſtänden, was aber nicht der Fall iſt, denn ſie ſind zu allen Zeiten, bei ruhiger, klarer und trüber Witterung beobachtet. Wahr- ſcheinlicher iſt es aber, daß die Veränderungen im Innere auf die Atmosphäre einwirken. Beim Stromboli will man jedoch die Bemerkung gemacht haben, daß in Winter ſeine Ausbrüche häufiger als im Sommer ſind; vielleicht iſt es möglich, daß der Regen hier auf den Schlackenkegel nach dem Innern zu einwirkend iſt. Beim Veſuv hat man die richtige Beobachtung gemacht, und zwar der Herzog Lecator zuerſt, daß die in der Nähe liegenden Quellen, mehrere Tage oder gar Wochen zuvor ausbleiben. Es kann viel- leicht dadurch entſtehen, daß ſich neue Klüfte bilden, oder die Wärme zu groß iſt, und dadurch das Waſſer zu Waſſergas expandirt wird. – – Die Größe des Kraters iſt mit der Mächtigkeit des Vulkans nicht in Verbindung zu bringen. So hat der Pic ſtarke Ausbrüche, ſein Krater hat dagegen nur 300′ im Durchmeſſer. Der Krater des Pichincha neben Quito hat 4200′ im Durchmeſſer, und iſt der größte den ich ge- [246./0252] ſehen habe. Die Krater ſelbſt ſind von Wänden umgeben, auf denen ſich ſelten neue kleine Krater bilden. Die Ränder des Kraters ſind oft ſehr ungleich, und arten mitunter ſogar in einzelne Thürme aus. Dies iſt vorzüglich beim Pichincha der Fall, der ohnehin ſeiner Steilheit wegen ſchwer zu erſteigen iſt; ich maaß von ſeinen thurmähnlichen Spitzen aus den Durchmeſſer des Kraters. – Auf dem Rande des Erhebungskraters findet ſich zuweilen ein Eruptionskrater, was bei den Mondvulkanen ſo häufig iſt. Der Chimboraſſo hat wohl an der Seite Dampf- aber keine Lavaausbrüche. – 35. Vorlesung, 5. März 1828 So wie wir die Bildung der Gebirgsarten erkennen können, giebt es 3 verſchiedene Wege derſelben. 1. Unorganiſche Bildung, in Folge eines Niederſchlags der Quellen, ſo wie der Traventins bei Rom entſtand, oder in Folge eines Niederſchlags lockerer Theile, die durch Anſchwemmungen herbei geführt wurden. 2. Gleichfals eine unorganiſche Bildung, aus den vulkaniſchen Wirkungen hervorgehend, indem ſie innere Lagen durchbrechen laſſen, die theils aus Porphyr, Granit und tuffartiges Ge- ſtein beſtehen, theils durch das Auswerfen der Krater von Steinen, Lava und Aſche gebildet wird. [247./0253] 3. Organiſche Bildung, durch Erhebung von Kalkgebirgen, wie wir dies an den Coralleninſeln ſehen, die über die Oberfläche empor kommen, und veraltert und zertrümmert Eilande bilden. Dieſe ſchlieſſen in ſich einfache Gebirgs- arten und Conglomerate von mehreren, wie wir ſie im antilliſchen Meere ſüdlich von Cuba erkennen; dieſe Ei- lande wurden von Columbus die Gärten des Königs und der Königin genannt. Zu dem Vulkane gehört eine permanente Verbindung mit dem Innern der Erde. Die Hebung der Trachitkegel iſt nicht durch die almählige Anhäufung der Lava und ſonſtigen Auswürfe entſtanden, ſondern ſie ſind gewaltſam empor gehoben, wie die Coralleneilande zeigen, bei denen Ruppel 3–400′ hoch noch Seepflanzungen im Tuff fand. Die andere Ent- ſtehung der Vulkane iſt nicht im Rücken des Gebirges ſelbſt, ſondern tiefer im Innern, denn von ihrer Bildung äußer- lich auf dem trocknen Boden des Luftmeers hat die Geſchichte kein Beiſpiel aufzuweiſen. Der Zuſtand des Alters und des Verlöſchens trit ein, wenn ſich im Innere vulkaniſche Seen bilden. So iſt der Pic von Teneriffa im Zuſtande der Solfatare. Wir haben geſehen, daß die Vulkane meiſt kegelförmig ſind. Der Pichincha dagegen bildet einen langen Rücken gleich einer Mauer, wo der kegelförmige Theil auf dem Abhange gegen [248./0254] die Südſee zu, liegt. Der Cotopaxi, von welchem im pittores- quen Atlas meiner Reiſe eine Abbildung iſt, hat eine ähnliche Geſtalt. Das Verhältniß des Umfangs der Vulkane zu ihrer Höhe iſt wie 28:1. Der Veſuv hat beinahe den größten Aſchenkegel, da er faſt ſo groß wie der des Pichincha iſt, nämlich ⅓ der Höhe; der des Pic von T. dagegen hat nur 1/22 der Höhe. Es ſcheint, daß die niedrigen Vulkane überhaupt die größten Aſchenkegel haben. Beim Veſuv iſt die Höhe des Aſchenkegels 1318′ die ganze Höhe 3450′ nach meiner Meſſung. Beim Aetna iſt die Höhe des Aſchenkegels 1020′ die ganze Höhe 10,200′ nach Sausſure. Beim Pic iſt die Höhe des Aſchenkegels 504′ die ganze Höhe 11,430′ nach Herſchel, L. v. Buch und mir. Die Höhe des Kegels /Aſchen/ hängt von der Menge des Auswurfs ab. Zuweilen findet ſich gar kein eigentlicher Ausbruchskrater, unerachtet ſich Lavaſtröme ergieſſen. Ein Beiſpiel giebt einer der Vulkane von Antiſena, der 12,000 hoch iſt, um welchen eine ſolche dünne Luft herſcht, daß das Rind- vieh wenn es gejagt wird, Blut auswirft, und bei dem kein Krater ſichtbar iſt; ob Oeffnungen an den Seiten ſind iſt ungewiß, [249./0255] und doch finden ſich Lavaſtröme. Ebenſo iſt es mit dem Chimboraſſo, der zwar keine Lava aber doch Dämpfe aus- ſtrömen läßt, dagegen ſein Seitenvulkan der Guanako /d. i. Feuerberg/ Lava ergießt. Der Krater des Veſuvs hat 1600′ im Durchmeſſer, der vom Pic kaum 300′. Dieſer hat aber noch einen 2t Krater, der erſt neuerlich von Cordier entdeckt iſt. Der Krater des Pichincha hat wie auch ſchon erwähnt 4200′ im Durchmeſſer. Die Wände des Kraters ſind ungemein dauerhaft, da- gegen iſt der obere Rand leicht Veränderungen unterworfen. Der nordweſtliche Rand des Veſuvs iſt 1786 von Sausſure, 1805 von L. v. Buch und 1820 von mir gemeſſen; vergleicht man dieſe Meſſungen, ſo findet ſich daß der Rocca del Pare in die Höhe gegangen, der ſüdliche Theil dagegen beim Aus- bruche von 1794 niedriger geworden, und von 1805 an bis jetzt der Rand unverändert geblieben iſt. Die Tiefe des Kraters, wovon wir ebenfalls eine genauere Kenntniß H L. v. Buch ver- danken, iſt das Maaß der wahrſcheinlichen Entfernung großer Ausbrüche, von denen der Boden oft ſo gehoben wird, daß er höher als die Ränder kommt. Um ſich einen deutlichen Begrif davon zumachen, ſtelle man ſich den Krater, wie ein Thal auf dem Gipfel eines Berges vor, in dem verſchiedene Schlacken- [250./0256] kegel ſich finden. Die Kraterränder bleiben ſich gleich, doch der Boden mit den Schlackenkegeln hebt ſich oft über dieſelben hinaus, ſo daß ich ihn am Veſuv bei einer Eruption 1820 von Neapel aus ſehen konnte. Die Schlackenkegel ſtürzen auch zuſammen, zuweilen ſind ſie doch ſehr dauerhaft, denn 1822 ſtürzte in einer Nacht einer im Krater des Veſuvs zuſammen, der ſchon 300′ hoch war, und Jahrhunderte gewachſen war. Die Dicke der Kraterwände iſt ſehr beträchtlich, und doch verliert ein Krater zuweilen in einer Nacht ſeine Schnee- maſſen, ſo erſchien 1804 der Cotopaxi zum Schrecken der Einwohner nach einer Nacht, als ein ſchwarzer Kegel. die Wärme kann ſich nicht ſo ſchnell durch die feſten Theile mittheilen, ſondern die vielen Spalten in Conus bewirken dies. So wie der Rand nur außerhalb der Behaltſchicht ſteht, iſt er nur von äußern Schichten gebildet, in denen große Spalten entſtehen, die wieder durch Lavaſtrömungen gefüllt werden. Zum Eruptionsſyſtem ſelbſt. Die Eruptionen zeigen ſich in einer Folge verſchiedener Erſcheinungen, und dieſe ſind 1. Die Erdbeben ſelbſt, als ihre Vorgänger, deren Erſchütte- rungen wie bekannt zerſtörend wirken. Aber auch durch ſtarken Druck der Luft, können Wohnungen ohne Erſchütterungen beſchädigt werden, ſo erhielten die Dächer in Portici [251./0257] Riſſe als der groſſe Aſchenkegel des Veſuvs ein- ſtürzte. Ihnen folgt 2. Der Lavaausbruch, der ſelten aus dem Krater, ſondern mehrentheils aus den Seitenöffnungen kommt, und in Lavaſtrömen ſich ergießt. 3. Die Auswürfe. Eine dunkele Rauchwolke ſchwebt über dem Krater, welche durch die elektriſche Spannung ein vulkaniſches Gewitter bildet. Während aus ihr Regen herabſtrömt und Blitze ſie durchzucken, fahren aus dem Krater Steine, erdige Maſſen, Aſche und ſelbſt zuweilen Waſſergüſſe empor. Durch das angeſammelte Regen- und Schneewaſſer werden die Waſſergüſſe veranlaßt. 4. Die Ausbrüche des kohlenſauren Gaſes durch die Seiten- öffnungen, wodurch Plinius der Ältere getödtet wurde. Im Jahre 79 hatte der Veſuv ſeinen erſten und ſtärk- ſten Ausbruch, der ſich 306 wieder erneuerte, und dann periodiſch lange ruhte, bis 1631 neue und ſtarke Ausbrüche erfolgten, nachdem er über 300 Jahre ganz ruhig geweſen war, ſo daß, wie Bred_zohini erzählt, Holz in ſeinem ganz bewachſenen Krater geſammelt wurde, und nach dieſer Zeit hat er ſeine Ausbrüche häufig wiederholt. Man muß aber nicht glauben, daß er während dieſer Ruhe im Zuſtande der Solfatara geweſen iſt. [252./0258] Da wo ſich die Vulkane über die Grenzen des ewigen Schnee’s erheben, in den Tropen alſo etwa 2450 Toiſen, bieten ſie eigene intereſſante Erſcheinungen dar. So werden zuweilen viele Tauſende kleiner todter Fiſche ausgeworfen, welche wie es ſcheint, in Seen, die im Innere der Vulkane durch des Schneewaſſer ſich bilden, ihren Aufenthalt haben. Es ſind kleine Fiſche von wenigen Zollen mit Mundfäden, aus der Gattung Pimeldes Cyclopum /kleiner Wels/, die ſich überall in den Flüſſen und Bächen der Gebirge finden, und durch unter- irdiſche Gewäſſer gleichſam wie in Röhren zur Höhe hinauf- ſteigen. Beſonders den 20t Juni 1698 als der Caorunaſso ſeine Spitze verlor, bedeckten dieſe Fiſche in Letten ge- füllt, viele Quadratmeilen des Land. Deſſelben war beim Vulkan von Ribabuaon ſo ſtark der Fall, daß durch die Fäulniß dieſer ausgeworfenen Fiſche Krankheiten ent- ſtanden. Die Maſſen welche von den Vulkanen ausgeworfen werden, beſtehen: a, aus Fragmenten von der uranfänglichen Geſtalt der Gebirgsarten vor dem Ausbruche, beſonders aus ſo genannte Granitgeſtein mit Granitglimmerſchiefer. Solche Maſſen finden ſich um den Veſuv dem Foſſa Blanca oft von Lava einge- ſchloſſen, vorzüglich häufig aber und weit zerſtreut auf [253./0259] auf der Inſel Palme wie H v. Buch fand. Bisweilen ſind es aber nicht blos Fragmente ſondern große Maſſen wie beim Xorullio. b. Aus Geſtein, auf welches die Vulkane ſchon einwirkten und es ganz veränderten; ſo verwandelt der Veſuv den dichten Kalkſtein in körnigen oder in carariſchen Marmor, und wenn Bittererde dabei iſt in körnigen Dolomit. c. Aus Lavaſtrömen und Lavamaſſen; Die Lavaſtröme ſind um ſo ſtärker, je tiefer ſie ausbrechen, und dies beſtimmt auch die Natur der Maſſen, wie z. B. die Obſidianſtröme von Pic herabkommen, Bimſtein bilden. Die Lava iſt mehr glasartig wenn ſie aus den Vulkanen, mehr erdartig aber wenn ſie nah aus tiefern Ausbrüchen hervorkommt. Aus dem Obſidian entſteht der Bimſtein, der wahrſcheinlich oft gleich in Aſche verwandelt wird, da manche Vulkane keinen hervorbringen. Der Aetna hat keines von beiden. Die Ebene von Tapie dagegen iſt ganz mit Bimſtein be- deckt, die größten Maſſen von Bimſtein finden ſich am Fuſſe des Cotopaxi, wo Lagerungen von 30′ Breite und 7′ Höhe vorkommen. Auch hat man große Glimmer- kryſtalle darin gefunden. Die Oberfläche der erkalteten Lava iſt einigermaßen mit Eisſchollen zu vergleichen, und kann ſo Jahrhunderte trotzen, [254./0260] ſie bleibt ganz nackt, nicht einmal Flechten vegetiren darauf. Wird ſie aber mit Aſche bedeckt, ſo kann der Boden bald wieder fruchtbar werden. Die elaſtiſchen Dämpfe bilden auch bisweilen kleine Kegel in der Lava, wie man dieſe oft zu hunderten beim Xorullio ſieht; beim Veſuv hat man dies Phänomen 1822 auch wahrnehmen wollen, doch in weit geringeren Grade. Merkwürdig ſind noch die Höhlen, die oft in der Lava entſtehen, und deren Wände mit Metallkryſtallen be- ſetzt ſind. Man hat ſo ſchon 7 Metalle darin entdeckt, als: Eiſen, Titan, Kupfer, Arſenik, Selen, Mangan und oxyd. Stibium. Dieſes iſt ſehr wichtig für die Erztheorie, wie ſie durch Gänge aufſteigen, und ſich niederſchlagen. Die Urſachen der Wärme ſind gewiß ſehr tief zu ſuchen, aber die Maſſen der Lava finden ihre Stoffe nicht immer in der Tiefe, ſo ſind die erdartigen Stoffe mehr Umänderungen des Erdreichs in der Nähe. Wo man große Maſſen von Olivin findet, kann man auf die Verbindung mit Baſalt ſchieſſen. Feldſpathlava findet ſich wo Trachyt in der Nähe iſt. Die Maſſen der Lava ſind ſehr verſchieden, ſo iſt in der des Aetna’s kein Augit, wohl aber in der des Veſuv’s. Selbſt bei nahen Vulkanen, und in den Lavaausbrüchen [255./0261] derſelben Vulkane, in einem Zeitraume von 6 Monaten, findet oft Verſchiedenheit der Maſſen ſtatt. Die feldſpath- artigen Lagen gehören den älteſten Auswürfen zu, wie beim Veſuv, der jetzt aber keinen Feldſpath mehr giebt. Die Lavaſtröme bilden theils ein dichtes Gewebe in ihren Lage- rungen, das baſaltartig iſt, bald einzelne Kryſtalle, die ſich individualiſiren und porphyrartig ſind. Der Aſchenauswurf iſt als letzte Eruption zu betrachten. Gleich der Geſtalt der Pinie wird ſie durch die Gewalt der Dämpfe aus dem Ausbruchskrater in die Luft geſchleudert, was man beim Veſuv 70–80′ hoch ſehen kann. Man hat geglaubt daß von 1631 bis 1822 groſſe Aſchenauswürfe waren, was aber nicht der Fall geweſen iſt, denn ich fand die Aſche aus 2–3′ hoch. Weit ſtärker müſſen dagegen die Aſchenauswürfe geweſen ſein, welche Herkulanum zerſtörten und 80′ hoch mit Aſche bedeckten, was beſtimmt keine Lava ſondern Aſche war. Die beiden Städte Herkulanum und Pompeii wurden 79 Jahre nach Chriſti G. verſchüttet, und 1711 wieder entdeckt. Die Aſche kommt auch zuweilen aus den Seitenwänden hervor, ſo ſchien 1822 beim Veſuv ein Strom kochendes Waſſer am Fuſſe des Kraters heraus zukommen, nähere Unterſuchungen von H Steiniger aber zeigten, daß [256./0262] trockne Ströme von Tuff und Aſche ſo täuſchten. 3tens wird die Aſche mit dem Schlamme zugleich ausgeworfen. 4tens mit einzelnen Maſſen, großen Tuffſchichten mit Waſſerſtrömen vermengt. Endlich 5tens mit Regenwaſſer etc. Der letzte Zuſtand der Vulkane iſt neu die Solfa- tara ſelbſt, welche Schwefelwaſſerſtoffgas mit Waſſerdämpfen ausſtößt. Eine andere Art des alten Zuſtandes iſt die, daß ſich in ihrem Innern Seen bilden, wie z. B. die See des Toluca von 5000′ Höhe, die freie Salz- und Schwefelſäure enthält. – Das Emporſteigen der Schwefeldämpfe, /vorzüglich als Schwefelwaſſerſtoffgas, wo ſich nachher auch Schwefel wirklich niederſchlägt,/ aus dem Innern durch große Spalten, iſt um ſo intereſſanter, da man früher glaubte, der Schwefel finde ſich nur in den tertiären Gebirgen. Ein anderer Fall iſt bei Quito, wo Schwefel in Quarzwaſſer und Glimmerſchiefer liegt. Wenn dieſe Schwefeldämpfe durch Flözkalkſtein brechen, ſo verwandeln ſie ihn in Gyps. Sehr ſelten findet man in der Nähe der brennenden Vulkane anſtehendes ausgeworfenes Urgeſtein, und dann ſcheint es von den Vulkanen ſelbſt gehoben zu ſein, wie ich es in Südamerika fand. [257./0263] 36. Vorlesung, 8. März 1828 Von der Betrachtung der iſolirten Vulkane, komme ich nun wie ſie ſich in Gruppen an einander reihen. Nach Herrn L. von Buch theilen ſich alle Vulkane der Erdfläche in zwei weſentlich von einander verſchiedene Klaſſen: in Central- und in Reihen-Vulkane. Jene bilden alle- mal den Mittelpunkt einer großen Menge, um ſie her, faſt gleichmäſſig nach allen Seiten hin wirkenden, Aus- brüche. Dieſe, die Reihenvulkane, liegen in einer Reihe hinter einander, oft nicht weit von einander ent- fernt, wie Eſſen auf einer groſſen Spalte, was ſie denn auch wohl ſein mögen. Man zählt auf ſolche Art zuweilen wohl 20, 30 oder auch noch mehr Vulkane, und ſo ziehen ſie ſich über bedeutende Theile der Erdoberfläche hin. In Hinſicht ihrer Lage, ſind ſie dann wiederum vor zweierlei Art. Entweder erheben ſie ſich als ein- zelne Kegelinſeln aus dem Grunde der See; dann läuft gewöhnlich ihnen zur Seite ein primitives Gebirge völlig in derſelben Richtung, deſſen Fuß ſie zu bezeichnen ſcheinen – oder dieſe Vulkane ſtehen auf den höchſten Rücken dieſer Gebirgsreiſe und bilden die Gipfel ſelbſt. In ihrer Zu- ſammenſetzung und in ihren Producten ſind dieſe beiden [258./0264] Arten von Vulkanen nicht von einander unterſchieden. Es ſind faſt jederzeit, mit nur wenigen Ausnahmen, Berge von Trachyt und die feſten Producte daraus laſſen ſich auf ſolchen Trachyt zurückführen. Wenn man dieſe Gebirgsreihen ſelbſt als Maſſen anſieht, welche aus großen Spalten durch Wirkung des Augit- porphyrs hervorgeſtiegen ſind, ſo läßt ſich dieſe Leg der Vulkane wohl einigermaſſen begreifen. Entweder des jenige, was in den Vulkanen wirkt, findet auf dieſer Hauptſpalte ſelbſt ſchon mehr Leichtigkeit, zur Oberfläche hinauf zu dringen; dann werden die Vulkane auf der Gebirgsfläche ſelbſt hervorſteigen. Oder die primitiven Gebirgsmaſſen über der Spalte ſind ihnen ein großes Hinderniß; dann werden ſie, wie es ſchon der ſchwarze Porphyr ſelbſt gewöhnlich thut, am Rande der Spalte ausbrechen, da, wo die Gebirge anfangen, ſich über der Oberfläche zu erheben, das iſt am Fuße der Gebirge hin. Wenn aber das, was unter der Oberfläche hervor- brechen will, keine ſolche Spalte vorfindet, welche der wirkenden Macht den Weg beſtimmt, den ſie nehmen ſoll, oder auch wenn das Hinderniß auf der Spalte überaus [259./0265] groß iſt, ſo wird die Kraft unter der Oberfläche an- wachſen, bis ſie das Hinderniß zu überwältigen und die darüber liegenden Gebirgsmaſſen ſelbſt zu zerſprengen vermag. Sie wird ſich ſelbſt eine neue Spalte bilden, und auf dieſer ſich eine ſtete Verbindung offen erhalten, wenn ſie ſtark genug iſt. Dann entſtehen Centralvulkane. Doch werden dieſe nur ſelten emporſteigen, ehe ſie ſich nicht vorher durch Erhebungsinſeln mit Erhebungscratern den Weg gebahnt haben. Zu den Centralvulkanen gehören: 1. Die lipariſchen Inſeln. Stromboli iſt der Vulkan dieſer Gruppe. Seine beſtändig rauchende Spitze liegt 2037′ über dem Meere. Alle Berge dieſer Inſeln beſtehen aus Trachyt. 2. Der Aetna. Er ſteht am Fuße der Granitreihen von Calabrien. Mandelſtein und Baſalt bilden von allen Seiten den Fuß des Vulkans. Die Laven ſind feldſpathreich. Seine Höhe beträgt nach Herſchel 10,205′. 3. Die phlegräiſchen Felder. Dieſe und die nahe gele- genen Inſeln und der Veſuv gehören zu einem Syſtem. Der Epomeo auf Iſchia iſt trachytiſch, ohne Crater und [260./0266] hat nur ein Mal, ſo weit die Erinnerung reicht, Ausbruchs- erſcheinungen gezeigt. Der Veſuv iſt iſolirt, baſaltiſch, wie ſeine ganze Umgebung und ſeine Laven. Der höchſte öſtliche Punkt nach v. Humboldt 3774′ über dem Meere. 4. Island. Von den 29 Vulkanen, welche Henderſon aufzählt, bilden nur Krabla, Leihrnukur und Trölladyngur im Norden, Heckla, Eyafiäll und Körligia im Süden, Orröſa Jöckul im Oſten, beſtimmte ununterbrochene Verbin- dungskanäle. Dieſe Vulkane liegen in einen breiten Gürtel eingeſchloſſen, welcher von Südoſt gegen Nordoſt die Inſel durchzieht. Der Heckla iſolirt wie der Veſuv, und größer an Maſſe, erhebt ſich nach Ohlſen und Vetleſen zu 4795′ par. Fuß. Orröſa Jöckul iſt von Paulſon 5561 par. Fuß hoch gefunden worden. Die Laven enthalten Feldſpath. 5. Die azoriſchen Inſeln. Der Pico der Inſel gleichen Namens iſt der Hauptverbindungskanal. Die Inſeln ſcheinen faſt durchaus aus Trachyt zu beſtehen. St. Michael iſt bekannt durch die Inſeln, welche wiederholt verſucht haben, in deſſen Nähe in die Höhe zu ſteigen. 6. Die canariſchen Inſeln. Der Pic von Teneriffa iſt der Hauptvulkan; er beſteht ganz aus Trachyt, ſoweit er vom Erhebungscrater abgeſondert iſt. Auch auf Palma [261./0267] und Gran Canaria iſt Trachyt. Lancarote und Fuerten- wentua ſind baſaltiſch. 7. Die Cap-Verdiſchen Inſeln. Die Inſel Fuego iſt der Vulkan dieſer Gruppe. Der Feuerberg dieſer kleinen Inſel ſoll über 7000′ hoch ſein. 8. Die Gallapagos. Die bilden eine ſehr thätige vul- kaniſche Gruppe. Narborough-Island, die weſtlichſte der Inſeln, ſcheint der Hauptvulkan zu ſein. 9. Die Sandwich-Inſeln. Owaihi, die größte und höchſte aller Inſeln der Südſee, iſt das Haupt der ganzen Gruppe, und ihr Hauptvulkan der Mowna Mororay, nach Kotzebue, 13,800 par. Fuß hoch. 10. Die Marqueſas. Der größte von dem geſehenen iſt baſaltiſch. Die größte und höchſte dieſer Inſeln ſcheint nach Forſter’s Beſchreibung, der ſie indeß nur von der See aus ſah, einen trachytiſchen Hauptvulkan zu enthalten. 11. Die Societäts-Inſeln. Otaheiti, die größte dieſer Inſeln, iſt auch die Hauptinſel für die innere vulkaniſche Verbindung, und der Berg von Tobreonu der Vulkan dieſer Gruppe, der eine Höhe von 11,000′ erreicht. Faſt alle Felſen dieſer Inſeln beſtehen aus Trachyt. [262./0268] 12. Die Freundſchaftlichen-Inſeln. Tofua, der Vulkan dieſer Gruppe, erhebt ſich vielleicht bis zu 3000′, während die Berge aller andern Inſeln ſehr niedrig und nur einige hundert Fuß hoch ſind. Er ſcheint in beſtändigem Aufruhr zu ſein. 13. Bourbon. Die Inſel ſteht iſolirt. Der Vulkan liegt im öſtlichen Theile derſelben, und iſt einer der mächtig- ſten auf der Erdfläche. Zu den Centralvulkanen ſcheinen noch gerechnet werden zu müſſen, die Berge, welche im Innern der Continente liegen und jetzt nur noch ſelten Spuren ihrer Wirkſamkeit zeigen. Hierher gehören der Dama- vand auf der Kette des Elbaurs, der Ararat, der Seiban-Dagh, die tatariſchen Berge öſtlich von China und die vulkaniſchen Berge in Kordofan. Alle dieſe Centralvulkane erheben ſich aus der Mitte baſaltiſcher Umgebungen, ungeachtet ihre Kegel ſelbſt faſt überall aus trachytiſchen Maſſen beſtehen. Von Gebirgsarten anderer Formationen erſcheint entweder keine Spur, wie auf den Inſeln der Südſee, oder ſie ſind doch ſehr entfernt und nicht mit den Vulkanen in unmittelbarem Zuſammenhange. Dagegen ſteigen die Reihenvulkane entweder ſogleich aus dem Innern pri- [263./0269] mitiver Gebirgsarten ſelbſt und über dem Rücken der Gebirgskette empor, oder Granit und ähnliche Geſteine ſind doch in der Nähe, vielleicht noch am Abhange des Vul- kans anſtehend, wenn die Reihe der Vulkane nur den Fuß der Gebirgsketten, oder den Saum der Continente begleitet. Zu den Reihenvulkanen gehören: 1. Die griechiſchen Inſeln. Sie ſind die einzigen in Europa, welche man mit einigen Rechte unter den Reihen- vulkanen aufführen könnte; allein die Natur hat hier bis- her immer nur verſucht Vulkane zu bilden, ohne daß dieſe zu wirklichen und dauernden gediehen wären. Die griechiſchen Inſeln haben die Natur der norwegiſchen und ſchwediſchen Scheeren. Durch ſie werden die Gebirgsreihen des feſten Landes in gleicher Reihe und mit gleichen Ge- birgsarten fortgeſetzt, bis in weiter Entfernung die einzelnen Erhebungen nicht mehr als Inſeln aus dem Meere ſteigen können. Die Reihe der vulkaniſchen Inſeln, die feſt den Iſthmus von Corinth berührt und zu welcher Poros, Milo, Anti- milo, Eimdolis, Palino, Policandros, Thereſia und Santorin [264./0270] gehören, die aus Trachyt beſtehen, welcher wahrſcheinlich den Thonſchiefer durchbrochen hat, der in Böotien, ſüdlich von Theben, unter dem Kalkſtein liegt; denn Santorin, eine der merkwürdigſten und lehrreichſten Inſeln der Erdrinde, hat den Thonſchiefer mit in die Höhe gebracht. 2. Weſtauſtraliſche Reihe. Offenbar iſt Neuſeeland durch Neucaledonien, durch die neuen Hebriden, durch die Salomos-Inſeln und Louiſinde bis Neuguinea und durch dieſes große Land bis zu den Molucken fortgeſetzt. Der erſte und fürchter- lichſte Vulkan der Reihe iſt Tanna; es folgen Am- bryan, im Oſten der großen Inſel del Eſpirtu Santo, die Volcano-Inſeln bei St. Cruz, Seſarga unter den Salomons-Inſeln bei Guadalcanar, dann der Vulkan auf Neu-Britanien, Dampiers Vulkan etc. etc. Dieſe Vulkanreihe vereinigt ſich nun an der Weſt- ſeite von Neuguinea mit zwei andern, den Reihen der Vulkane der Inſeln von Sunde von Weſten her den der Philippinen und der Molucken von Norden herunter, zu einem wahren vulkaniſchen Knoten. 3. Reihe der Inſeln von Sunda. Hierher gehören: der Wawani auf Amboina, der [265./0271] Gonung-Api, der brennende Berg von Banda, Sorea, Damure, Gunong-Api in 6°36′ S. Pontare, Lombatta, Mangeray oder Flores, Sandelbos, die Feuerberge Java’s, der Gede oder Tegal über 10,000′ hoch, und ſo weiter vielleicht noch 30 an der Zahl; im Golf von Bengalen, der letzte bekannte Vulkan dieſer Reihe. 4. Reihe der Molucken und der Philippinen. Schreckbar prachtvoll, ſagt Tuckey, iſt der Anblick der Philippinen. Die Berge, welche die Inſel nach allen Richtungen durchziehen, verſtecken ihre Häupter in den Wolken, während ihre Abfälle mit Schlacken und Laven und mit grenzenloſer Verwüſtung bedeckt ſind; heiße Wäſſer dringen faſt überall hervor, und an vielen Orten ſtehen Salvataren mit brennendem Schwefel. Die beſtimmt bekannt gewordenen Vulkane dieſer aus- gezeichneten Reihe ſind folgende, von Amboina herauf: Machian, Motir, Ternate, Tidore, Tolo, Kemas, Siao, Aboe, Sanquil, Fuego, Mayon, Ambil, Taal, Aringuay und Eamiguin. Außerhalb dieſer Reihe und iſolirt liegen der ſtets flammende Vulkan auf einer kleinen Inſel an der Weſtſeite von Bor- neo und ein Vulkan auf der Inſel Cap, in der Torreſſtraße. [266./0272] 5. Reihe der japaniſchen und kuriliſchen Inſeln und von Kamtſchatka. Mit der Schwefelinſel beginnt nach langer Unter- brechung eine neue Reihe. Japan iſt, wie Java, Quito, Gilolo und Luçon, ein Hauptſitz vulkaniſcher Wirkungen. Tanegalina ſoll im Jahr 94 aus dem Meere geſtiegen ſein. Vulcanus oder Fuego, Aſo, Unſen, Firando, Fatſiſio, Fuſi, Alamo, Pic Tileſius, Koſima, der Vulkan auf Matsmai, der Vulkan von Chacodade, der Vulkan im Norden der Vulkansbay auf Matsmai ſind die erſten der langen kuriliſchen Vulkanreihe. Ferner gehören hierher der Vulkan auf Itturup, Tſchirpoi, Pic Peyrouſe auf Mareckan, Uſchiſchi, Matua, Naſchkoke, Ikarma, Onekotan, Paramuſir und Alait. Auf Kamtſchatka befinden ſich 14 Vulkane. 6. Reihe der aleutiſchen Inſeln. In den aleutiſchen Inſeln befinden ſich 11 Vulkane. Die Vulkane der Inſel Umnack ſind beſonders thätig. 7. Reihe der Marianen. Die Vulkane dieſer Reihe ſind ſehr unbekannt und eigentlich iſt nur die Inſel Aſſumpcion als ein [267./0273] wirklicher Vulkan erkannt worden. Doch bemerkt v. Chamisſo, daß die Reihe der Marianen eine vulka- niſche ſei. 8. Reihe von Chili. Es werden in dieſer Reihe 24 Vulkane aufgeführt. Sie ſind indeſſen, ungeachtet ihrer Höhe und Be- deutung, kaum mehr als dem Namen nach bekannt. Miſti oder Vulkan de Arequipa, iſt der einzig bekannte Vulkan in Peru. 9. Reihe von Quito. Der ganze hochliegende Theil von Quito mit den angrenzenden Bergen ſcheint nur ein einziges un- geheures vulkaniſches Gewölbe zu bilden, welches ſich von Süden nach Norden erſtreckt und einen Raum von mehr als 600 □ Meilen einnimmt. Die Feuer- berge dieſer Reihe gehören zu den höchſten Bergen der Erde. Es ſind deren 16 bekannt. 10. Reihe der Antillen. Die Vulkane dieſer Reihe ſind nicht hoch. Die vul- kaniſchen Inſeln liegen alle in einer fortlaufenden Kette hintereinander, ohne von nicht vulkaniſchen Inſeln [268./0274] unterbrochen zu ſein. Grenada, St. Vincent, St. Lucia, Martinique, Dominica, Guadeloupe, Monſerrat, Mewes, St. Chriſtoph, St. Euſtache ſind die vulk. Inſeln. 11. Reihe von Guatemala. Die Andes ſind zwiſchen den beiden Meeren faſt verſchwunden; der Uebergang bei Panama iſt nicht über 1000′ hoch. Aber die vulkaniſchen Kegel dieſer Reihe ſteigen ſchnell und hoch in der Richtung von Südoſt gegen Nordweſt, über das niedere Land empor und längs der Küſte hin. Man hat deren 27 aufgezeichnet. 12. Reihe von Mexico. Beinahe völlig von Oſten nach Weſten, quer über die Landenge, und über einer Querſpalte, erheben ſich die Vulkane von Mexico, 8 an der Zahl, unter welchen der Popocatepetl 16,626′ hoch, der höchſte von allen bekannten Bergen in Mexico iſt. – –L. v. Buch in Poggendorf’s Journal Sehr ſelten findet man am Fuße der Vulkane an- ſtehendes Urgeſtein, und dann ſcheint es von den Vulkanen ſelbſt gehoben zu ſein, und nicht ausgeworfen, wie ich es [269./0275] auch in Südamerika fand. Die Vulkane hat man lange nur als zerſtörend be- trachtet, und ſie erſt in neuerer Zeit als neue Gebilde ſchaffend und umwandelnd erkannt. Unabläßig bilden ſie Schichten körniges Geſtein oder Lavaſtrömen. Sie bilden neue Gebirge die im genauen Zuſammenhange mit den ältere ſtehen. Die Laven ſind graue oder ſchwarze Eiſenſilicate die Augit, Olivin und Hornblende einſchlieſſen. Sie zeigen entſchiedene Analogie mit dem Baſalt und Porphyr. Sie verändern das anliegende Geſtein, ſo wird dichter Kalkſtein in körnigen verwandelt; oder neue Foſſilien wie Veſuvian, Zinn- ſtein u. ſ. w. treten hervor. Eine beſondere Erwähnung verdienen die künſtlichen Foſſilien, als Kryſtalle von Glimmer, Augit, Olivin, Titan, etc. von H Mitſcherlich und Wollaſton; auch das körnig Geſtein der Vulkane hat man auf künſtliche Wege nachgemacht. Die erſteren Foſſilien ſind deren der Vulkane ſehr ähnlich nach gekünſtelt. [270./0276] Wir kommen nun zur Unterſuchung der Erdrinde in Allgemeinen, der poſitiven Lagerungs-Geognoſie, ohne auf ihr Entſtehen Rückſicht zu nehmen. Man hat lange gefragt, wie tief wir eigentlich in das Innere der Erde gedrungen ſind, und die Gruben von Anſin bei Valencienes von 850′ unter dem Meereſſpiegel für die tiefſten gehalten. Nach den trefflichen Unterſuchungen jedoch die wir den beiden Geognoſten Blechen und Oehlhauſen ver- danken, welche Deutſchland, Frankreich und England in dieſer Rückſicht bereiſten, finden ſich die tiefſten Gruben oberhalb Lüttich von 1600′ Tiefe. Die größten Kohlenbergwerke ſind nur 1000′ tief. Zu Freiberg iſt man 1670′ einge- drungen, was jedoch noch nicht 500′ unter dem Niveau des Meers iſt, da Freiburg ſo hoch liegt. So iſt man an verſchiedenen Punkten bis gegen 1600′ tief in die Erde ein- gedrungen ohne darüber hinaus zu kommen. Alſo viermal tiefer als die größten Bauwerke über der Erde. Denn ſowohl die höchſten Pyramiden älterer Baukunſt wie die hohern Dome des Mittelalters erreichten etwa die Höhe von 440 bis 450′. Selbſt wenn man der Hypotheſe folgen wollte daß vom Himallahgebirge die höchſte Spitze der Dhawalagiri 26,000′ über der Meeresfläche, aber ſo tief aus dem Innern unter derſelben hervorgetrieben ſei, ſo würde dies mit dem [271./0277] Durchmeſſer der Erde verglichen, uns immer nur eine geringe Tiefe zeigen. Die Findlinge von den Vulkanen ausgeſchleudert kommen aus tiefern Punkten der Erde als ihre Baſis iſt. In der äußern Rinde der Erde zeigen ſich 5 körnige Ge- birgsarten: 1. die weiſſe Lava, 2. die ältere Baſaltflöze, 3. Trachyt, 4. Porphyr mit und ohne Quarz, und 5tens, Granit, Sienith, Gneis und Granitmaſſen, die mit dem Namen Ur- gebirge bezeichnet werden. Die feſten Schichten von oben herab ſind: 1. Lodere, erdige Schicht, mit Knochen von Vögeln und Säugethiere 2. Dichte Schicht von Kalkſtein, mit Meerproducten, Seefiſchen etc. 3. Thonſchiefer, ſchwarzer Kalk, und thonartiges Geſtein. 4. Körniger Feldſpath, und Augitartiges Geſtein als Trachyt, Chlorit, Baſalt und Trümmerſtein. Wird die 4t Gruppe uranfängliches Geſtein genannt, ſo iſt der 3t der Name Uebergangsgebirge gegeben. In dieſer findet ſich das erſte Aufkeimen von Bambus- und Schilf- arten, auch Schildkröten ſind darin gefunden. Die Schichten der Lagerungen von Kalkſteinen heißen Flötzgebirge, und unter- ſcheiden ſich von den tertiären, daß der Kalk eine große Menge von Krokodillenarten, Knochen von andern Landthieren, Meer- und Süßwaſſer-Producten beigemiſcht enthält. Zwei große Zerſtörungen bezeichnen die Grenzen dieſer Flötz- [272./0278] gebirgen, da ſie von den tertiären Gebirgen durch Lagerungen von Steinkohlen mit monocotyledoniſchen Stämmen, als Palmen, baumartigen Farrenkräutern und Gräſern getrennt ſind, auf der andern Seite dagegen iſt das Flötzgebirge von Lagerungen dicotyledoniſcher, unſerer Waldungen ähnlicher Baumſtämme be- grenzt, die ſich durch die Reize der Holzſchichten oder Jahrringe deutlich erkennen laſſen. Bei der in den Braunkohlenſchicht zwiſchen dem Flötz- und Tertiärengebirge eingeſchloſſenen Zer- ſtörung einer Palmenwelt, muß man nicht glauben daß ſie miteinander verſchwänden ſei, denn auch in den Gypſen finden ſich Palmenſtämme. Wenn alſo einſt dieſe Gegenden den Tropenländern ähnlich waren, ſo unterſcheiden ſie ſich doch weſentlich von dieſen dadurch, daß die unanfängliche Vegetation nur allein aus monocotyledoniſchen Stämmen beſtand, und in den Flötzen ein dicotyledoniſche St. gefunden worden ſind. Wer in den todten und ſtarren Gebirgsarten des Innern verfolgt, den feſſeln die Spuren der Reſte alter Thiere und Floren, dem erſcheint der Boden unheimiſch, wo Elephanten und crodillartige Thiere ſich vorfinden. Dieſes Aneinander- reihen von Organismus hat das Leben von coloſſalen Landthieren bis zum Corallenſtamme gallertartig umhüllt, verfolgt. Ein großer Theil der Gebirgsformationen iſt durch Spuren des Zuſammenlebens und des Alters nach, characteriſirt. [273./0279] Wie ſich in den Uebergangsgebirgen wozu auch der größere Theil des Harzes gehört, Bambusſchilf, Stengel von Farren- kräutern, eine Maſſe von Corallen finden, ſo zeigen ſich auch zugleich ſehr ausgebildete Thiere, als Tricholiten, Käfermuſcheln mit und ohne Gitterungen, ein Krebsartiges Gliederthier von 4–4½ Länge, ferner ſepienartige Thiere und Orzowalithen. Das Flötzgebirge enthält zahlloſe Polytaninen Muſcheln, Ammonshörner, etc. und ein Thier was man bisher für ganz verloren hielt, hat der Capt. Boudin auf ſeiner Reihe ſogar lebendig wieder gefunden, nämlich eine Art Spirula, die ich ſelbſt zu Paris in Weingeiß ſah. Dieſe Art gehört zu den ſeltenen Thieren welche nicht wie die Schnecken im Gehäuſe leben, ſondern der hintere Theil iſt um das Gehäuſe angewachſen. Ferner Belemniten oder die ſo- genannten Blitzpfeile, ein und zweiſchalige Seethiere, ſelbſt Theile von Dintenfiſche. Der Prof. Boxler in Oxford fand noch die Blaſe mit der Sepia ſo gut erhalten, daß ich ſelbſt noch deren eine Abbildung mit der ihr eigenen Farbe geſehen habe. Die größte Maſſe von Fiſchen findet man überhaupt in dem Flötzgebirge. In der neuern Formation finden wir Krokodillartige [274./0280] Thiere, die aber von denen der jetzigen Zeit ſehr abweichend ſind; als den Megaloſaurus von 40–50′ Länge /die jetzigen Krokodille haben nur eine Länge von 20–22′./ Ein von ihm aufgefundener Schenkelknochen war gegen 5 Fuß lang. Ferner den Pleſioſaurus ein Krokodill mit einem Schwanenhalſe, der ⅔ der Länge des ganzen Thiers ausmacht. Auch Krokodille mit Fiſchungen von einer ſonderbaren concaven Geſtalt. Endlich wirkliche Kro- kodille, und was ſehr merkwürdig iſt, fliegende Eidexen, deren Flügel gleichſam wie Finger zuſammen gehalten werden. Dies gab zu einem gelehrten Streit zwiſchen H Cuvier und Sommering Veranlaſſung, da letzterer ſie für Fledermäuſe hielt. – Auch Reſte von Cetaceen, Wallfiſchen, warmblütigen Säugethiern der Meere und der Flüße. Ueber der Kreide nehmen dann die Säugethiere ihren Anfang, anfangs ganz un- bekannte Arten und Formen, ähnlich dem Rhinoceros, Tapir, dem Pferde u. ſ. w. So wie die Gattungen Ampletorion und Paleterion, wovon Cuvier allein um Paris 18 Arten geſammelt hat; und um ſo überraſchender war das Auf- finden eines koloſſalen Tapir’s, da man es nur für eine ſüdamerikaniſche Gattung hielt, aber gerade zu [275./0281] derſelben Zeit wurde eine andere noch lebende Art in der alten Welt auf Malakka entdeckt. So iſt in neuerer Zeit erwieſen, daß unſer Rindvieh nicht von Auerochſen abſtammt, denn Knochen ihrer ganz analog ſind in Nord- amerika gefunden, und zeigen daß der Urtypus davon unterging. Auffallend dagegen iſt es, daß bis jetzt keine Spur foſſiler Knochen von Auerochſen gefunden iſt. Nun kommen Elephanten, Rhinoceros, Nilpferde, aber neue Arten der Gattungen. – 1771 wurde ein dem indiſchen Elephanten ähnliches Thier bei Jadegerſte mit Fleiſch entdeckt. 1799 aber entdeckte Adams im Eiſe der Lena, eine ungeheure Eismaſſe, aus welcher Knochen hervorragten. Fünf Jahre ſpäter alſo 1804 meldeten die Jakuten, daß jetzt erſt das Thier vom Eiſe frei ſei; man fand das Thier noch ſo mit Fleiſch umgeben, daß Hunde, Wölfe und andere Thiere dadurch angezogen wurden, und ſich lange deren gewährt haben. Selbſt ein Auge und viel Muskelfleiſch war durch die Kälte bis dahin gut erhalten. Es war mit 15 Zoll langen Haaren bedeckt, und hieraus hat man ſchließen wollen, daß es von einem elephantenartigen Thiere des Norden’s abſtamme; dieſe Erklärung iſt aber nicht wahr- [276./0282] ſcheinlich, da man neben dieſem Thiere Palmenholz und baum- artige Farrenkräuter vorgefunden hat, die unmöglich hier ihren Urſprung haben konnten. Das Scelett iſt nachher nach Petersburg gebracht. Noch muß ich das große Faulthier /Megaterion/ erwähnen, das man neuerlich für ein Armadill oder Tatu erklärt hat, und ſo höchſt wunder- bar gebauet iſt, daß man es für einen Aerolithen halten möchte. Das Verdienſt dieſer Beobachtungen gebührt in frühern Zeiten Campe, Sommerring, Blumenbach, und in neuern Zeiten vorzüglich Cuvier. 37. Vorlesung, 12. März 1828 In dem Vorhergehenden ſind wir beſchäftigt geweſen, die untergegangenen Thier- und Pflanzenformen in ihren Grabſtätten aufzuſuchen, wo wir ſie von den uranfäng- lichen Gebilden der Steinkohlenlagerungen aufſteigen und ſich in den Schichten der Kreide endigen ſehen. Die größte Gruppe dieſer verſchiedenen Thiergattungen gehört zu den welche wir mit dem Namen Dickhäutige belegen. Cuvier, deſſen Nachforſchungen wir überhaupt viel zu verdanken haben, hat allein über 130 Arten aufgefunden, worunter 60 Rhinocerosarten und Tapire, 20 Wiederkäuende wie Rehe, Hirſche u. ſ. w. und 22 reißende Thiere wie Bären, Wölfe, Tieger und andere Katzenarten. Von Vögeln [277./0283] iſt nur wenig gefunden, weil ſie leichter den Zerſtörungen entgehen konnten. Je tiefer man in die Erde dringt, um ſo unähnlicher ſind dieſe Formen den Bildungen der jetzigen Schöpfung. – Die letzte dieſer Schichtungen iſt nun die der Süßwaſſerformationen, wie ſie ſich in den Limen über 600′ hoch erheben, und aus kleinen Inſecten beſonders den Limellen, vermiſcht mit den Früchten der Chara beſtehen. Es giebt große Strecken der Continente, wo dieſe Bildungen ganz fehlen, wie z. B. der nordweſtliche Theil von Amerika, nach den Unterſuchungen des Capt. Franklin; dies iſt auch der Fall vom Ausfluße des Orinoco an bis zum Amazonen- ſtrom, wo ſich nur Granitformationen erheben, die dem Corallenleben und ihren Bildungen Hinderniſſe entgegen ſetzen. ? Von Menſchenknochen iſt bis jetzt nichts gefunden worden, denn nur fälſchlich hat man andere dafür ge- halten. So glaubte Schuchzer einen homo lapideus gefunden zu haben, Cuvier bewies aber nachher daß es eine Art Salamander ſei. In Guadeloupe hat man gleichfalls geglaubt, Menſchengerippe aus den Zeiten der Erdrevolutionen gefunden zu haben, neuere Unterſuchungen [278./0284] haben aber dargethan, daß ſie aus einer geſchichtlichen Zeit herrühren, und zwar von den Kirchhöfen des Ka- raiben abſtammten, und von einer Kalkſchicht umgeben waren. Vor 3 oder 4 Jahren glaubte man bei Paris einen geharniſchten Menſchen zu Pferde gefunden zu haben, der aber nur in der Einbildungskraft ſein Daſein erhielt. Bei Caſtres im ſüdlichen Frankreich ſind Menſchenknochen und Thierknochen vermiſcht gefunden. Mehrere Höhlen ſind durch die Knochen die ſich darin fanden berühmt geworden, und erſt der Prof. Buxland iſt auf die Spur gekommen, wie ſich Knochen von Bären, Elephanten, Rhinoceros und anderen großen Thieren in ſo kleinen Höhlen vorfinden können, ſie ſind nämlich von den Hyänen hineingebracht worden, denn er bemerkte, daß alle Knochen eben ſo benagt waren, wie diejenigen welche noch jetzt von den Hyänen in ähn- lichen Höhlen zuſammentragen, und ſelbſt die Excremente dieſer und ähnlicher Thiere hat man deutlich darin erkannt. Er machte noch dabei die intereſſante Entdeckung, daß ſich die antipluvialiſchen Knochen von den ſpätern dadurch unterſcheiden, daß erſterer ſo porös ſind, und an der Zunge faſt kleben bleiben. [279./0285] Die zwei großen Kalkgebilde deuten auf einen großen Zuſammenhang. – Wie ich ſchon in der Einleitung erinnerte, iſt das körnige Geſtein ſpäter erhoben, als das umgebende Geſtein ſeine Exiſtenz erhielt. Bald ſind dieſe Bildungen Gold, Silber, Syenit, Porphyr, hornblendiger Granit, Granit, Gneis, Trachyt, Glimmer- ſchiefer, Porphyr mit und ohne Quarz in einander über- gehend. Die Steine welche aus jenen Vulkanen körnig hervorgehen ſind Granit in Gneis mit Glimmerſchiefer, man glaubt daß ſie einen ähnlichen Urſprung mit den Porphyr haben. An andern Punkten erkennen wir nicht dieſen Uebergang der Gebirgsarten in einander. Von dem Ausbruche oder gleichſam Hervorquellen der Ge- birgsarten aus Spaltungen geben uns die Baſaltmaſſen ſchöne Reſultate. Man hat neuerlich deren 3 nachgewieſen, und zwar alle in Deutſchland, als 1, an der Pflaſterkaute bei Eiſenach hat man 1820 einen Baſalthügel gefunden deſſen oberer Theil in einem Zapfen endigt. 2, eine andere Baſaltmaſſe 1822 an Druidenſtein 2 Stunden von Siegen in Grauwackeſchiefer von H Gerhart, und 3t die blaue Kuppe in bunten Sandſtein bei Eſchwege von H Prof: Hoffmann 1823. [280./0286] Ueber die Entſtehung der körnigen Schichten wird hierdurch viel Licht verbreitet. Eine 2te Abtheilung der Gebirge reicht an die organiſchen Reſte. Trachyt, Dolomit, Baſalt mit abwechſelnden Schichten dichten Kalkſteins. Hier herſchen Kalkgebilde, Gneis, Porphyr, theils Sandſteingebilde und Conglomerate, 2 Hauptabtheilungen geben hier fragmentariſch und unfragmentariſch, in erſten Kalkſtein in letzte Con- glomerate. Nach dem nun erkannten Typus der tropiſchen Pflanzenform von unten nach oben zu anfangend, gehören die Steinkohlen mehr dem Uebergangsgebirge als dem Flötz- gebirge an, mit rothem Sandſtein vermiſcht; dann zeigt ſich Kupferſchiefer, thonartiger Sandſtein, Muſchelkalk, Mergel- ſchichten mit Quarz und Sandſteinſchichten vereinigt, bald dem rothen Sandſtein bald dem Quarz ähnlich. Endlich die große Juraformation unten dunkel oben olivenfarbig mit einer Schicht von Eruptionen. Nun kommt die große Maſſe krokodillartiger Thiere, und zwar ſo daß die älteſten und die fremdartigſten in den ältern Schichten, dagegen die den langſchnablichten des Ganges und den aegyptiſchen ähnlichen in den höhern liegen. Dieſer folgt Syenitenkalk und oben Oliten, dann Quaderſandſtein, grüner und weißer Sandſtein [281./0287] ausgezeichnet durch Gryphaea Columba. Endlich Kreide und planer Kalk ausgezeichnet durch Omoliten. Wenn man von der Entſtehung des Muſchelkalks ausgeht, ſo findet man die Gebilde der Steinkohlen, alſo zwiſchen den beiden Zerſtörungen der Vegetation und der der Flötzgebirge als Grenze betrachtend daliegen. Man ſieht hier nur 2 Gebilde, unterhalb ein fragmentariſches von rothen und bunten Sandſtein mit eigenen Kalkgebilden, und darüber eine große Lagerung von Kalkformation. Steinſalz, Eiſenſalz etc. durchdringen dieſe Flötzmaſſen bis zum Muſchelkalk, wobei ſich ergiebt, daß Gyps durch die Um- wandelung der Dämpfe entſtanden zu ſein ſcheint, ſo wie man ein Durchdringen der Flußſpathſäure durch Porphyr erkennt. Die oberſte Decke der Erde iſt mit fragmentariſchen Ueberreſten und oft mit Geſchieben in Form von großen Blöcken bedeckt, die fremdartig dem Boden ſind auf dem ſie lagern. Hier ſind nicht die Metalle gemeint wie ſie ſich in der obern Schicht der Erde finden, ſondern die großen Blöcke die oben aufgelagert ſind. Beſonders aber ſind hier die Granitblöcke gemeint, welche ſich in der ſüdlichen Schweiz auf dem Abhange des Jura zerſtreut finden, und die wichtigen [282./0288] Folgerungen, zu welchen die aufmerkſame Betrachtung dieſer Erſcheinungen leitet; daß ſie nämlich ſtets aus den, ihren gegen überliegenden Thälern der großen Algenkette hervor- gekommen ſein müßen. Eine auffallende Zuſammenſtim- mung in der Art der Lagerung dieſer Blöcke führt darauf hin, ſie auf einmal und nur durch einen Stoß hervorge- ſchoben zu glauben; nicht aber durch ein Herabrollen auf ſchiefen Flächen, durch Ausbrüche von gasförmigen Flüſſig- keiten, durch ſchwimmende Brücken oder durch ähnliche nicht zuſammenhängend wirkende Urſachen. Blöcke, die von der größten Höhe abgeriſſen ſind, finden ſich am weiteſten fortgeführt und am höchſten auf den Bergen, welche der Richtung ihrer Bewegung entgegenſtehen, und auf den zwiſchen liegenden Ebenen fehlen ſie ganz; Maſſen dagegen, welche von tiefer liegenden Felſen ſich losreißend, werden auch ſchon von weniger hohen, ſich entgegenſtellenden, Hügeln aufgehalten, und finden ſich dieſer an ihren Abhängen zer- ſtreut. Es iſt von der Mitte der Alpen her, durch die Alpenthäler, eine ungeheure Fluth ausgebrochen, welche die Trümmer der Alpengipfel weit über entgegenſtehende Berge und über ſehr entlegene Flächen verbreitet hat. [283./0289] Die Erſcheinung der Fluthen, welche aus Alpenthäler hervorbrechen, und Findlinge /Granitblöcke/ über Berge und Flächen verbreiten, iſt nicht blos auf einem Theil der Alpen eingeſchränkt, ſondern in der ganzen Kette allgemein; und die Richtung dieſer Fluthen iſt jederzeit die der Thäler, welche an den Gletſchern in der innern primitiven Kette entſtehen. Auf dem ähnlichen Abhange der Jurakette über 2000′ hoch finden ſich Blöcke von 20–24′ im Durchmeſſer. Ferner finden ſich welche in den baltiſchen Ländern, im nördlichen Theile Deutſchlands, in Polen, Rußland und ſelbſt in den Niederlanden. Von dieſen muß man die loſen Granitmaſſen unterſcheiden, die durch Verwitterung und Ablöſen der lockerem Theile entſtanden und die beweg- lichen Steine bilden. Solche finden ſich beſonders in den Gebirgen des hohen Spaniens die Alt- von Neucaſtilien trennen, und in weſtlichen Theile Britanniens, wo ſie von 30–35′ Höhe vorkommen. ― ― Die Lage der Blöcke iſt ſo, daß ſie nicht gleich Eisſchollen herbeige- führt ſein können, und ebenſowenig durch das Herabrollen von ſchiefen Flächen, wie auch ſchon oben erwähnt iſt, [284./0290] wohl aber durch die Stöße des Waſſers in ihre Lage gebracht ſein können. So wurde z. B. 1818 im Kanton Wallis von dem großen See über Martinach hinaus 12 Stunden weit ein Block von 18′ im Durchmeſſer wegge- führt. Herr L. v. Buch der überhaupt über dieſe Phänomen die größte Klarheit gegeben hat, glaubt, daß die Urſache von den Ausbrüchen der plötzlichen Erhebung der ſüdlichen Alpenkette zuzuſchreiben ſei, denn auf der ſüdlichen Seite derſelben nach Mailand zu, finden ſich nur in den Thälern Granitblöcke, welche bis zur uranfänglichen Kette hin- auf reichen. In den baltiſchen Ländern dagegen ſind ihre Geſchiebe ſchwediſcher und norwegiſcher Abkunft. Die Blöcke finden ſich nie in Niederungen ſondern immer auf Höhen. Einer der merkwürdigſten iſt der Mark- grafenſtein bei Fürſtenwalde von 460′ Höhe, von dem Hoffmann eine treffliche Abbildung gab. In Meklenburg finden ſich ſolche Geſchiebe ſogar von 700′ ebenfalls auf der Oberfläche lagernd. Etwas ähnliches hat Parry am Nordpol gefunden, wo große Granitblöcke auf Kalkgebirge und nur immer auf Höhen liegen. Es ſind Syenite, Porphyre, Granit mit Stodolit beſonders [285./0291] in Meklenburg und Pommern Geſchiebe von trans. Kalk in dem Triboliten, Käfermuſcheln etc. gefunden ſind, die ganz identiſch mit den Verſteinerungen in Oeland und Gothland ſind, alſo einen deutlichen Beweis geben, daß ſie aus Scandinavien kamen. Bei denen in Mecklenburg gefundenen Granitblöcke hat ſchon H Arenswald vor 40 Jahren die Behauptung aufgeſtellt, daß ſie aus Schweden gekommen ſein müßten. Ein merkwürdiger Beweis dafür, daß ſie an Ort und Stelle einen Stoß erlitten, geben die oft neben ihnen liegenden Trümmer kleinerer Sprengungen, an denen man oft noch die Seite ihrer frühern Vereinigung erkennen kann. Dies iſt an dem Abhange des Jura wie auch an andern Orten ſichtbar und Herr Hoffmann machte dieſelbe Beobachtung am Johannisſtein. 38. Vorlesung, 15. März 1828 Dieſem folgt nun die Gliederung der Continente und Bergketten, da die höhern Berge ſich ſpäter als die ter- tiären Gebirge haben. Dies ſteht in ſehr inniger Ver- bindung mit der Vertheilung der Climate und giebt einen Uebergang der Climatologie in die Geognoſie. Die [286./0292] Temperaturvertheilung hängt von dem Verhältniße der feſten und flüßigen Theile ab. Wenn Afrika uns nicht in denſelben Graden gegen Süden läge, ſo würden wir das kältere Clima vom nördlichen Aſien theilen, deſſen öſtlicher und ſüdlicher Mangel an ſtarren Theilen, dies kältere Clima bedingt. Endlich folgt der letzte Theil der Geognoſie, welcher des Anſehen der Oberfläche unſres Planeten, die äußere Form deſſelben in der Gliederung der Continente und Bergketten, und die ſie umgebendem Waſſer- und Luft- Oceane in ſich faßt. Es iſt dies der Theil welcher in einem ſo innigen Zuſammenhange mit der Geographie ſteht, die in den geiſtreichen Anſichten des H Prof: Ritter ſo ſchön entwickelt iſt; und iſt auch der anmuthig- ſte Theil, da er mit einem Blicke das Bild erkennen läßt, wie die entwilderten Naturſcenen nach den Be- dürfnißen der Völker zur Cultur, und wiederum zur jetzigen äußern Bildung beigetragen haben. Die Oberfläche unſers Planeten erhält ihre Ge- ſtalt von den feſten und ſtarren Theilen der Conti- nente und den Meern. Der Contact beider beſtim̃t [287./0293] die Umgrenzung, Richtung und Lage des einen zu dem andern. So finden ſich kleine Becken im Innern der ſtarren Theile, von denen ſelbſt einige tiefer als das Niveau des Meeres ſind, wie es von dem caſpiſchen Meere er- mittelt iſt. Andere dagegen, wie die See von Tiſchelka im höhern Theile des ſüdlichen Peru, breiten ihr Becken aus in einer Höhe von 8–9000′ über dem Meere, in dem ſich Fiſche von eigener Geſtalt finden, und dort in einer Region leben, welche 3 mal höher als die Wolken- ſchichten der jetzigen Jahreszeit iſt. Dieſe Seen zeichnen ſich auch von den andern durch ihre chemiſche Natur aus da ſie Beſtandtheile enthalten, die von organiſchen Stoffen und Auflöſung der Gebirgsarten herrühren, durch die Bäche ihnen zu geführt wurden, und bei dem Mangel des Abflußes ſich ſeit Jahrtauſenden in ihnen anhäuften, auch enthalten ſie vorzüglich Salze. Die See Dſchaka von Klapperton in Afrika gefunden, iſt wahrſcheinlich auch eine von dieſen. Die See Catarigue in Venezuela enthält ſalzſauren Kalk und zwar ziemlich frei von andern Subſtanzen. Auſſer dieſen giebt es noch ſchmale lange Waſſerbecken, die durch Bifurcationen und anaſtomoſe Zertheilung in große Ebenen Meſepotaliden oder große Inſeln bilden, die ganz [288./0294] durch ſolche Waſſerverzweigungen von einander getrennt ſind. Die größte dieſer Inſeln iſt die, welche der Euphrat und Tigris einſchließt, da der Perſiſche Meerbuſen beide Flüſſe verbindet. Eine andere iſt die neu ſpaniſche J. Jucanan, die durch den einen Arm des Orinoko, der in den Rio Negro geht und der ſich wieder in den Amazonen- ſtrom ergießt, gebildet wird. Die Breite dieſer Becken ſind oft ſo beträchtlich, daß ſie ſelbſt die Wanderungen der Völker hemmten, und ſo die Natur den Drang und des Fortſchreiten ganzer Nationen ſteigerte, durch einen Damm der Hinderniſſe ihrer ſonſt nicht aufzuhaltenden Bewegungen. Einige von ihnen in Amerika haben eine Breite von 30, 40,000′, und mehrere die ſich in Golfe ausdehnen erreichen eine Breite bis zu 30 Meilen. Dieſe Golfe enthalten aber größtentheils noch ſüßes Waſſer, da die Ebbe und Fluth den Ausfluß immer wieder zurücktreibt und nur weniges Seewaſſer mit hineintrit, und bei der weiten Fläche verdunſtet das meiſte das von den Strömen zugeführten Waſſers. Die Wichtigkeit des Waſſers iſt um ſo größer da es 4 mal ſo viel Sauerſtoff enthält als die Atmosphäre, [289./0295] und bedingt durch ſein Daſein auf der Erde ein or- ganiſches Leben, wie es nicht auf dem Monde ſein kann, weil alle Beobachtungen darin übereinſtimmen daß es dort fehlt. Die Exiſtenz des Waſſers und der Luft iſt für den Organismus nothwendiger als das Sonnenlicht, denn einige Organiſationen können ja ohne Licht vegetiren, das Leben von Pflanzen und Thieren in tiefen Schichten ſind Bärgen dafür. Unſer Planet hat bekanntlich 2 Umhüllungen, als Luft und Waſſer, eine allgemeine in der At- mosphäre und eine partielle in dem Ocean. Je höher wir ſteigen um ſo weniger thieriſches Leben findet ſich, und die hohen Gipfel der Berge ſind nur einzeln von Geiern, Adlern, dem Condor, die in Peru bis 18,000′ hoch ſich emporſchwingen, und ferner von Inſecten be- ſonders Schmetterlingen belebt. Letztere haben aber nicht ihren Wohnort in dieſer Höhe, ſondern geben ein Beiſpiel von der Aſcenſion der Luftſtrömungen neben den Gebirgen hin, wodurch ſie mit in die Höhe fort- geriſſen werden. Herr Bousſingault der den Dieſilin bei Carracas von neuem gemeſſen hat, da man [290./0296] glaubte daß er nach dem Erdbeben geſunken ſei, aber dieſelbe Höhe von 1500 Toiſen wie meine Meſſungen ergeben fand, beobachtete auch in jener Höhe durch die Luftſtrömungen hinaufgehobene Schmetterlinge und Grashalme, und der ausgezeichnete Botaniker Herr Kunth, erkannte in letztere eine neue ziemlich ent- fernt davon wachſende Art der Gattung Kyllingia. Der erſte Schnee welchen man im hohen Norden an- trifft, und ſelbſt bei uns ſich fortpflanzt, iſt mehr im Beweis dafür, daß organiſche Anfänge in der Luft vorbereitet werden können, da es wahrſcheinlich iſt, daß ſich die Subſtanz erſt nachdem der Schnee gefallen, entwickelt. Dürre, Clima und Bewohnbarkeit hängen gemein- ſchaftlich ab, von der Verbindung der Uebereinſtimmung und dem Wechſel des Meeres mit den Continenten Climatologie und Geographie ſtehen in einem einigen Verhältniſſe zu der Geognoſie, und dieſe 3 bilden ein Ganzes. Das Reſultat des Zuſammenwirkens der trocknen Erde mit dem Flüſſigen, bietet das [291./0297] mannigfaltig Gegliederte dar, und dies bedingt wieder auf eine mannigf. Art das Clima durch Erwärmung und die wäſſrigen Theile in der Atmosphäre. Die Durchſichtigkeit des Luftkreiſes iſt nicht von der Quan- tität, ſondern von der Beſchaffenheit der Fruchtigkeit in der Luft bedingt, ob dieſe nämlich ganz aufgelöſt oder zu Wolken verdichtet iſt. Die Wolkenſchichten ſind ſo nicht blos eine Urſache der Erkältung, indem ſie die Strahlen der Sonne hemmen, ſondern auch Urſache der Erwärmung, weil ſie das Auſſtrahlen der Wärme des Erdkörpers verhindern, weshalb die drückenſte und ſchwühlſte Luft heißer Sommertage, uns bei bewölkten Himmel am beſchwerlichſten fällt. Die mehr oder weniger lichtſchwächende Kraft der Atmosphäre und die Durchſichtigkeit der Schichten, ſind die Urſachen der Begünſtigung des Clima’s mancher Ge- genden. Wenn es gewiß iſt, daß die Geſtalt der Schich- tungen und ihre Lage über die naturhiſtoriſchen Zeiten hieraus fallen, ſo iſt es eben ſo gewiß, daß ganze Continente durch ihre Hebung in jenen Zeiten ihre jetzige Lage erhielten, und die Beſtandtheile lehren uns, wie die Climata hierbei [292./0298] mitgewirkt haben. Nach der Erhärtung haben die elaſtiſchflüſſigen Kräfte mehr gegen die nördliche He- misphäre gewirkt, was vielleicht eine Störung des Gleich- gewichts veranlaßte. In Amerika iſt die neu oxydirte Erdrinde faſt von Pol zu Pol aufgetrieben; auf dem alten Continente iſt dagegen eine größere Strecke von Oſten gegen Weſten gehoben. Wie ganz anders würde der Temperaturzuſtand Europa’s und in Bezug auf Ackerbau und ſo vieler anderer Erwerbe des ruhig ſich darbietenden Naturlebens ſein, wenn nicht das Mittelmeer exiſtirte. Ein weit kälteres Clima würde Europa haben, wenn es nicht durch die Lage Amerika’s bedingt wäre, ſo aber liegt im Süden zwiſchen dem Meridiane von Liſſabon und dem des Urals ein großer feſter Continent, der eine Menge Sonnenſtrahlen abſorbirt und Wärme über Europa verbreitet. – Unſer Europa verdankt ein milderes Clima ſeiner Erdſtellung /ſeinem Poſitions-Verhältniſſe gegen das nahe Meer/ und ſeiner gegliederten Geſtaltung. – Europa iſt der weſtliche Theil des alten Continents, [293./0299] und hat alſo den großen, ſchon an ſich Kälte mindernden und dazu noch vom Golfſtrom theilweiſe erwärmten Atlantiſchen Ocean in Weſten. Zwiſchen den Meri- dianen, in denen Europa ſich hinſtreckt, fällt die Aequa- torial-Zone nicht in das Becken des Oceans, wie ſüd- lich von dem, eben deshalb kälteren Aſien. Der Welt- theil, der unter allen den größten Theil des tropiſchen Clima’s genießt, das ſandbedeckte Afrika, iſt ſo gele- gen, daß Europa von den Luftſchichten erwärmt wird, welche über Afrika aufſteigend, ſich von dem Aequator gegen den Nordpol ergießen. Ohne die Exiſtenz des mittelländiſchen Meeres würde der Einfluß des nahen Afrika’s auf Temperatur und geographiſche Verbreitung von Pflanzen und Thieren noch wirkſamer ſein. Der Dritte Hauptgrund des milderen Clima’s von Europa liegt darin, daß dieſer Welttheil ſich weniger weit gegen den Nordpol erſtreckt als Ame- rika und Aſien, ja daß er dem größten Buſen eisfreien Meerwaſſers gegenüberliegt, den man in der ganzen Polarzone kennt. Die kälteſten Punkte der Erde, neuerlichſt uneigentlich Kälte-Pole genannt, [294./0300] fallen nicht wie der ſonſt ſo ſcharfſinnige Brewſter in der engliſchen Bearbeitung meiner Abhandlung von den iſo- thermen Linien zu beweiſen geſucht hat, mit den mag- netiſchen Polen zuſammen. Das Minimum des mittleren jährlichen Temperatur der Erdoberfläche liegt, nach Capitain Sabine’s Unterſuchungen, im Nordweſten von Melville’s Inſeln, im Meridian der Behrings-Straße, wahrſcheinlich in 82–83 Grad Breite. Die Sommergrenze des Eiſes, welche zwiſchen Spitzbergen und Oſtgrönland ſich bis zum 80 und 81 Grade zurückzieht, findet ſich überall zwiſchen Nova-Zembla, den Knochen-Inſeln von Neu-Sibirien und dem weſtlichſten amerikaniſchen Eiscap, ſchon im 75 Grade der Breite. Selbſt die Wintergrenze des Eiſes, die Linie, auf welcher die Eisdecke ſich unſerm Welttheile am meiſten nähert, umgiebt kaum die Bären- Inſel. Vom Scandinaviſchen Nordcap, welches ein ſüd- weſtlicher Meereſſtrom erwärmt, iſt die Fahrt zum ſüd- lichſten Vorgebirge von Spitzbergen ſelbſt im ſtrengſten Winter nicht unterbrochen. Das Polareis vermindert ſich überall, wo es frei abfließen kann, wie in der Baffins- Bay und zwiſchen Island und Spitzbergen. Die Lage [295./0301] des atlantiſchen Oceans hat den wohlthätigſten Einfluß auf die Exiſtenz jenes, für das Clima von Nord-Europa ſo wichtigen, Eis-freien Meerwaſſers in dem Meridian von Oſtgrönland und Spitzbergen. Dagegen häufen ſich die im Sommer aus der Baffins- Bay und Barrows-Straße ſüdlich getriebenen Eisberge in dem großen Mittelmeere an, welches die Geographen mit dem Namen der Hudſons-Bay bezeichnen. Dieſe Anhäufung vermehrt ſo ſehr die Kälte in dem benachbarten Continent, daß man in der Factorei York und bei der Mündung des Hayes-Fluſſes, nach Capitain Franklin’s neueſten handſchriftlichen Berichten, in einer Breite mit Nord-Preuſſen und Curland, am Ende des Auguſts und im Anfange des September’s, beim Brunnengraben, in 4 Fuß Tiefe, überall Eis findet. Die nördlichſten und ſüdlichſten Grenzen des feſten Polar-Eiſes, das heißt die Sommer- und Wintergrenzen, von deren Lage die Temperatur der nördlichen Continental-Maſſen abhängt, ſcheint in den hiſto- riſchen Zeiten, wie gründliche Unterſuchungen endlich gelehrt haben, wenig verändert worden zu ſein. Der ſchädliche Ein- fluß, welchen kleine, iſolirte, durch Strömungen zuweilen [296./0302] bis in die Nähe der Azoren getriebenen, Eismaſſen auf das Clima von Europa ausüben ſollen, gehört zu den Mythen, die von den Phyſikern ausgehen und ſich unter dem Volke verbreiten, wenn die Phyſiker längſt aufgehört haben, ihnen Glauben beizumeſſen. Finden ſich, unter denſelben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben werden, in Nord-Amerika und Nord-Aſien nur ſumpfige, moosbe- deckte Länder, ſo äußert dagegen die kräftige Wärme- Strahlung von Inner-Aſien, zwiſchen den faſt parallelen Bergketten des Himalaya, des Zungling und des Himmels- Gebirges, /eine Gegend über welche Klaproth’s geogra- phiſche Unterſuchungen viel Licht verbreiten/ den glücklichſten Einfluß auf die aſiatiſche Bevölkerung. Die ewige Schneegrenze liegt am nördlichen Abhange des Himalaya 4000′ höher als am ſüdlichen Abhange, und die phyſikaliſche Erklärung welche ich von dieſer ſonderbaren Erſcheinung in den Annales de Chemie et de Phyſique T. III. p. 297. T. IX. p. 310 und T. XIV. p. 5. gegeben, iſt durch neue Meſſungen und Beobachtungen in Oſt-Indien, nach Herrn Colebrooke’s Berichte, beſtätigt worden. Millionen von Menſchen Thibetaniſcher Abkunft und düſterer, religiöſer [297./0303] Gemüthsſtimmung, bewohnen volkreiche Städte, da, wo bei einer minderen Ausdehnung und minderen Continuität der Hochebenen, Felder und Städte, das ganze Jahr hindurch, in tiefem Schnee vergraben ſein würden. – Um einen Begriff von den Verhältniß der Continente zu dem Meere zu erhalten, iſt es nöthig, die mittlere Tiefe der Meere und die mittlere Höhe der Continente zu kennen. Dieſe ſinnreiche Idee hat Laplace lange beſchäfftigt. Er glaubte nach der Theorie der Ebbe und Fluth die mittlere Tiefe des Oceans auf 60–70,000′ annehmen zu können. Aber noch kurz vor ſeinem Tode gab er noch eine kleine Schrift heraus, worin er die mittlere Tiefe zu 900′ und ebenſo die mittlere Höhe der Continente angab. Die Pendelver- ſuche ſcheinen das gleiche Verhältniß beider zu beſtätigen. Solche Pendelverſuche am Meere angeſtellt, würden bei ungleicher Attraction oft ſehr verſchieden ſein, z. B. auf den weſtlichen Küſte Amerika’s würde das Pendel auf der einen Seite angezogen werden, dagegen auf der andern am Boden des Meeres den poſitiven und negativen Ordinaten gleich ſein. Laplace’s Angabe der mittleren Höhe und Tiefe iſt dennoch viel zu groß, denn ſie fällt zwiſchen 5–600 Fuß. [298./0304] Bei der Meſſung der Berge iſt die Höhenlage der Ebenen faſt gänzlich vernachläſſigt, obgleich ihre Kennt- niß ſehr wichtig iſt. Die Höhe der bekanntern ſind: Die Fläche von Venetianiſchen und der Lombardei 400–480′ Im nördlichen Deutſchland die von Stettin und Poſen 180–200′ Das flache Land Rußlands nach Moskau ſich hinerſtreckend 870′ Die Ebene der Schweiz 〃 〃 1300′ Die Ebene von Bayonne 〃 〃 1560′ Die Ebene Spaniens von Almanza bis Aſtorga 〃 2100′ Die Ebene Mizor auf der indiſchen Halbinſel diſſeit des Ganges 〃 2760′ Die Ebene Cobi in Aſien 〃 〃 3000′ Nach den wenigen Temperaturbeobachtungen ſcheint das Plateau des Centralpunktes Aſiens von Chilango und Tibet 6000′ hoch zu ſein. Auf der ſüdlichen Seite des Himalah- oder Himalaya-Gebirges, das bekanntlich Oſtindien von Tibet trennt, fand H Ronette in der Gegend von Dava öſtlich von Tibet ſo warme Thäler, daß auf eine Höhe von 14,000′ noch Korn gebauet wurde. In Amerika iſt der höchſte Punkt des Ackerbaues 12,000′. Das neue Spanien iſt 3mal ſo hoch als das alte. In Europa ſind die am höchſten gelegenen Dörfer der Schweiz und beſonders [299./0305] der Pyrenäen welche die H Parrot und v Buch fanden 4000′ hoch, doch neuerlich fand H von Velden daß das Dorf Bette in den Pyrenäen 7100′ hoch liegt. Genaue Meſſungen um die Tiefe des Meeres zu er- forſchen ſind nicht ſo leicht zu bewerkſtellen, da oft die perpendiculäre Richtung des Senkbleie’s durch Strömungen ſo verändert wird, daß ſie einen Winkel von 40–50° macht, wodurch alſo die eigentliche Tiefe um ⅓ größer er- ſcheinen kann. Bei dem Cap St. Antonio wurde von Fränklin ſondirt, um die Temperatur der untern Waſſerſchichten zu meſſen, und er fand überall bei 7200′ Tiefe noch keinen Grund. Alles Flachland der Continente hat nur eine ge- ringe Maſſe, und die Bergketten ein Verhältniß zum Ganzen nur einen kleinen Einfluß auf die geſammte Erhebung. Die Bergketten in alten und neuen Con- tinente bilden nur ſchmale Mauern von 15–20/–20–30?/ Breite. Vom Fuße der Andeskette bis zum Amazonenſtrom ſind 700 Meilen, zerſtreut man deren Erhebung auf die ganze Fläche, ſo wird ſie nur wenig gehoben. Die mittlere Höhe der Continente und Tiefe der Meere ſcheint demnach zwiſchen 5–600′ zu ſchweben. Es iſt weit wichtiger [300./0306] die cultivirten Ebenen als hohe Berge zu meſſen. Die Höhe des Meeresſpiegels beſtimmt den Umriß der Continente und ihre verſch. Geſtalten. So geringfügig die Quantität der Maſſe an ſich auch ſein mag, ſo iſt ſie doch für die Oberfläche des Erdkörpers und der Cultur der Continente von der großten Wichtigkeit, denn un- bedeutende Veränderungen derſelben würden den Contact der Flächen gleich anders geſtalten. Das Meer dürfte nur 300′ ſteigen, ſo würde Norddeutſchland und Polen verſchwinden. Ich ging eigens nach Temopento an den öſtlichen Fuß der Andeskette, um die Länge zu beſtimmen, wo die Höhe der Gegend erſt 1200′ betrug. Ja bei Chalcha- pados iſt eine Fläche von nicht mehr als 3–400′. Die Erhöhungen und Erniedrigungen des Niveau’s der Meere ſind überall gleich, was man früher bezwei- felte. So wird angegeben, daß der Serapistempel im Meere geſtanden, weil ſeine Säulen mit Muſcheln be- deckt ſind; man glaubt deshalb, daß das Meer ihn über- ſchwemmt habe, allein denn müßte auch ganz Aegypten überſchwemmt ſein. Andere glauben wieder daß die Säu- len in Meere gelegen haben. Wahrſcheinlicher iſt es aber, [301./0307] daß eine Dünenreihe den Tempel umgab, in der ſich kleine Salzſeeen bildeten, die dann oft höher denn 8–10′ über der Meeresfläche liegen, und ſo die Mollusken ſich an die Säulen anhafteten. Wenn auch das Meer überall gleich hoch iſt, ſo giebt es doch in den kleinen Waſſerbecken allerdings Unterſchiede, wie wir dies beſonders vom Rothen- und Caspiſchen Meere wiſſen. Das rothe Meer iſt 25–30′ höher als das Mittelmeer; das Kaspiſche Meer dagegen iſt noch viel nie- driger als das Mittelmeer. Engelhart und Parrot, die ſehr mühſam nivellirt haben, fanden daß der Einfluß des Cuabo in’s ſchwarze Meer, zum Tereck der ſich ins Caspiſche Meer ergießt, letzterer um 280′ niedriger war als der erſtere, folglich das Caspiſche Meer auch um eben ſoviel niedriger ſein muß als das Mittelländiſche. Andere Meſſungen ergeben 324′. Der Dr. Panzer und Sozche- goratzoff haben über die Richtigkeit dieſer Angaben Zwei- fel erhoben, da ihr Reſultat 200′ Unterſchied der Lage betrug. Ein genaues Reſultat zu erhalten iſt übrigens ſehr ſchwierig, da Barometermeſſungen nicht ausreichen, und die Vergleichung nicht anders iſt, als wenn man durch jene [302./0308] den Stand der Nordſee zum Caspiſchen Meere beſtimmen wollte. Die Alten glaubten, daß das ſchwarze Meer früher geſchloſſen geweſen ſei, und durch 2 Schlaufen, die der Dardanellen und der Säulen des Hercules ſich ge- öffnet habe. Merkwürdig iſt die Höhe des Meeres bei den Antillen, wo theoretiſche Beobachtungen irre führten. Am Iſthmus von Panama hat man geglaubt daß das eine Meer höher liege als das andern. Meine und H Niverotti Unterſuchungen fanden keinen Unterſchied, wenigſtens iſt er ſo geringe, daß das Antilliſche Meer nicht über 10–12′ höher ſein kann. 39. Vorlesung, 19. März 1828 Die Bitterſeeen in Afrika ſind nach Gerard 24′ tiefer als das Mittelmeer. Man kann ſich jedoch über die Ungleichheit der Meere nicht wundern, denn wahrſcheinlich iſt dieſes eine Folge der Strömungen. Schon Fränklin machte die Beobachtung, daß bei den großen Seeen in Nord-Amerika der eine Theil derſelben oft eine weit höhern convexe Fläche hatte, als es auf dem entgegengeſetzten Ende der Fall war, und dieſer mit der Richtung des Winde in Verbindung ſtand. Ebenſo ereignete ſich vor 10–12 Jahren ein intereſſanter Fall der Art bei Marſeille, wo bei einem anhaltendem [303./0309] Weſtwinde der Hafen ganz trocken wurde. Auch beim Genfer See iſt bemerkt, daß ſie an manchen Orten auf einige Stunden oft höher feſt als an andern, und denn auch wieder tiefer ſinkt. Die Regelmäſſigkeit dieſes Schwellens und Sinkens hängt wie geſagt mit den Winden genau zuſammen; doch iſt auch der ungleiche Barometer- ſtand wohl zu berückſichtigen, da oft der Luftdruck an manchen Orten ſtärker iſt als an andern. Von der allgemeinen Conſtruction der Erdkugel. Im Ganzen ſehen wir 2 große Maſſen, den alten Continent der ſich von Oſten nach Weſten ausdehnt, was auch ſeine Temperatur bedingt, und den neuen Con- tinent der ſich von Norden nach Süden erſtreckt, die nächſte Folge dieſer weit über den Aequator hinaus ſich erſtreckenden Lage iſt die verſch. Verbreitung der Ge- wächſe. In dem Folgenden werde ich nur allgem Anſichte entwickeln. Auf dem alten Continente bemerken wir an dem ſüdlichen [304./0310] Theile einen großen Buſen der Neu-Holland gegen über liegt und der Aufenthalt der Monzoun iſt. Eine 2t Erſcheinung iſt, daß der Continent der nördlichen Hemis- phäre größer als der der ſüdlichen iſt, und zwar nun ⅓ Theil. Nur Afrika und Amerika reichen tief über den Aequator, und Aſien hat daher nicht den beſondern Zuſtand der Gewächſe. Eine 3t Erſcheinung iſt, daß gegen den Nordpol hin, alle Continente in ſehr ähn- lichen Parallelen zwiſchen den 70&72° der Breite ab- geſchnitten ſind, durch die Beringsſtraße /?/ ſcheint eine Communication ſtatt zu finden, von der ſüdlich noch ein Archipelagus von Inſeln liegt. Der Nordpol ſelbſt iſt wahrſcheinlich frei von Land, und ſchon Barringthon in England hat darüber Vermuthungen angeſtellt. Wenn aber auch die Continente abgeſchnitten ſind, ſo machen doch die Inſeln eine Fortſetzung derſelben aus, die in Gruppen zuſammen liegen. Amerika beſonders hat eine Menge dieſer Inſeln, wo ſie nördlich der Beringsſtraße liegen und zu denen Grönland gehört. Europa dagegen hat nur wenige Inſeln, die Bäreninſel und einige andern. Das [305./0311] Meer iſt daher mehr frei, und iſt ſo die Urſache der milderen Temperatur; denn wenn auf dem nördlichen Theile von Scandinavien eine Kälte von 28° eintrit, ſo friert das Meer doch nicht, wovon die Urſache in der aus dem Süden kommenden warmen Strömung liegt. Ob der Nordpol wirklich frei von Land iſt, iſt noch nicht unterſucht, ſondern nur eine Annahme nach Muthmaßungen. 1620 erregte ſchon Torol die Aufmerkſamkeit des Gouver- nements in England, und Heinrich der 8t ließ ſchon Verſuche anſtellen, um den Nordpol kennen zu lernen. Der Zuſtand des Eiſes erlaubt nicht über 80–81° Br. weiter vorzudringen. Der nördliche Theil von Spitzbergen geht bis 82° 7 Minuten. Der Capitain Fitz iſt nur bis 80° 48 Minuten vorgedrungen. Schon früher ſolten einzelne Reiſende beſonders Wallfiſchfänger bis zum 84° gekomm ſein, Herr Scoresby hat aber gezeigt daß dem nicht ſo iſt. Am wahrſcheinlichſten iſt der Engländer Scoſch am weiteſten vorgedrungen, da er bis 81° 30 Minuten kam. Parry wollte über das Eis mit Schlitten von Hunden gezogen dem Pole näher kommen, aber die Be- [306./0312] wegung wirkte auf die Eisſchollen rückgängig, ſo daß er bei ſeinen Obſervationen erkannte, daß er immer mehr ſüdlicher kam, und daher genöthigt war, um der Unzu- friedenheit ſeiner Leute vorzubeugen wie Columbus die wahren Beobachtungen ihnen zu verbergen. Das engliſche Gouvernement hat auf das Vordringen bis zum 89° Br. 5000 Pf. St. dagegen auf die nordweſt- liche Durchfahrt 20,000 Pf. St. Praemie geſetzt. Eine 4t Betrachtung iſt die Zergliederung der Continente, die aber ſehr vernachläſſigt iſt. Von Oſten nach Weſten erſtrecken ſie ſich auf einer Länge von 250° Länge, da auf der andern Seite nur 110° Waſſer bleiben. Die Erde vom Monde aus geſehen, würde eine ganze Scheibe von Continenten zeigen, von 180° L. Gr. Die andern Seite dagegen würde 110° L. Waſſer und auf jeder Seite 35° Land enthalten. Eine Continentalmaſſe erhielt der Norden, eine Oceanmaſſe dagegen der Süden. In neuern Zeiten hat man vorgeſchlagen die Südſee den großen Ocean zu nennen, weil ſie am zuſammen- hängſten unter dem Aequator /120° L./ iſt. Wenn wir [307./0313] die Continentalmaſſe betrachten, ſo ſehen wir daß ſie von Norden nach Süden vom Atlantiſchen Meere durchſchnitten iſt. Dieſe entgegenges. Continente haben eine parallele Richtung die von ſüdoſt nach nordweſt läuft, und ſo hat Cayenne mit Labrador und Braſilien mit den vereinigten Staaten in Nordamerika die größte Aehnlichkeit. Von Weſten nach Nordweſt läuft die andere Richtung. Dieſes große oceaniſche Thal hat mehrere Erweiterungen gegen Norden und endigt mit großen Zertrümmerungen wie die Hudſons- bai, Baffinsbai etc. Gegen Süden hat es 2 Buſen, das Antilliſche- und das Mittelmeer. Außerdem iſt es wahrſcheinlich, daß es mit dem Perſiſchen und Rothenmeerbuſen früher im nähern Zuſammenhange ſtand, was auf den Ver- kehr der Völker und ihrer Verbreitung große Einfluß hatte. Südlich vom Aequator ſind nur wenige Continente, ſo daß nur ⅙ etwa für des feſte Land, und ⅚ für das Meer in Anrechnung gebracht werden können. Alle Continente haben gegen Süden eine Pyramidalform, wie Afrika, Neuholland und Amerika, und ſelbſt die kleinere Zertheilungen des Buſens vom alten Continente wiederholen in Oſtindien dieſelbe Form. Man hat geglaubt [308./0314] daß dieſe Idee zuerſt von H Forſter ausgegangen ſei, aber ſchon Bacho hat darauf aufmerkſam ge- macht. Sie haben ferner nah das Merkwürdige, daß ſie ſich ungleich weit gegen den Südpol erſtrecken; denn das Kap der guten Hoffnung geht bis zum 35°. Vandiemensland bis zum 43° 38 M. und das Kap Horn bis zum 58° 45 M. In weiter ſie gegen Norden gehen um ſo weiter erſtrecken ſie ſich auch gegen Süden, dies ſehen wir bei Nordamerika, Kap Horn, der Scan- dinaviſche Halbinſel den Vorgebirge der guten Hoffnung und Aſien, das Vandiemensland gegenüber liegt. Außerdem zeigen dieſe Continente noch große Buſen wie z. B. der weſtlich von Amerika worin der Vulkan Aripica liegt, wovon dieſer Golf ſeinen Namen führt. Die Andeskette iſt dieſem Buſen ganz parallel, was ſehr merkwürdig iſt. Ihm gegenüber liegt der Buſen von Guinea der aber eine ſüdlichere Lage hat. Etwas ähn- liches finden wir bei den Molukken, die durch Java, Celebes und Borneo eine Verbindung mit Neuholland gehabt zu haben ſcheinen, die den Golf bildeten. Wo ſich der Continent nicht weit gegen Norden erſtreckt, iſt dies noch weniger [309./0315] weit gegen Süden der Fall. Man hat geglaubt, daß ſüdlich vom Kap Horn, die Inſel Neuſchottland, der Vorbote eines größeren Continents ſei; Capitain Wedde? hat aber gezeigt, daß es nur ein kleiner Ar- chipelagus iſt. Cook kam bis 71° 10 M. wo das Eis ſein weiteres Vordringen hinderte. Wedde oder Welley dagegen fand noch auf 74° 15 M. im eisfreies Meer. Merkwürdig genug iſt es, daß gerade das nördlichſte Volk, die Ruſſen, am weiteſten gegen Süden kamen, da der Capt: Bellinghauſen die Inſel Peter des I auf 75° S. Br. entdeckte, die ſüdöſtlich von Kap Horn liegt. Früher habe ich ſchon einer großen Zertrümmerung Neu Hollands gedacht, welche Vermuthung durch die auf denſelben ſich findenden großen Säugethiere von Katzengeſchlecht, Elephanten, u. ſ. w. gerechtfertigt wird, da ſie den andern Inſeln fehlen. So hat man ſchon lange geglaubt, daß es mit Maladen verbunden geweſen ſei, allein es iſt eher noch zu vermuthen, daß letzteres ſeine Entſtehung einer Erhebung zu verdanken hat. Eine ähnliche Anſicht würde das mittlere Amerika, Guatemala haben, wo eine Menge Vulkane von 7–8000′ hoch, auf einer niedern Ebene liegen. Wenn hier das Meer nur 700′ höher ſtiege, [310./0316] ſo würden dieſe gleich Sporaden aus demſelben hervorragen, und mit den Molukkiſchen Inſeln verglichen werden können. Der Spiegel des Seee’s von Nicaragua iſt 40′ höher als beide Meere. Auffallend iſt die Vertheilung der Inſeln, deren bei weiten größerer Theil in der ſüdlichen Hemisphäre liegt. Man muß bei ihnen diejenigen die frei im Meere liegen von denjenigen unterſcheiden, die mit den Continenten eine parallele Lage haben. Letztern haben unſtreitig viel zur Civiliſation der Menſchen beigetragen, und be- ſonders auf den Inſeln die an der öſtlichen Küſte Aſiens liegen, finden wir die älteſten Spuren der Cultur. Viel- leicht haben diejenigen die nach der Beringsſtraße hin liegen das Hinübergehen nach Amerika veranlaßt, da ſich in Mexico Andeutungen der Sitten aſiatiſcher Völker vor- fanden. Schwer würden auch die Völkerwanderungen von Oſten gegen Weſten nach dem neuen Continente möglich geweſen ſein. Auch läßt ſich in jenen erkennen, daß ſie vom Gilafluſſe nach der Bucht von Panama hin ſtatt fand, alſo von Norden nach Süden. Der größte Contraſt iſt den, welchen das ſüdöſtliche und weſtliche Aſien von Europa macht, da es mannig- faltig gegliedert und eingeſchnitten iſt. – [311./0317] Die Berge ſelbſt ſind Erhöhungen, die aus dem Feſten emporſteigen, was dieſe auf den Continenten ſind, ſind die Inſeln auf dem Meeresboden. Man kann 2 Syſteme der Berge unterſcheiden: 1. Eins davon iſt, wo ganze iſolirte elliptiſche Maſſen, gehoben wurden, die nur geringe Unterſchiede in der Länge und Breite haben. Ein ſolches iſt zwiſchen dem Amazonen und Magdalenenſtrom die Carime, eben ſo die Sierra Sancta Martha welche 18–19000′ Höhe hat. Auch in Aſien finden ſich ſolche. 2. Das andere Syſtem iſt, die Erhebung der Gebirge in Kettenformen, die gleichſam auf Klüften ſtehend, zu- ſammenſchaltende Karten bilden. Das größte Beiſpiel dieſer Art giebt die Andeskette in einer Länge von 700 Meilen. Man hat geglaubt, daß die Knoten oder hohen Berge derſelben in einem beſtimmten Verhält- niſſe ſtänden, was aber nicht der Fall iſt. Auf der indiſchen Halbinſel diſſeit des Ganges, finden ſich die großen Hochebenen von Maſſe, die Yung beſchrieben hat, und auf denen Fichten und Roſen das gemäßigte Clima andeuten. Der höchſte Gipfel derſelben iſt gegen 8000′ hoch und das Plateau 6–7000′. Hier kommen [312./0318] 2 Ketten zuſammen, die einen Stock bilden, der das blaue Gebirge heißt. Es ſind ältere Vorurtheile von dem Zu- ſammenhange aller Gebirge in Ketten, da die Gänge durchs Streichen der Spalten zuſammenhängen müßten. Eben ſo hat man auf die Höhe der Knoten Wichtigkeit gelegt und nannte ſie Centralpuncte. Beſonders da wo mehrere Knoten zuſammentreffen, hat man dieſen Verein, für wichtig gehalten, aber oft iſt er ſehr niedrig. Man glaubte auch daß die Centralkette höher als die begleitenden ſein müßte, was aber eben ſo falſch iſt. In den Anden findet ſich öfters, daß die eine Kette keine Schneegebirge hat, die andern dagegen damit anfängt. Ein 3tes Vorurtheil iſt, daß die Flüſſe nicht durch Ketten brechen; aber der Amazonenſtrom geht bei dem Cataracte von Mentare zwiſchen der weſtlichen und Centralkette hin, drehet ſich denn und durchbricht ſelbſt die letztern. Ebenſo durch- bricht der Indus den ſüdlichen Theil des Himalaya Gebirges. Es giebt zweierlei Arten der Gebirgsketten 1. Sie erheben ſich entweder ſo, daß eine vollkommene Ebene um ſie bleibt, wie es bei der Sierra Parima der Fall iſt, die eine große Ellipſe bildet, oder [313./0319] 2. Sie entſtehen durch ein Anſchwellen der ganzen Ebene bis zur Höhe von 2–3000′, was eine Vormauer bildet, die man nicht vom Meere aus bemerkt, bis die zunehmen- den Schichten die wachſende Höhe fühlen läßt, und aus der ſich erſt die Ketten erheben. In Amerika gehören alle Berge die über 8300′ hoch ſind zur Andeskette. Nicht ſo iſt es in Europa, hier giebt es viele Berge, auf der Scandinaviſchen Halbinſel, in Griechenland und Sicilien über 8–10,000′ Höhe, die nicht mit dem Centralſyſtem der Schweiz zuſammenhängen. Die größten Gebirge Braſiliens erreichen keine Höhe von 7–8000′. Europa iſt aber hierdurch individualiſirt. 40. Vorlesung, 22. März 1828 Die Continente deren Oberfläche flach, dem Meeres- ſpiegel ähnlich ſind, ſind Plateaux, und die niedrigſten derſelben ſind Inſeln. Bergketten ſind theilweiſe Er- hebungen der Hochebenen. Trockneten die Meere aus ſo würde eine ſolche Ungleichheit in der äußere Form der Erde ſichtbar ſein, wie wir ſie bei dem Monde erblicken. Die höchſten Puncte des letzteren, wie der Leibnitz und Dörfel gewinnen dadurch im Vergleich zu [314./0320] den Bergen der Erde, daß jene von ihrem Anfange, dieſe aber nur von der Meeresfläche an gemeſſen werden. Wenn alſo der Meeresſpiegel nicht wäre, ſo würden die Ebenen zu Hochebenen werden, ihr Clima kälter ſein, und der Einfluß der Temperatur auf Pflanzen und Menſchen anders erſcheinen. Die Form des Bergſyſtems wird durch die Zahl der relativen Puncte des flachen Landes beſtimmt. Sind die Punkte für ſich beſtehend, denn entſtehen iſolirte elliptiſche Maſſen; liegen dagegen die Puncte in einer Richtung ſo bilden ſie die Kettenform der Berge. Ich habe die Lage vieler Knoten nach und nach unterſucht, und gefunden, daß die Centralknoten oft nicht höher als die Nebenknoten ſind, ja daß wenn eine Kette niedriger iſt, die Nebenkette ſich um ſo mehr erhebt. Das Anſchwelle der Ebenen zu beiden Seiten der Ketten geſchah durch die Hervorhebung derſelben aus den Spalten, wodurch ſie gleich Bänken gelagert ſind. In ſolchen Ebenen giebt es Längen- und Querthäler, erſtern laufen in langen Zögen bei großen Gebirgsketten zu einer ge- [315./0321] wiſſen Höhe, wo ſie in den Tropenländern das gelinde, weniger heiße Clima geben, und die vorzüglichſten Städte Amerika’s liegen in ſolchen langen Zügen. Sie er- heben ſich ſelbſt auf der Andeskette nicht über 7–8000′ Höhe. In Europa bildet die Rohen in Oberwallis ein ähnliches Längenthal. Man hat geglaubt, daß in der Mitte der Ketten die höchſten Punkte liegen müßten, häufig findet es ſich aber, daß die ſtärkſten Hervorhe- bungen am Ende der hohen Ketten ſtehen; ſo iſt es beim Chimboraſſo der Fall, wo auf der ſüdlichen Seite die Andeskette in einer Strecke von 80 Meilen, nämlich von Quito bis Loxa ſo niedrig wird, daß ſie von den Wäldern der Cinchonen bedeckt iſt. Das letzte Geſetz was wir bei den Ausbrüchen auf dem neuen Continente wahrnehmen, iſt, daß alle Höhen der Andeskette und des Gebirges von Sancta Martha über 8400′ Höhe hinaus, auf der weſtlichen Seite derſelben liegen, und keine derſelben über 20–25 Meilen von der Südſee entfernt iſt. In Süd-Amerika dagegen iſt kein einziger Schnee- berg, alle Höhen ſind auf der ſchmalern nördlichen Seite zuſammengedrängt. In Europa iſt es dagegen [316./0322] ganz anders, denn in den Pyrenäen und Alpen giebt es Berge die über 10,000′ hoch ſind, und nicht mit der Kette verbunden ſind. Beſonders findet dieſes in der Sierra Nevada ſtatt, wo ſie faſt die Höhe des Pic’s erreichen; andern finden wie im ſüdlichen Italien. Neu iſt noch das Verhältniß zu erwähnen, was zwiſchen dem Rücken und dem Gipfel der Gebirge ſtatt findet, und deshalb von der größten Wichtigkeit iſt, weil es die mittlere Höhe der Gebirge giebt. Wenn man ſo die Gipfel des Himalayagebirges, der Alpen und der Anden mit den Rücken derſelben vergleicht, ſo erhält man das Verhältniß ihrer mittleren Höhe zu einander. Genauer noch findet man dieſe wenn man die Höhe von 8 bis 10 Päſſen mißt, die gew. unter den Schneegrenze ſind. Es iſt hier ein Maximum und ein Minimum. Man kann daher mit Gewißheit annehmen, daß die mittlere Höhe höher als die Päſſe, niedriger aber als die Schneegebirge ſind. Dieſes Verhältniß iſt bei den 6 größten Gebirgen wie 1:8/10 oder wie 1:2. a. In den Alpen iſt es wie 1:2, denn die Päſſe erreichen [317./0323] die Höhe von 1200 Toiſen, und der Montblanc als der höchſte Punct derſelben mißt 2262 Toiſen. b. In den Anden iſt es faſt wie 1:2, denn die Päſſe haben 1850 Toiſen, und der Chimboraſſo iſt 3950 T. hoch. c. Im Himmallahgebirge bei Kabluth hat der Paß von Aſſrigo 2430 T., iſt alſo nur um Toiſen niedriger als der Montblanc. Durch die trefflichen Bemühungen der Enge- länder ſind 14 Päſſe von dieſem großen Gebirge gemeſſen, deren mittlere Höhe mit der angegebenen übereinſtimmt. Der höchſte Gipfel deſſelben iſt der Dhawalagiri, auf Deutſch der weiße Berg, von 4400 Toiſen; etwa dieſelbe Höhe als wenn man den St Gotthardt auf den Chimboraſſo ſetzte. – Die Gipfel der Gebirge des alten Continents ſind aus dem- ſelben Geſtein, wie der Rücken ſelbſt, was bei der Andeskette nicht der Fall iſt, da ſie kaſtellartige von vulkaniſchem Ge- ſtein als Trachytgaden, auf den Rücken der Maſſen maje- ſtätiſche Dome bilden. d. Im Kaukaſus iſt nach den Meſſungen von Niſchewsky der Elborus 2783 T. und der Rücken 1326 T. hoch. e. Im Alleghanyſchen-Gebirge iſt der Waſſingtonberg 1840 T. und der Rücken 550 T. hoch. [318./0324] f. Das Gebirge von Venezuela, der nordweſtliche Zweig der Andeskette hat in der Silla de Caraccas 1350 T., der Rücken dagegen 750 T., wo das Verhältniß wie 1:8/10 iſt. Die Pyrenäen als ein eigenes Gebirge betrachtet, würden hiervon eine Ausnahme machen. Sie ſind weit niedriger als die Alpen, da der Pitinata nur 1790 T. hat, und ſie auch einen weit größern Unterſchied im Verhältniß zu den Päſſen zeigen. Einen noch weit größern Unter- ſchied finden wir in den Apenninen, da die Päſſe derſelben nur 400 Toiſen hoch ſind, dagegen die ſüdlichen Berge derſelben, die Höhe von 1490 Toiſen erreichen, alſo wie 1:3½ ſich verhalten. Ein anderer Fall iſt dagegen in den Scandina- viſchen Gebirgen, wo die Höhen von 13 Päſſen bekannt ſind deren Rücken 420 T., der höchſte Gipfel aber 1200 T. erreicht. Wie hier der Rücken in Verhältniß zur Höhe zu niedrig iſt, iſt er dagegen in den Pyrenäen zu hoch. Dieſe Verhält- niſſe verſchwinden aber, ſo bald der Mẽresſpiegel ſinkt, und dieſes giebt einen Grund mehr für die Annahme der Neu- heit der Gebirgsketten, weil ſie mit dem gegenwärtigen Stande des Meeres in einem Verhältniſſe zu ſtehen ſchei- nen, da wenn es höher oder niedriger wäre auch die Ver- hältniſſe ſich änderten. Die Gründe oder Höhlungen der [319./0325] elaſtiſchen Spannungen liegen demnach tief im Innern der Erde, die Becken aber ſehr nahe an der Oberfläche. Betrachten wir die Gebirge nach ihrer Axe, ſo können wir 5 Elemente derſelben annehmen. Denn dieſe kann gelegt werden 1, durch den Rücken, 2, durch die Waſſerſcheide, 3, durch die Maxima aller Höhen, 4. Durch die Natur der Ge- ſteinarten, da der Granit oder das kalkartige Geſtein mit der Axe parallel laufen oder ſie durchſchneiden kann. 5, Nach dem Streichen der Schichten; beim Granit, dem Kalkge- bilde und dem Thonſchiefer iſt dieſes gewöhnlich dem Aus- gehen der Gebirgsformationen parallel, oft iſt es aber auch keinesweges der Fall. – Bei den Grenzſtreitig- keiten zwiſchen Spanien und Frankreich wurde die Linie von den Gebirgsrücken der Pyrenäen nach der Waſſerſcheide genommen. Das Streichen der Gebirgsſchichten iſt keinesweges ſo zufällig, da entfernte Gebirge, wie in Deutſchland und Amerika, darin Uebereinſtimmung haben, und es ſehr be- ſtimmten Geſetzen unterworfen iſt, die beſonders den Loxodromismus /ſchiefe Lage/ den Schichten geben. Herr von Buch hat hiernach Deutſchland in 4 Syſteme eingetheilt, nämlich: 1. Das Niederländiſche-Syſtem von Nordoſt nach Südweſt. 2, Das nordweſtliche Syſtem, zwiſchen dem Teu- [320./0326] toburger-Walde und der Donau. 3, Das Rheinſyſtem und 4, Das Alpenſyſtem. In dem 2ten iſt die Richtung aller Ketten von Nordweſt gegen Südoſt. Beſonders auffal- lend iſt die Erſcheinung beim Alpengebirge, daß alle Ketten dieſelbe Richtung haben, und ſelbſt bei der Betrachtung des griechiſchen Archipelagus erkennen wir dieſelben Geſetze in der gleichen Richtung zwiſchen Cubän und Chalcis. Im nördlichen Deutſchland finden wir eben ſo auch eine Uebereinſtimmung der Richtung, und nach H Hoffmanns Angaben iſt das Spree und Havelthal die alte Verbindung der Oder mit der Elba, da erſtere ſich früher im Bette der Elbe in die Nordſee gemündet habe, und die Elbe wiederum ihren Ausfluß in der Weſermündung hatte. Auf großen Hochebenen iſt die Richtung der Gipfel oft ganz verſchieden zu den Gebirgen, wie z. B. in Mexico und im Innern von Aſien. Man kann keine abſolute Ver- ſchiedenheit zwiſchen Ebenen und Berge geben; da erſtere nur ſelten in größern Ausdehnungen ſich zeigen, wie es bei den Steppen von Aſien und Südamerika der Fall iſt. In Europa findet ſich etwas Aehnliches nur in Ungarn, wo dieſe Niederungen Puſtos heißen. Sie liegen zwiſchen [321./0327] den Theiß /der eigentliche Hauptfluß Ungarns und der fiſchreichſte Fluß Europens,/ und der Donau, und nehmen über 1700 □ Meilen ein, ſind aber nicht ganz baumlos. Eine ſolche große Ebene in Amerika iſt die man Pampas nennt, und die ſich von Buon-Ayres oder dem Laplataſtrom bis zum Cap Horn hin erſtreckt, ganz baumlos, nur von Gräſern und weniger andere Ständen bewachſen, und von Büffeln und Rindvieh belebt iſt. Dagegen deckt die Ebene zwiſchen dem Magdalenen und Amazonenſtrome ein dichter Wald, den nur die Flußthäler durchſchneiden und gegen 600 Meilen lang iſt. Der Wald iſt ſo dicht bewachſen, daß die Affen denſelben von Anfang bis zu Ende von einen Zweig auf den andern durchwandern, ohne zur Erde zu kommen, wenn nicht bisweilen Flüſſe dieſe Wanderungen unterbrächen. – Der Dr. Ehrenberg hat unſere Anſicht von Afrika erſt kürzlich berichtigt, indem nach ihm die Wüſten Afrikas weit unebener ſind, als man bisher glaubte, und daß die Maſſen des Sandes nur kleine Regionen einnehmen. – Die Flüße entwickeln ſich in dieſen Ebenen zu groſſen Lachen. Häufig [322./0328] iſt es wie beim Himalayagebirge, daß ſie eine große Strecke dem Rücken des Gebirges parallel laufen. In den Thälern ſelbſt entſtehen ſo Anaſtomoſen, woraus denn Bificationen oder die Delta’s ſich bilden. – Das Fluß- thal ſelbſt iſt ein Syſtem von Punkten, wo alle Linien der Neigung ſich in eine Reine vereinigen. Wenn Flüße nahe an der Grotte, und nicht in der Mitte des Thales flieſſen, und ein Punkt in derſelben niedriger als das Flußthal iſt, ſo muß eine Bification entſtehen. Ein Bei- ſpiel vom Orinoko giebt der Harveriguere /Caſſiaquari?/ der in den Rio Negro fließt, und welcher wiederum mit dem Amazonenſtrome ſich vereinigt. Ebenſo hat H Protti gefunden, worauf ſchon Sambroni aufmerkſam machte, daß der Arno, der einen Arm der Tiber gab, in der Mitte des Traſimeniſchen-See’s eine Schwelle gebildet hat. Etwas Aehnliches zeigt der Calix Elf bei Tornea, wo die Quelle von Vaucluse in ihrer Verbindung mit der Serbe gleichfalls als Beiſpiel dienen kann. Die völlige Entwickelung ſolcher Syſteme kann auf verſchiedene Weiſe gehindert werden, auch kann die Mündung ſich [323./0329] ſchlieſſen wie beim Caſſiaquari. Solche unvollkommen Flußſyſteme entſtehen auch durch Strömungen von ſtarken Regengüſſen, die beſonders in den Tropen häufig ſind. Dies gilt vom .... der in den Ohio ſich ergießt, ſo wie vom Kanale La Raspadura der die Südſee mit dem At- lantiſchen Meere durch die Quelle des Rio Atracto verbindet, da dieſe der Rio St. Juan ein kleinen Bach aufnimmt. Des Ge- fälle bei den großen Strömen iſt ſo gering, daß man im Amerika noch 100 deutſche Meilen über ihre Mündung des Steigen und Fallen der Fluth von 14 Zoll erkennen kann. Der Punct ſelbſt wo dieſe auffährt, giebt keine wirkliches Ni- vellement vom Ausfluſſe, weil die Fluth parallel mit der geneigten Fläche des Bodens ſelbſt ſteigt. 41. Vorlesung, 24. März 1828 So hätten wir die Conſtruction der Gebirge und Ebenen entwickelt, das Gemeinſame der Verhältniſſe beider wahr- genommen, und geſehen wie der Rücken einſt blos aus einer Anhäufung der Berge ſich bildete, ſondern dieſe auch in Ketten übergingen, wo das Maximum aller Kräfte aus dem Innern wol mitgewirkt haben kann. Dies erkennen wir bei den Ausbruchskratern, wo die Verbrei- tung der Schlacken in ihrer unmittelbaren Nähe und wei- tern Ferne, das Beiſpiel von der mittleren Kraft giebt, [324./0330] wonach die Bildung ſich fügte und vollendete. Die Betrachtung der Ebenen hat uns auf die merk- würdige Erſcheinung der Flüſſe in denſelben geführt, und beſonders auf die Bificationen, von denen wir ſehen daß ſie denn entſtehen, wenn die Scheidegrenze in ein anderes Flußbett übergeht. Die große Breite der Flüſſe in Aſien und Amerika erleichtert die Bification da die Ströme bei weiten weniger Waſſer haben als ſcheint, denn 2–3000′ weit vom Ufer ſind ſie nur 2 bis 3′ tief, denn kommt ein Kanal als das eigentliche Fluß- bette von etwa 30′ Tiefe, dann folgt wieder eine ſeichte Stelle und wieder ein Kanal. Man kann oft mehrere Stunden weit hinein reiten ohne daß das Pferd bis an den Bauch in’s Waſſer kommt. Die Größe des Fluß- gebietes und die Waſſermenge hängt von der Maſſe des Waſſers ab, die der Fluß erhält, von der Tiefe der Niederung in der er fließt, und beſonders von der Maſſe des fallenden Regens, die in den Tropenländern weit beträchtlicher iſt, da in dieſen jährlich über 80, bei uns aber nur 22 Cubiczoll Regen auf eine gleiche Fläche fällt. Hiernach richtet ſich auch natürlich die Größe der Flüße, die Donau zum Amazonenſtrome verhält ſich nach dieſer Angabe wie 4:22. Je ſchmaler ein Fluß iſt, [325./0331] je höher wird er anſchwellen, und um ſo leichter ſeine Ufer überſtrömen. Man kann auch die Flüſſe als Regen- meſſer /Ombrometer oder Hyetometer/ betrachten, da die Höhe ihres Standes die Maſſe deſſelben angiebt. Der Nil, wo nur von dem untern Theile die Rede iſt, ſteigt immer zu derſelben Höhe von 24′, wie der Orinoko bei Anguſtura, 80 Meilen über ſeiner Mündung. Wir wiſſen hierdurch genau daß ſeit 2000 Jahren die Maſſe des fallenden Regens ſich nicht geändert hat, weil das Steigen und Fallen des Nils ſich in dieſer Zeit immer gleich blieb. Die Menge des Waſſers im Fluſſe wird nicht allein durch ſeine Tiefe, ſondern auch durch die Arin, und beſonders durch die Schnellig- keit ſeines Laufes beſtimmt. Geràrd hat zuerſt in den Memoires D’Aegypte genaue Meſſungen über die Ge- ſchwindigkeit des Nils gegeben, die andere zum Muſter dienen können. Die Flüße münden ſich entweder in die Meere, oder ſie gehen, wie Fränklin ſich ausdrückte, in die Luft, d. h. ſie verdunſten. Flüſſe, vorzüglich die der ſüdlichen Hemisphäre, verlieren immer mehr und mehr an Waſſer, je weiter ſie fließen, nicht allein durch Ver- dunſtung ſondern es dringt auch viel Waſſer in den lockeren Sand ein. So ſoll der Orangefluß im ſüdlichen Afrika faſt [326./0332] ganz ſein Waſſer verlieren. Daſſelbe gilt von Rio Apura, deſſen Geſchwindigkeit und Breite ich mãß, und nur halb ſo breit als die Donau iſt. Das Schwinden der Flüſſe tritt beſonders da ein, wo die Ufer aus Sand beſtehen, der oft eine Hitze von 52–54° R. annimmt. Solche An- ſichten hat man auch vom Niger, doch iſt es ſehr unwahrſchein- lich, daß ſeine Waſſermaſſe ſich ganz verliert. Wo die Flüſſe in die Meere münden, bilden ſie ſüße Seeen, denn weil das Salzwaſſer ſchwerer iſt, ſo wird es bei der Ebbe und Fluth gehindert weit in die Mündung der Flüſſe einzutreten, und man kann oft bei dieſer auf der Oberfläche ſüßes, in der Tiefe dagegen ſalziges Waſſer ſchöpfen. Ebbe und Fluth ſind periodiſche Aenderungen, welche von der Anziehung der Sonne und des Mondes herrühren. Das ſüße Waſſer wird ſo mit dem ſalzigen ohne ſich zu miſchen bald aufgehoben, bald ſinkt es wieder. Wo aber das Meer eine ſtarke Fluth von 16′ hat, miſchen ſich die obern mit den untern Waſſerſchichten. Als die Cultur nur um das Mittelmeer ausgebreitet war, konnte allein bei den Phöniciern eine richtige Anſicht von Ebbe und Fluth ent- ſtehen. Die Griechen lernten ſie zuerſt durch Alexander’s Zug am Indus kennen. Petius ging ſpäter beſonders nach [327./0333] Marſeille um ſie kennen zu lernen. Plato, der alles uns dem Innern der Erde herzuleiten ſuchte, glaubte daß es ein Ausſprudeln aus dem Innern derſelbe ſei. – Plinius hatte aber ſchon ſehr richtige Anſichten darüber indem er ſagte: cauſa in ſole lunaque. Und vor ihm hatte auch ſchon Ariſtoteles klare Begriffe davon. Die erſte Theorie wurde über dies Phaenomen im Jahre 1680 von ― ? aufgeſtellt. In neuern Zeiten hat aber Laplace 1772 und noch einmal kurz vor ſeinem Tode, eine deutliche Theorie auf viele Beobachtungen geſtützt, gegeben. Er ſtellte deshalb in Breſt 10,000 Beobachtungen an, um die Coëfficienten zu beſtimmen, und fand daß die Anziehung der Sonne auf unſere Erde um 13 Millionen mal ſtärker als die des Mondes iſt. Dagegen verhält ſich die Anziehung der Erde zu der des Mondes wie 24/10 zu 1. Die Culmi- nation iſt ſo, daß ſich täglich 49 Minuten ſpäter eintrit. Die größten Fluthen finden beim Neu- und Vollmonde ſtatt, eine Beobachtung, die ſchon Caeſar machte; hierbei wirken Sonne und Mond zuſammen. Die Einwirkung der Sonne und des Mondes auf unſere Erde iſt ſo ſtark, daß man umgekehrt von dieſer auf den Mond geſchloſſen hat. [328./0334] Laplace unter andern erweiterte ſo auf eine bewunderungs- würdige Weiſe die Kenntniß von der Maſſe des Mondes. Wenn dieſer in der Erdnähe iſt, ſo ſteigt die Fluth bei Breſt um 5′ höher, als in der Erdferne. Die Sonne und der Mond wirken dahin, daß ſie einzelne Theile des Waſſers von Mittelpunkte der Erde weiter entfernen, wodurch auf jeder Seite derſelben eine Anſchwellung erfolgen muß. Die parallele Richtung der Curve kann nur denn entſtehen, wenn die Attraction gleich iſt. Alle dieſe Beobachtungen können aber nur bei großen Meeren gemacht werden, denn bei den eingeſchloſſenen finden andere Verhältniſſe ſtatt, weil die Kleinheit der Maſſe das ſtarke Anſchwellen verhindert, indem nicht genug Waſſer nachfließen kann, und daher andere Geſetze eintreten. Eben ſo muß man die Richtung dieſer Meere unterſchieden, ob ſie von Oſten nach Weſten, oder von Süden nach Norden ſich hinzieht. Die Fluth eines ſolchen Binnenmeeres verhält ſich zur Fluth des Oceans, wie der Längendurchmeſſer des Mondes zum Halbmeſſer der Erde. Auch die Lage der Meere hat den entſchiedenſten Einfluß, wie beim Kaspiſchen Meere, das nicht allein ſeiner geringen Waſſermaſſe wegen, ſondern [329./0335] auch weil es von Süden nach Norden hin ſich erſtreckt, nur wenig Ebbe und Fluth hat. Das Mittelmeer hat ebenſo faſt gar keine Ebbe und Fluth, die größte Fluth in dieſem zeigt ſich öſtlich von Malta, weil hier ſeine größte Oberfläche und Tiefe iſt. Bei den Binnenmeeren kommt es auch auf die Lage der Oeffnungen an, wäre ſo das Mittelmeer gegen Syrien geöffnet, denn würde die Fluth bedeutend ſtärker ſich zeigen, und die Oeffnung nach Weſten iſt deshalb um ſo ungünſtigen, weil die Ebbe und Fluth ſich von Oſten nach Weſten fort bewegt. – Der Theorie nach ſollte im hohen Norden keine Ebbe und Fluth ſein, da ſie aber in der Hudſonsbai iſt, ſo giebt dies einen Beweis von dem Durchbruche nach der Baffinsbai. Die Oſtſee hat keine Fluth, ihr Anſchwellen wird von periodiſchen Winden hervor gebracht. Bei den Antillen erreicht die Fluth nur die Höhe von 8–10 Zoll. Die größte Fluth iſt in der Mündung der Severne bei St. Malo ?, wo ſie 45–46′ hoch, ja die Springfluth ſogar bis zur Höhe von 60′ ſteigt. Ein ſolches Eindringen iſt das des Maskarets, auch auf dem Amazonenſtrom ſieht man Waſſermaſſen Häuſer hoch andringen, was auch eine Folge der Fluth iſt. [330./0336] Von den Wellen. Die Höhe derſelben iſt ſehr verſchieden ange- geben und mehrentheils übertrieben. Um die Höhe der Wellen richtig zu beſtimmen, muß man zweierlei unterſcheiden, ob ſie nämlich aus der Tiefe aufſchlagen oder nur gegen die Küſte anprallen. In der Südſee ſind im allgemeinen die höchſten Wellen, und ich ſah an einem hellen ſehr ſtürmiſchen Tage daſelbſt wo die Sonne wirklich ſchon untergegangen war, dieſelben von der Höhe des Maſtbaumes noch deutlich über dem Horizonte, was mir ſo die Depreſſion des Horizonts gab. Auf dieſe Weiſe mißt man /vermittelſt Spiegelſextanten/ die Höhe und das Thal der Wellen, und ich fand als größte Höhe 42–44′. Dies iſt auch die Meinung mehrerer engl. Schiffscapitäine, die ich darüber ſprach. Die Höhe hängt nicht blos von der Indifferenz der Wellen und des Windes ab, im Gegentheil ſchwächt ſich die Höhe, wenn der Wellen- berg mit dem Wellenthale zuſammenkommt, ſondern rich- tet ſich vielmehr nach der Tiefe des Meeres. Brimontier giebt die Höhe der Wellen auf 60–80′ an, wobei aber das Waſſer bis zu 160–200′ tief aufgewühlt wird. Bei Neufundland ........ [331./0337] Etwas ähnliches findet ſich an der Nadelbank ſüdlich von Afrika, wo ſich noch bei 280′ Tiefe die Richtung der Strömung verändert. Gewöhnlich gehen die Wellen nicht über 20–22′ hoch. Die phyſikaliſche Theorie hat vor zwei Jahren durch das Werk der beiden Brüder Weber eine unvergleichliche Arbeit erhalten. Dieſe machten den An- fang mit Verſuchen über die Schwere des Queckſilbers, wobei ſie zuerſt die Dichtigkeit der Flüſſigkeiten beachteten. Später reiſten ſie nach dem Mittelländiſchen Meere, um dort in der Natur ihre Theorie zu prüfen. – Das Meer ſelbſt umfaßt ⅔ der ganzen Erde, und iſt mit Gewißheit nicht über 7000′ ſondirt, wo noch kein Grund zu finden war. Die Tiefe der Meere ſoll übrigens mit den Höhen der Berge correspondiren. Schon Plutarch erwähnt im Leben des Emilius Paulus, daß die größte Tiefe der Meere, der größten Höhe der Berge gleich ſein müße, was wir nur durch Pendel- verſuche wiſſen. Er ſagt, die größte Höhe des Olymps ſei der größten Tiefe des Meeres gleich, nämlich 10 Stadien. [332./0338] Von der Dichtigkeit und chemiſchen Beſchaffenheit des Waſſers. Je mehr man in neuern Zeiten die Dichtigkeit des Waſſers maaß, um ſo verwirrter wurden die Anſichten darüber. Zuerſt glaubte man, daß die größte Dichtigkeit deſſelben am Aequator ſei, doch aus den Verſuchen von Gay Lusſac und J. Delle, der deshalb nach Ceylon gieng, iſt der Unter- ſchied der Dichtigkeit in den verſchiedenen Zonen nur unbe- deutend, denn ſie fanden, daß die fixen Beſtandtheile des Waſſers nicht viel über 3½ Procent ausmachen. Gay Lusſac fand auch, daß der Unterſchied der Dichtigkeit nicht von den Salzen abhängt. Das Waſſer iſt in den größten Tiefen nicht mehr oder weniger ſalzig als in den obern Schichten. Nach Marcets Analyſe enthält das Meerwaſſer auf 1000 Theile: 26,6 ſalzſaures Natron, 4,66 ſchwefelſaures Natron, 1,232 ſalzſaure Kalkerde, 5,154 〃 Talkerde, alle Beſtandtheile in waſſerfreiem Zuſtande berechnet. Wollaſton hat gefunden, daß das Meerwaſſer außer- [333./0339] dem auch ſalzſaures und ſchwefelſaures Kali, jedoch nicht über 1/2000 vom Gewichte des Waſſers, enthalte, und Marcet hat gezeigt, daß keine Spur von ſalpeterſauren Salzen darin enthalten ſei. Dagegen ſetzt es beim Ab- dampfen eine nicht unbedeutende Menge kohlenſauren Kalkes ab. Dieſer im Meerwaſſer aufgelöſte kohlenſaure Kalk ſcheint die Quelle zu ſein, wovon die Schaalthiere im Meere die Materialien zur Bildung ihrer Schaalen nehmen. Außerdem hat man in neuern Zeiten noch Jod und Brom im Meerwaſſer entdeckt. Merkwürdig genug finden ſich Süßwaſſerquellen auf Sand- bänken oft mitten im Meere. Eine ſolche Süßwaſſer- quelle iſt ſüdlich von Cuba, als die Folge eines aero- ſtatiſchen Drucks. Die Schiffer können hier mehrere Meilen weit ſüßes Waſſer ſchöpfen, und Seekühe, die ſich nur auf ſüßem Waſſer zeigen, erinnere ſie daran. Man hat das Meerwaſſer auf mancherlei Weiſe zu reinigen und trinkbar zu machen geſucht; allein nur zwei Arten ſind geglückt, und auch dieſe ſind mit ſo viel Schwie- rigkeiten verknüpft, daß ſie bei Schiffreiſen wenig brauchbar ſind. Die eine iſt die Deſtillation, die andere [334./0340] das Durchſeihen des Waſſers durch Sand. Da letztere Methode aber noch weniger ſeinem Entzwecke entſpricht als erſtere, ſo hat man ſich kürzlich auf der, von der fran- zöſiſchen Regierung unter Capitain Freycinet ausgerüſteten Entdeckungs-Expedition mit Erfolg der Deſtillation von Meerwaſſer, zur Gewinnung trinkbaren Waſſers zu bedienen verſucht, wobei der Deſtillationsapparat ſo eingerichtet war, daß das Waſſer mit dem Ueberſchuße der Wärme bei der Zubereitung der Speiſen deſtillirt wurde. – – Noch iſt aber ein bitterer Schleim, organiſchen Urſprungs, im Meerwaſſer enthalten, womit das Leuchten des Meeres zuſammenhängt, und was am ſchönſten in den Tropenländern wahrgenommen wird. Dieſer Schlamm dient den Cetaceen, Wallfiſchen etc. zur Nahrung, und das Waſſer ſelbſt genoſſen erregt Uebel- keit. Zweien Urſachen iſt dies Leuchten überhaupt zuzuſchreiben, erſtens rührt es von Thieren aus dem Molluskengeſchlecht, als die geſellig lebenden Deguſen, Beroë, Peroſoma etc. her. Von den vollkommenen Thieren ſind es die Strahlenthiere, zu denen die Meduſen gehören, welche ſelbſt noch 12′ tief unter dem Waſſer leuchten, wozu alſo der [335./0341] Sauerſtoff der Atmosphäre nicht mitwirken kann, wie man früher wohl glaubte. Zweitens rührt der größere Theil des Leuchtens vorzüglich von ſchleimartigen organiſchen Maſſen her, die auf dem Meere ſchwimmend angetroffen werden, wie mich eigene Unterſuchungen überzeugten, und auch die des Dr. Ehrenbergs im rothen Meere beſtätigen. Leuchtende Infuſionsthierchen giebt es dagegen nicht. Durch jede Erſchütterung wird das Leuchten erregt; die Meduſen leuchten durch den Schlag, eine andere Erzeugung deſſelben iſt durch den Nervenreiz, wobei ſie den orga- niſchen Lichtproceß geben. Alle Erſcheinungen dieſes Leuchtens hängen mit der Witterung zuſammen, und es iſt möglich, daß die Thiere zu gewiſſen Zeiten lieber an die Oberfläche kommen als zu andern. Das Ganze iſt demnach kein meteorlogiſches Phänomen. 42. Vorlesung, 25. März 1828 Die Farbe des Waſſers iſt ein ſchwieriger optiſcher Gegenſtand, ſo wohl bei ſüßen als ſalzigen Gewäſſern. Bei den Bergſtrömen iſt ſie zuweilen grünlich oder wie in der Rohen bläulich. Das Meer iſt in den Tropen mehr indigoblau als gegen Norden, und iſt keine Reflection des Himmels. Scoresby fand das Meerwaſſer jedoch auch in Norden an einigen Stellen bläulich, doch vorzugsweiſe [336./0342] war es grasgrün. Im letztern leben gern die Mollus- ken, und auch die Wallfiſche ziehen es vor, wahrſcheinlich aber wohl nur, weil jene ihnen eine gute Nahrung geben. Wie tief das Tageslicht ins Waſſer dringt iſt verſchieden beobachtet. Häufig ſieht man in Taucher- glocken ſchon bei 20′ Tiefe nichts mehr, was aber von den Schwingungen und der kräuſelnden Bewegung der Ober- fläche des Waſſers herrührt; um dies zu verhindern haben ſchon die Alten vorgeſchlagen, Oel auf die Ober- fläche des Waſſers zu gieſſen, wodurch ſelbſt größere Wellen beſänftigt werden können. Schon Fränklin und die beiden Weber führen an, daß der Druck einer jeden Subſtanz die Kraft der Wellen vermindert, und ſchon von einem ſtarken tropiſchen Regenguſſe werden ſie niedergeſchlagen. Das Mittel, Oel auf die Ober- fläche auszugieſſen, benutzen noch jetzt die Spanier be- ſonders in der Gegend von Gibraltar. Herr Arrago ſah auf der Inſel Majorca in einer Höhe von 3 bis 400 Toiſen, den Boden des Meeres wie eine Landkarte vor ſich liegen, was von der gegenſeitigen Wirkung der Reflexion des obern und untern Licht’s herrührt. [337./0343] Wenn wir hoch ſtehen, wird des Licht des obern Spiegels weniger zu uns reflectirt, und um ſo weniger werden die Strahlen der Tiefe von ihn verdunkelt. Wenn wir das Meer ſelbſt und ſeine Temperatur be- trachten, ſo haben wir dreierlei zu unterſcheiden, 1, Die Ober- fläche, 2. Die Tiefe und 3t die Sandbänke. Das Wich- tigſte der Climatologie iſt die Einwirkung der flüſſigen Theile auf die ſtarren. Die Temperatur des Meeres in den obern Schichten, und die relative Lage des Waſſers und der Continente ſind am wichtigſten für das Klima. Bei der Oberfläche muß man das Meer in der Ruhe und in den Strömungen von einander unterſcheiden. Erſteres giebt uns den Unterſchied der almähligen Erwärmung und Erkältung. Die Waſſerfläche nimmt nur das Klima an, wie es die Jahreszeit modificirt. Die größten Unterſchiede können immer nur in den Tropen erkannt werden, wo die Temperatur der Atmosphäre bei Tage und bei Nacht um 6–7° R. wechſelt; dagegen habe ich aber in dem Meere der Tropen dieſen Unterſchied nicht wahrgenommen. Auf meinen Wunſch haben die Herrn Duperet und Freycinet neue Unterſuchungen angeſtellt, und einen Unterſchied von ½–¾° gefunden, was auch der Capitain [338./0344] Wilſon auf ſeiner Reiſe nach Calcutta beobachtete. Das Waſſer hat auch eine Tendenz zur Wärme- erzeugung /?/ und erwärmt ſich nämlich dadurch, daß die obern Theile die an der Fläche erwärmt ſind zu Boden ſinken?. Im Winter iſt daher das Meer vom Aequator bis 50° der Breite auf beiden Seiten wärmer als die Luft, was Freycinet und Duperet auf ihren Reiſen beobachtete. Die monatlichen Ver- änderungen des Meere’s ſind in den Tropen ſiebenmal, und bei uns ſechsmal geringer als in der Luft. Dies giebt auch Aufſchluß über das merkwürdige Phänomen an der weſtlichen Seite von Europa und Amerika, daß dieſe nämlich wärmer als die öſtliche iſt; denn zur Winterzeit erkältet das Meer nicht ſo ſchnell als das Land, die See- winde müßen daher erwärmte Luft bringen, und die größte Kälte oder vielmehr die niedrigſte Temperatur zu der der Atlantiſche Ocean im Januar herabſinkt iſt + ⅔°. Rennel, ein 80 jährigen Greis hat über die Strömungen des Atlantiſchen Oceans die nützlichſten und erfolgreichſten Beobachtungen geſammelt. Er entwickelte die verſchiedenen Strömungen aus dem Wechſel der Temperatur, und hieraus das gegenſeitige Einwirken des Meer’s auf die Temperatur. – [339./0345] Unter dem 50–55° N. B. erkaltet der Atlantiſche Ocean ein mehr als + 6–7°, was bei uns etwa die mittlere T. im Monat Mai iſt. Zwiſchen den 65–70° N. Br. iſt deſſen mittlere T. nach Rennel & Lewin noch + 4½°, wenn die des Continents vielleicht nur 2° iſt. Die größten Wärme des Meeres iſt in den Tropen, wo die mittlere T. deſſelben 21½–22° iſt, und die des Waſſers des Orinoco und Amazonenſtroms gleichfalls theilt, was für Reiſende ſehr unangenehm iſt, da ſie oft nur allein auf dies Waſſer beſchränkt ſind. – Das Maximum der Wärme des Meer’s findet ſich grade nicht immer unter dem Aequator, ſondern vielmehr in einer kleinen Zone, die etwas nördlich und ſüdlich in einer Curve den Aequator umgiebt, wo eine T. von 24–24½° beobachtet iſt, die mittlere T. beträgt aber nur 22–23°. In der Südſee, im Iſthmus von Panama, nördlich vom Kap Guaſhakamo, fand der Kapt. Dirkens die Temperatur des Meer’s bei einem kräuſelnden Wellenſchlage von 24¾°, als das Maximum aller Beobachtungen. Merkwürdige Bewegungen hat man beobachtet, die gleich den Flüſſen der Continente im Meere ſich fortbewegen. Die Breite des polariſch oceaniſchen Strom’s iſt gleich der [340./0346] des Golfes zwiſchen Florida und Cuba, und dehnt ſich immer mehr aus, je weiter er nach Norden kommt. Die Richtung dieſer Strömung iſt vom Aequator in die temperirte Zone und von dieſer wieder nach jenem zurück, ſo daß ſo, erwärmtes Waſſer nach dem Norden, und kaltes dagegen den Tropen zu geführt wird. Nach den Jahreszeiten nähert ſie ſich mehr oder weniger der Küſte, und keine Stro- mung nach dem Norden würde exiſtiren, wenn der Iſthmus von Panama durchbrochen wäre. Anfänglich beginnt ſie an der afrikaniſchen Küſte von Guinea, wo ſie als Aequa- torial-Strom gegen des Cap St. Antonio nach dem öſtlichen Theile von Yucatan hingeht, dann Mexico vorbei zwiſchen Havanah und Cuba nördlich bei der Mündung des Miſſiſippi herauſtrit, die Bank Terra neuve beſpühlt, ſich denn öſtlich nach Europa wendet und ſich in 2theile theilt. Der eine von dieſen geht nach den Azoriſchen Inſeln und Gibraltar, den andern aber nach den Irländiſchen und Schottiſchen Küſten. Von einen Schiffe das mit Palmöl beladen beim Cap Lopez ſtrandete, wurden die Tonnen nach 1½ Jahren von dieſen Strömungen an die Küſten von Schottland getrieben. Ebenſo kommen andere Gewächſe der Tropen beſonders [341./0347] Baumſtämme von Mimoſen, die Guilandina Bonduc, und eine Menge von Früchten und Samen an dieſen Küſten, vorzüglich bei den Hebriden an. Fäſſer mit den ſchönſten Bourdeaux-Weinen werden hier jährlich von verunglückten Schiffen angeſpühlt. Schon früher habe ich erwähnt, daß 1682 und 1684 Eskimos in ihren Böten von Häuten nach den Hebriden durch dieſe Strömung getrieben wurden. Pom- ponius Mela und Plinius erwähnen gleichfalls ein ſolches Factum vom Cornelius Nepos, wonach ein ___ſſiſcher König mehr als 1000 Jahre vor der erſten Entdeckung Amerika’s dem Criſius Metellus Celer gleichfalls dort geſtrandete Eski- mo’s zum Geſchenk machte. Auf ähnliche Weiſe wie im Atlantiſchen Meere warmes Waſſer von Süden nach Norden kommt, fand ich in der Südſee an der Küſte von Peru eine Strömung, die kaltes Waſſer von Süden her gegen den Aequator zuführte. Man glaubte anfangs daß es der Andrang des von den Bergen kommenden Schneewaſſers ſei, in jener Gegend ſind aber ſo wenige Berge dieſer Art, als daß dieſer die Urſache ſein könnte. Die Temperatur dieſer Strömung fand ich auf 10° S. Br. nur 12–14° R. und die geringe Wärme derſelben beruht vorzüglich in der langen Bedeckung des Himmels [342./0348] durch die Garuda’s, welche der Sonne die Wirkung be- nehmen, anderntheils ſcheint aber die Strömung ſehr in d Tiefe zu wirken. Da wo dieſer neue Continent ſich gegen Weſten ausdehnt, wird die Strömung gegen Weſten ge- leitet, wo ich durch kam; meine Unterſuchungen ſind ſpäter von Dirknig und Holvel beſtätigt, welche dieſelbe niedrige Temperatur fanden. Die Strömung geht um das Cap Horn, aus dem indiſchen Ocean nach dem Atlantiſchen, die Magellaniſche-Meerenge hinein. Dieſe Abweichung zeigt die Tiefe der Strömung, indem die Bank Akuyille gegen welche ſie wirkt 80 Braſſen hat. Mißt man die Abnahme der Temperatur von der Oberfläche des Meeres nach beiden Seiten, und die Abnahme der Wärme wäre ſich gleich, ſo müßte das Waſſer in der Tiefe von 8000 Fuß 1° unter 0 haben. Die Abnahme der Wärme im Waſſer /mit der Tiefe/ iſt aber 7–8 mal ſchneller als in der Luft, weshalb auch die Fiſche ſich mehr nach oben halten, woſelbſt ſie auch mehr ihre Nahrung finden. Die Fiſche können auch auf dieſe Weiſe unter den Tropen dieſelbe Temperatur finden wie in Lappland. Die beſtimm- teſten Beobachtungen über die Abnahme der Temperatur im Meere ſind von Sabine an Cap St. Antonio gemacht, [343./0349] wo die Oberfläche des Waſſers +22½° hatte, bei 7000′ Tiefe dagegen nur +4 und 4/10°. Dies giebt bei 70 oder 71 Fuß ſchon einen Grad Abnahme, der in der Luft ſich erſt bei einer Höhe von 400′ zeigt. Herr Perron ſchloß hieraus daß im größerer Tiefe des Meeres Eis ſein müſſen, – was aber nicht der Fall iſt. – – Schon Sausſure hat bemerkt, daß die Dichtigkeit des Waſſers +4–4½° am größten iſt. – Das Waſſer wird durch den Wärmeſtoff ausgedehnt, wie alle andern Körper; allein dieſe Ausdehnung unterſcheidet ſich auf eine merkwürdige Weiſe von der Ausdehnung anderen Körper. Sie iſt ſehr gering und macht von 0° bis + 100° nur 0,012 vom Volumen des Waſſers aus. – Dabei iſt die Dichtigkeit des Waſſers wie oben erwähnt bei 0° nicht am größten, ſondern tritt erſt bei +4°,1 über dem Gefrierpunkte ein; von dieſem Punkte an dehnt es ſich beſtändig aus, ſowohl beim Abkühlen, als bei der Erwärmung; ſo daß es bei 0° genau daſſelbe Volu- men, wie bei +9° einnim̃t. Dieſer Umſtand läßt ſich durch einen ſehr einfachen Verſuch darthun. Man ſtellt nämlich in ein Glas mit Waſſer von +0° zwei Thermometer, ſo daß die Kugel des einen ein Stückchen über der andern ſteht. So wie nun das Waſſer erwärmt wird, ſteigt das Thermometer, deſſen [344./0350] Kugel zu unterſt ſteht, weil das wärmern Waſſer in dem kältern niederſinkt. Iſt das unterſte bis zu + 4°,1 gekommen, ſo ſteigt es nicht mehr; allmählig aber ſteigt das obere bis zu + 4°,1, und beide ſtehen nunmehr gleich. Hat dies einige Augenblicke gedauert; ſo ſteigt das obere in weit ſchnellerem Verhältniſſe, als das untere, weil nun das erwärmte Waſſer auf dem kältern ſchwimmt. Indeß kann der ange- führte Verſuch nie ſo ſcharf werden, daß er mehr als eine Approximation zu dem richtigen Thermometerſtande gebe, und viele Phyſiker haben auf verſchiedene Arten hierüber Unter- ſuchungen angeſtellt, deren Ausſchlag zwiſchen 3 und 5 Grad variirte. Die ausführlichſte Unterſuchung hierüber wurde von Hällſtröm in Abo angeſtellt, und dieſe gab, bei Beobachtung und Correction aller Umſtände, die irre führen konnten, die oben angeführte Gradzahl + 4°,1. Das Waſſer bricht gleichwohl in dieſen Zuſtande der höchſten Dichtigkeit das Licht nicht ſtärker, als bei niedrigeren Graden. Arago und Fresnel haben beobachtet daß das Brechungsvermögen deſſelben bis zum Gefrierpunkte beſtändig zunimmt, ganz ſo, als ob das Waſſer bis zu ſeinem Erſtarren ſich fortdauernd zuſammenzöge. – [345./0351] Dieſe in ihrer Art einzige Ausnahme von den, für die Einwirkung des Wärmeſtoffs auf liquide Körper, be- ſtehenden Regeln, verdient um ſo mehr große Aufmerkſam- keit, weil, wenn ſich dies nicht ſo verhielte, ein großer Theil der kälteren Zonen unſeres Erdballs unbewohnt bleiben würde. Das Waſſer würde nämlich im Winter ziemlich bald, ſelbſt in den größeren Seen, bis 0° und darunter abgekühlt werden, und ſeiner ganzen Maſſe nach, auf einmal erſtarren, alle Fiſche würden ſterben, die übrigen Klaſſen der lebenden Weſen aber Mangel an flüßigem Waſſer leiden und die Sommer kaum hin- reichen, dieſe ungeheuren Eismaſſen wieder zu ſchmelzen. So aber ſinkt das Waſſer, ſobald es bis zu + 4°,1, abgekühlt iſt, in den Seen zu Boden, und wenn endlich die ganze See dieſe Temperatur angenommen hat, ſo kann nur die Oberfläche derſelben noch unter dieſe Temperatur hinab abgekühlt werden, weil nun das kältere Waſſer leichter, als das warme, iſt, und weil das Waſſer, wie alle tropfbare Flüſſigkeiten, den Wärmeſtoff ſehr langſam leitet. Der Grund der Seen behält daher die Temperatur von + 4°,1, und das Waſſer, welches aus [346./0352] ihnen ausfließt, iſt ſtets 3–4° über den Eispunkt er- wärmt, behält auch dieſe Temperatur auf dem Boden der Flüſſe, ſo daß ſelbſt in unſern kälteſten Wintern, Ströme und große Bäche ſelten bis zum Boden ausfrieren. Im Meere hingegen, wo das Waſſer ſehr viel Salz aufgelöſt enthält, tritt, nach Marcets Verſuchen, dieſe Abweichung nicht ein. Das ſalzige Meerwaſſer iſt bei + 4°,1 nicht am dichteſten, und hat keinen entſprechenden dichteren Punkt, ſondern es zieht ſich beſtändig zuſammen, bis es gefriert, und auch dann erſtarrt nur das Waſſer, das Salz aber bildet mit dem ungefrornen Waſſer eine um ſo mehr concentrirte und ſchwerere Flüſſigkeit; daher auch auf dem Meere nur die Oberfläche des Waſſers zu Eis gefrieren kann. – Am Nordpol fanden Scorresby & Parry die Temperatur des Waſſers auf der Oberfläche oder vielmehr unter dem Eiſe −1½°, bei einer Tiefe von 1200′ dagegen + 1½ bis 2°; dieſe Erſcheinung iſt aber eine Folge des Golfſtroms, der ſich bis ans Nordcap erſtreckt, wo er der Strömung von Nova-Zambla begegnet. In den Tropen ſcheint die Kälte der untern Waſſerſchichten auch von Strömungen herzurühren, da dieſe oberhalb das warme 🜄 vom Aequator ab, das kalte dagegen in der Tiefe zuführen. [347./0353] 43. Vorlesung, 26. März 1828 Von den Sandbänken. In neuern Zeiten hat man die Beobachtung gemacht, daß Sandbänke durch das Thermometer entdeckt werden können. Als Fränklin nämlich auf ſeiner Reiſe der Bank an der Küſte von Neufoundland ſich näherte, bemerkte er, daß die Matroſen von Zeit zu Zeit die Hand ins Waſſer ſteckten; als er ſie nach der Urſache fragte, erfuhr er von ihnen, daß das Waſſer um ſo kälter würde, je näher ſie einer Bank kämen, und ihn nachher zu Ther- mometerverſuchen veranlaßte. Da nun die Erkennung der Bänke für die Schiffarth von großer Wichtigkeit iſt, ſo ſtellten Freycinet & Duperet auf ihren Reiſen von 2 zu 2 Stunden Thermometermeſſungen an, um Beob- achtungen über jene Angabe zu ſammeln. Die ſchnelle Abnahme der Temperatur kann entweder durch Strömun- gen, oder durch die Nähe der Bänke entſtehen. Der Graf Rumford glaubt daß die Abnahme der T. bei Neu- foundland 4–5° betrage. Als ich im Monat Auguſt das Meerwaſſer unterſuchte, fand ich im Golfſtrom 20°, auf beiden Seiten deſſelben das Waſſer von 15–16°. Dagegen bei der Sandbank de la Figoria 5½° weniger als in Meere. [348./0354] Die wahre Urſache dieſer Beobachtung iſt noch nicht gehörig entwickelt, ſie ſcheint mir aber darin zu beſtehen, daß durch das Anſchlagen gegen die Bank die untern und obern Waſſerſchichten ſich miſchen, und ſo eine Abnahme der T. noch oben zu ſtatt findet. – Auch bei großen Stürmen finden ähnliche Erſcheinungen ſtatt; von einem den ich in dem Hafen von Vera Cruz beobachtete, wurde das Waſſer bis zur Tiefe von 50–60 Braſſen aufgewühlt, und durch die Miſchung der obern und untern Waſſerſchichten ſank die T. derſelben um 1 bis 1½° R. Peron der mit Boudin eine Reiſe unternahm beobachtete ähnliche Erſcheinungen. Von dem Waſſer als bewegliche Flüſſigkeit wanden wir uns bei der Betrachtung des Meeres, wie es ſich als ein ſtarren und feſter Körper zu Eis geſtaltet, da es in dieſer durch Kälte entſtandene Bil- dung höchſt einwirkend auf die Climatologie ſich äußert. Die ſo verbundenen flüſſigen Theile zum Starren, machen einen Theil des feſten Erdkörpers aus, und bilden gleich- ſam im Flüſſigen eine Gebirgsart in ſich zuſammen, wie die Felſen auf der feſten Erde als ſolche da ſtehen. Man muß aber nicht glauben, daß ſolche Eismaſſen bis [349./0355] zum Boden gehen und den Grund berühren, dann ihre größte eigentliche Dicke iſt nach vielfältigen Unterſuchungen des Capit. Parry zwiſchen 6–7′. Dieſe Eismaſſen bieten ſich unſern Beobachtungen auf zweierlei Weiſe der: a, als Eisberge, wo das Eis durch die Länge der Zeit und durch die Bewegung ſich zu ſo großen Maſſen auf einander gelagert hat; und b, als Eisfelder, welche nur von der Kälte ihre Bildung erhielten, und unverändert bleibe. Die Eisberge werden zum Theil am Lande ſelbſt ge- bildet, und erhalten von dieſem ihre zuſammen geſetzte Ge- ſtaltung; dann häufig ſind es Gletſchermaſſen die ſich ablöſten, und auf das Eis im Meere herabgerollt, weshalb auch die Eisberge faſt immer mit Schnee durchdrungen ſind. Am Nordpol ſind ſie häufiger wie am Südpol beobachtet. Ihre größte Höhe iſt bis zu 1800′ über und 25′ unter dem Waſſerſpiegel gemeſſen; der Capit. Roſs ſah über hundert ſolcher Eisberge auf einmal, die wie er ſagt, ſich in der Ferne wie Kreidefelſen ausnahmen. Man findet oft große Granitblöcke auf und in dieſer Eis- maſſen, alſo ein Beweis mehr, daß ſie ſich wie geſagt oft vom Lande ſelbſt aus bilden. Beſonderes Aufſehen [350./0356] erregte aber die Bekanntmachung des Dr Eſchholtz, der Kotzebue auf ſeiner Reiſe begleitete, daß er nämlich in dem nördlichen Theile der Beringsſtraße eine beträchtliche Vege- tation auf einer ſolchen Eismaſſe geſehen habe. Dieſe Erſcheinung iſt aber leicht zu erklären, da wohl bei dem Loſtrennen der Gletſcher auch ganze Maſſen von Raſen herab- ſtürzen können, die ein Zuſammenhange bleibend, eine fort- dauernde Vegetation auf dieſen Eismaſſen erhalte und näher. Ebenſo fand derſelbe Reiſende in den Eisbergen häufig Knochen vom Mammut, Elephante und andern Thieren. Die Eisfelder ſtehen ſelten 4–5′ über dem Waſſer hervor, unter dem Waſſer ſteigen ſie wohl zu 20′ hinab. Sie erreichen oft eine beträchtliche Gröſſe von 20–22 g. Meilen Länge und 10 Meilen Breite, ſo daß man ſie mit Provinzen von vielen Quadratmeilen Flächeninhalt vergleichen kann. Sie haben häufig eine rotirende Bewegung, die durch ihre entgegengeſetzte Kraft, endlich zu einer gegenſeitigen Zer- trümmerung führt, wodurch ſie den Schiffen höchſt gefährlich werden können. – Von den Wallfiſchfängern wird Süßwaſſer- und Salzwaſſereis unterſchieden, man findet es aber ganz ſelten frei von Salz, weil das Salzwaſſer in die Poren eines jeden Eiſes eindringt, das aber an [351./0357] den Küſten gebildete hat gewöhnlich ſüßeres Waſſer. Vorzüglich aber muß hier erwähnt werden, daß Strömun- gen das Vordringen der Eismaſſen bis zur ſüdlichen Hemisphäre veranlaſſen, denn es ſind Eisfelder untern 40° N. Br. bei den Azoren geſehen, aber noch nie welche welche an der Weſtküſte von Schottland oder bei den Hebriden daſelbſt bemerkt worden. Scoresby glaubt daß die untern Strö- mungen hier dem Eiſe entgegenwirken, und es nur den Sommerſtrömungen folge. Das Eis hat ein ſpec. Gewicht von 0,916, und bisweilen noch geringer. Von den großen Eismaſſen zeigt ſich nur ⅑ über dem Waſſer und 8/9 alſo unter denſelben. Das Eis wird ſchon in weiter Ferne durch die Reflexion des Lichtes gegen den Horizont geſehen, und gewährt ſo einen ſchönen Anblick. Die durch den Eisreflux veranlaßte Helle in der Luft, von dem das zwiſchen den Eisbergen befind- liche Waſſer dunkel abſticht, läßt den Schiffer die Eisberge ſchon in der Ferne erkennen. Die Wirkungen des Eiſes auf die Atmosphäre ſind bedeutend aber auch verſchieden, von kleinen Eismaſſen z. B. werden die Dämpfe der Luft ſo angezo- gen, daß ein Nebel ſie umgiebt, und von größern wird die Luft ganz klar und heiter, und ſogar dem Winde voll- [352./0358] kommen ſeine Kraft genommen, ſo daß Stürme plötzlich aufhören. Womit dieſe Einwirkung zuſammenhängt, iſt bis jetzt nicht gut zu erklären. So wie hier die Fortpflan- zung der Bewegung der Luft durch die Eismaſſen gehindert wird, ſo erregten auf den Anden, nach meinen Beobachtungen großen Schnee- und Eismaſſen einen ſtarken Wind. – Die Dicke des Eiſes hängt nur von ſeiner Bewegung ſelbſt ab, ſo fand Parry dieſelbe unterm 73° N. Br. im Januar 28½″ im Februar 55″, und im März 86½″ ſtark. Am wichtigſten aber für die Climatologie ſind die ver- ſchiedenen Grenzen, welche das Eis im Sommer und Winter hat. Gleich wie die Schneegrenze ein Maximum von 1300 Toiſen erreicht, ſo giebt es auch eine Oscillation der Eisgrenze, welche für Europa ſich beſonders durch das Mittelmeer glücklich geſtaltet. – Die Wintergrenze des Eiſes zieht ſich von Kap Farewell in Grönland, durch den mittleren Theil von Island gegen den ſüdlichen Theil von Spitzbergen ohne aber das Nordkap zu berühren, ſo daß hier das Meer im Januar noch frei von Eis iſt. Die Sommergrenze des Eiſes läßt dagegen Island ganz frei und geht von Warden- haus in Finnmarken bis nach Chargland auf Spitzbergen, und [353./0359] dann weiter gegen Oſten, wo ſie mit Nova-Zembla in Verbindung bleibt. Die Urſache von dieſer vortheilhaften Eisgrenze liegt in der Exiſtenz des attlantiſchen Oceans, mit welchem der Nordpol durch einen Kanal in dieſen arctiſchen Regionen communicirt, und der Zuſtand der Welt würde ſich ganz anders geſtalten, wenn die Beringsſtraſſe geſchloſſen wäre, weil ſie verhindert, daß das Eis gegen die Davis- ſtraſſe und Baffinsbai getrieben wird. Im nördlichen Theile von Scandinavien trägt auch noch der Golfſtrom zu der vortheilhaften Lage Europa’s bei, wie überhaupt jeder Strom, der parallel mit den Küſten eines Landes fortläuft, auf dieſelbe einwirkt. Daher friert auch gegen Vertcus /?/ hin das Meer nicht, dagegen treiben auf der andern Seite die Waſſermaſſen von Norden gegen Süden, ſo daß das Eis in der Nähe des Golfſtroms durch wärmere Strömungen erſt ſchmilzt. – Dann kommt das Eis näher und näher gegen die Lena und gegen die Knochen- inſel /die ihren Namen von einer großen Menge dort ge- fundener Knochen ausgeſtorbener Thierarten hat/. Weder ein Sommer noch im Winter iſt es möglich die Spitze von Nova-Zembla zu umſchiffen, was ſchon daraus hervor geht, [354./0360] daß das Maximum des Pols der Kälte zwiſchen Nova- Zembla, Neu Sibirien und der Beringsſtraſſe liegt. Von den elaſtiſchen Flüſſigkeiten des Luftmeer’s. Von den tropfbar flüſſigen Theilen unſers Erdkörpers wenden wir uns zu den elaſtiſchen Flüſſigkeiten deſſelben oder dem Luftmeere. Von dieſen bedecken ⅓ den Continent und ⅔ den Ocean. Die mittlere Temperatur der Luft hängt von der Beſchaffenheit des Bodens ab, und der Zuſtand der- ſelben iſt auf dem Meere ganz anders, wie er ſich auf den Continenten uns zeigt. Von der Höhe des Luftmeers habe ich ſchon früher geſprochen; man nimmt dieſe gewöhnlich zu 10–15 Meilen an, es iſt aber ſehr wahrſcheinlich, daß noch bei einer Höhe von 30–32 Meilen Luft exiſtirt, weil in dieſer Höhe Sternſchnuppen und Aerolithen zu leuchten anfangen, die wahrſcheinlich erſt denn Licht von ſich geben, wenn ſie mit dem Sauerſtoffe der Atmosphäre in Berührung kommen. Es ſind 6 Erſcheinungen im Luftmeere wahrzunahm: 1. Farbe und lichtſchwächende Kraft. [355./0361] 2. Chemiſche Beſchaffenheit. 3. Druck der Luft. 4. Hydroſtatiſche Beſchaffenheit, die Entwickelung des Thaues und Regens. 5. Temperaturverhältniſſe. 6. Electriſche Spannung. 1. Farbe und lichtſchwächende Kraft der Luft. Die lichtſchwächende Kraft iſt nach den Gegenden und Jahreszeiten ſehr verſchieden, es finden ſich weit weniger Dunſtbläſchen auf dem Meere als anderswo, weshalb hier der Himmel weniger blau, mehr in ſeiner eigentlichen Farbe die milchähnlich iſt erſcheint. Dieſe milchähnliche Farbe des Himmels entſteht durch das Niederſchlagen der Dämpfe die ſich in der Luft befinden, und wenn das ganze Erdſphäroid keinen feſten Körper hätte, und blos luftförmig daſtände wo die Schichten nach dem Mariottiſchen Geſetze auf einander drückten, ſo würde dieſe nur ein geringer Theil der Wärme- und Lichtſtrahlen durchdringen. Dieſe lichtſchwächende Kraft ſehen wir beſonders bei den Temperaturbeobachtungen auf [356./0362] dem Meere, wo Arago fand, daß von 12 bis 3 Uhr das Meer kälter als die Luft war, da die Temperatur der Luft als Folge der Lichtſchwächung der Sonnenſtrahlen erhöhet wurde; dieſer Unterſchied betrug etwa ¾–1° R. Es giebt nur eine ſehr unvollkommene Art die Farbe des Himmels zu meſſen, nämlich mit einem Inſtrumente das den Namen Cyanometer führt, und von Sausſure und andern vielfach angewandt wurde. Es iſt ein Bogen in dem eine Menge von Farben ausgeſpannt ſind etc. unter denn man die Farbe des Himmels und der Erde zugleich be- ſtimmt. – – – Sausſure wandte das Cyanometer zu den Meſſungen der Luftbläue auf den Alpen an. Der Unterſchied derſelben iſt in der nördlichen Zone gegen die temperirte, und von dieſer wieder gegen die der Tropen ſehr beträchtlich. Bei uns zeigt das Cyanometer nicht über 14° in den Tropen dagegen einige 20°. Mann kann folgern daß das Phänomen der farbigen Polariſation der Bläue des Himmels in den Tropen, eine Folge davon iſt, daß die Dämpfe weniger niedergedrückt werden, denn die Luftperspective wird wunderbar durch die Beſchaffenheit [357./0363] der Luft modificirt. Eine eigene Erſcheinung iſt der milde Duft in den Tropen, welcher ſchon nördlich bei Nea- pel anfängt, aber ſeinen erhabenſten Anblick erſt in den warmen Regionen der Tropen erhält. Dieſer milde Duft der einen ſo überaus ſchönen Anblick gewährt, ent- ſteht wahrſcheinlich durch die Beſchaffenheit des Waſſer- gaſes in dieſem warmen Clima. 2. Chemiſche Beſchaffenheit. Unter der Atmosphäre verſtehen wir einen Schicht von gasförmigen Körpern, welche die Oberfläche der Erdkugel um giebt, und aus ſolchen Stoffen beſteht, denen es an hinläng- licher Cohäſionskraft fehlt, um feſte oder tropfbarflüßige Geſtalt anzunehmen, und die durch ihre Vereinigung mit Wärmeſtoff der Einwirkung der Schwerkraft und anderer mechaniſcher Kräfte, – die ſie in feſtern Geſtalt zu verſetzen ſuchen, – widerſtehen. Sie werden blos durch die Anziehungskraft der Erdmaſſe zurückgehalten, und würden ſich, wenn dieſe nicht wäre, in das Unend- liche ausbreiten. Daher ſind ſie auch zunächſt der Ober- fläche der Erde, wo die Anziehungskraft am ſtärkſten iſt, [358./0364] am dichteſten, und nehmen je höher, deſto mehr an Dichtig- keit ab, ſo daß ſie ſich endlich in einem luftleeren Raumen endigen. – Die Stoffe, aus welchen die At- mosphäre zuſammengeſetzt iſt, können ſehr mannigfaltig, und auf vielerlei Weiſe verſchieden ſein. Ihrer Hauptbeſtandtheile ſind indeſſen nur vier, nämlich Stickſtoffgas, Sauerſtoffgas Waſſergas und kohlenſaures Gas, wovon die beiden erſteren ſo wenig veränderlich ſind, daß man ſie mit vollem Rechte als in einem unveränderlichen Verhältniſſe beigemengt be- trachten kann. Man hat bei aëroſtatiſchen Verſuchen mehrere 1000. Klaftern über der Erdoberfläche, ferner auf hohen Bergen; in Thälern, unter der Mittagslinie und in der Nähe der Pole Luft aufgefangen, und ſie allenthalben von einerlei Zuſammenſetzung gefunden. – Ihr Gehalt an Waſſergas hingegen iſt, je nach der verſchiedenen Temperatur der Luft und je nachdem die Erdoberfläche mehr oder weniger Feuchtigkeit enthält, äußerſt veränderlich. Die Menge des kohlenſäuren Gaſes verändert ſich aber nach den Jahreszeiten, und nachdem durch Thiere, Pflanzen, und durch das Verbrennen mehr oder weniger davon entwickelt wird. Die atmosphäriſche Luft beſteht aus 78999/1000 Theilen Stickſtoffgas, 21 Theilen [359./0365] Sauerſtoffgas, und etwa 1/1000 kohlenſauren Gas, nach dem Volumen gerechnet. Erſt ſeit 1804 iſt der Ge- halt an Sauerſtoffgas genau bekannt, was einem ſpani- ſchen Chemiker angehört; noch der berühmte Lavoiſier ſelbſt glaubte daß er 27/100 ausmache. – Herr Gay-Lusſac und ich ſtellten Verſuche mit Luft aus ſehr mit Menſchen gefüllten Gebäuden an, aber ſowohl in den Hospitälern wie auf den Thartary zu Paris fanden wir wohl den Gehalt der Kohlenſäure verſchieden, aber den des Sauerſtoffgaſes unverändert. Von H Thenard wurde deſtillirtes Waſſer in Hospitälern ausgeſetzt, worauf ſich nach mehreren Tagen eine Haut abgeſetzt hatte, die bald förmlich in Fäulniß überging, woraus man alſo ſchließen kann, daß die Luft auch noch organiſche Stoffe enthält. So iſt es auch nicht richtig, daß da wo viele Pflanzen wachſen die Luft reiner ſei. – H Prevoſt hat die ſinnreiche Berechnung gemacht, daß in 7000 Jahren das Oxygen der Atmosphäre noch nicht um 1 per Cent abnehmen würde. – Jeder Cubikzoll atmosphäriſcher Luft wiegt nach einer Mittelzahl 0,4681 Gran oder nicht ganz ½ Gran; die Luft iſt folglich über 770 mal leichter als das Waſſer, und die [360./0366] Erdoberfläche wird von derſelben mit gleicher Kraft gedrückt, als wenn ſie von einer 76 Centimeter /=28 Zoll 9/10 Linie altfranzöſiſches Maaß/ hohen Schicht Queckſilber bedeckt wäre. Man hat lange gefragt, ob es nicht auch Waſſerſtoff in der Atmosphäre gabe, vielleicht in den öberſten Schichte um daraus die Entſtehung des Regens und die Bildung der Aerolithen erklären zu können, allein dies iſt bis jetzt noch nicht ausgemittelt. In Verbindung mit Sauerſtoff, als Waſſergas, ſteigt wie bekanntlich jeden Augenblick in die Höhe. Herr Gay Lusſac und ich haben viele Ver- ſuche angeſtellt um Waſſerſtoffgas in der Atmosphäre dar- zuthun, aber vergeblich, und gäbe es auch nur 1/300 , ſo müßten wir es gefunden haben; wenn es weniger wie 1/300 iſt ſo kann es aber nicht mehr durch Entzündung entdeckt werden. – Wenn auch wirklich nur eine geringe Menge von Waſſerſtoffgas ſich in den höhern Schichten der Atmosphäre befände, ſo würde dies doch durch die auf und niederſteigende Strömungen theilweiſe mit herunter geleitet werden, und ſo zu entdecken ſein. [361./0367] 3. Druck der Luft. Jeder Quadratfuß der Erdoberfläche trägt bei 76 Centimeter oder 336,9 Pariſer Linien Barometerhöhe ein Gewicht von 2216⅔℔, welches bei jeder Linie, um welche das Barometer ſteigt oder fällt, um 6,5795 oder ungefähr 69/16 verändert wird. Der verſchiedene Druck der Luft, oder die Einwirkungen welche derſelbe auf den Menſchen macht, liegt in der Gewohnheit. Auf Höhen kann der Menſch mit der Zeit bei 12″ Druck aushalten, da er in den Ebenen den Druck von 28″ erträgt, und der Taucher in der Taucherglocke iſt durch die Gewohnheit, ohne daß es ihn beengt im Stande 64″ zu ertragen. Auf den Hochebenen von Quito fühlte ich mich anfangs beklommen und beengt, weil man plötzlich von 28 Zoll Druck zu 20″ hinaufſteigt, nach einiger Zeit nimmt aber durch die Gewohnheit dieſe Beklommheit ab. Die Eindrücke der dünnere Luft, welche hohe Regionen beſonders über 18,000′ auf den Menſchen äußer, ſind mannigfaltiger Art. Zuerſt macht ſich das Gefühl der Schwäche bemerkbar, was man dem Mangel am Sauerſtoff [362./0368] zu ſchreibt. Der Körper erhält auf ſolchen Höhen durch die geringere Inſpiration allerdings auch weniger Sauerſtoff, wovon wohl dieſe Abſpannung und Mattig- keit herrühren kann. Es entſtehen ferner Spannungen der kleinen Blutgefäße, vorzüglich bei Perſonen die eine feine Haut haben, die durch den Mangel des Luftdrucks von auſſen nach innen entſtehen, wobei die kleinen Blut- gefäſſe der Lippen, Ohren, Naſen und ſelbſt der Finger- ſpitzen zerriſſen werden. 44. Vorlesung, 28. März 1828 Das Bluten findet vorzüglich auch nur bei jungen Menſchen ſtatt. – Auffallend iſt es daß dieſelbe Erſcheinung ſich einſtellt, wenn man ſchnell in der Taucherglocke aus dem Meere emporſteigt wo wohl nur die Urſache in dem plötzliche Wechſel des Luftdrucks liegen kann. Ein anderes Uebel iſt der Krankheit ähnlich, die ſich gewöhnlich auf der See einſtellt, nämlich Uebligkeit und häufiges Erbrechen, wozu aber vorzüglich das weibliche Geſchlecht inclinirt iſt. So müſſen z. B. die Frauen der Creolen wenn ſie von Mal de Montagun nach Quito reiten über eine Höhe, die den Montblanc noch um 500′ übertrifft, wo ſie häufig von jenem Uebel [363./0369] beläſtigt werden. – Mit Gewißheit iſt eigentlich noch keine dieſer Erſcheinungen erklärt. – Fälſchlich glaubte man früher daß dieſe Bemerkungen nun wären, aber ſchon Acoſta ſagt in ſeinem ſchönen Werke, das zu An- fang des 16t Jahrhunderts erſchien, daß das Bluten der Ohren und Naſen auf hohen Bergen ſich einſtelle. Auch Zumptſtein will bei der Meſſung das Montroſe Uebel- keiten empfunden haben. Auf dem Himalayagebirge hält man die Luft der Höhe für giftig, und engliſche Reiſende glauben bei 15,000′ Höhe dies Gift ſchon ver- ſpürt zu haben. – Auch das Feueranmachen hat auf hohen Bergen ſeine Schwierigkeiten, die Flamen hält nicht zuſammen, läuft gleichſam auf der Erde fort, und lockert nicht auf. Durch das Kochen des Waſſers kann man auch bekanntlich die Höhen der Berge meſſen, da der Siedepunct deſſelben mit den Höhen immer mehr abnimmt, und was wohl natürlich vom geringere Druck der Luft abhängt, denn dieſe Erſcheinung zeigt ſich unter der Glocke der Luftpumpe ebenſo. Die Verſchiedenheit des Luftdrucks bringt Strömungen [364./0370] im Luftmeere hervor, die ſich als regelmäßige Oscilla- tionen zeigen. Schon ſeit 1779 beobachtet man in den Tropen nach dieſen regelmäßigen Veränderungen des Barometer- ſtandes die Tageszeit, und man erkannte ſie ſpäter ſo genau, daß ſie zur Berichtigung der Uhren angewandt werden können. Der höchſte Stand des Barometers iſt von 9 bis 9¼ Uhr des Morgens, und ſinkt langſam bis 12 Uhr denn ſtärker aber bis 4 oder 4½ Uhr; nun ſteigt es wieder langſam bis 11 oder 11¼ Uhr, ſinkt abermals bis 4 oder 4½ Uhr, und erreicht bis 9 Uhr den höchſten Stand wieder. Die größten Stürme in den Tropen ſind ſüdlich vom Aequa- tor, haben aber wenig oder gar keinen Einfluß und ſtrömen eben ſowenig wie Erdbeben und Gewitter dieſen periodiſchen Wechſel der Oscillationen, dagegen haben dieſe in der temperirten Zone oft einen mächtigen Einfluß auf die Os- cillationen. Die Stunden welche das Barometer in den Wendekreiſen anzeigt, ſind in der nördlichen gemäßigten Zone faſt dieſelben. Die erſten Beobachtungen dieſer Art wurden von Varrin & Claude 1682 bei Borno an der Küſte von Afrika gemacht, ſpäter in Cayenne und den Antillen. Dieſe Einwirkungen finden ſtatt vom [365./0371] Meeresufer an, bis zu einer Höhe von 12,–15,000′. Die einzigen Abweichungen deren in den Tropen ſind und in Oſtindien an der Küſte von Coromandel bemerkt; aber auch hier fand ſie Roxbourg nur an der Meersküſte, dagegen ſchon in einer Entfernung von 5–6 Meilen davon, fand er ſie regelmäßig wieder hergeſtellt. Bei der Ruhe der Atmosphäre unter dem Aequator entwickelt ſich dies Phänomen ſo regel- mäßig, daß man es binnen 24 Stunden beobachten kann. In Spanien und dem ſüdlichen Frankreich dagegen gehören 10– 12 Tage, und weiter gegen Norden wo es mehr und mehr ab- nimt, und die Perturbationen ſtärker werden, iſt es nur noch in Königsberg beobachtet. Dieſe Oscillationen betragen unter dem Aequator 5/4 Linie, unter 30° N. B. ⅓ Linie, und in Königsberg einige hundert Theile einer Linie. So lange der Nordwind weht, wird dieſe regelmäßige Ebbe und Fluth des Luftmeers unterbrochen, deſſen Annäherung man dadurch im Golf von Mexico erkennt, wo kein Schiff während dieſes Unterbrechung auslaufen darf, und dadurch iſt jene Beobachtung für die Schiffarth wichtig geworden. Delambert erkannte zuerſt, daß die flüſſigen Theile der Erde von den feſten an- [366./0372] gezogen werden, was Sausſure nachher näher beſtimmte. Es iſt wahrſcheinlich, daß hier die Sonne nicht durch Attraction ſondern durch Erwärmung wirkt. Daniell hat es durch eine Theorie der Luftſtrömungen zu erklären geſucht. Man hat auch unterſucht ob der Mond Einfluß darauf hat, und Herr Matis glaubte im ſüdlichen Amerika dieſes be- ſtätigt gefunden zu haben. Bousſignoth hat dagegen das nicht beſtätigt gefunden, und was Laplace von Beauvois hat berechnen laſſen ergiebt eine Quantität von 1/20,000 worauf aber wenig zu bauen iſt. Auſſer dieſen regelmäßigen Oscillationen giebt es unter den Tropen noch eine andere Bewegung der Luft, die Paſſatwinde. Man glaubte früher daß ſie durch den Umſchwung der Erde, wie dieſe gegen die Sonne gerichtet, entſtänden. Da aber durch die Erwärmung der Atmosphäre unter dem Aequator ein Luftſtrom in den obern Luftſchichten entſteht, der nach beiden Polen ſich wendet, ſo muß auch von da aus ein Rückſtrom zum Aequator ſein, der unter in der Atmosphäre ſtatt findet. Es bleiben aber bei dieſen Strömungen noch Partikeln? als träge Luft zurück, die bei [367./0373] der Rotationsgeſchwindigkeit gegen die Strömungen anſchlagen. Wäre die Erde gleichmäßig mit Waſſer oder mit Conti- nenten bedeckt, ſo würde die Grenze zwiſchen den Nordoſt- und Südoſt-Paſſatwinden am Aequator ſein, da aber in der nördlichen Hemisphäre mehr Continente als in der ſüdlichen ſind, ſo muß man ſich einen künſtlichen Aequator, nördlich von dem wirklichen denken. Dieſe große Ausdehnung der Nordoſtwinde nördlich vom Aequator macht eine Ausnahme im Buſen der Südſee, da ſie hier nicht ſo nördlich als im Attlantiſchen Oceane ſind. Die merkwürdige Unterſcheidung der Grenze zwiſchen den Nordoſt- und Südoſt-Paſſatwinden iſt zuerſt von Dampier im Jahre 1766 beobachtet, und 30 Jahren ſpäter erſchien eine Abhandlung von Haller über dieſen Gegenſtand. Auf ähnliche Weiſe wie hier des Gleichgewicht hergeſtellt wird, findet man auch regelmäßige Winde, die täglich wechſeln, in den Land- und Seewinden. Sie hängen von der ungleichen Erwärmung der Continente und der Meere durch die Sonne ab, wodurch bei Tage ein ſtärkeres Aufſtrömen der erwärmten Luft auf dem Continente, des Nachts dagegen auf dem Waſſer ſtatt findet, weil dieſes ſich langſamer abkühlt. Die Paſſatwinde gehen nicht überall gleich hoch, [368./0374] ſondern da wo ſie ſich den Continenten nähern werden ſie nie- driger, und berühren oft nur die Oberfläche der Erde, ſo daß unſern Wärme hinaufreicht, wo kein Oſtwinde geſpürt werden, und zuweilen herrſchen Weſtwinde auf hohen Bergen, wo unterhalb Oſtwinde wehen. Außer dieſen regelmäßigen Bewegungen der Luft giebt es auch unregelmäßige, die ſich oft als Stürme zeigen. Der Stürm iſt ſchon beträchtlich wenn er 60′–70′ in der Secunde zurücklegt, und erreicht ſeine gewöhnliche größte Stärke bei 132′, jedoch ſind ſchon Stürme von 160′ Schnellig- keit beobachtet. Das berühmte engliſche Pferd Eclipſe, durch- lief 58′ in der Secunde. Der Schall hat eine Geſchwindigkeit von 1038′, und die Kanonenkugel bei ihrer erſten anfäng- lichen Kraft von 1500′ in der Secunde. Die Feuchtigkeit der Luft iſt verſchieden nach dem Boden des Luftmeers, ob dieſer Continent oder Meer iſt. Man ſollte glauben, daß die beſtändige Berührung der Luft mit dem Meere, dieſelbe das Maximum der Feuchtigkeit erreichen müßte, doch gewöhnlich hält ſie nicht mehr als 95–96°. Man könnte das Salzwaſſer als die Urſache davon anſehen, allein bei einer Miſchung die H Gay Lusſac aus Waſſer und Kochſalz machte, kann es bis auf 87° herunter. ? [369./0375] Die Feuchtigkeit iſt in den verſchiedenen Zonen nach den Jahreszeiten verſchieden wie auch ſchon angeführt iſt. Sehr merkwürdig iſt es aber, daß in einzelnen Theilen der ſüdlichen Gegenden wie auf Margaretha, wo es oft in 2–3 Jahren nicht regnet, noch eine ſo ſchöne Vegetation herrſchen kann. Nach vielen Unterſuchungen erhält der mittlere Zu- ſtand der Atmosphäre in der gemäßigte Zone ſeine Sättigung mit 78/100 Waſſerdämpfe, in den Tropen dagegen mit 0,88. Da nun die Pflanzen auch Waſſer aus der Atmosphäre ab- ſorbiren, ſo iſt in den Tropen bei der größere Feuchtigkeit der Luft auch eine üppigere Vegetation. Die Trockenheit auf den Bergen nimmt mit der Höhe zu und wechſelt ebenfalls mit den Jahreszeiten, beſonders fühlbar iſt ſie aber auf großen aëroſtatiſchen Reiſen. – Während Sausſure in Genf 76° Feuchtigkeit fand, waren auf dem Montblanc nur 58° und ich fand auf einer Höhe von 16–17000′ nur 48°. Die Lehre vom Meſſen des Waſſergas-Gehalts der Luft nennt man Hygrometrie, und die dazu beſtim̃ten, Inſtrumente, Hygrometer oder Hygroscope. Die Feuchtig- keit der Luft ſteht, nachdem, was ich darüber angeführt [370./0376] habe, in genauem Verhältniſſe mit der Temperatur, ſo daß ſie mit derſelben Menge Waſſergas, die ihn z. B. bei + 5° das Maximum von Feuchtigkeit giebt, bei + 20° ganz trocken ſein kann. Das Hygrometer ſoll uns daher unterrichten, bei welchem Wärmegrade die Luft, mit dem Waſſergaſe, welches ſie enthält, ihr Maximum an Feuchtigkeit erreicht haben würde; oder, um einen beſtim- teren Ausdruck zu brauchen: welcher Wärmegrads-Ex- panſionskraft ihr Gehalt an Waſſergas entſpreche; folglich, um wie viel die Luft abgekühlt werden könne, ohne etwas von ihrem Waſſer abzuſetzen, oder wie viel Waſſergas ſie, außer demjenigen welches ſie ſchon vorhin enthielt, noch aufzunehmen vermöge. Um nun zu finden, welchem Grade der Temperatur der Waſſergehalt der Atmosphäre entſpricht, füllt man Waſſer in ein längliches cylindriſches Glasgefäß; be- ſchlägt das Glas, ſo wird das Waſſer wieder ausge- goſſen, das Glas äußerlich wieder völlig gut abgetrocknet, und das Waſſer abermals hineingegoſſen. Setzt ſich wieder Feuchtigkeit an das Glas an, ſo wird es nochmals ausgefüllt und äußerlich ſorgfaltig getrocknet, und dieß [371./0377] ſo oft wiederholt, als das Glas nach dem Fällen mit Waſſer äußerlich noch beſchlägt. Dann unterſucht man die Temperatur des Waſſers, welche nun zu erkennen giebt, bei welchem Wärmegrade die Luft mit der Menge Waſſer, die ſie enthält, geſättigt ſein würde; wenn man dann auf der Tabelle dieſen Wärmegrad aufſucht, ſo findet man die Expanſionskraft des Waſſergaſes, welche durch die Höhe der Queckſilberſäule ausgedrückt iſt, die ſie zu- tragen im Stande ſein würde. Man hat auch verſchiedene andere Inſtrumente zur Beſtimmung der Luftfeuchtigkeit, die auf ganz andern Grundſätzen beruhen, und theils noch beſſere als eben erwähnten, theils aber weit unvollkommnere Reſultate geben. Dieſe letztern nennt man eigentlich Hygroscope weil ſie den Grad der Trockenheit der Luft nur ungefähr angeben. Von dieſes Art ſind: Sausſure’s Haar- und de Luc’s Fiſchbein-Hygrometer, ingleichen die Hygro- meter von Darmſeiten und Tannenbrettchen. Sie gründen ſich ſämmtlich darauf, daß die Körper, aus welchen ſie angefertigt ſind, nach dem verſchiedenen Feuchtigkeitszuſtande der Luft, mehr oder weniger Waſſer aus derſelbe anziehen, und ſich dadurch ausdehnen oder zuſammenziehen. [372./0378] Die Fortpflanzung des Schalls durch die Luftſchichten, iſt bei der verſchiedenen Dichtigkeit derſelben, und in den verſchiedenen Tageszeiten nicht dieſelbe. Schon Ariſtoteles behauptete, daß man bei Tage beſſer hören könne; aber am Orinoko habe ich ſelbſt des Nachts, ungeachtet des Geſchreies der Affen und dem vielfältigen Geſchwirre der Inſecten, den Fall der Cataracten weit deutlicher vernommen als bei Tage. Man glaubte früher es rühre daher, weil des Nachts, überhaupt ruhiger iſt, das iſt aber nicht der Fall, ſondern die Urſache davon liegt in den Luftſchichten, denn ebenſo wie die Lichtſtrahlen, werden auch die Schallwellen gebrochen, wenn elaſtiſche Flüſſigkeiten von verſchiedener Dichtigkeit neben einander ſtehen. H Poisſon behauptet, daß der eine Theil der Luftwelle vernichtet wird, und dadurch der Schall ſich ſtärker fortpflanzt; ſo klingt z. B. ein mit Champagner gefülltes Glas, ſo lange ſich die Kohlenſäure entwickelt wie Holz, weil hindurch die Schallwelle gebrochen wird, hat die Entwickelung aber aufgehört, ſo klingt das Glas wieder wie gewöhnlich. Auch Parry fand in den langen Nächten, die er auf den großen Eismaſſen am Nordpol zubrachte, [373./0379] einen ſo bedeutenden Unterſchied, daß er noch in der Entfernung von 6400′ ein Geſpräch deutlich hören konnte. Der Schall nimmt in dem Grade ab, wie die Dichtigkeit der Luft zu- nimmt, ſo daß man bei Gefechten bald ſich gegenſeitig hört, bald nicht. Neuere Verſuche hierüber ſind nicht genau, weil dabei die Translation der Luft unbeachtet blieb. Bei einer Beobachtung über den Einfluß des Windes, wurde die Ge- ſchwindigkeit des Schalls bei + 8° R. von 1038′ in der Se- cunde gefunden. Die feuchte Luft iſt vermöge der kleinen Waſſergasbläſchen leichter als die trocken. – 45. Vorlesung, 29. März 1828 Neuere Verſuche haben den Unterſchied des Drucks der Luft unter dem Aequator und in der temperirten Zone be- ſtimmt. Der Höhenſtand des Barometers iſt in unſerer Atmosphäre dadurch wichtig, daß durch ihn die Höhen beſtimmt werden können, indem die mittlere Barometerhöhe am Meere 28″ beträgt. In phyſiſcher Rückſicht iſt er noch wichtiger. Unter den Tropen iſt er geringer, weil die Wärme das Aufſteigen der Luft veranlaßt. In neuern Zeiten hat H Bousſignolt bei Carracas folgenden Unterſchied ge- funden: wenn der mittlere Barometerſtand und die Temperatur auf 0 reducirt wird, ſo beträgt der Höhenſtand in der temperirte [374./0380] Zone 337,25 Linien oder 28″1,2‴, und in den Tropen 336,94 Linien oder 28″0,3‴ am Meeresſtrande, mithin iſt der Barometerdruck in den Tropen etwas geringer. Doch macht auch die Frequenz der Winde eine große Ver- ſchiedenheit in dem Drucke der Luft ſelbſt. 21 tägige Be- obachtungen zu Paris, haben ergeben, daß der Barometerſtrand beim Südwinde 3½ Linie niedriger iſt als beim Nordwinde. So hören auch zu Havanah die regelmäßigen Oscillationen auf, ſobald die Nordſtürme anfangen, kehren aber beim Oſt- winde wieder zurück. Andere Ausnahmen ſind, daß die Stürme große Anhäufungen der Luft veranlaſſen, oder feuchte Luft bringen. So bemerkte H v. Buch an der Küſte Norwegens, daß dort der Druck geringer als bei uns iſt, weil da eine häufigere Frequenz ſüdlicher Winde ſtatt findet. Dagegen beobachtete derſelben bei den Canariſchen Inſeln, daß durch das Herabſinken der obern Luftſchichten, eine Anhäufung von Luft eintrit, ſo daß das Barometer auf 28″3‴ ſtand. Die erſte Idee vom Ueberſtrömen der Aequi- noctialluft nach den Polen, ſprach ſchon Hook im Jahre 1668 aus. Die Paſſatwinde ziehen ſich aber am amerikaniſchen Continente um viele Grade nördlicher als an dem afrikaniſchen. Die Grenze der Paſſatwinde hängt von den Wärmeſtrahlen der [375./0381] Continente ab, und iſt von Prevoſt berechnet werden, wonach ſich die mittlere Wärme der ſüdlichen zur nördlichen Hemisphäre wie 9:10 verhält. Von den periodiſchen Veränderungen, welche der Druck der Atmosphäre erleidet, hatte 1665 James By in London die erſte Idee; und in den Tropen fanden Varrin & Claude zuerſt dieſe Variationen durch den Höhenſtand des Barometers 1682. Unter dem Aequator wo ſie am ſtärkſten ſind, be- tragen ſie 1½‴, Paris 3/10‴, Königsberg ⅒‴ und in Montpellier ¾‴ nach den Unterſuchungen der Herren Besſel und Sommer. Dieſes große cosmiſche Phänomen, welches die Atmosphäre nur im Wechſel von 2 Stunden hat, iſt beſtimmten Geſetzen unter- worfen. Viele Unterſuchungen von H Bouvier in Bogota haben gezeigt, daß der Mond keinen bemerkbaren Einfluß hierauf hat, denn von 9000 Beobachtungen folgt kaum ein Unterſchied von 1/100 Linie. Man hat lange geglaubt, daß dieſe Oscillationen auf Bergen unterbrochen würden, allein ſie bleiben ſich immer gleich wenn man ſowohl in die Höhebene von Quito 8–9000′ oder in die von Artiſane 12000′ hoch ſteigt. Pictett ſtellte dieſerhalb Beobachtungen im Kloſter des St. Bernhard an, und es ergab ſich, daß das Barometer in der- ſelben Stunde wo es in Genf ſank, auf dem St. Bernhard ſtieg. [376./0382] Barometerverſuche in der nördlichen Zone vom Prof. Brandes angeſtellt, geben eine Verſchiedenheit von 6–8‴ die gleich- zeitig in großen Strecken beobachtet wurden. Hiervon waren aber die Einwirkungen der Stürme die Urſache. Die Stürme entſtehen da wohin ſie wehen, und Fränklin fand daß die Nordſtürme in der ſüdlichen Hemisphäre an- fangen, indem eine Luftſchicht in der ſüdlichen Gegend aufſteigt und durch das Sollicitiren der andern Luftſchichten der Stürm be- ginnt. Etwas Aehnliches wurde von H von Buch bei Portugal beobachtet, wo die Veränderung des Windes da anfing wohin er ging. Die Veränderungen der Südoſtwinde in die Nord- oſtwinde verurſachen bei den Canariſchen Inſeln auf Grande Canaria die Erſcheinung, daß das Maximum der Wärme dort erſt in October eintritt. Schon Georg Glaſs machte die Bemerkung, daß auf dem Pic ſtets Weſtwinde herrſchen. Daß die obern Luftſchichten ſich oft den untern entgegengeſetzt bewegen, beweiſt der Vulcan von St. Vincent, der nach Bar- bados die Aſche wirft, was nur durch obern entgegengeſetzten Luftſtrömungen möglich iſt. Wenn die Cultur Einfluß auf die Winde hätte, ſo müßte ſie auch auf das ganze Clima einzelner Länder wirken, dies iſt aber wenigſtens ſo gering, daß es unbemerkbar iſt. [377./0383] Der Unterſchied der Oſt- und Weſtwinde auf das Clima iſt, daß erſtere kälter, letztern wärmer wehen. Nach 21 jährigen Beobachtungen zu Paris verhält ſich dort die Quanti- tät der Oſtwinde zu der der Weſtwinde wie 23:70, alſo faſt wie 1:3. Hieraus ergiebt ſich, daß durch das Verherr- ſchen der Weſtwinde die Temperatur begünſtigt wird, und wäre das Verhältniß 1:7 ſo würde das Clima um 2° wärmer ſein; dagegen würde die Zunahme das Oſtwindes natürlich einen entgegengeſetzten Effect hervorbringen. Es iſt auch nicht wahrſcheinlich, daß die Veränderungen der Cultur einen Einfluß auf die Temperaturverhältniſſe äußern ſollten, beſonders ſehen wir im Norden von Amerika, wo durch das Abhauen der Wälder und andern Veränderungen der Cultur durch größern Bevölkerung, ſich kein Unterſchied gezeigt hat. Es giebt Perioden wo ſich plötzlich ſtarke Luftbe- wegungen einſtellen, wie die Aequinoctialſtürme. Dieſe Veränderungen der Luft ſtellen ſich beim Steigen der Sonne ſehr regelmäßig ein, verbreiten ſich über die ganze Erde, und dauern gegen 3 Wochen, 12 bis 15 Tage nach dem Aequinoctium nehmen ſie ihre Anfang. Man hat bisher noch keine Urſache darüber angeben können. Man hat geglaubt [378./0384] daß ſie in dem Weltraume ſelbſt ſein könne, indem gewiſſe große Linien da entſtänden wenn 2 mächtige magnetiſche Pole ſich einander gegenüber ſtehen. Wir ſind jetzt bald in der Zeit /März/ wo es mit einer ſolchen Stellung. Es iſt viel wahrſcheinlicher, daß es ein Effect des Auf- ſteigens der Luft iſt. Bei der Schnelligkeit und Intenſität des Schalles habe ich noch vergeſſen zu erwähnen, daß die Licht- und Schallwellen in einem nahen Verhältniſſe ſtehen. So iſt man in der Schweiz beſorgt für Lawinen, wenn man des Nachts den Schall gut hört. Ebenſo erfolgt in der Regel Regen, wenn die Intenſität des Lichts und Schall’s eintritt. Vielleicht hängt es mit dem aufſteigenden Luftſtrom zuſammen, da die Lichtwelle leichter zu uns gelangt. [379./0385] 4. Hydroſtatiſche Beſchaffenheit der Luft, Entwickelung das Thaues und Regens etc. Der Waſſergehalt der Luft iſt unaufhörlichen Veränderungen unterworfen, die theils von der beſtändigen Bewegung, welche die ungleiche Vertheilung des Wärme- ſtoffs in ihr verurſacht, theils von dem geringere ſpecifiſchen Gewichte der waſſergashaltigern Luft, und theils von der ungleichen Temperatur der verſchiedenen Stellen des Erd- bodens und der Luftſchichten, herrühren. Hörte die Sonne auf zu ſcheinen, ſo würde der tropfbar- flüſſige Theil der Erdmaſſe in der vollkommenſten Ruhe bleiben, und die Luft ſtets eine unveränderliche Menge von Waſſer- gas enthalten, welche der Expanſionskraft des Waſſers bei der beſtehenden Erdtemperatur entſpräche, wenn dieſe nicht etwa ſo abſolut kalt wäre, daß die Expanſionskraft 0 würde. – So aber treffen die Sonnenſtrahlen unſere Erde, werden von der feſten Maſſe derſelben zerſetzt, und laſſen dabei ihren Wärmeſtoff fahren; dadurch wird die untern Schicht der Atmosphäre ſtark ausgedehnt und muß in die Höhe ſteigen, um einer kälteren Luft Platz zu machen, [380./0386] welche überall in ihn niederſinkt und eine Art Bewegung in der Luft verurſacht. Dabei erwärmen die Sonnenſtrahlen die verſchiedenen Theile der Erdoberfläche ungleich ſtark, das Land mehr, als das Waſſer, welches den größten Theil der Sonnenſtrahlen zurückwirft, wodurch alſo eine zweite, ſtärkere Bewegung der Luft verurſacht wird. Endlich wird auch der mittlere Theil der Erde ſtark erwärmt, während um die Pole herum eine ſtrenge Kälte herrſcht, und hieraus muß mithin die ſtärkſte Bewegung in der Atmosphäre entſtehen. Denn über den erwärmten Erdſtrichen muß die warme Luft ſtets emporſteigen und allmählig von der Luft aus den kälteren Gegenden wieder erſetzt werden, die höhern, wärmern und leichtere Luftſäule welche empor- ſtieg, muß ſich aber ſeitwärts wieder herabziehen und den Gegenden zuſtrömen, wo die kältere Luft herkam. Die Luft bleibt über der Oberfläche des Erdbodens und der Seen niemals ſo lange ſtehen, daß ſie ſich dem höhſten Grade der Feuchtigkeit nähern könnte. Die Quan- tität iſt in der temperirte Zone natürlich geringer, da ſie hier 0,78, in den Tropen dagegen 0,88 beträgt. – Dieſe Feuchtigkeit wird, durch Verdunſtungen bis zu einem gewiſſen [381./0387] Grade feuchten Luft durch die mehr oder minder ſtarken Bewegungen der Atmosphäre in Regionen des Luftkreiſes oder nach Gegenden der Erde geführt, wo ſie abgekühlt wird und den /dieſer Abkühlung/ entſprechenden Theil ihres Waſſers abſetzt, welcher dann Wolken, Regen, Nebel und dergl. m. bildet. Strömt nun dieſe, durch Erkältung von ihrer vorigen Feuchtigkeit befreiete Luft wiederum nach wärmeren Ländern oder den unteren Regionen der At- mosphäre wieder zu, ſo iſt ſie, im Verhältniß der Temperatur der letzteren, im hohen Grade trocken und kann ſich von neuem wieder mit Waſſergas mengen. Wegen dieſer unauf- hörlichen Veränderungen kann der Gehalt den Luft an Waſſergas niemals ſo gleichförmig ſein, wie ihr Gehalt an beſtändigen gasförmigen Gemengtheilen iſt, und durch dieſen Umſtand werden Quellen, Flüße, Seen und zu- gleich die ganze lebende Natur erhalten. Um die Bildung der Wolken und die Entſtehung des Regens richtig zu begreifen, muß man ſich vor- ſtellen, daß beides über einem großen, gleichförmig erwärmten Landſtriche und bei einer vollkommenen Ruhe in den oberen und unteren Regionen der Atmosphäre vor ſich gehe. – [382./0388] Das Waſſer der Seen, Flüße und das feuchten Erd- reichs verdunſtet mit der, ſeiner Temperatur ange- meſſenen Expanſionskraft; die Luft aber, welche das hierbei entſtehende Waſſergas aufnimmt, wird theils durch deſſen Beimengung, theils durch die Erwärmung vom Sonnenlichte, leichter, und muß hierdurch aufſteigen und einer weniger feuchten Luft Platz machen. Sie zieht ſich auf dieſe Weiſe nach und nach bis zu Luftſchichten empor, wo ſie ſo ſehr abgekühlt wird, daß das Waſſer, welches ſie mit ſich führt, ſeine Gasgeſtalt nicht mehr be- halten kann und in Geſtalt eines Dampfes niedergeſchla- gen wird. Je wärmer die Luft und je weniger ſie mit Waſſer geſättigt iſt, in deſto größerer Höhe geht dieſer Niederſchlag vor ſich, welcher nur dadurch ſichtbar wird und Wolken bildet, daß die Maſſe der Dämpfe theils von der Sonne erleuchtet wird, theils dieſe verdeckt. Je dichter die Dämpfe ſich zuſammenhäufen, deſto weniger durchſichtiger werden ſie, und deſto dunkler erſcheinen ſie aus. Die Wolken wachſen nach und nach, und erhalten ſich, weil die kleinen Bläſchen mit der Luft ziemlich gleiches ſpecif. Gewicht haben, einige Zeit in den höheren Regionen [383./0389] der Luft ſchwebend. Haben ſie endlich einen gewiſſen Grad von Dichtigkeit erlangt, ſo fangen ſie allmählig an, ſich zu ſenken, und wenn die Dämpfe nun wieder in eine niedrigere, wärmere Luftſchicht kommen, werden ſie nach und nach wieder aufgelöſt, bis die Luft ihr Maximum von Feuchtigkeit erreicht hat. Man ſieht dabei deutlich, wie ganze Wolken ſich ſenken, ohne daß noch ein Tropfen Regen gefallen iſt. Die Luft zwiſchen der unteren Fläche der Wolken und der Erde wird dadurch ihrem höch- ſten Grade von Feuchtigkeit nahe gebracht, daß die Wolken die Sonne verdecken, dieſe Luft dadurch abgekühlt und die Expanſionskraft des Waſſers vermindert wird. Hat die Luft endlich dies Maximum erreicht, ſo fängt es an zu regnen. Beobachtet man dabei es Hygrometer, ſo ſieht man, wie die Feuchtigkeit der Luft ſich nach und nach ver- mehrt, bis ſie aufs Aeußerſte gebracht wird, wo dann einige Augenblicke vorher oder nachher die erſten Regentropfen fallen. Die Regentropfen werden durch die kleinen Luftbläſchen gebildet, die, wenn ſie bei ihrem Falle von der feuchten Luft nicht mehr aufgelöſt werden, einander immer mehr und mehr berühren und kleine Waſſerkugeln bilden. Dieſe nahmen beim Niederfallen an Größe zu, theils durch [384./0390] die Vereinigung mit andern Bläſchen und Tropfen, theils dadurch, daß ſie gewöhnlich aus einer kälteren in eine wärmer Luftregion fallen, und ſo wie jeder andere kalte Körper in warmer und feuchter Luft, während des Fallens, Waſſer an ihrer Oberfläche niederſchlagen. Deshalb ſind in Sommer die Tropfen beim Anfange eines Regens größer, und werden nachher allmählig kleiner. Im Winter hingegen und in den kälteren Jahreszeiten, wo der Unterſchied zwiſchen der Temperatur der oberen und unteren Luftſchichten geringer iſt, oder wenn, wie zuweilen geſchieht, die in der Höhe niedergeſchlagenen Waſſerdünſte zum Theil die Temperatur des Landſtrichs, aus welchem ſie hergeführt worden ſind, noch beibehalten, und daher wärmer als die untern Luft ſind, iſt der Unterſchied weniger merklich. Bei Stürmen, Ge- witter und Regenwetter kommen ebenfalls vielfältige Ver- änderungen vor. – Ganz allmählig ſchlägt ſich auf dieſe Weiſe die Wolke gänzlich nieder, der Himmel heitert ſich auf, die Sonne kommt wieder zum Vorſchein, und die vom Regen abgekühlte Luft wird wieder erwärmt. Das Hygrometer zeigt nun ein ſchnelles Zunehmen der Trocken- heit, weil das Waſſer, womit die Luft während des Regens geſättigt war, durch die kalten Regentropfen [385./0391] gefällt wurde, und je kälter der Regen war, deſto trockner wird die Luft nachher, aus leicht begreiflichem Grund. Dies ſind die Grundregeln für den Regen überhaupt, und faſt ganz ſo beſchaffen iſt der Regen, welcher nach einem aufgeſtiegenen Morgenthaue fällt. Allein höchſt ſelten trägt ſich dieſes Phänomen bei vollkommener Windſtille und ſo ein- fach zu, als ich es erwähnt habe. Die beſtändigen Be- wegungen der Atmosphäre und die Elektricitäten bringen Veränderungen darin hervor, die zwar zum Theil leicht be- greiflich ſind, zum Theil aber bei dem jetzigen Stande un- ſerer Kenntniße unerklärlich bleiben. Gewiſſe Wolken bringen eine eigenthümliche Erſcheinung hervor, welche wir Donner nennen. Dieſe Wolken zeigen von ihrer Entſtehung an Merkmals von freier Elektricität; dieſe wächſt aber zuweilen augenblicklich zu einem außer- ordentliche Grade elektriſcher Ladung, entweder zwiſchen verſchiedenen Wolkentheilen, oder zwiſchen ihnen und dem Erdboden, an, und entladet ſich durch einen ſtarken Funken, welcher zuweilen ungemein große Sprünge macht und das eigentliche Phänomen des Donners oder Donnerſchlages aus- macht. Der Regen der gewöhnlich dieſe Erſcheinungen der Elek- tricität begleitet, nennen wir Gewitterregen. Die Gewitter- [386./0392] wolken kommen oft ſehr ſchnell heran, ziehen gegen den herr- ſchenden Wind, und haben oft heftige Sturmwinde zu Vor- läufern, welche ganz ſchmale Erdſtreifen einnehmen. Ihre Ent- ſtehung, ihr Zuſammenhang mit der Elektricität, ob ſie durch dieſe allein oder nur durch Mitwirkung derſelben gebildet werden u. ſ. w. iſt uns gänzlich unbekannt. Manche haben die ungereimte Vermuthung aufgeſtellt, der Knall des Donners werde in den höheren Luftſchichten durch die Entzündung eines Gemenges von Waſſerſtoffgas und atmosphäriſcher Luft, mittelſt des elektriſchen Funkens, hervorgebracht, und der herabfallende Regen werde dadurch erzeugt. Allein es laſſen ſich die augenſcheinlichſten Beweiſe gegen dieſe Behauptung aufſtellen, die ſich blos auf die Aehnlichkeit des Schalles und auf den Umſtand gründet, daß die Gewitterwolken Regen gaben. – Ein Regen wird gewöhnlich durch das Fallen eines Baro- meters angekundigt. Dies rührt wahrſcheinlich daher, daß die Luft in dem Maaße, als ihre Feuchtigkeit zu- nimmt, leichter, folglich die Atmosphäre höher, als bei trockner Luft, wird, wodurch der obere Theil der feuchten Luftſäule ſich ſeitwärts niederſenkt und folglich keiner ſo hohen Queckſilberſäule, als vorher, das Gegengewicht halten kann. Man hat auch, wiewohl vielleicht weniger richtig, [387./0393] den Regen für eine Folge von der Verdünnung der Luft erklärt, welche das Fallen des Barometers zu erkennen giebt. – – Auf der Andeskette nimmt die Wärme merklich ab, ſo bald man in die Wolken ſteigt, und von 7200′ an iſt man faſt beſtändig in Nebel gefüllt. Von der Meeresfläche bis zu dieſen Regionen iſt die Abnahme der Wärme aus gering oberhalb aber fangen die Wolken das Licht und die Wärme der Sonne auf. Die Gipfel hohen Berge müſſen ſich mehr abkühlen, ſie entziehen der von unten aufſtrömenden wärmere Luft einen Theil Wärme, wodurch ein Nebel entſteht, der ſie gleich einem Hute bedeckt, was man ſo häufig be- merkt, und lange deren hängen bleibt. Wenn zwiſchen einer Bergkette und der Küſte eine große Ebene iſt, ſo regnet es in dieſer ſelten, weil das Gebirge die Wolken anzieht, wie es in Peru beſonders und in Afrika der Fall iſt. Durch die Aufſtrömungen der Luftſchichte auf ſolchen Ebenen kommt es nicht leicht zum regnen, die Wolken werden gleichſam weggeſchoben, bis ſie an Berge kommen, wo ſie ſich niederſchlagen. Die Form der Wolken iſt verſchieden und richtet ſich häufig? nach der Form der Erde. Die höchſten Wolken [388./0394] ſind die, die man Schäfchen nennt, ſtill ſtehen, und in den Tropen wahrſcheinlich an 27,000′ hoch ſtehen. Es ſind dies dieſelben Wolken welche Fränklin in Island leuchten ſah. Bei uns ſind die Wolken in der Sommer- wärme 2800–3000′ hoch, in den Tropen dagegen 4–5000′. Wenn man von Carracas oder der Andeskette aus, da wo die Wälder der Cinchonen anfangen, bis zur Höhe von Amtiſane die 12000′ hoch iſt, hinanſteigt, ſo ſieht man mehrere Schichten der Wolken aufeinander folgen, ſo daß die verſchiedenen Hochebenen auch verſchiedene Wolkenſchichten haben. Auf dem Meere finden ſich ſelbſt da Wolken wo kleine Inſeln ſind, weil die Temperatur dieſer kleinen Eilande, ſchon eine elektriſche Spannung äußert. Für die Schiffarth iſt dies wichtig, indem man ſogar flaches Land in der Ferne dadurch erkennen kann, die Wolken ſtehen oft wie auf Bergen 5–6000′ hoch, und dies Phänomen zeigt ſich oft ſelbſt bei Sandbänken. Die Wolken wirken auf die Atmosphäre ſowohl Kälte als Wärme erregend. Kälte erregend, weil ſie die Intenſität des Lichts vermindern, und ſo der Sonne die Wirkung benehmen, wie es in Linie auffallend iſt, wo das Thermometer auf 12° ſteht, und doch in den angrenzenden Ländern [389./0395] nie unter 17–18° ſinkt. Ihre Wärme erregende Kraft iſt aber weit größer, weil ſie die Ausſtrahlung der Erdwärme hindern, damit dieſe ſich nicht ſo bald in das Weltall ausbreitet. Daher ſieht man auf das Thermo- meter ſteigen, wenn eine Wolke am klaren Himmel vorüber zieht. Thau. Der Unterſchied zwiſchen der Temperatur des Tages und der Nacht verändert den Waſſergehalt der Luft; aber ſtatt daß das Waſſergas ſich in Geſtalt eines Dampfes in der Luft niederſchlagen ſollte, ſetzt es ſich auf dem Erdboden ab und die Luft behält ihre Durchſich- tigkeit. Es iſt ſchwierig, alle beim Niederfallen des Thaues wirkenden Kräfte zu beſtimmen; ſeine Grundurſache aber iſt die Abkühlung, und daß er ſich nicht in der Luft, ſondern auf dem Erdboden niederſchlägt, kommt von der Anziehung der feſten Körper zur Waſſer, und von dem Umſtande her, daß der Niederſchlag in der, dem Erdboden am näch- ſten gelegene Luftſchicht, als der wärmſten und waſſer- reichſten, ſeinen Anfang nimmt. Das Waſſergas der oberen Luftſchichten breitet ſich dann allmählig nach der untern, als nach einer von Waſſergas freieren Luft, aus, und daher kommt es, daß der Niederſchlag nach [390./0396] unten ſeinen Fortgang hat. Die Anziehung der feſten Körper zum Waſſer wird übrigens dadurch bewieſen, daß ſich der Thau nicht auf alle Körper gleichförmig an- legt. Nichtleiter für den Wärmeſtoff werden meiſt davon befeuchtet, Leiter hingegen weniger, und Metalle werden ſehr ſelten davon feucht, wenn es nicht ungewöhnlich ſtark gethaut hat. Man hat ſich die Erklärung dieſes Phäno- mens durch die Beobachtung erſchwert, daß der Erdboden beim Fallen des Thaues immer um einen oder einige Grade wärmer als die Luft ſei; dies verhält ſich auch für eine Tiefe des Erdbodens von einem oder ein Paar Zollen wirklich ſo, allein die oberſte Kruſte des Bodens und die darauf ſtehenden Gewächſe erkalten durch Ausſtrahlen des Wärmeſtoffs, und folglich mit weit größerer Schnelligkeit, als die Luft. Herr Wells hat durch eine Reihe ſehr intereſſanter Verſuche bewieſen, daß das Niederſchlagen des Thaues durchaus eine Wirkung der, durch Ausſtrahlung von Wärmeſtoff ent- ſtehenden Abkühlung ſei. Er legte z. B. des Abends eine abgewogene Menge Wolle unter freien Himmel, und neben dieſe eine andere gleich große und zu einer gleich großen Oberfläche ausgebreitete Menge, ſtellte [391./0397] aber über die letztere einen Tiſch. Die unbedeckte Wolle hatte weit mehr an Gewicht gewonnen, als die unter dem Tiſche liegende, weil zwiſchen der letztern und dem Tiſche eine gegenſeitigen Ausſtrahlung von Wärme- ſtrahlen ſtattgefunden hatte, wodurch dieſe Wolle weniger ſchnell abgekühlt worden war, als die offen unter freiem Himmel ſtehende, deren Wärmeſtrahlen, ohne erſetzt zu werden, geradezu fort gegangen waren. Daher fällt der Thau ſehr oft bei klaren Abenden in größter Menge, ſeltener aber und nur in geringer Menge bei wolkigem Himmel, weil in dieſem Falle die Wärmeſtrahlen des Erdbodens durch die Wärmeſtrahlen der über ihm befindlichen Wolken- ſchichten erſetzt werden. Metalle und wärmeleitende Körper bedecken ſich nicht mit Thau, ſo lange ſie von der Luft oder ihrer Unterlage die Wärme erſetzen, welche ſie durch Radiation verlieren. Wenn die Luft am Tage ſo wenig Waſſer enthält, daß es durch ſeine Expanſionskraft bei der Temperatur der Nachtluft ſich in derſelben erhalten kann, ſo fällt kein Thau. Man behauptet auch ferner, daß ein großer Theil des Thaues von den Ausdünſtungen der Gewächſe herrühre, welche von der Luft nun nicht aufgenommen werden könnten. [392./0398] Dies iſt aber wenig glaublich, denn dieſe Ausdünſtungen müßten denn in flüſſiger Geſtalt abgeſondert werden, und der Thau würde ſich in ſolchen Fällen, wo die Luft ihr Maximum von Feuchtigkeit aufgenommen hat, auch um Mittag einſtellen. Man hat Thau auf Pflanzen unter Glasglocken gefunden, die man über Nacht im Freien gelaſſen hatte. Dieſer Thau entſteht auf dieſelbe Weiſe, wie in freier Luft, und kann eben ſo ſtark fallen, weil die wärmere Luft unter der Glasglocke mehr Feuchtigkeit enthält. Daß er nicht von den Ausdünſtungen der Pflanzen herrühre, ſieht man deutlich daraus, daß die Luft unter der Glocke allemal ihr Maximum von Feuchtigkeit erreicht haben muß, weil ſie wenig gewechſelt werden kann, und die Ausſonderungen der Pflanzen ſie in dieſem Falle mit einem beſtändigen Thaue überziehen würden. – Herr Wells fand ferner, daß Körper welche eine große Dünnigkeit haben, als Wolle, Papierſtreifen, Blätter etc. über einander gelegt, bei einen wolkenfreien Himmel ſich bei + 6–7° auf 0 erkälteten. Metalle nur dagegen bei 2°. Hierauf beruht auch die Kälte erregende Kraft der Waldungen, weil die horizontale Lage der Blätter das Ausſtrahlen der Wärme befördert, und die Feuchtigkeit [393./0399] der Luft ſich an der Oberfläche als kältern Körper nieder- ſchlägt. Auch die Theorie des Eismachens in Indien gehört hierher, in dem ſie bei einer Temperatur unter +6°, des Nachts Waſſer in poröſen Steinkrügen dem wolkenfreien Himmel ausſetzen, wodurch das Waſſer nach auſſen fortwährend verdunſtet, wobei der umgebende Wärmeſtoff gebunden und gegen den wolkenfrein Himmel ausſtrahlt, innerlich aber ſo abgekühlt wird, daß es zum Theil friert. – Hiermit ſteht auch die Mei- nung der Landleute in Verbindung, daß nämlich der rothe Mond im Anfange Mai Kälte bringt. 46. Vorlesung, 31. März 1828 Die Meteorologie hat wie die Botanik ihre geogra- phiſchen Gebiete, die wir hier betrachten wollen. Es kann hier aber nicht die Rede von einzelnen Phänomenen ſein, ſondern nur in ſo weit gehören ſie hier einer Unterſuchung an, als ſie in geographiſcher Beziehung damit in Ver- bindung ſtehen. Lange hat man in dieſer Wiſſenſchaft keinen andern Theil als den der Wärme beſtimmt, denn was das Hygrometer betrifft, ſo iſt es erſt in neuem Zeiten zu ſichern Reſultaten angewandt. Bei uns bemerken wir den Thau nur zu Lande; auf dem Meere giebt es faſt gar nicht, oder doch nur ſelten Thau, [394./0400] weshalb die Schiffer durch ſeine Gegenwart ſicher auf ein nahes Eiland ſchlieſſen. Häufiger und ſtärker aber als in der temperirten Zone, iſt er in den Tropen. – Gewöhnlich iſt das Regen- und Schneewaſſer mit atmos- phäriſcher Luft, ein wenig Salpeterſäure /in geringer Menge bei Verbrennungen gebildet/ und, wie behauptet wird, von einer äußerſt geringen Menge ſalzſauren Kalke verunreinigt. Was inzwiſchen den letztern betrifft, ſo iſt deſſen Anwe- ſenheit wenig wahrſcheinlich; denn dieſes Salz iſt völlig feuerbeſtändig, und kommt, ſo viel wir jetzt wiſſen, nicht in Gasgeſtalt vor. ― Berzelius. Merkwürdig iſt es daß in den Tropen die Regenzeit mit der trocknen Jahrszeit wechſelt, da erſtere wie bekannt- lich dort den Winter vertrit. Der Anfang der Regenzeit daſelbſt beginnt mit dem Aufhören der Paſſat- oder Oſt- winde, und iſt um ſo eindrucksvoller, da es oft in 5 bis 6 Monaten gar nicht regnet, nicht einmal ein Wölkchen am Himmel ſich ſehen läßt, und Thiere wie Pflanzen beim Waſſermengel zu verdurſten ſcheinen. Die Verboten der Regenzeit ſind, daß einige Wolken ſich zeigen, das Blaue des Himmels verändert ſich, und die Sterne fangen an [395./0401] mehr zu funkeln, weil mehr ungleiche Luftſchichten die Lichtwellen ſtärker brechen. Dann entſteht eine Wolken- wand tief im Oſten, das Hygrometer zeigt mehr Feuchtig- keit und der Paſſatwind wird ſchwächer. Anfänglich iſt keine Einwirkung der Elektricität bemerkbar, dann geht dieſe aber plötzlich vom Poſitiven zum Negativen über. Nach und nach ſieht man jeden Abend aus dem Gewölke das Wetterleuchten, es entſteht ein, Gewitter, und das Ge- wölk beginnt im April oder Mai, ſich in einem anhaltenden Regen zu entladen, der nun mit dem gänzliche Aufhören des Paſſatwindes beginnt. – Durch die kühlere Luft- ſchicht, die mit den Paſſatwinden vom Pole zum Aequator geführt wird, wurden die aufſteigende Waſſerdünſte verjagt, bei dem Aufhören dieſer Strömungen aber bleiben ſie, und laſſen ſich in Regengüſſen nieder. Die Regenzeit entſteht gerade dann, wenn die Sonne durch den Zenith des Ortes geht. Die Quantität des Regens iſt bei uns jährlich 18 bis 24″ in den Tropen dagegen 118–128″, d. h. das Regenwaſſer würde, wenn es nicht ablaufen und nicht in die Erde dringen könnte, ſo hoch ſtehen. Auffallend findet aber in Europa ein bedeutender Unterſchied gegen andere tempe- [396./0402] rirte Zonen an der weſtlichen Küſte von England ſtatt, wo 43″ fallen, während an der öſtlichen Küſte die Menge deſſelben nur 22″ beträgt. Dieſer Umſtand rührt von der Menge feuchter Winde her, welche über den Attlan- tiſchen Ocean kommen, und dieſe Küſte zuerſt berühren. Ebenſo fand H L. v. Buch, daß es bei Bergen in Scan- dinavien 70–92″ jährlich regnet, und im Innern nur 14–15″ Regen fällt. Die Quantität des Regens und einmal in den Tropen, und an einem Tage beträgt 4– 5 mal mehr als hier. Der Regen iſt von verſchiedenen Graden der Heftig- keit, und erhält hiernach beſondere Namen, z. B. Staub- regen, Platzregen u. ſ. w. Die Verſchiedenheit des Regens rührt von der ungleichen Höhe der Wolken über der Erdoberfläche her, wenn ſie nicht durch die Elektricität ent- ſteht. Bei einem Staubregen ſtreichen die Wolken oft ganz auf der Erde hin, bei einem ſtärkern Regen gehen ſie weit höher. Je höher die Wolken ziehen, deſto größer werden die Tropfen beim Fallen und deſto ſchneller ſtürzen ſie herab. Daher iſt ein Platzregen in wärmern Ländern gewöhnlicher, als im Norden, weil in jenen die wärmeren Schichten der Atmosphäre tiefer ſind und das Waſſergas [397./0403] daher genöthigt wird, vor ſeiner Verdichtung zu Wolken, in eine gröſſere Höhe aufzuſteigen. Daher werden die Regentropfen zwiſchen den Wendekreiſen bisweilen ſo groß, daß ſie ¼ Zoll im Durchmeſſer haben, und unter dem Aequator hat man ſie ſogar zuweilen von einem ganzen Zoll im Durch- meſſer beobachtet. Das Regenwaſſer iſt immer kälter /1–1⅐°/ als die umgebende Luft, was erſtens daher rühren kann, daß die Tropfen während des Fallens etwas verdampfen, und zweitens muß man die Höhe berückſichtigen, aus der ſie fallen. – In den temperirten Zonen ſowohl wie in den Tropen, fällt in verſchiedene Zeiten auch eine ſehr ver- ſchiedene Quantität des Regens; ſo fand H Cardi de la Broſe im ſüdlichen Frankreich, daß wenn es in einem Monate nur einige Zoll regnete, im einem Monate zu einer andern Zeit 2′5″ Regen fielen. Ebenſo hat man in Cajenne beobachtet daß innerhalb 24 Tagen 12′2″ Waſſer fielen. Wenn der Regen in einen Ombrometer /Hyetometer/ aufge- fangen wird, ſo fällt auf einem Thurme weniger Waſſer als unten auf der Erde. In Paris zeigte ſich nach 10 jährigen Beobachtungen der Unterſchied durch Mittelzahlen nach Bouvois berechnet, daß einer Höhe von 90′ um 74 mehr Waſſer unten in der Tiefe gefallen war, als oben. [398./0404] Schnee. Wenn ſich Wolken bei einer Temperatur unter 0° bilden, ſo verwandeln ſich die Waſſerdünſte in unendlich kleine und nadelförmige Kryſtalle, von welchen ſich immer mehrere unter Winkeln von 60° und 120° zuſammenſetzen, wie die Nadeln des gefrierenden Waſſers, und dadurch ſehr verſchiedenartige Kryſtallgeſtalten /das Waſſer ſoll überhaupt nach Mitſcherlich verſchiedene Kryſtallformen annehmen/ vom ſchönſten Anſehen, bilden, welche einander bei einem und demſelben Schneewetter immer gleich ſind. Sie wachſen im Fallen, wie die Regentropfen, und häufen ſich oft zu groſſen Flocken zuſammen. Ueberhaupt gilt vom Schnee alles das, was ich vom Regen geſagt habe, und der Unterſchied liegt blos in der Temperatur. Bei einem windſtillen und ſehr kalten Tage fällt kein Schnee, weil kein Waſſergas gefällt werden kann, ſondern wenn es da ſchneien ſoll, muß aus eine weniger kalte und feuchtere Luft zugeführt werden. Dieſe wird dann abge- kühlt, ſetzt ihr Waſſer ab und bildet Schnee. Daher pflegt auch die Luft kurz vor dem Schneien milder zu werden, als vorher. Gewöhnlich ſchreibt man dieſe Erſcheinung der Kryſtalliſation des Waſſers zu, wobei die Wärmeſtoff des Gaſes frei würde; allein in dieſem Falle würde der [399./0405] Wärmeſtoff von neuem die Expanſionskraft des Waſſers vermehren, und es könnte daher in jedem Falle nicht mehr Schnee gebildet werden, als die Abkühlung geſtattete. – Wenn wir bei Nordwind zuweilen Schnee mit ſtarker Kälte und Sturm bekommen, ſo iſt dieſer Schnee gewöhnlich in der aus wärmeren Ländern kommenden Luft gebildet, welche die höheren Regionen der Atmosphäre in entgegengeſetzter Richtung durchſtreicht. Wenn Nordwind ohne Schnee weht, ſo iſt die Luft gewöhnlich klar, und Schnee und Eis verdunſten. Dieſe Luft iſt nämlich in nördlichen Ländern ſtärker abgekühlt worden, und hat dort ihr Waſſer abgeſetzt. Wenn ſie nun auf ihrem Wege nach Süden allmählig weniger kalt wird, ſo nimmt ihr Vermögen zu, mehr und mehr Waſſer- gas an ſich zu behalten, und dieſes verdunſtet, nach Ver- hältniß der Lufttemperatur, von dem Schnee und Eiſe, über welches die Luft hinſtreicht. In den Tropen, namentlich auf der Andeskette, bei einer Höhe von 15–18000′ giebt es noch eine andere merk- würdige Bildung, ein Mittelding zwiſchen Schnee und Hagel, ſo verſchieden geſtaltet und ſcharf, daß das Geſicht davon wie zerſchnitten wird. – [400./0406] Unter den Tropen ſchneiet es weit häufiger wenn das Thermometer einige Grade über dem Gefrierpunkte ſteht, als darunter; wie auch in mehrern andere Gegenden, was die vielen Beobachtungen von Roſs, Parry, Sabine, Scoresby etc. beſtätigen, doch haben dieſelben Reiſenden auch gefunden, daß es bei 12° R. ſchneiete. Unter dem Aequator fällt nur auf Höhen von mindeſten 12000′ Schnee; von die Tropen aufhören etwa unter dem 20° der Breite nur auf Höhen von 9300′. In Mexico weiß man es ſich nur 2 mal zu erinnern daß Schnee fiel, und hiervon einmal vor 30–40 Jahren, zu- fällig an demſelben Tage als die Jeſuiten vertrieben wurden. – – Der Schnee giebt wenn er zuſammengepreßt wird ⅓ Waſſer, ſo locker ungepreßt nur 1/12. Bei Argantſchir am See Lexla trug ſich das merkwürdige Phänomen zu, daß Schnee bei und nach ſeinem Falle leuch- tete, was ich aber nicht ſelbſt geſehen habe. Es iſt dies vielleicht der Zuſtand, wo die meteoriſch organiſche Bildung beginnt, denn zuverläſſige Perſonen, die den Schnee mit ihren Fingern anfaßten, bemerkten, daß ſelbſt dieſe leuch- tend blieben. Der rothe Schnee, über deſſen Bildung [401./0407] ich weil er den Pflanzen angehört, noch näher ſprechen werde, ſcheint auch einen ſolchen Zuſammenhang zu haben. Hagel wird ebenfalls durch Kälte erzeugt, aber unter ganz andern Umſtänden. Er entſteht nur im Sommer, oder in wärmern Ländern, und zwar, einer allge- meinen Beobachtung zufolge, nur wenn die Sonne ſich über dem Horizont befindet und die Luft nicht ſo kalt iſt, daß die Waſſerdämpfe ſelbſt erſtarren können, jedoch in den höhern Regionen der Atmosphäre ſchnell eine ſo ſtarke Kälte entſteht, daß die ſchon gebildeten Regentropfen zu Eis gefrieren. Der Hagel beſteht daher mehr aus runden Körnern und nicht aus regelmäßigen Kryſtallen, wie der Schnee. Gewöhnlich ſind dieſe Hagelkörner ſo kalt, daß das Waſſer, welches ſich im Herabfallen an ſie anſetzt, ſogleich zu Eiskruſten gefriert, in welchen das urſprüng- liche Hagelkorn als ein weißer und durchſichtiger Kern eingeſchloſſen iſt. In wärmern Ländern, wo die Wolken oft ſehr hoch gehen und die Luft mehr Feuchtigkeit enthält, wird der Hagel oft weit größer, als bei uns. Dieſer bildet ſich aber nicht auf einmal in der Luft, ſondern ver- größert ſich erſt im Herabfallen, theils durch das Waſſer, [402./0408] das ſich wegen ihrer Kälte auf ihnen niederſchlägt, theils durch das Zuſammenfrieren mehrerer Körner, welche ſich mit jedem Augenblicke vermehren müſſen, weil die Schnelligkeit der größern Hagelkörner in größere Ver- hältniße, als bei den kleineren, zunimmt, dieſe daher von den größern im Fallen ereilt werden und ſich an ſie feſtſetzen. Die Urſache einer ſo ſchnell entſtehenden Kälte in der Sommer-Atmosphäre iſt uns unbekannt. Jedes Hagelwetter iſt, wo nicht ſtets von Donner, doch wenig- ſtens immer von ſehr deutlichen Merkmalen von Elektrici- tät begleitet; in welchem Zuſammenhange aber die Elektricität mit jener ſchnellen Erzeugung von Kälte ſtehe, können wir noch nicht erklären. Man glaubt daß wenn zwei elektriſche Wolken neben einander ſtehen, ſie den Hagel wechſelweiſe an- ziehen und abſtoßen, und dies die Urſache von dem Raſſeln in der Luft ſei das man beim Hageln hört, und vorzugsweiſe ein Phänomen der temperirten Zone iſt. An den Polen wie unter den Tropen hagelt es faſt gar nicht, unter den Tropen höchſt ſelten bei 5000′ Höhe. [403./0409] Warum es unter den Tropen ſo höchſt ſelten hagelt, iſt bisher noch nicht ermittelt, da die Urſache nicht die iſt, daß er ſchmilzt. Im ſüdliche Europa hagelt es am meiſt࿼, vorzüglich in Thälern. Nach Thibaut Ch. weiß man, daß es in Martinique nur einmal gehagelt hat, und zwar vor 50–60 Jahren. In Carracas würde der Hagel eben ſoviel Aufſehen erregen, als wenn bei uns Me- teore fielen. Nach H L. v. Buch hagelt es ſelten auf großen Höhen, jedoch hat dieſer auch ſelbſt gefunden daß 14–15000′ hoch Hagel fiel. Er fällt ſeltener des Nachts wie bei Tage, und früher glaubte man daß es des Nachts gar nicht hageln, da das Einwirken der Sonne dazu nöthig ſei; dies iſt aber nicht der Fall. Die Gröſſe des Hagels iſt nach den Zonen verſchie- den; in den Cordilleren iſt er wohl ¼–½℔ ſchwer vor- gekommen, jedoch auch hier ſo wenig wie in andern Gegenden viel gröſſer, ſo viel auch darüber gefabelt iſt. Herr Heine erwähnt zwar einen beſondern Fall, der kaum glaublich iſt, und ſehr der Beſtätigung bedarf, daß nämlich in Myſore /Oſtindien/ zur Zeit des Tippo Saheb, ein Hagelkorn ſo groß wie ein Elephant gefallen ſei, und beim [404./0410] Schmelzen einen höchſt unangenehmen Geruch verbreitet habe, der vielleicht von dem darin enthalten geweſenen Schwefelkies herrühre. Auch im Gouvernement Orenburg ſollen Hagelſtücke gefallen ſein, die in der Mitte kryſtal- liſirten Schwefelkies enthielten. Obgleich von Einigen dieſe Angabe behauptet wird, bedarf ſie doch, wenn es gleich nicht unmöglich iſt, noch ſehr der Beſtätigung, da man beider Unterſuchung nicht mehr den Hagel, ſondern nur noch den Schwefelkies hatte. Die Form des Hagels iſt ebenfalls verſchieden, und oft ſehr ſonderbar. Durch das Rotiren der Körner von ihrer erſten Bildung an, bilden ſich einzelne concentriſche Lagen; andere dagegen ſind mehr abgeplattet, auch oft ſo wie die Weltkörper geformt, indem ſie gleich dieſen eine runde Form mit 2 abgeplatteten Polen haben. Andere giebt es unter dieſen wieder, die gleichſam einen Saturnring haben, der leicht abgelöſt werden kann. Der Herr von Buch ſich im hohen Norden von Scandinavien Hagel fallen, der eine Spitze nach oben hatte. Auf der Andeskette iſt aber der rothe Hagel in ziemlich groſſen Körner merkwürdig, von dem die Indianer mir [405./0411] viel erzählt haben. Um ſo mehr Intereſſe muß es erregen von rothem Hagel zu hören, da er dem Gedanken auf- keimen läßt, daß er mit dem rothen Schnee in Ver- bindung ſteht, welcher kleine vegetabiliſche Körner ent- hält, die ſich häufig vermehren, und mehrere Jahre erhalten laſſen. Wenn dieſe Vegetation ſich nicht im Schnee ſelbſt, ſondern der Keim ſchon in der Atmosphäre ſich bildete, ſo würde es ſehr beachtenswerth ſein. – Der Nebel rührt von denſelben Urſachen, wie die Wolken, her, und iſt eigentlich nichts anders, als eine Wolke, die ſich nahe an der Erdoberfläche bildet. Er entſteht, wenn die Luftwärme ſchnell um mehrere Grade gegen die Temperatur des Erdbodens abgekühlt wird, wobei das Waſſer mit der, der Wärme der Erde ange- meſſenen Expanſionskraft von der Oberfläche der Erde und der Gewäſſer zu verdunſten fortfährt, das neugebildete Waſſergas aber ſogleich in der Luft wieder abgekühlt wird und niedergeſchlagen, nachher aber, wegen der Bewegung der wärmern Luft am Erdboden, allmählig höher und höher ſteigt. Der Nebel beginnt auf dieſe Weiſe, einige [406./0412] Stunden nach Sonnenuntergang oder eine Stunde vor ihrem Aufgange, über Waſſer und ſumpfigen Wieſen, und dauert fort, bis er entweder durch ſeine eigene Schwere als eine Art von Staubregen niederfällt, oder bis er nach Aufgang der Sonne durch die erwärmte Luft aufgelöſt wird. Oft ſieht man dabei, wie er vom Erdboden zu ver- ſchwinden anfängt, und dann auch nach oben zu allmählig abnimmt, in dem Maaſſe, wie die Luftſchichten immer höher und höher hinauf erwärmt werden. Da die Oberfläche des Waſſers ſtärker verdunſtet, als das trockne Land, ſo iſt der Nebel über Seen, und dann zunächſt an Seeküſten am häufigſten und dichteſten, weniger allgemein aber auf dem Lande. Er kann ſich eben ſo gut im Winter, als im Sommer bilden, und man ſieht in kalten Wintertagen oft Quellen und nicht zuge- frorene Ströme rauchen. Wenn der Nebel bei ſtarker Kälte fällt, ſo ſetzt er ſich in wollähnlichen Kryſtallen an Bäume und Häuſer an und bildet den Reif. [407./0413] 47. Vorlesung, 1. April 1828 5. Temperaturverhältniſſe der Atmosphäre. Wenn wir uns zu den höhern Anſichten der Natur hinaufſchwingen, ſo finden wir bei einer tiefern mehr geiſtig reifern Betrachtung bis in die früheſten Zeiten hinaus, daß die Luftwärme das Wichtigſte für den Menſchen iſt; daß ſie den innigſten Zuſammenhang mit dem Zu- ſtande und der Verbindung des Menſchengeſchlechts hat, und ſo weit wichtiger als die Veränderungen des Drucks der Luft, der magnetiſchen Erſcheinungen, und anderer in in der Natur uns umgebenden Phänomene iſt. – Hier iſt der Punct wo die phyſicaliſche Erdbeſchrei- bung mit der Entwickelung des Menſchengeſchlechts am innigſten zuſammenhängt. Am Eingange der Klimatologie erkennen wir den mächtigen Einfluß der mittlern Wärme in den verſchiedenen Zonen, auf die Entwickelungen des Geiſtes der Menſchheit in ſeinem ganzen Umfange, auf das Fortſchreiten der Kultur des Bodens und der Erlangung aller höhern mehr intellectuallen Productionen. Es iſt ſo ein weſentlicher Umſtand bei einer characteriſi- renden Beſchreibung der Völker, den Einfluß der Wärme [408./0414] zu kennen, denn es iſt nicht zu leugnen, das klimatiſche Verhältniſſe auf den Character einwirkten, die Neigungen und Handlungen der Menſchen ſelbſt begrenzen oder be- ſtimmen. – Wenn wir bloß das Abendland be- trachten, ſo ſehen wir daß das gemäßigte Klima der Kultur am geeignetſten iſt, was zwiſchen den 30 bis 45° N. Br. liegt. Wie groß erkennen wir die Verſchie- denheit in den Zonen ſelbſt, wo hier das nördliche Aſien rauh und unfruchtbar, klein Aſien, das eigentlich Griechen- land und Italien dagegen milde, fruchtbar und glücklich zu nennen iſt. In der mittlern jährigen Temperatur zwiſchen 11 und 14° R. iſt die Zone der Oelbäume, wo die mittlere Sommerwärme etwa 23° iſt, während ſich Berlin nur 13° zu erfreuen hat. Die Meinung daß die mittlere Zone den größten Einfluß auf die Kultur der Völker, ihrer Verbreitung und ihres Wirkens hat, iſt nicht zu leugnen, aber auch gerade nicht völlig zu glauben. Denn dieſelbe noch ältere Men- ſchenkultur finden wir in Aegypten, Medina etc. wo die mittlere T. der Sommerwärme 24° iſt. Dieſe Zone des Zuckerrohrs kann man nur in ſofern gemäßigt nennen, [409./0415] als ſie nicht zwiſchen den Wendekreiſen liegt, gehört aber faſt ſchon den Tropen an, und breitet ſich vom Ausfluſſe des Tigris bis zum perſiſchen Meerbuſen hin. So finden wir auf Meron, der ganzen ſüdweſtlichen Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und ſelbſt in der Mitte der Wendekreiſe giebt es leuchtende Puncte frühere Kultur, beſonders in dem Theile Indiens wo Alexander nicht hinkam, ſondern mehr ſüdlich nach Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur ſich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten unter den Wendekreiſen auf dem alten Continente iſt in den Ebenen die mittlere T. 26–27°, und das Klima iſt ſo ungemäßigt warm, daß in Benares z. B. die T. im Sommer bis auf 34° ſteigt. Nach unſern Vorurtheile werden wir eine ſolche Wärme auf die geiſtige Entwickelung der Menſchen ungünſtig nennen. Dieſe Thatſachen zeigen alſo, daß vom Aequator bis zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des Weinbaum’s das Klima der Kultur günſtig iſt. Möglich wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte iſt. So ſtänden aber doch Memphis, Teheran und andere [410./0416] dieſer Meinung gegenüber, wo die Gluth der Sonne der Entwickelung des Menſchengeſchlechts entgegen zu arbeiten ſcheint, von wo aber dennoch die früheſte Kultur ſich ver- breitete, und die erſte Geſchichte des Wiſſens ſich zu bilden anfing, und es iſt daher keinesweges gerade erwieſen daß die Kultur durch Hitze oder Kälte zurück gehalten wurde. Ganz anders iſt dagegen die Wärme oder Kälte, wo die mittlere T. 1½° unter dem Gefrierpunkte iſt, und die höchſte mittlere T. der Sommerwärme nur bis zu 7° ſteigt, einer Wärme bei der die Birken hier erſt anfangen aus- zuſchlagen, wo die Kultur aller Cerealien ſelbſt die der Gerſte aufhört. – So iſt das Klima vom nördlichen Aſien über den 60° N. B. hinaus, in Amerika ſchon von 56–57° N. B. in Europa aber erſt im nördlichſten Theile von Scandinavien, weil der weſtliche Theil dieſes Landes durch ſeine Lage und Gliederung ein ſo mildes Klima hat, daß ſelbſt noch die Gerſte nach H v. Buch bis zum 69½ gebauet wird. Der Theil von Nordaſien über den 60° hinaus, nach dem Ausfluſſe der Lena und Ob zu, wo Völker hunniſcher, ſamo- jediſcher und tunguſiſcher Abkunft gehauſt haben, iſt der Bildung der Menſchheit ſo ſchädlich geweſen, daß ſie in Gegenſatz zu [411./0417] denen die in _ , Barbaren genannt wurden, weil hier immer die Art von Kultur herrſchen, die freilich der in Kleinaſien nicht gleich zu ſchätzen war. Ich erinnere hier an die Epoche der Thangs in der mongoliſchen Herrſchaft, wo unter Ulu Beg im 15t Jahrhundert ſelbſt Aſtronomie getrieben wurde. Alle dieſe Thatſachen beweiſen, daß übermäßige Kälte der Kultur und Bildung der Menſchen ſich ungünſtig zeigt. Wurde die Kultur aber von den ſüdlichen Breiten in die nördlichen Regionen eingeführt, ſo erhält ſie ſich auch, und greift wohl mächtig um ſich. So ſehen wir in Island die Poeſie in den ſchönſten dichteriſchen Geſängen ſich entfalten. Nicht ſo iſt es in den wärmern Gegenden am Euphrat, in Meroe und Indien, wo das Nichthindern der Muskelkraft u die Entwickelung des Geiſtes und ſeinen Productionen wie in jenen kalten Gegenden, unbekannt iſt. Unter allen Inſtrumenten iſt das Thermometer eines der wichtigſten; es iſt der Maaßſtab des Fort- ſchreitens und des Beſitzes der Völker, und erweckt weit mehr ſchönere und kräftigere Ideen als andere Er- findungen. Schon eher als das Thermometer von Drebbel [412./0418] in Alkmar erfunden und durch Fahrenheit und Reaumur verbeſſert war, hatte Halley ſeine wichtigen Unter- ſuchungen über die Wärme mit ſolchen Ideen begonnen und ausgeführt, daß an einen Vergleich mit dem Thermo- meter nicht zu denken war, und wo die übertriebenſten Ge- rüchte von einer unmäßigen Hitze in wärmern Gegenden, ſich verbreitet hatten. – Reaumur erſt brachte das Thermometer recht Anwendung, und gab es Reiſenden mit um richtige Vergleiche unter den Tropen anzuſtellen. Wenn aber auch die Temperatur auf einzelnen Theilen der Oberfläche hauptſächlich von dem Einfallswinkel der Sonnenſtrahlen abfängt, ſo iſt doch aber auch die Quantität der Strahlen von denen die zurückgeworfen werden ohne Wärme zu erregen, und denen die eindringen und Wärme hervorbringen, zu betrachten nothwendig. Vom 30° an abnehmend iſt der Einfallswinkel, oder der Einfluß der Wärme welchen er äußert bedeutend, unter 80° aber ſehr geringe. Nicht blos auf den Höhenſtand der Sonne oder ihrer Declination kommt es an, ſondern daß auch Berge ſie begünſtigen können, da ſie Polygonalflächen ſind. – [413./0419] Unter den Tropen iſt die Sonne 12 Stunden abweſend, ſonſt würde die Hitze am andern Tage unerträglich ſein, ſo aber läßt ſie keine Wärme von ewigen Tage zurück. Mit einer ähnlichen Betrachtung hängt es zuſammen, warum unter den Wendekreiſen nach ihren Grenzen zu, eine größere Wärme und ſelbſt mehr Kultur und Pro- duction als unter dem Aequator iſt. Hier liegen auch zufällig die größten Handelsplätze der Tropenwelt, im nördlichen Theile Havanah, Vera Cruz, Calcutta, Canton, im ſüdlichen Rio-Janeiro. In der mittleren Zone dagegen iſt die Temperatur der heiſſeſten Sommertage oft höher als unter dem Aequator, weil bei den kürzern Nächten der Erdboden nicht Zeit hat durch Ausſtrahlung zu er- kalten, und das Maximum der Wärme einzelner Monate iſt hier oft beträchtlicher als unter dem Aequator. Zuerſt werde ich nun von der Unterlage des Luft- meer’s reden, als von den Ebenen und Bergen die die Continente bilden, und zuletzt von dem Theile handeln, deſſen Boden der Ocean iſt. [414./0420] Unebenheiten, Nähe der Berge in den Ebenen. Da wo die Bergthäler in die Ebenen ausgehen wirken die Berge doppelt, a. Wärmegebend, weil die Polygonal- flächen derſelben mehr Sonnenſtrahlen auffangen als die Ebe- nen, wie es z. B. in der Lombardei der Fall iſt, wo der Oelbaum gedeihet. b. Schützend wirken die Berge da wo ſie den kältern Nordwinden den Zugang verſagen. Solche Länder wie Rußland, müßen daher wegen Mangel dieſes Schutzes mehr Kälte haben, als diejenigen wo Gebirge durch ihre Lage einflußreich ſind. Doch wird dieſer Zuſtande gewöhnlich mehr Einfluß zugeſchrieben, als ſich wirklich bewährt. Griechenland kann wegen der Glie- derung ſeiner Oberfläche, kein anderes Land zur Seite geſtellt werden, das ſo von einem Welle gleichſam um- zingelte Ebenen enthält. Bergketten wie in Europa, Aſien und Amerika, auch einzelne hohe Berge wie der Eliasberg Kamtſchatka gegenüber, könnten hier auch wie jene dort ſich ſchützend erheben, wenn ſie nicht durch ihre Eismaſſe kältegebend wären, und die kalten Nordwinde zurückhielten. Berge wirken auch erwärmend gegen die [415./0421] Ebenen, weil ſie dichte Erdmaſſen ſind, die die Wärme länger erhalten als die Luftſchichten; doch iſt dies nur dann der Fall, wenn die Gipfel niedrig ſind, dagegen höhere Maſſen von Berge die Wärme noch gar abſorbiren. Auf der andern Seite wirken die Berge Kälte erre- gend durch das Herabſtrömen der Luftſchichten. Auf dieſelbe Weiſe, wie die Ströme der Luft von den Ebenen nach den Höhen ihre Richtung nehmen, wie wir es ſchon früher erwähnt, ſo gehen auch Strömungen von den Gipfeln nach den Thälern, weshalb in dieſen des Nachts auch immer eine geringere Temperatur herrſcht; doch zuviel darf man dieſer Wir- kung auch nicht zuſchreiben. Im ſüdlichen Peru hat man lange geglaubt, daß die dort häufig herrſchende Kälte von den Schneebergen herrühre. Am Fuße dieſer Ge- birge iſt aber ein wahrhaft indiſches Klima, und nur dem Schnee nach näher empfindet man die von ihm kom- menden kalten Luftſtröme. Auch wirken die Berge Kälte erregend, durch ihren Schatten. Denn für einen großen Theil der Fläche geht die Sonne denn früher unter, und ſie rauben ihr dadurch einen Theil der erwärmenden Sonnenſtrahlen. [416./0422] Aber nicht allein die Nähe der Berge hat Einfluß auf die Temperatur, ſondern auch die Farbe des Bodens ſelbſt, ob ſie hell oder dunkel iſt. /Kalkſtein oder Schiefer/ Auch der Wärmeleitungs-Zuſtand der Luft iſt ſtärker oder geringer, je nachdem ſie feucht oder trocken iſt. Herr Davy hat hierüber ſehr intereſſante Verſuche angeſtellt. So fand er daß in einer ſchwarzen Erde, die eine Stunde lang der Sonne ausgeſetzt war, das Thermometer auf 18–20° ſtieg, während es in einer hellen thonhaltigen Erde nur 15–16½° erreichte. Die ſchwarzen Berge ſind daher immer viel wärmer, laſſen aber auch eben weil ſie die Wärme leichter abſorbiren, dieſelbe bald wieder fahren. So war die ſchwarze Erde in ½ Stunde ſchon wieder am 7° erkaltet, während die hellere thonhaltige Erde in derſelben Zeit ſich noch nicht um 2° abgekühlt hatte. Auch Moräſte und Wälder wirken auf die Temperatur im Winter erwärmend, weil ſie theils durch Quellen frei von Froſt bleiben, theils die Wärme länger erhalten. Dagegen ſind ſie aber im Frühjahr Kälte gebend, weil wenn ſie ausgefroren das Eis und d. Schnee lange erhalten. Die Wälder aber ſind beſonders dadurch Kälte erregend, [417./0423] weil ſie durch die Fälle ihrer Blätter, deren Flächen doch gewöhnlich horizontal ſtehen, Wärme ausſtrahlen. Ein ähnliches Phänomen fährt aus auf die Reinheit und Lichtſchwächende Kraft der Atmosphäre beſonders unter den Tropen, wo die Strahlung ſtärker als in der tempe- rirten Zone iſt, weil in dieſer der Boden mehr Feuchtig- keit hat. Unter den Tropen iſt daher auch die Wirkung der Sonne ſtärker, weil nicht ſo viel Dämpfe die Durch- ſichtigkeit der Luft vermindern. Im ſüdlichen Theile von Peru, wo es ſo ſelten regnet, iſt der Himmel ge- wöhnlich in dieſer Zeit /oft 5–6 Monate wo kein Regen fällt/ mit einem Nebel bedeckt, der dort Gerua genannt wird, und durch den die Sonne nur matt wie ein rother Fleck zu erkennen iſt; man kann alſo hier die Sonne wie den Mond mit bloßen Augen betrachten. Dieſe Art Höherauch iſt auch die Urſache, daß es dort weit kälter iſt als in andere Ländern unter gleichen Breite- graden, weil er die Strahlen der Sonne ſo bedeutend ſchwächt. In dieſer eigenthümlichen Gegend regnet oder donnert es nie während dieſer langen Nebelperiode, und nur in weiter Ferne erkennt man zuweile ein Wetter- [418./0424] leuchten. Auf La Marguerita welches 10,000′ über dem Meere liegt iſt die mittlere Temperatur noch 13–15°, doch die Nächte ſind hier ſo kalt, daß es faſt in jedem Monate friert, und halten eine gute Getreideernte gedeihen läßt. 48. Vorlesung, 2. April 1828 Man kann die Atmosphäre in 2 Abſchnitten betrachten, als Land- und Seeluft, da unter denſelben Breitegraden beide eine verſchiedene Temperatur haben. Wie der At- lantiſche Ocean die milde Winterkälte bedingt, wo die mittl. T. das Waſſer +7–8° R. die der Luft aber nur 5–6° iſt, habe ich früher erklärt. Bei der Seeluft muß beachtet werden, ob ſie über dem offnem Meere ruht, wie es vom Aequator bis zu 65–70° nach beiden Polen zu iſt, oder ob ſie Eis zur Grundlage hat, das ſich von 65 oder 70° bis zu beiden Polen hin findet. Die Veränderungen der Temperatur laſſen ſich durch einzelne Momente bezeichnen, und wir haben die Ebenen welche an Bergen liegen als Nova aufgeſtellt. Die äußere Beſchaffenheit der Oberfläche der Erde bedingt be- ſonders die Temperatur der Continente, und wir müßen ſei nachdem ſie rauh oder eben, hell oder dunkel von Farbe, ſumpfig oder trocken, leer oder mit Waldungen bedeckt [419./0425] ſind, betrachten. Zuletzt haben wir die Luftreinheit und die einflußreiche Wärme bei Tage durchgenommen. Einen beſonders wichtigen Einfluß auf die Temperatur haben aber die Winde, und wir können ſie entweder als bloße Bewegungen der Luft, ohne auf ihre Richtung zu achten, oder nach ihrer Richtung, ob ſie warme oder kalte Luftſchichten herbeiführen, betrachten. Die Bewegung der Luft hat den größten Einfluß auf die Empfindung der Kälte, da dieſe mit Wind verbunden ſelbſt geringer als − 20° R. faſt unerträglich ſcheint. Parry fand dagegen daß bei 35° Kälte am Nordpol und bei gänzlicher Wind- ſtille, ſie ganz erträglich war, da er auf die Jagd ging; und bei − 7° er und ſeine Begleiter in der Pelzbeklei- dung vor Wärme nicht aushalten konnten. Die Hitze dagegen wird wieder durch Luftbewegung gemildert, weil jede andere Luftſchicht eine andere Temperatur hat; oder bei heiterer Luft, wo die Wärme durchs Ausſtrahlen vermindert wird. Weſentlicher iſt ihre Richtung da, wo ſie als Land- und Seewinde erſcheinen, weil ſie durch dieſen Wechſel eine gleiche T. erhalten. Höchſt wichtig ſind dieſe auf für die Schiffarth an den Künſten, und geſtatten ſelbſt bei den großen Inſelgruppen des Süd- [420./0426] meers gegen den Paſſatwind zu ſegeln. Vor allem aber ſind die Cardinalpunkte zu beachten aus denen ſie wehen, denn ein jeder Wind der von einem heterogenen ? Pole bläſt zerſetzt die Luft, wie bei uns der Süd- und Südweſt- wind, weil er wärmere Luftſchichten bringt, die ſich ab- kühlen, kömmt er dagegen von dem andern Pole ſo bringt er Trockenheit und Kälte. – ? Ueber die Schnelligkeit des Windes, ſowohl des kalten Nordoſt, wie des warmen Südweſt haben wir treffliche Unterſuchungen von Kraft und Woltmann zu Cuxhaven. Wenn einer ſtarker Wind ohne Sturm zu ſein, in einer Secunde 25′ zurücklegt, ſo macht er 4 Meilen in einer Stunde. Der kalte Wind von Nova Zembla kann daher in 4 Tagen, und der warme von der Küſte Afri- ka’s in 2 Tagen hier in Berlin ſein. Die Mouſſons ſind die Winde, welche in dem Theile des indiſchen Meeres wahre welchen ich den großen Buſen des indiſchen Oceans genannt habe. Sie entſtehen durch die ungleiche Erwärmung der Luft, je nachdem ſie über dem Meere oder den hohen Gebirgen Indiens ſchwob, und was den häufigen Wechſel von Nordoſt- und Südweſtwinden, die mehrentheils ungeheuer Regengüſſe bringen, zur Folge hat. Der Name Mouſſons [421./0427] ſtammt aus dem Mallaiſchen, und heißt Jahreszeit. Dieſe ſonderbaren Winde ſetzten Alexander’s Expedition in Verwunderung, und Arian verglich ſie mit den eteſi- ſchen Winden, die in Aegypten von Norden her wehen. Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß in den höhern Luftregionen noch andere Strömungen ſind, denn oft ſieht man daß die Wolken in ihnen eine andere Richtung als die in den mehr niedrigen Luftſchichten haben. Die an den Abhängen der Gebirge häufig wehenden kalten Winde, werden ge- wiß auch durch Gegenſtrömungen der obern Luft mit ver- anlaßt. Herr von Buch hat ſolche Erſcheinungen auf einigen canariſchen Inſeln bemerkt. Von der Hitze der Seitenländer Afrika’s, ſchloß man auf die innere dieſes Welttheils. Hier geben aber die Berichte von Clapperton und Denham eine auffallende Er- ſcheinung an, denen zu Folge der Dr. Oudney im Innern von Afrika unter dem 13t Breiten-Grade, auf einer unbedeu- tenden Höhe von etwa 800′ vor Kälte ſtarb. Wenn wir dies auch in Zweifel ziehen, und den Tod auf eine mitwir- kende Krankheit ſchieben /denn der Major Denham hat mir ſelbſt erzählt, daß einige Stunden nach dem Tode des Dr. Oudney, die Lufttemperatur nicht unter 7½° geweſen ſei;/ ſo waren [422./0428] doch die Schnallen dieſer Reiſenden mit Eis bedeckt; auch be- hauptet man, Waſſerſchläuche, welche Oudney’s Caravane trug, ſeien in derſelben Nacht außerhalb gefroren geweſen. Ebenſo ſah der Dr. Ehrenberg und der unglückliche Hemprich in der Wüſte Dongola, unter 19° Breite, im December des Thermometer bis auf 2°,5 R. herabſinken; alſo volle 12° tiefer, als es, noch ſorgfältig von mir geſammelten Er- fahrungen, je unter derſelben Breite, in Weſtindien, beobachtet würde. Man iſt erſtaunt, nicht etwa am äußerſten Rande der Tropenzone, ſondern mitten in derſelben Afrika, in ſeinen Wüſten, kälter als das vegetations- reiche Amerika zu finden. Die eigentlichen Urſachen dieſes ſonderbaren Erkältungs-Proceſſes /vielleicht Wärme- ſtrahlung des Bodens durch trockne Luft gegen einen wolkenfreien Himmel, plötzliches Ausdehnen beim Er- gießen feuchter Luftſchichten in dieſe trockne Luft, Herabſinken der oberen Theile der Atmosphäre/ ſind bis jetzt nicht hinlänglich ergründet worden. Ein groſſer Contraſt iſt zwiſchen dem Küſtenklima und dem der Continente, der erſt durch die Herren von Buch und Wahlenberg genauer unterſucht iſt. Der [423./0429] größte Unterſchied findet ſich auf der Scandinaviſchen Halbinſel. Hier ſieht man von den Alpen bis zum Nord- kap, oder von Süden nach Norden die Schneegrenze unter dem 70° nach auf der Höhe von 3500′ und nur 1½° weiter vom Meere entfernt iſt ſie ſchon auf 2200′ herabgeſunken. Da hier die Sonne weniger wirkt, und die Schneegrenze nicht von der mittleren T. des ganzen Jahres, ſondern von der der heißeſten Sommermonate herrührt, kann hier nicht allein entſcheidend ſein. Eben ſo auffallende Unterſchiede finden ſich im weſtlichen Britannien, wo der Lorbeer und Erdbeerbaum im Freien wachſen und doch kein Wein gedeihet; dies iſt nur eine Folge des weſtlichen Küſtenklima’s. Betrachtet man das Meer als eine Maſſe von Flüſſig- keiten, ſo verändert ſich die T. um ſo langſamer, je ſtärker der Einfluß des Meeres iſt. Da dieſe in unſere Breite nicht gefriert, ſo können ſich auch nicht Schnee und Eis darauf lagern, was eben die Nordweſtküſte der Conti- nente ſo kalt macht. Hinzu kommt die beſtändige Ten- denz, daß die kältern Theile des Waſſers zu Boden ſinken, und die wärmern in die Höhe treiben, weshalb es ſich nur langſam abkühlt, und im Winter eine wärmere [424./0430] Temperatur erhält. Im Sommer giebt es dagegen durch die Verdunſtung Kälte. In den temperirten Zonen wirkt es daher wärmemäſſigend im Sommer und kältemindernd im Winter, was die Küſten dunſtig und ihr Klima ver- ſchieden von dem der Länder macht. Ungarn und das ſüd- liche Ruſſland ſind aus gleichen Gründen ſo warm. Aus dieſen Gründen nannte Buffon das Continental-Klima das ex- ceſſive. Das Maximum dieſer Verſchiedenheiten iſt in den vereinigten Staaten von Nordamerika, wo der Sommer ſo heiß wie in Malta, nur der Winter ſo kalt wie in Upſala iſt, ſo daß ſelbſt die größten Ströme frieren. Die Verſchiedenheit des Küſten- und Continentalklimas nach Zahlen der mittl. T. angegeben, zeigt keine ſo große Unterſchiede als der Pflanzenwuchs. So z. B. laſſen in der Normandie die Sommer keinen Wein gedeihen, der 60 bis 80 Meilen gegen Oſten häufig gebauet wird, und die Champagne liegt nur 1–12/10° ſüdlicher als die Normandie. Dagegen zeichnet ſich in den Küſtenländern der Raſen durch ſein ſchönes Grün aus, weil die Sonne ihn nicht verbrennt. Etwas anderes iſt die T. welche das Thermometer an- giebt, als die welche die Pflanzen zeigen. Das Thermometer ſteht nicht beim Sonnenlichte und bedeckten Himmel gleich hoch, ſondern [425./0431] zeigt auch die Einwirkungen welche untermiſcht von der Sonne hervorgebracht werden, und die im Augenblicke oft ſehr warm ſein können. H Gay-Lusſac fand, daß wenn Waſſerſtoffgas mit Chlor gemiſcht wird, und in ein reflectirtes Licht geſtellt, nicht explodirt, aber bei der unmittelbaren Berührung der Sonnenſtrahlen ſogleich eine Exploſion erfolgt. Selbſt im December und Januar ent- ſteht ſie von ſchwächſten Sonnenſtrahl, werden dagegen in Auguſt die Sonnenſtrahlen nur etwas von ſchwachen Dünſten gehemmt, ſo erfolgt keine Exploſion, obgleich dieſe weit mehr Wärme beſitzen als jene. Die Sonnen- ſtrahlen müſſen daher weſentlich verſchieden wirken in der Küſtenluft und der der Continente. In der gemäßigten Zone ſind die Weſtwinde vor- herrſchend, und deshalb wärmer als die aus Oſten, weil ſie Gegenſtrömungen der Paſſatwinde ſind. Ihnen ver- danken die Weſtküſten das wärmere Klima. In Ame- rika findet man in Californien dieſelben Temperatur- verhältniſſe wie auf dem alten Continente. Daß man Amerika für kälter als Europa hielt, entſtand aus der Täuſchung, daß man nur die weſtliche Küſte des alten und die öſtliche des einen Continents mit einander [426./0432] verglich, weil dies die kultivirteſten Gegenden ſind. Auf der Weſtküſte Amerika’s aber findet man unter den- ſelben Breitegraden dieſelbe T. wie in Europa. Denn am Ausfluſſe des Rio Columbia iſt das Waſſer nur wenige Tage gefroren, die Oelbäume gehen bis zum 37° /47°?/ bis Mendocino, während ſie an der Oſtküſte ſich kaum noch in Südcarolina und Georgien erhalten können. Vergleicht man dagegen die T. der Oſtküſte von Amerika mit der weſtlichen des alten Continents, ſo findet man die gleiche T. von Paris erſt unter der Breite von Neapel wo Baltimor liegt, und gegen Oſten hat Peh- kingen unter dem 40° N. Br. gleichfalls daſſelbe Klima. Der Unterſchied gegen Norden in gleiche Breitegraden von Berlin, wo Peter Paulshaven und Labrador liegt, iſt ebenſo. Die mittlere Temperatur von Berlin iſt +7°, und die der Wintermonate − ½°; in Labrador dagegen iſt 5° die mittl. und − 12° die mittl. T. des Winters. Dieſer Unterſchied iſt daher keine Eigenthümlichkeit von Amerika, ſondern ein beſtimmtes cosmiſches Geſetz. So lange Beobachtungen über magnetiſche Inclination, Declination und Intenſität der Kräfte in den Reiſe- berichten zerſtreut lagen und man dieſelben noch nicht [427./0433] durch magnetiſche Linien vereinigt hatte, konnte die Lehre von der Vertheilung des Erdmagnetismus keine bedeutende Fortſchritte machen. Auf dieſe Analogie geſtützt, hat man angefangen, durch ſorgfältige Be- nutzung vereinzelter Thatſachen, die verwickelte Lehre von der Verbreitung der Wärme zu vereinfachen. Orte, die eine gleiche mittlere Wärme des Jahres, des Sommers oder des Winters haben, ſind durch Curven miteinander verbunden worden. So iſt das von mir im Jahre 1817. entwickelte Syſtem iſothermer Linien entſtanden, welche die Parallel-Kreiſe unter andern Winkeln als die iſochimonen und iſotheren Linien durchkreuzen. Sie ſteigen gegen den Aequator herab, weil man im öſtlichen Aſien und im öſtlichen Theile von Nord-Amerika, auf gleichen Höhen über dem Meeres- ſpiegel, in einer ſüdlicheren Breite die Temperatur ſuchen muß, welche in unſerem mittleren Europa, weiter gegen Norden hinauf, gefunden wird. Der merkwürdige Umſtand, daß die höchſte Kultur des Völkerſtammes, zu dem wir gehören, ſich unter faſt gleichen Breiten in der gemäßigten Zone an zwei entgegengeſetzten Küſten, der [428./0434] öſtlichen des neuen Continents und der weſtlichen des alten angeſiedelt hat, mußte auf die Ungleichheit der Wärme unter denſelben Parallel-Kreiſen früh aufmerk- ſam machen. Man fragte, um wieviel Thermometergrade der alte Continent wärmer, als der neue ſei, und er- kannte erſt ſpät, daß die iſothermen Linien von der Breite von Florida bis zu der von Labrador hin nicht mit einander parallel laufen, daß die öſtlichen und weſt- lichen Küſten von Nordamerika faſt ſo verſchieden, als die von Weſt-Europa und Oſt-Aſien ſind. Geſtalt und Gliederung der Continental-Maſſen und ihr Verhältniß zu den nahen Meeren, beſtimmen vorzüglich die Inflexion der iſothermen Linien, die Richtung der gleich warmen Zonen, in welche man ſich den ganzen Erdball getheilt vorſtellen kann. – In frühern Zeiten nahmen Moraldi und Celſius zwei Tage, den wärmſten und kälteſten, um hiernach die mittlern T. zu finden, dies gab aber kein richtiges Reſultat. So hat Moraldi das Jahr 1718 mit 1740 ver- glichen. Später verglich man die Beobachtungen von zwei Monaten den December und Auguſt. Aber ſchon Reaumur hatte 1735 den richtigen Begriff von der mittlern T. auf ge- [429./0435] faßt, indem er an jedem Tage eine arithmetiſche Progreſſion fand, welche des Maximum und Minimum gab, und wonach zu beſtimmen immer das Richtigſte iſt. Hiernach berechnete er ſchon 1735 die mittl. T. von Paris. Werden die Beobachtungen zu ungleichen Zeiten gemacht, wie um 9, 12 und 7 Uhr, ſo iſt es falſch, wenn man um die mittl. T. zu finden, dieſe mit 3 dividirt. Wir vergleichen die mittl. T. des Morgens mit der des Abends, ſtatt das Minimum des einen Tages mit dem Maximum des andern Tages, und dem Minimum der einen Nacht mit dem Maxi- mum der andern zu vergleichen, wobei aber der Unterſchied ſehr geringe iſt. Herr Halſtröm hat vorgeſchlagen, die Curve der täglichen Wärme zwiſchen 2 Minima und 2 Maxima durch 4 Parabeln zu finden. Selbſt das Maximum der Wärme eines jeden Tages iſt nicht überall gleich, bei uns fällt es zwiſchen 2 und 3 Uhr des Nachmittags, in der ſüdlichen Hemisphäre dagegen zwiſchen 1–1½ Uhr. Dieſe Beobachtung iſt zuerſt in Cuxhaven gemacht aber für ähnliche Breiten nützlich. Die beſte Methode iſt demnach wohl die, daß man das Minim und Maxim der Wärme bemerkt, und deren die Hälfte nim̃t. In neuern Zeiten hat man ſtatt des Thermometers eine Uhr vorgeſchlagen, und Graſsmann wollte nach [430./0436] der Ausdehnung des Pendels die Grade beſtimmen, nachdem die Abweichungen der Uhr durchs Thermometer ermittelt waren. Man muß aber nicht glauben, daß bei ſolcher Compenſation der Gang des Thermometers genau angegeben würde. In neuern Zeiten hat man ſich auch beſonders bemüht, die Stunden zu finden, die die mittl. T. des ganzen Jahr’s haben. Viele Beob- achtungen auf dem Fort Eclipſe in Edinburgh haben gezeigt, daß um 9 Uhr 13 Minuten Morgens und 8 Uhr 27 M. Abends die mittl. T. des Tages iſt, ſo daß zwei Stunden gleichnamiger Temperatur dazu führen. Und ebenſo läßt ſich nach den Monaten die mittl. T. des Jahres finden, in Ofen iſt ſie zwiſchen dem 15 und 18t April und 15–22t Sbr; in Mailand zwiſchen den 18–22t April in Paris den 22t April und 18t Sbr. Der October iſt überhaupt am günſtigſten zur Beobachtung der mittleren Temperatur. Ehe ich im Verfolge der Betrachtungen über die verſch. Temperaturen der atmosphäriſchen Umhüllung unſers Planeten weiter gehe, erlaube ich mir noch einmal der Deutlichkeit wegen eine allgemeine Rückerinnerung des ſchon Geſagten, damit die Verfolgung des Weiteren mehr Einheit erlangen möge. [431./0437] 49. Vorlesung, 9. April 1828 Wir haben die Atmosphäre des Erdkörpers in ihrer Analogie und in ihren Contraſten, ſo wie das Minimum einer ſolchen Umhüllung ſo wohl früher bei einzelnen Planeten, inſonderheit des Mondes, als jetzt bei unſern eigenen Erdkörper unterſucht. Den andern Contraſt einer atmos- phäriſchen oder ihr ähnlichen Umhüllung bilden die Kometen, von denen einzelne, wie früher erwähnt iſt, ſelbſt keinen Schweif erkennen laſſen. Einer von dieſen der Bielaſche, iſt der einzige und den bekannten, welcher der Erde gefähr- lich werden könnte, da er die Erdbahn durchſchneidet. Dieſer Komet, deſſen kleiner Kern kaum 20–24 Meilen im Durch- meſſer hat, alſo mehr als um die Hälfte kleiner wie die Veſta /60 M. Durchm./ iſt, hat in ſeinem Kerne keine mehr bewegbare Materie. Seine Dunſthülle umfaßt 4⅔ Erdhalbmeſſer, ſo daß ſie 10 mal ſo viel Raum einnimmt als der Kern. Die Erdatmosphäre iſt nicht immer in demſelben Zu- ſtande geweſen, und hat gleichwie die Dunſthülle der Ko- meten Veränderungen erlitten. Wir haben dieſelbe nach ihrer Ausdehnung betrachtet, deren Höhe bis zu 10 Meilen nach der Dämmerung berechnet iſt; aber noch in einer weitern Ferne etwa 20 und mehrere Meilen iſt eine dünnere At- mosphäre, deren Grenze die Aerolithen durchs Leuchten anzu- [432./0438] geben ſcheinen, wozu der Sauerſtoff wahrſcheinlich nöthig iſt. Ferner haben wir die Umhüllung nach ihrem Drucke und nach der hygrometriſchen Beſchaffenheit betrachtet, was uns auf die Waſſermeteore ſelbſt führte, und von denen wir zur Klimatologie übergingen. Hier ſehen wir gleichſam eine abſteigende Thermometerſcala vom Aequator nach den Polen zu in den Naturerzeugniſſen des Zuckerrohrs, Oel- baums, des Weinbau’s und endlich der fruchtreichen Gräſer. Die große Menge von Thatſachen, welche in neuerer Zeit den Temperaturbeobachtungen zu Hülfe gekommen ſind, erlauben, die Klimatologie beſſer ordnen zu können, und weſentlich dient hierzu, die Luft über den Continenten und dem Meere einzeln für ſich zu betrachten. Bei den Conti- nenten erfordert ſie eine beſondere Unterſuchung der untern Schichten in den Ebenen, und der obern oder den Höhen. Auch die Beſchaffenheit des Meere’s äußert den wichtigſten Einfluß, und wohl iſt zu unterſcheiden, ob die Atmosphäre auf den flüſſigen Theilen deſſelben oder dem Starren, dem Eiſe ruht. Ferner habe ich die Intenſität des Lichts, den Einfluß der Berge, die dunkele oder helle Farbe des Erdkörpers, und die Wirkung der Sonnenſtrahlen eines dunſtigen oder wolkenfreien Himmels abgehandelt. Nach den früher angegebenen Verſuchen des H Gay Lusſac’s [433./0439] müſſen die Sonnenſtrahlen einen unmeßbaren Einfluß haben. Dieſem reihete ſich die Betrachtung des Küſten und Innern Klima’s an. Die directen Sonnenſtrahlen ſind es allein welche im Parenchym oder dem Zellgewebe der Pflanzen ſo höchſt einflußreich wirken, und deren Wirkung /Wärme/ durch das Thermometer nicht gemeſſen werden kann. Eben darum auch zieht ſich den Weinbau auf den Höhen bis zu einem kleinen hinauf, bei dem er in der Ebene längſt aufhört, und manche Pflanzen gedeihen in einigen Gegenden, wo ſie ſonſt nicht gedeihen würden, und das Thermometer nicht ſo viele Grade angiebt. Auch der Kälte wurde gedacht etc. etc. H Gay-Lusſac fand, daß eine beträchtliche Kälte von etwa − 10° R. hervorgebracht wurde, wenn er am Ther- mometer auf feuchte Subſtanz /Papier etc./ gelegt, in eine recht trocken Luft gebracht wurde. Das Waſſer von den feuchten Subſtanzen wird augenblicklich von der trocknen Luft aufgenommen wodurch viel Wärme gebund wird. In Afrika ſinkt jedesmal das Thermometer um 15° wenn der Harmattan weht. Bei der Vergleichung des Continental- und Küſtenklima’s erkannten wir den Unter- ſchied der Oſt- und Weſtküſten, wobei wir wahrnehmen, daß die Oberfläche des Oceans eine beſtändige Tendenz von [434./0440] Wärme hat, die beim Attlantiſchen Meere 7° beträgt. Parry, der den Einfluß des Meeres auf die Continente, beſonders des Weſtwindes auf die Weſtküſten nicht geahndet hat, führt an, daß an der Baffingsbai die Oſtküſte kälter als die Weſtküſte ſei, und er ſchreibt es fälſchlicher Weiſe der Rotation der Erde zu. Dieſe Verſchiedenheit des Küſtenklima’s hat uns auch auf die Idee der iſothermen Linien geführt, und wir haben geſehen warum Nordamerika für Kälter gehalten wird, oder warum die Linien gleicher Wärme weder Parallelkreiſe, noch unter ſich parallel ſind. Das Continentalklima hat die Eigenthümlichkeit, daß die Winter ſehr kalt und die Sommer ſehr heiß ſind. In New York das ſüdlicher als Neapel liegt, iſt im Sommer die mittl. Wärme 21°, dagegen bleiben die großen Ströme dort im Winter 3–4 Monate gefroren. Anders aber iſt es wenn man über das Allegheniſche Gebirge in die großen Ebenen des Miſſiſippi geht; je man hat an der weſtliche Küſte von Amerika noch eine größere Wärme als unter denſelben Breiten in Europa. Die Zunahme der Wärme giebt eine arithmetiſche Progreſſion, wo das Maximum bei uns um 2½ Uhr und das Minimum gleich vor Sonnenaufgang iſt, ſo daß wir an jedem Tage 2 Beobachtungen haben. [435./0441] Die mittlere T. eines Ort’s läßt ſich auch uns der Quellenwärme erkennen, genauer aber noch aus Bohrlöchern, wo ſie ſich nach Verſuchen in Frankreich bei 32′ Tiefe ergiebt. Auch die Oberfläche des Meer’s unter denſelben Breitegraden giebt die mittl. T. des Ort’s, aber in der Regel etwas weniger höher. Noch ein anderes Mittel was ſchon die Alten kannten, iſt das durch die Kultur des Bodens und der Früchte. Die jährliche mittl. T. von Berlin iſt faſt 7°, und die mittl. T. des Auguſts iſt zwiſchen 14 und 15°. Um die Kultur der Dattelpalme in ihrer wahren Schönheit hervor zu bringen iſt die mittl. T. von 18° nöthig; dagegen um nur einen Wald von dieſen Palmen ohne Früchte zu ziehen, wie man es weſtlich von Genua ſieht, reicht die mittl. T. von 14° hin. Citronenbäume können wenn ſie in freier Luft ſtehen, und nicht wie bei uns gleichſam in Hoſpitälen gepflegt werden, wohl 6° unter 0 ertragen. Die mittl. T. derſelben iſt ſonſt 13½°. Die des Oelbaums der in Europa zwiſchen 36–44° Br. wächſt iſt 11½–14°, hier kommt es aber vorzüglich auf die kälteſten Monate an, nicht unter 4½° darf es kommen. Guter trinkbarer Wein erfordert 7–8° mittl. T. zu ſeinem Gedeihen iſt aber hauptſächlich nöthig, daß die mittl. T. der Wintermonate nicht unter den Gefrierpunkte herabſinkt, und daß die mittl. Sommer- [436./0442] wärme wenigſtens 15° beträgt. Dies Verhältniß hört in Europa mit dem 50t Grade, in Amerika aber ſchon mit den 40t Grade auf. Die Cerealien werden noch gebauet, wo die mittl. T. des Winters 1½–2° unter 0 iſt, und die der Sommermonate nicht unter 7–8° ſinkt. Die Birke braucht 7½° Wärme um auszuſchlagen. Das Erwachen der Natur im Frühjahre iſt ſo wohl- thätig, daß ſie beſonders zu vielfältigen Beobachtungen Anlaß gab. Ihr ſchnelles Erwachen beruht darauf, daß in einer kurzen Epoche die Wärme bedeutend zunim̃t. Die Pfirſiche blühen bei 4½° und die Bäume fangen an bei 8–9° auszuſchlagen. Die Zeit des Ausſchlagens iſt in Rom in März, in Berlin anfangs Mai, in Upſala Mitte Juni. Am wichtigſten iſt aber die Vegetationszeit, welche im ſüdlichen Frankreich 270 Tage dauert bei einer mittl. T. von 9°; in Petersburg iſt ſie nur 120 Tage. Gerſte wird noch in den Gegenden gebauet, die 90 Tage bei 7° mittl. T. haben, und die Kartoffeln als unterirdiſches Product, haben den Vortheil daß ſie noch nördlicher gedeihen. Wenn wir die Wärme betrachten, ſo iſt in Berlin der größte Wechſel derſelben zwiſchen März und April, wo der Unterſchied der mittl. T. 8½° iſt. Schon geringer iſt er [437./0443] vom April zum Mai, nämlich 3[FORMEL]°. Im Norden iſt der Unterſchied noch größer aber tritt ſpäter ein, dann in Petersburg iſt er vom April zum Mai mit 7¾° am ſtärkſten, und hier findet oft ein plötzliches Steigen von 3 bis 10° ſtatt. In Petersburg iſt die mittl. T. nur 3–4°. In Südame- rika muß man in einigen Gegenden ſich vor den Erkälten fürchten, wenn man aus der Sonne in den Schatten trit. Nun wollen wir uns zu dem allgemeinen Reſultaten wenden, und zwar 1t zu der Abnahme der mittl. T. des Jahr’s vom Aequator bis zu den Polen auf den Ebenen der Continente. – Hier in der temperirten Zone war ich die Zwiſchenpunkte annehmen. Ueber die Temperatur unter dem Aequator iſt viel ge- ſtritten. A. hat ſie zu 24° beſtimmt, ſie iſt aber nicht mehr wie 22,2°. Die Beobachtungen von Ceylon ergeben 21°,7. Batavia 21°,2. Die mittl. T. des Jahres unter dem Aequator iſt alſo um 1½° wärmer als die des wärm- ſten Monats in Neapel, um 2° als die in Rom, um 7° wärmer als in Paris und um 9° als in Berlin. Gegen den Wendekreiſe hin nimmt ſie ab, obgleich die Gewächſe die- ſelbe bleiben, da ſie hier wie in Weſtinden nur 19–22° iſt. Havannah hat 20°,5, Macao faſt 19°, wo es ſogar auf der [438./0444] öſtlichen Küſte im Winter friert. Rio-Janeiro hat 19°. Auf den Canariſchen Inſeln nach H von Buch, unter 28° Br. 18°,2. Unter demſelben Grade iſt ſie in Nilthale von Africa etwas früher. Cairo hat 18°. Mailand nur 10°, und Paris 7°,5. In weiter gegen Weſten um ſo höher erhält ſie ſich, denn in Stockholm ſind es 4°,5, in Finnland 4°, in Petersburg kaum 2°,5. Die mittl. T. von Paris iſt bei uns anfangs Mai, und die von Petersburg in März herrſchend. Näher den Polen zu, fehlt es an genauen Beobach- tungen. Scoresby /der berühmte Wallfiſchfänger/ fand unterm 78° der Breite −5°,5, weſtlich von der Hudſonsbai −7°,5 mittl. T. das Fort Entrepriſe in der kälteſten Gegend unter 64° N. Br. im Lande der Kupferindianer hat −7°. Parry fand, daß die 6 Wintermonate der Mellwilles-Inſeln 24–25° – 0 mittl. T. hatten, alſo ebenſoviel unter dem Gefrierpunkte, als unter dem Aequator darüber. Oeſtlich von der Bären- und weſtlich von der Knocheninſel iſt dieſelbe Temperatur. – Ueber die mittl. T. der Pole iſt ebenfalls viel geſtritten; man nimmt hier ein allmähliges Abnehmen der Wärme an, und H Arago hat ſie in einer kürzlich erſchienenen Schrift wenigſtens auf −20° beſtimmt. Der berühmte Aſtronom Tobias Meyer hat ſich ſehr über die [439./0445] Abnahme der Wärme geirrt. Ich bin der Meinung, daß die mittl. T. der Pole, ſo viel unter dem Gefrierpunkte beträgt, als die des Aequators über demſelben iſt. 50. Vorlesung, 10. April 1828 Wenn man ſo vom Aequator gegen Norden in die tem- perirte Zone übergeht, iſt die Abnahme der Wärme in dem verſchiedenen Syſteme der iſothermen Linien verſchieden. Die- jenigen Linien welche correſpondiren, bilden wie es in Europa oder dem alten Continente der Fall iſt, den concaven Scheitel; das Gegentheil iſt, wenn ſie wie in Amerika den convexen Scheitel zeigen. Es giebt daher ein cisattlantiſches Syſtem in Europa und ein tranſat- lantiſches in Amerika. Schreitet man von 10 zu 10° von Aequator nach Norden fort, ſo wird man zwiſchen den 40 und 45t Grade die ſtärk- ſte Abnahme der Wärme finden. Es iſt dies nicht allein phyſikaliſch ſondern auch mathematiſch wichtig, da hier die Theorie mit der Praxis übereinſtimmt. Es iſt hier die Zone, wo der Oelbaum an den Weinbau grenzt, und wo die Länder liegen, welche eine große aber auch verſchiedene Kultur haben, die in ihren mannigfaltigen Erzeugniſſen und Producten der Natur den Handel haben, die Thätigkeit des Geiſtes fördern, und ſo weſentlich auf ein geiſtiges Fortſchreiten einwirken. [440./0446] In der temperirten Zone iſt ein Jahr verſchieden von dem andern; in Paris iſt dies häufig um 1–2° der Fall. Da nun die Jahre aber die glücklichſten und ſagenreichſten ſind, wo eine beſtimmte Maſſe von Wärme auf den Erd- boden in einer gewiſſen Zeit hervorgebracht wird, ſo iſt es nothwendig, dieſe beſtimmte Quantität der Wärme in ſolchen Perioden zu wiſſen. Die mittl. T. der Jahre in unſern Breiten ſind oft in ſo weit verſchieden, daß ſie um ¼ der Wärmequantität mitunter abweichen, und um 1° mit Gewißheit zu beſtimmen, hat man eine Maſſe von 8000 Beobachtungen nöthig. Unter dem Aequator iſt die mittl. Quantität der Wärme ſich ſo gleich, daß ſie nach mehr- jährigen Beobachtungen nur um 1/20° vereint. In Paris hat man nach 21 jährigen Beobachtungen gefunden, daß die Wintermonate um 5–6° abweichen; und daß ſelbſt der wärmſte Sommermonat Auguſt, da er gewöhnlich 13–14° mittl. T. hat, zuweilen 17–18° giebt. Ueber die Maxima der Wärme herrſchten bisher viele Unrichtigkeiten, weil die Beobachtungen nicht immer unter dem Einfluße des Schattens angeſtellt ſind. Nach den Unter- ſuchungen des H Arago kann kein Reiſender in einer reinen Atmosphäre 7′ über der Erde, das Thermometer höher als [441./0447] 37° geſehen haben. Zu Baku in Indien ſoll es bei Tage 37–39° und des Nachts 27° zeigen. Capit. Tucky hat bei Tage aber nur 36° und des Nachts 28° beobachtet. Der Capitain Beaufort hat am Senegal 38½° bemerkt. H Ritſchi will in Fezzan wo er ſtarb, zwiſchen 38–43° geſehen haben. Die Atmosphäre iſt hier ganz mit Staub gefüllt, und indem dieſe kleinen Partikelchen an die Kugel des Thermome- ters ſchlagen, bewirken ſie einen höhern Stand deſſelben; man kann dieſe Beobachtung daher nicht ſo annehmen, als wenn ſie im Zuſtande einer reinen Atmosphäre angeſtellt wäre. In der temperirten Zone iſt die Hitze verhältniß- mäßig größer als unter den Tropen, die in erſterer häufiger hohe von der Nova abweichende Wärmegrade ſich zeigen. Nach den Beobachtungen der letzten 20 Jahre er- reichte das Thermometer in Paris einmal 29°,5, und 8 mal 28°; beſonders heiß war es im Jahre 1793, wo es auf 30°,7 ſtand. Die Menſchen können eine weit größere Hitze ertragen, als man gewöhnlich glaubt, denn in der Oaſe von Mursuk leben die Einwohner Monatelang bei + 43°, ohne Beſchwerden zu fühlen, obgleich die Blutwärme nach den neueſten und beſten Unterſuchungen von John Davy kaum 30° hat, früher nahm man ſie zu 32° an, was aber falſch iſt. Bei den [442./0448] Vögeln ſteigt ſie bis zu 35°. Bei den Verſuchen des Dr. Blickſtedt über den Einfluß der Wärme auf den Menſchen, die in Zimmern angeſtellt wurden, haben mehrere Perſonen bei 102° R. acht Minuten aushalten können. Bei einer ſolchen kaum glaublich erhöheten T. werden die Menſchen durch die eigene Dunſthülle der Tranſpiration geſchützt. Der Sand in den Wüſten ſteigt oft bis zu 50° R. Am Orinoko finden ſich ſchwarze Steine, die eine ſolche Hitze annehmen, daß ſie des Nachts noch 40 und einige Grade zeigten, da die T. ſonſt doch weit ge- ringer iſt. Die größte Kälte iſt noch die, wo Weingeiſtthermo- meter gefroren ſei ſollen. Die, welche die Menſchen noch gut ertragen können iſt − 40° R. Parry fand dieſe im Lande der Eskimos, und verſichert, daß die Ein- wohnern zu den fröhlichſten Menſchen gehören, die in Erd- hütten wohnen und Eisſchollen ſtatt Fenſter haben. Parry bemerkte, daß wenn die Kälte nur um 5–6° abnahm, er und ſeine Begleiter ſich ſo beſchwert fühlten, daß ſie die Fenſter öffnen mußten, um friſche Luft zu genießen. Ein Gegenſatz hiervon iſt in Guayaquil, wo [443./0449] die Spanier ſchon bei 18° Wärme friern und ſich in ihre Mäntel hüllen, weil der plötzliche Wechſel ſo empfindlich wirkt. Ganz etwas anderes iſt die zufällige große Kälte, welche nicht mit den Breitegraden zuſammenhängt. In Petersburg war ſeit 72 Jahren die größten Kälte welche mit Genauigkeit beobachtet wurde 39°,2. In Berlin war die größte beobachtete Kälte 21°,5. Herr Mädler der ſich ſehr beſchäftigt hat die T. in den letzten 30 Jahren zu unterſuchen, beobachtete, daß in 27 Jahren nur 2 mal 21° Kälte waren, den 24 Januar 1823 und den 9t Jan. 1820. das Jahr war nächſt dieſen das Kälteſte. In Paris war die größte Kälte 18°,8, mit Ausnahme des Jahr’s 1795 wo 19° waren. In Marſeille wo die mittl. T. 11½° iſt, war es 1789 − 13°,5. Verſchieden von dieſen zufälligen Kälten iſt die mittl. Kälte, die in Berlin 12°,5, in Paris 8°,5, und in Petersburg 24°,5 iſt. Daß ſolche zufällige Kälten ſelbſt in ſüdlichen Ge- genden ſtatt finden, davon geben uns die Araber ein Beiſpiel, denn als der Patriarch von Antiochien den Mammun begleitete, fand man den Nil bei Cairo gefroren. Es ſcheint ſelbſt in Liſſabon und Cadix unter 36–37° Breite. [444./0450] Das Klima, wo die unangenehme Empfindung der Kälte nicht ſtatt findet, fängt mit dem 29° der Breite an. Nicht ſo wohl iſt die jährliche Quantität der Wärme auf alle Monate vertheilt wichtig, als die welche in den verſchiedenen Jahreszeiten herrſcht. So findet ſich in dem wohl- thätigen weſtlichen Klima des alten Continents eine geringe Verſchiedenheit in den iſothermen Linien zwiſchen der Sommer- und Wintertemperatur, dagegen iſt in Amerika zwiſchen beiden der größtmögliche Unterſchied. In New- York z. B. unter 40°,3 Breite, in der Linie von Neapel iſt die Sommerwärme gleich der von Rom, die das Winter gleich der im Kopenhagen. In Quebeck iſt es noch bedeu- tender da der Sommer gleich dem in Paris, der Winter aber dem in Petersburg gleich iſt. Sehr möglich daß dieſe unglückliche Kälte Theil an dem gelben Fieber der Einwohner hat. In den Zahlen der iſothermen Linien geben die obere die Sommerwärme, die untern die Winterkälte an. Nach einiges von dem Unterſchiede der nördlichen und ſüdlichen Hemisphäre. Früher waren alte Vor- urtheile, daß die ſüdliche Zone kälter ſei, die beſonders noch durch Cooks Reiſen vermehrt wurden. H Huygens der dem Südpole näher als Cook kam, fand immer noch ein [445./0451] eisfreies Meer. In Chili iſt es nicht um 3° kälter als in Cadix, je wenn wir die Pyramidalform in Anſchlag bringen, ſo würde hier dieſelbe mittl. T. ſein, ſo daß man ſich über die Einheit der Natur wundern muß. Am Vorgebirge der guten Hoffnung iſt die mittl. T. 15°,5, in Port Jackſon 15°,4, und Buon-Ayres 15°,8, alſo nicht um ½° Unterſchied. Eine größere Verſchiedenheit der Kälte fängt erſt in der Breite von Berlin an, wo ſie in der ſüdlichen Hemisphäre größer iſt. Es rührt dies von der kleinen Entfernung der Sonne während des Winterſolſtitiums in unſerer nordiſchen Zone her, und dieſer längere Aufenthalt nördliche der Sonne wirkt kältend auf die ſüdliche Zone. Beide He- misphären haben eine gleiche Quantität Wärme und Licht. Nur der Verluſt der Wärme iſt in der ſüdlichen größer, weil die Sonne 8 Tage ſpäter eintrit. Dieſes iſt die Anſicht von Prewoſt. Die Haupturſache liegt aber wohl in dem Mangel der Continente, indem hier beweiſe ⅓ weniger als in der nördlichen ſind, wodurch eine geringere Menge Wärme und Lichtſtrahl der Sonne zerſetzt werde. Von dem Verhältniſſe des Luftkreiſes auf den Bergen. Die Kenntniß der obern Luftſchichten war bis zum Jahre 1782 ſehr dunkel, bis daß ſie durch aeroſtatiſche [446./0452] Verſuche genauer unterſucht wurden, denn früher betrachtete man die auf den Höhen nicht anders, als die am Fuße der Bergen. Die Maſſe von Hagel welche auf den Bergen ſich lagert, macht glauben daß es oben kälter ſei. Daniel Bernoulli hat noch daran gezweifelt, je durch die Hydrodynamic ausgeſprochen, daß die Kälte ein Einfluß der Berge ſelbſt ſei. Die Indianer und Creolen im ſüd- lichen Amerika glauben, daß der Schnee von ſalpetrigen Salzen herrühre. Die Aeroſtaten haben dieſes alles nun widerlegt; ſo fand H Gay-Lusſac, als er bei 23° in die Luft ſtieg, in einer Höhe von 20,000 Fuß nur 5–6°. Den Alten hat man unrecht mäßiger Weiſe dieſe Idee zugeſchrieben, denn Ariſtoteles ſagt ausdrücklich, daß die ſtrahlende Wärme abnehme, wenn man oben an die Berge komme, höher hinauf aber wieder dieſelbe Wärme eintrete. Sie glaubten daß es jenſeits der Ipheiſchen Gebirge ſchrecklich kalt ſei, nach den Polen zu aber wieder ſehr warm werde, und unter dem Aequator wieder kalt ſei. Einige glaubten ſogar daß es Berge gäbe, die wiederum aus der Schneegränze emporragten, und worauf es wieder ſchön ſei. In der temperirten Zone giebt es wenig Hochebenen wo ſich noch Fruchtbarkeit zeigt; eine von dieſen iſt die [447./0453] Bairero /?/ von 1560′ Höhe, gegen die der Anden iſt ſie aber höchſt unbedeutend. Die Urſache warum in der tempe- rirten Zone die Gröſſe der Hochebenen ſo verſchieden von denen der Tropen iſt, liegt darin, daß hier die Gebirge aus größern und dickern Maſſen beſtehen, auf denen ſich größere frucht- reiche Ebenen erhalten können. Eine Ausnahme hiervon macht aber das Himalhaigebirge. Auf der andern Seite des Aequators können über 40° Br. hinaus, auf einer Höhe vom 7000′ die Menſchen ſich nicht mehr erhalten. In Südamerika, in Mexico und in Habeſch erhaben ſich große Hochebenen bis zur Höhe von 6–7000′. Wenn wir die Gebirge von Aſien betrachten, ſo werden wir 2 Gebirgsketten finden, von denen erſtens das Himalhaige- birge, das Zungengebirge etc. etc. und den Flächeinhalt aller dieſer Gebirge vereint, nehmen ſie doch keinen größen Raum als Neuholland ein. Aus Marco Paulos Reiſen ergiebt ſich, daß ſelbſt der Weinbau bis nach Sibirien hinaufgeht, und durch Abel Remusat haben wir eine Menge Pflanzen kennen gelernt, welche auf dieſen Hochebenen Aſiens wachſen. Die neueſten Nachrichten ſind aber von Gerhard /1821–1822/ wonach der Ackerbau in weſtlichen Tibet noch auf einer Höhe von 11,000′ getrieben wird, wo in andern Gegenden die Schneegrenze auf ewig ihren Sitz [448./0454] aufgeſchlagen hat. Durch die Wärmeſtrahlung allein iſt es möglich, daß die Menſchen auf dieſen Höhen leben können. Finden ſich unter denſelben Breiten-Graden, wo in dem nördlichen Europa noch Garten- und Ackerbau getrieben werden, in Nord-Amerika und Nord-Aſien nur ſumpfige, moosbedeckte Länder, ſo äußert dagegen die kräftige Wärmeſtrahlung von Inner-Aſien, zwiſchen den faſt parallelen Bergketten des Himalaya, des Zungling und des Himmelsgebirges, den glücklichſten Einfluß auf die Aſiatiſche Bevölkerung. Die ewige Schneegrenze liegt am nördlichen Abhange des Himalaya 4000′ höher als am ſüdlichen Abhange, und die phyſikaliſche Erklärung welche ich von dieſer ſonderbaren Erſcheinung gegeben /Annales de Chimie et de Phyſique T. III. p. 297. etc./ iſt durch neue Meſſungen und Beobachtungen in Oſtindien, nach Herr Colebrooke’s Berichte, beſtätigt werden. Millionen von Menſchen Thibetaniſcher Ab- kunft und düſterer, religiöſer Gemüthsſtimmung, bewohnen volkreiche Städte, da, wo bei einer minderen Ausdehnung und mindere Continuität der Hochebenen, Felder und Städte, das ganze Jahr hindurch, in tiefem Schnee vergraben ſein würden. Die Oberfläche der Erde ſelbſt kann man als die Quelle der Wärme betrachten. Die ſtrahlende Wärme [449./0455] geht durch die reine Luft, ohne dadurch geſchwächt zu werden nicht aber ſo wenn die Luft mit Dünſten angefühlt iſt, und da in den untern Luftſchichten die Wärme von der Erde zurückſtrahlt, ſo müſſen dieſe auch wärmer ſein, und überhaupt mehr die Wärme unter abſorbirt werden. Laplace ſagt, wenn es keine Atmosphäre gäbe ſo würde es bei 24,000′ Höhe nicht kälter ſein als auf der Erd- oberfläche. Zu dieſer Annahme verleitete ihn die Mei- nung, daß die Luft bei ihrer Ausdehnung Kälte hervor- bringen, und ſo umgekehrt, daß wenn die Luft von oben herabſteigend, unten comprimirt würde, Wärme er- zeuge, daher unten warm oben kalt; mit dieſer Mei- nung iſt Laplace auch geſtorben. H Leslie war der- ſelben Meinung. – Man muß ja auch bedenken, daß durch aufſteigende Ströme, auch wieder niederſteigende Luftſtröme entſtehen müſſen. Die alleinige Urſache bleibt aber nur die Oberfläche der Erde ſelbſt, welche die Strahlen abſorbirt. 51. Vorlesung, 11. April 1828 Die ſtrahlende Wärme geht nicht durch ein Glas, es müßte denn ſein bei hoher Temperatur. Es giebt vielleicht in den der untern Luftſchicht beigemiſchten gasförmigen Theilchen ſelbſt eine Wärmeleitung, nach den untern [450./0456] dichtern Theilen, denn wenn man wie H Pictet bemerkt, auf die Oberfläche des Waſſers eine heiſſe Platte legt, ſo geht die ihr ausſtrahlende Wärme nach unten. Weil die Temperatur der obern Schichen von dem Zuſtande der Oberfläche des Erdkörpers abhängt, ſo müſſen ſie auch im Sommer eine andere T. als im Winter haben. Ueber 7000′ iſt daher eine ganz andere T. als über dem ſtrahlende Continente. Wenn aber alle Meere auf 4– 5000′ ſinken, würden alle Klimate der Erde kälter werden, weil ſie dann Hochebenen würden. Dieſe Wärme würde ſich aber weniger in den wärmeſtrahlenden Ebenen zeigen als in den äußerſten Extremen derſelben. Unterſuchen wir alſo die Elemente aller dieſer Einwirkungen in den höhern Schichten, ſo finden wir daſelbſt deshalb weniger Wärme als in den tiefen Schichten, weil weniger abſorbirt wird, dazu kommt noch, daß in den obern Luftſchichten weit weniger Dunſtbläſchen ſich befinden. Da wo nun Berge ſind, werden ſie auf der einen Seite eine Urſache der Wärme ſein, auf der andern dagegen ſtrahlen ſie auch mehr aus, und des Nachts iſt dieſe Strahlung auf den Bergen ſtärker, wo die Bergzapfen in die Luft hinein- reichen, daher auch auf Bergen von rundlicher oberer Bildung über den äußerſten Spitzen ſich _ Wolke bilden. [451./0457] Die Abnahme der Berge bis zu den höhere Schichten iſt beſonders wichtig für die Barometermeſſungen, da in den Beſtimmungen der neueſten Formeln die Abnahme der Temperatur mit dem Barometerſtande eine arithme- tiſche Progreſſion bilden. Es giebt aber Mittel dieſe einzelnen Luftſchichten zu berechnen 1. Nach der Abnahme derſelben, welche einzelne Reiſende in der Beſteigung groſſer Höhen geprüft haben. 2. Durch die mittlere Temperatur der Gegenden, die am Abhange ſolcher Berge liegen, und wo man auf dieſe Weiſe die Schichtungen von 500 zu 500 Toiſen unterſucht. 3. Ein vortreffliches Mittel ſind aeroſtatiſche Reiſen wie H Biot und Gay Lusſac unternahmen. Dividirt man mit der Zahl der Wärmegrade die Fuße der Höhe, ſo findet man ausgedrückt, wie viel Fuß zur Abnahme der Temperatur gehören. Wichtiger würde es ſein, wenn man Rationen in den Luftſchichten nehmen könnte, und ſchon hat man in neuern Zeiten am Pole mit Drachen ſolche Maxima Thermometer hinaufgeſchickt; leichter würde es jedoch ſein, wenn man es in verſchiedene Zonen machte. 4. Nach der Wärme der Quellen auf hohen Bergen. Dies iſt aber kein ſicheres Mittel, weil hier eben ſo gut das [452./0458] Innere der Erde mitwirkend ſein kann. Die Höhlen gebe 5t ein noch unſicheres Mittel. Die Temperatur der Höhen iſt ſehr trüglich, weil ihre ſenk- rechten Richtungen die Kälte in ſich erzeugen, aber nicht die Wärme einnehmen. H Fournier bemerkte, daß wenn die Schichten gleiche Wärme haben, dieſe nicht von der Höhe der Berge abhängt. Dagegen ſind die Beobachtungen an den Ab- hängen der Berge weit ſicherer, weil hier die Perturbationen uns ſehr kleine Verſchiedenheiten geben. Wo ſich große Ebenen hoch in das Luftmeer als Un- tiefen erheben, werden ſie bei Tage ſich ſchneller erwärmen, als der Abhang der Gebirge, bei Nacht ſtrahlen ſie dagegen auch wieder mehr aus. Demnach iſt es in den Städten von Amerika die auf ſolchen Hochebenen liegen wärmer, als in denen am Abhange der Gebirge von gleicher Höhe, jedoch iſt der Unterſchied nicht über 1½–2°. Liegen aber die Ebenen, wie in Central-Aſien noch größer aus- gebreitet, ſo iſt der Unterſchied auch bedeutender, weil hin- durch andere Geſetze entſtehen wie in den Anden ſind. Auch die Abnahme der T. an den Gebirgen iſt ſich nicht immer gleich; am bedeutenſten iſt ſie in der Höhe von 6–7000′ wo die erſten Wolkenſchichten gewöhnlich ſich unter [453./0459] den Tropen zeigen, darüber hinaus iſt die Abnahme wieder geringer. Die T. iſt ſowohl unmittelbar unter den Wolken, wie auch darüber nicht ſo niedrig, wie in dem Nebel derſelben. Auch meinen Reiſen in den Tropen fand ich durch viele Vergleichungen, daß bei einer Höhe vom 700′ das Thermometer aus um 1° ſinkt. Dagegen nimmt ſie den Alpen und Pyrenäen nach den Unterſuchungen von Sausſure, Ramond etc. im Sommer bei 520′ und im Winter bei 400′ Höhe um 1° ab. In den höhern Luftſchichten der Tropen iſt daher die Abnahme der T. geringer als in der nördlichen Zone. Laplace hat eine Formel angegeben, nach der man aus der Strahlen- brechung die Temperatur berechnen kann. In kälteren Gegen- den hat man erſt bei 900′ eine Abnahme der T. um 1° gefunden. Es iſt alſo in den höhern Luftſchichten ſolcher Zonen weit weniger kalt als man glauben ſollte. Durch Barometer- formeln ſollte man eigentlich die Temperaturabnahme auf die einzelnen Schichten anwenden können, da dieſe dann den Höhen proportional ſein würde. Unter den Tropen wo die T. ſo gleichförmig iſt, iſt es am beſten, die Ab- nahme derſelben mit der T. der einzelnen Monate zu vergleichen. So herrſcht in den Ebenen des Orinoko und [454./0460] Amazonenſtrom’s eine T. die höher /3–4°/ als die des Auguſts in Berlin, und gleich iſt der des Auguſts in Rom. Höher hinauf nach Loxa, wo die Wälder der Cinchonen anfangen, iſt noch auf der Höhe von Popayan bei 6000′ die Temperatur der des Auguſts von Berlin gleich. In den Hochebenen von Quito bei 9000′ iſt die T. gleich der in Anfange des Mai’s zu Berlin. Dann kommt aber die Schnee- grenze, die Paramoszone /?/, wo die Bäume nur krüppelartig ſich zu einer Höhe von 3–4′ emporarbeiten, und die T. des Nachts auf 3–4° R. herabſinkt. Bei 10–11,000′ Höhe herrſcht das ganze Jahr hindurch die mittl. T. von Berlin in April. Auf 6000′ iſt unter den Tropen die mittl. T. der von Calabrien gleich, dagegen die unter dem 40° Br. bei 6000′ Höhe der von Lappland gleich iſt. Nun wollen wir die iſothermen Puncte der Ebenen der Erde mit denen an den Bergen vergleichen, welche ſie in gekrümmte Linien berührt. Man bildete ſich früher ein, daß die Pole den Gefrierpunct als mittl. T. hätten, und ſelbſt Lexlei war dieſer Meinung. Die Schneegrenze iſt aber nicht immer da, wo die T. iſt, ſondern ſehr verſchieden, unter den Tropen iſt ſie z. B. 2° über dem Gefrierpuncte. [455./0461] Die Höhen der Berge mit den Breitegraden zu meſſen war die erſte Idee. Schon Tournefort hatte als er den Ararat beſtieg eine ähnliche Idee, er glaubte nämlich in den verſchiedenen Schichten die Kulturen der verſchiedenen Länder zu finden, fälſchlicher Weiſe aber nahm er nach der Lage des Landes zuerſt die Kultur von Italien und glaubte daß dieſer die von Frankreich folgen müſſe, dieſer die des nördlichen Deutſchlands, Lappland etc. Ich fand dagegen, daß wenn man zwiſchen 40° und 50° N. Br. von den Alpen die erſten 3000′ vergleicht, ſo corres- pondiren zu dieſer Höhe 15 Meilen der Ebene nach Norden oder 1° N. Br. Will man aber die Schneekoppe beſteig, ſo iſt es als wenn man 15° gegen Norden ginge, gleich Lapp- land unter den 68° Br.; dagegen hat die Ebene bei derſelbe 8° mittl. T. Im Sommer kommen bei den ſüdeuro- päiſchen Gebirgen auf 3000′ nur 10 ſtatt 15 Meilen. Ganz anders iſt es mit der Weinkultur; ſie geht höher auf die Berge als ſie ſich in den Ebenen gegen Norden hin erſtreckt. Auf der Höhe von 2400′ wird in ſüdlichen Frankreich nach Weinbau getrieben, der dagegen 4° weiter gegen Norden aufgehört hat. Nach der Kultur der Pflanzen kommen auf dieſe 3000′ nicht 15 ſondern 7 Meilen. [456./0462] Das Phänomen der Schneegrenze mußte ſchon früh die Einbildungskraft der Menſchen beſchäfftigen, indem es ein ſinnlicher Beweis der kälteren T. oben auf hohen Gebirgen iſt. Wenn ſchon auf den Alpen und Pyrenäen wo nur unſere Eichenarten noch wachſen, es einen herrlichen Contraſt giebt, dieſes Grün der Wälder in den höher hinauf nie- drigen Strauch und Raſenbekleidung übergehen, und dieſe wieder mit dem unendlich fortlaufenden Weiß des Schnee’s abſtechen zu ſehen, ſo muß die Natur unter den Tropen ein noch weit großartigeres Anſehen geben, weil der Contraſt hier ſchöner, erhabener und prächtiger ſich darbietet. Be- ſonders empfindet man dieſes auf der weſtlichen Seite der Andeskette, wo die herrlichſte Phyſiognomik der tropi- ſchen Gewächſe beſonders der Palmen, des Piſang etc. ſich gegen die Schneegrenze erhebt, und wo dieſe den Unter- ſchied der höchſten Berge ſo deutlich bezeichnen. Von Charles Marie de la Condamine und Bouguer die den Chimboraſſo maßen, wußten ſchon die Indianer, daß dieſer Berg der größte ſei. – Dieſes Phänomen kann aber nur unter den Tropen, ſo deutliche Beweiſe dafür abgeben, denn in der temperaten Zone iſt die Schneegrenze nicht ſo auffallend gleichförmig abgeſchnitten. Dieſer Untergang iſt ſo gleich be- [457./0463] grenzt, daß man in den Landſchaften, wo er der Natur ganz getreu wieder gegeben wie mit dem Linial bezeichnet erſcheint, man die Wahrheit leicht in Zweifel ziehe, und es der Phantaſie zuſchreiben kann. Dieſe Grenze iſt ſo genau, daß der Unterſchied nur 15 Toiſen beträgt. In den Pyrenäen dagegen ſind eine Menge Lokalperturbationen, durch welche die Schneegrenzen oft tief hinab ſinkt. Der Montblanc würde unter dem Aequator noch nicht in die Schneegrenze reichen. Den Alten welche die Schneegrenze nur bis zu 30° N. Br. kannten, entging es, derſelben eine beſtimmte Höhe geben zu wollen um ſo mehr, da die Begrenzungen derſelben, jemehr man ſich dem Pole nähert, unbeſtimmt erſcheinen. Dieſe Erſcheinung konnte erſt durch die Entdeckung von Amerika deutlich erkannt werden, wo ſchon der Eliasberg, Kamtſchatka gegenüber, in ſeiner Höhe gleich der Schneegrenze gehalten wurde. Der Decapicado in Chili wurde von Abt Molina für höher als der Chimboraſſo gehalten, weil er nicht darauf achtete, daß die Schneegrenze gegen die Pole hin immer mehr abweicht. Wahrſcheinlich daß die hier bei 35° Br. auf 5000′ anfängt, dagegen unter dem Aequator mit 9000′ /?/ beginnt. Die Schneelinie darf man nicht verwechſeln mit dem Phänomen der Gletſcher. Das Phänomen der Gletſcher und Eisgrotten hat viel- [458./0464] fältigen Beobachtungen Anlaß gegeben. Das Gletſchereis iſt ein Gemenge von gefrorne Schnee und Waſſer, bildet auf der einen Seite die Schneegrenze, auf der andern dagegen reicht es über ſie hinaus und ſinkt zuweilen bis 3000′ herab. Die Gletſcher gehen vor oder zurück. Man glaubte, früher daß ſich das Eis beim Frieren zuſammenzöge, was je aber nicht der Fall iſt. Ritſchie glaubte, daß ſie im Winter verdrängen, Sausſure hat aber das Gegentheil bewieſen, denn im Sommer ſchmilzt das Eis unten, es entſteht ein Bogen wodurch das Fortſchieben der Gletſcher nur möglich iſt, weshalb man es auch nur im Sommer bemerkt. – Die Gletſcher ſehen aus wie ein gefrornes Meer, in deren Oberfläche ſich förmlich kleine Brunnen bilden, indem das obere geſchmolzene Waſſer bohrartig hinein dringt, wobei das wärmere Waſſer wenn es das Maximum der Dichtigkeit bei 4° erreicht hat, ſinkt, und das von 2° in die Höhe treibt. Dies Phänomen hängt alſo mit dem Maximum der Dichtigkeit des Waſſers zuſammen. Die Eisgrotten hängen nun noch weniger mit der Schnee- grenze zuſammen. Mehrere giebt es im Juragebirge bei Beſancon, eine andere iſt das Schafloch bei ― ?. Sie bilden ſich da, wo mitten im Sommer die Luftſtrömungen [459./0465] nur eine T. von 3–4° haben, und die dichtern Luftſchichten welche durch die ſenkrechte Oeffnung der Höhle eindringen verurſachen daß das Eis nicht ſchmilzt. Das großartige Phänomen der Gletſcher am Himalajage- birge erſtreckt ſich von 30° N. Br. bis zum Norden hinauf. Unter dem Aequator und den Tropen giebt es keine Glet- ſcher, vielleicht daß die Beſtändigkeit der Witterung hierauf einflußreich iſt, denn bei den anhalteſten Beobachtungen in Peru und Chili habe ich keine entdecken können. Das einzige Beiſpiel ähnlich dieſer Art, iſt am weſtlichen Theile des Chimboraſſos, wo es eine Menge von Eiskörnern 3–4′ hoch giebt, die 70–80 Toiſen von der Schneegrenze entfernt ſind. Die untere Linie der Schneegrenze iſt keine iſotherme Linie, und deutet auf keine Luftſchicht hin deren mittl. T. der Gefrierpunkt iſt. Nach Pictet’s Unterſuchungen iſt die mittl. T. der untern Schneegrenze + 1½°. Die Höhe der Schneegrenze hängt aber von der Sommerwärme ab, wie es zuerſt L. v. Buch in Scandinavien beobachtete, und richtet ſich nach der Zahl der Tage deren mittl. T. 5–6° iſt. Es kommt hier alſo auf die Vergleichung der Höhen mit den Breitengraden ſelbſt an. Die Linien gleicher Sommerwärme entfernen ſich mehr von den Parallelkreiſen [460./0466] als die iſothermen Linien. Dann Moskau /?/ welches mit dem Ausfluße der Loire in gleicher Höhe /?/ liegt, genießt gleiche Sommerwärme, aber die Wintertemperatur iſt ſehr abweichend, doch iſt der Unterſchied nicht größer als 5°. Es kann daher an 2 Orten unter gleichen Breitegraden die Sommer- und Wintertemperatur ſehr verſchieden ſein. 52. Vorlesung, 14. April 1828 Die verſchiedene Höhe der Schneegrenze vom Aequator bis zu den Polen auf unſern Planeten, iſt entweder auf den Hochebenen, oder auf den von dieſen hervorgehenden Bergen, und hängt wie geſagt von der Differenz der heiſſeſten Sommermonate beſonders ab. Wenn man die Orte welche eine gleiche jährliche T., und die welche nur gleiche Sommerwärme haben durch Linien mit einander ver- bindet, ſo ergeben ſich gleich wie beim Magnetismus drei Unterſchiede. a, Je nachdem eine gleiche jährige Temperatur iſt, b. wo nur die Sommerwärme, und c, wo nur die Wintertemperatur gleich iſt. Siehe weiter oben über die iſothermen, iſochimonen /Winter gleich/ und iſo- theren Linien. Zwei Orte die eine gleiche jährliche Temperatur im weſtlichen Theile des alten Continents zeigen, können nur 4–5 Längengrade von einander entfernt ſein. [461./0467] Erhöben ſich alle Schneeberge wie freiſtehende Kegel in Linien über die Ebenen, ſo daß die Schneegrenze der einzelnen Berge gleich hoch wäre, dann würde man aus dieſer Linie die mittl. T. der Sommermonate erkennen können. Durch eine Gruppirung von Schneebergen erkalten auch die untern Regionen mehr ab. Unter den Tropen wo alle Phänomene dieſer Art höher liegen, wird hierdurch auch die Strahlung der Schneemaſſe vermindert. Die Wärme- ſtrahlung tief oder hoch liegenden Ebenen verändert eben- falls die Schneelinie. Anders iſt es aber am ſüdlichen Abhange des Himalaja- gebirges, wo unter dem 31° Br. auf einer Höhe von 12,000′ beim Tempel Kande erſt die Schneelinie anfängt. Im nördlichen Theile dieſes Gebirges, dem weſtlichen Tibete zu wo an eine Hochebene von 7–8000′ eine andere ſich leſet, fängt die Schneegrenze erſt bei 15600′ an, nach den Meſſungen des Herr Gerard, und bei 14000′ gedeihen noch die üppig- ſten Weizenfelder. Im Sommer ſind die Küſtenländer kälter als das Innere der Continente, weshalb die iſothermen Linien hier einen convexen Scheitel bilden, und auch die Schneegrenze liegt im Innern der [462./0468] Continente höher als an den Küſten. In Aſien liegt die Schneelinie weit höher als man nach andern Gründen glauben ſollte, die Sommer ſind hier aber heiſſer, indem die Con- tinente weniger durchſchnitten ſind, was dazu viel beiträgt. Wenn ich die Meſſungen von Huet, Gerard und andern mit der Breitenhöhe von Parrot am Kaukaſus vergleiche, ſo ergiebt ſich auch hier, ohne daß das Kaspiſche Meer als von beſondern Einfluße zu betrachten iſt, daß die Sommer hier heiſſer ſind, und die Schneelinie ſpäter beginnt, als unter ähnlichen Breiten in den Pyrenäen und Alpen. Dieſen Einfluß der Sonne ſieht man auffallend nach H Wahlen- bergs Meſſungen ſchon in den Karpathen, wo bei 48° Br. die Schneegrenze höher als in den Pyrenäen beginnt; ebenfalls weil das Continent weniger durchſchnitten iſt. Ueber die Höhe der Schneegrenze unter dem Aequator iſt lange geſtritten, und vor meiner Reiſe hielt man ſie um 8000′ niedriger als ſie wirklich iſt. Unter den Tropen iſt die Schneelinie des einen Berges zu andern nicht über 80–90′ verſchieden. Die Meſſungen von Condamine, Bou- guer und andern angeſtellt, konnten nicht ganz trigono- metriſch und barometriſch ſein, und andere einwirkende Umſtände wurden ebenfalls nicht beachtet. [463./0469] Von 22 Meſſungen der Schneelinie unter dem Aequator die ich anſtellte, gab die mittl. Zahl der Höhe genau zu 14,660′ an, ſo daß der Montblanc erſt mit ſeiner Spitze in die Linie reichen würde. Lange glaubte man, daß die Schneelinie vom Aequator ab ſo gleich herabſinke, und bis zu 40° N. Br. gab es keine Meſſungen mehr. Unter den 19–20° N. Br. iſt ſie 13,800′ alſo noch nicht um 1000′ geſunken. Die Oscillation der Schnee- grenze iſt am größten gegen Norden, wo ſie eine Curve bildet, und der Unterſchied der Oscillation beträgt hier ſchon 2200′. Zwiſchen den 20–30° N. Br. kennt man keine Schneelinie. So wohl auf dem neuen wie auf dem alten Continent giebt es keinen Berg, weder der Pic noch der Aetna ſind hoch genug um ſie zu erreichen. Die Breite des Himalai- gebirges giebt Abhänge von 12000′ und nördlich von 13,500′. In den Pyrenäen und Alpen hängt die Schneelinie ſehr von Lokalphänomenen ab. Das Mittel aus den Meſſungen der nördlichen und ſüdlichen Seiten, von Sausſure, Parrot und Wahlenberg, geben dieſelbe zu 8500′ an. Wenn es bei uns in Berlin Berge von der Höhe gäbe, ſo würde ſie hier mit 7000′ beginnen, und nach Interpolation [464./0470] würde ſie 3600′ höher als der Brocken, und 2000′ höher als die Schneekoppe ſein. In Scandinavien iſt ſie von L. von Buch, beim 70° Br. zu 3300′ beſtimmt, dort würde alſo der kl Brocken gerade in die Schneegrenze reichen; an der Meeres- küſte beim 71½° iſt die nur 2200′ hoch. Selbſt wo es keinen ganz ſo hohe Berge giebt, kann man hier nach der Baumart die Schneegrenze beſtimmen, indem nämlich die Höhen zu denen die Bäume hinauf gehen, in gleichen Abſtänden von der Schneelinie bleiben, und nach der Grenze der Tannen, Kiefern u. ſ. w. kann man ſie berechnen. Bei allen dieſen Beſtimmungen iſt es nothwendig zu bemerken, daß die Schneelinien von Lokalverhältniſſen, und beſonders wie auch ſchon erwähnt iſt von der Wärme des Sommer abhängen. Daher ſind alle Tabellen die dieſelbe angeben, ſelbſt die von Leslie, ganz ohne Nutzen. Will man ſolche Tabellen machen, ſo muß eine wie Herr Wuſter beſtimmte Coëfficienten hineinbringen, gewiſſer- maaßen nach dem Abſtande, welche auf der Oberfläche der Erde gleiche mittl. T. hat. Auch müſſen bei ſolchen Tabellen zugleich die Längengrade berückſichtigt werden. In der phyſikaliſchen Geographie iſt es ſehr wichtig, mit dem Mathematiſchen alles zu verbinden, was darauf einwirken [465./0471] kann, ſonſt artet es gewiſſermaaßen in Spielerei aus, weil es wohl ein Verhältniß giebt, was aus dem Empiriſchen hergeleitet wird, ſich aber nicht auf alles Zukünftige anwenden läßt. Noch müſſen wir uns die Frage vorlegen, wo iſt die Curve des ewigen Schnee’s, und wo berührt ſie die Erdfläche ſelbſt? In Spitzbergen iſt es erſt unter dem 82–83° Br. der Fall, daß das Eis beſtändig mit Schnee bedeckt iſt. Gehen wir weiter gegen Weſten am Ende der Baffinsbai ſo iſt dies ſchon unter dem 78° der Fall. Am Kälteſten aber iſt es öſtlich von der Lena und weſtlich von der Beringſſtraſſe im kleinen Archipelagus, wo unter dem 76° ewiger Schnee die Erde deckt. Die Seeluft. Wir nennen den Theil des Luftmeer’s Seeluft deſſen Boden flüſſig iſt. Von unſern Planeten iſt ⅔ und noch etwas mehr mit Waſſer bedeckt, und die Seeluft hat beträchtlichen Einfluß auf die Temperatur. Dies hängt erſtlich ab, von der Abſorbtion der Sonnen- ſtrahlen durch das Meer ſelbſt, wodurch es auch bei Tage [466./0472] wärmer als des Nachts iſt. 2t Hängt die T. der See- luft von der Beſchaffenheit des Bodens ab, ob er nämlich flüſſig oder ſtarres Eis iſt, und 3t von den Strömungen der Winde ſelbſt. Die Luft leitet weit mehr auf ſchiefen Flächen wie die Abhänge der Berge ſind, als man glaubt, weil die Maſſe der Berge die Einwirkung auf die Temperatur veranlaſſen. So z. B. wenn man bei St. Martha gegen den Iſthmus von Panama ſchifft, fühlt man eine ſehr kalte Luft, weil ſie von oben her- ab kommt. Die Meeresfläche ſelbſt iſt nun wie geſagt entweder flüſſig oder ſtarr; als flüſſiger Boden des Luftmeers wirkt ſie erkältend, erſtlich durch Verdunſtung, und 2t dadurch, weil das Meer durchſcheinend iſt und nicht die hohe T. des Landes alſo annim̃t. Erwärmend wirkt das Meer dadurch, daß die kälteren Waſſer- ſchichten immer nach unten gehen und die wärmern nach oben. Auch die Strömungen wirken bedeutend auf die Seeluft, wie z. B. der Golfſtrom nicht allein nach den nördlichen Gegenden eine angenehme milde Tempe- ratur verbreitet, ſondern ſelbſt fliegende Fiſche in die [467./0473] nördlichern Gegenden mitführt. – Umgekehrt wirken die kalten Strömungen erkältend auf die Luft; ein Beiſpiel davon giebt der Strom welcher beim Hafen von _ in der Südſee vorbeigeht, und ſelbſt an der Küſte von Peru unter dem Aequator nur 14–15° Wärme ſtatt 21° hat, und der alſo auch natürlich zur Erkaltung der Landluft mit beitragen muß. In den arctiſchen Gegenden da wo der Boden ſtarr iſt und ſich Eisberge bilden, wirkt er um ſo mehr erkältend auf die Atmosphäre, indem ſich beſtändig hier die Dünſte der feuchte Luft niederſchlagen, und die erwärmende Wirkung der Sonne gehindert wird. Dies iſt auch die Urſache warum hier die Luft ſo hell und rein iſt, und die Trockenheit derſelben begünſtigt die Kälte. Noch wäre zu unterſuchen, in welchen Klimaten das Waſſer wärmer als die Seeluft iſt. Hierüber haben be- ſonders Freycinet und Duperet Unterſuchungen angeſtellt, und auf ihrer Reiſe von 2 zu 2 Stunden das Meer und die Luft gemeſſen. Bis 48° N. Br. iſt das Meer be- ſtändig wärmer als die Luft, woraus die Depreſſion des Horizonts entſteht, weil die Dünſte nur ſo hochſteigen als die Wärmeſtrahlung des Meer’s reicht. Sie iſt auch [468./0474] die Urſache der Luftbilder, da Küſtenberge z. B. förmlich in der Luft zu ſchwingen ſcheinen; unter Napoleon’s Expedition ſind ſie berühmt geworden, doch waren ſie ſchon zu Nearch’s Zeiten bekannt, beſonders nach Alexander’s Heereszuge. Die Indianer drücken dieſe ſonderbare An- ſicht unter dem Namen des Durſtes der Goſala aus. Die Temperatur der Seeluft iſt unter den Tropen nie höher als 23–24°, mehrentheils nur 21°, alſo 12 bis 13° weniger als das Luftmeere der Continente. Hiermit darf man aber nicht die eingeſchloſſenen Meere, wie das Kaspiſche und rothe, verwechſeln, die nach den Jahreszeiten eine weit höhere, oder auch niedrigere T. haben. So fand der unglückliche Capit. Takky, die T. auf dem rothen Meere, in der heiſſen Zeit, bei Tage nie unter 36½°, und des Nachts 28–29°. Im Allgemeinen iſt die Temp. des Meer’s in der temperirten Zone milder, und erhöhet die ganze mittlere Temperatur. Nimmt man dagegen Mittelbeobachtungen, ſo ſieht man, daß zwiſchen den 30–40° Br. eine etwas höhere mittlere T. als die der Landluft herrſcht. Aus alle dem Geſagten über die Temperatur folgt, daß das milde kleine Europa’s aus mehrere Gründen herge- [469./0475] leitet werden kann, das ſo wohl auf d. Civiliſation der Völker begünſtigend, wie zur Vervollkomnung der Natur in jeder Beziehung heilſam iſt. Unſer Europa verdankt ein milderes Klima ſeiner Erdſtellung /ſeinem Poſitions-Verhältniſſe gegen das nahe Meer/ und ſeiner gegliederten Geſtaltung. Europa iſt der weſtliche Theil des alten Continents, und hat alſo den großen, ſchon an ſich Kälte mindernden und dazu noch vom Golfſtrom theilweiſe erwärmten Atlantiſchen Ocean in Weſten. Zwiſchen den Meridianen, in denen Europa ſich hinſtreckt, fällt die Aequatorial-Zone nicht in das Becken des Oceans, wie ſüdlich von dem, eben deshalb kälteren Aſien. Der Welttheil, der unter allen den größten Theil des tropiſchen Klima’s genießt, das ſand- bedeckte Afrika, iſt ſo gelegen, daß Europa von den Luftſchichten erwärmt wird, welche über Afrika auf- ſteigend, ſich von dem Aequator gegen den Nordpol er- gießen. Ohne die Exiſtenz des Mittelländiſchen Meeres würde der Einfluß des nahen Afrika’s auf Temperatur und geographiſche Verbreitung von Pflanzen und Thieren noch wirkſamer ſein. Der dritte Hauptgrund des milderen Klima’s von Europa liegt darin, daß dieſer Welttheil [470./0476] ſich weniger weit gegen den Nordpol erſtreckt als Amerika und Aſien, ja daß er dem größten Buſen eisfreien Meerwaſſers gegenüberliegt, den man in der ganzen Polarzone kennt. Auch das Europa weniger durchſchnitten iſt, muß wohl berückſichtigt werde. Es würde weit kälter ſein, wenn Afrika unterſinken, oder ſich weſtlich von Europa eine große Erdmaſſe be- fände, und die Oeffnung der Baffinsbai ſich ſchlöſſe, auch wenn der Golfſtrom ſich gegen den Iſthmus von Panama wendete. 53. Vorlesung, 15. April 1828 6. Von der elektriſchen Spannung der Atmosphäre. Die Elektricität iſt mannigfaltig in ihren Wir- kungen, wodurch ſie in den verſchiedenen Zonen characte- riſtiſch hervortrit. Wir haben bisher die elektriſchen und magnetiſchen Erſcheinungen, als von verſchiedenen Grund kräften hervorgebracht, betrachtet; nun aber wiſſen wir durch Oerſtedt’s Entdeckung, daß ſie nur verſchie- dene Aeuſſerungen einer und derſelben Grundkraft ſind, alſo mit einander in genauem Zuſammenhange ſtehen. [471./0477] Die elektro-magnetiſchen Wirkungen gehören mehr dem Starren an, und wirken auf die Veränderungen des innern Erdkörpers, vermittelſt welchen auch das Erdlicht hervorgebracht zu werden ſcheint; dagegen tritt die Elektricität mehr durch ihre Wirkung auf Licht und Verbrennungsproceſſe hervor. Von dieſen bis zum Eintrit meteoriſcher Maſſen in unſere Atmosphäre über- gehend, werde ich dieſen Theil beſchlieſſen. Die Elektricität kann nun erregt werden 1. Durch Reiben, wenn zwei Körper gegen ein- ander geſtoſſen oder gerieben werden. 2. Durch Veränderung der Temperatur. 3. Durch wechſelſeitige Berührung verſchiedenartigen Körper. 4. Durch einen unbekannten chemiſchen Proceß in den Wolken. – Bei der Bildung des Waſſerdunſtes wird Elektricität erregt, ſie hängt alſo genau mit der Wärme und Feuchtigkeit zuſammen. Die Urſachen von der Vertheilung der Elektricitäten in den Wolken ſind uns völlig unbekannt, obgleich darüber mehrere Hypotheſen aufgeſtellt ſind, worüber [472./0478] weiter unten mehr angeführt werden wird; ſie müſſen ſich aber auf einen chemiſchen Proceſs gründen, und die Vertheilung muß in einem einzigen Augenblick zur vollen Ladung anwachſen können, da eine und dieſelbe Wolke oft ſchnell hinter einander fortblitzt, und außerdem die Wolken, weil ſie aus Waſſerdünſten beſtehen und folglich Leiter ſind, eine langſam erregte Elektricität ſehr bald ohne Funken ins Gleichgewicht bringen müßten. Zuweilen, wenn die Wolken und der Erdboden eine ſchwache entgegengeſetzte elektriſche Ladung haben, entſteht keine heftige Entladung, ſondern die Elektricität ſetzt ſich nach und nach ins Gleichgewicht. Geſchieht dies in der Nacht, ſo ſieht man erhabene ſpitzige Theile des Erdbodens mit größeren oder kleinern elektriſchen Flammen leuchten, die man Elmsfeuer nennt; dieſe Körper blaſen nämlich, vom Erdboden aus, den Wolken und der Luft eine ent- gegengeſetzte Elektricität zu und ſtellen ſo das Gleichge- wicht her. Dieſe Erſcheinung zeigt ſich beſonders oft zur See, und iſt im Großen daſſelbe, was die Flamme an ſpitzigen Körpern in der Nähe von großen Elektriſir- maſchinen im Kleinen iſt. [473./0479] 5. Durch einen eigenen organiſch-chemiſchen Proceß. Einige Fiſche haben die ſonderbare Eigenſchaft, ſich durch ſtarke elektriſche Schläge zu vertheidigen, wodurch Thiere, die ſich ihnen nähern, gelähmt und mitunter getödtet werden können. Fiſche dieſer Art ſind der Zitteraal /Gymnotus electricus/, der Zitterrochen /Raja Torpedo/, der Zitterwels /Silurus electricus/ und der Trichiurus indicus. Dieſe Fiſche beſitzen eigene Organe, womit ſie augenblicklich einen unglaublich ſtarken elektriſchen Schlag hervorbringen können, ſo daß ein Menſch es nicht gern wagt, einen großen und eben erſt gefangenen Fiſch der Art zu berühren. Dieſe Organe liegen mehr an der Oberfläche des Körpers und ſind bei jeder dieſer Fiſcharten anders geſtaltet. Sie haben ſehr ſtarke Nerven, und wenn das Organ weggenommen, oder ein Nervenſtrang, welcher zu demſelben führt, abgeſchnitten wird, ſo ſtirbt der Fiſch zwar nicht ſo gleich, verliert aber ſeine ganze elektriſche Kraft. – Dieſe Fiſche ſind an und für ſich nicht elektriſch und zeigen am Elektrometer keine Spur von Elektricität; dies beweiſt aber, daß ſie ſich in einem Augenblicke laden und entladen können, und dies beruht [474./0480] ſogar einzig und allein auf ihrer Willkühr, da ſie zu einer Zeit gar keinen Schlag, zu einer andern aber äußerſt heftige Stöße geben, und dieſe alle 2–3 Sekunden wieder- holen. Sie geben den Schlag im und außerhalb des Waſſers, doch nur bei unmittelbarer Berührung; denn der mindeſte Zwiſchenraum von Luft oder Waſſer verhindert den Schlag. Der Fiſch muß überdies an zwei Punkten berührt werden, wenn er einen Schlag geben ſoll, ungeachtet dieſe Punkte keine beſtimmte Stelle einnehmen, und einander ſo nahe liegen können, daß man ſie beide auf einmal be- rühren kann, wenn man den Finger auf den Fiſch drückt. Auch in den Organen der Vögel iſt dieſe elektriſche Spannung erkannt, und vielleicht exiſtirt ſie bei allen Thieren, nur daß ſie ſich nicht bei einzelnen Organen ſo zeigt, wie bei dem Gynotas electricas etc. Durch den elektriſchen Schlag oben erwähnter Fiſche können ſogar Pferde getödtet werden, Es iſt hier nicht die Rede von Einzelnen, ſondern wie die Geographie auf das Innigſte mit dem Zuſtande der Dünſte, nicht der Quantität ſondern der Bildung zuſammenhängt, und die mehr unter den Tropen erkennbar iſt. Be- ſonders aber gehört die räumliche Lage der Wolken in den [475./0481] obern Luftſchichten hierher, ob dieſe ſich bis nach unten erſtanden oder iſolirt daſtehen, wo denn die Luft auf hohen Bergen ſich in nicht geringer Entfernung ſehr trocken zeigt. Die Quantität der Elektricität in den Wolken rührt nach Gay-Lusſac deren her, daß jedes kleine Waſſer- bläſchen auf ſeiner Oberfläche eine kleine elektriſche Spannung hat, und wenn eine Menge ſolcher Bläſchen ſich zuſammen drängen, ſo ſammelt ſich die Elektricität nach oben an auf den Wolken, was einigermaßen begreiflich macht, wie aus einer Wolke oft ſo viele Wetterſchläge entſtehen können, indem nur immer einzelne Theile der ganzen Quantität auf der Oberfläche ſind, die wenn ſie ſich entladet haben, durch andere wieder erſetzt werden. Es iſt ſehr merkwürdig daß die Quantität der Elektricität mit der Bildung der Wolken zuſammenhängt, und der Mangel derſelben hindert die Entſtehung der Ge- witter in den Polar- wie in den Tropengegenden. Nach Herrn Kranz Reiher in Grönland hört man daſelbſt wohl den Donner, nie aber ſieht man den Blitz, und Scoresby fand bei ſeinem häufigen Weilen bei Spitzbergen, daß es ein dort Gewitter giebt. Dieſer Mangel an ſolchen Erſcheinungen fängt im nördlichen Theile von Scandinavien [476./0482] ſchon an, und werden je mehr nach Norden immer ſeltener; dagegen giebt es an der Hudſonsbai ſtarke Gewitter, die aber auch ſüdlicher liegt. Wenn auch die Luft in den nördlichſten Gegenden mit vielen Waſſerdämpfer geſchwängert iſt, ſo können ſich doch dieſe der Kälte wegen nicht ſo lange ſchwebend erhalten, und daher keine Wolken bilden. Auch unter den Tropen wird von December bis Mai kein Gewitter bemerkt, und in dieſer Zeit fand ich immer nur poſitive Elektricität. Von Mai bis October hingegen wo die Regenzeit eintritt, welche die Spanier den Winter /hiverno toreno/ zu nennen pflegen, iſt beſtändiger Regen mit Blitz und Donner vermiſcht. Sobald die Regenzeit eintritt findet man in den unter Schichten bis 12 Uhr Mittags keine Spur von Elektricität, ſo bald aber die Sonne durchkommt, und das Maximum der Wärme hervor- gebracht hat, zeigt ſich ſehr ſtarke Elektricität bis zu Sonnenuntergang. Je mehr die Gewitter ſich ausbilden geht die Elektricität vom Poſitiven zum Negativen über nach Sonnenuntergang aber iſt keine Spur von ihr mehr wahr zu nehmen. Bis zu 12,000′ Höhe zeigt ſich ſtarke + Cl. Dieſe Erſcheinungen ſind bei uns ohngefähr ebenſo, nur in den verſchiedenen Jahreszeiten mehr den Grade nach [477./0483] als der Art abweichend. Die Gewitterzeit fängt unter den Tropen mit dem ſonderbaren Phänomen des Wetter- leuchtens ohne Donner an, was ſchon die Alten richtig unterſchieden haben, und gewöhnlich ſieht man es, wenn die Wolken nur 12° hoch am Horizont ſtehen. Nimmt man an, daß dieſe Wolken ein fernes Gewitter ſind, und daß die Höhe einer Wolke 6000′ beträgt, ſo müßte ſie bei einer Entfernung von 23 Meilen im Zenith ſein; ſie wird aber ſchon bei 5–6 Meilen im Zenith ſtehen, und dann müßte auf dem einen Fleck ein beſtändig anhaltendes kaum glaubliches Gewitter ſein. Die Wahrſcheinlichkeit iſt gegen dieſe Annahme. Unter den Tropen ſchlagen die Blitze ſelten ein, ob es davon herrührt, daß die Wolken da höher ſind, oder weil es weniger bewohnt iſt, was nicht gut zu beſtimmen iſt. Der Blitz bringt übrigens in allen Zonen dieſelben Veränderungen hervor, und die _ erzeugten Blitzröhren, verglaſter Sand, ſind gewöhnlich von derſelben Form und Farbe. Man hat ſie von ver- ſchiedener Länge gefunden, ſogar 30–40′ lang. Die großen Blitzröhren der Sennerheide in Weſtphalen ſind rund, bisweilen grünlich weiß, und dem porzellanartigen Glaſe [478./0484] ähnlich. In neuern Zeiten ſind welche bei Bahia in Bra- ſilien, und von Clapperton am See Dſchat geſammelt. Dieſe Blitzröhren rühren wie geſagt vom Blitze ſelbſt her, denn auf der Inſel Amrum an der ſchleswigſchen Küſte, ſehen Matroſen den Blitz in den Sand einſchlagen, und ſie gruben gleich darauf an derſelben Stelle eine ſolche Blitzröhre aus, die mit porcellanartigen Glaſe zuſammenhing. Mehrere die ich ſelbſt mitbrachte, ſind von H Chladni unterſucht. Auf dem Vulkan von Tolukky iſt bei 14,000′ Höhe ein Thurm von 5–6′ Breite, der förmlich durch den Blitz verglaſt und durchlöchert iſt. Die Meteorſteine. Mit den Fulguriten muß man nicht die Meteorſteine verwechſeln, die zu den Weltkörpern ſelbſt gerechnet werden. Sie entzünden ſich und leuchten erſt wenn ſie in unſere Atmosphäre kommen, wobei ihre Rinde natürlich auch ver- ändert wird. Man hat lange gezweifelt, ob wirklich Steine aus, der Luft fallen könnten; nach den chineſiſchen Annalen von Abel Remuſat überſetzt, ſo wie nach griechiſchen, römiſchen und arabiſchen Schriftſtellern, waren ſie ſchon in jenen Zeiten [479./0485] als ſolche anerkannt, und viele Kalifen trugen ſelbſt davon verfertigte Dolche und Schwerter. – Herrn Chladni gehört das Verdienſt an, ſie für kleine Weltkörper zu halten, was ſie auch wirklich zu ſein ſcheinen. 1794. Der Unglaube darüber war noch in neuerer Zeit ſo groß, daß bei dem Steinfall zu Radſzene bei Agram 1752, das biſchöfliche Conſiſtorium mehrere Zeugen abhören ließ, welche dieſe Steine hatten fallen ſehen; ſie wurden ſammt den Steinen nach Wien geſchickt, und der daſige Abbé Schütz fügte noch hinzu, daß er es nicht begreife, wie ein Menſch dieſer Fabel Glauben beimeſſen können. Aehnlich iſt dies mit der Entdeckung der Sonnenflecken durch den Pater Scheinert zu Ingolſtadt, den der Pater Jehennit glauben zu machen ſuchte, daß es ein Fehler ſeiner Augen ſei, und eine ſo irrige Bekannt- machung nur dem Orden ſchaden könne. – Gegen dieſe Zeiten glauben wir jetzt aufgeklärt zu ſein, aber ich habe es in Paris erlebt, daß Pictet, als er ſeine Anſichten über die Meteorſteine in der Akademien vortrug er förmlich ausgelacht wurde, bis dann der Steinfall bei Aigle den 26t April 1803 ſtatt fand, wo gegen 2000 Steine aus den Wolken in einer Umgegend von 2 □ Meilen herabfielen; auf Anſuchen der Akademie wurde [480./0486] Herr Biot hingeſchickt, und nach ſeinen Berichten zweifelte Niemand mehr an der Wahrheit dieſer Erſcheinung. Bei den Alten in der ioniſchen Schule erwähnt Diogenes von Apollonica nicht leuchtender Sterne, die von Zeit zu Zeit herabfielen. Diogenes L. ſagt, daß ſie aus der Sonne kämen, und Anaxagoras, daß ſie von der Erde weggeſchleu- dert wären, eine Idee die H. Ritter wieder aufrührte. Die Alten glaubten ſonderbarerweiſe daß ſie nur bei Mond- finſterniſſen fielen, und gleichfalls iſt dies die Meinung der Syrier, die das Fallen der Steine fürchten, ſo bald der Mond in völliger Klarheit ſcheint. Der berühmte Stein in Mekka, iſt ſehr wahrſcheinlich auch ein Aerolith, da fälſchlich die ſpaniſche Beſchreibung angiebt, daß es ein Feldſpathkryſtall ſei. Eine der berühmteſten Maſſen von 200℔ ſchwer, iſt zu Engesheim bei Strasburg den 7 9br 1492 zur Zeit der Entdeckung von Amerika gefallen. Der Kayſer Maximilian ließ ſie zerſchlagen, ein Theil deren wurde in der dortigen Kreiſe eingemauert, der andere nach Wien geſchickt. Die große Maſſe welche Pallas in Sibirien, zwiſchen den Flüßen Bay & Iſſma 1772 entdeckte, iſt nach mongoliſcher Ueberlieferung ebenfalls herabgefallen. Die größte von [481./0487] allen bekannten Maſſen iſt die, von einem ſpaniſchen Seeofficier in der ſüdamerikaniſchen Provinz Chaco Gualamba gefundene, von 7′ lang 1½ hoch und ſoll über 300℔ wiegen. Die Maſſe wurde von Rubin de Celis an Ort und Stelle unterſucht, ſpäter von Morne in Paris beſchrieben und von Prouſt und Wollaſton analyſirt. In China ſollen nach der Pekkingſchen Zeitung mehrere Maſſen von 100′ Durch- meſſer gefallen ſein, ich habe, um hierüber die Wahr- heit zu erfahren an H Arago in Paris geſchrieben, der dieſe Zeitung lieſt. Abel Remuſat berichtet, daß der an der Quelle des gelben Fluſſes liegende Fels von 40′ Höhe, nach mongoliſchen Traditionen herabgefallen ſei, und auch den Aerolithen ähnlich ſehe. Dieſe Meteorſteine die 2–3–4 mal dichter als Waſſer ſind, und einander, ſowohl dem äußern Anſehen, als ihrer Zuſammenſetzung nach, ſehr ähnlich, ſie mögen unter der Linie oder in den, den Polen nahe gelegenen Ländern unſers Erdbodens geſammelt werden ſein. Ihr Aeußeres iſt dunkelfarbig, glatt und wie durch angehende Schmelzung glaſirt; auf der Rinde befinden ſich oft ſonderbare Kreiſe, welche die Araber für die Adreſſe /Buchſtaben Bezeichnung/ halten, welche Perſonen nämlich damit getödtet ſind, oder werden ſollen. [482./0488] Innerlich ſind ſie graulichweiß, braun oder hellgrau gefleckt, und enthalten außerdem Körnchen von metalliſchen Eiſen und von weißem Schwefelkies, mit völlig blättrigem Bruch. Die Maſſe des Steins ſelbſt beſteht aus Kieſelerde, Talkerde, Eiſen, /welches zum Theil verbrannt oder oxydirt iſt/ Nickel, Schwefel, und enthält bisweilen nebenbei noch Mangan, Chrom, Kupfer, Kohle, Natron, Kali, Salzſäure, Thon- erde und Waſſer, in etwas abweichenden Verhältniſſen. Die reguliniſchen Eiſenkörner beſtehen aus Eiſen mit etwas Nickel und Schwefel. In neuerer Zeit hat H G. Roſe noch Olivin und Augit /Pyroxen/ darin nach- gewieſen, und zwar in der von Pallas gefundene Maſſe. Auch ſind ganz lockere ſchwarze torfähnliche Maſſen herab- gefalln größtentheils aus Kohlenſtoff beſtehend, aber auch mit etwas Nickel verbunden. Es ſollen auch Staub- maſſen herabgefallen ſein, jedoch iſt auch viel darüber gefabelt worden, und der Nickelgehalt nicht nachgewieſen. Das ſpecifiſche Gewicht der Meteorſteine iſt etwa wie das der kleinern Planeten. Da aber jenſeits derſelben die andere ein geringere Dichtigkeit als das Waſſer haben, ſo müßte man glauben, daß die Aerolithen uns näher als dieſe kreiſen. [483./0489] Iſt die Erſcheinung dieſes Phänomens bei Tage, ſo ſieht man einen leuchtenden Punkt, den ein kleines ſchwarzes Ge- wölk umgiebt, näher kommend entwickelt ſich ein Licht von der größten Intenſität. Unter den Tropen wo das Sonnen- licht doch ſehr ſtark iſt, fiel als ich nach Popayan kam eine Feuerkugel herab, die ſo ſtark leuchtete, daß bei dem hell- ſten Sonnenſchein die Einwohner drüber in den Zimmern erſchraken. Man hat auch Dampf und ſchwarzen Rauch von ihnen aufſteigen geſehen. Parallactiſch iſt ihre Höhe zu 10–12 bis 15 g. Meilen gemeſſen. Merkwürdig iſt auch ihre Richtung, da die meiſten horizontal gehen. Die Geſchwindigkeit iſt ſehr groß; 1798 iſt ein Meteor über Paris und Dublin zu gleicher Zeit geſehen, und nach Beobachtungen bei andern beträgt ſie 5–6 Meilen in der Sekunde. Bisweilen mit Ablenkungen, die ſchon die Alten kannten. Das Herabfallen iſt immer mit einem ſo ſtarken Getöſe verbunden, das man es oft 15 Meilen weit gehört hat, und dem Kanonendonner oder kleinen Gewehrfeuer ähnlich. Die Einwirkung der Hitze auf ſie iſt zwar hinreichend ge- weſen, ihre Oberfläche zu verglaſen, kann aber doch nur einen Augenblick gedauert haben. Denn ſie ſind zwar immer äußerlich mit einer dunklen verglaſten Rinde umgeben; [484./0490] unter dieſer aber findet man Schwefelkies, der bei höherer Temperatur zerſetzt wird, und daher einen Beweis giebt, daß die Hitze nicht tiefer eingedrungen ſei. Sie ſind beim Niederfallen gewöhnlich warm, aber niemals glühend oder ſo heiß, daß ſie die Körper, auf welche ſie fallen, ent- zünden oder verkohlen ſollten. Im Jahre 1810 fiel auf ein Schiff im Attlantiſchen Ocean ein ſolcher Stein, der durchs Verdeck ſchlug ohne das Holz im mindeſten geſchwärzt zu haben; er war aber ſehr heiß. Die gleichartige Zuſammenſetzung und Bewegung ſolcher Maſſen bei ihrem Herabfallen giebt zu erkennen, daß ſie einerlei Urſprungs ſind. Der verſtorbene Phyſiker Herr Ritter glaubte ſie mit den Nordlichtern zuſammenhängend, dies Phänomen iſt aber völlig unabhängig, was H Chladni auch bewieſen hat. – H Schreiber glaubte, wohl etwas übertrieben, daß ſeit 2000 Jahren 100,000 Stein- fälle geweſen ſind. Da wir nur von einem kleinen Theile der Erde hierüber Nachricht haben, ſo läßt ſich die Wahr- heit nicht gut ermitteln, jedoch ſind in jedem Jahre 2–3 ſolcher Steinfälle beobachtet. Ueber die Bildung oder Entſtehung der Meteorſteine hat man vorzüglich drei Urſachen angegeben: [485./0491] 1. Daß ſie ſich in der Atmosphäre bilden ſollten; dem widerſpricht alles, was wir von der Natur dieſer Körper und ihrem Verhalten zum Wärmeſtoffe wiſſen; ſie ſind, den Schwefel ausgenommen, ſämmtlich feuerbeſtändig, und es iſt uns keine Art von Auflöſung derſelben in der Luft bekannt. – Auch ſpricht dieſe Anſicht ganz gegen die Geſchwindigkeit derſelben. 2. Daß ſie aus den großen, unaufhörlichen ſpeienden Vulkanen des Mondes ausgeworfen würden; eine Meinung die fälſchlich Herr Laplace und Olbers zu- geſchrieben wird. Dieſe haben nur berechnet, welche Ge- ſchwindigkeit dazu gehören würde, wenn ſie wirklich von da zu uns kämen. Wenn es dort Vulkane giebt ſo müßte man die ſich hier durchbildenden Lichterſcheinungen wohl von dem aſchfarbigen Lichte des Mondes unterſcheiden. Schon Ariſtarch ſchrieb dieſe Erſcheinungen den Mondvulkanen zu, alſo ſonderbar genug, eine der früheſten Meinungen. Geſetzt ſie kämen daher, ſo müßten ſie 7500′ in der Se- kunde zurücklegen, und nach Laplace würden ſie in 2½ Tag herabkommen; da man hierbei aber nicht auf die Translation des Mondes achtete, ſo würden doch nur ſehr unbedeutende Maſſen die Erde erreichen können. Im [486./0492] Jahre 1660 wurde ein Franziskaner Mönch durch einen Meteorſtein getödtet, und Tortana war der erſte der bei dieſer Gelegenheit in einer kleinen Diſſertation ſagte, daß ſie aus dem Monde kämen. Die 3t Meinung und die wahrſcheinlichſte, nach Chladni, iſt die, daß ſie aus den Welträumen ſelbſt kommen. Dem nicht ſo bedeutenden Unterſchiede zwiſchen den Meteoren und den kleinen Planeten iſt ſchon Erwähnung geſchehen, und wir erkennen wie die Natur in der Bildung der kleinſten Weltkörper ſich auch entfaltet hat. Sehr möglich, daß ſolche Maſſen durch beſondere Perturbationen fallen. Möglich aber iſt es auch, daß beim Zerplatzen eines großen Planeten, wie es der Fall bei der Ceres, Juno, Pallas und Veſta war, ſich ſolche einzelne Stücke nach H Olbers löſen konnten. Lagranche hat die verſchiedenen Richtungen berechnet, in welchen die einzelnen Theile ſich um die Erde bewegen. [487./0493] 54. Vorlesung, 16. April 1828 Der Organismus. Von der unorganiſchen oder todten Maſſe des Erdkörpers, gehen wir nun zu der lebenden Kraft, dem eigentlichen Organismus über. Ich bediene mich lieber des letztere Ausdrucks, um zum Unterſchiede vom Todten des Leben in der organiſchen Entwickelung entgegen zu ſetzen, weil auch die Erde durch vulkaniſche Kräfte er- ſchütternd und bewegend, von mehrern Phyſikern als lebend betrachtet iſt, und die Elektricität und der Magnetismus von dieſen als das Belebende angeſehen wird. Inwiefern nun dieſe Thätigkeit mit dem Leben des Organismus zuſammenhängt, bleibt der Unterſuchung und reifern Betrachtung ſpäterer Zeiten übrig. Von dem Organiſchen kennen wir nur das Telluriſche. Wenn gleich, wie ich ſchon früher bei der Betrachtung des Mondes erwähnt habe, einige Phyſiker auf demſelben ſelbſt Palmen beobachtet zu haben glauben, ſo könnte es nach der Höhe ſolcher Organismen, die wohl 200′ erreichen, möglich ſein ſie in dieſer Entfernung zu ſehen; weil aber die Gegenſtände ſich denn nur durch ihren Schatten erkennen laſſen, ſo liegt [488./0494] es auſſer allen Zweifel, daß ihre geringe Dicke viel zu unbedeutend iſt, um der Möglichkeit ihrer Beobachtung noch Glauben beimeſſen zu können. Von den Betrachtungen des Starren und Flüßigen unſeres Erdkörpers, werden wir uns zu dem Leben in den Erzeug- niſſen ſeiner äußere Rinde, die das organiſche Leben in den verſchied. Gattungen und Arten auszeigt, welche wieder nach dem Wechſel der Zonen und des Klima’s verbreitet ſind. Das Starre iſt durch die Maſſe bedeutſam und auffallend, in ſeinen größten wie in ſeinen kleinſten Dimenſionen, ſind die regelmäßigen Formen erkennbar. Anders iſt es dagegen im Organiſchen, wo die Maſſe von der Form beſiegt und belebt anziehender hervortrit. In der Atmosphäre und dem Ocean erſcheint alles durch das vernunftgemäße Auffinden der Verhältniſſe zuſammenhängend; in dem Organiſchen aber iſt die Geſetzmäßigkeit geregelten, über das Entfalten nach beſtimmten Geſetzen wacht hier die Natur, und die alte Weltordnung bürgt dafür, daß alle Pflanzen in ihrem Er- wachen, Aufkeimen und Blühen noch nach Jahrtauſenden regel- mäßig jede ihren Frühling ſich erhält und ihn feiert. Der Geognoſt, beim Auffinden einer Organiſation in der äußern Rinde unſers Erdkörpers, der Phyſiker, der bei den Stürmen [489./0495] der Luft und des Oceans von dem Zuſammenhange der Natur in ſeinen Unterſuchungen ergriffen wird, ſtaunt ihr Walten an. Im Pflanzenreiche ſpricht uns das allmählige Entwickeln und Entfalten der Organe an, wie ſie im Stillen fortwirken und treiben, und durch ein vorbereitendes Aufkeimen bedingt werden. Nur die Beſchreibung der mit Pflanzen und Thieren bedeckten Erde, nicht die der Pflanzen und Thiere ſelbſt, oder ihre Anatomie und Phyſiologie gehört hierher. Ihre geo- graphiſche Verbreitung, wie ſie nach Klima und Zonen ver- ſchieden iſt, ſoll uns hier beſchäfftigen. Man hat lange geſucht eine Definition des Organiſchen und Unorganiſchen zu finden. Dieſe Bemühungen ſind nicht ganz zu ihrem Ziele gediehen, wenn gleich ein Experiment ihrer Vergleichung jenem Wahrſcheinlichkeit gab. Hiernach unter- ſcheiden ſich die organiſchen von unorganiſchen Körpern, daß wenn ſie aufhören ein Ganzes zu ſein, ſie nicht dieſelbe chemiſche Miſchung und daſſelbe Verhältniß der Stoffe bei- behalten, ſondern dieſe eine Veränderung erleiden. Hierbei iſt es aber nöthig zu berückſichtigen, daß es ſowohl zuſammen- geſetzte Pflanzen als Thiere giebt, die man in einzelne Theile trennen kann, und dann für ſich als beſondere Individum fortleben, wofür reichlich die verſch. Vermehrungsarten der [490./0496] Gewächſe Beweiſe liefern. Doch iſt es auch bei dieſen nicht gleichgültig wie die Trennungen geſchehen, da nicht jede Richtung die Fortdauer des Lebens und der chemiſchen Verhältniſſe bedingt. Schon Ariſtoteles ſagte: natürliche Körper ſind ſolche die einen Beſtimmungsgrund ihrer Exiſtenz zu einem Zwecke in ſich ſelbſt haben. Die unorganiſchen Körper dagegen erleiden durch jede beliebige Trennung voneinander keine Ver- änderung ihrer chemiſchen Beſchaffenheit. Die chemiſchen Wir- kungen bei dieſen ſind auch immer nur durch gewiſse Verhält- niſse bedingt, es iſt wohl möglich daß auch hier ein elektro- chemiſcher Proceſs ſtatt findet, der bei den organiſchen Körpern von mehr complicirte Bedingungen abhängt. Dieſe einzelnen Kräfte kann man Lebenſthätigkeit nennen, aber es iſt beſſer mit Leben nur das zu bezeichnen, was aus ihrem Wirken hervorgeht. Dieſe Veränderung des Miſchungsverhältniſſes kann auch nur bei einzelnen Theilen ſtatt habn, die nämlich vom Ganzen als todte Körper ſich abſondern, wie wir es z. B. bei dem Holze, oder der Häutung der Inſecten erkennen. Ein jeder organiſche Körper unterſcheidet ſich auch von einem unorganiſchen darin, daß der erſtere einen für uns bemerkbaren Anfang hat, ſich entwickelt, abnimmt, [491./0497] aufhört und zerſtört wird, während dagegen der unor- ganiſche vor uns da war, und beſtändig fortführt ſo da zuſein, daß, in welche Verhältniſſe er auch kommen mag, ſein Weſen nicht vernichtet werden kann. Die unorganiſchen Elemente der organiſchen Körper können zwar auch nicht vernichtet werden, aber das eigentliche Weſen dieſer Körper wird unwiederbringlich zerſtört. Das lebende Individuum, welches ſtirbt und ſeine Be- ſtandtheile der unorganiſchen Natur wieder giebt, kommt nie wieder. – – Aller Organismus der Thier und Pflanzenformen folgt einigen Hauptreizen. So reizt z. B. das Chlor ebenſo den Samenkeim, daß er wie bei der Kreſſe /Lepid. ſativ./ in 37 Stunden 3 Linien Länge treibt, als er auch in den thie- riſchen Subſtanzen wirkſam iſt. Auch die Wirkſamkeit des Opiums auf die Pflanzen iſt in neuern Zeiten angewandt; und ältere Verſuche ſind beſtättigt, daß nämlich die giftigen metalliſchen Stoffe auf beide Reiche gleich zerſtörend wirken. Im Allgemeinen hat nur die äußere Rinde eine große Maſſe von Organiſationen, doch in tiefen Höhlen und Gruben finden wir ſo wohl Miſtris Arten, als auch [492./0498] eine Entwickelung der Pflanzen. Man muß nicht glauben daß die unterirdiſchen Pflanzen mit dem Holze in die Bergwerke gekommen ſind, denn während meines bergmän- niſchen Lebens habe ich in Bergwerken wo kein Holz war, ſolche Pflanzenarten gefunden. In den Stalactiten-Maſſen wo weiſſer Marmor liegt, fand ich in einer neu eröffneten Höhle, daß jener epheuartig mit einer unterirdiſchen Pflanze überrankt war. Wohl iſt es möglich, daß der Keim zu dieſen Gewächſen durch das von oben eindringende Waſſer gelegt wird, jedoch ſind dieſe unterirdiſchen Arten von den obern ganz verſchieden. Dieſe Pflanzen ſind oder werden nur dann grün, wenn viel Stickſtoff und Waſſer- ſtoff in ihnen verwaltet, und nicht immer iſt der Ein- fluß des Lichts dabei nothwendig. Ein gleiches gilt von den Pflanzen in der Tiefe des Meeres, die viel- leicht nicht in den äußerſten Tiefen, aber doch nach Bonguer’s Meſſungen 80 bis 100 Braſſen oder 5–600′ Tiefe vor- kommen, wohin kein Lichtſtrahl dringt, und doch ſind manche der Teegarten grün, wie ich z. B. ſelbſt ſo die Ulva inteſtinalis hervor gezogen habe. Es giebt Rhamnus und Citrus Arten deren Keime ſchon eine grüne Färbung hat, und können nicht vielleicht verſchiedene Gaſarten die [493./0499] der Samen wohl in der Tiefe umgeben können, Einfluß auf die Entwickelung unterirdiſcher Gewächſe haben? Wie ſo Pflanzen in der Tiefe des Meeres und im Innern der Erde ſich entwickeln können und gedeihen, ebenſo haben auch manche Thiergattungen ihr Daſein, ohne daß das Licht auf ſie wirken kann. Die große Zahl der Eingeweidewürmer geben uns hier ein merkwürdiges Beiſpiel, von denen nach Rudolphi ſchon über 1100 entdeckt ſind. Auch iſt es ſeine ſchöne Entdeckung der neuern Zeit, daß ſich in den Gazellen Südamerika’s und in den Känguruhs von Neuholland dieſelbe Art Eingeweidewürmer findet, welche in unſern Hirſchen und Rehen vorkommt. Während die dico- tyledoniſchen Pflanzen nicht in den verſchiedenen Zonen vorkommen, finden wir alſo eine Verbreitung der Einge- weidewürmer bei Thieren die gleichfalls, nicht in einer Zone leben können. In der erſten Entwickelung des organiſchen Aufkei- mens iſt das Vegetabiliſche vom Animaliſchen wenig ge- trennt. Man iſt lange im Zweifel geweſen, was die Prieſtleyſche Materie eigentlich ſei; man hat ſie für Ei- weißſtoff gehalten, was aber nicht der Fall iſt, ſondern [494./0500] es ſind verſchiedene Stoffe, beſtehend aus Infuſions- thierchen, Oscillatorien und Pflanzenentwickelungen, aus denen lange Schläuche entſtehen, die confervenartig werden. Hierher gehört die große Maſſe der Infuſoria, die als ein beſonderes Reich Frank mit dem Namen der Hymanogonen bezeichnet. Der Streit über die Infuſionſthierchen hat zu den vielfältigſten Meinungen Anlaß gegeben; nach einer der- ſelben ſollen dieſe Thierchen, nachdem ſie lange genug umherge- ſchwebt haben, ſich nach Ruhe ſehnend, in netzartigen faden- förmigen Geweben ſich nieder. Herr Rochet hat zuerſt die fadenartigen den Conferven ähnlichen Thierverbindungen er- kannt. Herr Aghard glaubt, daß die Infuſorien den Thieren und Pflanzen gemeinſchaftlich zur Grundlage dienen, indem ſie ſich nach ihrer Bewegung verſchieden zuſammenfügten. Die Herren Turpin, Longchamp und Ehrenberg nehmen an, daß die beobachteten Erſcheinungen nicht Gründe genug ſind, um an einen Zuſammenhang derſelben glauben zu können. Es iſt auch noch nicht hinlänglich erwieſen, daß die Infuſioria zuſammen- geſetztere Körper bilden, da dieſe ja noch beſonders exiſtiren können. Der erſte Keim des organiſchen Lebens zeigt ſich als eine kleine Blaſe. Das kleine Seethierchen /Tremellus tripunctatus ?/ ſchiffartig, auch aus kleinen Schläuchen beſtehend, und ſich [495./0501] ebenfalls hin und her bewegt. So viel iſt gewiß, daß die Schläuche ſich entweder in einer Compoſition oder einzeln zeigen aber die Aehnlichkeit beider berechtigt noch nicht, letztere für dieſelben zu halten, woraus erſtere zuſammen geſetzt ſind. Herr Meyer in Bonn glaubt vor wenigen Monaten die Bemerkung gemacht zu haben, daß die in der Valisnerea ſpiralis und der Chara flexilis ſich frei bewegende kleinen Kügelchen, die ſchon Corti 1774 beobachtete, und beſonders Amici ? in Mailand aufmerkſam unterſuchte, auch denn noch eine freie Bewegung zeigen, wenn ſie aus dieſen barometerähnlichen Röhren hervortreten; eben ſo, wie man früher ſchon erkannte daß die Blutkügelchen bei jeder beſondern Thiergruppen ver- ſchieden ſind. Ich kann die einzelnen Verhältniſſe hierüber nicht genau angeben, da ich in der letzten Zeit mich hiermit nicht beſchäftigt habe, und die Folge eine größere Gewißheit der gemachten Entdeckungen geben muß. Dieſe Kügelchen, Biospheren, tragen wenn ſie zur Ruhe kommen, zur Entſtehung des Faſerſtoffs bei, was Raspoſa zuerſt beobachtete. Durch die Unterſuchungen von Dima hat ſich ergeben, daß das Blut der Thiere von einem Geſchlecht Blutkügelchen von gleicher Größe und Form habe, ſo daß man hierdurch das Blut von verſchiednen Geſchlechtern unterſcheiden könnte. Das Gewebe ausgenommen iſt die Maſſe aus [496./0502] solchen Kügelchen zuſammen geſetzt, die ſich ebenſo wie im Blute auch in dem Eiter krankhafter Theile finden, und H Sömmering hat ſie ſelbſt in den Faſern nachgewieſen. Aus dem geronenen Blute bilden ſich Blättchen und Faſern, woraus das Zellgewebe entſteht. Dieſe Betrachtungen führen uns dahin, daß auf nieder organiſchen Stuffen die Dualismen noch nicht geſchieden ſind, und daß die künſtlichen Benennungen, welche von dem Pflanzen- leben die Thierorganismen abzuſondern ſuchen, ſich nicht rechtfertigen laſſen; die Lebenſthätigkeit wandelt auf gleichen Wege anfänglich, die die höchſten Entwickelungen bezeichnen. – Gehen wir von hieraus zu den Definitionen über, welche die Thiere von den Pflanzen ſondern ſollen, ſo werden ſie durch das Angeführte widerlegt. Die älteſte Meinung eines ſolchen Unterſchied’s iſt die der willkührlichen Bewegung, aber manche Pflanzen zeigen auch dieſe, wie z. B. des Hedyſerum gyrans, wo beim Mangel des Sonnenlichts die Bewegung der großen Blätter aufhört, während die Stipulae ſteigen und ſinken. Eine andere Meinung iſt die von Hedwig, welche ſich auf die Fortpflanzung ſtützt; indem er für die Pflanzen an- nahm, daß ihre Zeugungſtheile nach dem Blühen oder der Befruchtung vergehen, während ſie bei den Thieren bleibend ſind. Ein bedeutender Theil von Gewächſen hat aber gar [497./0503] keine Zeugungſtheile, da ſie ſich nicht durch Samen ſondern durch Gemmen fortpflanzen. Der Unterſchied des Stickſtoffsge- halt fällt auch weg, da man ihn auch in den Gewächſen an- trifft. Die Nahrung, und daß die Thiere einen Magen haben, iſt eben ſo wenig ein Unterſchied. In der ganzen Or- ganiſation iſt die Respiration eine Hauptnahrung. Bei den höhern Thieren und Pflanzen iſt der gegenſeitige Verkehr in der ſie mit der Luft ſtehen, dadurch verſchieden, daß die Pflanzen Kohlenſäure aufnehmen und zerſetzen, die Thiere hingegen Kohlenſäure aushauchen. Einige haben behaupten wollen daß die animaliſche Maſſe der vegetabiliſchen überwiegend ſei, was aber natürlich nicht der Fall iſt, wenn gleich in einzelnen Körpern von Wallfiſchen und den untergegangenen großen Thierarten dieſes Reich den Vorrang hat. Noch mehr aber erſtaunt man über dieſe Bildungen koloſſaler Maſſen, wenn man auf Elephanten Jagden in Ceylon 100 und mehrere dicht zuſammen gedrängt zu ſehen Gelegenheit hat, oder wem der Anblick der auf der weſtlichen Seite der Anden am Ufer großer Flüße oft in unendlicher Menge zuſammenlie- gender Alligator’s von 15–16′ Länge gewährt iſt. Rechnen wir zu dieſen auch noch die große Zahl der Mollusken [498./0504] hinzu, ſo iſt dieſes alles doch nur unbedeutend gegen die unermeßlichen Urwälder allein, in denen ſich die Bäume zu 150–180′ erheben, bei einer untern Dicke von 5–6′ im Durchmeſſer. Selbſt aus den von frühern Zeiten übrig gebliebenen Reſten erkennen wir in den Steinkohlenlagerungen eine große Maſſe von vegetabiliſchen Stoffen, in denen wir ehemalige Palmenwälder ſelbſt auf hohen Gebirgen von 12–14000′ wieder erkennen, wo jetzt keine Bäume mehr gedeihen. Wie es auf der Oberfläche der Erde mehr vegeta- biliſche Maſſe giebt, ſo findet ſich dagegen mehr thieriſche im Meere, wo allein die Zoophyten und Mollusken einen großen Raum einnehmen. Wir gehen nun zur Verbreitung der Pflanzen ſelbſt über, womit ſich die Pflanzengeographie beſchäfftigt. Sie iſt vielſeitig mit der Geſchichte der Pflanzen ver- wechſelt oder für eins gehalten, die ſich doch von jener dadurch unterſcheidet, daß ſie die Verbreitung der Ge- wächſe durch die Menſchen Thiere, Winde, Meere etc. unterſucht. – [499./0505] 55. Vorlesung, 17. April 1828 Die Geographie der Pflanzen. Sie lehrt ihrer Definition nach der Verbreitung der Gewächſe auf unſerer Erde. H Strohmeyer war der Erſte, der ſie als eine beſondere Wiſſenſchaft behandelte, und ihre Begründung iſt neuer wie die der Geognoſie. Viel Gutes darüber ſagte auch Willdenom in dem hierher gehörigen Theile ſeines Grundriſſes der Pflanzenkunde, er hat aber Geſchichte mit Geographie verbunden. Die Geſchichte der Pflanzen darf nur auf die Veränderungen aufmerkſam machen, welche die natürliche Verbreitung durch Pflanzen- wanderungen erlitt. Sie läßt ſich zum Theil nur auf Hypotheſen gründen, da nur Meeresſtröme, vorherrſchende Winde, und die Völkergeſchichte ſelbſt für die cultivirte Pflanzen durch Analogien auf die früheren Epochen zurückführen laſſen. Mit der Sprache der Völker unterſcheiden wir Waſſer- Wieſen- Wald- und Alpenpflanzen. Dieſe Eintheilung drückt aber nur ihren Standpunct, oder die Localität in der ſie gefunden werden, nicht aber ihre Habitation aus. Man hat auch ganze Himmelsſtriche nach den vorherr- ſchenden Arten ihrer Gewächſe mit Namen belegt, ſo z. B. [500./0506] die Tropenländer des Palmenklima genannt, dabei aber überſehen, daß auch außerhalb der Wendekreiſe bis zum 34° Palmen vorkommen. Die erſte Idee für eine Geographie der Pflanzen ſpricht der Cardinal Bembo ſchon im 16t Jahrhundert, in einem Werke Aetna Diabolos aus, worin er einer ver- ſchiedenen Vertheilung der Pflanzen am Aetna gedenkt. Weit ſpäter aber war es erſt Tournefort vorbehalten, eine beſondere geographiſche Vertheilung der Pflanzen zu erkennen; er wurde hierauf aufmerkſam, als er in Geſellſchaft von Gundelsheimer /der Stifter des hieſigen botaniſchen Gartens/ den Ararat beſtieg, wo er die ver- ſchiedenen Floren der Länder die er geſehen hatte, mit der zunehmnenden Höhe wieder fand. So machte auch er zuerſt die wichtige Entdeckung, daß die Höhengrade mit denen der Breite in einem Zuſammenhange ſtehen. Darauf machte Linnee in zwei merkwürdigen Diſſerta- tionen darauf aufmerkſam, verfolgte dieſe Idee noch weiter und ſtellte die Hypotheſe auf, daß die Pflan- zen von den höchſten Gebirgen ausgegangen, immer dem ſich an engern Grenzen zurückziehende Meere gefolgt wären. Nach ihm haben verſch. Reiſende, wie Gmelin, [501./0507] Pallas, Cook, Forſter und andere viel zur Erweite- rung dieſer Kenntniſſe beigetragen, und beſonders letzterer fand zuerſt die nördlichen Pflanzenformen im ſüdlichſten Amerika wieder. Adanſon ging einen Schritt weiter, indem er auf ſeinen Reiſen am Senegal bemerkte, daß ſelbſt die verſch. Pflanzenfamilien nicht allen Zonen angehören. So machte er die Beobachtung daß die Umbelliferen und Cruciferen der Tropenländern gänzlich fehlen. Hemmend aber war die Annahme des Sexualſyſtems, indem es die natürliche Verwandtſchaft der Gewächſe trennte, und zu geringen Werth auf die genau- ere Kenntniß der innern Organe legte, die doch nur allein auf die richtige Bahn zur Kenntniß der Geogra- phie der Gewächſe führen kann. Der Name Pflanzengeographie hat lange ſchon vorher, wie der der Meteorologie, ohne Wiſſenſchaft exiſtirt. Zu- erſt wurde er im 17t Jahrhundert vom Dr. Menzel in Fürſtenwalde ausgeſprochen, in einer nicht gedruckten Flora der Umgegend. Später gebrauchte Hr. Bernardin de St. Pierre in dem Werke: Studien der Natur. Ihm folgte Girot Hilain in ſeiner Geographie phyſique de France, der an einen Zuſammenhang des Organiſchen und [502./0508] Unorganiſchen glaubte, und die Gebirge beſonders ein- flußreich auf die Thätigkeit der Menſchen hielt. Den flachen Sandgegenden ſchrieb er nachtheilige Einwir- kungen auf die geiſtige und körperliche Entwickelung der Menſchen zu, Gebirge dagegen und Trachit ſollten dieſe begünſtigen. In ſeinem Werke gedenkt er nur der kultivirten Pflanzen, deren Regionen er durch 2 Linien, die des Weinſtocks und des Kaſtanienbaums näher bezeichnet. Er war der Erſte, der Betrachtungen über die Meſſungen der Höhe, des Standortes und der Temperatur anſtellte. Durch das vereinigte Werken mehrerer Botaniker und Phyſiker in neuern Zeiten haben bei verſchiedenen Reiſen die Sammlungen Anlaß gegeben, die Pflanzengeographie zu fördern. Mit meinem unglücklichen Freunde Bonpland habe ich in Amerika 6000 Pflanzenarten geſammelt, und die Höhe ihres Vorkommens gemeſſen; unter dieſen waren 3600 neue Arten. Zwei Schriften von Bonpland und mir, die eine über die Natur der Pflanzen, und eine andere kleine botaniſche, geben hierüber genauere Kunde. Durch ſpätere Meſſungen anderer Reiſenden iſt doch nur die Geſammtzahl aller Pflanzen von denen die Höhe ihres [503./0509] Standpunktes bekannt iſt auf 11–12,000 geſtiegen, während doch gegenwärtig ſchon gegen 60,000 Pflanzenarten be- kannt ſind. So verdanken wir Ramond die Höhenangabe der Gewächſe auf den Pyrenäen, v. Buch, die in Scandi- navien und den Canariſchen-Inſeln, Wahlenberg die Höhen- angaben von denen die in der Schweiz und auf den Karpathen wachſen; Parrot maaß viele Höhen am Kaukaſus und Decandolle in Frankreich. Schouw eine Däne, giebt in ſeiner Pflanzengeographie viele genaue Angaben von Baro- meter und Thermometer-Meſſungen, doch enthält ſie zu viel Beimiſchungen, was uns verbreitend die phyſikaliſche Beſchaffen- heit der verſchiedenen Gegenden ergiebt. Es wäre mir lieb geweſen die Geographie der Pflanzen und Thiere unter einem Geſichtspunkte gemeinſchaftlich zu be- handeln, da ſie eigentlich nicht voneinander getrennt werden können, und ihre Uebereinſtimmung mannigfaltige Zuſammenſtellungen erlauben; allein die Neuheit beider Wiſſenſchaften und die ungleiche Stuffe ihrer Entwickelung erlauben dies nicht, da für die Geographie der Thiere weit weniger Facta ge- ſammelt ſind als für die der Pflanzen, obgleich erſtere weit älter als ihre Schweſter iſt. Das tropiſche Amerika [504./0510] hat urſprünglich keine Säugethiere die ſich auch in der alten Welt finden, ein Geſetz, das auch für die Pflanzen, einige Grasarten ausgenommen, gültig iſt. Ebenſo wie die Pflanzen faſt überall gleichmäßig in den verſch. Zonen ver- theilt ſind, finden wir es auch ein Thierreiche, in den heiſſen bis zu den temperirten Zonen; je denſelben Einflüßen ſind ſelbſt die Menſchen, als in Verbindung damit ſtehend, unterworfen. Dem ungeachtet fehlen aber hinlängliche Thatſachen über die Geographie der Thiere, da über dieſe nur wenige Temperatur und Barometermeſſungen angeſtellt wurden, und die um ſo wichtiger ſind, da ⅚ derſelben die Inſecten einnehmen, welche größtentheils in der Höhe leben. Das Weſentliche der Pflanzen-Geographie wollen wir nun durch die Erörterung folgender Fragen in 6 Ab- theilungen betrachten: 1. Wo ſind die Grenzen der Pflanzen, und wie weit erſtreckt ſich die Decke derſelben über den Erdboden? 2. Wieviel Pflanzenarten giebt es auf der Erde? 3. Geographiſche Verſchiedenheit im geſelligen Leben der Pflanzen zu einander. Dieſe hängt vom Verhältniſſe der Zahlen zu einander, ihrer Größe oder Höhe, der Aus- [505./0511] bildung des Stammes, ob er zum Baume oder Strauche ſtrebt, u. ſ. w. ab. 4. Verbreitung der Pflanzenarten in beiden Hemis- phären nach ihrer Identität. 5. Ihre Verbreitung nach Zahl der Arten, welche ge- wiſſen Familien angehören. Hier giebt es beſtimmte Zahlenverhältniſſe, die ſich nicht auf die Maſſe ſondern, auf die Form beziehen. 6. Störungen, welche noch gegenwärtig die Verbreitung der Pflanzen ändern, als Reiſen, menſchliche Kultur u. ſ. w. 1. Die Verbreitung der Pflanzen auf der Erde. Wir wollen dieſe von 2 Geſichtspunkten aus betrachten: a, Nach ihrem phyſiſchen Standorte, und b, Nach ihrer geographiſchen Verbreitung. Schon früher haben wir geſehen, daß des Lichts für die Vegetation unbedingt nöthig iſt, denn mehrere Pflanzen finden ſich in verſchloſſenen Höhlen, Gruben und Baumſtämmen, oder auch im Innern der Früchte. Bei den unterirdiſchen Pflanzen finden zwei verſchiedene Verhältniſſe ſtatt, da ſie entweder, in der Luft ſich entwickeln und darin leben, wie es die Exiſtenz ſo vieler cryptoganiſchen Gewächſe bedingt, [506./0512] die nicht ſelten in Bäumen von 15–16′ Durchmeſſer wie die Tropen ſie auszeigen, ſich verfinden. Eine andere Art ihres Daſeins iſt von der Umgebung derſelben mit Erde bedingt, wie es z. B. bei den Trüffeln der Fall iſt. Eine dieſen verwandte Schwammart findet ſich in Miſſuri oft 5–6′ tief in der Erde, hat eine Größe von ½ Fuß und darüber im Durchmeſſer und wird getrocknet von den Indianern ver- kauft und wie Brod genoſſen. Ebenſo kann man die Wur- zeln der höhern Gewächſe als unterirdiſche Pflanzen betrachten, wonach der Baum in ſeinen ſichtbaren Theilen als der Kopf derſelben angeſehen wird. So wie das Leben der Wurzeln unterirdiſch viele Jahre oft fort dauert, hat auch manche Samenart das Vermögen ſich in der Tiefe der Erde eine lange Reihe von Jahren lebend oder, was daſſelbe iſt, keim- fähig zu erhalten. So haben ſich zufällig durch tiefes Graben oder beim tiefere Aufrühren der Erde durch andere Veran- laſſungen, in manchen Gegenden Pflanzen gezeigt, die ſeit langer Zeit verſchwunden waren, oder ſelbſt ſolche die man früher nie dort geſehen hatte. So ſah Viborg auf dieſe Weiſe Carex cyperoides auf Seeland emporwachſen, den er früher nie dort geſehen hatte. Auch ſollen unter dem Druidentempel in Schottland neue Pflanzen hervorgewachſen ſein. [507./0513] Die Zahl der Seepflanzen iſt verhältnißmäßig nur geringe, da man nur 3–400 Arten hat auffinden können. Manche derſelben haben dafür aber eine um ſo weitern Verbreitung, andern zeichnen ſich durch eine beträchtliche Länge aus. So erreicht der Fucus giganteus nicht ſelten eine Länge von 3–400′. er ſteigt aber nicht ſenkrecht ſondern ſchräg in einem Winkel von 50°, aus dem Meeresboden herauf. Man hat früher allgemein die Möglichkeit bezweifelt, daß es in der kalten Zone über den 74° hinaus, noch Ge- wächſe geben könne. Parry hat jedoch von der Mellville’s Inſel noch 50–60 Phanerogamen mit gebracht, die theils zu den Ranunculaceen, Papaveraceen, und andren Familien gehören. Die Salix arctica, dieſen nordiſchen Baum von 3–4″ Höhe, fand er noch unter dem 75°. Aus Spitzbergen ſind nur 14–15 Arten von Pfl. bekannt. Von der ſüdlichen Hemisphäre glaubte ſelbſt Forſter, daß es unter dem 60° S. Br. auf den Sandwichsinſeln, keine Pflanzen mehr gebe, aber Hueddo hat noch ſogar auf der Schottlands- inſel welche gefunden, und der Kapit. Billinghauſen noch ebenfalls auf den Inſeln Peter /und Alexander/?, wenn gleich auch nur cryptoganiſche Gewächſe. Was das Hinaufſteigen der Pflanzendecken betrifft ſo hat Sausſure am Abhange des Montblanc die Silene acaulis [508./0514] und Ranunculus parnasſifolius noch in einer Höhe von 10400′ gefunden. Auf den Anden und am Chimboraſſo habe ich den Lichen geographicus noch 17,100′ hoch an ſolchen Felſen geſehen, die durch innere vulkaniſche Wärme nie lange mit Schnee bedeckt waren. Die Eudema rupeſtici und ſchöne Gentianea kommen mit andern Gewächſen noch auf 15,000′ Höhe vor. Es iſt wahrſcheinlich daß der Schnee und nicht die Kälte die Pflanzen hindert, ſowohl am Nord- wie am Südpol noch höher zu vegetiren, und es geht hieraus die Wahrſcheinlichkeit hervor, daß am äußerſten Erde der Baffinsbai noch Pflanzen wachſen. Zu dieſen Bedingniſſen, die ſich auf die Temperatur gründen, läßt ſich auch der ungleiche Barometerdruck und die Durchſichtigkeit der Luft zählen, und man iſt hierzu um ſo mehr berechtigt, da die Pflanzen weit mehr von äußern Bedingungen abhängig ſind als die Thiere, da dieſe von den innern Organismen ſelbſt, die Pflanzen dagegen von der Wirkung auf der Oberfläche bedingt werden und die Einwirkungen der Respiration den wichtigſten Einfluß haben; von gleicher Wichtigkeit iſt auch noch der Grad der Feuchtigkeit, welcher in einer gewiſſen Höhe abnimmt. — [509./0515] Die Alpenpflanzen wachſen niedrig, gedrängt, und würden das Bild einer entkräfteten Natur geben, wenn nicht da- gegen die ſchönen großen, hoch gefärbten Blumen aus eine ſchönere Zone zu verkündigen ſcheinen. Beſonders ſind ſie auch wegen ihres herzigen Saftes und der herzigen Be- kleidung ein Gegenſtand der Forſchung geworden, was wahrſcheinlich von dem geringen Druck der Luft herrührt von dem auch die Respiration mit abhängig iſt. Die Alpenpflanzen werden durch das Licht mehr zur Respira- tion gereizt, die Ausdünſtung iſt, ſtärker. Daher auch ihr Saft rafinöſer, und die dabei thätigen Organe daher ſich mehr zur haarigen Hülle aus. Auch der elektriſche Reiz iſt hierbei wirkſam, den ſie in den Wolkenſchichten bis zu 13,000′ in einem weit ſtärkern Grade ausgeſetzt ſind, aber bei 14–16,000′ Höhe hören die Gewitterwolken ganz auf. Die Elektricität ſteht mit der Erde in Ver- bindung, denn bei dem zu dieſen Meſſungen angewendte Sausſurſche Elektrometer entfernten ſich die Kügelchen von Holländermark faſt gleichförmig immer zu 5–6°. Das ſo eigenthümliche Vegitiren der Alpenpflanzen iſt alſo wahrſcheinlich abhängig, von höhern Lichtreiz, geringern Luftdruck und der elektriſchen Spañung, weshalb dann auch nicht die Alpenpflanzen auf den Ebenen gediehen. [510./0516] Deshalb ſind auch alle Verſuche, die hohen Gebirgspflanzen in unſern Gärten zu kultiviren geſcheitert, und nament- lich ſind in Wien auf Veranlaſſung des Kupfers darüber wichtige und koſtſpielige Verſuche vergebens angeſtellt. Die Meinung, daß die Pflanzen einen beſtimmten Boden, oder eine gewiſſe chemiſche Beſchaffenheit deſſelben zu ihrem Gedeihen verlangen, ſind durch die Verſuche von Sausſure widerlegt, und ebenſo ungegründet iſt es, daß dieſer oder jener Untergrund für ihr Gedeihen nothwendig ſei. Sausſure’s treffliche Unterſuchungen haben dies hin- länglich wiederlegt, was auch neuerlich Decandolle beſtätigt hat. So wurde vom Buxbaum behauptet, daß er nur auf erdigen kalkhaltigen Boden wachſe, doch hat man ihn auch auf Granit /und Marmor /?/ gefunden. Ebenſo glaubte man daß die ächten Kaſtanien den kalkhaltige Boden fliehen, doch ſind weite Flächen dieſes Untergrundes im ſüdlichen Frankreich mit Kaſtanienwälder bedeckt. Auch die beiden Arten der Alpenroſen, ſollten nur auf Kalkgebirge vorkommen, aber auch dies iſt widerlegt /daß aber manche Pflanzen den einen oder den andern Boden lieben, iſt doch wohl auch nicht zu bezweifeln ?/ 2. Zahl der Pflanzenarten. Es kommt nun noch darauf an zu beſtimmen, wie [511./0517] verſchiedenartig die Pflanzendecke iſt. Die Natur be- ſteht aus Individuen, und der Saame derſelben erfült dieſe nicht immer unverändert, ſondern bringt in verſchiedene Ab- änderungen Varietäten hervor, auf ähnliche Weiſe, wie unter denſelben Arten der Vögel, bei nahe gelegenen Inſeln, ſich die größte Verſchiedenheit zeigt. In dieſer Rückſicht iſt es eine ſchwierige Aufgabe, ein Zahlenverhältniß der Arten genau anzugeben. Der engliſche Botaniker Robert Brown hat eine große Menge von Pflanzen die beſchrieben ſind verglichen, um die Menge der Pflanzen- namen zu verringern, die durch einige leichtſinnige oder gedankenloſe Botaniker zuviel entſtanden waren, und ſo die Botanik von 1200 Pflanzennamen gereinigt. Rückſichtlich den Quanti- tät der Arten läßt ſich nicht die Frage beantworten, wieviel es giebt, ſondern nur die, wieviel bekannt ſind. Bei den letztern muß man wieder unterſcheiden wie viel beſchrieben, und wie viel ſich in den Herbarien befinden. Der ſo eben genannte R. Brown hat im Jahre 1817 eine ſolche Unterſuchung angeſtellt, und gefunden daß die Zahl der bekannten Phanerogamen 38,000, und die der Cryptogamen 6000, alſo im Ganzen 44,000 Arten betrug. Hierzu gab des Aequinoctial-Amerika 13000 Species [512./0518] die Tropenländer der alten Welt /Aſien/ aber nur 4500 Species. In der Synopſis von Perſoon ſind nur 21,000 Arten beſchrieben. Sehr beträchtlich iſt aber der Zuwachs von neuentdeckten Pfl. aus der neuen Welt ge- weſen, ſo daß man jetzt im Ganzen 60,000 Species als bekannt annehmen kann. In Neuholland ſind bis jetzt von allen Botanikern 3700 Arten gefunden. Nach Decandolle’s Unterſuchungen kannte man im Jahre 1800 nur 500 Pfl. aus Braſilien, aber durch die Bemühungen von St. Hillaire Martius, Pohl und Andern, ſind nun 14,000 Phanerogamen daſelbſt entdeckt, von denen kaum der 3t Theil beſchrie- ben iſt. Alle Reiſende haben ſelten über 6000 Arten geſammelt; nur Burſchel hat vom ſüdlichen Afrika 7000 und Pohl 8000 aus Braſilien mitgebracht. Martius und St. Hillaire haben dagegen in jenem Lande jeder etwa 6000 Arten geſammelt. 56. Vorlesung, 19. April 1828 Der ſtatiſtiſche Theil der Pflanzengeographie giebt die Zahlenbeſtimmungen. Er beſchäfftigt ſich nicht allein mit dem Verhältniſſe der Zahl der Arten, ſondern auch mit den der er ſetzenden Formen, und der Zahl der Species in gleichen Gruppen. Wenn wir ſo die nach Brown und Decandolle angegebene Zahl der Phanerogame von 60 [513./0519] bis 65,000 Species als die höchſte der bekannten Arten annehmen, und wenn alle Continente zuſammen genommen 2½ Millionen Quadratmeilen enthalten, ſo kommt nur eine Pflanzenart auf 38 □ Meilen. In den engliſchen Gärten werden nach R. Brown 16000 Species kultivirt, alſo ¼ aller bekannten Gewächſe, woraus hervorgeht, daß jene Schätzung von 65000 Arten ehe zu geringe als zu groß iſt. Das größte Herbarium beſitzt H Lambert in London denn es enthält 32,000 Phanerogamen und 6000 Cryptogamen. Eigenthümlich iſt es, daß wir faſt eben ſo viele Thiere als Pflanzen kennen, da von jenen 46,000 beſchrieben und 66,000 Arten gekannt ſind, worunter ſich allein 44,000 Inſecten finden. Bei den Thieren iſt es eben gerade umge- kehrt wie bei den Pflanzen, da die unterſten Thierklaſſen die zahlreichſten ſind, ja wenn man die 4 unterſten Thier- klaſſen, die Inſecten, Würmer, Mollusken und Zoophythen zuſammen zählt, ſo enthalten ſie ⅚ der geſammten Thiere, während bei den Pflanzen die niedrigſten Ausbildungen nur ⅐ der Geſammtzahl aus machen. Europa hat 7000 Pflanzenarten, demnach kommen, wenn man dieſen Erdtheil zu 155,000 □ M. annimmt, auf 22 derſelben nur eine Pflanzenart. Schließt man die Pflanzen welche Europa [514./0520] und Aſien gemeinſchaftlich haben davon aus, deren es 4000 ſind, ſo bleiben für Europa kaum 2800–3000 Arten. Decandolle glaubte früher, daß es in Allen nur 120,000 Species gäbe, was aber die neuern Entdeckungen widerlegt haben. Dieſe Angabe ſtimmte auf eine ſonderbare Weiſe mit einer alten perſiſchen Mythe von Zoreoſter in Kalabaka überein, nach der dieſelbe An- zahl Pflanzen aus dem Stierblute entſtanden, und ſich über die Erde verbreitet haben ſollen. Man hat die Frage aufgeworfen, ob die Zahl der Pflanzen ſich noch vermehrn oder vermindern. Gehen wir in dieſer Rückſicht über die hiſtoriſchen Zeiten hinaus, ſo be- rechtigen uns die großen Ueberbleibſel von Thierformen ſowohl als Palmenſtämmen, zu glauben, daß Species untergingen, aber auch neue wiederum entſtanden ſein können. So ſind auf der weſtafrikaniſchen Küſte, Thiere wie z. B. der Sydor gänzlich untergegangen; ein foſſiler Kopf deren wird im Oxfordter Muſeum aufbewahrt, der in das Geſchlecht der Pingus übergeht. Pflanzen niederer Organiſation können ohne unſer Wiſſen entſtehen, die der höhern aber fällt außer den Grenzen naturhiſtoriſcher [515./0521] Traditionen. Dies führt uns auch auf die Entſtehung einiger Naturphänomene; ſo beſteht der Kern der Societäts-Inſeln nicht wie Forſter glaubte aus Granit, ſondern aus Trachit, und dennoch hat man auf Otaheite ohne Urgebirge eigen- thümliche Arten von Süßwaſſerfiſchen gefunden. Ebenſo kommen in der Seen der Anden die 8–10000′ hoch liegen, ganz andere Arten von Fiſche vor, als an dem Fuſſe derſelben. Auch iſt es ſchwer einzuſehen, wie Pflanzen aus einem Flußbett, in ein anderes weit entferntes übergehen könnten. So iſt die in Italien nur im Po wachſende Aldrovanda von Decandolle auch im Thale der Rhone gefunden. Nicht ſelten entſtehen auch vor unſern Augen hybride Pflanzen oder ausgezeichnete Varietäten, wie die Fragarea monophylla in einem Garten bei Paris aus Saamen ſich bildete, die ſich ſo fortpflanzend in alle Gärten verbreitete. 3. Geographiſche Verſchiedenheit der Pflanzen im geſelligen Leben. Wenn wir die Zahl der Species nach der Verbrei- tung in den verſch. Zonen betrachten, ſo ſehen wir die größte Mannigfaltigkeit der vegetabiliſchen Formen in ihren Typen unter Aequator, und von dieſem nach den Polen [516./0522] zu, bis zu den geringen Quantität derſelben abnehmen. R. Brown glaubte, daß die größte Zahl der Pflanzenarten nicht innerhalb der Wendekreiſen beiſammen ſich fänden, ſondern in den ihren zur Seite gelegenen Erdſtrichen zwiſchen der 25 und 30° der Breite, und daß der größte Reichthum an Pfl. ſich auf dem Continente von Neu-Holland fänden. Der Dr. Pohl hat aber in Braſilien allein ſo viele Pflanzen geſammelt, als Brown für jenen Erdſtrich insgeſammt annahm, ſo daß er jetzt durch dieſe Widerlegung ſeine Meinung auf ge- geben hat. In Frankreich giebt es 3800 Phanerogamen, und faſt eben ſo viele hat auch Deutſchland, wenn wir die Schweiz mit dazu rechnen, nämlich 3400. Ohne die Schweiz hat aber Deutſchland nur 3200 aufzuweiſen. Aber dagegen beträgt die mittl. Temperatur hier 7–9°, während die von Frankreich 10–12° iſt, ein Umſtand der als einfluß- reich nicht außer Acht gelaſſen werden darf. Rechnen wir dagegen Tyrol mit zu Deutſchland, ſo werden die Bedingungen weit mannigfaltiger. Die Neumark hat nach Schlechten- dal’s Flora nur 950 Phanerogamen, und 1000 mit Einſchluß der kultivirten, aber 2200 wenn die Cryptogamen mit hinzu gerechnet werden. Nach Schübler’s Angabe hat ganz Würtenberg mit den ſchönſten Abwechſelungen von Bergen [517./0523] und Thälern, nur 1230 Phanerogamen. Bei der Betrachtung der großen Zahl der Individuen, und der Mannigfaltigkeit der Formen, tritt bewundernswürdig die Wohlthätigkeit der Natur hervor, die in der großen Verſchiedenheit ſchöner Geſtalten, dem Auge wie dem Gefühle gleich anſprechend er- ſcheint, und dem reihern Nachdenken ein Feld der verſchieden- ſten Betrachtungen eröffnet. – Nach Wahlenberg finden ſich in Lappland von 65–69° nur 526 Phanerogamen und mit Einfluß der Cryptogamen 1100, alſo etwa ſo viele als Pha- erogamen in der Neumark ſind. Island weit milder zwiſchen dem 63–67° gelegen, hat nur 374 Phanerogamen. Dem Pole noch unſer muß man ſich ſowohl über den Reich- thum als der Arten wundern, ſo ſind auf der Mallwilles Inſel zwiſchen den 74–75° noch 67 Phanerogamen von den Begleitern des Capit. Parry geſammelt. Im Thale des Atlantiſchen Oceans giebt es Inſeln, die ärmer als jene, bei einem weit milden Klima, die beſchränkte Natur der Inſeln überhaupt zeigen. St. Helena beſitzt nach Ronbourg nur 50–60 Pflanzenarten. Die Inſeln des Triſtan d’Acunhan oder die Erfriſchungsinſeln haben nur 55 Phanerogamen. Einige Gegenden auf dem Continente der Tropen haben nicht den Reichthum, wie wir erwarten [518./0524] könnten, weil die oft anhaltende Dürre die Pflanzenzahl beſchränkt. Denn des weite Flußthal des Nils in Aegypten hat nach Delile und Ehrenberg nur 1000 Phanerogamen. In ganz Nubien und Dongola ſind nur 200 Phanerogamen nach Ehrenberg gefunden, und wenn gleich Reiſende beim Sammeln nur auf die Umgebungen ihrer Route beſchränkt ſind, ſo glaubt doch Ehrenberg daß ſich in jenem Lande kaum noch 100 Pfl. außer jenen befinden. Der Contraſt der Tropengegenden iſt um ſo auffallender, wenn wir mit dieſen Gegenden die von Südamerika vergleichen, wo 7 bis 8000 Arten in den Breitengraden ſich finden, wo hier nur wenige Hunderte ſind. Von der geographiſchen Beſchaffenheit durch die phyſiſche beſchränkt, hängt wie wir geſehen haben im Allgemeinen die Zahl der Gewächſe ab. Man ſollte glauben daß gleichwirkende Verhältniſſe auch die Größe der Gew. bedingen, und die größten Baumformen gleichfalls den Tropen angehören müßten. Dies ſtreitet aber mit der Erfahrung, denn die höchſten Bäume ſind in der temperirten Zone gefunden, wenn gleich es die Gegenden ſind, die mit den Tropen Aehnlichkeit haben. Die noch in minder warmen Gegenden vorkommenden Coniferen oder Zapfenbäumen, können außer andere übereinſtimmenden [519./0525] Merkmalen, auch in dieſer Rückſicht mit den Palmen ver- glichen werden. Den größten Contraſt mit dieſen geben die microscopiſchen Gewächſe, als Oscillation etc. denen ſelbſt einige Infusionsthierchen näher als der Thierwelt ſtehen, alſo mehr Pflanzen als Thier. Eine Art dieſer Gewächſe, findet ſich als kleiner Pilz in dem bekannten rothen Schnee, welchen Herr Parry auf ſeiner Reiſe im hohen Norden fand. Man glaubte anfänglich daß er von mineraliſchen Stoffen, oder von den Excrementen dort lebender Vögel roth gefärbt ſei; denn hat man es lange für eine Tremella gehalten, doch Bauer erkannte ſie für kleine Pilze, denn nachdem der Schnee geſchmolzen, blieben kleinen Kügelchen zurück, die er bei der großen Uebereinſtimmung mit den _ der Nigrelo /_/ Arten, für jene anerkannte. Sie wuchern ſo auf in dem Schnee, daß oft ganze Strecken von ihnen roth gefärbt ſind; auch pflanzen ſie ſich nicht nur bei einer niedern Temperatur fort, ſondern ſelbſt bei + 15–16° R. wie Bauer in London, der ſie anderthalb Jahre kultivirte, und Andere in Paris und Genf beobachteten. Von dieſen Betrachtungen ausgehend ſtehen in einem merkwürdigen Contraſte die Palmen der Andeskette, deren höchſten Arten auffallend genug die Bergpalmen ſind, von denen [520./0526] es 6–7 Arten giebt, und deren Grenzen Bonpland und ich beſtimmt haben. Sie erſcheinen erſt bei einer Höhe von 4000′ und ſteigen bis zu 8000′. Die höchſte unter dieſen iſt die Wachspalme, von der wir einige Stämme füllen ließen, deren Länge 180 Pariſer Fuß betrug, und von den dicke waren, daß ein Menſch aufrecht ſich hinter ihnen verbergen konnte. Auch in Neuholland erreichen einige Melaleucen die Höhe von 170–180′. Forſter fand gleich- falls außerhalb den Tropen die Cupresſus columnaris /Eutasſia heterophylla Salisb./ unter dem 29° S. Br. auf der Inſel Norfolk, 240′ hoch. In neuern Zeiten hat Herr Douglas und Fränklin am Columbiafluſſe in Kanada, eine Pinusart gefunden, die 260′ hoch war und 14–15′ im Durch- meſſer hatte, ſie trug Zapfen von 1½′ Länge. In der ganzen Organiſation erheben ſich ſo die Palmen und Zapfenbäume am höchſten, doch gegen die Pole zu werden die Baumformen kleiner, und ſchrumpfen bis zur Niedrigkeit von 2′ zuſammen, wovon die Salix arctica ein Beiſpiel giebt. – Noch merkwürdiger aber iſt die Ausdehnung mancher Gewächſe in die Breite, wovon aber nur die Tropen ausgezeichnete Bildungen auf zu weiſen haben. Der Adanſonia Stärke am Senegal [521./0527] wurde ſchon im 16t Jahrhundert von Cadamuſco beſchrieben, und in neuern Zeiten von Boulveny. Es giebt Stämme von der Adanſonia die 6′ über der Erde gemeſſen, 34′ im Durchmeſſer haben, bei einer Höhe von 60′, da der Dattelbaum bei Orotava von 15 Durchmeſſer ſchon eine ſeltene Stärke hat. Der dickſte von den bekannten Stäm- men der Adanſonia digetata iſt von Alter ausgehöhlt, von den Negern architectoniſch verziert, und ſo geräumig daß die Vorſteher einer Ortſchaft darin ihre Verſammlungen halten. – Eben ſolche Contraſte finden ſich nun auch in Hinſicht der Blumen. Die größte unter allen iſt die Rafleſia welche nach Arnold 15℔ wiegt und 3′ im Durchmeſſer hat, ſo daß alſo ein Kind bequem darin ſitzen kann. Es werden mehrere Exemplare davon in England aufbewahrt. Sie wächſt als Schmarotzerpflanze auf den Wurzeln der Cisſus angustifol. Auch eine Ariſtolochia welche ich mit Bonpland am Mag- dalenenſtrom fand, hatte Blumen von 16–17″ im Durchm. und wurden von den Einwohner als Mützen getragen. Der Character der Tropen ſpricht ſich in der Größe der Formen, in dem energiſchen Aufwachſen mit den härte- ſten Faſern und der kräftigſten Textur aus, und ein [522./0528] großer Theil der Gewächſe, ſtrebt zu hohen Waldungen auf. Vergleichen wir dagegen die temperirte Zone, ſo hat Frankreich mit Einſchluß aller niedrigen Baumformen nur 70 Arten, in Lappland deren nur 11, und in Deutſch- land erreichen etwa 15–18 Arten die Höhe über 25, nur wenige aber haben die Höhe von 60–80′, dagegen unter den Tropen viele die Höhe von 120′ erreichen. Im Ver- gleich zu unſern Schilfarten von 6–8′ Länge, geben die Bambuſ__arten ein Bild der Größe für die Tropen, da ſie 60–70′ hohe Waldungen bilden. Ebenſo erreichen auch dort die Farrenkräuter eine beträchtliche Höhe, die ſich hier kaum von der Erde erheben. Die Palmen erſtrecken ſich nur bis zum 35° d. Br., weil ſie wie alle baumar- tigen Monocotyledonen Tropenformen ſind. Der Contraſt im Uebergange von der temperirten Zone zu der der Tropen iſt nicht ſo fühlbar, als umgekehrt von der Tropenzone zu der temperirten. Die Begünſtigung der Baumfähig- keit, die beſonders unter den Tropen groß iſt, hängt auch von den Continenten ab. So hat der neue Continent in gleicher Breiter ſchon einige 40 Eichenarten, wo wir nur 2 Arten beſitzen. Die Natur hat ſich dort in dieſen Formen ſo gefallen, daß Bonpland und ich in Neu-Spanien noch 25 [523./0529] neue Arten entdeckten. Auch einige Pflanzenformen die bei uns nur niedrig ſind, erheben ſich dort zu hohen baumartigen Gewächſen, wovon die Malvaceen ein Beiſpiel geben. Gleich wie die Tropen in der baumartigen Natur der Ge- wächſe und dem kräftigern Wuchſe des Stammes ſich aus- zeichnen, iſt dies auch der Fall in der Ausbildung prächtiger Blätter. Sie unterſcheiden ſich auch durch das feſtere und dickere Parenchym, und man findet ſie von der Größe daß ſie einen Mann bedecken können. Entgegengeſetzt aber zeigen uns dort die Caſuariam & Colletica das größte Zu- ſammenziehen des Parenchyms, wobei die Blätter ganz verſchwinden. – Die temperirte Zone hat dagegen aber auch große Vorzüge, in dem gleichmäßigen ſanften Grün der Weiden und Wieſen, welche jenen Zonen ganz mangeln. Dies rührt von der größern Zahl der annuellen und bi____ Pflanzen her, die die temperirte Zone vor der warmen hat, die ſowohl gegen die Pole wie nach dem Aequator zu ab- nehmen, denn in Lappland gehört nur 1/60 der Phanerogamen zu dieſen, in Deutſchland dagegen ſchon 1/30. Der auffallende Unterſchied zwiſchen den Zonen in dem Character der Baumformen, zeigt ſich auch in der Große der Blumen. In den kältern Klimaten gehören die meiſten [524./0530] Baume zu den Amentaceen und Coniferen, deren kleine un- anſehnliche Blumen in Kätzchen zuſammen gedrängt ſtehen. Unter den Tropen dagegen ſieht man das ganze Jahr hiedurch die herrlichſten Blumen. Wie hier cryptoganiſche Gewächſe, Mooſe und Flechten, die Baumſtämme bekleiden, ſind ſie dort oft von einer größern Menge ſchön blühende Gewächſe bedeckt, wie bei uns kaum ein Berg aufzu- weiſen hat. Einen andern bedeutenden Unterſchied giebt auch das geſellige oder iſolirte Leben der Pflanzenarten. Das letztere iſt ein Hauptcharacter der Tropen, nur ſelten ſind dort Gruppen von gleichartigen Pflanzen, was die Schönheit jener Gegenden vermindert. Die Neu-Spanier unterſcheiden daher auch plantae ſolitariae der Niede- rungen und pl. ſociales der Gebirge. Ein Hauptcharacter der temperirten Zone iſt dagegen das geſellige Leben der Pflanzenarten, was die Gegenden ausdrucksvoller und ſchöner macht. Vorherrſchend ſind in dieſen beſonders die Nadelhölzer, deren Waldungen Europa decken, und die Heidearten, die in verſch. Formen wechſeln. Denn die Erica vulgaris und L. Tetralis welche nördlich weite Strecken überziehen, werden im mittlere Europa durch L. [525./0531] herbacea und cinerea, und noch ſüdlicher durch L. arborea und ſcoparia erſetzt. Selbſt zu den Cryptogamen, den Mooſen und Flechten ſteigt dies geſellige Leben herab, da die Sphagna ganze Toofmoore bedecken, und die Mnia, Dicrana und Hypna große Polſter bilden. Unter den Tropen finden wir das gesellige Leben nur einzeln, bei einigen Croton arten, einigen Cactis beſonders den Cereen und bei den Bambuſen. Nur mit wenigen Ausnahmen läßt ſich unter den Tropen nicht angeben, woraus ein Wald beſteht, da er ein Gemiſch der verſchiedenſten Bäume iſt, bei uns dagegen läßt ſich dies leicht ſagen. Die Cactus Arten welche oft 25 bis 30′ hoch werden, geben Amerika einen eigenthümlichen An- blick der der alten Welt ganz fehlt, und der beſonders durch die Länge der Stacheln ſo hervortritt. Die Cacti ſtehen oft ſo dicht beiſammen wie die Orgelpfeiffen, und werden ſogar zur Vertheidigung bei Feſtungen angebauet. Für die Phyſiognomik der Gegenden und dem Schickſale der Völker iſt nichts wichtiger, als das geſellige oder ein- ſame Leben der Pflanzen. Wie einförmig erſcheinen nicht die Länder wo nur Nadelholzwälder oder Heidegegenden ſich ausbreiten, das unter den Tropen nie der Fall ſein kann, [526./0532] nur in den Höhen bilden dort die Escalonien und Pratis große Vereine. Als Waldungen legten die geselligen Pflanzen den Ackerbau Hinderniſſe entgegen und hemmten ſeine Verbreitung. Die Grasarten und Monocotyledonen der Weiden beſtimmten das Leben vieler Nationen. Die Ausbreitung weiter Grasſteppen von der chineſiſchen Mauer an bis hin zum caspiſchen Meere, hat den Hirten- völkern Verbindungen gegeben, aus denen das patriarcha- liſche Leben entſtand, dem ſich ſpäter der aſiatiſche Des- potismus anreihete. So wurden ſelbſt die verſchiedenen Regierungsſyſteme durch die wechſelnden Verbindungen der Gewächſe veranlaßt. 57. Vorlesung, 21. April 1828 Wir kommen nun zu der Zahl der Genera in denen die Species vertheilt ſind. Die Mannigfaltigkeit der Pflanzen- formen geben die Genera an, ihre Zahl beſtimmt daher den Reichthum der Formen, die im Verhältniß zu der Zahl der Ge- wächſe um ſo häufiger werden, und einen um ſo ſchönern Wechſel der Natur geben /denn durch die Zahl der Genera wird die Anſicht der Natur beſtimmt,/ je weiter man von dem Aequator den Polen zu kommt. So finden wir in Lappland faſt nur Gattungen, den 2½ Species auf ein Genus kommen. In Frankreich dagegen kommen 6 Arten [527./0533] auf eine Gattung, und unter den Tropen finden ſich nicht ſelten Genera von 2–300 Species. Hier um Berlin wo faſt 1000 Arten und 420 Genera ſind, iſt auch das Verhältniß wie 1:2½. Dagegen in Deutſchland und der Schweiz wie 1:5. Die nördliche Zone iſt beſonders reich an Kräutern; aber auf hohen Bergen iſt der größern Reichthum nur ſcheinbar, weil die Kürze des Sommers faſt alle Pflanzen zugleich entwickelt. Noch größer aber iſt die Mannigfaltigkeit der Formen in ſandigen Gegenden wie das angeführte Beiſpiel hiervon Berlin beweiſt. Verſchieden von dieſen ſind die erſetzenden Formen, und im gleichen Grade bemerkenswerth. Denn nicht ſelten findet es ſich daß wenn auch nicht dieſelben Typen, doch ſo nah verwandte Formen in verſch. Ländern vorkommen, ſo daß ſie durch ihre Aehnlichkeit bei Botaniker ſelbſt Irr- thümer veranlaßten. Nordamerika hat z. B. eine große Menge Pflanzen die auch in Europa wachſen, aber häufiger noch ſo nah verwandte Formen, daß ſie nicht ſelten für dieſelben europäiſchen gehalten wurden. Eben ſo ähnliche Gewächſe ſind zuweilen auf beiden Hemisphären vertheilt wie untern andern die Fragaria chilenſis der Anden eine [528./0534] große Aehnlichkeit mit der in Pensylvanien wachſende Fragaria grandiflora hat. Noch auffallender iſt dies bei den Gattungen die nur 2 Species haben, welche tau- ſende von Meilen von einander entfernt ſind, und die größte Aehnlichkeit haben. So giebt es 2 Arten von Platanus, Liquidambar, Valisneria, Gyrocarpus, Gleditſchia u. ſ. w. die in verſchieden Welttheilen wachſen. 4. Die Verbreitung der Gewächſe. Es iſt nicht genug Phyſiker zu ſein, um die meteorlo- giſchen Erſcheinungen zu unterſuchen, wenigſtens muß die Kenntniß der botaniſchen und zoologiſchen Schriften damit verbunden ſein. Ich habe ſchon gesagt, daß man manche unſerer gemeinen Pflanzen wie Alſine media, Sonchus oleraceus etc. in allen Welttheilen vorkommend betrachtet, was aber durchaus falſch iſt, denn ſchon in Nordamerika finden ſich die wenigſten davon, wie überhaupt eine größere Verſchiedenheit in den Pyramidalformen der Continente ſich zeigt. Nicht allein die Species ſind Producte des Klima’s ſondern es zeigt auch ſeinen Einfluß auf die Veränderungen der Formen; ſo ſind die Monocotyledonen ein Schmuck der [529./0535] Tropen. In der Sylla de Carracas erſetzen die Befarien unſere Alpenroſen, und in gleicher Höhe ſind die verſchie- denen Arten vertheilt, nur daß ſie 250′ höher hierauf ſteigen. Es iſt vielleicht unrecht, wenn man die Gentiane, Andro- meden, Primela u. ſ. w. europäiſche Formen nennt, da ſie ſelbſt unter dem Aequator auf Gebirgen vorkommen. Dagegen giebt es aber ganze Gruppen die eine beſchränkte Verbreitung haben; ſo kommen die Cacti nur in Amerika vor, die Herrmannien nur am Kap u. ſ. w. die Bankſia unter andern gehört nur Neu- holland. Ebenſo iſt noch keine Roſe und keine Pinusart in der ſüdlichen Hemisphäre gefunden, und die große Gattung Calceolaria, die einige 40 Spec. hat, iſt nur auf Südamerika beſchränkt, da ſie nicht nördlich über den Aequator hinaus geht, dagegen fehlen die Heiden dem neuen Continente. Wenn wir kein Beiſpiel der allgem. Verbreitung von Phanerogamen kennen, ſo ſcheint ſie doch bei mehrere Cryptogamen ſtatt zu finden, dann die Schimmelarten und ſelbſt manche höhern Pilz- formen gehören beiden Continenten an. Gleiches gilt vom mehreren Flechten als Sticta pulmonacea, Parmelia perforata, auch Mooſe wie Dicranum ſcoparium und andern ſind ſowohl auf den Anden wie am Himalaigebirge und in Neuholland gefunden. Polytrichum commune und Nechera [530./0536] crispa kommen auf der ganzen Andeskette vor. Kein euro- päiſches Hypnum, zu welcher Gattung der 4t Theil der Mooſe um Berlin gehören /40 Arten/ iſt in den vereinigten Staaten gefunden. Die Sticta crocata und einige Phyſcia Arten, die an der engliſchen Küſte wachſen, ſind auch in Jamaika gefunden. Aus den höhern Ordnungen der Gewächſe ſind nur wenige bekannt, die beide Continente gemeinſchaftlich haben. Von Farrenkräutern kennen wir über 1000 Arten, und wiſſen es nur von Aspidium punctulatum und Asplenium mo- nanthum daß ſie auf beiden Erdhälften wachſen. Nur wenige Beiſpiele von Phanerogamen kennen wir, die aber alle Monocotyledonen ſind und zu den Gräſern oder Cy- peroideen gehören, dagegen von keiner Juncee. – Sowohl Säugethiere als Vögel und mit wenigen Aus- nahmen alle Wirbelthiere der neuen Welt, ſind von denen der alten ſehr verſchieden. Gleiches gilt von der höhern Formen der Dicotyledonen, einige Littoralpflanzen aus- genommen. R. Brown hat lange geglaubt daß Olax zeytanica auch in Südamerika vorkomme, doch haben nähere Unterſuchungen gezeigt, daß es 2 Arten ſind. Was die Identität der beiden Continente in der gemäßigten Zone [531./0537] betrifft, ſo iſt das Weſentliche davon ſchon geſagt. In Purſt’s Flor von Nordamerika ſind über 400 euro- päiſche Pflanzen aufgenommen, es iſt aber noch nicht bei allen ausgemacht, daß es wirklich dieſelben ſind. Es giebt aber 8–10 Farrenkräuter, die beide Welttheile gemein- ſchaftlich haben, da Europa doch nur 70 Arten hat. In derſelben Zone und bei gleicher mittlerer T. ſollte in den Erzeugniſſen eine größere Uebereinſtimmung herrſchen, als es der Fall iſt. So hat Nordamerika 137 Bäume die über 30′ hoch ſind, während Europa nur 45 Arten hat. Schon in gleicher Breite und Temperatur mit Danzig giebt es dort Bäume die über 2′ lange Blätter haben und zugleich große herrliche Blumen tragen, wie z. B. einige Magnolien, aber ein ſolcher Schmuck iſt Europa verſagt. Die gefiederten Mimoſen ſo wie die Laurusarten breiten ſich bis in die temperirten Zonen von Nordamerika aus; Europa dagegen muß dieſe entbehren, doch iſt es möglich, daß die großen Sandwüſten der Verbrei- tung derſelben bis zu uns hinderlich waren. Die ameri- kaniſche Flor hat durch die vielen Bäume mit gefiederten Blättern, welche aus ganz fehlen, einen eigenthümlichen Schmuck. [532./0538] Was die Identität der temperirten nördlichen Zone mit der temp. ſüdlichen betrifft, ſo glaubte Forſter, daß mehrere Pfl. die er fand dieſelben wären, welche auch in Schwedens Niederungen vorkommen; neuern Unterſuchungen haben jedoch erwieſen, daß jene wie wohl nahe verwandte aber doch beſondern Arten ſind. Jedoch giebt es einzelne Pflanzen die beide Hemisphären gemeinſchaftlich haben, als Aspidium aculeatum & Asp. Thelypteris, die in Euro- pa, am Atlas und an Vorgebirge der guten Hoffnung gefunden ſind. Erſteres fehlt dagegen in Amerika. Botrychium Lunaria kommt auch im Feuerlande vor, und Adiantum Capillus veneris iſt auch in Afrika und ganz Amerika nicht ſelten. In Neuholland ſind 45 europäiſche Pflanzen gefunden, und ſelbſt mehrere der gewöhnlichſten kommen jenſeits der bleuen Berge vor. Erigeron canadenſe gemein durch ganz Europa, kommt auch in Peru, bei Quito und 5–6000′ hoch in Mexico vor. Bei Montpellier ſind eine Menge orientaliſcher Pflanzen gefunden, die aber ſehr wahrſcheinlich mit der Baumwolle dahin gekommen ſind. Dieſe Störungen ſind theils durch die Störungen des Meer’s theils auch durch die Menſchen entſtanden, da ſie die Ver- breitung des Nützliche beförderte, und wodurch die Monocotyledonen [533./0539] das Uebergewicht erhielten. Die Phyſiognomik der Welt mußte ſo einförmiger werden, weil gewiße Formen uns überall begegnen. Von den Vulkanen erhielt ſie dagegen wieder Mannigfaltigkeit, worüber die H Beck- mann und Link, letzterer in ſeiner Urwelt, Betrachtungen angeſtellt haben. 5. Vom Verhalten der Zahl der Arten zu den verſchiedenen Gruppen. Die Verhältniſſe der Formen zu einander hat eine erſt in den letzten Jahren erkannt. Von der Zahl der Vögel eines Landes kann man ſo z. B. auf die der Säugethiere ſchlieſſen. Bei den Pflanzen iſt es ebenſo, denn kennt man die Zahl der Arten von einigen Gruppen ſo kann man von dieſen die Zahl der andern folgern. Robert Brown hat zuerſt das Verhältniß der 3 Hauptgruppen der Gewächſe, nämlich der Acotyledonen, Mono- und Dico- tyledonen zu einander unterſucht, und ich habe mich mit den Unterſuchungen der einzelnen Familien beſchäfftigt, und Geſetze gefunden, nach denen ſich die Zahl der Formen mit Sicherheit beſtimmen läßt, ſo daß man ſich über das Reſultat der Rechnung wundern muß. [534./0540] Man könnte leicht in Irrthum gerathen wenn man die Zahl zu unbeſtimmt annehme, da z. B. von 1000 Farrenkräutern die wir kennen, 300 des tropiſche und nur 20 Arten des kältere Amerika bewohnen. Das Variiren der Arten dieſer Familie, macht aber die Annahme einer abſolute Zahl ſehr ungewiß, doch iſt dies nur ausnahmsweiſe. Man kann unterſuchen wieviel Genera oder Species jede Familie oder Genus ein Land beſitzt. Von der Betrachtung der Zahl der Arten, iſt die der Zahl der Individuen ſehr verſchieden, und gehört nicht hierher. Denn die Zahl der Arten einer Gruppe kann ſehr klein ſein, die der Individuen dagegen ſehr groß. So ſind z. B. viele hunderte von Meilen bei uns mit Nadelholz bedeckt, das aber nur aus 3 Pinus-Arten beſteht. Es giebt ganze Weltgegenden wo die Unterſuchung der Acotyledonen faſt ganz vernachläſſigt wurde, wozu beſonders die der Tropen gehören, und die deshalb keinen Vergleichung mit den Phanerogamen zu laſſen. Ver- gleichen wir ſie aber in Frankreich, ſo zeigt ſich, daß es weit mehr Phanerogamen als Acotyledonen giebt, da ſie ſich faſt wie 2:1 verhalten, indem es 1600 Phanerogamen mehr giebt. In Deutſchland und der Schweiz herrſcht dagegen ein umgekehrtes Verhältniß, da die Zahl der [535./0541] Phanerogamen 2400 und die der Acotyledonen 3400 beträgt. Daſſelbe Verhältniß iſt auch in Lappland gefunden. Manche der Acotyledonen können große Abänderungen der Tempe- ratur ertragen, ſo fand ich an Felſenwänden unter den Tropen Flechten, wo beim Gegenſchein der Sonne das Thermo- meter + 60–62° R. zeigte, eine Hitze gleich den heiſſe- ſten Quellen. – Es iſt gewißermaßen richtig, daß die Uranfänge der Schöpfung, eine Tropenvegetation geweſen iſt, da ſie nur aus Monocotyledonen beſtand. Der Anblick der alten Welt mußte von der jetzigen ſehr verſchieden ſein, da jetzt die größere Maſſe der Species doch immer zu den Dicotyledonen gehört. Dies deutet auf das Geſetz, daß das erſte Aufkeimen des Organiſchen, mit den einfachſten Formen beginnt. Die Zahl der Mono- cotyledonen beträgt in Vergleich mit den Dicotyledonen unter den Tropen ⅙, in Lappland dagegen ⅓. Im mittleren Europa iſt die Zahl der Größer ⅛. Weit mehr noch meiden aber die Farrenkräuter kältern Regionen. Die Zahl der Palmen iſt unter den Tropen 1/200, der Leguminoſen 1/18. Der größte Theil der Pflanzengruppen nimmt von Aequator nach den Polen zu ab, es giebt aber auch andern, die eben ſo gleichmäßig wieder zu nehmen. [536./0542] Die Amentaceen, Umbelliferren und Cruciferre können als Beiſpiel dienen, da ſie faſt ganz unter den Tropen fehlen, dagegen entbehren die kalten Zonen mehrere Familien die den Tropen eigen ſind, wie z. B. die Malvaceea, Melaſtoma u. ſ. w. Andere Gruppen giebt es aber auch noch, die ihr Maximum in der temperirten Zone haben, und gegen den Aequator ſowohl wie gegen die Pole zu abnehmen, wie die Ericeen & Geranien. Die Labiaten haben ihr Maximum ebenfalls in der temperirten Zone. Merkwürdig iſt es, daß wenn 2 Länder an einander grenzen, die Verhältniſſe vollkommen dieſelbe bleiben. So hat der Prof. Schübler die Pflanzengruppen Wür- tenbergs mit denen von ganz Deutſchland verglichen, und in den Verhältniſſen völlige Uebereinſtim̃ung gefunden. Das Erſetzen der Formen durch andern läßt ſich leichter begreifen, wenn es mit ihren Zwecken zu- ſammenhängt. So hat man verſucht die Zahl der Pflanzen durch die der Thiere zu beſtimmen, die ihrer Nahrung von jenen erhalten. Hierdurch erhält das Naturgeſetz der Verhältniſſe um ſo mehr Wichtigkeit, da die Maſſe der Arten die einer Gruppe fehlen, durch die andere wieder erſetzt wird. So giebt es z. B. in Europa 80 Säugethiere [537./0543] und 400 Arten Vögel; ſie verhalten ſich daher zu einander wie 1:5. und ganz mit dieſen übereinſtim̃end giebt es auch 5 mal mehr Compoſiten als Kätzchen und Zapfenbäume. Am Kap ſoll des Verhältniß der Säugethiere zu den Vögeln wie 1:10 nach H Lichtenſtein ſein. Im Ganzen ſind bis jetzt 900 Säugethiere und 5000 Vögel bekannt, dies giebt das Verhältniß wie 1:5½. 58. Vorlesung, 22. April 1828 Die Geographie der Thiere. Nun treten wir in die Sphäre des thieriſchen Lebens, einer Anſchauung, die mit leichtern Apparaten ausgerüſtet, auch einen tiefern Blick in die Organiſation erlaubt. Es ſind dies Gegenſtände des Mitgefühls; denn durch die eigene phyſiſche Beſchaffenheit offenbart ſich überein- ſtimmend, die Freude und der Schmerz! Die Stärke der Leiden eines Thiers kündigt uns an, welches un- ſern Organismus näher oder entfernter iſt, und wir meſſen der Schmerz derſelben nach unſer Empfindungen. Wenn wir die Land oder Säugethiere, Vögel und [538./0544] Fiſche zuſammen führen, ſo verkündigt uns der Aus- druck der Kraft und des Willens der Organismen den Grad ihrer Annäherung zum Menſchen. Cuvier hat ſelbſt bei den Thieren des Meeres eine dem Menſchen ähnliche volkommene Organiſation gefunden, und unter- ſcheiden ſich nur durch einen Mangel der nach außen ſtrebenden Bewegung. Die Thiere folgen ihrer geographiſchen Verbreitung nach, ähnlichen Geſetzen, wie die Pflanzen. Der Einfluß des Klima’s und des Bodens findet auch bei ihnen ſtatt. Die Exiſtenz des thieriſchen Lebens ſetzt die des Pflanzenlebens voraus, indem das eine durch das andere bedingt wird. Im früheſten Aufkeimen der Urwelt ſehen wir, daß das Thieriſche mit dem Pflanzen- leben nicht zu gleich anfing, denn noch früher als das Leben der Korallen begann, ſehen wir Spuren von Bambuſen und Farrenkräutern, denn folgen Seege- wächſe und erſt auf dieſe folgen die in Kalk ge- lagerten Cruſtaceen. Man könnte glauben, jene Vegetabilien wären von Waſſer angetrieben erſt ſpäter unter dieſe Lagerungen gekommen, denn Pflanzen wie Binſen und Gräſer können durch Luftbewegungen ver- [539./0545] breitet werden, andere harte Stämme Amerika’s wer- den an Norwegens und Island’s-Küſten durch die Strö- mungen des Meer’s ausgeworfen etc. etc. doch finden ſich bei jenen noch viele Spuren, daß ſie da wo wir ſie jetzt nach finden, hervorgingen. Die Thiere ſind beweglicher als die Pflanzen, und die beweglichſten unter ihnen haben die größte Ver- breitung, wohin vor allen die Vögel und Fiſche zu rechnen ſind. Die Fiſche ſowohl als die Vögel, können große Wanderungen in gleicher ihnen zuſagen den Tempe- ratur machen, denn die Fiſche z. B. welche in der kalte Zone leben, finden unter dem Aequator tief im Waſſer dieſelbe Temperatur die ihnen zuſpricht; und etwa eben ſo geht es mit den Vögeln in der Luft, doch ſind dieſe weniger begünſtigt als die Fiſche, weil die Abnahme der Temperatur in den Luftſchichten weit ge- ringer iſt. Nach Cuvier gibt es nur wenige Fiſcharten, die von der Spaniſchen Küſte zu der von Amerika übergehen, viele aber die auch an den Küſten Afrika’s bis zum Ausfluß der Senegals, je ſelbſt an der öſtlichen Küſte dieſes Welttheils leben. Seriola cosmopolitica iſt einer der verbreiteſten Fiſche, dann er kommt ſowohl an [540./0546] beiden Küſten des Attlantiſche Oceans in der alten und neuen Welt, ſelbſt bei den Sandwichsinſeln vor. Der Schedalius iſt im Mittelmeere, an der Küſte von Bra- ſilien und am Kap gefunden. Dieſer weiten Verbreitung kann man die der Süßwaſſerfiſche entgegen ſetzen, die durch die ſalzigen Meere abgeſondert, um ſo größern Contraſte bilden. Schon bei der Geographie der Pflanzen erwähnte ich, daß in den bis zu 12,000′ hoch gelegenen Seen der Andeskette, ſich beſondern Arten von Fiſche finden, die zur Gattung Aſtroblenus gehören. H Reimond fand ähnliche Arten in den Seen der Pyrenäen über 6000′ hoch, wo die mittlere T. kaum 1° über 0 iſt, und die 4 Monate des Jahres ſo feſt zu gefroren ſind, daß nur ein kleiner Theil ihres Waſſer flüſſig bleibt, worin ſie ſich erhalten. Die Geographie der Thiere iſt älter als die der Pflanzen, jedoch noch nicht über 40 Jahre alt. Der Dr. Zimmermann in Braunſchweig war der Erſte, der ſie in einer beſondern Schrift abhandelte, die für die damalige Zeit von Werth war, jetzt aber, da ſie die meteorologiſche Ein- wirkungen nicht berückſichtigt, wenig Nutzen gewährt. In neuern Zeiten hat ſie durch die Reiſejournale manche Er- [541./0547] weiterung erhalten, unter denen beſonders den Anſichten von Latreille viel Gutes enthalten. Beſonders Verdingt hat aber Mosſell de Serre deſſen Werk in Montpellier erſchien, und der denſelben Betrachtungen gefolgt iſt, die der Geographie der Pflanzen ſo vortheilhaft waren. Zuerſt müſſen wir uns die Frage aufwerfen: wie weit dringt das thieriſche Leben, und iſt es ebenſo weit verbreitet als das der Gewächſe? Bejahend können wir dieſe Frage beantworten, dann von den Coleopteren ſind einige Meſtris Arten in tiefen Höhlen und Bergwerken gefunden; der Dr. Ehrenberg fand Infuſionsthierchen in dem friſch geſchöpften Waſſer eines hieſigen Brunnens, worin ſie alſo ſchon gebildet ſein mußte, denn das Waſſer hatte noch nicht an der Luft geſtanden; manche Amphibien wie der Proteus ſanguineus, leben in unterirdiſchen Gewäſſer der Höhlen. Es giebt ſo wohl Wirbelthiere als Inſecten, die von der Erde ganz bedeckt unterirdiſche Höhlen und Gänge bilden. Viele Inſecten leben im Humus, und können in einer Höhe der Luft leben, die nur einige Hunderttheile Sauerſtoff enthält, je Verſuche haben ge- zeigt, das Käfer ſogar in Stickſtoffgas leben können, das nur 1/100 Sauerſtoff enthält. Oft leben Thiere be- [542./0548] ſtändig unterirdiſch, zuweilen aber auch nur zufällig, ähnlich den Pilzen die in Bergwerken ſich finden, von denen ich erſt kürzlich welche aus Freiberg erhielt, die 700 bis 1000′ tief gewachſen waren, und ſich nicht von denen die über der Erde gewachſen unterſchieden. In den Bergwerken leben Fiſche mehrere hundert Jahre fort. Freiberg. Ebenſo dringen Fiſche /Pimelades Arten/ aus den Flüſſen der Anden, die oft nahe der Schneegrenze ſich finden, zu- weilen in ſo großen Maſſen in das Innere Geklüfte der Berge und den Höhlungen der Vulkane, daß ſie von dieſen wieder in unzählicher Menge mit Koth etc. ausgeworfen werden, wodurch nicht ſelten die Luft durch den ent- ſtehenden Geſtank ſo verpeſtet wird, daß Faulfieber entſtehen. – In den Tiefen des Meer’s, wohin kein Lichtſtrahl mehr dringt, ſind die Thiere ſeltner, doch giebt es mehrere Fiſche, die nur in dieſen dunkeln Tiefen leben, und mit großen Augen begabt ſind, deren Zweck wir eigentlich nicht kennen. Die Unterſuchungen von Biot und de la Roche, über die Fiſche des Mittelmeers, die in einer Tiefe von 5000′ vorkommen, haben ergeben, daß die Schwimmblaſen dieſer Fiſche faſt reines Sauerſtoffgas enthalten, hingegen [543./0549] die der Fiſche in den höhern Waſſerſchichten mehr Stick- ſtoff. – Auf Gebirgen kommen die Thiere nicht zu oder vielmehr in der Höher wie die Pflanzen vor; mit der Schneegrenze hört des thieriſche Leben ganz auf, und es hält ſchon ſchwer, nach Thiere 2000′ unter derſelben, ſo wohl in als über der Erde zu finden. Die Sphinxe welche man zuweilen in bedeutenden Höhen gefunden hat, ſind mehr durch Luftſtrömungen als willkührliche Bewegungen dahin gekommen. Die Vögel ſteigen allerdings oft weit höher und nicht ſelten über die Gipfel hoher Berge hinaus. So ſah ich unter andern der Londe der Anden 22000′ hoch ſchweben. H Gay Lusſac hat auf ſeiner Luftreiſe bemerkt, daß ſchon bei 2000′ Höhe kaum noch ein Raubvogel zu ſehen iſt; folglich alles Leben aufhört. Nun kommen wir zu den Quantität der Species deren Zahl ſehr bedeutend iſt. Die vielen Reiſen haben natürlich ebenſo die Kenntniß der Arten der Thiere wie die der Pflanzen vermehrt. Linneé waren nur 10,000 Pfl. bekannt, und Fabricius nur 11,000 Inſecten, deren Zahl aber jetzt nach Latraille und Klug auf 44,000 ge- ſtiegen iſt, woran das hieſige Muſeum allein 30,000 hat [544./0550] Säugethiere kannte man im Jahre 1790 nur 400 bis 420, jetzt ſind ſchon über 900 beſchrieben, von denen 80 in Europa leben; und rechnet man die hinzu welche im Meere leben, ſo ſind es 100, alſo ⅑ der Geſammtzahl. Vögel nimmt man 5000 an, doch herrſchen bei den vielen Varietäten derſelben noch große Zweifel. Cuvier glaubt daß dieſe Zahl zu geringe angenommen ſei, da das Pariſer Muſeum allein 5080 Arten beſitze. Von den Amphibien ſind erſt 700 beſchrieben, es iſt aber wohl möglich, daß es eben ſo viele als Säugethiere giebt. Fiſche ſind nach Cuvier & Valanciennes 5000 Arten bekannt. Alle großen Knochenthiere zeichnen ſich dadurch aus, daß das Gehirn bei ihnen einer Medularſubſtanz gleicht. Nach Sömmering bezeichnet das Gehirn nicht allein die Stuffe der Organiſation, ſondern auch die mit ihm in Verbindung ſtehen- den Nerven, als die eigentlichen Bedingniſſe der Muskelkraft. Von den eigentlichen Wirbelnadenthieren ſind alſo nach den angegebenen Zahlen 11,600 bekannt. Die gleiche Zahl der Vögel und Fiſche beträgt allein ſchon 10,000 Arten, ſo daß 10/11½ aller in den beiden flüſſigen Umhüllungen des Erdkörpers leben. Ungeachtet dieſer Ueberein- ſtimmung trennen doch die größten Unterſchiede beide [545./0551] Klaſſen, da bei den Vögeln das Maximum der Luft- respiration, bei den Fiſchen hingegen das Minimum ſtatt findet. – Die größte Blutwärme iſt nach John Davy den Vögeln eigen, bei denen ſie bis zu 33,5° R. ſteigt. Beim Huhne finden 130–136 Pulsſchläge in der Minute ſtatt. Beim Pferde dagegen zählt man nur 56–58 Pulsſchläge und ſeine Blutwärme beträgt 29°. Bei den Fiſchen iſt die Blutwärme am niedrigſten. Sie können aber nur in dem Waſſer leben das Sauerſtoff enthält, /das ſüße Waſſer hat etwa 31 pr C. Sauerſtoff wenn die Luft 21 p_. enthält/ ob gleich nur ein geringer Theil deren zu ihrer Respiration nöthig iſt. Wenn man daher Fiſche in Waſſer ſetzt, das nicht mehr Sauerſtoff enthält als die atmosphäriſche Luft, ſo ſterben ſie ſogleich. Man kann alſo ſo zuſagen Fiſche in Waſſer erſäufen, wenn man ihn den Sauer- ſtoff entzieht. Der Mengel an Sauerſtoff zeigt ſich auch dadurch, daß die Fiſche auf die Oberfläche kommen und nach Luft ſchnappen, wie man dies beſonders bei den Goldfiſchen bemerken kann. Die Arten der Aale können am längſten außer dem Waſſer leben, doch nimmt durch die Respiration ihre Blutwärme ſo zu, daß ſie bald wieder in’s Waſſer gehen. Bei den großen Revolutionen, die die Erde ver- [546./0552] wüſteten, konnten die Vögel und Fiſche, ⅚ aller Wirbelthiere, ihrem Untergange am leichteſten entgehen, daher in ihren Formen auch am wenigſten verloren ge- gangen iſt. Bei vielen der Landthiere iſt dies aber der Fall, da ſie nicht entfliehen konnten, weshalb eine große Menge von Wiederkäuenden-Thiere und Elephantenarten verſchwunden iſt. Von letztern und den Rhinocerosarten ſind nach Cuvier, nach den aufgefundenen Knochen allein 56 Arten wieder erkannt, die mit untergingen. Von den Inſecten kennt man wie ſchon erwähnt 44,000. Die Natur ſcheint ſich in der Entwickelung dieſer Typen am meiſten zu gefallen. Schalthiere und Mollus- ken kennt man 4000, und Eingeweidewürmer und Zo- ophyten ſind 6000 bekannt. Dies giebt eine Geſammt- zahl von 66,000 Thierarten, die alſo faſt gleich mit den der Pflanzen iſt. Die Inſecten machen gegenwärtig ⅔ aller bekannte Thiere aus, und dies Verhältniß muß noch weit größer ſein, wie das Verhältniß von einzelnen bekannten Gegenden zeigt. So giebt es z. B. analogiſch von Berlin zu ſchließen, in der tempe- rirten Zone weit mehr fleiſchfreſſende Inſecten, als ſolche die ſich von Pflanzen nähere. Eine andere Analogie [547./0553] giebt die nach H Klug’s Angaben um Berlin lebenden Geſammtzahl der Inſecten, die 5000 Arten beträgt, dagegen die Anzahl der Pflanzen nur 2000, alſo auf jede Pflanze 2–3 Inſecten. Es läßt ſich hieraus folgen daß zu 60,000 Pflanzen, 120,000 Arten Inſecten gehören. Dieſe Statiſtik kann mit ziemlicher Genauigkeit nur bis zu den Inſecten herabgehen, da die noch niedern Thierklaſſen bis jetzt zu wenig gekannt ſind, und wahr- ſcheinlich ⅛ des Ganzen ausmachen. Die Verbreitung der Thiere erkennen wir in den Graden der Lebensfälle, die ſich in der Zahl der Individuen characteriſirt, und in der Mannigfaltigkeit der Natur überhaupt ausſpricht. So ſehen wir auch beiden Thieren, wie die Mannigfaltigkeit von den Polen bis zu den Tropen hin zunimmt. Doch geringer iſt dieſe da, wo weite Ebenen wie in Amerika, von großen Flüſſen durch- ſchnitten werden, weil ſie der Verbreitung oft Grenzen ſetzen. Auffallend groß iſt dagegen ihre Zahl da, wo die Landſchaften durch Gebirge am meiſten characteriſirt ſind, wie im weſtlichen Theile von Amerika und am Hima- laigebirge. Es iſt ein Vorurtheil wenn man glaubt, daß die Organiſation in Amerika niedriger ſtehe als in der alten Welt, denn im Gegentheil treten die [548./0554] niedern Stuffen dort in größerer Mannigfaltigkeit hervor, und die größeren Thiere wie Elephanten und Rhinoceros gingen bei den Erdrevolutionen unter, wie die Scelette von 3 Arten beweiſen, die ich mitbrachte und H Cuvier für neu erkannte. Von Katzenarten, Moſchuſthiere etc. fanden ſich ſo große wie in der alten Welt. Aber alle Ueberreſte wo dieſen Thieren finden ſich nur auf den hohen Bergrücken in Mexico und Peru von 5 bis 7000 Höhe. So wie in der alten Welt der größern Theil der Thiere nicht von Fleiſch lebten, ſcheint es ſonſt auch in der neuen geweſen zu ſein, nur haben die Re- volutionen dies Verhältniß geändert. So finden ſich Biſons-Ochſen /von 2000℔ ſchwer und 9–10′ hoch/ jetzt noch in großen Heerden die früher am Ohio aus tau- ſenden beſtanden, jetzt aber durch die Kultur ver- drängt, nur in ſolchen Maſſen noch zwiſchen den Miſſuri und Stonimoum vorkommen. Auch gehörte zu den gras- freſſende Thieren, dem Zähnen nach, das größte Krokodill der Vorzeit /der Ignatoſaurus/, er ſcheint die Höhe des Rhinoceros gehabt zu haben, bei einer Länge von 70–80′, alſo viermal größer als die noch jetzt lebenden Krokodillen, wovon die größten 20–25 ſelten 30′ lang ſind. [549./0555] Wenn es zweifelhaft iſt, ob es microscopiſche Pfl. giebt, ſo laſſen die Infuſionsthierchen beim Thierreiche keinen Zweifel, und der Unterſchied der Größe iſt weit ausgezeichneter wie bei den Gewächſen, wenn man z. B. ein Infuſionsthierchen /Monoſthermo/ mit dem Wall- oder Hayfiſche vergleicht. Es giebt Phyſiker die glauben, daß die kleinen Infuſorien, wenn ſie zur Ruhe gehen, die Oscillatorien bilden. Die Größe der Thiere hängt unter gewißen Bedingungen mit ihrer Organiſation zuſam- men, wie die Betrachtungen nicht allein einzelner Familie, ſondern auch ganzer Klaſſen in dem Verhalten das Maxi- mum zum Minimum zeigen. So iſt z. B. der kleinſte Fiſch der alten Welt der gew. Steckling 1½″ lang; der Dr Ehrenberg fand aber noch eine weit kleinere Art in rothen Meere, den Philologus ciliatus, der nur 7–8‴ lang und buntfarbig mit goldenen Flecken iſt. Das Extrem von dieſen iſt der Wanderhayfiſch /Squalus maximus/ von 30′ Länge, was ein Verhältniß von 1:700 giebt. So ausgedehnte Grenzen finden wir bei den Vögeln nicht, wo der Strauß und der Kolibri die beiden Extreme geben. Herr Lasſepede führt an, daß Wallfiſche von 280 bis 300′ Länge gefunden würden, doch H Scoresby be- hauptet, daß die Länge dieſer Thiere nie über 60–70′ [550./0556] betrage, und beweiſt dies auch dadurch, daß ſeit 16 Jahrhunderten nicht über die jetzige Quantität Thran gewonnen ſei. Er tödtete ſelbſt über 200 Wallfiſche von denen keiner über 60′ Länge hatte. Der Cachelot als der größte Pottfiſch, kommt vor von 80–90 je ſo gar 100′, was bei den Wallfiſchen nicht der Fall iſt, und mit dieſem das kleinſte Nagethier verglichen, giebt ein Verhältniß wie 1:600. Dagegen hat das kleinſte Infu- ſionſthierchen nur 1/1600 Theil einer Linie, und dies mit dem Kaſchalot verglichen giebt ein Verhältniß wie 1 zu 23,000000; alſo eine größere Verſchiedenheit wie bei den Pflanzen. 59. Vorlesung, 23. April 1828 In der Erkennung und Betrachtung der höhern Organiſation des Thierreichs, haben Cuvier und Lichtenſtein bei den Säugethieren, Cuvier und Valancianne bei den Fiſchen, und Latraille bei den Inſecten ſich beſonders hervor gethan. In der Auseinanderſetzung des Vorhergehenden, haben wir beſonders abgehandelt: 1. Die allgemeine Verbreitung des thieriſchen Lebens, die ſich weiter nach den Polen wie die der Pflanzen erſtreckt. Wölfe, Rennthiere etc. machen große Reiſen über das. H Parry ſchoß deren mehrere auf der Mall- wills Inſel unter 75° Br. bei einer Kälte von - 40° R. [551./0557] 2. Geben wir das Zahlenverhältniß der Thiere nach den Arten. Bei den Vögeln iſt kein Beiſpiel der Blindheit bekannt. Bei den Säugethieren mehrere, die Augen der Blindmaus und des Goldmaulwurfs ſind mit einer Haut bedeckt, die wenig oder gar kein Licht durch- läßt. Unter den Amphibien giebt es auch mehrere, ſo z. B. iſt der Proteus ſanguineus nach Rudolphi beinahe blind. Auch giebt es blinde Fiſche, obgleich ſeltener, nach la Roche Unterſuchungen die Morena loka und ſecutiens. Ferner giebt es auch einige blinde Inſecten, wie die Zwitterameiſen, und einige Käfer. Bei der großen Menge der Fiſche die nach den Erd- revolutionen übrig blieben, laſſen uns die vielen Ver- ſteinerungen ſchließen, wie ſehr die Meere in ihrer frühern Ausdehnung gefällt ſein mußten, da ſie ver- ſteinert in großen Maſſen von den älteſten Flötz- gebirgen an bis zur Kreide in’s tertiäre Gebirge übergehend ſich zeigen, wo neben ihnen noch Dicotyle- donen gelagert ſind. 3. Die relative Gröſſe der Arten in den verſchie- denen Klaſſen. Hier läßt uns die Organiſation erkennen, wie ſie von der äußerſten Gröſſe, weit unter die Grenzen der natürliche Sehkraft zuſammenſchrumpft, [552./0558] indem das Infuſionsthierchen 23,000000 Mal kleiner als der Pottfiſch iſt, und etwa daſſelbe Verhältniß giebt wie der Aerolith von 5′ Durchmeſſer zum Jupiter. Solche Vergleichungen ſind naht Spiele der Phantaſie, ſondern auf Meſſungen gegründet, deren Vergleichungen treffliche Analogien geben. 4. Die Zahl der Individuen. Beſonders in den untern Klaſſen iſt dieſe ungeheuer groß; z. B. nach einen Gewitterregen, iſt die Menge der Infuſions- thierchen ſo groß, daß man ſie nicht nach Millionen be- rechnen kann, ſondern nur zu Betrachtungen der Un- endlichkeit des thieriſchen Lebens führen. In der Milch eines großen Karpfen fand Woldmann 250 tauſend Millionen von Infuſionsthierchen. Der Prof. Lichten- ſtein führt an, daß Alberti noch Heerden von 300 Elephanten beiſammen geſehen hat, von denen welche 14′ hoch waren. Eine nicht mindern thieriſche Maſſe iſt in den Heerden der Biſons von 8–10,000 Stück- vereint. Die Wandertaube /Columba migratoria/ kommt in ſolchen Zügen nach Penſÿlvanien und den ver- einten Freiſtaaten, daß ſie zu vielen Millionen tage- lang die Sonne verdunkeln, und da wo ſie ſich nieder- [553./0559] laſſen, brechen die Zweige der Bäume, ſie werden von den Einwohnern vorzüglich von den Hirten denn in Maſſe mit Knitteln erſchlagen, und nachher die Schweine hin getrieben um ſie zu verzehren. In ähnlichen Scharen erſcheinen Strandvögel am Orinoko, noch häufiger aber ſind dieſe an den Ufern der Südſee, wo nicht ſelten eine Wolke derſelben 5–6 Stunden lang über einen Punct hinweg ziehen ſieht, und von deren Excrementen, /Gruner genannt/ an einigen Orten Schichten 25–30′ hoch liegen, die wie Steinkohlenlagerungen ausſehen, und zur Düngung gebraucht werden. Wenn man der Maſſe nach alle dieſe thieriſchen Subſtanzen mit der Maſſe der Pflanzen vergleicht, ſo finden wir aber doch, wie auch ſchon erwähnt, daß die Maſſe der letztern weit überwiegend iſt, und ihr Extrem zwiſchen den 20–25° in der neuen Welt erreicht, wo unzertheilte Urwälder von ſtarken Bäumen 6–7′ in Durchmeſſer ſich ausbreiten. – Bei den Thieren entſteht dieſelbe Frage wie bei den Pflanzen, ob nämlich welche über den ganzen Erd- boden verbreitet ſind. Die niedere Stuffen ſind auch hier, ebenſo wie die Pflanzen, am weiteſten verbreitet, denn Ehrenberg fand in Aegypten dieſelben Infuſionsthierchen [554./0560] wie bei uns, da dort Monos Therma und Monos Lens eben ſo gewöhnlich ſind. Auch manche Inſecten ſind weit verbreitet, und unter dieſen beſonders mehrere Schmetterlinge. So kommt der Papilio Carlo im ſüdlichen Europa, in Aegypten, Syrien, am Kap und in Oſtindien vor. Der Sphinx Acropus kommt in Aegypten vor und iſt auch von Deppe aus Mexico mitgebracht. Von den Vögeln giebt es einige Sumpfvögel, die in allen tem- perirten und Tropenzonen vorkommen, nur nicht in den kalten arctiſchen Ländern. Cuvier glaubte daß die Thurmeule die größte Verbreitung habe, es iſt aber noch zweifelhaft ob die in Mexico identiſch iſt. Das Geſetz von Buffon, daß die Wirbelthiere der alten und neuen Welt ganz voneinander abweichen ſollen, findet nur für die Tropen eine Anwendung; dann keine Säugethiere, kein Singvogel, kein Süßwaſſerfiſch kommt in den Tropen beiden Welttheile zugleich vor. Nur die Hymenoptera machen wir der Papilio altanticas, eine Ausnahme. In der temperirten und kalten Zone finden ſich dagegen Thiere aller Klaſſen, die der alten und neuen Welt zugleich angehören. Wohl hat man früher den Auerochſen und den Biſon für gleich gehalten, wie auch die Hirſcharten [555./0561] welche Afrika nicht aufzuweiſen hat. Dagegen Renn- und Elendthiere ſind dieſelben, und gehen oft über das Eis der Beringsſtraße. Vom Sumpfotter und dem Bieber iſt es gleichfalls wahrſcheinlich, daß es dieſelben ſind. Ebenſo hält H Cuvier den Wolf und Fuchs für gleiche Arten, doch iſt dies neuerlich in Zweifel gezogen. Eine andere Frage iſt die, ob die nördliche und ſüdliche Hemisphäre gleiche Thiere hat? Der gemäßigte Theil von Afrika hat mehrere mit Europa gemein. Unſer Lämmer- geier findet ſich in ſüdlichen Afrika, und unſer Kuckuk kommt nach in Neuholland vor. Unter den Thieren wie unter den Pflanzen iſt eine weiter Verbreitung der tropiſchen Formen gegen den Südpol, als gegen den Nordpol zu. Auch dehnen ſie ſich in der neuen Welt mehr gegen Norden aus wie in der alten. Wie ſich in den vereinigten Staaten noch eine Menge ſchön blühender Bäume ſelbſt Mimoſenarten finden, ſo beſitzen ſie auch noch mehrere tropiſche Vögelformen. Der Kolibri z. B. geht bis zu den Seen von Kanada, wo er im Mai ankommt; da er doch im Mai auch noch im Florida iſt, er legt alſo in kurzer Zeit 270–280 Meilen zurück. In ___zies hat noch Kolibri’s unter den 54° N. Br. gefunden, [556./0562] alſo in einer Breite von Danzig. Nach den Berichten des Kapt. Kings, der gegenwärtig den Archipel des Feuerlandes unterſucht, traf er noch Kolibri’s unter dem 55° in der ſüdlichen Hemisphäre an. Beſonders auf- fallend iſt, daß baumartigen Farrenkräuter ſich bis zum Vandiemenslande /41–43°/ ſüdlich erſtrecken. Auf der ſüdöſtlich von Neu-Seeland entdeckten Kampels- inſel unter den 55° S. Br. hat man ſogar noch eine neue Art Papagei entdeckt. Unter den Thieren giebt es ebenſo Erſetzungsformen wie unter den Pflanzen. Afrika und Aſien zeichnen ſich beſonders hierin aus. Die Elephanten des erſtere Welttheils zeichnen ſich von denen das andere durch die Krone der Zähne, der gewölbten Stirn und den Augen aus Cuvier hat ſie beſchrieben und gezeigt, daß die der Carthager nicht allein Aſiaten waren. Sie zeigen beide gleiche Gelehrigkeit. Ebenſo giebt es 2 Rhinocerosarten mit 2 und mit 1 Horne, letzteres davon iſt am Kap, das andern in Sumatra. Der Tapir auf Malacca iſt von dem auf Sumatra verſchieden. Von andern Thiere finden wir auch Erſetzungsformen in der neuen Welt. So giebt es 2 Strauſſe, manche Schlangen die 20–23′ [557./0563] lang werden, /ob es welche von 30′ Länge giebt, be- zweifle ich, obgleich es oft erwähnt iſt./ auch Krokodillen die in unſer Uebereinſtimmung verſchieden Welttheilen angehören. Mit den letztern dürfen die in Südamerika häufigen Alligators nicht verwechſelt werden. Wie die Pflanzen der Ebenen von den Formen auf Gebirgen verſchieden ſind, ſo finden wir es auch bei den Theorien. Bisweilen giebt es muthige Thiere welche Streifzüge machen, je 5–6000′ hinauf ſteigen. Ganze Bänden geſellſchaftlichen Affen leben häufig 5 bis 6 Monate in dieſen höhern Gegenden, die ſonſt nicht über 2–3000′ hoch ſich hinaus verbreiten. Die Alpen haben auch ihre eigenthümlichen Inſecten, und beſonders Schmetterlinge, die überhaupt ſehr hoch gehen, vorzüglich die aus der Gattung Hiparcha kommen nur in höhern Regionen vor. Der kleine Sandfloh /Pulex penetrans/ der ſo läſtig für Reiſende iſt, lebt nur in der Höhen von etwa 1000′ über der Meeresfläche, iſt wenigſtens höchſt ſelten niedriger anzutreffen, und geht nicht über 5000′ hinaus. Der Papilio Pollo der in den Ebenen des nördlichen Europa’s lebt, iſt im ſüdlichen Frankreich erſt in einer Höhe von 4000′ zu finden. [558./0564] Wie es bei den Pflanzen Ausſchlieſſungen giebt, daß keine Pinus- keine Roſenart in der ſüdlichen Hemisphäre, keine Heide in der neuen Welt vorkommt, ſo beſitzt auch Afrika keine Hirſche, ſondern nur Ga- zellen. Dagegen ſind die Pflanzen des Atlas größten- theils mit denen in Spanien identiſch. Von 1500 Pfl.- Arten die Desfontaines am Atlas fand, ſind bis auf 400 auch in Spanien gefunden. Es ſcheint, daß der Durchbruch des Meere’s zu einer Zeit geſchah, wonach dieſe Thiere nicht exiſtirten. Man hat Affen auf Gibraltar gefunden, die aber von Matroſen da ausgeſetzt ſind. Ein Blick auf die Zahlenverhältniſſe der Arten zu den Geſchlechtern zeigt uns, wie auch beiden Thieren die Formen in den kältern Ländern mannigfaltiger werden, je mehr die Zahl der Arten abnimmt. Wir kennen 5 mal ſo viel Vögel als Säugethiere, von denen 128 Arten der Vorwelt untergegangen ſind. Vögel, beſonders aber Amphibien nehmen gegen die Tropen weit ſchneller zu als die Säugethiere. Die Maſſe der Sümpfe und größere Feuchtigkeit der Luft ſind dort ihnen günſtiger, ſo daß das Zahlenverhältniß kälterer Ge- [559./0565] genden von jenen bedeutend abweicht. Die unter- gegangenen Arten waren beſonders Wiederkäuer, und 55 Arten hatte die alte Welt mehr, da bis jetzt nur noch ⅓ der frühere, etwa 16–18 Species übrig geblieben ſind. Von den 900 bekannten Arten der Säugethiere gehört ⅓ zu den reiſſenden und fleiſchfreſſende Thieren, und ⅔ leben von Vegetabilien. Auch Inſecten ſind untergegangen, da die im Bernſtein vorkommenden nicht mehr lebende Arten ſind. Vom Schnabelthiere iſt es noch nicht erwieſen, ob es zu den Säugethieren ge- hört, oder Eier legt. Der indiſche Archipelagus unterſcheidet ſich weſentlich von den Inſeln des Att- lantiſchen Oceans oder Weſtindien’s, da hier auf keiner derſelben ſich über 4–5 Zoll hohe Säugethiere finden, und die größten von ihnen gehören zu den Nagethieren. Die Inſel Trinidad macht hiervon jedoch eine Ausnahme. Der indiſche Archipelagus dagegen theilt die größten Thiere des feſten Landes, wie Elephanten, Rhinoceros und Tapir, ſo wie die ſonderbaren Geſtalten der verſchiedenen Arten der Kängeruh’s ihnen allein eigen ſind, wenn wir Neuholland mit dazu rechnen. [560./0566] Der Menſch. Unter den Thierklaſſen höherer Organiſation iſt aber der Menſch am weiteſten verbreitet, der durch die Kraft und die Stärke des eigenen Willens, einer Biegſamkeit /Flexibilität/ fähig iſt, wie ſie unſern Begriffen kaum erreichbar ſcheint. Was der Willen vermag ſehen wir beim Vergleich der wilden mit den civiliſirten Völkern, auf die bei den Aeuſſe- rungen der immer mehr fortſchreitenden Entwickelung innerer Anlagen, auch weit weniger einflußreich die Wirkungen verſchiedener Temperaturen ſind, als bei jenen die nur den phyſiſchen Geſetzen nachleben. So ſehen wir eine weit größere Flexibilität unter den weiſſen, als unter den farbigen Menſchen, was nicht in der materiallen Maſſe, ſondern allein in den ſtärkern Willen der geiſtigen Intelligenz zu liegen ſcheint. Auf der höchſten Stuffe, die der Menſch auf unſerm Erdkörper erlangt, wollen wir ihn nun betrachten. Das letzte Ziel der Erkenntniß der Natur, iſt die Be- obachtung unſerer eigenen Thätigkeit und geiſtigen Ent- [561./0567] wickelung. – Unter den verſchiedenſten Einwir- kungen der Elemente, ſind faſt alle Theile des Erd- körpers von Menſchen bewohnt, und jene veranlaſſen bei dieſen einen weit geringern Unterſchied, wie wir ihn bei allen Wirbelthieren finden. Die Blutwärme der Menſchen beträgt nach den genaueſten Meſſungen von J. Davy kaum 30° R. und iſt bei allen verſchiedenen Racen gleich, denn ſowohl die von Fleiſch ſich nähernden, wie die Indianer am Ganges und die Wadas in Ceylon, welche nur Grasarten und Früchte genieſſen, haben gleiche Blutwärme. Dieſe iſt leicht zu meſſen, da die Wurzel der Zeuge dieſelbe Temperatur hat, man darf alſo nur des Thermometer unter die Wurzel der Zunge bringen; alle hierüber angeſtellten Unterſuchungen, ſo- wohl beim Menſchen als Elephanten und andern Thieren haben nur zuweilen einer Unterſchied von ¼ höchſtens. ½ Grad gezeigt. Wir haben ſchon erwähnt daß die Vögel die größte Blutwärme haben, und auffallend iſt es daß die der nördlichen Zone wie das Höhe z. B., wärmeres Blut beſitzen, als die der heiſſen Zone, wo der Papagei nur 33° hat. Die ſo genannten kaltblütigen Thiere haben fälſchlich und nur in Vergleich zu den andern dieſen Namen [562./0568] erhalten, da ihre Blutwärme immer 3–4° mehr beträgt, als das Medium der Umgebung worin ſie leben. Selbſt bei den Inſecten können wir eine geringe Wärme nachweiſen. Die kleinen Unterſchiede der verſchiedenen Menſchenſtäm̃e ſind nicht Folge beſonderer Racen, ſondern von den Einwir- kungen klimatiſcher Verhältniſſe abhängig, wie wir es bei den Bewohnern von Europa und Amerika ſehen. – Wenn die Menſchen von der Ebene auf die Höhe der Berge ſteigen, iſt ſelbſt der Puls nicht verſchieden, obgleich ſie doch einen geringern Luftdruck zu ertragen haben. Rulliet ſtellte hierüber bei Bogota Verſuche an, als er mit mehrere Reiſenden verſchiedenen Alters die dortiger Höhen beſtieg, mit ihnen von 400 zu 400 Toiſen weilte und Be- obachtungen machte, aber keiner Unterſchied fand. Bei gleichen Verſuchen erhielt Bonpland bei Quito daſſelbe Resultat. Daß die große Flexibilität der Menſchen eine Folge der Willenskraft iſt, zeigen uns die Dampfbäder oder die Themaskals, wie die Spanier in Mexiko ſie nennen, am deut- lichſten, wo ſie freiwillig eine ſo große Hitze ertragen. Der Franzoſe Guillet ſperrte im Jahre 1764 ein Mädchen 10 Minuten lang in einem Ofen von + 105° R. ohne daß ſie beſchädigt wurde. Der Kapit. Tigs und der Lord Molgret ſahen, wie die Bewohner von Spitzbergen aus einer Kälte von [563./0569] −30° R. ſogleich in die heiſſen Dampfbäder von 102° R. gingen, ſo daß Beefſteck neben ihnen bereitet wurde. Wirkte hier die Hitze unmittelbar auf den menſchlichen Körper, ſo würde ſie unmöglich zu ertragen ſein; die Hitze aber veran- laßt eine ſtärkere Ausdünſtung, die der Körper gleich einer Atmosphäre ſchützend umhüllt, und verhindert daß die thieriſche Wärme verändert wird, wenigſtens nicht merklich, dann das Blut nimmt kaum 1½° an Wärme zu; ähnliche Ver- ſuche mit Hunden angeſtellt haben daſſelbe Resultat gegeben. Die Flexibilität der menſchlichen Organiſation geſtattet daher, daß der Erdkörper unter den verſchiedenſten Einwirkungen der Temperatur bewohnbar iſt. Auch in Taucherglocken hält der Menſch oft 60″ Luftdruck aus, ohne ihn ſchädlich zu ſein. – Der Menſch kann daher bei 40° unter dem Gefrierpunkt, als auch bei einer künſtliche Hitze von 105° R. leben, alſo einen Unterſchied der T. von 145° ertragen. Unter den Völkern die an den Extremen der Baffinsbai wohnen, wo im Winter das Thermometer gewöhnlich bis auf 35° R. herabſinkt, ſind beſonders die Eskimòs die fröhlich- ſten Menſchen und ihre Heiterkeit kann nur aus der Herrſchaft der Geiſteskräfte hervorgehen. 60. Vorlesung, 24. April 1828 Zu den Gegenſtänden, die mit einer beſondern, ſelbſt ge- häſſigen Lebendigkeit betrieben ſind, gehört auch die Unter- [564./0570] ſuchung der Menſchenracen. Bei ihren Betrachtung ſind gleich der Geognoſie Sachen vereinigt, die im Bezug auf dieſen Gegen- ſtand den Unterſuchungen fremd bleiben müßen. Große hiſtoriſche Entdeckungen des innern Aſiens, haben auch ein Licht über die Bewohner Europa’s verbreitet, die als von den alten Iberiern abſtammend, betrachtet werden können. Bei den Unterſuchungen hat man früher das verwechſelt, was blos geſchichtlich iſt, mit dem was den Beobachtungen angehört; beides werden wir trennen. Und da letzteres uns nur zu Muthmaßungen führt, ſo werden wir uns länger bei der Geſchichte und den verſchiedenen Betrachtungen, die ſie darbietet, aufhalten. Von den phyſiſchen Eigenſchaften der Menſchen iſt ſchon die Rede geweſen, bei deren Flexibilität ſie ſich von Pol zu Pol ausbreiten können. Wie die herrſchende Kraft des Intellec- tuellen im Menſchen über den phyſiſchen Theil deſſelben hiervon die Urſache iſt, ſehen wir beſonders bei den Wilden, die nach heut zu Tage lange keine ſo große Flexibilität haben; denn nur bei großen Opfern können die Wald-Indianer der Gebirge von Amerika in den Ebenen leben, da ⅓ und noch weit mehr bei dieſem Wechſel ſterben. Und ſo iſt es auch umgekehrt der Fall, wenn die Kupferindianer der Ebenen nach den Höhen gebracht werden. [565./0571] Bei den Negern hingegen finden wir, daß ſie den Weiſſen eine näher ſtehende Flexibilität haben, da ſie oft aus der Hitze ihres Vaterlandes in ziemlich kalte Länder als Sclaven verſetzt worden, und ſich an eine ganz andere Tempera- tur gewöhnen; doch muß hierbei berückſichtigt werden, daß gerade nur die Kräftigſten dieſer Nationen durch die unwür- digſte Habſucht dieſem Schickſale Preis gegeben ſind, und daher auch leichter dem veränderten Klima widerſtehen. Es bleibt uns nun noch übrig, von einigen andern angeblichen Verſchiedenheiten zwiſchen der Organiſation der Menſchen und der höhern Thierorganiſation zu reden. Lange hat man geglaubt, daß die Menſchen allein Stimmorgane beſitzen, doch die beiden großen Anatomen Victaſin und Cammanon behaupten, daß ſie auch den Affen nicht verſagt ſind. Die Neger in Amerika haben den Glauben, daß die Affen nur leiſe und heimlich mit einander reden, da ſie ſonſt von den Weiſſen, wenn dieſe es wüßten, zur Arbeit gezwungen würden. Scherzhaft hat man auch wohl von den Affen geſagt, daß ſie deshalb ſtumm wären, weil ſie über nichts zu ſprechen müßten. Die Thiere haben Laute, die Menſchen aber articulirte Töne, die nach Rudolphi nicht in dem Phyſiſchen ſondern in den [566./0572] Anlagen der Seele begründet ſind. Es giebt vielleicht eines Urtypus der Menſchen, aber das was ſie eigentlich characte- riſirt, muß nicht im Bau der Organe ſondern in der geiſtigen Intelligenz geſucht werden. Denn im Geiſtigen iſt wohl nur allein der Unterſchied zu ſuchen. Was den Menſchen am meiſten characteriſirt, iſt das Uebergewicht des Gehirns und ſein aufrechter Gang, wodurch er ſich ſeiner Bildung nach vor allen andern Thieren auszeichnet. Eine niedere Entwickelung der Beiß- und Kauorgane und des Geruchs erzeugt ſtarke Ausbildungen der Kiefern, und ein Zurückſinken der Stirn, wie wir es in einem ſtär- kern oder geringern Grade bei allen Wirbelthieren finden. Dies giebt uns Anlaß zu den Unterſuchungen des Kamp- ſchen Geſichtswinkel. Bei den Helenen, Cirkaſſiern und den kaukaſiſchen Völkern, wurde die Schönheit durch den Geſichts- winkel zwiſchen 80–85° bedingt, und unter den Kunſtwerken dieſer früher Zeit, finden ſich übertriebene Geſichtswinkel, die die Natur wohl ſchwerlich erzeugt haben konnte, in deſſen An- wendung jedoch ſich eine richtige Idee von Schönheit ausſpricht. Bei den Negern geht der Geſichtswinkel bis zum 70t Grade. Bei den Neu-Seeländern, die zu der malaiiſchen Race ge- hören und auf den Inſelgruppen des ſtillen Meeres wohnen, [567./0573] beträgt er nach Lishon und Garrot die mit Duperet reiſten 65°. Herr Sömmering hat keinen Affen gefunden, der einen Geſichtswinkel über 58° gehabt hätte, und nur kaum erreichen ſie dieſen; ſelbſt beim Champanca hat er nur 50°; und wenn man von Orangutang ſagt, daß er 65° habe, ſo iſt dies eine Unwahrheit. Das Verhältniß des Gehirns zu den Nerven nimmt nach Mickel in Halle bei den Negern ab, wo das 5te Paar der Nerven ſtärker iſt, als bei andern Menſchenracen. Diejenigen welche ſich freuen, wozu ich aber nicht gehöre, daß die Neger vor den Weiſſen etwas Thieriſches haben, ſuchen hierin einen Beweisgrund, und wenn gleich eine ſolche Annahme albern iſt, ſo ſcheinen ſie ſich doch mehr dem thieriſchen Character zu nähern.? – Noch einige weniger wichtige Verſchiedenheiten des Menſchen, liegen in der mehr ausge- drückten Exiſtenz des Kinns, einer regelmäßigen Anweſen- heit des Hirnſandes, den aber auch die Hirſche beſitzen, eine ſchiefe Lage des Herzens, mit der Spitze nach unten, und in den mehr entwickelten größern Naſe. Die Simia roſtrata hat aber ebenfalls eine ſehr entwickelte Naſe. Herr de la Metri, Herausgeber des Journal de phyſique ſagt ſcherz- hafterweiſe, daß wenn die Affen ſich wie wir aus ſchnaubten, [568./0574] ſie auch eine größere und ſpitzere Naſe bekommen würden; gleich wie die Sumpfvögel dadurch ſo hochbeinig geworden wären, weil ſie ſich ſtets hüteten naß zu werden. Wenn aber auch dieſes wirklich die Geſtalt verändern ſollte, ſo ſind doch ſolche Ideen in dieſer Ausdehnung irrig. Es liegt in den neuern Unterſuchungen etwas liebloſes, wenn man von einer Stuffenleiter der Humanität der Menſchen ſpricht; einige gehen von den höher organiſirten Thieren ſelbſt bis zu den Menſchen über, was ſich aber nicht an- nehmen läßt. Nach Meiners ſoll dieſe aufſteigend vom Orangutang zu den Waldnegern oder den Menſchenfreſſen und von dieſen zu den Buſchhottentotten ſein; dieſen reihen ſich nach ihm die Capus von Neu Guinea an, dann folgen die Mongolen und einige tartariſche Völker, bis er zu den Kaukaſen zu uns ſelbſt kommt. Da in neuern Zeiten viel Licht über die Affen ver- breitet iſt, ſo will ich 2 derſelben anführen, die dem Menſchen noch am ähnlichſten ſind. Eine große Ungewißheit herrſcht über die Thiere, welche unter dem Namen Orang- utang beſchrieben ſind. Seine Name iſt von orang /klug/ und utang /wild/ hergeleitet. In neueren Zeiten ſind 3 lebendige in Europa geweſen, von denen ich 2 ſah, es waren [569./0575] junge Individuen, des in ältern Jahren ſehr bösartigen Affen Pongo. Sie blieben nur kurze Zeit am Leben, und waren 35–36″ hoch, jedoch ſollen ſie in ihrer Heimath gegen 4′ hoch werden. Je mehr man ſich den Affenländern nähert, hören auch die Fabeln über ſie auf, die oft an das Wunderbare grenzen. So ſollten ſie unter andere in Maisfeldern links gedrehte Knoten machen. Eben ſo hat man die große Fertigkeit in den Daumen der Affen, /wodurch ſie ſich mit von den übrigen Thieren unterſcheiden/ in Uebereinſtimmung mit den Menſchen gebracht, und geglaubt, daß die Exiſtenz beider durch die Anweſenheit derſelben bedingt ſei. Wenn dies auch der Fall wäre, ſo kann man vom Menſchen nicht auf den Affen ſchlieſſen, da die 4 Daumen ihm nur zur Hülfe beim Klettern verliehen ſind. Auch den Orangutang den der Lord Armhorſt beſaß habe ich geſehen. – Auch Tileſius hat gefunden in neuern Zeiten, daß alle für Orangutangs ausgegebenen Affen, junge Thiere waren, und ihm ſtimmen Cuvier und Rudolphi bei, daß dieſe artigen Geſchöpfe in ſpätern Zeiten ſehr häßliche und bös- artige Affen werden. Es iſt alſo ſehr wahrſcheinlich, daß der Orangutang ein Abkömmling des bösartigen Pongo iſt. – In Menagerien hat man gefunden, daß die Paviane, deren Kopf wie bei einem Hunde geſtaltet iſt, mit kugelrunden Köpfen geboren werden. [570./0576] Ein anderes Thier iſt der Jocko, ein afrikaniſcher Affe, auch Chimpanze genannt, welcher mit dem Orangutang häufig verwechſelt wird. Er iſt aber noch weniger dem Menſchen ähnlich; man hat ihn aber ſo weit gebracht daß er als Be- diente agiren kann, und ſelbſt Thee in einer Geſellſchaft mit trinkt. – Der ſchwarze Gibbon hat faſt keine Stirn, und iſt am ganzen Körper mit Haaren bewachſen. – Eine ſolche Scala der Humanität kann es alſo nicht gut geben, wie H Meiners ausgesprochen hat. Die Unterſuchung ob es unter den Menſchen mehrere Arten oder nur eine Species und Varietäten giebt, iſt ſeit den letzten 80 Jahren ſehr lebendig betrieben. Man hat dieſe Unterſuchungen mit der Verwandſchaft der Spra- chen in Verbindung gebracht, da es aber mongoliſche Völ- ker giebt, die türkiſch reden, andern aber auch die ſich ganz verſchiedener Sprachen bedienen, die in keiner Verwand- ſchaft mit jener ſtehen, ſo kann dieſe Art der Unterſuchung nur zu Irrthümern führen. Ebenſo iſt die europäiſche Sprache aus der griechiſchen und römiſchen entſtanden oder mehr ausgebildet. So iſt auch Leibnitz ſchon durch die Unter- ſuchung über die Abſtammung der Sprachen irre geführt. [571./0577] Durch Abel Remuſat und Julius Klaproth iſt in neuern Zeiten über die Analogie der Völker heimiſchen Ur- ſprungs, aus den ſalzigen Ebenen vom Kaspiſchen Meere und Aralsſee gegen die chineſiſche Mauer zu, viel Licht verbreitet. Die Samskritſprache iſt von Boch, Schlegel und meinem Bruder geprüft; die Keilſchriften ſind von St. Martin entdeckt. Die Griechen und Römer unterſchieden nur 3 Stämmen: Eingeborne, Erdgeborne und Eingewanderte. Herodot giebt 4 Stämme an, 2 einheimiſche und 2 fremde. In Afrika hatte es vor der Einwanderung der Saracenen, ſchon 3 bis 4 mal Einwanderungen gegeben, von Perſern, Medern und andern kaukaſiſchen Völkern, auch die Hykſos ein arabiſcher Stamm, fiel ſchon in frühen Zeiten ins nördliche Aegypten ein, und faſt mit Gewißheit kann man ſie für arabiſche Hirten- völker halten, da ein großer Contraſt zwiſchen den Nord- ägyptern und denen gegen Merä hin jetzt noch ſtatt findet, und wovon ſich der Abklang in der ägyptiſchen Mythologie zeigt. Eine 3t Einwanderung geſchah ſpäter, bei der ſo- genannten Völkerwanderung durch die Vandalen, von denen ſich noch jetzt auf dem weſtlichen Atlas ein Stamm die Cubaien findet. [572./0578] Wenn auch Herodot nicht an die Unterſuchungen über den Urſprung der Menſchen dachte, da dieſe erſt eine Folge des Chriſtenthums waren, ſo ſpricht ſich doch in der Lebens- geſchichte des Fabius von Agricola ein Gedenke aus; der darauf hindeutet, daß alle Völker eine Abſtammung haben. Die Idee der Einheit des Menſchengeſchlechts wurde erſt durchs Chriſtenthum aufgeſtellt und herrſchend, und eine der wichtigſten Wohlthaten deſſelben iſt, daß es die perſönliche Freiheit eines großen Theils des Menſchengeſchlechts ge- gründet hat, und die Menſchheit in eine nähere Beziehung brachte. Als Amerika entdeckt wurde, entſtand die Frage, ob die dort Eingebornen als Menſchen betrachte werden könnten, der Pabſt entſchied dieſe durch einige Bullen, welche die Einheit des Menſchengeſchlechts in allen Ländern der Erde bekannt machten. Die Lebensweiſe jener neu ent- deckten Völker war anderer Art, als die der alten Welt ſie waren nicht Hirtenvölker, waren ſie von der Natur durch die unermeßlichen Waldungen wohl verhindert wurden. Es iſt wunderbar genug daß dieſe Völker ſich nicht einmal der Biſons bedienten, ſo wie andere Völker in öſtlichen Aſien ſich nicht die Milch und das Fleiſch nutzbar zu machen wußten, [573./0579] obgleich ſie von Hirtenvölkern umgeben waren. – Daſſelbe iſt auch bei den amerikaniſchen Völkerſtämmen der Fall, da einige Denkmäler derſelben uns ganz früher Zeit erkennen laſſen, daß ein großer Verkehr zwiſchen dem öſtlichen Theile von Aſien und dem weſtlichen Amerika ſtatt gefunden hat. Die Sclaverei als ſie ſich im 15 Jahrhundert ausbrei- tete, wo man die Caraiben und Neger gewaltſam aus ihrem Vaterlande wegſchleppte, muß man jedoch dem größen Reichthum an Ländern zuſchreiben, da man ſoviel Land ohne Hände für die Benutzung deſſelben entdeckte. Bei der nähern Betrachtung der Menſchenracen, wollen wir 2 Fragen aufwerfen: 1. Welche Verſchiedenheit des menſchlichen Körpers bietet ſich bei den Völker- ſtämmen gegenwärtig dar? 2. Wie ſind dieſe Ver- ſchiedenheiten auf dem Erdkörper verbreitet? In dem Cauſalzuſammenhange der Erſcheinungen bieten ſich zwei Möglichkeiten über die Verbreitung der Menſchen dar, denn entweder gab es einen Urtypus und eine ge- meinſchaftliche Abſtammung, die durch Degenerationen und Abweichungen von der urſprünglichen Art bei Einwirkungen [574./0580] des Klimas und der Lebensweiſe die Menſchenbildungen ſo verſchieden geſtaltete, wie wir ſie gegenwärtig ſehen; oder es haben ſich mehrere Urtypen über den Erdball verbreitet. Im erſten Falle haben Pallas und Pritſcha angenommen, daß die ſchwarze Farbe und deren Formen die Urſtämme ge- weſen ſind, von welchen die Mongolen als Unterabtheilung durch Zeit und Klima weiß geworden wären, durch die Beobachtung, daß die dunkele Farbe der Thiere allmählig zur hellern übergeht, wurden ſie hierzu verleitet, was aber wenig Beifall findet. – Herr Denham hat bei ſeiner Zurückkunft verſichert, daß ſeine weiße Farbe und lange Naſe in Borneo und Murſuk bei den Negern Uebelkeiten erregte, die beſonders auffallend bei den Frauen hervortreten, die nicht allein vor ihm ausſpuckten, ſondern ſogar in Ohnmacht fielen. – Ideen von Schönheit und Häßlichkeit hängen von na- tionellen Vorurtheilen ab, jede Nation ſucht die Schönheit in ihren eigenen Individualitäten. Es giebt aber allgemeine Begriffe von Schönheit der Formen und Anmuth der Züge, die aber nur zum völligen Ebenmaß, durch den Ausdruck der [575./0581] Ideen, die einer höhern Welt angehören, gelangen. So zart und ſammetartig die ſchwarze Haut auch iſt, ſo fehlt ihr doch der Ausdruck der zarteſten Anregungen des Gefühls im Erröthen. Negerfrauen werden zwar bisweilen röthlich, aber denn ſind es andere Einwirkungen; auch drücken Gram und Leiden, oder große Gemäße der Freuden durch die Wirkung des innern Gefühls ſich dadurch aus, daß eine Bläſſe die angeborne Schwärze verdrängt. Der Streit über die Abſtammung von einem oder mehreren Typen, kann aber ſo wenig geſchlichtet werden, als der, ob alle Sprachen von einer Urſprache ab- ſtammen. Wohl zeigt es ſich in vielen indiſchen und andern Schriften der Inſeln des indiſchen Archipels, daß es mehrere Unterſchiede in den Schriftzeichen als den Sprachen giebt; und man kann allerdings allgemeine Formeln anführen, die in allen unſere Sprachen, in den Trümmern wie in den Wurzeln ſich zeigen und den Ur- typus bilden, die aber immer nur die Verbindung der Völkerſtämme andeuten, ohne eine Uebereinſtimmung der Menſchenracen ergründen zu laſſen. Bei einem phyſiſchen Naturgemälde und einer Welt- [576./0582] beſchreibung, beſchränke ich mich auf Vergleiche. Das Chriſtenthum nahm die Idee auf daß alle Menſchen von einem Paare abſtammten, wie es die moſaiſchen Tradi- tionen lehrten. Doch dieſen iſt es blos eigen die Natur- geſetzen unſers Erdkörpers ſowohl durch den Lauf der Geſchichte darzuthun, wie die Einheit des Menſchengeſchlechts als Folge einer abſoluten Abſtammung herzuleiten. Es iſt aber auch kein Grund vorhanden, die Abſtam- mung von einem Menſchenpaare gerade zu leugnen zu können, da Uebergänge von Stamm zu Stamm vorhanden ſind, wo das Klima verſchieden darauf wirkte. Dieſelben kli- matiſchen Verſchiedenheiten finden wir auch bei den Thier- racen, als bei Hunden, Ochſen, Schafen etc. die den Menſchen überall folgten. Solche bleibende Abänderungen wie das Thier- und Pflanzenreich ſie aufzuweiſen hat, be- weiſen die neuern abnormen Bildungen deren Entſtehen hiſtoriſch nach zuweiſen iſt, wie z. B. das neuerdings in Connecticut geborene, und von Asconſchy beſchriebene Schaf mit krummen ſäbelartigen Vorderbeinen, das wie die Känge- ruhs hüpft, und dadurch den Vortheil darbietet, daß es nicht über die Hecken ſpringen kann, von denen man jetzt in Eng- [577./0583] land und Nordamerika ganze Heerden zu gezogen hat, bei denen ſich die krummen Beine treu fortpflanzen. Die früher angeführte Fragaria monophylla giebt ein an- deres Beiſpiel, aber ſo die Schweine in Ungarn ohne Haare. Alles dieſes erinnert an die Wahrſcheinlich- keit, daß eine Urtype der menſchlichen Formen durch kli- matiſche Einwirkungen große Veränderungen erlitten hat. 61. Vorlesung, 25. April 1828 Die Unterſuchungen über die Menſchenracen ſind dadurch verwirrt, daß man die hiſtoriſche Abſtammung mit der Be- trachtung der geographiſchen Lage verwechſelt hat, wozu das Wort Race um ſo mehr hinleiten mußte. Die Frage, wie iſt Amerika bevölkert, lieſſe ſich vielleicht aus einer andern Urſache von einem über alle Geſchichte hinaus reichenden Verkehr des öſtlichen Aſiens mit dem weſt- lichen Amerika herleiten; die gemeinſchaftlichen Mythen beider laſſen einer Hoffnung hierzu Raum. Eine allgemeine Eintheilung auf Abſtammung iſt unmöglich, das Zuſammentreffen kann zur Bildung vieler Gruppen führen; daher auch alle Betrachtungen über die Menſchenracen zu weniger Klarheit gelangt ſind. Die Zeit der Puberta in den verſchiedenen Zonen, iſt bei manchen Völkern [578./0584] ſehr abweichend, dagegen die Dotation dieſelbe iſt. Die Frage der Abſtammung von einem oder mehrern Menſchenpaaren bot ſich den Alten niemals dar, was bei den Griechen und aus dem Sanskrit entdeckt iſt, bezieht ſich nur auf Lokalphänomene. Man unterſcheidet aber auch das was die Beſtändigkeit eines Typus ſein kann, von dem was die Einwirkungen des Klimas her- vorbringen können. Einem ſolchen Studium ſtand bei den Alten eine Verachtung aller fremden Völkerſtämme, oder der Barbaren wie ſie ſich ausdrückten entgegen, auch hin- derte ſie die Nichtkenntniß der Sprachen daran. Der Begrif, daß die Einheit der Menſchen in der allgemeinen Verwandſchaft durch gleiche Abſtammung begründet iſt, iſt ein nicht zu erreichendes Ziel, da die Forſchungen nicht bis zum Urſprung, der Dinge führen können, und ſie nur glaubhaft durch die ſo genannten Mittelbildungen wird. Daß die Typen feſt ſtehen, ſieht man daraus, daß die Neger ihre ſchwarze Haut behalten, und die Nachricht von portugiſiſchen Anſiedlern in Kongo, daß ſie mit der Zeit auch ſchwarz geworden wären, iſt nach genauern Reiſebe- richten verſchwunden. Eben ſo wenig, wird man wohl [579./0585] glauben, daß die Neger eine forterbende Leberkrankheit haben, welche die ſchwarze Farbe verurſache, indem ſich Kohlen- ſtoff abſetze. Eine ſolche Meinung kann eine phyſiologiſche Fabel genannt werden. – Von der Feſtigkeit der Typen, wenn Menſchen verſchiedener Bildung ſich in einer Zone befinden, giebt Huddel Beiſpiele, denn er ſagt die Bewohner der Feuerinſeln ſind nicht größer als 4′, während daneben ſüdlich von Orinoko, die ſchönen großen ſelten unter 6′ hohen Patagonier wohnen. Ebenſo leben in Südafrika die kleinen Buſchmänner von 4′ Höhe neben dem ſchlanken Kaffern. Und uns näher iſt ein ähnlicher Unterſchied zwiſchen den Hoch- und Niederländer in Britannien. Mit Recht hat man geſagt, es würde nicht ſo viele Menſchenſtämmen geben, wenn es keine Neger gäbe, welche neben den Weiſſen wohnen, und auch dieſe plötz- liche Abſtuffung hat man weit mehr Wichtigkeit gelegt, als ſie verdient, weil der Eindruck der Farbe ſo groß iſt. Die Wichtigkeit derſelben ſchwindet aber bei reiflichen Nachdenken, und die Contraſte wollen wir in folgenden Abtheilungen zu betrachten ſuchen: als nach der Haut und [580./0586] ihrem Pigmente, die Haaren, dann nach den Geſichtszügen und den Geſichtswinkeln, und zuletzt nach der Sprache. Die ſchwarze Menſchenrace lernten die Alten in den Afrikanern kennen, alles was öſtlich von dieſen wohnte gehörte zum vornehmen Menſchenſtamme. Die Idee der Einwirkung der Sonne auf die Farbe, muß ſehr früh entſtanden ſein, denn ſchon die Alten glaubten, daß wenn in Nubien die Menſchen ſchwärzer würden, es von der Hitze herrühre. Alexander’s Expedition beſtärkte dieſe Anſicht noch mehr, dies ſieht man aus dem Ariſtibul?, der die Frage aufſtellt, woher es komme, daß im nördlichen Indien die Menſchen ſchwärzer wären als im ſüdlichen, und glaubte, daß die feuchtere Wärme weniger die Menſchen ſchwarz färbe, als die trockne. Auch Plinius ſagt ſelbſt daß die Menſchen von der Sonne gefärbt wären. In neuern Zeiten hat ſich gezeigt, daß die Einwirkung der Sonne keinen Unter- ſchied hervorbringt, ja in Indien giebt es bei den verſchiedenen Stämmen eine Menge von Abänderungen der Schwärze. – Einen andern Unterſchied geben die Haare. Am ſchlichteſten ſind dieſe bei den Amerikanern, die den [581./0587] Malayen am meiſten gleichen, doch ſehen die der erſtern mehr feucht aus. Bei den Kaukaſern ſind ſie lockig, bei den Negern dagegen wollig, ohne jedoch immer ſchwarz zu ſein, da ein Volk in Saudan eine Ausnahme macht. Die 3t Eintheilung iſt die nach dem Geſichtswinkel, welche auf die herabſteigende Scala der Menſchen ge- führt hat. Nach Kamper iſt es derjenige Winkel, deſſen eine Schenkel von den Schneidezähnen nach der Stirn führt, und nach Sömmering zwiſchen 70–85° abweichend iſt. Neuerdings hat man jedoch gefunden, daß er bei den Neu-Seeländern nur 65° hat, weil ſie eine ſtark zu- rückgeworfen Stirn haben. Den 4t Grund der Eintheilung hat man von den Analogien und Verſchiedenheit der Sprachen hergenommen, ſo wenig dieſe auch dazu geeignet ſind. – Herodot erzählt, daß Pſametiſch um zu erfahren welches Volk die älteſte Sprache habe, zwei Kinder einſperrte. Das erſte Wort was ſie ſprachen war Bekos, und man fand bei der Unterſuchung über den Urſprung dieſes Wortes daß es Phrygiſch war. Die Aegypter verwunderten ſich bei dieſer Entſcheidung, daß die Phrygier älter als ſie wären. [582./0588] Wer an den Verhältniſſen der Sprachen zu einander Intereſſe findet, den muß ich auf die Unterſuchungen meines Bruders verweiſen. Denn die Sprachen ſind nicht Nationenweiſe vertheilt, geſchichtliche Ereigniſſe haben verſchiedenen Völkerſtämmen dieſelbe Sprache aufgedrungen ſo reden viele von altgermaniſchen und ſlaviſchen Völkern abſtammend römiſch; als Grundlage der ihrigen. Wenn auch die Sprachen der Amerikaner verſchiedene Wurzeln haben, ſo giebt es doch Ausdrücke die allen gemeinſchaftlich ſind, und die ſich ſelbſt bei den Malaien wieder finden. Von den Nationalunterſchieden muß man die der Völkerſtämme unterſcheiden. Wenn ſie ſchon auffallend in den verſchiedenen Theilen von Deutſchland ſind, ſo wird man dieſe Unterſchiede nicht zu den Abtheilungen rechnen können, in welche das ganze Menſchengeſchlecht zerfällt. Wir müßen alſo verſch. Gradationen annehmen. Ebenſo können Sprachen wirklich verſchieden, oder nur Dialecte einer ſein. Die große Aehnlichkeit der Indogermani- ſchen-Sprache, mit der deutſchen und perſiſchen, und wiederum mit der lateiniſchen Sprache deutet auf eine Wurzel hin. Auch die engliſche Sprache ſtammt von der germaniſchen Wurzel und hat ſich nur der Form nach verändert, und man kann [583./0589] keine Sprache finden, die nicht Veränderungen erlitten hätte. Sehr weſentlich iſt es bei den Abtheilungen der Menſchen- racen, die kleinern nicht mit den größern zu verwechſeln. Die größte allgemeine Abſtuffung iſt genügenden, wenn wir mit Cuvier drei annehmen, da ſie ihrer Allgemeinheit wegen mehr zur Einheit führt. Blumenbach ſtellte 5 Ab- theilungen auf, die aber ſchon ſchwieriger zu unterſcheiden ſind. Cuvier unterſcheidet nämlich: weiſſe, gelbe und ſchwarze Menſchen. Die weiſſe auch kaukaſiſche Race genannt, characteriſirt die große Ausbildung, und der Typus der größten Schönheit bewahrt ſie in Georgien und Circaſſien. Aus ihr ging die moſaiſche wie die chriſtliche Religion und der Islam hervor. Die Völker aber welche gegenwärtig den Kaukaſus bewohnen, ſind größtentheils wenn wir die Oſſeten abrechnen, finniſchen Urſprungs. Der Kaukaſus nämlich ſtellte wie andern Ge- birge, dem Andrange der Völkerſtämme einen Wall ent- gegen, ſo daß viele ſitzen blieben, und dieſer Gebirgsge- genden wie andern, eine große Verſchiedenheit der Sprache geben. Daſſelbe finden wir in Mexico, dem amerikaniſchen Kaukaſus, wo über 30 Sprachen geredet werden, von größten- theils bedeutender Verſchiedenheit. Wenn der große Zug der Völker in der alten Welt von Oſten gegen Weſten ſich [584./0590] ausbreitete, ſo iſt er in den neuen Welt von Norden gegen Süden bis am Gilaſtrom geweſen, wo ſich noch beträchtliche Denkmäler untergegangener Städte vorfinden. Die Geſchichte lehrt uns leider nicht den Durchgang dieſer Völkerſtämme über den Iſthmus von Panama, wir können ihn aber von Gile bis zum Nicaragua folgen. – Die Benennung kau- kaſich iſt europäiſch, und kommt von den Völkern her, die aus dem öſtlichen Theile von Aſien, bei ihrem Vordringen nach Weſten von der chineſiſchen Mauer her den Kaukaſus nördlich oder ſüdlich umgingen, und nur ein kleiner Theil iſt über denſelben gekommen. Zu dieſer kaukaſiſchen Race gehören nun eine Maſſe Völkerſchaften, ganz Europa, Helenen, Basken, Iberien, Celten, Finnen, Slaven, Ungarn, Magieren, Litten und andere kleinere Völker wie die Lappen und die Scandinaviſchen Stämme. Ganz Europa hat eine ſehr kleine Zahl von Völker Stämmen, wenn man die Abſtammung betrachtet, werden kaum 5 oder 6 als ſolche beſtehen können; je wenn man auf die Aehnlichkeit der Sprachen bei den Indogermanen, Slaven und Celten achtet, ſo iſt es ſchwer nur große Unterſchiede feſt zuſtellen, und dieſe Verwandſchaft der Sprachen macht es wahrſcheinlich, daß alle dieſe Stämme in ihren frühern Wohn- ſitzen, in einem großen Verkehr mit einander lebten. Wollen [585./0591] wir die Slaven und Celten unterſcheiden, ſo iſt es noth- wendig vom äußerſten Weſten anzufangen, als die erſten Völker welche von Aſien auswanderten würden zuerſt die Basken kommen, mit ihnen die Iberien, waren die Celten grenzten, woher der Name Celtibarer wahrſcheinlich entſtand. Darauf folgten germaniſche Stämme, denn die Finnen oder italiäniſche Stämme, wozu der ungariſche oder magiariſche Stamme gehört hat, und wahrſcheinlich mit Türken vermiſcht. In Italien iſt auſſer den europäiſchen Stämmen ein altes Gemiſch von Helenen und Etruskier gekommen, aber es iſt immer ſchwierig diejenigen zu beſtimmen, welche ſich auf die Ur- völker Italiens beziehen. Die Geſchichte Weſtpreuſſen’s von Voigt lehrt, daß die Einwanderungen erſt in ſpätern Zeiten ſtatt fanden, und mehr von Süden herkamen. Zu dem heimiſchen, oder auch der uraliſche Stamm genannt, da man gern die Menſchenſtämme auf die Gebirge zurückführt, gehören auch die Hunnen, welche keine glänzende Idee von ſich verbreiteten. Dionyſius Perigeta erwähnt ihrer zuerſt, und ein anderer Schriftſteller dieſer Zeit ſagt, daß ſie Augen hatten wie kleine Punkte. Der Biſchoff von Clermont gab im 6t Jahrhundert von ihnen in der Sidonia von Apollonia eben- falls eine lächerliche Beſchreibung, indem er ſagt, daß ſie rohe Völker wären, die keine Augen hätten; Europa wäre [586./0592] daher ſehr erſchrocken geweſen, regeloſe Fleiſchklumpen heranrücken zu ſehen, an denen ſich weiter nichts fände als einige Leute. Durch die unbedeutende Naſe wurde dieſer Eindruck noch verſtärkt. Die Hunnen müßen aber nicht mit den Mongolen verwechſelt werden, dieſe lebten tiefer in Aſien, und türkiſche Stämme wohnten noch zwiſchen ihnen. Auſſer den genannten, gehört zu den kaukaſiſchen Völkern noch ein wunderbares Gemiſch anderer Stämme, nämlich alle Türken, Perſer, Araber und Indier. Wir ſehen hieraus wie ſchwierig es iſt, eine große Maſſe von Völker in gleiche Abſtammung zu bringen, und die auch dieſe Weiſe nur mehr Einheit erhalten. 62. Vorlesung, 26. April 1828 Die kaukaſiſchen Völker zählen jetzt insgeſammt etwa 440,000,000 Menſchen, von denen ¼ indiſchen Urſprungs ſind, und noch jetzt in Indien leben. – Die Sprache kann man nicht eigentlich als Criterium der Abſtammung anwenden, da oft Völker verſchiedenen Ur- ſprungs, wie es ſich gefunden hat, eine Sprache reden. Einen Blick auf die Sprachfamilie von Europa zuwerfen läßt dieſelbe als ſehr einfach erſcheinen, da es nur 8 oder 9 ſind, von denen es aber eigentlich nur 3 giebt, die als abgeſondert betrachtet werden können. Dieſes ſind die Baskiſche, die Iberiſche welche von Sanscrit abgeleitet, und [587./0593] die Finniſche. Die andern ſind wegen der Aehnlichkeit der grammatiſchen Formen, als ihnen zugehörig, anzunehmen. 1. Die Baskiſche iſt faſt ganz untergegangen, von ihr leben jetzt nur 700,000 Menſchen, /in Europa?/ von denen der größere Theil nach den Tropen ausgewandert iſt. Sie ſcheinen das ganze Becken des mittelländiſchen Meeres um- wohnt zu haben, da ſich noch jetzt in Sicilien, Italien und andern Ländern, Namen von Städten finden, die ganz von dieſer Sprache herrühren. Zu ihnen gehörte eine Nation höherer Kultur, mit der eine ganze Litteratur untergegangen iſt. – 2. Die Celtiſche von der die Galliſche abſtammt, zählt 8500,000 Menſchen. 3. Der germaniſche Sprachſtamm zählt 60,000,000. 4. Der ſlaviſche 〃 〃 〃 70,000,000, die vom adriatiſchen Meere gegen die Oſtſee, von Tyrol und Illyrien ins nördliche Aſien, ſelbſt nach dem ruſſiſchen Amerika hin ſich verbreiteten. 5. Der lettiſche oder auch Dſchuniſche Stamm genannt, wurden auch fälſchlich mit dem Namen der germaniſch-slaviſche Stamm bezeichnet. Er iſt ganz verſchwunden, und zu ihm gehörten die Altpreuſſen. [588./0594] Ueber den ſlaviſchen Stamm haben Vater und Voigt ſehr wichtige Aufſchlüſſe in neuerer Zeit gegeben, da man lange glaubte, daß er mit dem germaniſchen gemiſcht ſei, jene fanden aber, daß Altpreuſſen, Curland etc. unmittel- bar aus dem Sanskrit herſtammen, und ihre Sprache ging deshalb früher unter /vor 1½ Jahrhundert/ weil Hochfried von Feuchtwangen ein Dekret gegen dieſelbe erließ. 6. Der finniſche Sprachſtamm, wozu Ungarn und die Sprache der Lappländer gehören. 7. Die ganze Familie des altlateiniſchen Theils von Europa umfaßt 75,000,000 Menſchen. Der kleine Theil, der von den Reſten der Hellenen übrig blieb, iſt die albaniſche Sprache, welche altgrie- chiſche Urformen hat. Endlich Malta ein kleiner Theil der Semitiſchen, wo Reſte der finniſchen ſich Sprache finden. Der Zuſammenhang der Völker des ſüdlichen und öſt- lichen Aſiens, die ſich mit Europa verbanden, von den neuern durch chineſiſche Geſichtsbächer gemachten Entdeckungen an zu rechnen, wird von Intereſſe ſein, da in ihnen einige wichtige Aufſchlüſſe liegen. Daß die Hionguh’s, ein finniſcher Stamm zwiſchen den Don und der Wolga, in der frühen [589./0595] Völkerwanderung auf die Hunnen fielen, lehrt uns die Geſchichte. Chineſiſche Nachrichten reden aber von einem indogermaniſchen Stamme den ſie Uſen nennen, mit blonden Haaren und blauen Augen angeben, und zwiſchen dem Baikal- ſee und der chineſiſchen Mauer gewohnt haben ſoll. Dieſer wurde von den Chineſen gereizt auf die Hionguſs zu fallen, nach dieſer Zeitrechnung alſo ſchon 5 Jahrhunderts früher im Innern von Aſien die erſte Bewegung der Völkerwanderung verfiel, deren Kenntniß bisher nur bis 1 Jahrhundert vor Chriſti Geburt reichte, und die ſpäter den großen Zügen der Hunnen, Alanen und Gothen die große Ausdehnung gaben. Ebenſo auffallend iſt die im Innern von Aſien gemachte Ent- deckung, daß von den Kirgiſen, die unter dem Namen Hakas bekannt ſind, und ebenfalls blonde Haare und blaue Augen haben, /wodurch ſich die germaniſchen Völker auszeichnen,/ die Inſchriften zwiſchen dem Jeniſey und dem Ob herrühren, die indogermaniſch ſind. Die Kirgiſen haben ſpäter die türkiſche Sprache angenommen, aber die in Bochern und China ſprechen rein perſiſch. Noch auffallender aber iſt die von Abel Remuſat gemachte Entdeckung einer früher rein ſeecondariſchen Sprache, die bis Madrid /?/ ſich verbreitet hat. In der Gegend von Kaſchgar war nach Abel Remuſat [590./0596] eine indiſche Kolonie, die bis Koten ging. Die gelbe Menſchenrace. Zu ihr gehören die Mon- golen, Chineſen, Japaneſer, Malaien etc. und umfaßt über 400,000,000 Menſchen. Sie bildeten den Weltreiche des Attila, Chinquiſchan und Tamerlan, und China ſteht als ein Ueberbleibſel davon noch jetzt da. – Man hat lange die Tartaren und Mongolen für identiſch gehalten, obgleich ſie einander entgegen ſtanden. Die Veranlaſſung hierzu war, daß, als die Mongolen im 13t Jahrhundert bis zu uns vordrangen, und Rußland und Polen beſiegt hatte, aber im Jahre 1241 bei Lignitz von Heinrich dem Schleſier geſchlagen wurden, dieſer ſei wieder mit dem Namen Tartaren ſoll bezeichnet haben. Die Verwechſelung aber, welche zu den Irrthümern von Meiners und Schlösſer führten, rührt daher, daß in der Armee des Chinchiſchan türkiſche Soldaten waren, und dieſe auch zum größern Theil die höch- ſten Stellen bekleideten, welche man mit dem Namen Tarta- ren bezeichnete; wie auch jetzt noch in Rußland, der Bucharei und einigen Theilen des Kaukaſus, die Türken Tartaren genannt werden, was ſie aber ſehr übel aufnehmen. [591./0597] Die ſchwarze Menſchenrace. Sie begreift weniger in ſich als die vorher genannten, und iſt nicht allein Afrika eigenthümlich, ſondert findet ſich auch in Ceylon, Malacon und Neu-Guinea; aber doch nur um Littorale kommt ſie auf dieſen Inſeln vor, da im Innern derſelben eine andere Race wohnt, die den Bewohnern von Neuholland ähnlich ſind, welche auch Neu-Irland und Neu-Britanien bewohnen. Die Goloff’s /Gonodis?/ im Innern von Afrika ſind am ſchwärze- ſten von allen, und haben dabei eine europäiſche Geſichtsbildung, ſelbſt dünne Lippen und eine europäiſche Naſe; aber dahin ge- hören die ſanften Tulloh’s und Tibbo’s, die häufig mit den Kaffern verwechſelt werden. Die Kaffern haben eine europäiſchen Stirn und Naſe und wolliges Haar. Die Neu-Irländer mit ſchwarzen Bärten und wollen Haaren haben gleichfalls eine europäiſche Naſe. Hieraus ſehen wir, daß die Bedingungen des Baues der ſchwarzen Race ſehr verſchieden ſind. Wenn man einen Meridian durch die Mitte von Neu-Guinea zeiht, ſo iſt der öſtliche Theil der Inſel mit ſchwarzen, der weſt- liche mit gelben Menſchen bewohnt. Die Negritos der Philippine in der Südſee, die ganz ſchwarz ſind, leben im Innern und ſind von weißen Malaien eingeſchoſſen, wie ſchon Forſter entdeckte. [592./0598] Für Lapeyrouſe war es unglücklich genug, daß er nicht einige 20 Meilen öſtlicher bei den Tropes ſtrandete, die im Vergleich zu denen die ihn opferten, ein ſehr friedliebender Völkerſtamm iſt. – Die ſchönſten Bewohner der Süd- ſee ſind die der Neu-Carolinen. Herr Gernat fand daß ſie in der Knochenbildung viel Aehnlichkeit mit den kauka- ſiſchen Völkern haben. Zu ihnen würden alle gehören die bis zu den Sandwichs- und Freundſchaftsinſeln wohnen. Trennt man die Amerikaner von den Mongolen und Malaien, ſo ſind dies die Blumenbachſchen Racen. Die Amerikaner bewohnen den größten Theil der Erde, der ſo abgeſondert liegt. In der Sprache haben ſie ſowohl durch Wurzeln wie durch grammatikaliſchen Formeln mit den kaukaſiſchen Völkern die nächſte Aehnlichkeit, doch ſind nur die nördlichſten Völker kaukaſiſcher Abkunft, wie die Schutſchuks, Eskimos und Grönländer. Letztere haben durch ihre gelbe Farbe Zweifel erregt, doch rührt dieſe von dem Schmutz und dem Thrane her, womit ſie ſich ſchmieren denn die Kinder werden ganz weiß geboren. Dies ver- leitete auch Blumenbach ſie zu den Lappländer zu rechnen die aber finniſcher Abkunft ſind. Die Eskimos bewohnen [593./0599] den ganzen nördlichen Theil von Amerika, und von ihnen ſtrandeten einige 1682 und 84 /?/ an der britanniſchen Küſte. Verſchieden aber von ihnen ſind die Indianer welche dem Königs von Frankreich Quintin Metellus Celer ? vorgeſtellt wurden, eine Verwechſelung die von holländiſchen Philologen herrührt. Unter den Ureinwohnern von Amerika iſt in Hinſicht der Farbe ein großer Unterſchied, denn die Menſchen ſind ſo unter einander umhergeſchoben, daß die nördlichen Mexicaner, welche 6–7000′ hoch leben, wo ein ſehr mildes Klima herrſcht, ſehr ſchwarz ſind, dagegen in den warmen Ebenen ziemlich weißen Menſchen leben, z. B. die Guainas blancas am Orinoko, die in den Urwälder wohnen. Was die Wunderbarkeit des Schädels an betrifft, der bei den Caraiben beſonders auffallend erſcheint durch die zuſammengedrückte Form, ſo iſt dies nur als ein Werk der Kunſt anzuſehen. Ich ſelbſt war Augenzeuge, daß die Köpfe der Kinder zwiſchen 2 Bretter gelegt wurden, um ihnen dieſe Form zu geben. Ebenſo wird bei ihnen das Muskelfleiſch wellenförmig gedreht, was aber beides nach Herodot ſchon früh die Völker des innern Aſiens thaten. Auf der Weſtküſte von Nordamerika in Norfolk-Sund, [594./0600] das man auch das ruſſiſche Amerika nennt, findet ſich nach Marchand eine blauäugige Menſchenrace, was ſehr merkwürdig iſt; ſchon früher ſind ſie von ſpaniſchen Schrift- ſtellern erwähnt, und es iſt vielleicht möglich, daß ſie früher mit den indogermaniſchen Stämmen im Zuſammenhange ſtanden. – Eine ſonderbare Form der Geſichtſtheile muß ich noch erwähnen, die ſich in den amerikaniſchen Monu- menten mit großen Habichtsnaſen findet. An den Monumenten von Guatimala und den Ruinen von Palente ſind Kinder dargeſtellt, die einem Kreuze vorgehalten worden, und wo alle Figuren dieſe entſetzliche große Naſen haben, die nach unſern Begriffen die Natur wohl ſchwerlich hervorgebracht hat. Und doch ſollte man faſt glauben daß es ſolche Menſchenſtämme gegeben hat, da manches dafür ſpricht. – Auch in allen mexica- niſchen Mythen, haben die Perſonen alle ſolche Naſen; der Coxcox ſowohl, wie der amerikaniſchen Venus iſt ſie zu- getheilt. Eine Sprachenunterſuchung, ob die Malaiſe mit denen in Oſtaſien und Amerika Aehnlichkeit habe, iſt von meinem Bruder geſchehen. Es finden ſich wohl viele Analogien, die aber im Grammatiſchen liegen. Wenn wir das älteſte der Geſchichte betrachten, was [595./0601] die Aſtronomen aufbewahrten, ſo gab es ſchon dieſe ver- ſchiedenen Menſchenſtämme. Und wenn die Afrikaner auch ſchwarz waren, ſo können wir es nicht von den Aegyptern glauben, da die großen Mumien als Reſte dieſer Völ- ker kaukaſiſchen Urſprungs zu ſein ſcheinen. Unter allen Völkern ſehen wir die Kultur zuerſt in Indien am Euphrat auflodern, ſei es durch Keilſchriften oder durch Bauten, wie die Römer von Perſepolis noch jetzt zu uns reden, indenen noch 3 Keilſchriften ſich finden. Von Thurm zu Babel hat man neuerdings beträchtliche Monu- mente entdeckt, wo auch ſchon Keilſchriften vorkommen, aber verſchieden von denen zu Perſeepolis. Mit dieſen Reſten der Kultur in Indien, Oberägypten, China, Hellas u. ſ. w. geht es uns ebenſo wie mit den Himmels- körper, deren Intenſität des Lichts wir wohl unter- ſcheiden, aber ihre Entſtehung nur muthmaßen können. Wir wiſſen nicht, ob die chineſiſche Kultur älter als die aegyptiſche iſt, oder ob Indien der belebende Punkt beider war. Bei dem Verſchwinden der Abſtammung ſelbſt, müſſen wir uns an das Verhältniß der Menſchenſtämme halten, was die Intelligenz als Producte hervorbrachte. – So ſehen wir auch bei Völkern die eine Kaſtenkultur [596./0602] hatten, die Despotismus permanent blieb, und bei allen dieſen mongoliſchen Völkern war er eine Folge des Hirtenlebens. Wenn man den Zuſtand von Hellas mit Aegypten und China vergleicht, wo ſchon in frühen Zeiten alles was Straßenbau und Kunſt be- trifft zum großen Ziel gedieh, ſo erkennen wir doch nur die ſchönſte Blüthe der Kultur bei den Völkern, die eine Freiheit dem Individuum geben, wie ſie in Griechen- land ſich ausbildete, und zu den Germaniern überging. Geſchloſſen den 26t Apr 1828. [0603] [Abbildung ] [0604] [0605] [0606] [0607] [0608] [0609] _____________________________ [0610] [0611]