Wissenssoziologie

Der Marxismus-Leninismus als die laut Selbstbeschreibung „einzig wissenschaftliche Weltanschauung“ war in der DDR (und in anderen sozialistischen Staaten) das theoretische und praktische Fundament der politischen Ideologie. Seine Grundidee ist die Verknüpfung von weltanschaulichen, philosophischen, ökonomischen und politischen Inhalten mit einem allumfassenden Begründungs- und Erklärungsanspruch. Die theoretische Grundlage des Marxismus-Leninismus bildet der sog. dialektische Materialismus, und eine seiner tragenden Säulen ist der Szientismus. Letzterer steht für eine Wissenschaftsauffassung, nach der die Welt in vollem Umfang rational erklärbar ist und die (Natur-)Wissenschaft als oberstes bzw. einziges Leitprinzip menschlichen Erkennens und Handels gelten soll. Der Szientismus legitimierte sich zwar explizit über naturwissenschaftliche Erkenntnistheorie und Methodologie, wurde aber als Instrument einer umfassenden Weltdeutung und Welterklärung verstanden und entsprechend auch außerhalb des klassischen Zuständigkeitsbereichs wissenschaftlicher Erklärungs- und Deutungsmodelle bis in den trivialen Alltag hinein zu vermitteln versucht. Anders als andere Wissenschaftskonzepte vertrat der in der DDR propagierte Szientismus die Haltung der absoluten Unvereinbarkeit von Wissenschaft und Religion. Religiöses Denken musste übergangsweise in engen Schranken akzeptiert werden, wurde perspektivisch aber als zum ‚Absterben verurteilt’ angesehen. Dies galt jedoch nicht nur für religiöse Überzeugungen, sondern bezog sich letztlich auf sämtliche im weitesten Sinne esoterischen, paranormalen, okkulten, alternativ-religiösen und -medizinischen Vorstellungen – im öffentlichen Diskurs der DDR unterschiedslos als ‚Aberglaube‘ bezeichnet. Vor dem Hintergrund der theoretischen und praktischen Bedeutung des Szientismus in der DDR wird jener vielschichtige Themenbereich des ‚Paranormalen‘ genauer in den Blick genommen und der Frage nachgegangen, welchen Status entsprechende Erfahrungen, Praktiken und Glaubenssysteme innerhalb der DDR-Gesellschaft hatten. Konkret gefragt: Welche Rolle spielten Themen wie Gedankenübertragung, Wahrträume, Ahnungen, Spuk-, Geister- und Jenseitserscheinungen, Parapsychologie, Spiritualität, Astrologie und Wahrsagepraktiken, Wunderheilungen oder UFOs im Alltagsleben der DDR-Bürger? Damit verbunden ist die Frage, wie genau der Szientismus als ‚Wirklichkeit‘ im öffentlichen Diskurs der DDR konstituiert (und natürlich: kommuniziert) und demgegenüber Themen aus dem Bereich des Paranormalen als ‚Unwirklichkeit‘ bestimmt wurden. Aus den Erkenntnissen in diesem Kontext lassen sich generelle Schlussfolgerungen über den offiziellen Umgang mit heterodoxen Wissensbeständen, Erfahrungen und Praktiken in der DDR sowie über die tatsächliche gesellschaftliche Tiefenwirkung des szientistischen Programms der DDR-Staatsführung ableiten.

Angelehnt an Uberlegungen der transformativen Erwachsenenbildung und der Wissenssoziologie werden an einem konkreten Beispiel drei methodologische Metakonzepte vorgeschlagen, mit denen man Alltagssituationen und vorhandene Theorien zur Interkulturalitat mehrperspektivisch erschliesen kann. Das Vorgehen wird kulturreflexiv genannt, weil Bedeutung, Konstruktion und Voraussetzungen (inter-)kultureller Uberlegungen und Selbstzuschreibungen auf ihre jeweiligen Pramissen hin betrachtet werden konnen.

Zusammenfassung: Der Diskurs um nachhaltige Entwicklung ist aktuell geprägt vor allem durch naturwissen-schaftliche sowie ökonomische und ordnungspolitische Perspektiven. Die Soziologie ist in diesem Diskurs bislang weitgehend unbeteiligt. Gegenstand dieses Beitrags ist die These, dass die Soziologie gleichwohl seit den 1980er Jahren Konzepte und Einsichten entwickelt hat, die für den Diskurs um nachhaltige Entwicklung unmittelbar relevant sind. Dies betrifft insbe-sondere die Reflexion des Verhältnisses von Natur und Kultur, Konzeptionen sozialen Wan-dels sowie die Auseinandersetzung mit Wissen als Problem und Ressource. Der Beitrag ana-lysiert diskursanalytisch die bisherige Debatte um nachhaltige Entwicklung, macht ausgehend von Schwachstellen innerhalb dieses Diskurses deutlich, wie hier bestehende soziologische Diskussionen sinnvoll eingebracht werden können und entwickelt empirisch-analytische Per-spektiven und Fragestellungen einer soziologischen Nachhaltigkeitsforschung.

Übung macht bekanntlich den Meister. Was aber, wenn ein Tun als immer weiter zu perfektionierende Kunst aufgebaut wird, so dass kein Können endgultig ausreicht? Wenn dieselbe Pirouette, so glänzend sie auf der Bühne erscheint, im Training doch stets unvollkommen bleibt? Diese Ethnografie erkundet das Üben als einen grundlegenden Aspekt aller menschlichen Praxis im Kontext des klassischen Balletts, wo es sozial ausdifferenziert, dramatisiert und als ewig unvollendet entgrenzt wird.

Im Rahmen ihrer eigenen Ballettausbildung verfolgt die Autorin die Praktiken der Perfektionierung, um den Erwerb praktischen Wissens
mikrosoziologisch aufzuschließen. Das Buch zeigt, wie Fertigkeiten als solche relevant, aufgefuhrt und anerkannt werden. Es rekonstruiert die Bedingungen für Körper als kompetente Einheiten, wie sie tanzend auf den Theaterbühnen, aber auch im Alltag und in soziologischen Theorien erscheinen. Der empirische Fall ermöglicht so Antworten auf grundlegende
Fragen der Praxistheorie: Woraus besteht ein ›Können‹? Was geschieht mit Körpern, wenn sich Personen Fertigkeiten aneignen?

This e-book is a collection of papers focussing on the discursive dimension of the 'eastern enlargement' of the European Union, relying on lessons from post-colonial scholarship, world-systems analysis and critical race studies. The empirical material comes from discourse of 'eastern enlargement' process in the late 1990s-early 2000s .

This essay focuses on the explanation of an interpretive methodology of image comparison in terms of a sociology of knowledge. Initially, specific assumptions on the inner, syntagmatic structure of single images, are not considered groundbreaking. The methodological point of origin and reference is moreover the given fact of images within the life-world, which are always generated, viewed and interpreted in the context of already well established images. The main idea in a mundane-phenomenological sense (Schütz), is the direct depictive reconstruction of decisions on design and action, by means of extensive image comparison. As a result, possible objective perceptions of an image can be explicated and contribute to the construction of theories. Accordingly, the usual attribution of significance through language as primary act of interpretation, is replaced by specifically arranged image samples, sequences and contrasts in the context of figurative hermeneutics.

Knowledge management and production is performed today by means
of search engines. This implies the use of machines as external memories. For sure, computer is the most successful device. However, it is neither the first nor the only one. The use of secondary memories (card indices, libraries, archives) is an essential feature of modern age. The present book is the first critical edition of the manuscript in which Thomas Harrison sketched an extraordinary invention: the Ark of Studies (ca.1640). The Ark of Studies is the first  filing cabinet based on alphabetically arranged removable entries that has been designed for scholarly purposes in the 17th Century. Concerning its structure and function, this filing cabinet may be regarded as the most relevant scholarly machine in the modern age before the invention of the Web. The introductory essay tries to explain how it was possible that a high improbable deviation –that is, to entrust memorable knowledge to a machine rather than to consciousness, out of which it could be retrieved only by means of a combinatory art– became normal.

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Linke Nahostdiskurse im Spannungsfeld von Erinnerungszwang und Erinnerungsabwehr.

Immer wieder wird in Deutschland kontrovers diskutiert, ob, wann und warum israelkritische Positionen zum Nahostkonflikt nur kaschierter Antisemitismus seien.
Peter Ullrich beleuchtet neue Perspektiven: Einerseits haben Lernprozesse der vergangenen Jahrzehnte dazu geführt, dass die linke Nahostdebatte in Deutschland heute komplexer und ausgewogener ist denn je. Andererseits bleiben doch die Gefahren für eine universalistische linke Position erkennbar. Immer wieder droht der Umschlag ins Partikulare, sei es in Form von Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit oder extremer Überidentifikation mit Konfliktakteuren.
Aus wissenssoziologischer und diskursanalytischer Perspektive untersucht der Autor verschiedene Aspekte des deutschen Blicks auf den Nahostkonflikt.

Die vorliegende Bachelor-Arbeit ist eine theoretische Annäherung an eine im Master-Studium angedachte empirische Untersuchung von politisierten Identitäten. Hierbei liegt der Fokus auf Identitätsaushandlungen von rassifizierten Menschen in Deutschland innerhalb sogenannter safe spaces. Mit politisierten Identitäten sind hier zum einen bewusste Positionierungen zu gesellschaftlichen Identitätskonstruktionen - also der Einbezug dieser in die eigene Identitätspolitik - und zum anderen stigmatisierte Identitäten (vgl. Goffman 1975) gemeint, über die ein öffentlich wirksames Wissen als >Kollektiv< existiert, gemeint. Für ein Verständnis des sozial wirkmächtigen Konstruktes >Rasse< sind vor allem die symbolischen Sinnbilder und kulturelleren Deutungsmuster einer Gesellschaft von Relevanz (vgl. Hall 2000). Symbolische Ordnungen und kulturelle Deutungsmuster sind aus wissensoziologischer Perspektive sowohl Produkt von menschlichen Interaktionen, als auch notwendiger Bestandteil für die Identitätskonstruktion von Individuen (vgl. Berek 2009). Dementsprechend kann die Untersuchung von Rassismus nach Mark Terkessidis keine
„einfache wissenschaftliche Untersuchung eines „Objektes“ sein. Sie muss den Prozess der Herstellung dieses „Objektes, also seiner Objektivierung, analysieren, einen Prozess, an dem die Wissenschaft selbst maßgeblich beteiligt war und ist“ (Terkessidis 2004:35). Die Rassifizierung von Menschen als soziale Zuschreibung, race making also, wird in dieser Arbeit daher anhand von Wissens(re)produktionen im Sinne der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit bei Berger und Luckmann betrachtet.

Die gegenwärtig beobachtbare Ausbreitung von Algorithmen stellt uns vor eine doppelte Herausforderung. Sie stellt sowohl unsere Gesellschaft als auch die Sozialwissenschaften im Speziellen vor die Aufgabe, Algorithmen einge-hend zu erforschen und ein Verständnis von deren Ausbreitung zu erlangen. Algorithmen haben ihre Logik in die Struktur aller sozialen Prozesse, Interak-tionen und Erfahrungen eingewoben, deren Entfaltung von Rechenleistungen abhängig ist. Sie bevölkern mittlerweile unser gesamtes Alltagsleben, von der selektierenden Informationssortierung der Suchmaschinen und news feeds, der Vorhersage unserer Präferenzen und Wünsche für Onlinehändler, bis hin zur Verschlüsselung von personenbezogenen Informationen auf unseren Kre-ditkarten und der Berechnung der schnellsten Route in unseren Navigations-geräten. De facto wächst die Liste der Aufgaben, die Algorithmen erledigen rasant an, so dass kaum mehr ein Bereich unseres Erfahrungsraumes von ih-nen unberührt bleibt: Ob es um die Art und Weise geht, wie wir Kriege mittels Raketen und Drohnen führen, oder wie wir unsere Liebesleben mithilfe von Dating Apps navigieren, oder aber wie wir die Wahl unser Kleidung von Wet-tervorhersagen bestimmen lassen – Algorithmen ermöglichen all dies auf eine Weise, die auf den ersten Blick verlockend simpel erscheint. Einen ersten Weg sich Algorithmen zu nähern, eröffnet Kowalskis klas-sisch gewordene Definition: »Algorithmus = Logik+Kontrolle« (Kowalski 1979). Indem Algorithmen sowohl komplexe als auch einfache Sortierverfah-ren gleichzeitig nutzen, kombinieren sie High-Level-Beschreibungen, eine ein-gebettet Befehlsstruktur und mathematische Formeln, die in verschiedenen Programmiersprachen verfasst werden können. Ein Geflecht an Problemen kann in einzelne Schritte zerlegt und neu zusammengesetzt werden und so von verschiedenen Algorithmen weiterverarbeitet und prozessiert werden. Die weit über die Mathematik und die Computerwissenschaften hinausreichende Macht und das allgemeine Leistungsvermögen der Algorithmen sind folglich auf deren Vielseitigkeit zurückzuführen. So konstatiert Scott Lash etwa: »eine Gesellschaft ubiquitärer Medien stellt eine Gesellschaft dar, in der Macht zu

Gewalt ist nicht nur Ereignis, sondern auch Prozess und Verhältnis. Sie zerstört Ordnung nicht nur, sondern begründet sie auch und hält sie aufrecht. Der Dimension des Wissens wird in den meisten Gewaltdebatten nur wenig Bedeutung beigemessen, gilt sie doch als Gegenteil von oder als Gegenmittel zu Gewalt. Mit dem Begriff der »epistemischen Gewalt« rückt Claudia Brunner den konstitutiven Zusammenhang von Wissen, Herrschaft und Gewalt in der kolonialen Moderne, unserer Gegenwart, in den Fokus. Ausgehend von feministischer, post- und dekolonialer Theorie entwickelt sie in Auseinandersetzung mit struktureller, kultureller, symbolischer und normativer Gewalt ein transdisziplinäres Konzept epistemischer Gewalt.

This paper first aims to draw attention to, and diagnose, the failure of IR's 'sociological turn' to extend the domain of sociological reason into the philosophical turf of epistemology and thereby fulfill the full promises of the 'post-positivist turn'. Its second purpose is to revive and deploy the radical version of the sociology of knowledge that can achieve an autonomous reconstruction of epistemology suited to a reflexive, post-Kantian consciousness. The diagnosis begins by tracing the erasure of the radical sociological position in the connected evolutions of Sociology and IR. It shows that the derailing of the 'sociological revolution' was paradoxically mediated by the consolidation of social constructionism and science studies, reproduced in IR through their counterparts in the 'sociological turn': Constructivism and the sociology of IR. In these otherwise reflexive developments the progression of sociological reason was halted by a self-imposed limitation on the extension of sociological analysis to all domains of thought, and the endorsement of an idealist and institutionalist ontology of 'the social'. A reformulation of the forgotten, radical sociological position clarifies the implications for IR of a transition to a post-philosophical theory of knowledge, and delineates an empirical research agenda for such a reconstruction of epistemology driven by a sociology of knowledge of a 'revolutionary' persuasion. Exploring the centrality of social practice in the social determination of knowledge, the paper argues that, and shows how, a properly reflexive reconstruction of epistemology is best achieved by deploying the sociology of knowledge in two complementary materialist directions: a sociology of everyday social practices that illuminates our epistemic immersion in the 'carpentered environments' of the socio-natural order, and a sociology of craft that objectivates the social constitution of the skholè as a mode of existential boundedness by addressing scholarly thought as differentiated social labor.

ab dem kommenden Heft für eine Weiterführung dieser Debatte auch durch zusätzliche Autoren offen. Wir danken den Kollegen Bartoschek und Schink für die Bereitschaft, sich auf eine erwartbar nicht reibungsfreie Debatte einzulassen. (Red. / Gerd H. Hövelmann)

In this article, I apply an analysis of affects to results from my fieldwork of companies working in Algorithmic Trading and High-Frequency Trading (HFT), also known as “automated trading”. In order to delineate the affective specificity and singularity of the socio-technical ecology (affectif) in algorithmic finance, I use affect analysis to capture the multidimensional nature of human-machine relations. A historical comparison with previous affective relations in financial markets, such as attraction to the stock market ticker and syntheses with screens in manual trading, renders visible multiplied and intensified complex multi-frequential bonds – material, electrical, visual, acoustic, cognitive and bodily – between humans and machines. This is somewhat counterintuitive, because it means that automation in fact intensifies complex human-machine relations. Moreover, it is the intensity of these affective relations that underpins the coherence of HFT socio-technical systems. In order to account for the distinctiveness of affective relations in algorithmic finance I suggest the concept of affective symbiosis.
In the following section, I will give a short introduction to automated trading. This introduction will be of a rather general nature and focus selectively on those aspects that are relevant for the topic of this book chapter.

In den letzten Jahrzehnten haben sich private Lebensformen zusammen mit oder in Reaktion auf den Wandel soziokultureller Rahmen, des Arbeitsmarktes, der Mobilitätsmuster und technischer Möglichkeiten verändert. Im Zuge dessen haben sie einen Teil ihrer institutionellen Grundlagen ein-gebüßt, sind zunehmend performativ und reflexiv geworden. Parallel dazu hat eine bestimmte Be-ziehungskonstellation an quantitativer Bedeutung gewonnen: Es gibt zunehmend mehr Paare (verheiratet oder nicht, mit oder ohne Kinder), die im Laufe ihres Paarseins (mehrfach) über kürzere oder längere Zeit mit Nicht-Präsenz konfrontiert sind, weil sie an verschiedenen, ggf. wechselnden, Orten arbeiten, so dass sie nicht täglich zusammen sein können. Vor diesem Hintergrund rekonstruiere ich aus narrativen Interviews die paarrelevanten Formen und Umfänge von Präsenz, das (subjektive) Deuten und Erleben von (Nicht-)Präsenz(en) in Paarbezie-hungen, die Strategien für den Umgang mit räumlicher Distanz und physischer Nicht-Präsenz sowie die deswegen ggf. nötigen Kompensationen. Damit verbunden sind einerseits Fragen nach dem Kern und Kohäsionsmittel von Paarbeziehungen, so dass subjektiv die Eindrücke ‚Wir sind ein Paar.', ‚Wir gehören zusammen.' und ‚Ich bin in einer Beziehung.' bestehen bleiben. Andererseits geht es auch um gesellschaftliche Diskurse und Deutungsmuster, die massenmedial verbreitet und öffentlich virulent, um Paarbeziehungen und Nicht-Präsenz darin kreisen, mit denen Paare in ihrem Alltag konfrontiert werden und sich in Selbstdarstellungen (bspw. im Interview) auseinandersetzen müssen. In der Wissenssoziologie und dem sozialkonstruktivistischen interpretativen Paradigma verortet, fußt all dies auf der These, dass gesellschaftliches und paarinternes Wissen eine Wirklichkeitskonstituti-ve Rolle spielen, die Existenz und den Fortbestand, Selbstverständnis und die Identität von Paaren genauso beeinflusst wie die Erwartungen an und Vorstellungen von Paarbeziehungen sowie die Re-levanz und das Erleben verschiedener Präsenzformen.

Erfolgreiche Wissenschaften müssen sich einerseits als Wissenschaft von der Gesellschaft abgrenzen, um ihre Autonomie zu wahren, andererseits müssen sie aber ebenso fähig sein, diese disziplinären Grenzen wieder erfolgreich zu überwinden, um ihre Wissensdiskurse auch für außerdisziplinäre Adressaten relevant zu machen. Das Konzept der Wissenschaftskultur hilft zu verstehen, wie die disziplineigene Lösung dieser doppelten Aufgabe der Konstruktion und Dekonstruktion disziplinärer Grenzen nicht nur die öffentliche Wahrnehmung einer Wissenschaft prägt, sondern ebenso ihr eigenes Selbstverständnis als Wissenschaft. Gerade am Beispiel der Etablierung der Germanistik im 19. Jahrhundert an den Universitäten lässt sich zeigen, wie die Notwendigkeit, gesellschaftliche Interessensgruppen als Förderer und nicht-wissenschaftliche Adressaten der Disziplin zu gewinnen, Auswirkungen sowohl auf Fragestellungen wie auch Methoden der neuen Literaturwissenschaft hatte.

Öffentliches Wissen ist Wissen, das in den Medien verbreitet und im Alltag diskutiert wird. In ihm erschafft sich die Gesellschaft mithilfe von Bildern und Erzählungen jene Reali¬¬tät, an der sie sich bei ihren privaten und politischen Entscheidungen orientiert. Wie ein solches Wissen entsteht, lässt sich anhand des in den letzten Jahren entstandenen Konzepts der Nachhaltigen Entwicklung gut nachvollziehen. Denn als Kritik an der modernen Lebensweise steht Nachhaltigkeit zwar einerseits in Konkurrenz zu anderen Modellen des „richtigen Lebens“. Andererseits konnte sie jedoch nur Teil des öffentlichen Wissens werden, indem sie an bereits kulturell etablierte Vorstellungen vom „guten Leben“ anknüpft.
Dieses Buch zeigt anhand österreichischer Medien und Werbekampagnen, wie in der öffentlichen Diskussion über Hochwasserereignisse und  gesunde Ernährung das Konzept der Nachhaltigkeit rezipiert, dessen Bedeutung aber auch entscheidend verändert wurde.

Interest is growing in forms of narrative that go beyond written and spoken verbal signs, in how such varying media expand the range and types of knowledge signified in narratives, and how narrative analysts can work across media. Alongside the more conventional concentration on interview and textual narratives (ROSE, 2012), the articles in the thematic section draw on social media, film and policy narratives as well as still images and the processes involved in creating and documenting them. In the course of this wide address, the authors investigate what is distinctive about these &quot;ways of knowing&quot; and why it is useful to pay attention to the variable media of narratives. The authors suggest that addressing a wider range of narrative media can provide new, cross-media ways of understanding self-narratives that expand the usual verbal, temporal framings of such personal stories, for narrators, their audiences, and researchers. Historical and other contextual differences d...

Ob in Medien, in der Wissenschaft, in der Politik oder in der Alltagskommunikation – wir sind stets mit einer Fülle an schriftlichen und mündlichen Erzählungen konfrontiert. Sie schaffen gemeinsame Wirklichkeiten und Identitäten, auf die wir uns als soziale Akteurinnen und Akteure in unseren Handlungen bewusst oder unbe-wusst beziehen. Erzählungen im öffentlichen Raum prägen Normen und Moralvorstellungen, helfen beim Aufbau sozialer und kultureller Ordnungen und festigen oder verschieben damit bestehende Normen. Es sind Erzählungen, die in öffentlichen Diskursen bestimmen, was in einer Gesellschaft als »wahr«, »normal« und für die Gesellschaft als »relevant« gilt, aber ebenso was als »problematisch«, »außergewöhnlich« oder gar »bedrohlich«  angesehen wird. Aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen werden in dem Band die für ein Verständnis der Erzählungen relevanten Formen des Öffentlichen bestimmt, spezifische öffentliche Narrative und deren Wirkungsgeschichten diskursanalytisch untersucht, sowie Akteure identifiziert, die sich bestimmte Narrationen aneignen und deren gesellschaftlichen Wir-kungen erfolgreich für sich nutzen.

This paper engages the Weberian view on the scholarly vocation from a perspective informed by ‘strong reflexivity’. The reflexivist perspective is grounded in a sociological understanding of knowledge that calls for a coherent reformulation of the relation between the social nature and social function of science, and of the cognitive and axiological posture of scholarship understood as socio-political praxis. Drawing on the sociology of knowledge, the paper argues that Weber’s perspective is untenable conceptually and practically. Strong reflexivity, here illustrated through Standpoint Feminism and Bourdieusian sociology, permits a coherent delineation of the problem of the scholarly vocation, in a way that reconciles the social origins, efficacy, and responsibility of science, and hence allows for a more realist reformulation of the cognitive, social, and moral dilemmas we face as scholars, educators, and citizens.

Este libro del Centro de Estudios Europeos y de Las Américas CEYLA trata diferentes y novedosas perspectivas de la globalización y su relación con la intolerancia. Las perspectivas proceden de la literatura y de las Ciencias Sociales y Humanas. En los trabajos se abordan, además, temáticas relacionadas como la alteridad, la imagen propia y del Otro, la migración, el exilio, la identidad, la marginación o el impacto de los medios de comunicación. Los miembros del CEYLA son la Universidad de Antioquia (Colombia), Pädagogische Hochschule Freiburg (Alemania), Ibero-Amerikanisches Institut (Alemania), Universität Bielefeld (Alemania), Justus-Liebig-Universität Gießen (Alemania), Universität Zürich (Suiza), University of Arkansas (USA), The City University of New York CUNY (USA).
Contenido: Edison Neira Palacio/Sophie von Werder: Introducción – Gustavo Zuluaga Hoyos: Las obras de Konrad Theodor Preuss sobre las culturas indígenas colombianas: tolerancia y reconocimiento de la alteridad – Alicia Bralove: What the Representation of Women in French Fiction on the Spanish Civil War (1936-1939) Can Teach about Globalization and Intolerance – Luis Fernando Restrepo: Inmigración y estudios hispánicos: nuevas agendas por trazar – Alister Ramírez Márquez: Aproximaciones a un estudio sobre la poesía hispana y latina en los Estados Unidos – Edison Neira Palacio: La crítica de la intolerancia a través de la recepción del pensamiento crítico alemán en la revista Argumentos – Sophie von Werder: Globalización, medios de comunicación e identidad en Fama, de Daniel Kehlmann – Verena Dolle: La predilección por lo efímero: algunas reflexiones sobre el boom actual del microrelato – María E. Osorio: Purgatorios y exilios - Entre Dante y Tomás Eloy Martínez. Un studio de la novela Purgatorio [2008] de Tomás Eloy Martínez – Edwin Carvajal: Marginación, intolerancia e identidad en la narrativa del escritor Andrés Caicedo – Juan Fernando Taborda: Signos de tolerancia en la cultura hispánica: recepción y rehabilitación de José María Blanco White por Juan Goytisolo.

Índice
Introducción ...................................................................................................... 7
Edison Neira Palacio/Sophie von Werder
Las obras de Konrad Theodor Preuss sobre las culturas indígenas
colombianas: tolerancia y reconocimiento de la alteridad ................................ 13
Gustavo Zuluaga Hoyos
What the Representation of Women in French Fiction on the Spanish
Civil War (1936–1939) Can Teach about Globalization and Intolerance ......... 25
Alicia Bralove
Inmigración y estudios hispánicos: nuevas agendas por trazar ........................ 51
Luis Fernando Restrepo
Aproximaciones a un estudio sobre la poesía hispana y latina en
los Estados Unidos ............................................................................................ 61
Alister Ramírez Márquez
La crítica de la intolerancia a través de la recepción del pensamiento
crítico alemán en la revista Argumentos ........................................................... 75
Edison Neira Palacio
Globalización, medios de comunicación e identidad en Fama,
de Daniel Kehlmann ......................................................................................... 87
Sophie von Werder
La predilección por lo efímero: algunas reflexiones sobre el boom
actual del microrrelato ...................................................................................... 99
Verena Dolle
Purgatorios y exilios – Entre Dante y Tomás Eloy Martínez. Un estudio
de la novela Purgatorio [2008] de Tomás Eloy Martínez ................................. 115
María E. Osorio
Marginación, intolerancia e identidad en la narrativa del escritor
Andrés Caicedo ................................................................................................. 133
Edwin Carvajal
Signos de tolerancia en la cultura hispánica: recepción y rehabilitación
de José María Blanco White por Juan Goytisolo .............................................. 145
Juan Fernando Taborda
Sobre los autores................................................................................................ 171

Knowledge is increasingly thought of as a common good. This is exhibited in the fact that
many central economies are moving towards economic paradigms where knowledge plays a
fundamental role. This paper explores the confluence between both processes, asking in what
ways an economic model based on the knowledge commons can open up new socioeconomic
scenarios in the face of overwhelming neoliberal financialization.

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich gehe nicht wie Bartoschek davon aus, dass Wissenschaft nur innerhalb akademischer Institutionen, in Labors, in Seminarräumen oder auf Tagungen gemacht wird. Was gesellschaftlich als ‚wissenschaftliches' und damit auch als ‚rationales' Wissen gilt, ist, ob wir wollen oder nicht, immer auch von Legitimationsinstanzen außerhalb des Wissenschaftssystems abhängig, nicht weniger als von sozialen, ökonomischen oder politischen Faktoren und Determinanten (vgl. Weingart, 2008;. Spiegelbildlich dazu prägt ‚Wissenschaft' auch unseren Alltag. Dazu gehören die Produktion und die Präsentation von wissenschaftlichem Wissen (z. B. in den Leitmedien, auf "Wikipedia", "Facebook" und auch in sog. "Watchblogs") ebenso wie die politische und mediale Positionierung und Inszenierung von Wissenschaft als solcher. Auch (Werbe-)Slogans, Headlines und "Klappentext[e]" (Bartoschek, 2015) sind ein Teil davon. Gerade Forscherinnen und Forscher in der Anomalistik können ein Lied von dieser ‚gesellschaftlichen Konstruktion der Wissenschaft' singen (vgl. Schetsche, 2015) und auch Sebastian Bartoschek als aktivem "Podcaster" und ‚Meinungsmacher' sollte dieser Zusammenhang nicht entgangen sein.

In unserer Darstellung und unserem Verständnis des Wissens über Wissen, seiner gesellschaftlichen Rolle als Handlungsvermögen, seiner verschiedenen Formen und Träger sowie der sozialen Wissensteilung in den modernen Gesellschaften haben wir uns an einer Vielzahl unserer früheren Arbeiten zu diesen Themen orientiert, sie teilweise übernommen und ausgearbeitet. Relevante Diskussionen, an denen vor allem Nico Stehr beteiligt war, ziehen sich schon über einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten hin. Diese Arbeiten fanden ihren Niederschlag in einer langen Reihe von Monographien, Anthologien und Zeitschriftenaufsätzen. Viele dieser Vorlagen, auf die wir uns im Rahmen dieser Arbeit beziehen werden, sind in englischer Sprache erschienen. Verweise auf diese Vorarbeiten finden sich an den relevanten Stellen des Textes und natürlich auch in unserem Literaturverzeichnis.

Zusammenfassung: Der Begriff der sozialen Exklusion ist im letzten Jahrzehnt zu einem Modebegriff in den europäischen Sozialwissenschaften geworden. Allerdings hat der Begriff auch eine Reihe bedeutender Kritiken hervorgerufen, die seine Nutzung problematisch machen.

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The notion of Gestalt plays a prominent role in Ludwik Fleck's theory of thought styles. This paper scrutinizes how Fleck adopted the concepts and even methods of Gestalt psychology that he sometimes vaguely refers to. Systematically comparing the argumentation and theoretical outlines of Fleck's social theory of perception and the principles of some Gestalt theories, this article will show and discuss their similarities and fundamental differences. According to Fleck, both science and individual perception rest on social actions and cultural traditions. In particular, Fleck emphasized the relevance of the common language and collective meanings for the shaping of objects according to the thought style of a scientific collective. In contrast to the principles of Gestalt theories, in Fleck's view not only the perception, but also the constitution of scientific objects and even  of perception depend on social and cultural constructions of reality. That leads him to a particular theory of Gestalt perception

In this text, I argue that the sociology of knowledge will both be challenged and strengthened
when being confronted with feminist, post- and decolonial perspectives across the field of sociology
and beyond. The example of Walter Mignolo’s concept of a body- and geopolitics of knowledge and a
discussion of recent interventions into German sociology offer ways to reconsider the premises and programme
of a sociology of knowledge. Acknowledging that (scholarly) knowledge and power have been
asymmetrically organized on a global scale since the period of European colonialism and imperialism,
reflections about the (im)possibilities of a decolonization of knowledge complete my considerations.

Ausgehend vom wissenssoziologischen Begriff der Seinsverbundenheit knüpft
dieser Text an feministische, post- und dekoloniale Traditionen an, die die Situiertheit jeglicher Wissensproduktion
ins Zentrum stellen. Eine entlang dieser Perspektiven weiterentwickelte Wissenssoziologie
wird zwar in ihren andro- und eurozentrischen Prämissen herausgefordert, aber auch als gesellschaftskritisches
Programm für die Problematisierung globaler Ungleichheitsverhältnisse gestärkt. Es werden
aktuelle post- und dekoloniale Interventionen in das Feld der (deutschsprachigen) Soziologie skizziert,
Walter Mignolos Konzept der Körper- und Geopolitik des Wissens vorgestellt sowie Wege zu einer potenziellen
Dekolonisierung von Wissen(schaft) erörtert.

Gegenwärtige Reflexionen zum Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zeigen zumeist zwei divergierende Prozesse auf: Zum einen die steigende Wissensabhängigkeit aller gesellschaftlichen Teilbereiche und zum anderen die zunehmenden Zweifel diesem Wissen gegenüber. Mit Peter Weingart wäre dies auch mit der Formel »Verwissenschaftlichung der Gesellschaft bei gleichzeitiger Vergesellschaftung der Wissenschaft« zu fassen (vgl. Weingart 2001). Im Hintergrund dieser Diagnose lässt sich eine zunehmende Problematisierung wissenschaftlichen Wissens vermuten, wobei vornehmlich die Gewissheit dieses Wissens und die Autorität der Wissenschaft in Frage steht. Ein Indiz für diese Vermutung besteht darin, dass vermehrt von der »Plausibilität« -statt von der [wie auch immer vorläufigen] Wahrheit -eigener Aussagen, ob nun in Diskussionen, Aufsätzen oder Büchern, gesprochen wird. Während »Plausibilität« zumeist beiläufig verwendet und nicht näher definiert wird, soll hier zunächst nach einer möglichen Bedeutung dieses Wortes gefahndet werden. In einem zweiten Schritt soll diese erste Begriffsabsteckung zu einer möglichen wissenschaftstheoretischen Kategorie verdichtet werden. Sodann kann die Frage diskutiert werden, welche Folgen zu erwarten sind, wenn es wirklich stimmen sollte, dass »Plausibilität« als Modevokabel auf die gesellschaftliche Problematisierung wissenschaftlichen Wissens reagiert. Letztlich versteht sich der Text jedoch mehr als »wuchernde Fußnote« zur Verwendung von Plausibilität, denn als stringente Thesenüberprüfung. I. Begriffsabsteckung Allgemein betrachtet, stammt »plausibel« vom französischen »plausible« ab und besagt: etwas ist so beschaffen, dass es »einleuchtet, verständlich bzw. begreiflich« ist. Dieser französische Wortstamm leitet sich von lat. Dies ist eine nicht seitenkonkordante Version des Aufsatzes im Sammelband "Ordnungen des Denkens" von 2007.

In this special issue of "psychosozial", the aim is to elaborate on the concept of "indigeneity" and its relevance for the social and cultural sciences. This seems to be particularly necessary because within psychology, topics such as "indigenous", "indigenous practices", "indigenous knowledge", "indigenous sciences", "indigenous identities" etc., have not attracted much attention yet. However, a deeper interest in this topic is also needed in social scientific disciplines, which have long since pondered on the phenomenon of global indigenous movements. Although the importance and urgency of the issues addressed have long been recognised and discussed in the context of social change, conflicts over distribution and power, the struggle for autonomy, etc., the focus of the current debate on indigenousness lies primarily on its political content. Against this background, the four main contributions assembled in this issue are intended to illustrate by way of example how important and much more far-reaching indigenousness as well as related concepts and phenomena are for social scientific research.

Calls for greater transparency as well as corporate and individual accountability have emerged in response to the recent turbulence in financial markets. In the field of high-frequency trading (HFT), suggested solutions have involved a call for increased market information, for example, or better access to the inner workings of algorithmic trading systems. Through a combination of fieldwork conducted in HFT firms and discourse analysis, I show that the problem may not always stem from a lack of information. Instead, my comparative analysis of different market actors (regulators, market analysts and traders) shows that the diverse and complex ways in which they access and construct knowledge out of information in fact lead to what I call different epistemic regimes. An understanding of how epistemic regimes work will enable us to explain not only why the same market event can be viewed as very different things – as market manipulation, predation or error – but also why it is so difficult to arrive at a unified theory or view of HFT. The comparative perspective introduced by the idea of epistemic regimes might also serve as a starting point for the development of a cultural approach to the study of financial markets.