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Ca[Si2O2N2] - ein neuartiges Schichtsilicat

2004, Angewandte Chemie

Oxosilicate und Nitridosilicate bestehen typischerweise aus SiX 4-Tetraedern (X ϭ O, N) [1, 2]. In einfach aufgebauten Oxosilicaten gestattet schon der aus der Summenformel der Silicatstruktur leicht zu ermittelnde Kondensationsgrad κ (entspricht dem molaren Verhältnis Si : X) einen direkten Rückschluss auf die Dimensionalität der Silicat-Struktur: κ steigt nämlich von den Orthosilicaten (κ ϭ 1/4) über Ringsilicate (κ ϭ 1/3) und Schichtsilicate (κ ϭ 2/5) zu seinem Maximalwert (κ ϭ 1/2) bei den Gerüstsilicaten an. Wegen der höheren Ladung von nitridischem Stickstoff (N 3Ϫ) finden sich bei den Nitridosilicaten auch hochkondensierte Verbindungen im Bereich 1/2 < κ < 3/4wie z. B. BaYb[Si 4 N 7 ] oder Ba[Si 7 N 10 ]) [2]. Durch einfache Umsetzung von CaCO 3 mit Si 3 N 4 bei 1580°C im Hochfrequenzofen haben wir nun das neue Oxonitridosilicat Ca[Si 2 O 2 N 2 ] in Form farbloser, quaderförmiger Einkristalle dargestellt. Die Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (P2 1 (Nr. 4), a ϭ 734.4(2), b ϭ 1365.6(3), c ϭ 1048.3(2) pm, β ϭ 102.04(3)°, Z ϭ 12, R 1 ϭ 0.0825, wR 2 ϭ 0.1029) ergab für Ca[Si 2 O 2 N 2 ] einen überraschenden Aufbau: Entsprechend seiner Summenformel wäre für ein aus SiX 4-Tetraedern (X ϭ O, N) aufgebautes Silicat mit einem Kondensationsgrad κ ϭ 1/2 eigentlich eine Raumnetzstruktur allseitig eckenverknüpfter SiX 4-Einheiten zu erwarten. Tatsächlich ist Ca[Si 2 O 2 N 2 ] jedoch ein Schichtsilicat, das aus SiON 3-Tetraedern aufgebaut ist (Abb. 1). Der schichtartige [Si 2 O 2 N 2 ] 2Ϫ-Anionenverband kommt dadurch zustande, dass Stickstoff jeweils drei benachbarte Si-Tetraederzentren verbrückt, während die O-Atome ausschließlich terminal an Si gebunden sind [3]. Abb. 1 Kristallstruktur von Ca[Si 2 O 2 N 2 ], links: Blick entlang [100], rechts: Blick entlang [010]. (Ca 2ϩ hellgrau, O 2Ϫ weiß, N 3Ϫ schwarz).

Ca[Si2O2N2] ⴚ Ein neuartiges Schichtsilicat H. A. Höppe, F. Stadler, O. Oeckler, W. Schnick* Department Chemie und Biochemie, Lehrstuhl für Anorganische Festkörperchemie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Butenandtstraße 5-13 (D), D-81377 München SrSi6N8 ⴚ ein reduziertes Nitridosilicat mit SiⴚSi-Bindungen H. A. Höppe, F. Stadler, O. Oeckler, W. Schnick Department Chemie und Biochemie, Lehrstuhl für Anorganische Festkörperchemie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Butenandtstraße 5-13 (D), D-81377 München Keywords: Nitridosilicates; 29 Si-NMR; Reduced Compounds Keywords: Silicate; Oxonitride; Layer compound Oxosilicate und Nitridosilicate bestehen typischerweise aus SiX4Tetraedern (X ⫽ O, N) [1, 2]. In einfach aufgebauten Oxosilicaten gestattet schon der aus der Summenformel der Silicatstruktur leicht zu ermittelnde Kondensationsgrad κ (entspricht dem molaren Verhältnis Si : X) einen direkten Rückschluss auf die Dimensionalität der Silicat-Struktur: κ steigt nämlich von den Orthosilicaten (κ ⫽ 1/4) über Ringsilicate (κ ⫽ 1/3) und Schichtsilicate (κ ⫽ 2/5) zu seinem Maximalwert (κ ⫽ 1/2) bei den Gerüstsilicaten an. Wegen der höheren Ladung von nitridischem Stickstoff (N3⫺) finden sich bei den Nitridosilicaten auch hochkondensierte Verbindungen im Bereich 1/2 < κ < 3/4wie z. B. BaYb[Si4N7] oder Ba[Si7N10]) [2]. Durch einfache Umsetzung von CaCO3 mit Si3N4 bei 1580°C im Hochfrequenzofen haben wir nun das neue Oxonitridosilicat Ca[Si2O2N2] in Form farbloser, quaderförmiger Einkristalle dargestellt. Die Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (P21 (Nr. 4), a ⫽ 734.4(2), b ⫽ 1365.6(3), c ⫽ 1048.3(2) pm, β ⫽ 102.04(3)°, Z ⫽ 12, R1 ⫽ 0.0825, wR2 ⫽ 0.1029) ergab für Ca[Si2O2N2] einen überraschenden Aufbau: Entsprechend seiner Summenformel wäre für ein aus SiX4-Tetraedern (X ⫽ O, N) aufgebautes Silicat mit einem Kondensationsgrad κ ⫽ 1/2 eigentlich eine Raumnetzstruktur allseitig eckenverknüpfter SiX4-Einheiten zu erwarten. Tatsächlich ist Ca[Si2O2N2] jedoch ein Schichtsilicat, das aus SiON3-Tetraedern aufgebaut ist (Abb. 1). Der schichtartige [Si2O2N2]2⫺-Anionenverband kommt dadurch zustande, dass Stickstoff jeweils drei benachbarte Si-Tetraederzentren verbrückt, während die O-Atome ausschließlich terminal an Si gebunden sind [3]. Oxo- und Nitridosilicate zeichnen sich normalerweise durch Si/XAnionenverbände ecken- oder kantenverknüpfter SiX4-Tetraeder (X ⫽ O, N) aus, in denen die Si- und X-Atome streng alternierend auftreten [1, 2]. Durch Umsetzung von Sr mit Si(NH)2 im Hochfrequenzofen bei etwa 1650°C haben wir nun ein neues Nitridosilicat mit der Summenformel SrSi6N8 synthetisiert. Die Einkristall-Röntgenstrukturanalyse (Imm2 (Nr. 44), a ⫽ 785.5(2), b ⫽ 926.0(2), c ⫽ 480.1(1) pm, Z ⫽ 2, R1 ⫽ 0.0239, wR2 ⫽ 0.0487) ergab zwei kristallographisch unterscheidbare Si-Atome, von denen eines (Wyckoff-Lage 8e) im Zentrum eines SiN4-Tetraeders liegt, während das andere (Wyckoff-Lage 4d) von drei N und einem Si koordiniert ist (Abb. 1, links). Es bilden sich somit Disilan-analoge N3Si⫺SiN3-Einheiten mit einer Bindungslänge Si⫺Si von 235.9(2) pm. Die N3Si⫺ SiN3-Einheiten sind über sämtliche N-Atome mit benachbarten SiN4-Tetraedern verknüpft [3]. Im 29Si-MAS-NMR-Spektrum von SrSi6N8 wurden zwei scharfe Resonanzen beobachtet, deren integrierte Intensitäten (Verhältnis 1 : 2) genau den beiden Wyckoff-Positionen 4d und 8e entsprechen. Ihre chemischen Verschiebungen (⫺28 und ⫺52 ppm) sind typisch für die kristallographisch identifizierten Koordinationen (Abb. 1 rechts). Abb. 1 links: Kristallstruktur von SrSi6N8, Blick entlang [001] (Sr dunkelgrau, Si hellgrau, N weiß); rechts: 29Si-NMR-Spektrum von SrSi6N8. Abb. 1 Kristallstruktur von Ca[Si2O2N2], links: Blick entlang [100], rechts: Blick entlang [010]. (Ca2⫹ hellgrau, O2⫺ weiß, N3⫺ schwarz). [1] F. Liebau, Structural Chemistry of Silicates, Springer, Berlin, 1985. [2] H. Huppertz, W. Schnick, Chem. Eur. J. 1997, 3, 679. [3] H. A. Höppe, F. Stadler, O. Oeckler, W. Schnick, Veröffentlichung in Vorbereitung. Mit BaSi6N8O konnten wir zudem ein zu SrSi6N8 homöotypes Oxonitridosilicat darstellen und charakterisieren(Imm2 (Nr. 44), a ⫽ 806.3(2), b ⫽ 966.5(2), c ⫽ 483.1(1) pm, Z ⫽ 2, R1 ⫽ 0.0628, wR2 ⫽ 0.0791), dessen [Si6N8O]2⫺-Gerüst durch Insertion je eines O-Atoms in jede Si⫺Si-Bindung von SrSi6N8 verstanden werden kann. [1] F. Liebau, Structural Chemistry of Silicates, Springer, Berlin, 1985. [2] H. Huppertz, W. Schnick, Chem. Eur. J. 1997, 3, 679. [3] H. A. Höppe, F. Stadler, O. Oeckler, P. Kroll, W. Schnick, Veröffentlichung in Vorbereitung. DOI: 10.1002/zaac.200470072 DOI: 10.1002/zaac.200470073 Z. Anorg. Allg. Chem. 2004, 630, 1729 zaac.wiley-vch.de  2004 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 69451 Weinheim 1729