From Illahun to Djeme
Papers Presented in Honour of Ulrich Luft
Edited by
Eszter Bechtold
András Gulyás
Andrea Hasznos
BAR International Series 2311
2011
Published by
Archaeopress
Publishers of British Archaeological Reports
Gordon House
276 Banbury Road
Oxford OX2 7ED
England
[email protected]
www.archaeopress.com
BAR S2311
From Illahun to Djeme. Papers Presented in Honour of Ulrich Luft
© Archaeopress and the individual authors 2011
ISBN 978 1 4073 0894 4
Printed in England by Infomation Press, Oxford
All BAR titles are available from:
Hadrian Books Ltd
122 Banbury Road
Oxford
OX2 7BP
England
www.hadrianbooks.co.uk
The current BAR catalogue with details of all titles in print, prices and means of payment is available
free from Hadrian Books or may be downloaded from www.archaeopress.com
Ein Sphinxkopf aus der 12. Dynastie (München ÄS 7110)
Gabriele Wenzel
Abstract
The head of a sphinx statue, on display at the Egyptian Museum in Munich (ÄS 7110), was acquired in 1991 through the art market.
It was published by the museum as a rare example of Sesostris III as a young man. This opinion was accepted by several scholars but
doubted by Biri Fay, who suggested an earlier date. Through a comparison of its stylistic features – especially the shape of the eyes,
mouth and uraeus – with those of statues dating to the reigns of Amenemhat II, Sesostris II and Sesostris III it is now almost certain that
the Munich head is indeed of earlier date and belonged to a statue of Amenemhat II.
Keywords
Middle Kingdom art – style – iconography – Amenemhat II – Sesostris II – Sesostris III – uraeus – wesekh collar
Prof. Ulrich Luft hat sich oft und intensiv mit Fragen
der Datierung bzw. Chronologie vor allem in der Epoche
des Mittleren Reiches beschäftigt. Zwar sind seine
Forschungen in erster Linie mit schriftlichen Zeugnissen
verbunden, doch wird sicher auch eine kunstgeschichtliche
Untersuchung zur Datierung einer Statue aus dem Mittleren
Reich sein Interesse finden – zumal es sich um ein Objekt
aus dem Ägyptischen Museum in München handelt, einer
Stadt, der er durch seine Lehrtätigkeit in den 90er Jahren
eng verbunden war.
Bei diesem Objekt handelt es sich um den Kopf einer
ägyptischen Königsstatue aus dunklem Granit (H. 18cm,
B. 18,5cm, T. 19cm), die sich seit 1991 im Staatlichen
Museum Ägyptischer Kunst München befindet und seither
einen der Höhepunkte der vor allem kunsthistorisch
ausgerichteten Sammlung darstellt. Sein Gesicht und
die Nemes-Haube sind nahezu unversehrt, lediglich die
Nasenspitze und das Kinn sind beschädigt. Der Bart
ist bis auf einen Rest des Steges weggebrochen, vom
Königskopftuch fehlen der Zopf und die unteren Partien der
Brustlappen. Auf der rechten Seite ist noch ein kleiner Teil
der Schulter erhalten, durch dessen Umriss und Dekoration
der Kopf als Teil einer Sphinxfigur bestimmt werden kann
(Abb. 8). Unterstützt wird diese Zuordnung auch durch
die weit nach hinten ausladende Konturlinie des Nemes
am Hinterkopf (Abb. 5.1). Da das Objekt im Kunsthandel
erworben wurde und aufgrund seines fragmentarischen
Zustandes keinerlei Inschriften aufweist, kann seine
Datierung nur auf Grundlage der Stilistik erfolgen, die
eindeutig ins Mittlere Reich verweist. Keiner der Autoren,
die sich bislang mit dem Werk auseinandergesetzt haben,
zweifelt denn auch an seiner Entstehungszeit während
der 12. Dynastie. Lediglich bei der Feindatierung,
der Zuschreibung zu einem bestimmten König dieser
Dynastie, gehen die Meinungen auseinander. So wird der
Kopf im Erwerbungsbericht und in zahlreichen weiteren
Publikationen des Ägyptischen Museums München als
Jugendbildnis Sesostris‘ III. identifiziert (Schoske 1991;
Schoske 1994a, 189-192; Schoske 1994b; Schoske 1995,
54; Grimm, Schoske und Wildung 1997, 60 f.; Wildung
2000a, 95, 102; Wildung 2000b, 54 f.; Wildung und
Schoske 2009, 52, 56). Auch Polz (1995, 228 mit Anm.
9) hat diese Datierung übernommen, während für Fay
(1996a, 65) ein früherer Ansatz, in die Zeit Amenemhets
II., wahrscheinlich ist. Dieser sehr überzeugende Vorschlag
soll hier durch eine Analyse der ikonografischen und
stilistischen Details untermauert werden. Dabei erschien
es wichtig, die signifikanten Unterschiede zwischen den
einzelnen Statuen durch Zeichnungen klar herauszustellen.
Das Gesicht
Beim Betrachten des Münchner Sphinxkopfes fällt als
erstes die annähernd runde Gesichtsform auf, die einen
Eindruck von Vitalität und Kraft hinterlässt (Abb. 1.1
und 8). Verstärkt wird dieser Eindruck durch die breite,
ausgesprochen flache Stirn – sie ist nur so hoch wie die
Augenbrauen –, die vollen, runden Wangen, die großen,
weit auseinander stehenden Augen, den breiten Mund mit
fleischigen Lippen und das ebenfalls breite Kinn, dessen
unterer Abschluss vom Bart verdeckt war und heute
weggebrochen ist. Ein weiteres auffallendes Merkmal ist
die tiefe Einkerbung, durch die die Nasenflügel von den
Seitenwänden der Nase abgesetzt sind, sowie ein kräftiger
Hautwulst, der direkt oberhalb der Nasenflügel horizontal
von der Nase zu den Wangen verläuft (Abb. 10). Dieses
körperliche Merkmal findet sich häufig bei Statuen des
frühen Mittleren Reiches und bildet wahrscheinlich
die Vorlage für die sogenannte ‚Kuschitenfalte‘, die als
wichtiges Erkennungszeichen von Bildnissen der 25.
Dynastie gilt (Fay 1996a, 18 mit Anm. 60; Eldamaty und
Josephson 1999, ii; Russmann 1974, 14). Zwischen dem
Hautwulst, den vollen Wangen und der vorgeschobenen
Mundpartie verläuft eine deutlich sichtbare, doch weich
modellierte Nasolabialfalte, die nicht ganz bis zur Höhe
der Mundwinkel reicht (Abb. 8).
343
From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt
anonymer KönIg: 1.1 münchen, Äs 7110
1.2 ParIs, louvre a 23; 1.3 Boston, mFa 29.1132; 1.4 st. PetersBurg, eremItage
6399; 1.5 PrIvatsammlung
sesostrIs II.:
1.6
KoPenhagen, ny carlsBerg glyPtoteK ÆIn 6659; 1.7 WIen, Khm Äs 5776
sesostrIs III.:
1.8
ParIs, louvre e 12960; 1.9 KaIro, rt 18.6.26.2; 1.10 lonDon, Bm ea 684; 1.11 neW
y
orK, mma 17.9.2; 1.12 KaIro, rt 18.4.22.4
amenemhet II.:
344
gaBrIele Wenzel: eIn sPhInxKoPF aus Der 12. DynastIe (münchen Äs 7110)
All diese Eigenschaften finden sich in nahezu identischer
Ausführung bei der Sphinxfigur Amenemhets II. im
Louvre und bei den diesem Herrscher zugewiesenen
Büsten in Boston MFA 29.1132 und in Privatbesitz (Abb.
1.2, 1.3, 1.5)1: die flache breite Stirn, die ausgesprochen
vollen Wangen, das breite Kinn und – unterschiedlich
stark ausgeprägt – der Hautwulst seitlich neben der
Nase (vgl. Fay 1996a, pl. 66a-c). Auch die Büste in St.
Petersburg Eremitage 6399 (Abb. 1.4) weist zahlreiche
Parallelen auf – allerdings nur im Bereich der Augen, der
Stirn und des Nemes, da der untere Teil des Gesichts zu
einem unbekannten Zeitpunkt stark überarbeitet wurde
(Fay 1996c, 52).
Bei den Sesostris II. zugeschriebenen Büsten Kopenhagen
ÆIN 659 und Wien ÄS 5776 sind die Proportionen des
Gesichts sogar noch stärker zugunsten der Breite verändert:
Der Abstand vom Kinn zum Stirnband ist deutlich geringer
als der Abstand von Ohr zu Ohr. Die größte Breite liegt
auch hier unterhalb der Jochbeine (Abb. 1.6-1.7).
Ganz im Gegensatz dazu stehen die Statuen seines
Nachfolgers Sesostris III., die stets eine länglich
ovale Grundform aufweisen mit deutlich betonten, oft
hart hervorstehenden Jochbeinen, schmalen Wangen,
ausgeprägten, meist als tiefe Furche gestalteten
Nasolabialfalten und dreieckigem Kinn (Abb. 1.81.12). Diese Beobachtungen gelten nicht nur für die
Altersbildnisse des Königs (Beterstatue Kairo RT 18.4.22.4
und Sphinx New York MMA 17.9.2), sondern auch für
die Statuen, die ihn in mittlerem Alter zeigen (Sitzstatue
Kairo RT 18.6.26.2) und sogar für die eher jugendlichen
Bildnisse des Königs (Sitzstatue Paris Louvre E 12960).
Ein besonderes Merkmal sämtlicher Beispiele ist auch
das Verhältnis von Gesichtsfläche zu Sinnesorganen:
In einem relativ großen Gesicht sind die kleinen, eng
zusammenstehenden Augen, die schmale Nase und der
meist schmallippige Mund dicht zusammengerückt und
nehmen nur die mittlere Partie des Gesichts ein. Völlig
anders dagegen die Statuen Amenemhets II., bei denen
das Gesicht vollständig von den überproportional großen
1
Ein Verzeichnis von Abbildungen aller hier genannter Objekte findet
sich zusammengefasst im Anschluss an den Text.
Sinnesorganen dominiert wird. Am deutlichsten wird
dieser Unterschied beim Vergleich des Sphinx Louvre A
23 und der Beterstatue Kairo RT 18.4.22.4.
Die Augen und Augenbrauen
Eines der wichtigsten Kriterien für die Datierung von
Statuen ist ohne Frage die Gestaltung der Augen. Beim
Münchner Sphinxkopf verläuft das Unterlid nahezu
gerade und horizontal. Es ist vom nur schwach gewölbten
und im Profil leicht geneigten Augapfel (Abb. 11) durch
eine schräg geschnittene Kante abgesetzt; der Übergang
zur Wange ist weich geschwungen. Den oberen, annähernd
halbkreisförmigem Rand der weit geöffneten Augen
begrenzt ein durch eine eingeritzte Linie zusätzlich
betonter schmaler Wulst. Am äußeren Augenwinkel ist
dieser Wulst als leicht erhabenes Relief vom flachen
Schminkstrich abgesetzt (Abb. 2.1, 2.2 und 11; vgl. Fay
1996a, pl. 21 e, h). Ein interessantes Detail ist die in Relief
modellierte, schwach erhabene Iris (Abb. 12). Augen mit
modellierter oder durch Ritzung hervorgehobener Iris sind
sowohl im Relief als auch im Rundbild bis zum Ende des
Neuen Reichs ein nur selten zu beobachtendes Phänomen.
Im Relief findet sich eine eingeritzte Iris beispielsweise
beim Fragment der sog. Hundestele Antefs II., München
ÄS 7117 (Wenzel 2003, 71) und bei dem wohl ebenfalls
aus Theben stammenden Relief Amenophis‘ I., Boston
MFA 64.140 (Freed, Berman und Doxey 2003, 141). Erst
in der 3. Zwischenzeit nehmen die Beispiele zu (Hill 2004,
32-33).
Der sanft geschwungene, sich nach außen leicht
verbreiternde Schminkstrich umschließt den äußeren
Augenwinkel und zieht sich bis weit auf die Schläfen, wo
er in einer geraden Linie abschließt. Seine Kontur wurde
größtenteils nur durch begrenzende Ritzlinien angegeben;
lediglich am Ansatz, also im Bereich des Augenwinkels,
wurde er plastisch modelliert.
Die in gleicher Weise von einer Ritzlinie umrandeten
Augenbrauen ziehen sich ebenfalls bis auf die Schläfen
und reichen damit weit über die natürlichen Brauenwülste
hinaus. Sie senken sich an der Stirn in einem flachen Bogen
zur Nasenwurzel hin ab, in Richtung auf die Schläfen
anonymer KönIg:
amenemhet II.:
sesostrIs II. (?):
sesostrIs III.:
2.1 münchen Äs 7110
2.2 ParIs louvre a 23
2.3 meDamuD 904+947
2.4 ParIs louvre e 12960; 2.5. neW yorK mma 17.9.2; 2.6. KaIro rt 18.4.22.4
345
From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt
3.1 münchen, Äs 7110
anonymer KönIg:
a
menemhet
II.:
3.2 ParIs, louvre a 23; 3.3 Boston, mFa 29.1132; 3.4 st. PetersBurg, eremItage 6399;
3.5
PrIvatsammlung
sesostrIs II.:
3.6
K
oPenhagen, ny carlsBerg glyPtoteK ÆIn 6659; 3.7 WIen, Khm Äs 5776;
3.8
P
arIs, e 32564 (KönIgIn chenmet-neFer-heDjet)
sesostrIs II. (?):
3.9 meDamuD 904+947
s
esostrIs III.:
3.10
ParIs, louvre e 12960; 3.11 KaIro, rt 18.6.26.2; 3.12 neW yorK, mma 17.9.2;
3.13 KaIro, rt 18.4.22.4; 3.14 KaIro, cg 42011
parallel zum Oberlid und das Auge ist nicht so groß und
folgen sie zunächst der Kontur des Oberlids und führen
dann schräg nach unten bis nahe an den Schminkstrich
heran.
Die Form von Augen, Schminkstrich und Augenbrauen
findet sich in weitgehend identischer Ausführung beim
Sphinx Louvre A 23 und den Büsten Amenemhets II. in
Boston, St. Petersburg und in Privatbesitz (Abb. 3.2-3.5)
und ist somit ein deutlicher Hinweis auf die Datierung des
Kopfes in die Zeit Amenemhets II. (Fay 1996a, 53).
Schon bei seinem Nachfolger Sesostris II. erscheinen die
Augen meist völlig anders: Bei den Büsten in Kopenhagen
und Wien (Abb. 3.6-3.7) sind sie klein, das Unterlid ist
stärker gebogen und das Oberlid nicht so hoch gewölbt;
es überlappt das Unterlid am äußeren Augenwinkel. Auf
Schminkstrich und künstlich verlängerte Augenbrauen
wurde verzichtet. Doch bezeugen auch mehrere
Statuen aus der Regierungszeit des Königs, dass diese
stilistischen Details gelegentlich noch verwendet wurden
– möglichweise während der Koregenz mit seinem Vater
Amenemhet II. Prominente Beispiele dafür sind die beiden
Sitzfiguren seiner Gemahlin, der Königstochter Nofret,
Kairo CG 381 und 382, die wesentlich kleinere Sitzfigur
der königlichen Gemahlin Chenmet-nefer-hedjet I., Paris
Louvre E 32564 (Abb. 3.8), sowie die Büste in Moskau
Puschkin Museum 3402. Der Schminkstrich ist hier
allerdings etwas schmaler ausgeführt als bei den Statuen
Amenemhets II., die Augenbraue verläuft nicht mehr
weniger weit geöffnet.
Auch bei den zahlreichen Statuen Sesostris‘ III. wurde
auf
Schminkstrich und künstlich verlängerte Augenbrauen
verzichtet.
Die Gestaltung der Augen kann daher als
Weiterentwicklung
der unter Sesostris II. einsetzenden, an
der
Natur orientierten Stilistik angesehen werden (vgl. Abb.
3.10-3.14):
Das deutlich nach unten gebogene Unterlid ist
durch
eine angeschrägte Kante, das Oberlid entweder durch
einen
abgeschrägten Grat oder einen schmalen Wulst vom
Augapfel abgesetzt; es ist meist etwas über den Augapfel
gesenkt. Wie bei seinem Vorgänger ist das Oberlid
häufig
am äußeren Ende über das Unterlid gezogen, um
die
natürliche Falte am Lidwinkel wiederzugeben. Der
innere
Augenwinkel ist spitzwinklig gestaltet. In seltenen
Fällen
wurde die natürliche Form der Augenbrauen auf
den
Brauenwülsten mit einer feinen Linie nachgezogen;
bei
den Kolossalstatuen des Königs sind zusätzlich sogar
die
einzelnen Härchen durch ein feines Fischgratmuster
grafisch angedeutet (Polz 1995, 228; siehe Abb. 3.14 =
Kairo CG 42011).
Zwei
bei den Grabungen des französischen Instituts
unter
Bisson de la Roque in Medamud gefundene
Fragmente
vom Gesicht einer Königsstatue (Inv. Nr. 904
und
947)
weisen
ebenfalls Schminkstriche und plastisch
aufgesetzte,
verlängerte
Brauen auf (Abb. 3.9). Ob es sich
dabei tatsächlich um Fragmente einer Statue Sesostris‘
346
gaBrIele Wenzel: eIn sPhInxKoPF aus Der 12. DynastIe (münchen Äs 7110)
anonymer KönIg:
amenemhet II.:
sesostrIs III.:
4.1 münchen, Äs 7110
4.2 ParIs, louvre a 23;
4.3 PrIvatsammlung
4.4 ParIs, louvre e 12960;
4.5 lonDon, Bm ea 684;
4.6 KaIro, rt 18.4.22.4
die Mundwinkel weisen leicht nach unten. Diese Tendenz
wird durch die Montierung des Kopfes mit nach oben
gerichtetem Blick noch verstärkt, da der Betrachter nun
schräg von unten auf das Gesicht blickt (vgl. Abb. 8 und
9). Dieselbe Beobachtung beschreibt Fay (1996a, 53) für
den Sphinx Louvre A 23 (Abb. 4.2). Ober- und Unterlippe
laufen an den Mundwinkeln nicht spitz zusammen,
sondern sind – ebenfalls wie beim Louvre-Sphinx –
durch einen halbkreisförmigen Bogen miteinander
verbunden. Der Muskelknoten neben den Mundwinkeln,
an dem mehrere Muskelstränge auf den Mundringmuskel
(musculus orbicularis oris) treffen, ist als kleiner flacher
Hügel ausgeführt. Das Philtrum ist weich modelliert,
der Amorbogen an der Oberlippe nur angedeutet. In der
Profilansicht fällt besonders die insgesamt vorgeschobene
Mundpartie und die etwas über die Unterlippe vorstehende
Oberlippe auf (Abb. 5.1).
III. handelt, wie Polz (1995, 228 mit Anm. 9) vermutet,
oder vielmehr um Fragmente einer Statue Sesostris‘ II.
(Fay 1996a, 101), lässt sich nicht mit letzter Sicherheit
entscheiden. Da in Medamud auch das Unterteil und der
Torso einer Statue Sesostris‘ II. zum Vorschein kamen
(Inv. Nr. 2021), ist keine der beiden Möglichkeiten
auszuschließen. Für Datierungsfragen kann das Fragment
daher nicht herangezogen werden.
Bei den Statuen Sesostris’ III. bildet die Lippenspalte
normalerweise keine durchgehende, sondern eine mehrfach
geschwungene Linie: Zwar ist auch sie sichelförmig
gebogen, doch ist dieser Bogen von einer mehr oder
weniger starken Wölbung parallel zum Amorbogen
unterbrochen; die Mundwinkel weisen am äußersten Ende
häufig wieder leicht nach oben (Abb. 4.5). Der Amorbogen
ist in der Oberlippenkontur sehr deutlich ausgeprägt
und findet seine Entsprechung in einer Einbuchtung der
Unterlippe (Abb. 4.4-4.6). Die Lippen sind eher schmal
und laufen an den Mundwinkeln zu einem spitzen Winkel
zusammen. Von dieser Regel ausgenommen ist lediglich
die ‚jugendliche‘ Sitzfigur in Paris (Louvre E 12960), bei
der die Mundwinkel abgerundet sind (Abb. 4.4).
Der Mund
Die Ohren
Anders als beim Sphinx Louvre A 23 ist der breite Mund
des Münchner Kopfes (Abb. 4.1) mit den vollen Lippen
nicht durch einen scharfkantigen Grat von Wangen und
Kinn abgegrenzt. Der Übergang ist zwar klar zu erkennen,
jedoch weicher modelliert. Die Lippenspalte verläuft in
einer durchgehend schwach sichelförmig gebogenen Linie,
Die Ohren des Münchner Kopfes ÄS 7110 sind insgesamt
etwas größer als beim Sphinx Louvre A 23, sitzen ein
wenig zu hoch und stehen etwas ab (Abb. 1.1-1.2, 14). Ihre
Gestaltung allerdings ist sehr naturalistisch: Ein wulstiger
Ohrmuschelrand (helix) mit nach innen gebogenem
vorderem Abschluss trennt die vertiefte Ohrmuschel in
anonymer KönIg:
5.1 münchen Äs 7110
amenemhet II.:
5.2 ParIs louvre a 23
sesostrIs III.:
5.3 neW yorK mma 17.9.2
347
From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt
einen oberen und einen unteren Teil. Das Ohrläppchen ist
flach und länglich modelliert, die Gegenleiste (anthelix)
sichelförmig mit gegabeltem oberem Ende, der Ohrdeckel
(tragus) länglich und höckerförmig. Lediglich der
Ohrmuschelhöcker (antitragus) am unteren Ende der
Gegenleiste ist nur ansatzweise wiedergegeben.
Bei den Statuen Sesostris‘ III. sind die Ohren zwar
in ähnlicher Weise modelliert, doch wirken sie durch
ihre unnatürliche Größe – bisweilen mehr als die halbe
Gesichtshöhe – und die stark ausgeprägte Flächigkeit der
Ohrmuschel sehr unnatürlich. Zudem stehen sie meist im
nahezu rechten Winkel vom Kopf ab und sind wesentlich
zu hoch angesetzt (vgl. besonders Abb. 1.10 und 1.13).
Das Königskopftuch
Das Nemes ragt – wie bei Sphinxfiguren allgemein üblich
(Abb. 1.1., 1.2., 1.12) – seitlich über die Schultern hinaus.
Die Wölbung des Oberkopfes ist stärker ausgeprägt als
bei der sehr flachen Haube des Sphinx Louvre A 23 und
schwingt zu den Seiten hin leicht konkav aus. Die dadurch
gebildeten Kopftuchecken sind deutlich sichtbar; sie sind
allerdings noch keineswegs hörnerähnlich ausgebildet,
wie es vereinzelt unter Sesostris III. (Abb. 1.10), häufig ab
Amenemhet III. und vor allem später in der 13. Dynastie
zu beobachten ist (Evers 1929, Bd. 2, §76). In dieser
Hinsicht steht der Münchner Kopf tatsächlich den Statuen
Sesostris‘ III. näher als den meisten Statuen Amenemhets
II., von denen lediglich die Büste in Privatbesitz
dieses Detail zeigt (Abb. 1.5). Die für die 12. Dynastie
typischen, in der Frontalansicht leicht konvex gebogenen
Außenkanten der Seitenflügel finden sich gleichermaßen
bei den Statuen Amenemhets II., Sesostris‘ II. und
Sesostris‘ III. (Evers 1929, Bd. 2, §77) und liefern somit
keinen Anhaltspunkt zur genaueren Datierung des Kopfes.
Im Profil verläuft die Außenkante der Seitenflügel gerade;
die auffällige konvexe Krümmung, die beim LouvreSphinx zu beobachten ist (Fay 1996a, 19, 54), wiederholt
sich hier also nicht (Abb. 5.1-5.2). Sehr ähnlich sind
jedoch wiederum die Proportionen: Die Distanz von der
Nase zum Seitenflügel im Profil ist etwa gleich groß wie
die Distanz vom Seitenflügel zum Hinterkopf (vgl. Faye
1996a, 54). Bei der Sphinxfigur Sesostris‘ III. in New
York ist das Verhältnis deutlich zugunsten der Tiefe Nase
– Seitenflügel verschoben (Abb. 5.3).
Die Schläfenkante folgt in ihrem Verlauf den Falten des
Nemes; diese Art der Gestaltung wurde bereits unter
Sesostris I. eingeführt (Evers 1929, Bd. 2, §§83-84) und in
der gesamten 12. Dynastie beibehalten. Lediglich bei der
Sphinxfigur im Louvre, wo sie nur in der oberen Hälfte
ausgearbeitet wurde, überschneidet sie die Falten in einem
schrägen Winkel. Wie Fay (1996a, 19) betont, ist diese
Ausführung – ebenso wie die oben erwähnte konvexe
Gestaltung der Seitenflügel – als bewusste Reminiszenz an
die Vorbilder der 4. Dynastie zu werten. Beim Münchner
Kopf reicht die Schläfenkante weiter herab, bis fast an das
Stirnband. Sie ist nicht als harter Knick ausgeführt, sondern
etwas abgerundet – ein weiterer deutlicher Unterschied
zu den Statuen Sesostris‘ III., bei denen diese Kante stets
sehr präzise als scharfer Knick erscheint, der bis an das
Stirnband reicht (Abb. 1.8-1.12).
Die Kopftuch-Fältelung des Münchner Sphinxkopfes ist
der Zeit entsprechend im Dreistrich-Muster ausgeführt
(Evers 1929, Bd. 2, §54-66) und plastisch modelliert.
Die Falten zeigen im Querschnitt ein rechtwinkliges
Profil und verlaufen an den Seitenflügeln waagerecht, an
den Schläfen diagonal und über der Stirn senkrecht. Die
Breite der Streifen ist etwas nachlässig gearbeitet, über der
Stirn sind kaum noch Unterschiede zwischen breiten und
schmalen Streifen zu sehen (Abb. 13). Um den Kontrast
zwischen den Falten zu verstärken, wurden die erhöhten
Partien gut geglättet, die Vertiefungen jedoch rau belassen.
Diese Oberflächenbehandlung ist typisch für die mittlere
12. Dynastie: Sie findet sich bei allen Amenemhet II.
zugesprochenen Statuen, unter Sesostris’ III. jedoch
nur bei den großformatigen Werken, da das plastisch
ausgeführte Dreistrich-Muster zu seiner Zeit nur noch bei
lebens- und überlebensgroßen Statuen verwendet wurde.
Bei kleinformatigen Bildnissen wie beispielsweise dem
Sphinx MMA 17.9.2 und den Sitzfiguren Brooklyn 52.1
sowie Paris 12960 und 12961 wurde es lediglich durch
Ritzlinien angedeutet (siehe Polz 1995, 238-239).
Die Brustlappen sind wie üblich gleichmäßig eng geriffelt
(Evers 1929, Bd. 2, §§67-69); auch dieses Muster ist
nicht scharfkantig, sondern abgerundet ausgeführt.
Am äußeren Rand verjüngen sie sich im erhaltenen
oberen Drittel deutlich. Da der untere Teil fehlt, ist
ein gutes Datierungskriterium leider nicht anwendbar:
Normalerweise sind äußerer und innerer Rand im unteren
Teil der Brustlappen nahezu parallel; lediglich in der Zeit
von Sesostris I. bis Sesostris II. verlaufen die Außenränder
über die gesamte Länge in einem spitzen Winkel zu den
Innenrändern (Evers 1929, Bd. 2, §40).
Der Zopf des Nemes ist beim Münchner Sphinxkopf
abgebrochen. Sein Beginn wird gerade noch durch eine
quer verlaufende Ritzlinie direkt vor der rückwärtigen
Bruchkante markiert. Sie liegt allerdings so dicht an der
Bruchkante, dass sich nicht mehr entscheiden lässt, ob die
Wickelung in Flachrelief gearbeitet war wie bei der Büste
in Privatbesitz, oder lediglich durch eingeritzte Linien
angezeigt wurde.
Der Uräus
Der Brustschild der Schlange setzt knapp unterhalb des
oberen Randes auf dem plastisch modellierten Stirnband an.
Er ist unten ausgesprochen flach gearbeitet und wird nach
oben etwas kräftiger, folgt aber insgesamt der Profillinie
des Nemes über der Stirn – das verbindet ihn mit den
Büsten in Boston und in Privatbesitz (Fay 1996a, pls. 62a,
64a). Der Kopf ist abgebrochen, die Oberfläche insgesamt
stark berieben, so dass die ursprüngliche Binnenzeichnung
des Brustschilds nur noch andeutungsweise zu erkennen
ist. So scheint das ‚Rückgrat’ mit der üblichen Querrippung
versehen zu sein, die beiden seitlichen Flächen waren
348
gaBrIele Wenzel: eIn sPhInxKoPF aus Der 12. DynastIe (münchen Äs 7110)
Sphinxkopf
Sesostris‘ I. aus Karnak, Kairo CG 42007,
belegt
und
setzt
sich fast durch die gesamte 12. Dynastie
fort
– so beispielsweise bei der Sitzfigur Sesostris’ III.
Kairo RT 18.6.26.2, die sich heute im Museum von Beni
Suef befindet.
anonymer KönIg: 6.1. münchen Äs 7110
6.2 PrIvatsammlung;
6.3 st. PetersBurg eremItage
6399;
6.4
BerlIn, ÄmP 7264;
6.5
ParIs louvre a 23
sesostrIs II.:
6.6
WIen Khm Äs 5776
sesostrIs III.:
6.7
ParIs louvre e 12960;
6.8
KaIro rt 18.6.26.2;
6.9
ParIs, louvre e 12961
amenemhet II.:
wohl im oberen Teil mit einem Kreis gezeichnet und
unten
beidseitig durch eine schräg zur Mitte hin geneigte
Linie
unterteilt. Ob der Kreis rechts und links die drei
für
das Mittlere Reich typischen Ausbuchtungen aufwies
(Evers
1929, Bd. 2, §§140, 142), lässt sich heute nicht
mehr
feststellen. Eine ähnliche Gestaltung ist schon beim
Der
Schlangenleib
beschreibt
zunächst
einen
eineinhalbfachen,
gegen den Uhrzeigersinn gedrehten
Ring
und setzt sich dann gerade bis auf den Hinterkopf
fort
(Abb. 6.1, 13) – ein unter Amenemhet II. mehrfach
bezeugter
Uräustyp: Eine exakte Parallele findet sich bei
der Büste des Königs in Privatbesitz (Abb. 6.2), eine in
gegenläufiger Richtung gedrehte Variante bei der Büste
in St. Petersburg (Abb. 6.3) und der von Ramses II.
usurpierten,
an Ohren und Mund deutlich überarbeiteten
Sitzfigur
Berlin ÄMP 7264 (Abb. 6.4), die ebenfalls auf
Amenemhet
II. zurückgeht (Fay 1996a, 59; siehe auch
Zorn
2011, 51-53, die die Überarbeitungen im Gesicht
allerdings
negiert). Bei den Statuen Sesostris‘ III. bildet
der
Schlangenleib dagegen nur einen einfachen Kreis,
während der hintere Teil mittig über diesen Ring gelegt
oder unter ihm hindurch geführt ist (Abb. 6.7-6.9). Diese
Variante lässt sich bei sämtlichen Statuen aus Medamud
sowie
bei den meisten Beterfiguren aus Deir el-Bahari
beobachten
(Polz 1995, 239 mit Anm. 74).
Als
Beispiele für den zweiten unter Amenemhet II.
üblichen
Typus des Uräusleibes sind die Sphinxfigur im
Louvre
anzuführen
(Abb. 6.5), die Büste in Boston und
das Kopffragment in Berlin ÄMP 22580. Bei ihnen zieht
sich der Schlangenleib in mehrfacher Windung bis über
den
Scheitelpunkt. Auch dieser Typus ist unter Sesostris
III.
noch mehrfach bezeugt (Polz 1995, 239), während
unter
Sesostris II. wohl vor allem die Doppelwindung
vorherrscht
(Büsten Wien KHM ÄS 5776 und Kopenhagen
ÆIN6659,
Sitzfigur der Chenmet-nefer-hedjet I., Paris
Louvre
E 32564; siehe Abb. 6.62).
Der Ansatz des Uräus über der Stirn scheint dagegen keinen
Anhaltspunkt für die Datierung von Statuen des Mittleren
Reiches
zu liefern: Bei Amenemhet II. kann er ganz ohne
Stirnband
auf dem Nemes sitzen (Louvre A 23), er kann
am
unteren Rand des Stirnbands beginnen (Boston MFA
29.1132),
direkt über dem Stirnband (Privatsammlung),
oder
auch
–
wie beim Münchner Sphinxkopf – im obersten
Teil
des Stirnbandes (St. Petersburg Eremitage 6399). Mit
Ausnahme der Variante ganz ohne Stirnband finden sich
sämtliche Möglichkeiten auch unter Sesostris III. (Polz
1995, 242).
Die
Brust- und Schultermähne
Während
der 12. Dynastie lassen sich drei verschiedene
Sphinxtypen unterscheiden: der klassische Typus mit
stilisierter Brust- und Schultermähne, die durchgehend
mit einem engen Streifenmuster dekoriert ist; der ‚Semi-
2
Mein besonderer Dank gilt Michaela Hüttner vom Kunsthistorischen
Museum
Wien, die mir freundlicherweise eigens angefertigte Fotos vom
Uräus
der Wiener Büste zur Verfügung gestellt hat.
349
From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt
Mähnensphinx‘, bei dem die Brustmähne stilisiert, die
Schultermähne jedoch als zotteliges Fell gearbeitet ist;
und schließlich der ‚echte’ Mähnensphinx. Obwohl beim
Münchner Kopf nur ein kleiner Teil der rechten Schulter
erhalten ist, kann er doch eindeutig dem klassischen Typus
zugeordnet werden. Der Übergang vom Streifenmuster zur
Fellwiedergabe bei den Semi-Mähnensphingen befindet
sich auf dem Zenit der Schulter oder sogar noch etwas
davor; beim Münchner Kopf setzt sich die Streifung
jedoch bis über die Schulterhöhe hinaus fort. Direkt an der
Rückseite der Schulter ist sogar noch eine schräg gesetzte
Streifengruppe zu sehen, die wohl zum Dreiecksmuster
des spitzwinkligen Mähnenfortsatzes gehört, der sich
üblicherweise vom Rücken des Löwenkörpers über die
Schulter zieht. Jedoch lässt sich auch aus der Gestaltung
der Mähne kein Datierungskriterium ableiten: Der
klassische Typ ist seit Sesostris I., die beiden anderen ab
Amenemhet II. belegt (siehe Fay 1996a, 64-69).
Der Bart
Da der Bart des Münchner Kopfes bis auf einen Rest des
Steges, der ihn mit dem Hals verband, abgebrochen ist,
kann auch er zur genaueren Datierung keine Anhaltspunkte
liefern. Aufgrund der Form des Steges dürfte es sich
um einen Königsbart gehandelt haben, wie ihn fast alle
Statuen Amenemhets II. tragen, aber nur 10-15% der
Statuen Sesostris‘ III. Selbst von den Sphinxfiguren des
Königs ist nur jede zweite mit einem Bart ausgestattet,
z.B. New York MMA 17.9.2 und das nur fragmentarisch
erhaltene Gegenstück in Karnak, Sheikh Labib Magazin;
bartlos sind dagegen die kopflose Sphinxfigur London BM
1849 sowie der Kopf Wien ÄS 5813.
Das Bartband ist durch zwei eingeritzte Linien
wiedergegeben, die von der Wange her so abgeschrägt
sind, dass sie das Band wie plastisch erhaben erscheinen
lassen. Es setzt direkt am hinteren Ende der Schläfenlappen
an und ist etwa halb so breit wie jener (Abb. 15). Die
begrenzenden Linien verlaufen anfangs parallel, kurz vor
dem Kinn bzw. dem Bartansatz driften sie jedoch deutlich
auseinander – das Bartband wird dort etwa doppelt so breit
wie an der Schläfe. Eine Parallele für diese Ausführung
findet sich bei der Büste Boston 29.1132; beim Sphinx
Louvre A 23 und der Sitzfigur Berlin ÄMP 7264 dagegen
setzt das Bartband in der Mitte des Schläfenlappens an; es
ist vom Bart durch eine feine Ritzlinie abgesetzt. Bei den
Statuen Sesostris‘ III. variiert seine Form; in Einzelfällen,
darunter die Sphinxfigur MMA 17.9.2, ist sogar weder
Schläfenlappen noch Bartband in Relief angegeben (Abb.
5.3; Polz 1995, 243 mit Anm. 92) – möglicherweise waren
diese Details einst aufgemalt.
Der Perlenkragen
Ein interessantes Detail wurde bei den bisher publizierten
Beschreibungen des Münchner Kopfes nicht erwähnt:
Auf der rechten Vorderseite sind zwischen Bartsteg und
Brustlappen des Nemes noch drei parallel in einem Bogen
verlaufende eingemeißelte Linien zu sehen, die nur von
amenemhet II.:
7.1 ParIs louvre a 23
amenemhet III.:
7.2 KaIro je 36359
einem
breiten, direkt auf der Brustmähne aufliegenden
Perlenkragen,
dem sog. Usech-Kragen, stammen können
(Abb.
16).
In
seiner klassischen Form besteht er aus
mehreren
Reihen
länglicher Röhrenperlen, die durch
schmale
glatte
Bänder
voneinander getrennt sind – im
Original oft durch eine Reihe kleiner zylindrischer
Perlchen. Den unteren Abschluss bildet eine Reihe großer
tropfenförmiger
Perlen. Dieses Schmuckstück erscheint
in
plastisch modellierter Ausführung erstmals schon in
der
frühen 4. Dynastie (anders Evers 1929, Bd. 2, §197,
der
die erst in den 1950er Jahren entdeckte Statue noch
nicht
kennen konnte): Es findet sich sowohl bei der
Standfigur
des Snofru Kairo JE 98943 als auch bei den
Reliefdarstellungen
des Königs aus seinem Taltempel
in Dahschur; in der Privatplastik etwa zeitgleich bei der
Sitzfigur der Nofret, Kairo CG 4 – dort allerdings nur
aufgemalt
(bei einer ehemals in der Sammlung Buendia
befindlichen
Sitzfigur dürfte es sich um eine neuzeitliche
Kopie
der Statue der Nofret mit in Relief angegebenen
Details
handeln, siehe Ede 2007, Nr. 1). Vereinzelte
Beispiele
für plastisch modellierte Perlenkragen in der
Privatplastik
gibt es seit dem späten Alten Reich, so die
Sitzstatue
des
Gegi aus der 6. Dynastie, Kairo CG 75
(heute im Museum von Beni Suef). Zahlreicher erscheinen
modellierte Perlenkragen erst in der 18. Dynastie (etwa die
Gruppenstatue
des Sennefer und seiner Gattin Senetnai,
Kairo
CG 42126).
Im
Mittleren Reich lassen sich zwei verschiedene Typen
des
Usech-Kragens unterscheiden (vgl. Evers 1929, Bd.
2,
§§199-200): Perlenkragen mit breiten glatten Reihen,
bei
denen die einzelnen Röhrenperlen allenfalls durch die
Bemalung wiedergegeben wurden, und solche, bei denen
sie in Relief ausgeführt sind. Letztere können wiederum
zwei
geringfügig unterschiedlichen Varianten zugeordnet
werden:
mit einfacher oder mit doppelter schmaler
Einfassung
am Hals und oberhalb der Tropfenperlen (Abb.
7.1-7.2).
Der Usech-Kragen des Louvre-Sphinx und seines
Gegenstücks
Kairo CG 639 + JE 37478 sowie einiger
Statuen
Sesostris‘
II., Sesostris‘ III. und Amenemhets
III.
gehören zur ersten Variante, zur zweiten offenbar der
Perlenkragen des Münchner Sphinxkopfes. Bei ihm sind
ganz deutlich noch mindestens zwei schmale Bänder am
Hals zu sehen. Leider ist auch bei der Betrachtung mit
350
gaBrIele Wenzel: eIn sPhInxKoPF aus Der 12. DynastIe (münchen Äs 7110)
8
9
10
11
12
13
16
14
münchen Äs 7110
8-9 gesIcht Frontal unD schrÄg von unten
10 ‚KuschItenFalte‘
11 Äusserer augenWInKel unD schmInKstrIch
12 PlastIsch moDellIerte IrIs
13 nemes-FÄltelung unD urÄus
14 ohr
15 schlÄFenlaPPen unD BartBanD
16 usech-Kragen
15
351
From Illahun to Djeme. PaPers PresenteD In honour oF ulrIch luFt
Streiflicht nicht mehr festzustellen, ob bei den Resten
des dritten Streifens einzelne Röhrenperlen ausgearbeitet
waren. Wie Fay (1996b, 122-124) und Sourouzian (1996,
748-749) feststellten, finden sich Perlenkragen mit
doppelter Einfassung bei rundplastischen Werken nur
relativ selten. Die bisher bekannten Beispiele stammen
sämtlich aus der späteren 12. Dynastie: Als frühestes
Exemplar galt bislang die fragmentarische Sphinxfigur
Sesostris‘ II. in Kairo JE 37796, bei der allerdings nur der
untere Abschluss des Kragens erhalten ist. Die meisten
Belege stammen von den Götterstatuen Amenemhets III.
aus Hawara; dazu kommt die sog. ‚Abydos-Prinzessin’
Kairo JE 36359 (wie Fay 1996b nachweisen konnte,
ebenfalls ein Werk der Zeit Amenemhets III.) sowie die
Dyade Neferhoteps I. aus Karnak, Kairo CG 42022 – sie
datieren also in die Zeit von der späten 12. Dynastie bis zur
Mitte der 13. Dynastie.
Fazit
Von wenigen kleinen Details abgesehen entsprechen die
stilistischen Merkmale des Münchner Sphinxkopfes exakt
oder zumindest weitgehend den Statuen Amenemhets II. Vor
allem Augen, Mund und Uräus finden ihre Entsprechung
ausschließlich bei Statuen dieses Königs, so dass die
Datierung in seine über 30-jährige Regierungszeit als
gesichert gelten darf. Der Corpus der Statuen Amenemhets
II. ist damit um ein weiteres Beispiel gewachsen. Der
Münchner Sphinxkopf ÄS 7110 zeigt zugleich auch den
frühesten Beleg für einen Usech-Kragen mit doppelter
Einfassung – und ist sicher eines der frühesten, wenn nicht
sogar das früheste Beispiel einer modellierten Iris.
Abbildungen der im Text genannten Statuen:
• Standstatue des Snofru in Kairo, JE 98943: Fakhry
1961, part II, pl. 33; Stadelmann 1995, 165, Tf. 60-62).
Reliefs des Snofru: Fakhry 1961, part I, pls. 16-18.
• Sitzstatue der Nofret in Kairo, CG 4: Borchardt 1911,
4-5, Bl. 1; Saleh und Sourouzian 1986, Nr. 27.
• Sitzstatue des Gegi in Kairo, CG 75: Borchardt 1911,
62, Bl. 17.
• Sphinxkopf Sesostris‘ I. in Kairo, CG 42007: Evers
1929, Bd. 1, Tf. 33.
• Sphinx Amenemhets II. in Paris, Louvre A 23: Fay
1996a, pls. 1-50.
• Sphinx Amenemhets II. in Kairo, CG 639 + JE 37478:
Fay 1996a, pls. 51-52.
• Kopffragment Amenemhets II. in Berlin, ÄMP 22580:
Fay 1996a, pls. 53-54.
• Büste Amenemhets II. in Boston, MFA 29.1132: Fay
1996a, pls. 61-62.
• Büste Amenemhets II. in Privatbesitz: Fay 1996a, pls.
63-64.
• Büste Amenemhets II. in St. Petersburg, Eremitage
6399: Fay 1996c, pls. 1-7.
• Sitzstatue Amenemhets II. in Berlin, ÄMP 7264: Fay
1996a, pls. 75-77; Zorn 2001, Abb. 3-16.
• Büste Sesostris‘ II. in Kopenhagen, Ny Carlsberg
Glyptotek ÆIN 659: Jørgensen 1996, 161; Wildung
2000a, 81.
• Büste Sesostris‘ II. in Wien, KHM ÄS 5776: JarošDeckert 1987, 1, 55-59.
• Büste Sesostris‘ II. in Moskau, Puschkin Museum 3402:
Fay 1996a, pl. 80d.
• Sphinx Sesostris‘ II. in Kairo, JE 37796: Sourouzian
1996.
• Sitzstatue Sesostris’ II. aus Medamud, Inv. Nr. 2021:
Bisson de la Roque 1927, 66 f., fig. 35 (Unterteil);
Robichon und Varille 1940, 14 n. 2 (Torso).
• Kopffragment Sesostris II. (?) aus Medamud, Inv. Nr.
904+947: Fay 1996a, pl. 78 a, b; Bisson de la Roque
1930, 37, fig. 22; Cottevieille-Giraudet 1933, 98 f., fig.
41.
• Sitzstatuen der Nofret in Kairo, CG 381 und 382:
Borchardt 1925, 1-2, Bl. 60.
• Sitzstatue der Chenmet-nefer-hedjet I., Paris, Louvre E
32564: Ziegler 2001.
• Sitzstatue Sesostris’ III. in Paris, Louvre E 12960:
Delange 1987, 24-26.
• Sitzstatue Sesostris’ III. in New York, Brooklyn Museum
52.1: Fazzini et al. 1996, No. 21.
• Sitzfigur Sesostris‘ III. in Kairo, RT 18.6.26.2: Lange
und Hirmer, 1967, Tf. 110.
• Beterstatue Sesostris‘ III. in London, BM EA 684:
Russmann 2001, 102-103 (dort irrtümlich als EA 686
bezeichnet).
• Sitzstatue Sesostris‘ III. in Paris, Louvre E 12961:
Delange 1987, 27-28.
• Beterstatue Sesostris‘ III. in Kairo, RT 18.4.22.4: Evers
1929, Bd. 1, Tf. 83; Saleh und Sourouzian 1986, Nr. 98.
• Sphinx Sesostris‘ III. in New York, MMA 17.9.2: Fay
1996a, pl. 87; Seipel 1992, 160.
• Sphinx Sesostris’ III. in Karnak, Sheich Labib Magazin:
Habachi 1986.
• Standstatue Sesostris‘ III. in Kairo, CG 42011: Legrain
1906, pl. 6.
• Standstatue einer Göttin (?) in Kairo, JE 36359: Fay
1996b, Tf. 20-24.
• Dyade Neferhoteps I. in Kairo, CG 42022: Legrain
1906, pl. 13.
• Gruppenstatue des Sennefer und seiner Gattin Senetnai,
Kairo CG 42126: Legrain 1906, 77-78, pl. 75.
Bibliografie
Bisson de la Roque, F. 1927. Rapport sur les fouilles
de Médamoud (1926). FIFAO 4,1. Le Caire, Institut
Française d’Archéologie Orientale.
Bisson de la Roque, F. 1930. Rapport sur les fouilles
de Médamoud (1929). FIFAO 7,1. Le Caire, Institut
Française d’Archéologie Orientale.
Borchardt, L. 1911. Statuen und Statuetten von
Königen und Privatleuten, Bd. 1, CG 1-380. Berlin,
Reichsdruckerei.
352
gaBrIele Wenzel: eIn sPhInxKoPF aus Der 12. DynastIe (münchen Äs 7110)
Borchardt, L. 1925. Statuen und Statuetten von Königen
und Privatleuten, Bd. 2, CG 381-653. Berlin,
Reichsdruckerei.
Bothmer, B. V. (ed.) 1981. Das Museum für altägyptische
Kunst in Luxor. Mainz, Philipp von Zabern.
Cottevieille-Giraudet, R. 1933. Rapport sur les fouilles de
Médamoud (1931). Les monuments du Moyen Empire.
FIFAO 9,1. Le Caire, Institut Française d’Archéologie
Orientale.
Delange, E. 1987. Musée du Louvre: Catalogue des statues
égyptiennes du Moyen Empire: 2060-1560 avant J.-C.
Paris, Èditions de la Réunion des Musées Nationaux.
Ede, Ch. 2007. Auktionskatalog Egyptian Antiquities
2007. Charles Ede Ltd. London
Eldamaty, M. M. und Josephson, J. A. 1999. Catalogue
général of Egyptian antiquities in the Cairo Museum:
Statues of the XXVth and XXVIth dynasties; Nos.
48601-48649. Kairo, Supreme Council of Antiquities.
Evers, H. G. 1929. Staat aus dem Stein. Denkmäler,
Geschichte und Bedeutung der ägyptischen Plastik
während des Mittleren Reichs, 2 Bde. München,
Bruckmann.
Fakhry, A. 1961. The Monuments of Sneferu at Dahshur.
Vol. 2, The Valley Temple. Part I. The Temple Reliefs.
Part II. The Finds. Cairo, General Organization for
Government Printing Offices.
Fay, B. 1996a. The Louvre Sphinx and Royal Sculpture
from the Reign of Amenemhat II. Mainz, Philipp von
Zabern.
Fay, B. 1996b. The “Abydos Princess”. MDAIK 52, 115141, Tf. 20-27.
Fay, B. 1996c. A Re-Used Bust of Amenemhat II in the
Hermitage. GM 150, 51-52, pls. 1-11.
Fazzini, R. A. et. al. 1996. Ancient Egyptian Art in the
Brooklyn Museum. New York, Thames and Hudson.
Freed, R. E., Berman, L. M und Doxey, D. M. 2003. MFA
Highlights. Arts of Ancient Egypt. Boston, Museum of
Fine Arts.
Grimm, A., Schoske, S. und Wildung, D. 1997. Pharao.
Kunst und Herrschaft im alten Ägypten. Kaufbeuren,
Kunsthaus Kaufbeuren.
Habachi, L. 1986. The Gneiss Sphinx of Sesostris III:
Counterpart and Provenance. MMJ 19/20, 11-16.
Hill, M. 2004. Royal Bronze Statuary from Ancient
Egypt with Special Attention to the Kneeling Pose.
Egyptological Memoires 3. Leiden - Boston, Brill Styx.
Jaroš-Deckert, B. 1987. Statuen des Mittleren Reichs und
der 18. Dynastie. CAA Kunsthistorisches Museum
Wien, Lieferung 1. Mainz, Philipp von Zabern.
Jørgensen, M. 1996. Catalogue Egypt I (3000 – 1550
B.C.). Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek.
Lange, K. und Hirmer, M. 1967. Ägypten. Architektur
Plastik Malerei in drei Jahrtausenden. München,
Hirmer.
Legrain, G. 1906. Statues et statuettes des rois et des
particuliers, Bd. 1, CG 42001-42138. Kairo, Institut
français d’archéologie orientale.
Polz, F. 1995. Die Bildnisse Sesostris‘ III. und Amenemhets
III. Bemerkungen zur königlichen Rundplastik der
späten 12. Dynastie. MDAIK 51, 227-254, Tf. 48-52.
Robichon, C. und Varille, A. 1940. Description sommaire
du temple primitif de Médamoud. RAPH (Recherches
d’archéologie, de philologie et d’histoire) 11. Le Caire,
IFAO.
Russmann, E. 1974. The Representation of the King in
the XXVth Dynasty. Monographies Reine Èlisabeth 3,
Bruxelles/ Brooklyn.
Russmann, E. 2001. Eternal Egypt. Masterworks of
Ancient Art from the British Museum. London, British
Museum Press.
Saleh, M. und Sourouzian, H. 1986. Das Ägyptische
Museum Kairo. Offizieller Katalog. Mainz, Philipp
von Zabern.
Schoske, S. 1991. Der „jugendliche“ Sesostris. Ein
seltener Bildnistyp als Neuerwerbung der Münchner
Ägyptischen Sammlung. Antike Welt 22.3, 209.
Schoske, S. 1994a. Amtliche Berichte der Staatlichen
Kunstsammlungen. Neuerwerbungen. Staatliche
Sammlung Ägyptischer Kunst. Münchner Jahrbuch
der bildenden Kunst, 3. Folge, Band 45, 185-198.
München, Prestel.
Schoske, S. 1994b. Ein Sphinxkopf Sesostris‘ III. Im
Blickpunkt 16, Objektblätter der Staatlichen Sammlung
Ägyptischer Kunst München. München.
Schoske, S. (Hg.) 1995. Staatliche Sammlung Ägyptischer
Kunst München. Mainz, Philipp von Zabern.
Seipel, W. 1992. Gott Mensch Pharao. Viertausend Jahre
Menschenbild in der Skulptur des alten Ägypten. Wien,
Kunsthistorisches Museum.
Sourouzian, H. 1996. A Headless Sphinx of Sesostris II
from Heliopolis in the Egyptian Museum, Cairo, JE
37796. In P. Der Manuelian (ed.), Studies in honor
of William Kelly Simpson, Vol. 2, 743-754. Boston,
Museum of Fine Arts.
Stadelmann, R. 1995. Der strenge Stil der frühen Vierten
Dynastie. In Kunst des Alten Reiches. Symposium im
Deutschen Archäologischen Institut Kairo am 29. und
30. Oktober 1991, SDAIK 28, 155-166, Tf. 57-62.
Mainz, Philipp von Zabern.
Wenzel, G. 2003. Antef II. als König von Ober- und
Unterägypten. GM 193, 71-85.
Wildung, D. (Hg.) 2000a. Ägypten 2000 v. Chr. Die Geburt
des Individuums. München, Hirmer.
Wildung, D. 2000b, Aug in Aug – Porträtkunst des
Mittleren Reiches. Vernissage Nr. 12/00, 55-59.
Wildung, D. und Schoske, S. 2009. Last Exit Munich.
Altägyptische Meisterwerke aus Berlin. München,
Lipp.
Ziegler, Ch. 2001. Une nouvelle statue royale du moyen
empire au musée du Louvre: la reine Khénémet-neferhedjet-ouret. Monuments et mémoires de la Fondation
Eugène Piot 80, 11-34. Paris.
Zorn, O. 2011. Ein König wird neu entdeckt. Die
Kolossalfigur Amenemhets II. aus der Berliner
ägyptischen Sammlung. Sokar 22, 48-57. Berlin,
Michael Haase.
353
354