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Ruine Löffelstelz in Mühlacker

Schwäbische Heimat

Hoch über der Enz thront die Ruine der 1282 erstmals erwähnten Vöstin Dürrmenz,der späteren Burgruine Löffelstelz. Die Burganlage war über mehr als zwei JahrhunderteS itz der Herren von Dürrmenz, die in der südlich der BurgimEnztal gelegenen und durch einen Fußweg mit der Burgv erbundenen Peterskirche ihren Begräbnisort einrichteten.H ier findet sich dementsprechendder 1303 datierteGrabsteineines Mich [ael von D]urmense. 1482 verkaufte Heinrich von Dürrmenz den letzten Anteil an der Festungsanlage an das Kloster Maulbronn. Nach ihrer Zerstörung wurde die Burg zumeist als Altes Schloss oder Burgstall bezeichnet. Erst später-gesichert seit 1697-übertrug man auf die Ruine den seit dem 16. Jahrhundert bezeugten NamenL öffelstelzf ür den unterhalb der Burgs ich der Enz entlang ziehendenWeiler auch auf die Burg-ruine. Im Jahre1604 wurde die Burgineinem Bericht zum Oberamt Maulbronn zusammen mit vier weite-renBurgställen als altte verstöwerte heüßer aufgeführt. Im Zuge der Befestigung der Eppinger Linien wurden 1695 die Überreste des Alten Schlosses gegen die Überfälle französischer Truppen letztmalig als Wehranlageeingesetzt. Denkmalschutz als Zivilschutz-Erhebliche Schäden an Umfassungsmauern Den Anlass für die 2004 begonnenen, von der Stadt Mühlacker,dem Landesamt für Denkmalpflege, der Denkmalstiftung Baden-Württembergu nd zahllosen privaten Spendern finanzierten Untersuchungen und Sanierungsmaßnahmen stellten gravierende Bauschäden an den erhaltenen Umfassungswänden 22

Tilmann Marstaller / Gerd Schäfer Die Ruine Löffelstelz in Mühlacker – Zur Erforschung und Sanierung der Schildmauerburg über der Enz Hoch über der Enz thront die Ruine der 1282 erstmals erwähnten Vöstin Dürrmenz, der späteren Burgruine Löffelstelz. Die Burganlage war über mehr als zwei Jahrhunderte Sitz der Herren von Dürrmenz, die in der südlich der Burg im Enztal gelegenen und durch einen Fußweg mit der Burg verbundenen Peterskirche ihren Begräbnisort einrichteten. Hier findet sich dementsprechend der 1303 datierte Grabstein eines Mich[ael von D]urmense. 1482 verkaufte Heinrich von Dürrmenz den letzten Anteil an der Festungsanlage an das Kloster Maulbronn. Nach ihrer Zerstörung wurde die Burg zumeist als Altes Schloss oder Burgstall bezeichnet. Erst später – gesichert seit 1697 – übertrug man auf die Ruine den seit dem 16. Jahrhundert bezeugten Namen Löffelstelz für den unterhalb der Burg sich der Enz entlang ziehenden Weiler auch auf die Burg- ruine. Im Jahre 1604 wurde die Burg in einem Bericht zum Oberamt Maulbronn zusammen mit vier weiteren Burgställen als altte verstöwerte heüßer aufgeführt. Im Zuge der Befestigung der Eppinger Linien wurden 1695 die Überreste des Alten Schlosses gegen die Überfälle französischer Truppen letztmalig als Wehranlage eingesetzt. Denkmalschutz als Zivilschutz – Erhebliche Schäden an Umfassungsmauern Den Anlass für die 2004 begonnenen, von der Stadt Mühlacker, dem Landesamt für Denkmalpflege, der Denkmalstiftung Baden-Württemberg und zahllosen privaten Spendern finanzierten Untersuchungen und Sanierungsmaßnahmen stellten gravierende Bauschäden an den erhaltenen Umfassungswänden Hoch über der Enz erhebt sich auf einem steil abfallenden Felsen die Burgruine Löffelstelz, nicht weit entfernt von Mühlacker. 22 Schwäbische Heimat 2010/1 der Ruine dar. Vor allem an der westlichen Talseite wurden Schäden erkannt, die ein erhebliches Gefahrenpotential in sich bargen: Große Teile der Westmauer drohten gar ins Tal zu stürzen, das bis an den Fuß des 50 Meter tief abfallenden Felsens unter der Burg mit Häusern bebaut ist. Ein bis zu vier Meter mächtiger Auffüllhorizont, der gegen die auf porösem Fels gegründete Umfassungsmauer drückte, hatte die Wandseite bereits erheblich deformiert. Daher wurde beschlossen, die Auffüllungsschichten in dem am stärksten gefährdeten südwestlichen Eckbereich vollständig herauszunehmen und die entsprechenden Teile der Umfassungsmauer horizontal im dahinter ansteigenden Fels zu verankern. Die archäologisch begleiteten Aushubarbeiten begannen im Oktober 2004 und erstreckten sich bis in den April 2005. Weitere Untersuchungen während der laufenden Sicherungsarbeiten gaben auch an den übrigen Seiten der Burg teils schwere Mauerwerksschäden zu erkennen, die vor allem durch das Wurzelwerk des allseits wuchernden Efeus ausgelöst wurden. An der annähernd zehn Meter hoch erhaltenen Schildmauer im Osten war ein Abrutschen der westlichen Mauerschale zu befürchten. Dementsprechend wurde beschlossen, die Sanierung hier – wo nötig – bereits ab Gründungsniveau durchzuführen, was im Mai und November 2006 erneut archäologische Begleituntersuchungen erforderlich machte. Neue Erkenntnisse zur Baugeschichte – Eine Vorgängerburg des 11. Jahrhunderts (?) Zu den wichtigsten Ergebnissen der Untersuchungen zählt die Erkenntnis, dass die bestehende Burganlage erstens einen Vorgängerbau besaß und zweitens keineswegs einen einheitlichen, sondern einen im Laufe der Geschichte mehrfach unterteilten Besitz darstellte. Die Hinweise auf die Vorgängeranlage der bestehenden Burg sind spärlich, wenngleich eindeutig. Anstatt des östlich vor der Schildmauer erwarteten Burggrabens traf die Baggerschaufel hier dicht unter der Humusauflage auf ein Felsplateau, an dessen nördlicher Kante entlang sich Reste einer 1,5 m breiten Bruchsteinmauer befanden. Dieses Mauerwerk wird von der Baugrube der Schildmauer durchschlagen und von einer nachfolgenden Planierschicht überdeckt. Demnach gehörte das Mauerstück zu einer Wehranlage, die schon vor der bestehenden Burganlage existierte und bei deren Errichtung vollständig niederlegt wurde. Auch im Innern ergaben sich konkrete Hinweise auf diese ältere Burganlage: So konnte im nordwestSchwäbische Heimat 2010/1 Rekonstruktionsskizze der Burganlage im 14./15. Jahrhundert. lichen Bereich innerhalb der Burg die südöstliche Ecke sowie Teile der östlichen Langseite eines Steingebäudes ergraben werden, das bei Errichtung der Umfassungsmauern abgebrochen wurde. Da im Fundmaterial der Burganlage Stücke des 12. Jahrhunderts fehlen, dafür aber Keramikfragmente des 8. bis 11. Jahrhunderts vorliegen, könnte die erste Anlage bereits deutlich vor 1100 errichtet, jedoch schon bald darauf wieder aufgegeben worden sein. Völlig ungeklärt ist das Alter des Burggrabens und dessen Grabenschürzmauer, mit der die Befestigungsanlage zur Bergseite und zu den Flanken hin geschützt war. Die bis zu 1,6 m mächtige, den Graben nach außen hin absichernde Wehrmauer war in ihren ergrabenen Teilen lediglich trocken gemauert. 23 Die Schildmauerburg des frühen 13. Jahrhunderts und ihre späteren Ergänzungen Bei der nachfolgenden, mit ihren Umfassungswänden heute noch bestehenden Burganlage handelte es sich nach Aussage der bauhistorischen und archäologischen Untersuchungen einst um eine Schildmauerburg ohne Bergfried. Damit besaß die Anlage in ihren Grundzügen sicherlich eine enge Verwandtschaft zu den Schildmauerburgen von Amlishagen (Gemeinde Gerabronn) oder Berneck bei Altensteig im Schwarzwald. Die 2,8 m starke Ostseite der Burg Löffelstelz ließ – wie in Berneck – einen Aufbau von über 25 m zu. Diese beeindruckende Höhe war erforderlich, um der Innenbebauung ausreichenden Schutz zu bieten, aber auch um die militärisch bedeutsamen Sichtbeziehungen zu naheliegenden Burgen oder Orten herzustellen. Im Innern des Mauergevierts standen zumindest drei Gebäude. Ein hohes, im Lichten 7,9 x 6,1 m großes Steingebäude mit 1,4 m Mauerstärke befand sich – am besten geschützt von der Schildmauer – in der Südostecke und beinhaltete eventuell den ursprüng- lichen Palas. Im Südwesten entstand über einem flach gedeckten Felskeller ein weiterer Massivbau von 8,7 x 8,8 m lichter Weite mit 0,9 bis 1,25 m starkem Bruchsteinmauerwerk, der sich zum Burghof hin zunächst vermutlich nur zweigeschossig zeigte. Im Nordwesten war anstelle der Vorgängerburg ein mindestens zweigeschossiger Holzbau errichtet, dessen Funktion unklar ist. Als Laufoberfläche im Burginnern diente von Beginn an die stufenweise von Ost nach West abfallende Felsoberfläche. Fußbodenaufbauten wie z.B. Pflaster fehlen auch aus der nachfolgenden Nutzungszeit der Burg praktisch vollständig, sodass aus den Nutzungshorizonten der Burg nur wenig datierende Funde stammen. Das Mauerwerk der Umfassungswände wie auch der Innenbebauung gründet zumeist unmittelbar auf dem nur leicht überarbeiteten Fels und weist daher selten eine Baugrube auf. Eine sichere Datierung der Schildmauerburg ist daher kaum möglich. Die baugeschichtliche Abfolge der Burggebäude mit den Zerstörungs- und Wiederaufbauphasen sowie das Fundmaterial aus einer Brandschuttschicht im Keller des Südwestbaus sprechen für eine Entstehung spätestens im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts. Bereits um 1260 werden das südwestliche Eckgebäude sowie die nördlich anschließenden Teile der Umfassungmauer durch einen Brand zerstört und mussten nachfolgend wieder aufgebaut werden. Der Keller unter dem Südwestbau wurde dabei durch Einzug eines Mauerwinkels etwas verkleinert. Das aufgehende Gebäude entpuppte sich als zumindest zweigeschossiger Wohn- und Repräsentationsbau, der sich wie die nun nördlich anschließende Erweiterung zum Burghof hin als Fachwerkbau präsentierte. Der Südwestbau erhielt zur Beleuchtung der Ritterstube im ersten Obergeschoss sowohl rundbogige als auch spitzbogig überkuppelte Zwillingsfenster. Ein in dieser Bauphase im Nordwestbau eingelassener Balken ergab anhand der Jahrringfolge ein Fälldatum im Zeitraum 1264–84. So spricht alles dafür, dass der Wiederaufbau auf den 1282 erstmals genannten Heinrich von Dürrmenz zurückgeht. Die Veste Dürrmenz – eine geteilte Burg Nicht näher datierbar ist die Errichtung Gesamtplan der Grabungsbefunde mit rekonstruiertem Verlauf der Graben- eines weiteren, im Lichten 8,7 x 5,0 m großen Steinhauses in der Nordostecke der befestigung (Stand Januar 2010). 24 Schwäbische Heimat 2010/1 Burg Löffelstelz. Nach Aussage von nachträglich eingefügten Steinkonsolen an der nördlichen Umfassungsmauer handelte es sich um ein mindestens vier Geschosse in die Höhe ragendes Gebäude, dessen Erdgeschoss durch eine Quermauer zweigeteilt war. Auch hierbei wird es sich um ein Wohngebäude gehandelt haben, das aufgrund der altertümlichen Mauertechnik der bis zu 1,5 m starken Wände durchaus noch im fortgeschrittenen 13. oder frühen 14. Jahrhundert entstanden sein dürfte. Demnach war spätestens um die Mitte des 14. Jahrhunderts das Burginnere in mindestens drei getrennte Wohnbereiche aufgeteilt, entsprach also eher einem dicht bebauten Stadtviertel und passt so gar nicht zu der romantischen Vorstellung einer mittelalterlichen Ritterburg mit turnierfähigem Innenhof. Die Burg Dürrmenz hatte sich zu einer regelrechten Mehrfamilienburg gewandelt, die von verschiedenen Familien und Besitzern bewohnt oder genutzt wurde. Diese Entwicklung deutet sich auch in den Schriftquellen an, die, im Unterschied zur derzeit noch völlig im Dunkeln liegenden Frühgeschichte der Burg, nun reichlich fließen. So wurde im Spätmittelalter innerhalb der Burg munter weitergebaut. Der südwestliche Eckbau erhielt vermutlich noch im 14. Jahrhundert eine weitere Aufstockung mit einem hölzernen, übereck zum Tal hin auskragenden Fachwerkaufsatz. Der auf der Nordmauer teilweise erhaltene Wehrgang erfuhr vermutlich in gleicher Zeit eine umfassende Sanierung. Hier hat sich neben der auf rund 12 m Länge erhaltenen Treppe auch eine Brustwehrscharte erhalten, die als Mauerwerkssturz ein Eichenholz mit Fälldatenhinweis für das ausgehende 14. Jahrhundert besitzt. Sowohl dem nordwestlichen, als auch dem südöstlichen Eckbau wurden in dieser Phase jeweils westlich kleinere Holzbauten vorgesetzt. Der Dachanschlag des Vorbaus im Norden zeichnet sich noch deutlich am Mauerwerk der nördlichen Wehrmauer ab. In das 14. Jahrhundert scheint auch der Einbau eines Gewölbekellers innerhalb des Südosteckbaus zu gehören, wie das Fundmaterial nahelegt. Burg im Besitz des Klosters Maulbronn bis zur Zerstörung 1504 im Bayrisch-Pfälzischen Erbfolgekrieg Mit Ausnahme des nordwestlichen Eckbaus lieferten sämtliche Baureste eindeutige Hinweise zur Art ihrer Zerstörung. Die starke Brandrötung an den jeweiligen Stellen der erhaltenen Umfassungsmauern wie auch der Felsoberfläche, ebenso der teils noch in situ liegende Brandschutt geben zu erkennen, dass sämtliche Wohn- und angrenzenden Schwäbische Heimat 2010/1 0KODFNHU HQWGHFNHQ 1DWXU HUOHEHQ ,QIRUPDWLRQHQ 6WDGWYHUZDOWXQJ 0KODFNHU .HOWHUSODW]   0KODFNHU 7HOHIRQ  WRXULVPXV#VWDGWPXHKODFNHUGH ZZZPXHKODFNHUGH Nebengebäude durch Feuer zerstört wurden. Während die Bauten im Osten nachfolgend aufgegeben wurden, zeigen die systematische Verfüllung des Kellers im Südwesteckbau sowie nachfolgende Belege eines weiteren Brandes, darunter zahlreiche Bruchstücke von Fensterglas, dass der Südwestbau abermals durch einen hölzernen Neubau ersetzt wurde. Das mehrere Zentner schwere, einige tausend Stücke umfassende Fundmaterial aus der Kellerverfüllung im Südwesteckbau ist in seiner Zusammensetzung auffallend heterogen und zeigt auch in der Ausformung der Keramik, dass hier kein geschlossenes Inventar, sondern vielmehr ein Müllsammelsurium des 13. bis 15. Jahrhunderts eingefüllt wurde. Da die jüngsten Fundstücke der Kellerverfüllung in die Zeit um 1500 datieren, ist damit auch ein indirekter Hinweis auf den Zeitpunkt der Zerstörung und des nachfolgenden Wiederaufbaus des Südwesteckbaus gegeben. Eine Zerstörung der Burganlage ist in den Schriftquellen zwar nicht überliefert, aus den Befundzusammenhängen im Südwesteckbau ergeben sich jedoch gute Gründe dafür, die Zerstörung als Folge der Auseinandersetzungen im Bayrisch-Pfälzischen Erbfolgekrieg anzusehen. Der an der Seite der kaiserlichen Truppen gegen den Kurfürsten von der Pfalz agierende württembergische Herzog Ulrich belagerte 1504 die unter kurpfälzischer Schirmherrschaft stehende Zisterzienserabtei Maulbronn und verwüstete dabei auch die meisten klostereigenen Orte. Zu den durch Ulrich in Schutt und Asche gelegten Dörfern gehörten auch Mühlacker, Dürrmenz und Lomersheim, also die unmittelbar der Löffelstelz benachbarten Ortschaften. Es wäre in hohem Maße erstaunlich, wenn Herzog Ulrich ausgerechnet die ebenfalls im Besitz des Klosters befindliche Burganlage verschont hätte. Insofern spricht alles für eine mutwillige Zerstörung der Burggebäude im Jahre 1504. 25 kann, handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um den Unterbau einer Plattform, die in einem Längsschnitt des Alten Schlosses aus dem Jahre 1695 dargestellt ist. Die Zeichnung findet sich auf einem Plan der 1695–97 errichteten «Eppinger Linien» im Bereich um Mühlacker und Dürrmenz. Die Burganlage mit der in der Höhe bereits stark reduzierten Schildmauer war folglich für kurze Zeit Bestandteil der Befestigungsanlage des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden gegen die Franzosen im Rahmen des Pfälzer Erbfolgekriegs. Funde über Funde – die Geburtsstunde der «Löffelstelzer Scherbabuzzer» «Scherbabuzzer» bei der Arbeit: Aussieben und Ausschlämmen der Funde aus dem Aushub an selbstgebauten Vorrichtungen. Das sicherlich durch das Zisterzienserkloster wieder aufgebaute Gebäude in der Südwestecke der Burg Löffelstelz, über dessen Funktion wir keine Kenntnis besitzen, scheint jenes Gebäude zu sein, auf das sich die Nennung von 1604 bezieht. Nicht lange danach fiel auch dieses letzte Burggebäude einem Brand zum Opfer. Ein schmales, ost-west-orientiertes Schwellfundament im mittleren Bereich vor der Schildmauer stammt eindeutig aus der Zeit nach Aufgabe der Burg. Da es keinem Gebäude zugewiesen werden «Drecksarbeit» als Freizeitspaß und kulturelle Weiterbildung fur Muhlacker Burger aller Altersklassen. 26 Ein besonderes Ergebnis der Grabungen stellt die außergewöhnliche Menge an archäologischen Funden dar, vor allem kleinteilig zerscherbte Tongefäße, Tierknochen, Metall und wenig Glas. Hinzu kommen unzählige Bruchstücke von Hohlziegeln der ehemals mit Mönch und Nonne gedeckten Dächer, Backsteine, vermutlich von Entlastungsbögen spätmittelalterlicher Fensteröffnungen, sowie Putzreste, die in einigen Fällen auch Reste einer farbigen Fassung aufweisen. Ein Vortrag zu den ersten Untersuchungsergebnissen, der im Frühjahr 2005 von den Verfassern des Beitrags im Mühlacker Uhlandbau vor über 250 Zuhörern gehalten wurde, hatte unerwartete, für die weitere Sanierungsgeschichte der Burg segensreiche Folgen. Der Hinweis, dass der fundreiche Aushub aus dem Areal des südwestlichen Eckbaus während der Aushubarbeiten nur teilweise nach Funden durchsucht werden konnte, der vor der Schildmauer gelagerte, mehr als hundert Kubikmeter große Erdhaufen folglich noch zahlreiche Funde aus der Burg erwarten ließ, führte spontan zur Gründung einer ehrenamtlichen Arbeitsgruppe. Diese setzte sich zum Ziel, die im Aushub verbliebenen Funde zu bergen, die Idee der selbsternannten «Scherbabuzzer» war geboren. Mit unvorstellbarem Eifer machte sich eine Gruppe von über zwanzig, reich mit Schaffensdrang, technischem Knowhow, dem nötigen Humor und Spaß an der Gesellschaft ausgestatteten Ruheständlern und einzelnen Berufstätigen mit ihrem gewitzten Organisator Bernd Wellinger an die Arbeit. Die Idee des Projektleiters, auch Kinder für die Sache zu begeistern, fruchtete in einem regelrechten Massenandrang von insgesamt an die 35 Schulklassen. Die jungen Forscher waren nicht nur mit großem Enthusiasmus dabei, Funde an den eigens dafür gebauten Schlämmvorrichtungen auszuwaschen, Schwäbische Heimat 2010/1 Tonpfeifenfragmente des 17. bis 19. Jahrhunderts aus dem Aushub. Einige Tabakpfeifen stammen sicher aus dem Besitz der Wachmannschaften zur Zeit der Eppinger Linien um 1694/95. Andere durften Weinbauern gehört haben, die hier ihre Weingärten betrieben haben. sondern wurden durch die großen «Scherbabuzzer» auch in die Geschichte der Burg und in die Bedeutung der Funde eingeführt. Auch Mitglieder von verschiedensten Vereinen und Gruppierungen aus Mühlacker zog die Suche nach den normalerweise verloren gegangenen Zeugen der Burggeschichte in ihren Bann. Unterstützt durch unzählige Spender von Sachmitteln und kulinarischer Verpflegung wurde letztlich das Unmögliche möglich gemacht und der gesamte Aushub aus dem Burginnern durchgesiebt. Der Lohn der umfangreichen ehrenamtlichen Arbeit waren mindestens 15.000 zusätzliche Funde, darunter auch Raritäten wie z.B. ein nahezu vollständig erhaltener Rädchensporn des 13. oder frühen 14. Jahrhunderts. Die neu entdeckte Begeisterung für das alte Glomp führte dazu, dass die «Scherbabuzzer» im Mai und November 2006 auch den Hauptteil der Grabungshelfer inklusive Baggerfahrer und Kranführer stellten und bis heute an der Aufbereitung des Fundmaterials tatkräftig mithelfen. Über 35.000 Einzelfunde und viele Fragen – Forschungspotential für spätere Archäologen Durch die Arbeit der «Scherbabuzzer» liegt inzwischen aus der Burgruine ein für die Region einmaliger Fundkomplex von über 35.000 Einzelfunden vor, an welchen zentrale Fragen zur Burggeschichte diskutiert werden können. Fragen gibt es genug: So konnten trotz der außerordentlichen Menge an Keramikscherben kaum zueinander passende Teile gefunden, geschweige denn vollständige Gefäße zusammengesetzt werden. Dementsprechend stark Schwäbische Heimat 2010/1 variieren auch die Randformen der Gefäße, was auf unterschiedliche Entstehungszeiten der einzelnen Gefäße hindeutet. Auch fällt auf, dass sich unter den Funden kaum Stücke befinden, die über das Spektrum gewöhnlicher Siedlungsfunde herausragen. Diese Beobachtung trifft insbesondere auf die Verfüllungs- und Auffüllschichten aus der Zeit unmittelbar nach der Burgzerstörung vermutlich von 1504 zu. Dagegen weisen die wenigen älteren Auffüllschichten aus der Bestandszeit der Burganlage einen deutlich höheren Anteil an burgentypischen Funden auf, wie z.B. Signalhornfragmente oder Fragmente einer ornamentierten Bodenfliese. Vieles spricht dafür, dass der überwiegende Teil der Funde originär nicht aus der Burg selbst stammt, sondern zusammen mit dem sie umgebenden Erdreich von außen her eingebracht wurde. Der Sinn dieses Fremdeintrags war sicherlich nicht die Nutzung der Burg als Müllkippe, denn die festgestellten Auffüllungen stehen durchweg in Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen (Südwesteckbau) oder der Anlage von Weinbergen im Innern des Mauergevierts. Damit stellt sich die Frage nach der Herkunft solcher Fundmassen. Dass die Bauherren des Südwesteckbaus – vermutlich das Kloster Maulbronn – oder später die Weinbauern das an Latrinenfüllungen erinnernde Verfüllungsmaterial aus dem Enztal mühsam den Berg hinauf schafften, nur um es in die Burg zu kippen, erscheint wenig glaubhaft. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass der Burganlage ein oder mehrere Wirtschaftshöfe vorgelagert waren, die ebenfalls beim Militärschlag Herzog Ulrichs zerstört wurden. Während sich in den Schriftquellen bis dato keinerlei Hinweise auf eine solche Vorburgsiedlung 27 Die Kunst des Unterscheidens Ornamentierte Bodenfliese («Viertelsrond») mit Lilien- und Palmettenmotiv aus der Bauzeit der Schildmauerburg um 1220/40. vorfinden, ergaben sich bei einer 2006 durchgeführten geoelektrischen Prospektion im Bereich des «Burgrains» deutliche Anomalien, die auf reichhaltige Baustrukturen hindeuten. Das Forschungspotenzial im Bereich der Burganlage ist also noch längst nicht ausgereizt. LITERATUR Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2005, S. 234–237. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2006, S. 250–255. Mit sortentypischen Weiß- und Rotweinen, harmonisch abgestimmten Cuvées oder Raritäten aus dem Barrique gehört die WZG zu den Spitzenerzeugern der württembergischen Weingärtner-Kultur. Individuell ausgebaute Lagenweine aus ganz Württemberg vermitteln einen repräsentativen Querschnitt der württembergischen Wein-Kultur. Und fördern so die Kunst des Unterscheidens. Württembergische WeingärtnerZentralgenossenschaft e.G. 71696 Möglingen · Raiffeisenstraße 2 Der Drache von der Löffelstelz: Eckstuck einer Nischenkachel der Zeit um 1400 mit burgentypischem Motiv. 28 Tel. 0 71 41 / 48 66 - 0 · www.wzg-weine.de Schwäbische Heimat 2010/1