Academia.eduAcademia.edu

Heroin gegen Schmerzen bleibt strafbar

2017, Schmerzmedizin

Praxis konkret Kurz gemeldet Betäubungsmittel wie Heroin können Schmerzen lindern, dennoch ist ihr Besitz und Konsum rechtswidrig. Reha-Zentren müssen mit GEMAForderungen rechnen © Victoria М / Fotolia Die Ausstrahlung von Fernsehsendungen in Warte- und Trainingsräumen für Patienten von Reha-Zentren unterliegt der GEMA-Gebührenpflicht, da die Ausstrahlung eine öffentliche Wiedergabe darstellt. Die rechtliche Situation ist nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ähnlich wie in einer Gastwirtschaft, einem Hotel oder einer Kureinrichtung, in denen der Betreiber Radiooder Fernsehgeräte aufstellt. Nach Urteil zu Cannabisanbau Heroin gegen Schmerzen bleibt strafbar Nach dem Zugeständnis des Bundesverwaltungsgerichts, einem Schmerzpatienten den Anbau von Cannabis zur Selbstbehandlung zu erlauben, wurde nun auch über die Rechtmäßigkeit des Umgangs mit anderen Betäubungsmitteln zur Schmerzbehandlung entschieden. I n seinem Beschluss vom 28.6.2016 (Az. 1 StR 613/15) hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) Stellung zu der Frage genommen, ob eine Rechtfertigung des Betäubungsmittelgebrauchs gemäß § 34 StGB in Betracht gezogen werden kann, wenn der Angeklagte anführt, dass er die Betäubungsmittel ausschließlich zur Eigenbehandlung und aufgrund einer schmerzhaften Grunderkrankung konsumiert habe. Der Fall In dem zu entscheidenden Fall litt die Angeklagte an einer Sarkoidose. Diese Krankheit tritt bei der Patientin in äußerst schmerzhaften Schüben auf. Die Angeklagte hatte deshalb laut eigener Aussage im Dezember 2014, 58 g Heroin und 35 g Kokain von einem Kontaktmann erworben, um ihre Schmerzen zu stillen. Sie sah sich aufgrund des Schmerzverlaufs ihrer Krankheit einer gegenwärtigen Gefahr für ihre Gesundheit ausgesetzt. Schmerzmedizin 2017; 33 (1) Anlass des Urteils war ein Rechtsstreit zwischen dem Betreiber eines RehaZentrums und der Rechte-Verwertungsgesellschaft GEMA. Den konkreten Fall muss nun das Kölner Landgericht entscheiden, das die Frage im sogenannten Vorabentscheidungsverfahren zur gemeinschaftsrechtlichen Klärung einer Rechtsfrage dem EuGH vorgelegt hatte. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft als auch zum Vermiet- und Verleihrecht sowie zu bestimmten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums. Das Urteil Zwar nahm der 1. Strafsenat – ebenso wie das Landgericht Nürnberg-Fürth – zunächst durch die Schmerzen der Angeklagten eine Gefahr für die Gesundheit an. Auf den nächsten Prüfungsebenen stellte der BGH jedoch fest, dass die Gefahr auch durch die Gabe eines milderen Mittels hätte abgewehrt werden können. So scheidet nach Auffassung des BGH eine Rechtfertigung gemäß § 34 StGB immer dann aus, wenn die Lösung einer Konfliktlage zwischen dem Erhaltungsgut und dem Eingriffsgut darin besteht, dass diese einem besonderen Verfahren oder einer bestimmten Institution vorbehalten sind. In dem zu entscheidenden Fall bestand dieser Konflikt zwischen der bedrohten Gesundheit der Angeklagten als Erhaltungsgut und den hinter den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften stehenden Gütern und Interessen als Eingriffsgut. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) regeln in einem be- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 31.05.2016 – C-117/15 Zur selbständigen Tätigkeit von Honorarärzten Die selbstständige Tätigkeit eines Honorararztes im Krankenhaus, der kein Belegarzt ist, ist nicht von der Rechtsordnung gedeckt und damit unzulässig. Dies ergibt sich bereits aus den Regelungen in §§ 18 Abs. 3 KHEentG, 121 V SGB V, wonach der Gesetzgeber eine Honorarvereinbarung mit Belegärzten zugelassen hat. Die Aufspaltung eines Beschäftigungsverhältnisses in die Betreuung von Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung und die Betreuung von Privatpatienten, um die Abrechnung von Wahlleistungen zu ermöglichen, ist unzulässig. Sozialgericht München, Urteil vom 10.03.2016 – S 15 R 1782/15 65 Praxis konkret Recht sonderen Verfahren, unter welchen Voraussetzungen – zu medizinischen Zwecken – der Umgang mit unerlaubten Betäubungsmitteln erfolgen kann. Die Entscheidung hierüber liegt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und ist diesem als besondere Institution vorbehalten. Ein Genehmigungsverfahren gemäß § 3 Abs. 2 BtMG hätte somit eingeleitet werden müssen, da dieses nämlich dazu dient, im Einzelfall eine Abwägung der Gefahren eines Betäubungsmittels gegenüber einem möglichen Nutzen zu treffen. So hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im April 2016 bereits entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen, eine Genehmigung für einen Schmerzpatienten gemäß § 3 Abs. 2 BtMG zu erteilen ist, damit dieser selbst angebautes Cannabis konsumieren kann. Ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerwG in Bezug auf die Angeklagte vorliegen oder dem zwingenden Versagungsgrund aus § 5 Abs. 1 BtMG entgegenstehen, wäre nach Auffassung des BGH bereits im Genehmigungsverfahren zu prüfen gewesen. Zu welchem Ergebnis dieses Verfahren geführt hätte, ist für den Ausschluss einer Rechtfertigung über § 34 StGB nicht von Bedeutung. Denn das BtMG nimmt eine abschließende Bewertung für den zulässigen Umgang mit Betäubungsmitteln vor, die den Zugriff auf § 34 StGB im Grundsatz ausschließt, auch wenn ein ansonsten unerlaubter Umgang mit erfassten Stoffen zu therapeutischen Zwecken erfolgt. Literatur beim Verfasser Arno Zurstraßen M.A. Rechtsanwalt und Mediator im Gesundheitswesen Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht Aachener Straße 197–199, 50931 Köln [email protected] www.arztundrecht.de Probleme des Kassenarztrechts sind keine schwierige Rechtsmaterie Nach einem Urteil des Landessozialgerichtes (LSG) NordrheinWestfalen vom 16.12.2015 existiert kein gefestigter Rechtsgrundsatz, dass Angelegenheiten des Vertragsarztrechts regelhaft mit der Folge als schwierig einzustufen sind, dass stets ein höherer beziehungsweise der höchste Gebührensatz nach VV 2300 RVG in Ansatz zu bringen ist. Allerdings erfordert die richterliche Bearbeitung von Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gerade im Berufungsverfahren zumindest ein Vielfaches an Zeit und sonstigem Aufwand im Vergleich zu nahezu allen anderen dem LSG anfallenden Berufungsangelegenheiten. In der Regel ist der anwaltliche Aufwand spiegelbildlich. Der höhere Gebührenansatz eines Anwaltes kann insoweit dann gerechtfertigt sein. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.12.2015 – L 11 KA 14/14 66 Schmerzmedizin 2017; 33 (1)