Arts, Media, Philosophy

Wer die Institutionen Brautpreis, Wergeld und Sklaverei verstehen möchte, muss sich von unserer Moral verabschieden. Ob es sich bei Brautpreis und Wergeld um einen Gaben- oder Warentausch handelt, ist keine essentielle Frage. Der wesentliche Unterschied zur Moderne ist, dass ein Mensch zu einem tauschbaren Gut wird. Bei der Verwandlung in ein Gut wechselt die persona des Menschen, verstanden als gesellschaftliche Maske. Die Moderne kennzeichnet, dass sie nicht trennt zwischen der biologischen Klassifikation als Mensch und dem Status als Person (Mensch = Person). Die Person gilt als heilig, kann nicht gehandelt werden und hat daher einen Wert, der nicht mit dem Preis einer Sache identisch ist: ihre Würde (Preis ≠ Wert).
Die Gesellschaften mit Wergeld, Brautpreis und Sklaverei basieren dagegen auf einer materialistischen Moral. Sichtbarer Beleg der Würde eines Menschen ist der Preis, den man für ihn zu zahlen bereit ist. Wert und Preis können noch synonym gehandhabt werden (Preis = Wert). Würdelosigkeit und damit Verlust der Anerken-nung bedeutet den Verlust des Status als Person, wenn der Mensch Sklave wird (Mensch ≠ Person). Die Schuld-knechtschaft, eine Hypothek auf die eigene Person, ist eine realökonomische Folge, die den Unterschied zur Moderne verdeutlicht.
Wir sollten ferner von einem Eigentum ausgehen, das nicht veräußerlich ist, aber verpflichtet; es be-schreibt das Verhältnis von Staat und Bürger, von Stamm und Stammesmitglied.

Key Words: Vormodernes Menschenrecht – Identität und Anerkennung – Gabentausch – Güterlehre - Tauschtheorie

Whoever wants to understand the institutions of bride-price, wergild and slavery, has to separate him-self from our current moral principles. The question is not whether bride-price or wergild are a form of gift or commodity exchange. Rather the essential difference is that, in contrast to modern conceptions of mankind, these institutions reflect the idea that a person can become a transferable good. This conversion into a transferable good changes the persona of a man, that is, his social mask. The modern understanding of mankind does not distinguish between the biological classification of someone as a human being and their status as a person (hu-man being = person). The status of a person is sacred, it cannot be sold, and therefore has a value that is not identical to the price of an object: their dignity (value ≠ price).
On the other hand, societies with bride-price, wergild and slavery are based on more materialistic mor-als. The visible evidence of a man's dignity is the price that someone is ready to pay for him. Price and value can, in these situations, be treated as synonymous (value = price). Being without dignity means a loss of recogni-tion and results in a loss of status as a person (human being ≠ person). This process occurs when a man becomes a slave. Debt bondage as a mortgaged personhood is an example of the real economic consequences of this con-ceptualisation, which differs from modern ideas of mankind.
Moreover we should conceptualise a model of property that cannot be sold, but includes obligations for the owner. This type of property describes the relationship between state and citizen, and between tribe and tribesman.

Key Words: premodern human rights, identity and recognition, gift exchange, construction of goods, exchange theory

The paper seeks a definition of money by bringing the approaches of Spengler, Plato, Aristotle and Keynes into dialogue. All four promote alternative views of the ontology of money as anchored either in supra-individual thought or actual behaviour, and scrutinize its relationship with mathematics. The discussion leads to an understanding of money as originating in human action and as a numerical tool that can only be understood from its ends in use. The essence of money is therefore ethical. The paper concludes with a novel combination of Aristotle’s and Keynes’ ideas: the crucial element of money is learning good money practices, not from, but to 'society'. This can be achieved by harmonizing money’s material part as mere actuality with money’s mathematical part as potentiality.

Klugheit sorgt für Können. Auf diesen Verdacht aufbauend, untersucht Emanuel Seitz das Wesen der Klugheit von ihren Anfängen in der antiken Philosophie bis zu den Neuinterpretationen Heideggers. Er befreit Klugheit von ihrem schlechten Ruf, bloß ein instrumentelles Kalkül zu sein. Ihre eigentliche Aufgabe ist die Beratung über die Form des Lebens und den geschickten Umgang mit der Welt. Der Versuch, menschliches Handeln klug zu denken, bringt die blinden Flecken in den modernen Theorien über Moral, Politik und Gesellschaft ans Licht: Er beleuchtet das Rätsel des Übens, erforscht den Hintersinn der List und erkundet, was den Menschen jenseits des Notwendigen möglich ist.

https://www.klostermann.de/Seitz-Emanuel-List-und-Form

Was bedeutet Üben und wie unterscheidet sich eine Übungskultur von einer Wissenschaftskultur? Dieser Frage ging ich nach in einem Vergleich zwischen China und dem Westen. Gehalten wurde der Vortrag im November 2019 an der Taiji-Akademie Frankfurt.

Was ist das eigentlich, eine Form? Am 31. Januar 2020 untersuchte ich diese Frage im Formlabor an der Code University in Berlin. Es ist ein Versuch, die klassische Theorie der Form in der Philosophie mit dem Formkalkül von George Spencer-Brown zu versöhnen. Gleichzeitig verorte ich die Mystik Spencer-Browns im Daoismus.

Nietzsche ist der Entdecker des Nihilismus und des Willens zur Macht. Beide Bewegungen, das Erschaffen und das Zerstören, sind dasjenige, worin sich Sein und Nichtsein verwandeln in einer Welt des Werdens.
Diesen Vortrag, den ich an der Nietzsche-Sommerschule in Oßmannstedt gehalten habe, ist eine Einführung in die Grundstellung meines neuen Buchprojektes 'Nichts gibt es. Eine Erleichterung' - eine Einführung in die Sinnlosigkeit der Welt.

Heidegger stellt Cassirer in der Davoser Disputation die Frage nach der Angst. Cassirer hält sie für überwindbar - doch darin zeigt er eine Ignoranz vor dem Abgrund der Endlichkeit des menschlichen Daseins. Ein Dasein ist nämlich hineingehalten in das Nichts und dieses Nichts macht Angst.
Was dieses Hinein des Gehaltenseins bedeutet, untersuche ich in der Gegenüberstellung mit Nishida Kitaros Logik des Ortes. Diesen Vortrag hielt ich auf der Konferenz 'Kyoto in Davos', die von 10.09.-13.09.2020 an der Universität Hildesheim abgehalten wurde.

Wer Verantwortung sagt, will seine Macht über das Dasein anderer zügeln. Die Ethik der Verantwortung ist eine Erfindung des zwanzigsten Jahrhunderts und entspringt dem technischen Geist der Moderne. Die Neuausgabe des Prinzips Verantwortung von Hans Jonas durch Robert zeigt den Einfluss einer solchen Ethik mit all ihren Gefahren bis in die Politik hinein.

Veröffentlicht wurde der Beitrag auf dem Blog: http://blog.harp.tf/2020/24/12/die-zuegel-der-verantwortung/

Die Corona-Krise ruft die Frage hervor: Was ist eigentlich ein Ausnahmezustand? Das nackte Leben des menschlichen Leibes wird selbst ein Politikum, das es erlaubt, jenseits von Freiheit und Würde eine Ausnahme vom gewöhnlichen Recht zu machen. Erst die verhaltenstechnischen Methoden der Epidemologie haben es ermöglicht, ein Geschehen ohne Verantwortlichkeit zu einem der Verantwortung zu verwandeln. Droht eine Kybernetik des schmerzfreien Todes?
Dieser Vortrag wurde gehalten am 21.01.2021 auf dem Workshop "Widerständige Glieder" am Fiph Hannover gehalten wurde.

Klugheit gehört zu den Grundbegriffen der praktischen Philosophie. Dabei sie ist nicht ein Grundbegriff unter vielen, sondern der entscheidende Grund, auf dem die praktische Philosophie aufbaut. Was also ist die Klugheit und wonach fragt eine kluge Frage?

Publiziert in Hohe Luft 6/2020, S. 26-32.

Wo muss eine moderne Metaphysik nach dem Tode Gottes ansetzen - wenn nicht beim Nichts? Doch wo ist das Nichts in der Welt? Kann man es gebrauchen oder ist es nicht vielmehr der Grund der Brauchbarkeit selbst? Das sind die Fragen einer Nihilodizee. Sie tritt an die Stelle der alten Theodizee.

Eine aktuelle Intervention aus Anlass des Sturms auf das Kapitols: Wie kann man der wuchernden Allgegenwart unreflektierter Beleidigungen begegnen, die zur Radikalisierung der Bevölkerung beitragen? Eine Erinnerung an die Methoden der eristischen Dialektik zur Selbstverteidigung.

Was ist eigentlich der Kern der Postmoderne? Die scheinbar so vielfältige und vielstimmige Postmoderne mit ihren unterschiedlichen Denkern lässt sich auf einen alle verbindenden Grundgedanken bringen: Die Vernunft hat ihre Einheit verloren, sie ist plural geworden. Der Verlust jeder Letztbegründung gehört zu den Tropen der Skepsis - doch wie skeptisch ist sie eigentlich, die Postmoderne?