Papers by Phillip H. Roth
For it is evident enough, that words have no effect, but on those that understand them« (Hobbes 1... more For it is evident enough, that words have no effect, but on those that understand them« (Hobbes 1996(Hobbes [1651: 294) Mit dem Thema soziale Macht soll hier eine Form des Phänomens Macht analysiert werden, die ein Pendant zu den geläufigen Interpretationen ist. Denn der Begriff Macht wird zumeist in einem politischen Rahmen verwendet: nämlich als jene Befähigung, das Handeln eines Einzelnen oder einer Gruppe in einer bestimmten Weise zu beeinflussen oder zu bewirken. Dies setzt nicht nur voraus, Macht als ein Phänomen zu betrachten, das sich in Personen, Gruppen oder Institutionen verdichten kann, sondern auch sie als etwas zu sehen, dessen Verteilung sich -wie die eines seltenen Rohstoffs -beschränkt und die durch ihre Knappheit überhaupt erst eine überzeugende Wirkung entfaltet. Im Unterschied zur politischen Macht beschreibt der Begriff der sozialen Macht jedoch gerade jene Form des Phänomens, der keine eindeutige Quelle zugeschrieben werden kann und die durch ihre Omnipräsenz auch keine Einschränkungen in der Verteilung kennt. Der Begriff Macht impliziert das Thema Befreiung (vgl. Foucault 2005: 250; 1992: 15). Denn die Idee der Beherrschung -in welcher Form auch immer -ist eine, die die moderne Gesellschaft im Zuge ihrer eigenen Befreiung von Monarchie und Absolutismus mit aufgegeben hat. Doch implizieren neue Formen der Macht auch neue Formen der Befreiung. Der Hauptunterschied zu alten Befreiungsbestrebungen besteht darin, nicht länger politische Freiheit im klassischen Sinne zu fordern. Diese haben wir mit der Aufklärung bereits erlangt -bzw. haben wir mit ihr zumindest die Richtigkeit dieser Entwicklung angenommen. In einer bereits politisch befreiten Gesellschaft kann Befreiung dann nur soziale Befreiung sein und ------* Ich möchte Fabian Freyenhagen, Manuel Knoll und Werner Stegmaier für wertvolle Anmerkungen danken.
Manuel Knoll/Barry Stocker (eds.), Nietzsche as Political Philosopher, Berlin/Boston: De Gruyter 2014, 211–238.
In this paper, Phillip H. Roth looks at the early Nietzsche as an aesthetic thinker attempting an... more In this paper, Phillip H. Roth looks at the early Nietzsche as an aesthetic thinker attempting an inversion of Plato. The inversion comes in the replacement of metaphysical ideals with aesthetic ones. This still leaves Nietzsche as a political Platonist who believes in the rule of an elite over the rest of society. However, in Nietzsche the elite is aesthetic according to values expounded in "Birth of Tragedy". For Nietzsche, Socrates is anti-Greek, so the proper polity will not be based on the Socratic values which lead Plato to expel poets from the ideal state. The aestheticism fits with an ideal of deception, in which the purpose of laws is concealed behind the wish to to benefit the psychological preservation of artistic geniuses and allow them to rule. Nietzsche simplifies the three fold structure of the hierarchy of Plato's republic, so there is just a twofold distinction between rulers and the lower classes who serve them. The rulers make up laws which suit themselves and impose them on the lower classes in the spirit of deception which an aesthetic perspectival view promotes. (from the Introduction)
Das Thema Macht hat spätestens mit der Arbeit Michel Foucaults seine gesellschaftswissenschaftlic... more Das Thema Macht hat spätestens mit der Arbeit Michel Foucaults seine gesellschaftswissenschaftliche Brisanz wiedererlangt. Denn Foucault hat gezeigt, dass wir Macht nicht länger in den Händen mächtiger Politiker gebündelt vermuten können, sie sondern »der Name [ist], den man einer komplexen strategischen Situation in einer Gesellschaft gibt.« (Foucault 1983: 114) Entsprechend heißt Macht nicht länger die Chance, seinen eigenen Willen gegen Widerstand durchzusetzen, sondern bezeichnet vielmehr das Wirken zwischen allen sozialen Instanzen selbst. Mit anderen Worten spannt die Macht ein Netz, das die Gesellschaft erst zusammenhält; und in diesem Netz werden ihre Elemente, die Individuen, Prozeduren, Handlungsweisen, gegenseitig geformt und ausgerichtet. Foucault hat beeindruckend erkannt, dass Macht ein Herstellungsmoment besitzt und ihr somit die einseitigen Vorurteile, etwa dass sie immer böse sei, abgesprochen werden können. »In Wirklichkeit ist die Macht Produktiv; und sie produziert Wirkliches. Sie produziert Gegenstandsbereiche und Wahrheitsrituale: das Individuum und seine Erkenntnis sind Ergebnisse dieser Produktion.« (Foucault 1976: 250) Dennoch scheint sich auch Foucault noch teilweise im Bann der Vorurteile zu bewegen. Sollte Macht nämlich weder gut noch böse sein, sondern eigentlich einen produktiven Zweck erfüllen, stellt sich die Frage, ob ihren Fängen zwangsläufig immer zu entfliehen ist, wie er es offensichtlich versteht: »Maybe the target today is not to discover what we are, but to refuse what we are. We have to imagine and to build up what we could be to get rid of this kind of political ›double bind‹, which is the simultaneous individualization and totalization of modern power structures.« (Foucault 1982: 216) Foucaults ethische Forderung nach unbedingtem Ausweg aus den Netzen der Macht, verkennt in meinen Augen den wesentlichen Charakter, den das Phänomen für die soziale Realität und ihre Subjekte darstellt. Wenn Macht Gesellschaft samt ihrer Elemente formt, müssen diese Elemente gewissermaßen einzeln danach befragt werden, inwiefern sie aus dem Netz der Macht befreit werden sollten oder nicht. Wir können dann keine allgemeine Forderung nach Überwindung formulieren, sondern müssten prüfen, wann es moralisch gerechtfertigt ist, sich der Macht zu wiedersetzen; jedoch 2 nicht in dem Sinne, dass auf illegitime Machtanwendung geschaut wird, sondern danach ob ein Subjekt auch bereit ist, die formenden Hände der Macht zu verlassen.
Conference Presentations by Phillip H. Roth
Gliederung: I. Einleitung II. Nietzsches Kritik an der philosophischen Tradition III. Nietzsches ... more Gliederung: I. Einleitung II. Nietzsches Kritik an der philosophischen Tradition III. Nietzsches perspektivische Kritik IV. Moral als kritischer Zugang V. Fazit 1 I. Einleitung: Ich möchte damit beginnen, den Begriff Kritik von dem des kritischen Denkens abzugrenzen. Kritik ist in aller Regel ein normativ geleitetes Verfahren, bei dem "Gegebenheiten analysiert, beurteilt, oder als falsch abgelehnt werden." (Jaeggi/Wesche 2009: 7) Dabei können diese Gegebenheiten irgendwo zwischen den repressiven Umständen in einem fernöstlichen Staat etwa und dem für mich persönlich entworfenen Lebensplan liegen. Kritische Praxis bemisst sich dann in weiten Teilen durch das, was man kritische Distanz zu nennen pflegt; 1 genauer genommen durch die schwierige Frage, wie das "Verhältnis zwischen Kritik und ihrem Gegenstand und zwischen Kritiker und dem von ihm Kritisierten im Einzelnen beschaffen ist." (Jaeggi/Wesche 2009: 8) Auch für das kritische Denken ist in gewisser Weise das Verhältnis von Kritik und Gegenstand, Kritiker und Kritisiertem von Bedeutung, jedoch weniger, weil es notwendig ist, die Spanne dazwischen zu definieren, sondern weil es schwer möglich ist beide Seiten klar von einander zu trennen. Beim kritischen Denken müssen wir von einem Denken im philosophischen Sinne ausgehen, das einen Prozess konstituiert, der auf kurz oder lang eine Transformation an einem selbst vollzieht, wo Kritiker und Objekt der Kritik ineinander fallen und der so stark existentielle Implikationen hat. Denn kritisches Denken ist überhaupt erst dafür verantwortlich, sich selbst Wertmaßstäbe aneignen zu können, indem es nämlich die bereits durch Geschichte und Sozialisation angelegten Maßstäbe strenger Prüfung unterzieht.
Nietzsche ist ein vehementer Kritiker der Demokratie. In Jenseits von Gut und Böse nennt er die "... more Nietzsche ist ein vehementer Kritiker der Demokratie. In Jenseits von Gut und Böse nennt er die "demokratische Bewegung" "nicht bloss […] eine Verfalls-Form der politischen Organisation," sondern eine "Verfalls-, nämlich Verkleinerungs-Form des Menschen" (JGB 203). Die gängigen Interpretationen zu dieser Art Demokratiekritikbesonders in der englischsprachigen Literatur (vgl. z.B. Appel 1999; Brown 2001)legitimieren sich aus dem Nachweis, dass Nietzsche ein aristokratisches Politikideal verfolgt habe; dass er nach dem berühmten Diktum Brandes' ein "aristokratischer Radikalist" gewesen sei. Platon ähnlichpropagiere Nietzsche die Herrschaft einer geistigen Elite oder philosophischen Kaste, da diese zwar nicht Einsicht in das von Natur aus Gute und Schöne habe und entsprechend fähig wäre, die gesellschaftliche Ordnung danach auszurichten; sondern weil sie "in der Gegenwart den Zwang und Knoten anknüpfen [können], der den Willen von Jahrtausenden auf neue Bahnen zwingt." (JGB 203)was auch immer das heißen mag. Die Argumente für solch eine Sichtweise liegen scheinbar auf der Hand: Nietzsche leitet bekanntlich das letzte Hauptstück von JGB, welches die Frage "was ist vornehm?" behandelt, mit einer eingehenden Legitimierung der Aristokratie ein: "Jede Erhöhung des Typus ‚Mensch' war bisher das Werk einer aristokratischen Gesellschaft und so wird es immer wieder sein: als einer Gesellschaft, welche an eine lange Leiter der Rangordnung und Werthverschiedenheit von Mensch und Mensch glaubt und Sklaverei in irgendeinem Sinne nöthig hat." (JGB 257) Auch an anderen Stellen, z.B. in seiner frühen Schrift Der griechische Staat oder in seiner Auseinandersetzung mit dem Gesetzbuch des Manu im AC, findet sein aristokratischer Radikalismus Bekräftigung: "Die Ordnung der Kasten, die Rangordnung, formulirt nur das oberste Gesetzt des Lebens selbst, die Abscheidung der drei Typen ist nöthig zur Erhaltung der Gesellschaft, zur Ermöglichung höherer und höchster Typen" (AC 57) Ohne hier auf weitere Details der anglo-amerikanischen Forschung zu diesem Thema einzugehen, sollte jedoch herausgestellt werden, dass in diesen Deutungen meist
Legislation, or law-giving, plays a prominent role in Nietzsche's philosophy. Especially the well... more Legislation, or law-giving, plays a prominent role in Nietzsche's philosophy. Especially the well known conception of the philosopher as a "commander and law-giver" in Beyond Good and Evil has contributed to legislation being a topic of special interest, mostly in the analysis of his mature thinking. However, Nietzsche's writings from the early period already reveal a profound understanding and conception of legislation and its meaning for philosophy, humanity and politics.
In my paper I want to examine Nietzsche's early treatment of legislation and place it within his broader political philosophy. Nietzsche develops two models of law-giving here: In the unpublished essay On Truth and Lies in an Extra-Moral Sense he describes a "linguistic legislation", whereas in Schopenhauer as Educator Nietzsche calls the task of philosophers to be "law-givers as to the measure, stamp and weight of things". I want to specify them as the "mechanism of law-giving" and the "normativity of law-giving" respectively and show the connections between these two distinct models. I tend to indicate, that they together can form a coherent conception of legislation, with political and cultural implications, and how they foreshadow important tenets of Nietzsche's mature philosophy.
The "mechanism of law-giving" will be understood as Nietzsche's early characterization of the origin of law. The fixation of terms ("Begriffe") and values ("Werte"), or the creation of "life affirming illusions", as Nietzsche calls them, is shown to be a basic condition of human existence, as a result of the need for orientation and cooperation. Nietzsche therefore reveals law to be a man-made artifice and denies it any metaphysical grounding. Simply a certain "will for truth", guided by visions of the transcendent, moves the creation of law in man. Nietzsche takes up the reflections on the origin of law to put them to use for his understanding of the "normativity of law-giving", which concerns the formation of a high kind of culture. In Schopenhauer as Educator Nietzsche shows the importance of the philosopher for the enhancement of human culture. The philosopher must liberate himself from values of his time by unveiling the "mechanisms of law-giving". Thus his example of a "philosophic life" is of greater value than his books. Nietzsche's rejection of liberal and democratic ideals is the result of his conviction, that a high culture can only be prepared for by spiritually high human types, such as the philosophers, who are able to compensate for base human origins of law. While he does not explicitly reveal a political theory, as he does in The Greek State or later in The Antichrist, Nietzsche does, through his early conception of legislation, show an understanding of political philosophy, which places the philosopher at its center and bestows upon him the responsibility to guide the destiny of humanity. He already points to an aristocratic society, the role of great individuals and the need for a high culture. He is thus anticipating "Grosse Politik", where the philosopher serves as the legislator for the basis of this culture.
Die esoterisch-exoterische Schreibweise galt bei vormodernen Philosophen als eine Methode mit der... more Die esoterisch-exoterische Schreibweise galt bei vormodernen Philosophen als eine Methode mit der sie ihre Lehren gleichzeitig an unterschiedlich kompetente Leser übermittelt konnten: die „oberflächliche“ Lehre richtete sich an gewöhnliche Leser, aber, quasi „zwischen den Zeilen“, sprach eine tieferliegende Lehre im selben Werk den philosophischen Leser an. Der Prototyp einer solchen Methode ist Platons „edle Lüge“ aus dem dritten Buch der Politeia. Die Philosophenherrscher täuschen darin die gewöhnlichen Bürger über ihre wahre Herkunft, damit sie ihre Tätigkeiten ausschliesslich zum Wohl des Gemeinwesens ausrichten. Nietzsche hat unter anderem im 30. Aphorismus von Jenseits von Gut und Böse auf seine Vertrautheit mit dieser vormodernen Art zu schreiben hingewiesen. In dem Vortrag wird, unter Berücksichtigung der esoterisch-exoterischen Schreibweise Nietzsches, dessen Morallehre im fünften Hauptstück („Zur Naturgeschichte der Moral“) von Jenseits von Gut und Böse analysiert.
Nietzsche kommt, im Gegensatz zu vormodernen Philosophen wie Platon, ohne eine Täuschung aus, um denselben Effekt mit seinen Werken erzielen zu können: eine Morallehre an gewöhnliche Leser und eine andere an philosophische Leser zu übermitteln. Seine offene Bejahung der „Tyrannei“ der Moral im 188. Aphorismus muss für moderne Leser, die an Freiheit und Gleichheit des Menschen glauben, wie eine schlimme Provokation klingen. Diese Bejahung ist für ihn eine Methode um seine exoterische Morallehre – „lange und in einer Richtung zu gehorchen“ – an die Allgemeinheit zu richten und seine esoterische oder „außermoralische“ Lehre den philosophischen Lesern zu offenbaren. Diese Lehre impliziert eine Art natürliche Hierarchie, die Nietzsche als notwendig empfindet, um seiner Aufgabe gerecht zu werden, der „Entartung des Menschen“ durch die Umwertung der Werte entgegen zu wirken. Der Fakt, dass Nietzsche diese außermoralische und anti-moderne Lehre ohne die vormoderne Art der „edlen“ Täuschung zu verbreiten vermag, wird als grundsätzliche Neuerung durch Nietzsche in der esoterisch-exoterischen Schreibweise gewertet, dessen Grund in der Anpassung Nietzsches an seine moderne Situation gesehen wird, um denselben Effekt, wie seine vormodernen Vorgänger
erzielen zu können.
Book reviews by Phillip H. Roth
Review of several recent studies on Nietzsche with focus on anthropological arguments. Nietzsche-... more Review of several recent studies on Nietzsche with focus on anthropological arguments. Nietzsche-Studien 43 (2014), 331–346.
Uploads
Papers by Phillip H. Roth
Conference Presentations by Phillip H. Roth
In my paper I want to examine Nietzsche's early treatment of legislation and place it within his broader political philosophy. Nietzsche develops two models of law-giving here: In the unpublished essay On Truth and Lies in an Extra-Moral Sense he describes a "linguistic legislation", whereas in Schopenhauer as Educator Nietzsche calls the task of philosophers to be "law-givers as to the measure, stamp and weight of things". I want to specify them as the "mechanism of law-giving" and the "normativity of law-giving" respectively and show the connections between these two distinct models. I tend to indicate, that they together can form a coherent conception of legislation, with political and cultural implications, and how they foreshadow important tenets of Nietzsche's mature philosophy.
The "mechanism of law-giving" will be understood as Nietzsche's early characterization of the origin of law. The fixation of terms ("Begriffe") and values ("Werte"), or the creation of "life affirming illusions", as Nietzsche calls them, is shown to be a basic condition of human existence, as a result of the need for orientation and cooperation. Nietzsche therefore reveals law to be a man-made artifice and denies it any metaphysical grounding. Simply a certain "will for truth", guided by visions of the transcendent, moves the creation of law in man. Nietzsche takes up the reflections on the origin of law to put them to use for his understanding of the "normativity of law-giving", which concerns the formation of a high kind of culture. In Schopenhauer as Educator Nietzsche shows the importance of the philosopher for the enhancement of human culture. The philosopher must liberate himself from values of his time by unveiling the "mechanisms of law-giving". Thus his example of a "philosophic life" is of greater value than his books. Nietzsche's rejection of liberal and democratic ideals is the result of his conviction, that a high culture can only be prepared for by spiritually high human types, such as the philosophers, who are able to compensate for base human origins of law. While he does not explicitly reveal a political theory, as he does in The Greek State or later in The Antichrist, Nietzsche does, through his early conception of legislation, show an understanding of political philosophy, which places the philosopher at its center and bestows upon him the responsibility to guide the destiny of humanity. He already points to an aristocratic society, the role of great individuals and the need for a high culture. He is thus anticipating "Grosse Politik", where the philosopher serves as the legislator for the basis of this culture.
Nietzsche kommt, im Gegensatz zu vormodernen Philosophen wie Platon, ohne eine Täuschung aus, um denselben Effekt mit seinen Werken erzielen zu können: eine Morallehre an gewöhnliche Leser und eine andere an philosophische Leser zu übermitteln. Seine offene Bejahung der „Tyrannei“ der Moral im 188. Aphorismus muss für moderne Leser, die an Freiheit und Gleichheit des Menschen glauben, wie eine schlimme Provokation klingen. Diese Bejahung ist für ihn eine Methode um seine exoterische Morallehre – „lange und in einer Richtung zu gehorchen“ – an die Allgemeinheit zu richten und seine esoterische oder „außermoralische“ Lehre den philosophischen Lesern zu offenbaren. Diese Lehre impliziert eine Art natürliche Hierarchie, die Nietzsche als notwendig empfindet, um seiner Aufgabe gerecht zu werden, der „Entartung des Menschen“ durch die Umwertung der Werte entgegen zu wirken. Der Fakt, dass Nietzsche diese außermoralische und anti-moderne Lehre ohne die vormoderne Art der „edlen“ Täuschung zu verbreiten vermag, wird als grundsätzliche Neuerung durch Nietzsche in der esoterisch-exoterischen Schreibweise gewertet, dessen Grund in der Anpassung Nietzsches an seine moderne Situation gesehen wird, um denselben Effekt, wie seine vormodernen Vorgänger
erzielen zu können.
Book reviews by Phillip H. Roth
In my paper I want to examine Nietzsche's early treatment of legislation and place it within his broader political philosophy. Nietzsche develops two models of law-giving here: In the unpublished essay On Truth and Lies in an Extra-Moral Sense he describes a "linguistic legislation", whereas in Schopenhauer as Educator Nietzsche calls the task of philosophers to be "law-givers as to the measure, stamp and weight of things". I want to specify them as the "mechanism of law-giving" and the "normativity of law-giving" respectively and show the connections between these two distinct models. I tend to indicate, that they together can form a coherent conception of legislation, with political and cultural implications, and how they foreshadow important tenets of Nietzsche's mature philosophy.
The "mechanism of law-giving" will be understood as Nietzsche's early characterization of the origin of law. The fixation of terms ("Begriffe") and values ("Werte"), or the creation of "life affirming illusions", as Nietzsche calls them, is shown to be a basic condition of human existence, as a result of the need for orientation and cooperation. Nietzsche therefore reveals law to be a man-made artifice and denies it any metaphysical grounding. Simply a certain "will for truth", guided by visions of the transcendent, moves the creation of law in man. Nietzsche takes up the reflections on the origin of law to put them to use for his understanding of the "normativity of law-giving", which concerns the formation of a high kind of culture. In Schopenhauer as Educator Nietzsche shows the importance of the philosopher for the enhancement of human culture. The philosopher must liberate himself from values of his time by unveiling the "mechanisms of law-giving". Thus his example of a "philosophic life" is of greater value than his books. Nietzsche's rejection of liberal and democratic ideals is the result of his conviction, that a high culture can only be prepared for by spiritually high human types, such as the philosophers, who are able to compensate for base human origins of law. While he does not explicitly reveal a political theory, as he does in The Greek State or later in The Antichrist, Nietzsche does, through his early conception of legislation, show an understanding of political philosophy, which places the philosopher at its center and bestows upon him the responsibility to guide the destiny of humanity. He already points to an aristocratic society, the role of great individuals and the need for a high culture. He is thus anticipating "Grosse Politik", where the philosopher serves as the legislator for the basis of this culture.
Nietzsche kommt, im Gegensatz zu vormodernen Philosophen wie Platon, ohne eine Täuschung aus, um denselben Effekt mit seinen Werken erzielen zu können: eine Morallehre an gewöhnliche Leser und eine andere an philosophische Leser zu übermitteln. Seine offene Bejahung der „Tyrannei“ der Moral im 188. Aphorismus muss für moderne Leser, die an Freiheit und Gleichheit des Menschen glauben, wie eine schlimme Provokation klingen. Diese Bejahung ist für ihn eine Methode um seine exoterische Morallehre – „lange und in einer Richtung zu gehorchen“ – an die Allgemeinheit zu richten und seine esoterische oder „außermoralische“ Lehre den philosophischen Lesern zu offenbaren. Diese Lehre impliziert eine Art natürliche Hierarchie, die Nietzsche als notwendig empfindet, um seiner Aufgabe gerecht zu werden, der „Entartung des Menschen“ durch die Umwertung der Werte entgegen zu wirken. Der Fakt, dass Nietzsche diese außermoralische und anti-moderne Lehre ohne die vormoderne Art der „edlen“ Täuschung zu verbreiten vermag, wird als grundsätzliche Neuerung durch Nietzsche in der esoterisch-exoterischen Schreibweise gewertet, dessen Grund in der Anpassung Nietzsches an seine moderne Situation gesehen wird, um denselben Effekt, wie seine vormodernen Vorgänger
erzielen zu können.