Bevor ich im Spätsommer 2018 in Tübingen angefangen habe, kannte ich Boris Palmer nur von seinen bundesweiten Skandalen. Entsprechend dachte ich, er sei erstens in hohem Maße narzisstisch, zweitens für einen Grünen ziemlich rassistisch und drittens ein wenig verrückt.

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Das halte ich auch nach anderthalb Jahren etwas eingehenderer Beschäftigung mit seinem Wirken für eine passende erste Annhäherung. Aber mittlerweile würde ich zwischen „narzisstisch“ und „rassistisch“ noch die folgenden drei Punkte einordnen:

2/

a) Palmer ist eine dieser stets unangenehmen Personen, die sich als „Verantwortungsethiker“ in einem Meer von „Gesinnungsethikern“ verstehen – was für ein Unheil Weber mit dieser haltlosen Unterscheidung angerichtet hat!

3/

Er will keiner Handlung, Haltung oder Geste aus sich selbst heraus ethischen Wert beimessen, sondern immer die mittel- und langfristigen Gesamtfolgen mathematisch durchkalkulieren. Das macht ihn zu einem ziemlich stumpfen (aber auch durchaus konsequenten) Konsequentialisten.

4/

Humanismus und das Denken in Kategorien wie Menschenwürde sind ihm eher fremd.

b) Bei seinen utilitaristischen Kalkulationen denkt er über Gesellschaft und Politik wie über Mechanik oder industrielle Prozesse. Wenn A, dann B. Wo gehobelt wird, da fallen Späne.

5/

Dieses weitgehende Unverständnis dafür, wie Gesellschaft funktioniert, führt dazu, dass seine utilitaristisch-konsequentialistischen Berechnungen arg unterkomplex sind und er die realen Folgen oft sehr schlecht abschätzt.

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c) Um das alles zusammenzuhalten, muss er ein Free Speecher sein, der sich von PC-Gesinnungsethiker_innen nicht das Wort nicht verbieten lässt, nur weil diese mal wieder durch seine immense Rationalität irritiert sind.

Aber nicht vergessen: Über all dem steht Narzissmus.

7/7