Aus dem Hafen von Haithabu gibt es zwei
Fragmente (Nr. 66 und 67), die aufgrund ihrer Konstruktionsweise auf
eine Obertunika mit gespaltenem Rockteil hinweisen. Der Schurz eines
solchen Gewandes ist also nicht komplett bis zum unteren Saum
geschlossen sondern mit Schlitzen versehen, die dem Träger eine
größere Bewegungsfreiheit ermöglichen.
Tatsächlich gibt es auf dem Teppich
von Bayeux mehrere Abbildungen von Männern, die eindeutig eine
solche Tunika mit gespaltenem Rockteil tragen.
Zur Konstruktion der Obertunika werde
ich demnächst einen eigenen Post verfassen, hier soll es nun ja
eigentlich um die Untertunika gehen:
Stutzig gemacht hat mich die
Darstellung eines Mannes, der mit einer Breitaxt einen Baum behaut.
Bei dem auf einem Baumstamm sitzenden
Mann ist deutlich der Schnitt des Unterteils seiner Tunika zu
erkennen. Diese scheint bis zur Hüfte gespalten zu sein, sodass man
die Hosenbeine bis zum Bund sehen kann. Dies ist nur möglich, wenn
auch das Untergewand des Mannes ebenso gespalten ist wie die
Obertunika.
Dies führt mich zurück zum Fragment
55A, das wohl vom Schurzteil einer Untertunika stammt. Zwischen den
Teilfragmenten c und d findet sich eine schlitzförmige Öffnung, die
nach unten hin abgerissen ist. Diesen habe ich als fragmentarischen
Rest eines Tascheneingriffs interpretiert und rekonstruiert. Ähnliche
Konstruktionen gibt es bei Gewandresten aus Herjolfnes auf Grönland.
Aufgrund der Abbildung der gespaltenen
Männerhemden auf dem Teppich von Bayeux könnte es ich bei der
Schlitzöffnung von Fragment 55A aber durchaus auch um den Schurzteil
einer gespaltenen Untertunika handeln.
Fragment 55A mit schlitzförmiger Öffnung
Die Anzahl der Schlitze im Schurzteil
des Gewandes lässt sich leider anhand der Abbildungen nicht exakt
bestimmen. Der auf dem Baum sitzende Mann könnte eine Tunika tragen,
die sowohl vorn, hinten wie auch an den Seiten einen Schlitz
aufweist. Bei den anderen, oben gezeigten Abbildungen lässt sich
immerhin ein Schlitz an der Vorderseite des Gewandstückes erkennen.
Sven
Sven
Zwei Dinge:
AntwortenLöschen1.
"Dies ist nur möglich, wenn auch das Untergewand des Mannes ebenso gespalten ist wie die Obertunika."
Dabei gehst du davon aus, das der Mann auf dem Baumstamm, sowohl eine Tunika als auch ein Untergewand trägt.
Ich frage mich immer wieder, ob es tatsächlich so gewesen ist oder ob es nicht sein kann dass er nur eines von Beiden an hatte. Man bedenke hier bei wie wertvoll eine Tunika war und die Außentemperatur dürfte auch eine Rolle spielen.
2. selbst die Thorsberg Tunika ist seitlich geschlitzt und wird geschnürt.
MFG
Dankward
Hallo Dankward, danke für deinen Beitrag
AntwortenLöschenzu 1. Stimmt, davon bin ich ausgegangen. Aber auch wenn der Mann nur ein Gewand trägt, so ist die Konstruktion mit Schlitzen bis zur Hüfte relativ deutlich erkennbar. Ob der Mann nun eine Unter- oder Obertunika (oder gar beides) trägt, lässt sich natürlich nicht genau sagen. Dazu müsste man genauer wissen, ob und wenn ja welche Konstruktionsunterschiede zwischen beiden Gewandtypen es gegeben hat (Hägg macht die Unterschiede hauptsächlich an der verwendeten Webart fest).
zu 2. - Den Einwurf versteh ich leider nicht so ganz?
Gruß, Sven
Hallo Sven,
AntwortenLöschenzu 2. Sorry habe das kurz zwischen zwei Vorgängen in der Firma geschrieben.
Dein Absatz:
" Aus dem Hafen von Haithabu gibt es zwei Fragmente (Nr. 66 und 67), die aufgrund ihrer Konstruktionsweise auf eine Obertunika mit gespaltenem Rockteil hinweisen. Der Schurz eines solchen Gewandes ist also nicht komplett bis zum unteren Saum geschlossen sondern mit Schlitzen versehen, die dem Träger eine größere Bewegungsfreiheit ermöglichen.
Tatsächlich gibt es auf dem Teppich von Bayeux mehrere Abbildungen von Männern, die eindeutig eine solche Tunika mit gespaltenem Rockteil tragen."
Hatte ich so gelesen als würde es dich leicht überraschen das die Tuniken geschlitzt waren.
Mit meiner Bemerkung das ja auch schon die Thorsberg Tunika seitlich geschnürt wurde, wollte ich nur ausdrücken dass dies schon länger bekannt war. Oftmals wird genau diese Schnürrungen bei den Tuniken die angeblich nach Thorsberg gefertigt wurden, eben nicht angewendet. So im Nachhinein, hätte ich mir das sparen können.... ;-)
Ich sitze gerade an dem Versuch den Klappmantel, dem Wams und die Gugel zu interpretieren, mal sehen was es wird.
Hallo Dankward,
AntwortenLöschenokay, jetzt verstehe ich :-) Überrascht war ich schon in gewisser Weise, aber eher dahingehend, dass man solche Tuniken mit geschlitztem Rockschoß auf Veranstaltungen eigentlich gar nicht zu Gesicht bekommt. Dabei scheint es mMn. ziemlich offensichtlich, dass es solche Tuniken gegeben haben muss - deckt sich ja in gewisser Weise mit deinen Beobachtungen zu Thorsberg-Rekonstruktionen.
An dem Wams sitze ich so nebenbei auch, wenn Du irgendwas rausbekommen hast, lass es mich wissen ;-)