Der Untertitel des Essaybandes von Herbert M. Hurka verrät schon, worum es dem Autor geht. In sie... more Der Untertitel des Essaybandes von Herbert M. Hurka verrät schon, worum es dem Autor geht. In sieben Essays geht Hurka der Frage nach, wie Opferfiguren in verschiedenen Künsten (u. a. Film, Literatur, Performance-und Aktionskunst) präsentiert und welche Funktionen diese medialen Konstruktionen fLir die realen sozialen Gewaltstrukturen haben. Gleich im ersten Essay: " ... output, Auswurf. Konstrukte der Schuld" (S.ll ff.) erläutert der Autor seine These, daß durch die Konstruktion von fiktiven, medial vermittelten Opferfiguren und deren "imaginäre(r) Opferung" (S.44) zum Beispiel in Agatha Christies Kriminalroman Mord im Orientexpress oder in Carol Reeds Film Der dritte Mann Gewaltphantasien aufgebaut, ventiliert und damit-gesellschaftlich gesehen-reale Gewalt ausgeblendet würde. Gesellschaften, meint Hurka, brauchen diese fiktiven Opferkonstruktionen, um reale (individuelle/staatliche) Gewalt gegen Menschen in einer phantastischen Allegorie zu vernebeln und zu rechtfertigen, in der das Opfer zugleich Täter und Sündenbock ist: Der Ermordete im "Orientexpreß" ist selbst ein Kindsmörder und "der dritte Mann" ein übler Penicillin-Schieber, der im Nachkriegs-Wien über Leichen geht. Das, was Hurka da an Theoretischem zur Gewaltdebatte sehr anschaulich an einer Fülle von Materialien erläutert, vom mittelalterlichen "Schauprozessen" gegen Juden bis zu den Performances von Künstlern wie FLATZ und anderen, ist
Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine Bearbeitung) zur Verfü... more Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. This document is made available under a Deposit License (No Redistribution-no modifications). We grant a non-exclusive, non-transferable, individual, and limited right for using this document. This document is solely intended for your personal, non-commercial use. All copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute, or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the conditions of use stated above.
In der "film"-Reihe des Berliner Benz-Verlages. die schon mir fundiert recherchierten und visuell... more In der "film"-Reihe des Berliner Benz-Verlages. die schon mir fundiert recherchierten und visuell ansprechenden. foto-und materialreich ausgestatteten Büchern zu Quentin Tarantino. Alfred Hitchcock oder den Coen-Brüdan aufwartete. hat sich der Journalist und promovierte Filmwissenschaftler Helmut Merschmann einem Sonderfall unter den Holly,rnodregisseuren zugewandt: Tim Burton. Faktenreich und plausibel geht Merschmann seiner These nach. dass mit Burton in Hollywoods Filmindustrie ein Autorenfilmer reinsten Wassers am Werke sei_ der es von Anbeginn verstanden habe, .. z,, ischen Asthetik und Biografie ein festes Band zu knüpfen" (S.7). Gemeint ist mit "Biografie" hier aber nicht "Burtons Selbststilisierung zum Wunderkind" (S.8). Diese Strategien von Selbst-PR hinterfragt Merschmann kritisch und lenkt in seinen detailgenauen Analysen den Blick des Lesers vielmehr auf die medienbiografischen Bezüge zwischen Burtons Filmen und dessen Lese-und Sehsozialisation. Merschmanns medienbiografischer Ansatz ist erhellend. zeigt er doch sehr präzise. wie Burtons "Faible für Schauermärchen und Geistererzählungen. deren direkter Symbolismus ihn faszinierte" (S.9). sich in den Charakteren und Bildeinfällen der Burton-Filme wiederfinden lässt. In diesem Zusammenhang verweist der Autor auf Burtons Vorliebe für Frankenstein-Filme und andere Produktionen des seichten Horrors. in denen der Schauspieler Vincent Price eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Vincent. Burtons Filmdebüt für 60.000 Dollar. beginnt mit einer rnice m er folgenden Wortlauts: ,,Vincent Malloy is seven years old. he•s alm1ys polite and does what he•s told. for a boy his age he•s considerate and nice. but he \Yants tobe just like Vincent Price." An anderer Stelle zeigt Merschmann. wie Burton kindliche (Alp-) Triiume in Edrnrd Scissorshands. in Thc _Vightmarc hc/i>rc Chrisrmas oder zuletzt in S!c1?p_1• Hollmr wrarbeitete. \\'ie er in Fra11kcmrec11ic direkt seine Frankenstein-Erfahrungen mit Comiceinflüssen mischte. in Bar111a11s Rcrum seine Comic-Phantasien spielen ließ. schließlich im Ed lr1)()d-Film seinen biografüch-üsthetischen \,\'t1rzeln so nah \\'ie nie war und sie in ..\!ars-~!!ads.' in kommerziellen Trash zu verwandeln verstand. Alles in allem eine gelungene Einführung zum Werk , on Tim Burton. die durch Dirk Schäfers Essay zur Filmmusik ,on Burtons Lieblingskomponisten Danny Elfman eine glänzende Abrundung erfährt.
Peter W. Engelmeier, der schon mit Regine Engelmeier gleichfalls im Prestel-Verlag den hervorrage... more Peter W. Engelmeier, der schon mit Regine Engelmeier gleichfalls im Prestel-Verlag den hervorragend aufbereiteten Bildband Film und Mode-Mode im Film (1991) herausgebracht hatte, traut sich in einem neuerlich reich ausgestatteten Bildband an das Wagnis heran, das Zwanzigste als "das erste und einzige Jahrhundert des Films" (S.6) zu porträtieren. Im Vorwort betont Engelmeier, dass nicht ,,die subjektive Favorisierung durch den Herausgeber" (S.6) sondern das gemeinsame Ringen mit der Redaktion, dem Lektorat, den Co-Autoren und dem filmbegeisterten Verleger Jürgen Tesch die Auswahl von 84 Film-Porträts bestimmt habe, um "die Welt der Kinematografie außerhalb des abgedunkelten Raums passieren zu lassen" (S.7). Dass bei diesem Versuch, ,,Erinnern und Wiedersehen" mit den Kino-Highlights des Jahrhunderts zu organisieren, nicht alle Filme berücksichtigt Werden konnten, die es wert gewesen wären, macht Engelrneier auch gleich in seinem Vorwort klar: Nicht als Randbemerkung, wohl aber als Randfotos präsentiert er Jacques
Die Untersuchung von Ute Seiderer zu Werner Schroeters Bachmann-Verfilmung Malina ist ein aufschl... more Die Untersuchung von Ute Seiderer zu Werner Schroeters Bachmann-Verfilmung Malina ist ein aufschlußreicher Versuch, die Psychologisierung von Filmfiguren über visuelle Zeichen zu beschreiben und auszudeuten. Seiderer liefert das, was im filmanalytischen Bereich leider immer noch rar ist: sehr genaue Produktanalysen, die-im konkreten Fall-Schroeters manieristische Stilmittel im Hinblick auf die Erweiterung des Repertoires narrativer Zeichenhaftigkeit des Films ausleuchten. Ganzen passant vermittelt die Autorin hierbei am Exempel des Malina-Films die wichtigsten Grundlagen der Theorie und Methodik filmsemiotischer Forschung und ist daher als erhellende Einführungslektüre zum Ansatz der von Klaus Kanzog begründeten "Münchener Schule" der Filmphilologie sehr empfehlenswert. Werner Barg (Köln)
Der Untertitel des Essaybandes von Herbert M. Hurka verrät schon, worum es dem Autor geht. In sie... more Der Untertitel des Essaybandes von Herbert M. Hurka verrät schon, worum es dem Autor geht. In sieben Essays geht Hurka der Frage nach, wie Opferfiguren in verschiedenen Künsten (u. a. Film, Literatur, Performance-und Aktionskunst) präsentiert und welche Funktionen diese medialen Konstruktionen fLir die realen sozialen Gewaltstrukturen haben. Gleich im ersten Essay: " ... output, Auswurf. Konstrukte der Schuld" (S.ll ff.) erläutert der Autor seine These, daß durch die Konstruktion von fiktiven, medial vermittelten Opferfiguren und deren "imaginäre(r) Opferung" (S.44) zum Beispiel in Agatha Christies Kriminalroman Mord im Orientexpress oder in Carol Reeds Film Der dritte Mann Gewaltphantasien aufgebaut, ventiliert und damit-gesellschaftlich gesehen-reale Gewalt ausgeblendet würde. Gesellschaften, meint Hurka, brauchen diese fiktiven Opferkonstruktionen, um reale (individuelle/staatliche) Gewalt gegen Menschen in einer phantastischen Allegorie zu vernebeln und zu rechtfertigen, in der das Opfer zugleich Täter und Sündenbock ist: Der Ermordete im "Orientexpreß" ist selbst ein Kindsmörder und "der dritte Mann" ein übler Penicillin-Schieber, der im Nachkriegs-Wien über Leichen geht. Das, was Hurka da an Theoretischem zur Gewaltdebatte sehr anschaulich an einer Fülle von Materialien erläutert, vom mittelalterlichen "Schauprozessen" gegen Juden bis zu den Performances von Künstlern wie FLATZ und anderen, ist
Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine Bearbeitung) zur Verfü... more Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. This document is made available under a Deposit License (No Redistribution-no modifications). We grant a non-exclusive, non-transferable, individual, and limited right for using this document. This document is solely intended for your personal, non-commercial use. All copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute, or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the conditions of use stated above.
In der "film"-Reihe des Berliner Benz-Verlages. die schon mir fundiert recherchierten und visuell... more In der "film"-Reihe des Berliner Benz-Verlages. die schon mir fundiert recherchierten und visuell ansprechenden. foto-und materialreich ausgestatteten Büchern zu Quentin Tarantino. Alfred Hitchcock oder den Coen-Brüdan aufwartete. hat sich der Journalist und promovierte Filmwissenschaftler Helmut Merschmann einem Sonderfall unter den Holly,rnodregisseuren zugewandt: Tim Burton. Faktenreich und plausibel geht Merschmann seiner These nach. dass mit Burton in Hollywoods Filmindustrie ein Autorenfilmer reinsten Wassers am Werke sei_ der es von Anbeginn verstanden habe, .. z,, ischen Asthetik und Biografie ein festes Band zu knüpfen" (S.7). Gemeint ist mit "Biografie" hier aber nicht "Burtons Selbststilisierung zum Wunderkind" (S.8). Diese Strategien von Selbst-PR hinterfragt Merschmann kritisch und lenkt in seinen detailgenauen Analysen den Blick des Lesers vielmehr auf die medienbiografischen Bezüge zwischen Burtons Filmen und dessen Lese-und Sehsozialisation. Merschmanns medienbiografischer Ansatz ist erhellend. zeigt er doch sehr präzise. wie Burtons "Faible für Schauermärchen und Geistererzählungen. deren direkter Symbolismus ihn faszinierte" (S.9). sich in den Charakteren und Bildeinfällen der Burton-Filme wiederfinden lässt. In diesem Zusammenhang verweist der Autor auf Burtons Vorliebe für Frankenstein-Filme und andere Produktionen des seichten Horrors. in denen der Schauspieler Vincent Price eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Vincent. Burtons Filmdebüt für 60.000 Dollar. beginnt mit einer rnice m er folgenden Wortlauts: ,,Vincent Malloy is seven years old. he•s alm1ys polite and does what he•s told. for a boy his age he•s considerate and nice. but he \Yants tobe just like Vincent Price." An anderer Stelle zeigt Merschmann. wie Burton kindliche (Alp-) Triiume in Edrnrd Scissorshands. in Thc _Vightmarc hc/i>rc Chrisrmas oder zuletzt in S!c1?p_1• Hollmr wrarbeitete. \\'ie er in Fra11kcmrec11ic direkt seine Frankenstein-Erfahrungen mit Comiceinflüssen mischte. in Bar111a11s Rcrum seine Comic-Phantasien spielen ließ. schließlich im Ed lr1)()d-Film seinen biografüch-üsthetischen \,\'t1rzeln so nah \\'ie nie war und sie in ..\!ars-~!!ads.' in kommerziellen Trash zu verwandeln verstand. Alles in allem eine gelungene Einführung zum Werk , on Tim Burton. die durch Dirk Schäfers Essay zur Filmmusik ,on Burtons Lieblingskomponisten Danny Elfman eine glänzende Abrundung erfährt.
Peter W. Engelmeier, der schon mit Regine Engelmeier gleichfalls im Prestel-Verlag den hervorrage... more Peter W. Engelmeier, der schon mit Regine Engelmeier gleichfalls im Prestel-Verlag den hervorragend aufbereiteten Bildband Film und Mode-Mode im Film (1991) herausgebracht hatte, traut sich in einem neuerlich reich ausgestatteten Bildband an das Wagnis heran, das Zwanzigste als "das erste und einzige Jahrhundert des Films" (S.6) zu porträtieren. Im Vorwort betont Engelmeier, dass nicht ,,die subjektive Favorisierung durch den Herausgeber" (S.6) sondern das gemeinsame Ringen mit der Redaktion, dem Lektorat, den Co-Autoren und dem filmbegeisterten Verleger Jürgen Tesch die Auswahl von 84 Film-Porträts bestimmt habe, um "die Welt der Kinematografie außerhalb des abgedunkelten Raums passieren zu lassen" (S.7). Dass bei diesem Versuch, ,,Erinnern und Wiedersehen" mit den Kino-Highlights des Jahrhunderts zu organisieren, nicht alle Filme berücksichtigt Werden konnten, die es wert gewesen wären, macht Engelrneier auch gleich in seinem Vorwort klar: Nicht als Randbemerkung, wohl aber als Randfotos präsentiert er Jacques
Die Untersuchung von Ute Seiderer zu Werner Schroeters Bachmann-Verfilmung Malina ist ein aufschl... more Die Untersuchung von Ute Seiderer zu Werner Schroeters Bachmann-Verfilmung Malina ist ein aufschlußreicher Versuch, die Psychologisierung von Filmfiguren über visuelle Zeichen zu beschreiben und auszudeuten. Seiderer liefert das, was im filmanalytischen Bereich leider immer noch rar ist: sehr genaue Produktanalysen, die-im konkreten Fall-Schroeters manieristische Stilmittel im Hinblick auf die Erweiterung des Repertoires narrativer Zeichenhaftigkeit des Films ausleuchten. Ganzen passant vermittelt die Autorin hierbei am Exempel des Malina-Films die wichtigsten Grundlagen der Theorie und Methodik filmsemiotischer Forschung und ist daher als erhellende Einführungslektüre zum Ansatz der von Klaus Kanzog begründeten "Münchener Schule" der Filmphilologie sehr empfehlenswert. Werner Barg (Köln)
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