Kreis Karthaus

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Der Kreis Karthaus war ein preußischer Landkreis, der von 1818 bis 1920 bestand. Er lag in dem Teil von Westpreußen, der nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag 1920 an Polen fiel und als Polnischer Korridor bezeichnet wurde. Das Landratsamt befand sich in der Landgemeinde Karthaus. Von 1939 bis 1945 war der Kreis im besetzten Polen als Teil des neu eingerichteten Reichsgaus Danzig-Westpreußen nochmals eingerichtet. Heute liegt das ehemalige Kreisgebiet in der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Der Kreis Karthaus von 1818 bis 1920
Die Provinz Westpreußen 1919
  • Regierungsbezirk Danzig
  • Regierungsbezirk Marienwerder
  • Mit der ersten Teilung Polens 1772 kam das künftige Kreisgebiet von der Woiwodschaft Pommerellen im polnischen Königlich Preußen an das Königreich Preußen und gehörte dort in der Provinz Westpreußen zunächst zu den Kreisen Dirschau und Stargard.[1] Durch die preußische Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und ihre Ausführungsbestimmungen kam das Gebiet zum Regierungsbezirk Danzig der Provinz Westpreußen. Im Rahmen einer umfassenden Kreisreform im Regierungsbezirk Danzig wurde zum 1. April 1818 aus Teilen der alten Kreise Dirschau und Stargard der neue Kreis Carthaus gebildet. Er umfasste die Intendanturämter Carthaus und Mirchau sowie eine größere Zahl adliger Güter.[2]

    Ein Landratsamt gab es zunächst nicht. Ein kreiseingesessener Gutsbesitzer führte die Geschäfte nebenamtlich von seinem Gute aus. Der erste Landrat war der Justizrat und frühere Danziger Senator Karl Michael von Groddeck auf Fitschkau. Er versah sein Amt bis zum März 1832 und starb im Jahr darauf im 70. Lebensjahr. Es gab auch keine Unterkunft für den Kreissekretär, der drei Jahre im Gasthaus leben musste und vor dem finanziellen Ruin stand. Weder der Kreisbote noch die zwei Gendarmen wohnten vor Ort. Später wurde die Landgemeinde Carthaus fester Sitz des Landratsamts. Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte sich für den Kreis und die Gemeinde Karthaus die Schreibweise Karthaus durch.

    Vom 3. Dezember 1829 bis zum 1. April 1878 waren Westpreußen und Ostpreußen zur Provinz Preußen vereinigt, die seit dem 1. Juli 1867 zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich gehörte.

    Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags musste der Kreis Karthaus am 10. Januar 1920 vom Deutschen Reich abgetreten werden. Der größte Teil des Kreisgebietes fiel an Polen und bestand als Powiat Kartuski weiter in der neuen Woiwodschaft Pommerellen. Mehrere Gemeinden im Osten des Kreisgebietes fielen an die Freie Stadt Danzig und wurden dort dem Kreis Danziger Höhe zugeordnet. Am 30. November 1920 kam es zu einem Gebietsaustausch zwischen Polen und dem Deutschen Reich. Die Ortschaften Żukówko und Mühlchen, die zum Kreis Karthaus gehört hatten, kamen zum pommerschen Kreis Bütow, während die Ortschaften Pommersch Prondzonka, Althütte bei Buchwalde und Schellews aus dem Kreis Bütow nach Polen wechselten.[3][4]

    Im Folgenden eine Übersicht mit offiziellen Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen:[5]

    Jahr 1821 1831 1852 1861 1871 1890 1900 1910
    Einwohner 23.599 29.144 42.371 51.348 56.133 59.694 62.990 69.891
    Evangelische
    Katholiken
    Juden
    6.132
    17.457
    2
      12.011
    30.213
    183
    15.241
    35.778
    287
    15.574
    40.221
    316
    15.715
    43.615
    333
    14.944
    47.724
    297
    15.030
    54.589
    222
    deutschsprachig
    zweisprachig
    polnischsprachig
      10.895
    -
    18.249
    9.740
    9.064
    23.567
    18.608
    -
    32.740
      19.627
    779
    39.279
    19.564
    28
    43.390
    19.319
    214
    50.354

    Im Deutschen Reich bildeten die Kreise Karthaus, Neustadt und Putzig den Reichstagswahlkreis Danzig 4. Dieser Wahlkreis wurde bei allen Reichstagswahlen von 1867 bis 1912 von der Polnischen Fraktion gewonnen.

    Im Jahr 1910 umfasste der Kreis Karthaus 126 Landgemeinden:[6]

    • Adlig Stendsitz
    • Banin
    • Bontsch
    • Bontscherhütte
    • Borkau
    • Borrek
    • Borruschin
    • Borschestowo
    • Brodnitz
    • Buchenfelde
    • Bukowagorra
    • Cetschau
    • Charlotten
    • Chmielno
    • Czapel
    • Eggertshütte
    • Fischershütte
    • Friedrichsthal
    • Fustpetershütte
    • Gartsch
    • Glasberg DZ
    • Glusino
    • Gollubien
    • Golzau
    • Gorrenschin
    • Gostomie
    • Gostomken
    • Gowidlino
    • Grabowo
    • Gribno
    • Groß Mischau
    • Hoppendorf
    • Jamen
    • Kamehlen
    • Kaminitza
    • Kaminitzamühle
    • Kapellenhütte
    • Karthaus, Stadt
    • Kelpin
    • Klobschin
    • Klossowken
    • Klukowahutta
    • Kobissau
    • Königlich Czapielken DZ
    • Königlich Stendsitz
    • Kositzkau
    • Kossi
    • Kossowo
    • Krissau
    • Lappalitz
    • Lissniewo
    • Maidahnen DZ
    • Marschau DZ
    • Mehsau
    • Miechutschin
    • Mirchau
    • Mischischewitz
    • Moisch
    • Moischerhütte
    • Nakel
    • Nestempohl
    • Neudorf
    • Neuendorf DZ
    • Niedeck
    • Nieder Klanau DZ
    • Nieder Sommerkau DZ
    • Niesolowitz
    • Nowahutta
    • Ober Buschkau DZ
    • Oberhütte DZ
    • Ober Kahlbude DZ
    • Ober Sommerkau DZ
    • Ostritz
    • Ostroschken DZ
    • Pallubitz
    • Parchau
    • Patschewo
    • Patul
    • Pierschewo
    • Podjaß
    • Pollenschin
    • Pomietschin
    • Pomietschinerhütte
    • Pomlau DZ
    • Prangenau DZ
    • Prockau
    • Pusdrowo
    • Ramley
    • Remboschewo
    • Ronti
    • Röskau
    • Sallakowo
    • Saworry
    • Schakau
    • Schlawkau
    • Schönbeck DZ

    Die mit0 DZ gekennzeichneten Gemeinden kamen 1920 zum Kreis Danziger Höhe im Mandatsgebiet Danzig des Völkerbundes. Die mit0 DEU gekennzeichnete Gemeinde Zukowken verblieb im Deutschen Reich. Alle übrigen Gemeinden fielen 1920 an die polnische Woiwodschaft Pommerellen.

    Zum Kreis gehörten außerdem folgende 40 Gutsbezirke (Stand vom 1. Januar 1908):[7]

    • Adlig Groß Czapielken
    • Babenthal, Forst
    • Barnewitz
    • Bortsch
    • Chmielno, Forst
    • Chosnitz
    • Chosnitz, Forst
    • Czenstkowo
    • Exau
    • Fidlin
    • Fitschkau
    • Glinow, Forst
    • Groß Tuchom
    • Grünhof, Forst
    • Kamionken
    • Karthaus, Forst
    • Klein Neuhof
    • Klein Tuchom
    • Kloden
    • Klossau
    • Lappin
    • Lindenhof
    • Mahlkau
    • Mariensee
    • Mehlken
    • Mirchau, Forst
    • Nestempohl
    • Neu Glintsch
    • Ottomin
    • Pempau
    • Radaunensee
    • Rheinfeld
    • Schwanau, Forst
    • Sdroyen
    • Sdunowitz
    • Stangenwalde, Forst
    • Sykorschin
    • Tockar
    • Unter Buschkau
    • Warschen

    Der Landkreis Karthaus im besetzten Polen 1939–1945

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    Reichsgau Danzig-Westpreußen (August 1943)

    Nach dem Überfall auf Polen und der völkerrechtswidrigen Annexion des ehemaligen Kreisgebiets durch das Deutsche Reich wurde der polnische Powiat Kartuski am 26. November 1939 unter seinem deutschen Namen Teil des neugebildeten Reichsgaus Westpreußen – später Danzig-Westpreußen – im besatzungsamtlichen neuen Regierungsbezirk Danzig. Die Stadt Karthaus wurde der im Altreich gültigen Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, welche die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst; Gutsbezirke gab es nicht mehr. Seit dem 25. Juni 1942 trug der Landkreis den Namen Karthaus (Westpr.).

    Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt, womit die deutsche Besatzungszeit dieses Teils Polens endete. In der Folgezeit wurden unter deutscher Besatzung zugewanderte Deutsche vollzählig wie auch angestammte deutschsprachige Polen, soweit sie nicht vorher geflohen waren, größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben. Der Powiat Kartuski lebte wieder auf und war wieder Teil der Woiwodschaft Pommerellen, die am 14. März 1945 die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen hatte. Am 1. April 1945 kam das Kreisgebiet an die neu gebildete Woiwodschaft Danzig (1945–1975).

    • 1939–0000 Herbert Busch

    Durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 galten vorläufig hinsichtlich der bisher polnischen Ortsnamen die bis 1918 gültigen deutschen Ortsnamen. Diese globale Rückbenennung war möglich, da noch das gesamte deutsche Kartenwerk für die 1920 an Polen abgetretenen Gebiete (auch) die früheren deutschen Ortsnamen weitergeführt hatte.

    Mittels der Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 wurden mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen eingedeutscht. Dabei wurde entweder der Name von 1918 beibehalten oder – falls er keinen typisch deutschen Klang hatte – lautlich angeglichen oder übersetzt, zum Beispiel:

    • Banin: Bullenbrook,
    • Chmielno: Schmellen,
    • Karthaus: Karthaus (Westpr.),
    • Kossowo: Kossau,
    • Miechutschin: Mechenhof,
    • Remboschewo: Broddenfurt,
    • Sianowo: Schwanau,
    • Sierakowitz: erst Rockdorf, dann Sierke,
    • Zukowo: Zuckau.
    • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 44–45, Ziffer 7.
    • Wilhelm Brauer u. a. (Hrsg.): Der Kreis Karthaus, ein westpreußisches Heimatbuch. Lübeck 1978.
    • Willy Heidn: Die Ortschaften des Kreises Karthaus/Westpr. in der Vergangenheit. In: Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas herausgegeben vom Johann Gottfried Herder-Institut. Nr. 73, Marburg/Lahn 1965.
    • Willy Heidn: Die Geschichte des Kreises Karthaus (Vom Ende der Ordensherrschaft 1466–1945) (= Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V., Nr. 20). Hamburg 1971.
    • Peter Letkemann: Die preußische Verwaltung des Regierungsbezirks Danzig 1815 – 1870. Marburg/Lahn 1967.
    • Michael Rademacher: Westpreußen – Landkreis Karthaus. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. (Deutsche Verwaltungsgeschichte 1871–1990).
    • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft 2: Provinz Westpreußen, Regierungsbezirk Danzig. Berlin 1912, S. 24–33, Kreis Karthaus.
    • Preußisches Finanzministerium: Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Danzig. Danzig 1867, 5. Kreis Karthaus.
    • A. C. A. Friedrich: Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens. Berlin 1839, S. 625.
    • Theodor Hirsch: Geschichte des Karthauser Kreises bis zum Aufhören der Ordensherrschaft. In: Zeitschrift des Westpreußischen Geschichts-Vereins. Heft 6, 1882, S. 1–148.
    • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 378–387.
    • Pauk Niekammer (Hrsg.): Westpreussisches Güter-Adreßbuch. Stettin 1903, S. 29–35: Kreis Karthaus (eingeschränkte Vorschau).
    • Landkreis Karthaus Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 12. Juli 2013.

    Einzelnachweise

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    1. Johann Friedrich Goldbeck (Hrsg.): Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Band 2. Marienwerder 1789, S. 62 ff. (Digitalisat).
    2. Max Töppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Justus Perthes, Gotha 1858, S. 352 (Digitalisat).
    3. Erich Winguth: Verzeichnis der nichtstaatlichen Archive des Kreises Bütow, Bezirk Köslin. In: Digitale Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern. Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, abgerufen am 9. August 2017.
    4. territorial.de: Kreis Bütow
    5. Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S. 97.
    6. Gemeindeverzeichnis 1910 mit Einwohnerzahlen
    7. Gemeindeverzeichnis Kreis Karthaus – territorial.de (Rolf Jehke, 2012):