Anthony Taylor (Schiedsrichter)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Anthony Taylor (2015)

Anthony Taylor (* 20. Oktober 1978 in Wythenshawe, Manchester) ist ein englischer Fußballschiedsrichter. Seit 2013 steht er auf der FIFA-Liste.[1]

Leben

Nach dem Schulabschluss arbeitete Taylor zunächst als Gefängniswärter. Bis 2012 ging er diesem Beruf parallel zu seiner Schiedsrichterlaufbahn nach, seitdem ist er hauptberuflicher Schiedsrichter.[1]

Taylor lebt mit seiner Frau und den zwei gemeinsamen Töchtern in der Grafschaft Cheshire.[1]

Karriere als Schiedsrichter

Laufbahn

Taylor begann seine Karriere als Schiedsrichter mit 16 Jahren und stieg kontinuierlich im englischen Ligensystem auf. Im Jahr 2006 wurde er auf die Schiedsrichterliste der English Football League berufen, die zu Einsätzen bis hinauf zur zweiten englischen Liga berechtigt. Seinen ersten Einsatz in der Premier League, der höchsten englischen Spielklasse, hatte er im Jahr 2010 bei der Begegnung zwischen dem FC Fulham und dem FC Portsmouth. Zur Saison 2010/2011 wurde er schließlich dauerhaft auf die Liste der Premier-League-Schiedsrichter gesetzt.[2] Im Jahr 2017 wurde er erstmals für die Leitung des FA-Cup Endspiels nominiert. 2020 wurde er erneut mit der Leitung des Endspiels betraut und ist damit der erste Schiedsrichter seit 1901, dem diese Ehre zuteilwurde.[3] Schiedsrichter-Obmann David Elleray begründete die Entscheidung mit den besonderen Umständen aufgrund der COVID-19-Pandemie. Es sei Sitte, dass Familienangehörige und Weggefährten des Final-Schiedsrichters das Spiel im Wembley-Stadion verfolgen könnten. Da das Finale ohne Zuschauer ausgetragen werde, sei ein Schiedsrichter nominiert worden, der die Erfahrung bereits gemacht habe.[3]

Seit 2013 ist Taylor FIFA-Schiedsrichter und damit berechtigt, Spiele in internationalen Nationalmannschafts- und Klubwettbewerben zu leiten. Sein offizielles internationales Debüt feierte er im Juni 2013 bei einem Qualifikationsspiel zur U-19 EM zwischen Spanien und Griechenland. Sein erster Einsatz bei einem A-Länderspiel folgte ein Jahr später mit dem Freundschaftsspiel zwischen Jamaika und Ägypten. Bei der U-19 EM 2015 in Griechenland wurde er sowohl für die Leitung des Eröffnungsspiel als auch des Finales nominiert. Darüber hinaus leitete er Spiele bei der U-17 WM 2017 in Indien.[2] Als Torrichter gehörte er zum Team um Hauptreferee Mark Clattenburg und amtierte in dieser Funktion unter anderem im Champions-League-Finale 2016 und bei der Fußball-Europameisterschaft 2016 – auch hier kam er zu einem Endspieleinsatz.

Sein erstes Spiel in einem europäischen Klubwettbewerb leitete er 2013 in der 3. Qualifikationsrunde zur UEFA Champions League zwischen ŠK Slovan Bratislava und Ludogorets Rasgrad. Seitdem wird er regelmäßig in UEFA Europa League und Champions League eingesetzt. Einen bisherigen Karrierehöhepunkt stellt die Leitung des UEFA-Super Cups 2020 zwischen Bayern München und dem FC Sevilla dar.[2]

Für die Europameisterschaft 2021 wurde er von der UEFA als einer von 19 Hauptschiedsrichtern nominiert.[4] Er leitete insgesamt drei Spiele, darunter ein Achtelfinale. Während seines ersten Einsatzes erlitt der dänische Spieler Christian Eriksen in der 40. Minute einen Herzstillstand und musste auf dem Feld reanimiert werden. Das Spiel wurde erst nach knapp zweistündiger Unterbrechung fortgesetzt. Der Vorsitzende der UEFA-Schiedsrichterkommission Roberto Rosetti lobte Taylor für seine schnelle Reaktion und Besonnenheit im Umgang mit dieser Situation.[5] Die fortgesetzte Wertschätzung durch die UEFA-Kommission wurde durch seine Nominierung für das Endspiel der UEFA Nations League zwischen Frankreich und Spanien in Mailand weiter demonstriert.

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 stand er als einer von 36 Hauptschiedsrichtern zum ersten Mal im Unparteiischen-Aufgebot bei einer WM, als Assistenten begleiteten ihn, wie bereits bei der EURO, Gary Beswick und Adam Nunn.[6] Taylor leitete insgesamt zwei Partien der Gruppenphase. In seinem ersten Spiel verwies er nach Spielschluss den Trainer Südkoreas Paulo Bento des Feldes. Er war damit der erste Schiedsrichter der WM-Geschichte, der einen Cheftrainer mittels der Roten Karte vom Platz stellte.[7] Taylor verblieb bis zum Endspiel im Turnier, kam jedoch zu keinem weiteren Einsatz.

Bei der FIFA-Klub-Weltmeisterschaft 2022 leitete er zwei Spiele, darunter das Finale zwischen Real Madrid und al-Hilal aus Saudi-Arabien (Endstand 5:3). Am Ende der Spielzeit 2022/23 wurde er mit der Leitung des Endspiels um die UEFA Europa League zwischen dem FC Sevilla und der AS Rom betraut, welches die Spanier mit 4:1 im Elfmeterschießen gewinnen konnten.

Bei der EM 2024 gehörte er mit seinen Assistenten Beswick und Nunn erneut zum Schiedsrichterkader des Kontinentalwettbewerbs.[8] Bei dem Turnier leitete er insgesamt drei Spiele, nach zwei Einsätzen in der Gruppenphase auch das Viertelfinale zwischen Gastgeber Deutschland und Spanien. In diesem verweigerte er sowohl eine gelb-rote Karte gegen Toni Kroos[9] nach sechs Minuten als auch in der Verlängerung nach einem Handspiel des Spaniers Marc Cucurella den Deutschen beim Stand von 1:1 einen Handelfmeter, wofür er nach dem Spiel und dem Ausscheiden Deutschlands durch einige Experten hart kritisiert wurde. Der Lehrwart des Deutschen Fußballbundes Lutz Wagner hingegen bezeichnete die Entscheidung Taylors als vertretbar.[10] In ihrer internen Aufarbeitung des Turniers kam die UEFA-Schiedsrichterkommission hingegen zu dem Schluss, dass ein Strafstoß hätte verhängt werden müssen.[11]

Einsätze bei Turnieren

Phase Datum Spielort Heimmannschaft Gastmannschaft Ergebnis
Gruppenphase 12. Juni 2021 Kopenhagen Danemark Dänemark Finnland Finnland 0:1 (0:0)
Gruppenphase 19. Juni 2021 München Portugal Portugal Deutschland Deutschland 2:4 (1:2)
Achtelfinale 26. Juni 2021 London Italien Italien Osterreich Österreich 2:1 n. V. (0:0, 0:0)
Phase Datum Spielort Heimmannschaft Gastmannschaft Ergebnis
Gruppenphase 28. Nov. 2022 ar-Rayyan Korea Sud Südkorea Ghana Ghana 2:3 (0:2)
Gruppenphase 1. Dez. 2022 ar-Rayyan Kroatien Kroatien Belgien Belgien 0:0
Phase Datum Spielort Heimmannschaft Gastmannschaft Ergebnis
Gruppenphase 21. Juni 2024 Leipzig Niederlande Niederlande Frankreich Frankreich 0:0
Gruppenphase 26. Juni 2024 Stuttgart Ukraine Ukraine Belgien Belgien 0:0
Viertelfinale 5. Juli 2024 Stuttgart Spanien Spanien Deutschland Deutschland 2:1 n. V. (1:1, 1:0)

Erfolge

Commons: Anthony Taylor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Wie ein Rüffel seiner Mutter Anthony Taylor auf den Weg zur Weltmeisterschaft brachte (Memento vom 23. November 2020 im Internet Archive), UCLAN Live (englisch). Abgerufen am 10. November 2020.
  2. a b c d Anthony Taylor - Einsatzstatistik, Transfermarkt.de. Abgerufen am 10. November 2020.
  3. a b FA-Cup Finalschiedsrichter bestätigt, The FA.com (englisch). Abgerufen am 10. November 2020.
  4. UEFA EURO 2020 - Schiedsrichter und Schiedsrichterassistenten (Memento vom 22. April 2021 im Internet Archive), UEFA.com (englisch). Abgerufen am 22. April 2021.
  5. Rosettis Aufruf an Schiedsrichter und VAR - "Weiter so", UEFA.com (englisch). Abgerufen am 8. Juli 2021.
  6. FIFA World Cup Qatar 2022: 21 November - 18 December 2022 – List of appointed FIFA Match Officials. 19. Mai 2022, abgerufen am 28. November 2022 (englisch).
  7. Bento becomes the first manager to be shown red card in World Cup. In: The Dong-a-ilbo. 30. November 2022, abgerufen am 20. Dezember 2022 (englisch).
  8. UEFA Euro 2024 – Referees and Assistant Referees. (pdf) In: uefa.com. UEFA, 23. April 2024, abgerufen am 22. Mai 2024 (englisch).
  9. Spielinfo Spanien - Deutschland 2:1 Viertelfinale Europameisterschaft 2024 - kicker. In: kicker.de. Abgerufen am 5. Juli 2024.
  10. Thiemo Müller: DFB-Regelexperte Lutz Wagner über Cucurellas Handspiel: "So gerne wir Klarheit haben: Wir müssen das aushalten". In: kicker.de. 7. Juli 2024, abgerufen am 9. Juli 2024.
  11. Interner UEFA-Bericht: Cucurella-Handspiel bei der EM hätte Strafstoß geben müssen. In: deutschlandfunk.de. 23. September 2024, abgerufen am 24. September 2024.