Anschlag von Bologna

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Zerstörter Hauptbahnhof von Bologna
Retter tragen nach der Explosion einen Verletzten.
Der als Mahnmal beibehaltene Riss in der Bahnhofswand
Ort der Explosion als Gedenkstätte

Der Anschlag von Bologna (italienisch Strage di Bologna) war ein Bombenanschlag auf den Hauptbahnhof der italienischen Stadt Bologna am Morgen des 2. August 1980. Bei dem Anschlag starben 85 Menschen, mehr als 200 wurden verletzt. Unmittelbar nach dem Anschlag wurden sowohl links- wie auch rechtsextremistische Terrorgruppen der Täterschaft bezichtigt, für beide Seiten gingen verschiedene Bekenneranrufe bei der Polizei ein.[1] Nach sechs Jahren Ermittlung konnte Untersuchungsrichter Felice Casson nachweisen, dass es sich bei den Tätern um Neofaschisten handeln muss, die Kontakte zum italienischen Militärgeheimdienst pflegten. Nun wurde die neofaschistische Terrororganisation Ordine Nuovo beschuldigt, den Anschlag verübt zu haben. Zwei Agenten des italienischen Geheimdienstes SISMI und der Vorsitzende der Propaganda Due (P2), Licio Gelli, wurden wegen Behinderung der Ermittlungsarbeiten verurteilt.

Eine in einem abgestellten Koffer versteckte Zeitbombe detonierte um 10:25 Uhr in einem überfüllten Wartesaal des Bahnhofs. Der Sprengsatz bestand aus TNT und T4. Die Explosion zerstörte den westlichen Flügel des Empfangsgebäudes und beschädigte einen Zug, der zwischen Ancona und Chiasso unterwegs war und auf Gleis 1 hielt. Die Explosion war kilometerweit zu hören. Das Dach des Wartesaals brach zusammen, was die Zahl der Todesopfer stark erhöhte.

An jenem ersten Augustsamstag, einem der Hauptreisetage in Italien, hielten sich viele Reisende im Bahnhof auf. Die Stadt war auf eine solch große Katastrophe nicht vorbereitet. Es standen nicht genügend Krankenwagen zur Verfügung, so dass Busse und Taxis zum Transport der Verletzten in die Krankenhäuser eingesetzt werden mussten.

Die italienische Regierung unter Ministerpräsident Francesco Cossiga und die Polizei gingen zunächst von einem Unfall aus. Es konnte aber recht bald ermittelt werden, dass ein Ableger der Ordine Nuovo, die Nuclei Armati Rivoluzionari (NAR), für den Anschlag verantwortlich war. In einer Sondersitzung des Senats unterstützte Cossiga die Theorie, der Anschlag sei von Neofaschisten verübt worden. Es wurde mehrmals versucht, die Aufklärung zu behindern und die Umstände des Attentats zu verschleiern.

Auf das Attentat folgten ein langes, verworrenes und umstrittenes Gerichtsverfahren und politische Diskussionen. Die Hinterbliebenen der Opfer gründeten die Organisation Associazione tra i familiari delle vittime della strage alla stazione di Bologna del 2 agosto 1980, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf den Fall zu lenken. Am 23. November 1995 gab der Corte Suprema di Cassazione das endgültige Urteil bekannt:

  • Die lebenslangen Haftstrafen gegen die Neofaschisten und Mitglieder der Nuclei Armati Rivoluzionari (NAR) Valerio Fioravanti und Francesca Mambro, die immer ihre Unschuld beteuerten, wurden bestätigt. Das Gericht befand sie der Ausführung des Anschlags schuldig.
  • Der Vorsitzende der Propaganda Due, Licio Gelli, Francesco Pazienza und die beiden SISMI-Beamten Pietro Musumeci und Giuseppe Belmonte wurden wegen Behinderung der Ermittlungen verurteilt.

Fioravanti wurde 2004 auf Bewährung aus der Haft entlassen, Mambro kam 2008 auf Bewährung aus der Haft.[2][3] Sie hatten 1985 im Gefängnis geheiratet. Beide bestritten stets die Verantwortung für den Anschlag in Bologna.

Im November 2014 verurteilte ein Zivilgericht in Bologna Fioravanti und Mambro zu einer Entschädigungszahlung an den italienischen Staat von 2,13 Milliarden Euro.[4] Die Summe wurde vom Gericht als Ersatz für die materiellen und moralischen Schäden sowie für die Verfahrenskosten festgelegt. Das Gericht erkannte damit die Forderungen an, die Rechtsanwalt Fausto Baldi im Namen der Regierung eingereicht hatte.

Nationalität[5] Opfer
Italien Italien 77
Deutschland Bundesrepublik Deutschland 3
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 2
Spanien 1977 Spanien 1
Frankreich Frankreich 1
Japan Japan 1
  • Antonella Ceci, 19
  • Angela Marino, 23
  • Leo Luca Marino, 24
  • Domenica Marino, 26
  • Errica Frigerio, 57
  • Vito Diomede Fresa, 62
  • Cesare Francesco Diomede Fresa, 14
  • Anna Maria Bosio, 28
  • Carlo Mauri, 32
  • Luca Mauri, 6
  • Eckhardt Mader, 14
  • Margret Rohrs, 39
  • Kai Mader, 8
  • Sonia Burri, 7
  • Patrizia Messineo, 18
  • Silvana Serravalli, 34
  • Manuela Gallon, 11
  • Natalia Agostini, 40
  • Marina Antonella Trolese, 16
  • Anna Maria Salvagnini, 51
  • Roberto De Marchi, 21
  • Elisabetta Manea, 60
  • Eleonora Geraci, 46
  • Vittorio Vaccaro, 24
  • Velia Carli, 50
  • Salvatore Lauro, 57
  • Paolo Zecchi, 23
  • Viviana Bugamelli, 23
  • Catherine Helen Mitchell, 22
  • John Andrew Kolpinski, 22
  • Angela Fresu, 3
  • Maria Fresu, 24
  • Loredana Molina, 44
  • Angelica Tarsi, 72
  • Katia Bertasi, 34
  • Mirella Fornasari, 36
  • Euridia Bergianti, 49
  • Nilla Natali, 25
  • Franca Dall’Olio, 20
  • Rita Verde, 23
  • Flavia Casadei, 18
  • Giuseppe Patruno, 18
  • Rossella Marceddu, 19
  • Davide Caprioli, 20
  • Vito Ales, 20
  • Iwao Sekiguchi, 20
  • Brigitte Drouhard, 21
  • Roberto Procelli, 21
  • Mauro Alganon, 22
  • Maria Angela Marangon, 22
  • Verdiana Bivona, 22
  • Francisco Gómez Martínez, 23
  • Mauro Di Vittorio, 24
  • Sergio Secci, 24
  • Roberto Gaiola, 25
  • Angelo Priore, 26
  • Onofrio Zappalà, 27
  • Pio Carmine Remollino, 31
  • Gaetano Roda, 31
  • Antonino Di Paola, 32
  • Mirco Castellaro, 33
  • Nazzareno Basso, 33
  • Vincenzo Petteni, 34
  • Salvatore Seminara, 34
  • Carla Gozzi, 36
  • Umberto Lugli, 38
  • Fausto Venturi, 38
  • Argeo Bonora, 42
  • Francesco Betti, 44
  • Mario Sica, 44
  • Pier Francesco Laurenti, 44
  • Paolino Bianchi, 50
  • Vincenzina Sala, 50
  • Berta Ebner, 50
  • Vincenzo Lanconelli, 51
  • Lina Ferretti, 53
  • Romeo Ruozi, 54
  • Amorveno Marzagalli, 54
  • Antonio Francesco Lascala, 56
  • Rosina Barbaro, 58
  • Irene Breton, 61
  • Pietro Galassi, 66
  • Lidia Olla, 67
  • Maria Idria Avati, 80
  • Antonio Montanari, 86

Der 2. August wurde als Gedenktag an die Opfer ausgerufen. Die Stadtverwaltung von Bologna und die Associazione tra i famigliari delle vittime della strage alla stazione di Bologna del 2 agosto 1980 veranstalten jährlich einen internationalen Komponistenwettbewerb, der mit einem Konzert auf dem Hauptplatz der Stadt, der Piazza Maggiore, endet.

Die beschädigten Gebäudeteile wurden wiederaufgebaut, der Fußboden am Explosionsort und ein tiefer Riss in der Wand wurden jedoch als Mahnmal an den Anschlag unverändert beibehalten. Außerdem bleibt die Bahnhofsuhr auf 10:25 Uhr, der genauen Uhrzeit der Explosion, stehen. Die Uhr wurde allerdings einige Monate später repariert und war bis 1995 regulär in Betrieb. Ein erneuter Defekt wurde genutzt, um die Uhrzeit für die nächsten Jahre zum Gedenken auf den Zeitpunkt des Anschlags zu stellen. Eine vorübergehende Reparatur und kurzer Betrieb im Jahr 2001 sorgte bei Bürgern und der Stadt Bologna für Proteste. So wurde die Uhr permanent auf 10:25 Uhr angehalten.[6]

Nach der Verhaftung von Rodolfo Almirón, einem ehemaligen Mitglied der Alianza Anticomunista Argentina, im Jahr 2006 gab der spanische Anwalt José Angel Pérez Nievas bekannt, dass es „wahrscheinlich [ist], dass Almirón – zusammen mit Stefano Delle Chiaie und Augusto Canchi – am Attentat auf den Bahnhof von Bologna 1980 beteiligt war“.[7]

Commons: Anschlag von Bologna 1980 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Sven Felix Kellerhoff: Bologna-Attentat 1980: Passagiere, zu Tode gequetscht. In: DIE WELT. 2. August 2020 (welt.de [abgerufen am 5. August 2020]).
  2. Fioravanti è un uomo libero – Finita la libertà condizionata. Corriere della Sera, 3. August 2009, abgerufen am 9. Februar 2022 (italienisch).
  3. Mambro in libertà condizionale – I parenti delle vittime: vergogna. Corriere della Sera, 8. Oktober 2008, abgerufen am 9. Februar 2022 (italienisch).
  4. news.orf.at vom 19. November 2014
  5. Strage di Bologna: vittime (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive)
  6. la Repubblica/cronaca: Fermate l’orologio di Bologna. Abgerufen am 31. Oktober 2022.
  7. Denuncian que Almirón también participó en la ultraderecha española. Argentinische Nachrichtenagentur Télam, 6. Januar 2007, archiviert vom Original am 27. September 2007; abgerufen am 13. November 2009 (spanisch).

Koordinaten: 44° 30′ 21″ N, 11° 20′ 33″ O