„Straffreiheitsgesetz“ – Versionsunterschied
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Bei einem '''Straffreiheitsgesetz''' handelt es sich um ein Gesetz, das aus rechtspolitischen oder aus anderen Gründen einen allgemeinen [[Straferlass]] für bestimmte [[Delikt]]e vorsieht. Oftmals wird ein Straffreiheitsgesetz erlassen, wenn gewisse [[Straftatbestand|Straftatbestände]] aufgehoben werden. Es kann eine [[Amnestie]], eine [[Abolition]] und die Nichtverfolgung von Straftaten, die bisher noch nicht Gegenstand eines Strafverfahrens waren, umfassen. |
Bei einem '''Straffreiheitsgesetz''' handelt es sich um ein Gesetz, das aus rechtspolitischen oder aus anderen Gründen einen allgemeinen [[Straferlass]] für bestimmte [[Delikt]]e vorsieht. Oftmals wird ein Straffreiheitsgesetz erlassen, wenn gewisse [[Straftatbestand|Straftatbestände]] aufgehoben werden. Es kann eine [[Amnestie]], eine [[Abolition]] und die Nichtverfolgung von Straftaten, die bisher noch nicht Gegenstand eines Strafverfahrens waren, umfassen. |
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Das letzte Straffreiheitsgesetz erging in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1970 mit der Änderung des Demonstrationsstrafrechts. In der Bundesrepublik hat der Bund die konkurrierende [[Gesetzgebungskompetenz]] zum Erlass von Straffreiheitsgesetzen gem. {{Art.|74|gg|juris}} Nr. 1 GG.<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002213.html Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. April 1953 zum Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 (BVerfGE 2, 213 - Straffreiheitsgesetz)]</ref> |
Das letzte Straffreiheitsgesetz erging in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1970 mit der Änderung des Demonstrationsstrafrechts. In der Bundesrepublik hat der Bund die konkurrierende [[Gesetzgebungskompetenz]] zum Erlass von Straffreiheitsgesetzen gem. {{Art.|74|gg|juris}} Nr. 1 GG.<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002213.html Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. April 1953 zum Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 (BVerfGE 2, 213 - Straffreiheitsgesetz)]</ref> |
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== Straffreiheitsgesetze in Deutschland == |
== Straffreiheitsgesetze in Deutschland == |
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=== Novemberrevolution === |
=== Novemberrevolution === |
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* 1918 „Revolutionsamnestie“, verkündet vom [[Rat der Volksbeauftragten]] in seinem Aufruf an das deutsche Volk vom 12. November 1918 während der [[Novemberrevolution#Übergangsregierung und Rätebewegung|Novemberrevolution]] <ref name="Klappentext">Jürgen Christoph: ''Die politischen Reichsamnestien 1918–1933'' (Rechtshistorische Reihe, Band 57). Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. [u. a.] 1988. |
* 1918 „Revolutionsamnestie“, verkündet vom [[Rat der Volksbeauftragten]] in seinem Aufruf an das deutsche Volk vom 12. November 1918 während der [[Novemberrevolution#Übergangsregierung und Rätebewegung|Novemberrevolution]] <ref name="Klappentext">Jürgen Christoph: ''Die politischen Reichsamnestien 1918–1933'' (Rechtshistorische Reihe, Band 57). Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. [u. a.] 1988. {{Webarchiv|url=https://www.peterlang.com/view/product/40824 |wayback=20170415202452 |text=Klappentext: |archiv-bot=2024-05-17 23:31:02 InternetArchiveBot }} |
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:''Untersucht werden die acht Reichsamnestiegesetze für politische Straftaten in der Zeit von 1918-1933: Revolutionsamnestie 1918, Kapp-Amnestie 1920, Rathenau-Amnestie 1922, Hindenburg-Amnestie 1925, Koch-Amnestie 1928, Rheinlandräumungs-Amnestie 1930, Schleicher-Amnestie 1932 und die Amnestie-Verordnung 1933.''</ref> |
:''Untersucht werden die acht Reichsamnestiegesetze für politische Straftaten in der Zeit von 1918-1933: Revolutionsamnestie 1918, Kapp-Amnestie 1920, Rathenau-Amnestie 1922, Hindenburg-Amnestie 1925, Koch-Amnestie 1928, Rheinlandräumungs-Amnestie 1930, Schleicher-Amnestie 1932 und die Amnestie-Verordnung 1933.''</ref><ref>[[Detlef Lehnert]]: ''Die Weimarer Republik.'' 1. Aufl., Reclam, Stuttgart 1999, S. 235.</ref> |
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=== {{Anker|Weimarer Republik}}Weimarer Republik === |
=== {{Anker|Weimarer Republik}}Weimarer Republik === |
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(Quelle:<ref name="Klappentext" /> <ref>Auflistung mit Einzelerläuterungen auch bei Cord Gebhardt: ''Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945'' (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995, S. 205–207 ({{Google Buch|BuchID=jEZvqPiN_3MC|Seite=205}}).</ref>) |
(Quelle:<ref name="Klappentext" /> <ref>Auflistung mit Einzelerläuterungen auch bei Cord Gebhardt: ''Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945'' (=''[[Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts]]'', Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995, S. 205–207 ({{Google Buch|BuchID=jEZvqPiN_3MC|Seite=205}}).</ref>) |
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* 1920 „[[Kapp-Putsch|Kapp]]-Amnestie“ (''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 4.8.1920'', RGBl. 1920, S. 1487)<ref name="Wagner">Fundstelle und Gesetzestitel nach Norbert B. Wagner: ''Reine Staatslehre. Staaten, Fictitious States und das Deutschland-Paradoxon'' (Juristische Schriftenreihe, Bd. 278). Lit Verlag, Berlin 2015, S. 97, Anm. 405.</ref> |
* 1920 „[[Kapp-Putsch|Kapp]]-Amnestie“ (''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 4.8.1920'', RGBl. 1920, S. 1487)<ref name="Wagner">Fundstelle und Gesetzestitel nach Norbert B. Wagner: ''Reine Staatslehre. Staaten, Fictitious States und das Deutschland-Paradoxon'' (Juristische Schriftenreihe, Bd. 278). Lit Verlag, Berlin 2015, S. 97, Anm. 405.</ref> |
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* 1921/22 „Begnadigungsaktion“ für verurteilte Teilnehmer an den [[Märzkämpfe|Märzaufständen]] <ref>Friederike Goltsche: ''Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch)'' (Juristische Zeitgeschichte, Abt. 3, Bd. 35). De Gruyter, Berlin/New York 2010, S. 45 f.</ref> |
* 1921/22 „Begnadigungsaktion“ für verurteilte Teilnehmer an den [[Märzkämpfe in Mitteldeutschland|Märzaufständen]] <ref>Friederike Goltsche: ''Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch)'' (Juristische Zeitgeschichte, Abt. 3, Bd. 35). De Gruyter, Berlin/New York 2010, S. 45 f.</ref> |
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* 1922 „[[Republikschutzgesetz#Weitere Normen|Rathenau-Amnestie]]“ (''Gesetz über die Straffreiheit für politische Straftaten vom 21.7.1922'', RGBl. 1922 I, S. 595)<ref name="Wagner" /> |
* 1922 „[[Republikschutzgesetz#Weitere Normen|Rathenau-Amnestie]]“ (''Gesetz über die Straffreiheit für politische Straftaten vom 21.7.1922'', RGBl. 1922 I, S. 595)<ref name="Wagner" /> |
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* 1925 „[[Hindenburg-Amnestie#Hindenburg-Amnestie (1925)|Hindenburg-Amnestie]]“ (''Gesetz über die Straffreiheit vom 17.8.1925'', RGBl. 1925 I, S. 313)<ref name="Wagner" /> |
* 1925 „[[Hindenburg-Amnestie#Hindenburg-Amnestie (1925)|Hindenburg-Amnestie]]“ (''Gesetz über die Straffreiheit vom 17.8.1925'', RGBl. 1925 I, S. 313)<ref name="Wagner" /> |
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* ''[[Straffreiheitsverordnung von 1933|Verordnung des Reichspräsidenten über die Gewährung von Straffreiheit vom 21. März 1933]]'' |
* ''[[Straffreiheitsverordnung von 1933|Verordnung des Reichspräsidenten über die Gewährung von Straffreiheit vom 21. März 1933]]'' |
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:Sie gewährte zum Beispiel den [[Fememorde in der Weimarer Republik|Fememördern]] aus der Zeit der Weimarer Republik die Straffreiheit und die Rückkehr ins Deutsche Reich. Das [[Landgericht Offenburg]] wendete diese Verordnung nach Kriegsende, am 10. September 1946, an und lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen [[Heinrich Tillessen]], den Mörder [[Matthias Erzberger|Erzbergers]], ab.<ref>Cord Gebhardt: ''Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945'' (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995.</ref> |
:Sie gewährte zum Beispiel den [[Fememorde in der Weimarer Republik|Fememördern]] aus der Zeit der Weimarer Republik die Straffreiheit und die Rückkehr ins Deutsche Reich. Das [[Landgericht Offenburg]] wendete diese Verordnung nach Kriegsende, am 10. September 1946, an und lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen [[Heinrich Tillessen]], den Mörder [[Matthias Erzberger|Erzbergers]], ab.<ref>Cord Gebhardt: ''Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945'' (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995.</ref> |
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:Die Verordnung wurde formalrechtlich erst aufgehoben durch ''Art. I. Nr. 6 des [[Kontrollratsgesetz Nr. 55|Kontrollratgesetzes Nr. 55]] des [[Alliierter Kontrollrat|Alliierten Kontrollrats]] für Deutschland vom 20. Juni 1947'' ([[Amtsblatt|ABl.]] S. 284)<ref> |
:Die Verordnung wurde formalrechtlich erst aufgehoben durch ''Art. I. Nr. 6 des [[Kontrollratsgesetz Nr. 55|Kontrollratgesetzes Nr. 55]] des [[Alliierter Kontrollrat|Alliierten Kontrollrats]] für Deutschland vom 20. Juni 1947'' ([[Amtsblatt|ABl.]] S. 284)<ref>''Kontrollratsgesetz Nr. 55'' vom 20. Juni 1947. ''In: [[Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland]]'', Nummer 16 vom 31. Juli 1947, S. 284, Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek: {{URN|nbn:de:101:1-201301315102}}.</ref>, da sie im ''[[Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von NS-Recht]]'' vom 20. September 1945 nicht aufgeführt war. |
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* ''[[Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr]]'' vom 3. Juli 1934.<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1934&size=45&page=643 RGBl. I S. 529]</ref> Die zur Niederschlagung des [[Röhm-Putsch]]s vollzogenen Maßnahmen waren danach als Staatsnotwehr rechtens. |
* ''[[Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr]]'' vom 3. Juli 1934.<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1934&size=45&page=643 RGBl. I S. 529]</ref> Die zur Niederschlagung des [[Röhm-Putsch]]s vollzogenen Maßnahmen waren danach als Staatsnotwehr rechtens. |
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* ''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit'' vom 7. August 1934<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1936&size=45&page=468 RGBl. I S. 769]</ref> „aus Anlass der Vereinigung des Amtes des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers“ |
* ''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit'' vom 7. August 1934<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1936&size=45&page=468 RGBl. I S. 769]</ref> „aus Anlass der Vereinigung des Amtes des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers“ |
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* ''Gesetz über Straffreiheit für das Saarland'' vom 28. Februar 1935<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1935&size=45&page=451 RGBl. I S. 309]</ref> „aus Anlass der Rückkehr des [[Saargebiet]]es in das deutsche Mutterland“ (''Saarlandamnestie'') |
* ''Gesetz über Straffreiheit für das Saarland'' vom 28. Februar 1935<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=dra&datum=1935&size=45&page=451 RGBl. I S. 309]</ref> „aus Anlass der Rückkehr des [[Saargebiet]]es in das deutsche Mutterland“ (''Saarlandamnestie'') |
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=== Deutsche Demokratische Republik === |
=== Deutsche Demokratische Republik === |
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* ''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 11. November 1949'' ([[Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik|GBl.]] I S. 60)<ref> [http://www.documentarchiv.de/ddr/1949/straffreiheit1949_ges.html Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit] vom 11. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016</ref><ref> [http://www.documentarchiv.de/ddr/1949/straffreiheit1949_vo.html Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit] vom 23. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016</ref> |
* ''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 11. November 1949'' ([[Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik|GBl.]] I S. 60)<ref> [http://www.documentarchiv.de/ddr/1949/straffreiheit1949_ges.html Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit] vom 11. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016</ref><ref> [http://www.documentarchiv.de/ddr/1949/straffreiheit1949_vo.html Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit] vom 23. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016</ref> |
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: Aus Anlass der Errichtung der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] hatte die [[Volkskammer#Geschichte der Volkskammer bis April 1990 |
: Aus Anlass der Errichtung der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] hatte die [[Volkskammer#Geschichte der Volkskammer bis April 1990|Provisorische Volkskammer]] ein Gesetz beschlossen, wonach Freiheitsstrafen von nicht mehr als sechs Monaten und Geldstrafen von nicht mehr als 5000 Mark, auf die vor dem 7. Oktober 1949 erkannt worden war, erlassen wurden. Ausgenommen waren nach § 4 des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit jedoch Personen, die nach der [[Kontrollratsdirektive Nr. 38]] wegen Propaganda für den Nationalsozialismus oder Militarismus den Frieden gefährdet hatten oder wegen [[Kriegs- und Boykotthetze|Boykotthetze]] nach Art. 6 Abs. 2 der [[Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik]] bestraft worden waren oder noch zu bestrafen waren. |
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|Provisorische Volkskammer]] ein Gesetz beschlossen, wonach Freiheitsstrafen von nicht mehr als sechs Monaten und Geldstrafen von nicht mehr als 5000 DM, auf die vor dem 7. Oktober 1949 erkannt worden war, erlassen wurden. Ausgenommen waren nach § 4 des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit jedoch Personen, die nach der [[Kontrollratsdirektive Nr. 38]] wegen Propaganda für den Nationalsozialismus oder Militarismus den Frieden gefährdet hatten oder wegen [[Kriegs- und Boykotthetze|Boykotthetze]] nach Art. 6 Abs. 2 der [[Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik]] bestraft worden waren oder noch zu bestrafen waren. |
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=== Bundesrepublik Deutschland === |
=== Bundesrepublik Deutschland === |
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* ''Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949'' (''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit'')<ref> [http://www.documentarchiv.de/brd/1949/straffreiheit_ges.html Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit] vom 31. Dezember 1949. documentArchiv.de, abgerufen am 19. September 2016</ref> ({{BGBl|1949n I S. 37}})<ref>{{Webarchiv|url=https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/01165/index-18.html.de |wayback=20160317233925 |text=BGBl. 1949 S. 37 }} Webseite des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]], abgerufen am 20. September 2016</ref> |
* ''Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949'' (''Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit'')<ref> [http://www.documentarchiv.de/brd/1949/straffreiheit_ges.html Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit] vom 31. Dezember 1949. documentArchiv.de, abgerufen am 19. September 2016</ref> ({{BGBl|1949n I S. 37}})<ref>{{Webarchiv|url=https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/01165/index-18.html.de |wayback=20160317233925 |text=BGBl. 1949 S. 37 }} Webseite des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]], abgerufen am 20. September 2016</ref> |
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: Das Gesetz war eines der ersten Gesetze des [[1. Deutscher Bundestag|1. Deutschen Bundestages]] überhaupt<ref>Walter Naasner, Christoph Seemann: {{Webarchiv|url=https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/01165/index-18.html.de |wayback=20160317233925 |text=''Hintergrundinformationen'' }} Webseite des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]], abgerufen am 20. September 2016</ref> und trat am 1. Januar 1950 in Kraft. Es amnestierte unter bestimmten Voraussetzungen alle vor dem 15. September 1949, dem Tag der Wahl [[Konrad Adenauer]]s zum ersten deutschen [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]], begangenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten beziehungsweise bis zu einem Jahr auf Bewährung bestraft werden konnten.<ref>[[Norbert Frei]]: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit'', München 1996, ISBN 3-406-41310-2. [http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=17990 Rezension] der Wiederauflage 2012 von Klaus-Jürgen Bremm, literaturkritik.de, abgerufen am 20. September 2016</ref> |
: Das Gesetz war eines der ersten Gesetze des [[1. Deutscher Bundestag|1. Deutschen Bundestages]] überhaupt<ref>Walter Naasner, Christoph Seemann: {{Webarchiv|url=https://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/01165/index-18.html.de |wayback=20160317233925 |text=''Hintergrundinformationen'' }} Webseite des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]], abgerufen am 20. September 2016</ref> und trat am 1. Januar 1950 in Kraft. Es amnestierte unter bestimmten Voraussetzungen alle vor dem 15. September 1949, dem Tag der Wahl [[Konrad Adenauer]]s zum ersten deutschen [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]], begangenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten beziehungsweise bis zu einem Jahr auf Bewährung bestraft werden konnten.<ref>[[Norbert Frei]]: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit'', München 1996, ISBN 3-406-41310-2. [http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=17990 Rezension] der Wiederauflage 2012 von Klaus-Jürgen Bremm, literaturkritik.de, abgerufen am 20. September 2016</ref> |
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* [[Straffreiheitsgesetz 1954|''Straffreiheitsgesetz vom 17. Juli 1954'']] (''Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren'', {{BGBl|1954n I S. 203}}) |
* [[Straffreiheitsgesetz 1954|''Straffreiheitsgesetz vom 17. Juli 1954'']] (''Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren'', {{BGBl|1954n I S. 203}}) |
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:Das Gesetz erklärte die Straffreiheit für NS-Minderbelastete. Nutznießer des Gesetzes waren auch andere Personen wie Pfarrer [[ |
:Das Gesetz erklärte die Straffreiheit für NS-Minderbelastete. Nutznießer des Gesetzes waren auch andere Personen wie Pfarrer [[Carl Klinkhammer#Kampf für die Sittlichkeit|Carl Klinkhammer]] trotz völlig anderer Sachverhalte. |
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* ''Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968'' (''Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1968 - StrFrhG 1968)'')<ref name="aufh2010">beide aufgehoben durch {{Art.|50|2010I1864|buzer}} Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht vom 8. Dezember 2010 ({{BGBl|2010n I S. 1864}})</ref> |
* ''Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968'' (''Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1968 - StrFrhG 1968)'')<ref name="aufh2010">beide aufgehoben durch {{Art.|50|2010I1864|buzer}} Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht vom 8. Dezember 2010 ({{BGBl|2010n I S. 1864}})</ref> |
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: Nachdem mit dem Achten Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968<ref>{{BGBl|1968 I S. 741}}</ref> die Vorschriften des Strafgesetzbuchs gegen Hochverrat, [[Staatsgefährdung]] und Landesverrat reformiert und das Staatsschutz-Strafrecht der Nachkriegszeit überwunden worden waren,<ref> [[Ingo Müller (Jurist)|Ingo Müller]]: [http://www.fes-forumberlin.de/pdf_2013/130506_mueller.pdf ''Die Wiedereinführung des NS-Staatsschutzrechts 1951 und seine Beseitigung unter Gustav Heinemann 1968''] [[Friedrich-Ebert-Stiftung]], 2013</ref> wurde mit dem Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968<ref>{{BGBl|1968 I S. 773}}</ref> Straffreiheit gewährt wegen Straftaten nach Vorschriften, die durch jenes Achte Strafrechtsänderungsgesetz aufgehoben oder ersetzt worden waren. |
: Nachdem mit dem Achten Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968<ref>{{BGBl|1968 I S. 741}}</ref> die Vorschriften des Strafgesetzbuchs gegen Hochverrat, [[Staatsgefährdung]] und Landesverrat reformiert und das Staatsschutz-Strafrecht der Nachkriegszeit überwunden worden waren,<ref> [[Ingo Müller (Jurist)|Ingo Müller]]: [http://www.fes-forumberlin.de/pdf_2013/130506_mueller.pdf ''Die Wiedereinführung des NS-Staatsschutzrechts 1951 und seine Beseitigung unter Gustav Heinemann 1968''] [[Friedrich-Ebert-Stiftung]], 2013</ref> wurde mit dem Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968<ref>{{BGBl|1968 I S. 773}}</ref> Straffreiheit gewährt wegen Straftaten nach Vorschriften, die durch jenes Achte Strafrechtsänderungsgesetz aufgehoben oder ersetzt worden waren. |
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* ''Straffreiheitsgesetz vom 20. Mai 1970'' (''Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970 - StrFrhG 1970)'')<ref>{{BGBl|1970 I S. 509}}</ref><ref name="aufh2010" /> |
* ''Straffreiheitsgesetz vom 20. Mai 1970'' (''Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970 - StrFrhG 1970)'')<ref>{{BGBl|1970 I S. 509}}</ref><ref name="aufh2010" /> |
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:Unter diese von der SPD im Wahlkampf versprochene Amnestie fielen Tausende, die für „Demonstrationsdelikte“ mit bis zu neun Monaten Haft verurteilt worden waren. Parallel erfolgte eine Liberalisierung des [[Versammlungsfreiheit|Demonstrationsrechtes]] durch das [[Große Strafrechtsreform#Nach 1969|Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts]].<ref>{{BGBl|1969 I S. 505}}</ref> Es wurden rund 5000 Strafverfahren hinfällig, vor allem gegen [[Außerparlamentarische Opposition|Apo]]-Demonstranten und Studenten wie [[Günter Amendt]], der allerdings die Fortsetzung eines gegen ihn laufenden und aufgrund der Amnestie ausgesetzten Verfahrens beantragte, um den möglicherweise kostenintensiven Auswirkungen von Zivilprozessen zu entgehen.<ref>{{Der Spiegel|ID=43375301|Titel=Einer für alle|Autor=|Jahr=1971|Nr=4|Seiten=36|Datum=1971-01-18}}</ref> |
:Unter diese von der SPD im Wahlkampf versprochene Amnestie fielen Tausende, die für „Demonstrationsdelikte“ mit bis zu neun Monaten Haft verurteilt worden waren. Parallel erfolgte eine Liberalisierung des [[Versammlungsfreiheit|Demonstrationsrechtes]] durch das [[Große Strafrechtsreform#Nach 1969|Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts]].<ref>{{BGBl|1969 I S. 505}}</ref> Es wurden rund 5000 Strafverfahren hinfällig, vor allem gegen [[Außerparlamentarische Opposition|Apo]]-Demonstranten und Studenten wie [[Günter Amendt]], der allerdings die Fortsetzung eines gegen ihn laufenden und aufgrund der Amnestie ausgesetzten Verfahrens beantragte, um den möglicherweise kostenintensiven Auswirkungen von Zivilprozessen zu entgehen.<ref>{{Der Spiegel|ID=43375301|Titel=Einer für alle|Autor=|Jahr=1971|Nr=4|Seiten=36|Datum=1971-01-18}}</ref> |
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== Spanien == |
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Das [[Spanisches Amnestiegesetz 1977|spanische Amnestiegesetz 1977]] wurde nach dem Tod des langjährigen Diktators [[Francisco Franco|Franco]] verabschiedet. Es hatte zum Ziel, etwaige strafrechtliche Auswirkungen zu verhindern, welche die seinerzeitige Konsolidierung hin zu einer Demokratie in Spanien gefährden könnten.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.ishkarioth.com/advocatus/tag/ley-de-amnistia/ |titel=Ley De Amnistía {{!}} Advocatus Diaboli |datum=2014-02-21 |abruf=2024-02-29 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140221201235/http://www.ishkarioth.com/advocatus/tag/ley-de-amnistia/ |archiv-datum=2014-02-21 |offline= |archiv-bot=2024-05-13 06:24:30 InternetArchiveBot }}</ref> |
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Im Mai 2024 verabschiedete Spaniens Abgeordnetenhaus ([[Congreso de los Diputados]]) ein Amnestiegesetz für katalanische Separatisten.<ref>https://www.tagesschau.de/ausland/europa/spanien-amnestiegesetz-katalonien-100.html (15. März 2024)</ref> |
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Am 24. Juli 2024 beschloss eine Kammer des Obersten Gerichts, dieses Amnestiegesetz auf seine Verfassungskonformität zu prüfen.<ref>https://www.tagesschau.de/ausland/spanien-amnestiegesetz-verfassungsgericht-100.html (25. Juli 2024)</ref> |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Rechtshinweis}} |
{{Rechtshinweis}} |
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[[Kategorie:Strafrecht]] |
[[Kategorie:Strafrecht (Deutschland)]] |
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[[Kategorie:Recht (Weimarer Republik)]] |
[[Kategorie:Recht (Weimarer Republik)]] |
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[[Kategorie:Politik (Weimarer Republik)]] |
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Aktuelle Version vom 17. September 2024, 19:29 Uhr
Bei einem Straffreiheitsgesetz handelt es sich um ein Gesetz, das aus rechtspolitischen oder aus anderen Gründen einen allgemeinen Straferlass für bestimmte Delikte vorsieht. Oftmals wird ein Straffreiheitsgesetz erlassen, wenn gewisse Straftatbestände aufgehoben werden. Es kann eine Amnestie, eine Abolition und die Nichtverfolgung von Straftaten, die bisher noch nicht Gegenstand eines Strafverfahrens waren, umfassen.
Das letzte Straffreiheitsgesetz erging in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1970 mit der Änderung des Demonstrationsstrafrechts. In der Bundesrepublik hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zum Erlass von Straffreiheitsgesetzen gem. Art. 74 Nr. 1 GG.[1]
Straffreiheitsgesetze in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Novemberrevolution
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1918 „Revolutionsamnestie“, verkündet vom Rat der Volksbeauftragten in seinem Aufruf an das deutsche Volk vom 12. November 1918 während der Novemberrevolution [2][3]
Weimarer Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1920 „Kapp-Amnestie“ (Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 4.8.1920, RGBl. 1920, S. 1487)[5]
- 1921/22 „Begnadigungsaktion“ für verurteilte Teilnehmer an den Märzaufständen [6]
- 1922 „Rathenau-Amnestie“ (Gesetz über die Straffreiheit für politische Straftaten vom 21.7.1922, RGBl. 1922 I, S. 595)[5]
- 1925 „Hindenburg-Amnestie“ (Gesetz über die Straffreiheit vom 17.8.1925, RGBl. 1925 I, S. 313)[5]
- 1928 „Koch-Amnestie“ (Gesetz über die Straffreiheit vom 14.7.1928, RGBl. 1928 I, S. 195 f.)[7]
- 1930 „Rheinlandräumungs-Amnestie“ (Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Straffreiheit vom 24.10.1930, RGBl. 1930 I, S. 467)[7]
- 1932 „Schleicher-Amnestie“ (Gesetz über Straffreiheit vom 20.12.1932, RGBl. 1932 I, S. 559)[8]
Nationalsozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sie gewährte zum Beispiel den Fememördern aus der Zeit der Weimarer Republik die Straffreiheit und die Rückkehr ins Deutsche Reich. Das Landgericht Offenburg wendete diese Verordnung nach Kriegsende, am 10. September 1946, an und lehnte die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen Heinrich Tillessen, den Mörder Erzbergers, ab.[9]
- Die Verordnung wurde formalrechtlich erst aufgehoben durch Art. I. Nr. 6 des Kontrollratgesetzes Nr. 55 des Alliierten Kontrollrats für Deutschland vom 20. Juni 1947 (ABl. S. 284)[10], da sie im Kontrollratsgesetz Nr. 1 betreffend die Aufhebung von NS-Recht vom 20. September 1945 nicht aufgeführt war.
- Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr vom 3. Juli 1934.[11] Die zur Niederschlagung des Röhm-Putschs vollzogenen Maßnahmen waren danach als Staatsnotwehr rechtens.
- Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 7. August 1934[12] „aus Anlass der Vereinigung des Amtes des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers“
- Gesetz über Straffreiheit für das Saarland vom 28. Februar 1935[13] „aus Anlass der Rückkehr des Saargebietes in das deutsche Mutterland“ (Saarlandamnestie)
- Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 23. April 1936[14] (Rheinlandamnestie)
- Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 30. April 1938[15] „aus Anlass der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ (Großdeutschlandamnestie)
- Erlass des Führers und Reichskanzlers über die Gewährung von Straffreiheit vom 7. Juni 1939[16] „aus Anlass der Heimkehr der sudetendeutschen Gebiete in das Reich“ (Sudetenamnestie)
Deutsche Demokratische Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Aus Anlass der Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik hatte die Provisorische Volkskammer ein Gesetz beschlossen, wonach Freiheitsstrafen von nicht mehr als sechs Monaten und Geldstrafen von nicht mehr als 5000 Mark, auf die vor dem 7. Oktober 1949 erkannt worden war, erlassen wurden. Ausgenommen waren nach § 4 des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit jedoch Personen, die nach der Kontrollratsdirektive Nr. 38 wegen Propaganda für den Nationalsozialismus oder Militarismus den Frieden gefährdet hatten oder wegen Boykotthetze nach Art. 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik bestraft worden waren oder noch zu bestrafen waren.
Bundesrepublik Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 (Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit)[19] (BGBl. S. 37)[20]
- Das Gesetz war eines der ersten Gesetze des 1. Deutschen Bundestages überhaupt[21] und trat am 1. Januar 1950 in Kraft. Es amnestierte unter bestimmten Voraussetzungen alle vor dem 15. September 1949, dem Tag der Wahl Konrad Adenauers zum ersten deutschen Bundeskanzler, begangenen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die mit Gefängnis bis zu sechs Monaten beziehungsweise bis zu einem Jahr auf Bewährung bestraft werden konnten.[22]
- Straffreiheitsgesetz vom 17. Juli 1954 (Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren, BGBl. I S. 203)
- Das Gesetz erklärte die Straffreiheit für NS-Minderbelastete. Nutznießer des Gesetzes waren auch andere Personen wie Pfarrer Carl Klinkhammer trotz völlig anderer Sachverhalte.
- Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968 (Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1968 - StrFrhG 1968))[23]
- Nachdem mit dem Achten Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968[24] die Vorschriften des Strafgesetzbuchs gegen Hochverrat, Staatsgefährdung und Landesverrat reformiert und das Staatsschutz-Strafrecht der Nachkriegszeit überwunden worden waren,[25] wurde mit dem Straffreiheitsgesetz vom 9. Juli 1968[26] Straffreiheit gewährt wegen Straftaten nach Vorschriften, die durch jenes Achte Strafrechtsänderungsgesetz aufgehoben oder ersetzt worden waren.
- Straffreiheitsgesetz vom 20. Mai 1970 (Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970 - StrFrhG 1970))[27][23]
- Unter diese von der SPD im Wahlkampf versprochene Amnestie fielen Tausende, die für „Demonstrationsdelikte“ mit bis zu neun Monaten Haft verurteilt worden waren. Parallel erfolgte eine Liberalisierung des Demonstrationsrechtes durch das Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts.[28] Es wurden rund 5000 Strafverfahren hinfällig, vor allem gegen Apo-Demonstranten und Studenten wie Günter Amendt, der allerdings die Fortsetzung eines gegen ihn laufenden und aufgrund der Amnestie ausgesetzten Verfahrens beantragte, um den möglicherweise kostenintensiven Auswirkungen von Zivilprozessen zu entgehen.[29]
Spanien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das spanische Amnestiegesetz 1977 wurde nach dem Tod des langjährigen Diktators Franco verabschiedet. Es hatte zum Ziel, etwaige strafrechtliche Auswirkungen zu verhindern, welche die seinerzeitige Konsolidierung hin zu einer Demokratie in Spanien gefährden könnten.[30]
Im Mai 2024 verabschiedete Spaniens Abgeordnetenhaus (Congreso de los Diputados) ein Amnestiegesetz für katalanische Separatisten.[31]
Am 24. Juli 2024 beschloss eine Kammer des Obersten Gerichts, dieses Amnestiegesetz auf seine Verfassungskonformität zu prüfen.[32]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsches Reichsgesetzblatt 1925, Teil 1, Nr. 41, S. 313
- Ilse Reiter-Zatloukal: Die Begnadigungspolitik der Regierung Schuschnigg. Von der Weihnachtsamnestie 1934 bis zur Februaramnestie 1938 BRGÖ 2012, S. 336–364
- Straffreiheitsgesetz 1968
- Straffreiheitsgesetz 1970
- Heiko Drescher: Genese und Hintergründe der Demonstrationsstrafrechtsreform von 1970 unter Berücksichtigung des geschichtlichen Wandels der Demonstrationsformen Düsseldorf, Univ.-Diss., 2005
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. April 1953 zum Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 (BVerfGE 2, 213 - Straffreiheitsgesetz)
- ↑ a b Jürgen Christoph: Die politischen Reichsamnestien 1918–1933 (Rechtshistorische Reihe, Band 57). Peter Lang Verlag, Frankfurt a. M. [u. a.] 1988. Klappentext: ( des vom 15. April 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Untersucht werden die acht Reichsamnestiegesetze für politische Straftaten in der Zeit von 1918-1933: Revolutionsamnestie 1918, Kapp-Amnestie 1920, Rathenau-Amnestie 1922, Hindenburg-Amnestie 1925, Koch-Amnestie 1928, Rheinlandräumungs-Amnestie 1930, Schleicher-Amnestie 1932 und die Amnestie-Verordnung 1933.
- ↑ Detlef Lehnert: Die Weimarer Republik. 1. Aufl., Reclam, Stuttgart 1999, S. 235.
- ↑ Auflistung mit Einzelerläuterungen auch bei Cord Gebhardt: Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945 (=Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995, S. 205–207 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b c Fundstelle und Gesetzestitel nach Norbert B. Wagner: Reine Staatslehre. Staaten, Fictitious States und das Deutschland-Paradoxon (Juristische Schriftenreihe, Bd. 278). Lit Verlag, Berlin 2015, S. 97, Anm. 405.
- ↑ Friederike Goltsche: Der Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches von 1922 (Entwurf Radbruch) (Juristische Zeitgeschichte, Abt. 3, Bd. 35). De Gruyter, Berlin/New York 2010, S. 45 f.
- ↑ a b Fundstelle und Gesetzestitel nach Frank Neubacher: Kriminologische Grundlagen einer internationalen Strafgerichtsbarkeit. Politische Ideen- und Dogmengeschichte, kriminalwissenschaftliche Legitimation, strafrechtliche Perspektiven. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, S. 311, Anm. 18.
- ↑ Fundstelle und Gesetzestitel nach Sabine Stampf: Das Delikt des Hochverrats im NS-Staat, in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland. Inaugural-Dissertation, Münster 2016, S. 112, Anm. 337.
- ↑ Cord Gebhardt: Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945 (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 14). Mohr-Siebeck, Tübingen 1995.
- ↑ Kontrollratsgesetz Nr. 55 vom 20. Juni 1947. In: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nummer 16 vom 31. Juli 1947, S. 284, Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek: urn:nbn:de:101:1-201301315102.
- ↑ RGBl. I S. 529
- ↑ RGBl. I S. 769
- ↑ RGBl. I S. 309
- ↑ RGBl. I S. 378
- ↑ RGBl. I S. 433
- ↑ RGBl. I S. 1023
- ↑ Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 11. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016
- ↑ Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit vom 23. November 1949, documentArchiv.de, abgerufen am 21. September 2016
- ↑ Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 31. Dezember 1949. documentArchiv.de, abgerufen am 19. September 2016
- ↑ BGBl. 1949 S. 37 ( vom 17. März 2016 im Internet Archive) Webseite des Bundesarchivs, abgerufen am 20. September 2016
- ↑ Walter Naasner, Christoph Seemann: Hintergrundinformationen ( vom 17. März 2016 im Internet Archive) Webseite des Bundesarchivs, abgerufen am 20. September 2016
- ↑ Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996, ISBN 3-406-41310-2. Rezension der Wiederauflage 2012 von Klaus-Jürgen Bremm, literaturkritik.de, abgerufen am 20. September 2016
- ↑ a b beide aufgehoben durch Art. 50 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864)
- ↑ BGBl. 1968 I S. 741
- ↑ Ingo Müller: Die Wiedereinführung des NS-Staatsschutzrechts 1951 und seine Beseitigung unter Gustav Heinemann 1968 Friedrich-Ebert-Stiftung, 2013
- ↑ BGBl. 1968 I S. 773
- ↑ BGBl. 1970 I S. 509
- ↑ BGBl. 1969 I S. 505
- ↑ Einer für alle. In: Der Spiegel. Nr. 4, 1971, S. 36 (online – 18. Januar 1971).
- ↑ Ley De Amnistía | Advocatus Diaboli. 21. Februar 2014, archiviert vom am 21. Februar 2014; abgerufen am 29. Februar 2024. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ https://www.tagesschau.de/ausland/europa/spanien-amnestiegesetz-katalonien-100.html (15. März 2024)
- ↑ https://www.tagesschau.de/ausland/spanien-amnestiegesetz-verfassungsgericht-100.html (25. Juli 2024)