41564_Allgemeinmedizin leseprobe

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A. Fidrich G. Fobbe M. Heßbrügge H. C.

Römer

Allgemeinmedizin
Sicher durch Famulatur,
Praktikum, PJ und Staatsexamen
Vorwort
Herzlichen Glückwunsch! Du hast Dich für ein Fach Denken anregen. Mit der Vermittlung der leit-
mit Zukunft entschieden! symptom-orientierten Arbeitsweise im Kontrast
Im modernen Gesundheitssystem bist Du als All- zum Klinikalltag möchten wir Dich außerdem zur
gemeinmediziner der primärmedizinische Spezia- Diskussion mit Deinem Lehrarzt und Deinen
list. Breites, fachübergreifendes Wissen und gute Kommilitonen ermuntern.
kommunikative Fähigkeiten machen Dich zum Fit für die Praxis, ausgerüstet für das Examen:
Lotsen des Gesundheitswesens. Denn in der zu- Durch fortwährendes Recherchieren und Lernen
nehmend fachbezogenen Medizin ist mehr denn je sowie den kollegialen Erfahrungsaustausch bist
ein zentraler Ansprechpartner für alle Beteiligten Du immer up to date, also gut vorbereitet auf Prü-
wichtig. In gemeinsamer Entscheidungsfindung fungsfragen und nicht zuletzt darauf, Deinen Pa-
mit Deinen Patienten wirst Du beratend, motivie- tienten die aktuellsten Empfehlungen zu geben.
rend oder führend zum Gesundheitsmanager. Das Dieses Buches resultiert aus langjährigen Erfah-
Schnittstellenmanagement liegt in Deiner Hand. rungen der Autoren sowie dem Informationsbe-
Apropos Manager – auch betriebswirtschaftliches darf von Studierenden zahlreicher medizinischer
Denken wird Dir im Rahmen der Praxistätigkeit Fakultäten. Famulatur, Blockpraktikum, PJ und
abverlangt. In Bezug auf Niederlassung und Selbst- Prüfungen in der Allgemeinmedizin werfen beim
ständigkeit ist für medizinische und unternehmeri- Lehren und Lernen interessante Fragen auf. Dieser
sche Abwechslung gesorgt. Gestaltungsfreiheit neu konzipierte praxis- und prüfungsorientierte
und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ma- Studienbegleiter gibt Antwort.
chen es möglich, Work-Life-Balance! Herzlich danken möchten wir dem Elsevier-Ver-
Der perfekte Job? Das sehen wir genauso! Aber lag, allen voran Frau Kathrin Nuehse, die uns mit
egal, ob Du Allgemeinmediziner werden möchtest großem Interesse und Engagement bei der Umset-
oder noch unentschlossen über Facharztwahl und zung der Neuerscheinung unterstützte und unser
Niederlassung nachdenkst – in jedem Fall stärkt Projekt erst möglich machte und Frau Stefanie
die allgemeinmedizinische Handlungs- und Ent- Schröder, die uns während des gesamten Entste-
scheidungskompetenz Deinen zukünftigen Berufs- hungsprozesses mit Geduld und Großzügigkeit zur
alltag. Seite stand.
Mit diesem Buch möchten wir Dich deshalb in Dir als Leser danken wir schon vorab für Kritik
Deinem Studium begleiten, dir vom ersten Interes- und Anregungen.
se an der Allgemeinmedizin bis zum 3. Staatsexa- Nun genug der vielen Worte, ab in die Praxis!
men einen Leitfaden für die Praxis und zur Prü-
fungsvorbereitung an die Hand geben. Zahlreiche Essen, im März 2019
Tipps und interessante klinische Fälle werden Dich Andreas Fidrich, Gabriele Fobbe, Martina Heß-
zum eigenständigen und differenzialdiagnostischen brügge, Hermann C. Römer

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Benutzerhinweise
Merke Lerntipp
MERKE LERNTIPP

Die leitsymptomorientierte Entscheidungsfindung vom Hier gibt es Vorschläge zum Lernen, Nachlesen, Vertie-
Leitsymptom zur Diagnose solltest Du Dir unbedingt fen. Frage aber auch Deinen Lehrarzt!
merken, um das Fallbeispiel zu bearbeiten.
Prüfungsfragen
Klinischer Fall PRÜFUNGSFRAGEN

KLINISCHER FALL Anhand dieser Beispielfragen kannst Du nicht nur Dein


ವ Anamnese, Leitsymptom, Begleitsymptome passives Wissen testen, sondern aktiv Formulierungen
ವ Symptomorientierte körperliche Untersuchung üben und Struktur in Deinen Prüfungsauftritt bringen.
ವ Diagnose, Differenzialdiagnose F = Famulaturreife
ವ Prozedere, Therapie P = PJ-Reife

Cave Praxistipp
CAVE PRAXISTI PP

Red Flags: Achte auf Symptome, die einen gefährlichen Hier findest Du Ratschläge und Empfehlungen aus dem
Verlauf erkennen lassen! praktischen Alltag.
Hidden Agenda: Spüre Situationen auf, in denen akut
beschriebene Symptome zwar die Konsultation begrün-
den, den wahren Behandlungsanlass aber verdecken!

VII

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Inhaltsverzeichnis
1 Was ist Allgemeinmedizin? 4 Dein neuer Arbeitsplatz –
Grundbegriffe die Hausarztpraxis
Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Hermann C. Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.1 Arbeitsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4.1 Praxisneugründung . . . . . . . . . . . . . . . . 25
1.2 Arbeitsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4.2 Praxiskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
1.3 Arbeitsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 4.2.1 Einzelpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
1.3.1 Erlebte Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 4.2.2 Praxisgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1.3.2 Unausgelesenes Patientenkollektiv . . . . . 2 4.2.3 Gemeinschaftspraxis
1.3.3 Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . 4 (Berufsausübungsgemeinschaft) . . . . . . . 29
1.4 Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4.2.4 Job-Sharing-Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.5 Evidenzbasierte Medizin . . . . . . . . . . . . 6 4.2.5 Teilzulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
1.6 Stufendiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.2.6 Medizinisches Versorgungszentrum
(MVZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2 Lernen in der Allgemeinmedizin 4.3 Praxisteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.3.1 Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.1 Lernziele und Logbuch . . . . . . . . . . . . . . 11 4.3.2 Team und Kommunikation . . . . . . . . . . . . 32
2.1.1 Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.4 Praxismanagement . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.1.2 Logbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.4.1 Arbeitsschutz – jährliche
2.1.3 Wissenschaftliche Kompetenz . . . . . . . . . 12 Unterweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.2 Lehrmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.4.2 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.2.1 Fallbasierte Diskussion . . . . . . . . . . . . . . 13 4.4.3 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.2.2 SOAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.5 Hausarztzentrierte Versorgung (HzV) . . . 34
2.2.3 Vermittlung von Fertigkeiten . . . . . . . . . . 13 4.6 Sprechstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.2.4 Workplace-based Assessment 4.6.1 Akutsprechstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
(arbeitsplatzbasiertes Prüfen) . . . . . . . . . 14 4.6.2 Chroniker-Sprechstunde . . . . . . . . . . . . . 36
2.3 Famulatur, Blockpraktikum, PJ . . . . . . . . 15 4.7 Hausbesuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.3.1 Famulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4.7.1 Häusliche Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
2.3.2 Blockpraktikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.7.2 Pflegegrade – Definition . . . . . . . . . . . . . 39
2.3.3 Praktisches Jahr (PJ) . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.8 Bereitschaftsdienst . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.4 Mentoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.9 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.10 Formularwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3 Gipfel in Sicht – PJ in der 4.10.1 Rezepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Allgemeinmedizin 4.10.2 Krankenhauseinweisung . . . . . . . . . . . . . 44
Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.10.3 Transportschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.1 Lernort Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.10.4 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung . . . . . . 46
3.1.1 Unterschiede zwischen Praxis und 4.10.5 Notfallschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 4.10.6 Ärztliche Unfallmeldung A13 an die
3.1.2 Lernen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Berufsgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . 49
3.1.3 Entrustable Professional Activities . . . . . . 21 4.10.7 Totenschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.1.4 Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.10.8 Privatärztliche Rechnung . . . . . . . . . . . . . 56
3.1.5 Meilensteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.10.9 Anfragen der Krankenkasse . . . . . . . . . . . 56
3.1.6 PJ-Logbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.10.10 Atteste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.1.7 PJ-Seminare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.10.11 Versorgungsämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.1.8 Wahl der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.10.12 Meldung einer Berufskrankheit . . . . . . . . 61
3.1.9 Konflikte meistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.11 Praxissoftware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.2 Vorteile des PJ Allgemeinmedizin . . . . . 23 4.12 Privatärztliche Rechnung . . . . . . . . . . . . 63
3.3 Stipendien und Fördermöglichkeiten . . . 23
3.4 Ausblick Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . 24

XIII

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Inhaltsverzeichnis

5 Das ärztliche Gespräch 7 Kleine Gerätekunde –


Andreas Fidrich und Diagnostik in der Hausarztpraxis
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 67 Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
5.1 Kommunikative Fertigkeiten 7.1 Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 67 7.2 Blutdruckmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
5.1.1 Störungen der Kommunikation . . . . . . . . 68 7.2.1 Langzeit-Blutdruckmessung (ABDM) . . . . 106
5.1.2 Merkmale einer gelungenen 7.3 EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 7.3.1 Ruhe-EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.1.3 Verbale Kommunikation . . . . . . . . . . . . . 70 7.3.2 Langzeit-EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
5.1.4 Non- und paraverbale Kommunikation . . 70 7.3.3 Ergometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
5.1.5 Formale vs. informelle Kommunikation . . . 71 7.4 Spirometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
5.2 Arzt-Patienten-Kommunikation 7.5 Sonografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Andreas Fidrich und 7.5.1 Sonografie Abdomen . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 71 7.5.2 Sonografie Schilddrüse . . . . . . . . . . . . . . 114
5.2.1 Atmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 7.6 Knöchel-Arm-Index . . . . . . . . . . . . . . . . 114
5.2.2 Gesprächsstruktur
Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 8 Verordnung von Medikamenten
5.2.3 Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Andreas Fidrich, Gabriele Fobbe und
5.2.4 Giving bad News Hermann C. Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Andreas Fidrich und 8.1 Der Medikationsprozess
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 80 Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
5.3 Kultursensible Kommunikation 8.1.1 Arzneimittelanamnese . . . . . . . . . . . . . . 118
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 83 8.1.2 Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
5.3.1 Sprachgebrauch und Gestik im 8.1.3 Verordnungsentscheidung . . . . . . . . . . . . 118
Kontext der Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 8.1.4 Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
5.3.2 Krankheitsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . 84 8.1.5 Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
5.3.3 Angemessene Begegnung kultureller 8.1.6 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 8.2 Unerwünschte Arzneimittelwirkung . . . . 121
8.2.1 Medikamente und Straßenverkehr . . . . . . 123
6 Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten 8.2.2 Medikamentenmissbrauch . . . . . . . . . . . . 123
Martina Heßbrügge . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 8.3 Verordnungssteuerung . . . . . . . . . . . . . 123
6.1 Studentische Selbsteinschätzung . . . . . . 87 8.4 Rezepte
6.2 Allgemeine körperliche Hermann C. Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
Untersuchung (AKU) . . . . . . . . . . . . . . . 88 8.4.1 Kassenrezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
6.3 Punktionen und Injektionen . . . . . . . . . . 93 8.4.2 Privatrezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
6.3.1 Intrakutane Injektion (i. c.) . . . . . . . . . . . . 93 8.4.3 Vorgaben zum Ausstellen eines
6.3.2 Subkutane Injektion (s. c.) . . . . . . . . . . . . 93 Rezeptes (gem. § 2 AMVV) . . . . . . . . . . . 124
6.3.3 Intramuskuläre Injektion (i. m.) . . . . . . . . 93 8.5 Einheitlicher Medikationsplan
6.3.4 Intravenöse Injektion (i. v.) . . . . . . . . . . . . 95 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.3.5 Venenverweilkanüle/
Anlegen einer Infusion . . . . . . . . . . . . . . 95 9 Hausärztliche Behandlungsanlässe
6.4 Wundversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Gabriele Fobbe und
6.4.1 Chronische Wunden . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Martina Heßbrügge . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.4.2 Primär infizierte Wunden 9.1 „Der Nächste bitte!“
(Bisswunden, Schusswunden) . . . . . . . . . 100 9.1.1 Kopfschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.5 Hygiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 9.1.2 Rückenschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
6.5.1 Hygienische Händedesinfektion . . . . . . . . 101 9.1.3 Bauchschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
6.5.2 Medizinische Handschuhe . . . . . . . . . . . . 101 9.1.4 Gelenkschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
6.5.3 Hygiene bei Punktionen und Injektionen . . 102 9.1.5 Halsschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
6.5.4 Arbeitskleidung, Kitteltasche . . . . . . . . . . 103 9.1.6 Ohrenschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
6.5.5 Besondere Hygienemaßnahmen . . . . . . . 103 9.1.7 Brustschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

XIV

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Inhaltsverzeichnis

9.1.8 Schmerzen beim Wasserlassen . . . . . . . . . 136 11.1.2 Fehlerentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200


9.1.9 Luftnot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 11.1.3 Umgang mit Fehlern/Zwischenfällen . . . . 202
9.1.10 Übelkeit und Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . 138 11.2 Arzneimitteltherapiesicherheit
9.1.11 Akute Diarrhö . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (AMTS)
9.1.12 Schwindel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
9.1.13 Fieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 11.2.1 Gefahr Multimedikation . . . . . . . . . . . . . 203
9.1.14 Hautveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 143 11.2.2 Vermeidung von Medikationsfehlern . . . . 204
9.2 Chronische Erkrankungen . . . . . . . . . . . 145 11.2.3 Spicken erlaubt
9.2.1 Diabetes mellitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (Nachschlagemöglichkeiten) . . . . . . . . . . 208
9.2.2 COPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 11.3 Sturzprophylaxe
9.2.3 Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
9.2.4 Arterielle Hypertonie (AHT) . . . . . . . . . . . 150 11.3.1 Erkennen der Sturzgefahr . . . . . . . . . . . . 210
9.2.5 Koronare Herzkrankheit . . . . . . . . . . . . . . 153 11.3.2 Verhindern von Stürzen . . . . . . . . . . . . . . 213
9.2.6 Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 11.4 Schnittstellenkommunikation
9.2.7 Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Andreas Fidrich und
9.3 Medizin am Lebensende Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 215
Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 11.5 Vermeiden von Fehl- und
9.3.1 Häufige Symptome in der Sterbephase . . 158 Überversorgung
9.3.2 Patientenverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
9.4 Schmerztherapie
Martina Heßbrügge . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 12 Notfallmanagement
Andreas Fidrich und
10 Vor-Sorge – Prävention und Martina Heßbrügge . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Gesundheitsförderung 12.1 Organisationsstruktur bei Notfällen
Andreas Fidrich und Gabriele Fobbe . . . . 173 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
10.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 12.2 Notfallausstattung
10.1.1 Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
10.1.2 Gesundheitsförderung . . . . . . . . . . . . . . . 173 12.3 Notfallkommunikation
10.2 Primärprävention Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 12.4 Crisis Resource Management (CRM) . . . 224
10.2.1 Verhältnisprävention . . . . . . . . . . . . . . . . 174 12.5 Entscheidungsfindung . . . . . . . . . . . . . . 225
10.2.2 Verhaltensprävention . . . . . . . . . . . . . . . 175 12.6 Notfälle von Kopf bis Fuß
10.2.3 Impfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Martina Heßbrügge . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
10.3 Sekundärprävention 12.6.1 Allgemeines Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . 228
Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 12.6.2 Typische Notfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
10.3.1 Krankheitsfrüherkennung . . . . . . . . . . . . 188
10.4 Tertiärprävention 13 Geschafft! – Drittes Staatsexamen
Gabriele Fobbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Allgemeinmedizin
10.4.1 Disease-Management-Programme Hermann C. Römer . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
(DMP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 13.1 Prüfungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . 247
10.4.2 Tumornachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 13.1.1 Theoretische Vorbereitung . . . . . . . . . . . . 247
10.4.3 Rehabilitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 13.1.2 Praktische Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . 248
10.4.4 Physiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 13.2 Die praktische Prüfung . . . . . . . . . . . . . 249
10.5 Praktische Patientenbeispiele . . . . . . . . 192 13.3 Die theoretische Prüfung . . . . . . . . . . . . 251

11 Patientensicherheit Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257


Andreas Fidrich und
Kira Catharina Muskalla . . . . . . . . . . . . . 199
11.1 Fehler und unerwünschte Ereignisse
Andreas Fidrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
11.1.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

XV

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Dein neuer Arbeitsplatz – die Hausarztpraxis

Merke 1. Es nimmt Dir die Angst vor Deinem ersten Be-


reitschaftsdienst, da die meisten Patienten, die
MERKE

Der ärztliche Notdienst wird in der Bevölkerung häufig


mit dem Notarztdienst gleichgesetzt. Die notärztliche Du in der Notfallpraxis siehst, nicht lebensge-
Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes obliegt fährlich erkrankt sind.
jedoch nicht der KBV. 2. Das Patientenklientel und die Beratungsanlässe
unterscheiden sich von denen in der Hausarzt-
praxis, in der Du arbeitest. Dies ist ebenfalls eine
Die häufigsten Krankheitsbilder in der Notfallpra- Bereicherung und hat einen großen Lerneffekt.
xis unterscheiden sich ein wenig von den typischen 3. Nebenbei lernst Du organisatorische Abläufe
Erkrankungen der Akutsprechstunde der Praxis. kennen. Wie ist z. B. das Zeitmanagement, wenn
Des Weiteren unterliegen sie auch regionalen Dein Lehrarzt an einem Samstagsdienst von
Unterschieden. 7 bis 24 Uhr 120 Patienten behandelt?
In ländlichen und urbanen Regionen suchen Pa- Was unterscheidet die Tätigkeit im Bereitschafts-
tienten häufig erst bei akuten Erkrankungen den dienst von der Tätigkeit in der Praxis? Es ergeben
Notdienst auf, wohingegen in Notfallpraxen der sich einige Unbekannte, auf die Du Dich im Bereit-
Ballungsgebiete oft Patienten vorstellig werden, die schaftsdienst einstellen musst, die aber mit der re-
den Gang zum Hausarzt aufgrund langer Warte- gelmäßigen Teilnahme am Notdienst immer weni-
zeiten scheuen. Nicht selten bestehen die Erkran- ger werden.
kungen bereits seit längerer Zeit. Außerdem schei-
nen Patienten der Ballungsgebiete und Großstädte Ausstattung der Notfallpraxis
den Notdienst häufiger aufgrund von Bagatell- Die Ausstattung der Notfallpraxis entspricht nicht
erkrankungen in Anspruch zu nehmen, als dies in der Ausstattung Deiner Lehrpraxis. Man kann z. B.
ländlichen Gebieten der Fall ist. nicht immer eine Labordiagnostik durchführen.
Die Organisation des Notdienstes ist recht unter- Außerdem sind nicht zwangsläufig Geräte der
schiedlich, bezogen sowohl auf die Dauer als auch neuesten Generation vor Ort (z. B. Sonografiege-
auf die Einsatzart. Mal wird die Region von einem rät). Aber die Einstellung auf die vorhandenen
Fahrdienst versorgt (Hausbesuche), mal zusätzlich Ressourcen ergeben für Dich ebenfalls einen Lern-
von einem Kollegen in einer Notdienstzentrale, al- effekt. Die Anamnese und die körperliche Unter-
so einem festen Standort, einer Praxis an einem suchung bekommen hier im Sinne der Stufendiag-
Krankenhaus z. B. oder auch in einer Arztpraxis nostik noch mehr Bedeutung.
am Ort.
Die Planung von Material und Personal wird Qualifikation des Assistenzpersonals
durch die Notfallzentrale selbst oder den Praxisin- Es ist üblich, dass in der Notfallpraxis Personal zur
haber organisiert. Verfügung gestellt wird. Die Qualifikation des Per-
sonals ist Dir jedoch nicht bekannt. Daher solltest
Praxistipp Du vorher schon wissen, wie man ein EKG anlegt,
PRAXISTIPP

wie man Zugänge legt und Infusionen anhängt. Du


Solltest Du vor Deinem ersten Notdienst stehen oder kannst nicht davon ausgehen, dass das jemand für
Deinen Lehrarzt bei einem Notdienst begleiten, emp- Dich erledigt. Du musst in der Lage sein, selbst-
fehle ich den „Praxisleitfaden ärztlicher Bereitschafts-
ständig und unabhängig zu arbeiten.
dienst“ [3]. Darin sind die häufigsten akuten Krank-
heitsbilder aufgelistet und systematisch über Diagnose
und Therapie abgearbeitet.
Anderes Patientenkollektiv
Du musst Dich grundsätzlich darauf einstellen,
dass das Patientenkollektiv ein anderes ist, als das
Ist es sinnvoll für Dich als Student, an einem Not- Du täglich in der Praxis siehst. Hier ist die Fähig-
dienst teilzunehmen? Selbstverständlich solltest Du keit einer guten Kommunikation noch mehr ge-
die Möglichkeit nutzen, an einem Notdienst zu- fragt.
mindest anteilig teilzunehmen, um den Ablauf Beherrscht der Patient die deutsche Sprache? Kann
kennenzulernen. Das trifft sowohl für den Sitz- er sich qualifiziert zu seinen aktuellen Beschwer-
dienst als auch für den Fahrdienst zu. den, zu seinen Vorerkrankungen und seiner aktu-
ellen Medikation äußern oder verlangt er mögli-

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▶ 4.9 Dokumentation

cherweise Medikamente, die üblicherweise nicht in Da Du eine standardisierte Anamnese mittlerweile


Deiner Praxis zulasten der KV verordnet werden? bereits hervorragend beherrschen solltest, kannst
Du im Anschluss an den Arzt-Patienten-Kontakt
Andere Häufigkeitsverteilung der Krankheits- Deine erhobenen Daten schriftlich festhalten.
bilder Auch Dein weiteres Vorgehen solltest Du festhal-
Solltest Du in einer Schwerpunktpraxis tätig sein ten. Untersuchungsbefunde, Ergebnisse Deiner
(z. B. Diabetologie), so triffst Du im Bereitschafts- Diagnostik, Deine Verdachtsdiagnosen, Dein wei-
dienst auf die gesamte Palette allgemeinmedizini- teres Vorgehen und langfristige Ziele sollten eben-
scher Erkrankungen. Das kann bedeuten, dass ge- falls festgehalten werden (▶ Kap. 2.2.2; ▶ Tab. 2.4).
wisse Erkrankungen eher selten oder gar nicht in Somit ist es für Dich, aber auch für Deine Kollegen
der Praxis vorkommen, in der Du arbeitest, und sie (z. B. in einer Gemeinschaftspraxis) einfacher, in
für Dich somit absolutes Neuland darstellen. Aber diesen Fall direkt einzusteigen und ggf. fortzufah-
dadurch erweitert sich Dein Behandlungsspek- ren und/oder zu ergänzen bzw. neue Befunde zu
trum und Du hast einen immensen Lerneffekt. bewerten und zu besprechen oder einen Krank-
Beispielhaft seien einige Krankheitsbilder des Not- heitsverlauf zu beurteilen und ggf. zu optimieren.
dienstes genannt, die natürlich auch saisonal Ziel der medizinischen Dokumentation ist, geord-
unterschiedlich häufig auftreten: nete Informationen und Wissen über Krankheits-
ವ Rückenschmerzen bilder, Behandlungsmethoden und die individuel-
ವ Erkältungsbeschwerden len Fälle einzelner Patienten so zu ordnen, dass die
ವ Harnwegsinfekte medizinische Versorgung im weitesten Sinne
ವ Insektenstiche unterstützt werden kann.
ವ Sportverletzungen Dieses klingt sehr theoretisch. Aber was musst Du
ವ Atembeschwerden berücksichtigen? Eine ausführliche Dokumenta-
ವ U. v. m. tion hilft Dir bei Deinem Arzt-Patienten-Kontakt,
Dich schnell auf den Patienten vorbereiten zu kön-
nen. Bei einer guten Dokumentation hast Du
4.9 Dokumentation
schnell einen Überblick über die Erkrankungen
Dokumentation ist eine wichtige Tätigkeit, die mit des Patienten, die durchgeführte Diagnostik, die
Deinem Arztberuf zusammenhängt. Grundsätzlich Therapien und die aktuelle Medikation. Kommt
erhebst Du bei jedem Patienten eine ausführliche der Patient zu einer Befundbesprechung, so genügt
Anamnese. Damit Du und ggf. Deine Kollegen auf Dir eine kurze Vorbereitungszeit. Wird der Patient
Diese Informationen zurückgreifen können, müs- aus dem Krankenhaus enlassen, ist auch hier eine
sen diese Informationen irgendwo dokumentiert kurze Vorbereitung auf das Patientengespräch
werden. mittels Kurzarztbrief und weiterer Dokumentation
sinnvoll.
Merke Oft stellt sich die Frage: „Warum hat der Kollege diese
MERKE

Diagnostik veranlasst? Was war der Gedanke dahinter?“


Bitte denke bei der handschriftlichen Dokumentation Eine gute Dokumentation ist in einer Gemein-
daran, leserlich zu schreiben. schaftspraxis besonders wichtig. Sollte ein Kollege
kurzfristig die Vertretung für Dich übernehmen,
kann er sich schnell in die Krankengeschichte ein-
Die Dokumentation kann sowohl in Papier- als
lesen, Befunde im Sinne der besten Versorgung des
auch in elektronischer Form erfolgen. Die meisten
Patienten erörtern und ggf. ein weiteres Vorgehen
Praxen arbeiten mittlerweile mit einer Praxissoft-
veranlassen.
ware, in der der Befund einfach und schnell zu do-
Gewöhne es Dir an, alle erhobenen Informationen,
kumentieren ist.
beginnend bei einer ausführlichen Anamnese und
einem ausführlichen Untersuchungsbefund, zu
Praxistipp dokumentieren. Dies gilt sowohl für die Patienten,
PRAXISTIPP

Du solltest während des Anamnesegesprächs vermei- die regelmäßig in der Praxis sind, als auch für die
den, ständig auf den Bildschirm zu schauen. Akutpatienten, die vielleicht nur einmal in der
Praxis oder im Notdienst von Dir gesehen werden.

41

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Dein neuer Arbeitsplatz – die Hausarztpraxis

Die medizinische Dokumentation ist gleichzeitig Chipkarte


Beweisgrundlage für die Leistungsabrechnung. Sie Sie weist den Patienten als Mitglied einer Kranken-
muss daher revisionsfest und im Haftungsfall ge- kasse aus und kann bei Hausbesuchen mittels eines
richtsfest verfasst sein. Chipkartenlesegeräts für die Tasche eingelesen
werden. Ohne ihre Vorlage dürfen keine Rezepte,
Merke Einweisungen oder Transportscheine zulasten der
MERKE

Kasse ausgestellt werden. Für Beamte, auch bei


Arzthaftung bei Behandlungsfehlern Post, Bahn, Polizei und Bundeswehr, sowie für Zi-
Bei Patientenklagen kann Dir ohne gute Dokumenta- vildienstleistende, durch das Sozialamt Versicher-
tion kein Anwalt helfen! te, Kriegsopfer und einige Privatversicherte gibt es
Häufig sind Kläger bei Behandlungsfehlern in einer so- noch keine Chipkarten.
genannten Beweisnot. Sie müssen den Behandlungs-
fehler nachweisen/beweisen können. Dies ist häufig 4.10.1 Rezepte
nicht allzu schwer. Anders sieht es allerdings bei der
Kausalität zwischen Behandlungsfehler und definitivem Kassenrezept
Schaden aus, da jeder Eingriff bzw. eine medizinische Die Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsver-
Maßnahme in gewisser Hinsicht nicht zu 100 % kalku- ordnung (AMVV) regeln das Ausstellen von Kas-
lierbar ist. senrezepten (▶ Abb. 4.3) über verschreibungs-
Ob ein grober Behandlungsfehler vorliegt, entscheidet pflichtige Medikamente.
letztendlich das Gericht. In einigen Fällen kann es eine Die Angabe von Personalien und Krankenkasse er-
Beweislastumkehr anordnen, z. B.: folgt durch das Einlesen der Chipkarte. Für das
ವ Unterlassene Aufklärung vor Eingriffen und fehlender handschriftlich ausgefüllte Rezept im Notfalldienst
Nachweis genügen Name, Vorname, Versicherungsnummer
ವ Unterlassene Befunderhebung und genaue Kassenangabe sowie Datum im Ad-
ವ Nachweislich grober Behandlungs- oder Medikations-
ressfeld. Ist die Versicherungsnummer nicht be-
fehler kannt, müssen Geburtsdatum und Adresse ange-
ವ Keimübertragung durch Infektion in einem beherrsch-
geben werden. Wenn eine falsche Kasse angegeben
baren Bereich
ವ Fehlerhafte Geräteverwendung, falsche Geräteein-
ist, werden die Kosten für die verordneten Medika-
stellungen, fehlende oder nicht dokumentierte Gerä-
mente als Regress vom ausstellenden Arzt zurück-
tewartung und -prüfung verlangt.
ವ Unvollständige, fehlende oder verfälschte Dokumen- Bei Bundeswehrangehörigen: Dienstgrad, Name,
tation Vorname, Personenkennziffer, Truppenteil, Stand-
Nun bist Du als Behandelnder in der Pflicht, die fehlen- ort.
de Ursächlichkeit zu beweisen. Die Kästchen links vom Adressfeld dienen der An-
gabe der Medikamentenzuzahlungsbefreiung, der
Befreiung vom Nacht- und Wochenendzuschlag
der Apotheken („noctu“) und der Bezeichnung
4.10 Formularwesen
von Unfallfolgen (bei Privatunfällen und Tätlich-
Lasse Dir am besten bei jedem Praktikum, jeder keiten wird von der Kasse der Verursacher ermit-
Famulatur oder auch dem PJ das Praxis-Compu- telt und die Behandlungskosten werden von ihm
terprogramm erklären, damit Du ohne Schwierig- zurückverlangt).
keiten auf die notwendigen Formulare zugreifen Bei Verordnungen wegen Arbeits-, Schul-, Kinder-
kannst. Die Möglichkeit, die Formulare direkt im garten-, Studenten- oder Pflegeunfällen ist als Kos-
Arzt-/Behandlungszimmer ausdrucken zu kön- tenträger die Landesunfallkasse bzw. BG einzutra-
nen, entlastet die Helferinnen und beschleunigt gen und auf dem unteren Rand Unfalltag und Un-
Deinen Arbeitsablauf. fallbetrieb/Schule/gepflegte Person anzugeben.
Eine gute Software (s. u.) kann das Erstellen von Seit 1.1.2004 sind alle Medikamente, die nicht ver-
Formularen vereinfachen. Bei Dauermedikation schreibungspflichtig sind, nur noch für Kinder und
z. B. kannst Du Folgerezepte mit nur geringem Jugendliche bis zum 12. Geburtstag zulasten der
Aufwand erstellen. GKV verordnungsfähig. Einzelne Ausnahmen wur-
den von den zuständigen Gremien festgelegt. Alle

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▶ 4.10 Formularwesen

anderen Medikamente (apothekenpflichtige und 6 Anspruchsberechtigte Bundesentschädigungs-


frei verkäufliche, OTC) nur noch auf Privatrezept! gesetz
7 Hilfsmittel
Merke
MERKE

8 Impfstoffe
Gebührenbefreit sind: 9 Sprechstundenbedarf
ವ Patienten unter 18 Jahre
ವ Patienten mit Befreiungsausweis ihrer Krankenkasse 10 Begründungspflicht (zurzeit nicht besetzt)
ವ Kriegsopfer (BEG-, LEG-, KOV-Behandlungsschein), 11–18 Personenfeld (Daten durch Chipkarte)
Postbeamten A, Arbeits-, Schul- und Wegeunfälle, 19+25 Betriebsstättennummer
Berufskrankheiten
22 Medikamentenname, Wirkstoffbezeichnung
ವ Zivildienstleistende, Polizisten, Bundesgrenzschutzbe-
amte, Bundeswehrangehörige S. = Signatur: bezeichnet ausnahmsweise nicht die
ವ Sozialamtpatienten
Unterschrift, sondern die Gebrauchsanweisung
(z. B. jeden Morgen eine Tablette einnehmen). Je-
Erläuterung der Ziffern und Abkürzungen im Kas- des Rezept bedarf einer Gebrauchsanweisung.
senrezept in ▶ Abb. 4.3: „aut idem“ = „oder ein Gleiches“: Abgabe eines an-
deren Präparates durch den Apotheker ist mög-
1 Gebühren (Chronisch kranke Patienten mit lich, wenn Wirkstoff, Packungsgröße, Dosierung
mindestens 3 chronischen Erkrankungen kön- und Applikationsform identisch sind.
nen sich von der Gebühr befreien lassen.) „aut simile“ = „oder ein Ähnliches“: Abgabe eines
2 Noctu (Sonn- und Feiertage, wochentags zwi- Medikamentes mit ähnlicher Wirkung durch den
schen 20:00 und 8:00 Uhr) Apotheker ist möglich (z. B. Paracetamol statt ASS).
3 Sonstiger Kostenträger (Polizei, Bundeswehr, Zusätzliche Kennzeichen bei BtM-Rezepten:
etc.) A = Ausnahme: Abweichung von der Höchstmen-
ge oder -zahl, Höchstdauer (30 Tage)
4 Erkrankungsursache Unfall
S = Substitution: Markierung für eine Substitu-
5 Aut idem (Die Apotheke muss das verordnete tionsbehandlung
Medikament herausgeben, bei nicht erwünsch- Z = Zusätzlich: bei Gabe über 48 h (Wochenend-
ter Wirkung oder unerwünschter Nebenwirkung regelung)
bei Ersatzpräparaten.) N = Notfall

Abb. 4.3 Muster Kassen-


rezept [U345]

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Dein neuer Arbeitsplatz – die Hausarztpraxis

Privatrezept BTM_Rezept
Für Privatversicherte, nicht Versicherte, Beamte. BTM-Rezept siehe ▶ Kap. 9.4
Privatrezeptformulare (▶ Abb. 4.4) sind derzeit
sehr unterschiedlich. Das blaue Rezeptformular 4.10.2 Krankenhauseinweisung
des Verbands der Privatversicherer ist dem roten
Es kommt vor, dass Du aus der Sprechstunde einen
Kassenrezept stark nachempfunden und vom Ver-
Patienten in die Klinik einweisen willst oder musst.
band empfohlen, aber nicht Pflicht.
Dafür nutzt Du das vorgesehene Formular
(▶ Abb. 4.5). Bitte gib dem Kollegen in der Klinik
Merke erhobene und weitere Befunde mit (letztes Labor,
MERKE

Privatrezept für Kassenpatienten EKG, Medikamentenplan etc.), soweit vorhanden.


ವ Bei Kostenerstattungsregelung: Patienten lassen sich Solltest Du die Einweisung handschriftlich ausfül-
beim Arzt nach GOÄ wie Privatpatienten behandeln. len, bitte leserlich schreiben.
ವ Bei fehlendem Kassennachweis (z. B. Chipkarte ver- Auf der Krankenhauseinweisung die Untersu-
gessen): Rezepte mit Hinweis „mangels Versiche- chungsergebnisse und therapeutische Maßnahmen
rungsnachweis“ versehen. vermerken, da der Klinikarzt den Notfallschein
ವ Für alle nicht verschreibungspflichtigen Medikamente nicht erhält. Zusätzlich zu den auf dem Formular
bei Patienten ≥ 12 Jahre. geforderten Angaben den behandelnden Hausarzt
ವ Bei Wunschrezepten ohne medizinische Notwendig- angeben, damit der Klinikkollege evtl. dort Infor-
keit (z. B. Schlafmittel, Mittel für Reiseapotheke etc.). mationen einholen kann. Ist auf der Einweisung
das Kästchen „Notfall“ angekreuzt, hat der Kran-
kenhausarzt weniger Möglichkeiten, die Aufnah-
Polizeirezept Wichtig ist die Angabe der Perso-
me des Patienten abzulehnen.
nalnummer und der Dienststelle, im Notfall kann
Eine stationäre Krankenhausbehandlung ist not-
auch ein Kassenrezept mit diesen Angaben ver-
wendig, wenn die Weiterbehandlung aus medizi-
sehen werden.
nischen Gründen erfolgen muss [4].
Merke
MERKE
Merke
Gültigkeit ausgestellter Rezepte
MERKE

Ambulante Wartezeiten mit Klinikeinweisung zu umge-


ವ Kassenrezept: 1 Monat ab Ausstellungsdatum hen ist keine Option bei Patienten ohne Komorbiditä-
ವ Privatrezept: 3 Monate ab Ausstellungsdatum ten!
ವ BtM-Rezept: 7 Tage ab Ausstellungsdatum

Bezugsdatum Apotheken-Nummer

Name, Vorname des Versicherten Gesamt-Brutto

geb. am

Arzneimittel-/Hilfsmittel-/Heilmittel-Nr. Faktor Taxe

Versicherungsnummer Personennummer

Unfall

Karte gültig bis Datum

Rp. (Bitte Leerräume durchstreichen)

aut
*
idem

aut
*
idem

* Dr. med. Mustermann


aut Allgemeinarzt
idem Musterstraße 1
12345 Musterstadt
* Aut-idem ist ausgeschlossen, wenn der Arzt den Ausschluss durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes kenntlich gemacht hat. Unterschrift des Arztes
Abb. 4.4 Muster Privatrezept
[W1059]

44

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▶ 4.10 Formularwesen

Abb. 4.5 Musterformular für


eine Klinikeinweisung [W868]

Auch bei den Krankenhäusern gibt es Regelungen 4.10.3 Transportschein


im Bereitschaftsdienst mit „Aufnahmetagen“ oder
Auf dem Transportschein müssen Transportmit-
auf Stadtbezirke begrenzter Versorgungspflicht ൺ
tel, Start und Ziel angegeben werden (▶ Abb. 4.6).
vor Dienstbeginn den Plan notieren. Außerdem
Die Transportbegleitung durch den Arzt des ärzt-
weiß auch die Rettungsleitstelle, welche Klinik „auf-
lichen Bereitschaftsdienstes kann im Einzelfall
nimmt“. Die Dienstregelungen gelten meist nur für
notwendig sein, ist aber immer problematisch:
die internistische und chirurgische Abteilung; bei
Erläuterung der Ziffern auf dem Transportschein
Einweisung in andere Abteilungen (z. B. Neurolo-
(▶ Abb. 4.6):
gie, Psychiatrie) ist eine vorherige telefonische
Rücksprache mit dem Arzt vom Dienst anzuraten.

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Dein neuer Arbeitsplatz – die Hausarztpraxis

Abb. 4.6 Muster-Verordnung einer Krankenbeförderung, „Transportschein“ [W868]

1–2 Daten über die Chipkarte verfügbar Ausnahmefall ist eine rückwirkend datierte Aus-
3–6 Stammdaten und Status des Versicherten eben- stellung der AU für maximal 3 Tage möglich.
falls über Chipkarte Oft kommen die Patienten mit dem Argument in
die Praxis: „Ich brauche eine AU!“ Grundsätzlich ent-
7 Betriebsstättennummer
scheidest Du, ob eine vorübergehende Arbeitsun-
8 Arztnummer fähigkeit besteht. Nach dem Bundesausschuss der
10 Angaben Krankenursache Ärzte und Krankenkassen liegt eine Arbeitsunfä-
11–13 Frage ambulant, stationär higkeit vor, wenn der Versicherte aufgrund von
Krankheit seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr
14–15 Beförderungsmittel, medizinisch notwendig
oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung
16 Transportwege seiner Erkrankung ausführen kann [5].
17 Unterschrift, Praxisstempel Besteht bei dem Patienten eine Arbeitsunfähigkeit,
füllst Du das entsprechende Formular (▶ Abb. 4.7)
aus und händigst es in 3-facher Ausfertigung dem
4.10.4 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Patienten aus. Bei Privatversicherten erfolgt dies
Die Notwendigkeit einer AU ist ein häufiger als Dienstunfähigkeitsbescheinigung auf Privatre-
Grund für viele Patienten, Dich in der Praxis auf- zeptformular.
zusuchen. Du musst dann einschätzen, ob der Pa- Kommt der Patient mit dem Verdacht auf einen
tient mit den vorhandenen und von Dir erhobenen grippalen Infekt mit Fieber und trockenem Husten
Befunden nicht in der Lage ist, seine berufliche Tä- in Deine Praxis und bestätigt Deine Untersuchung
tigkeit auszuführen. Hierbei musst Du auch die diese Verdachtsdiagnose, kannst Du nach Deinem
Art der beruflichen Tätigkeit berücksichtigen. Im Ermessen eine AU für 3 bis 5 Tage ausstellen.

46

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▶ 4.10 Formularwesen

Abb. 4.7 Arbeitsunfähig-


keitsbescheinigung [W868]

Bei Erkrankung eines Kinds sehen viele Tarifver- Behandlungen eigener Patienten im Bereitschafts-
träge für den Erziehungsberechtigten die Möglich- dienst erforderlich.
keit eines 1- bis 2-wöchigen Sonderurlaubs pro ವ Bei ortsfremden Besuchern sowohl Heimatan-
Jahr vor, nicht jedoch bei Erkrankungen des Part- schrift als auch Einsatzort (z. B. „derzeit bei …“)
ners. Hier ist jedoch eine Haushaltshilfe möglich. eintragen.
ವ Angabe von Personalien und Krankenkasse: er-
4.10.5 Notfallschein folgt durch Einlesen der Chipkarte. Ist das nicht
möglich bzw. fehlt die Karte, musst Du die
Immer ausfüllen! Wegen der regional unterschied-
Daten handschriftlich eintragen. Cave: Wird
lichen Regelungen für das Wegegeld ist der Not-
vom Arzt irrtümlich oder fahrlässig eine nicht
fallschein (▶ Abb. 4.8) auch zur Abrechnung von

47

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Dein neuer Arbeitsplatz – die Hausarztpraxis

Abb. 4.8 Notfallschein [W868]

(mehr) zuständige Krankenkasse eingetragen, Sonderfälle


muss er selbst für die veranlassten Kosten (z. B. Bundeswehrangehörige Bundeswehrangehöri-
Krankenhausbehandlung) zahlen, sofern keine ge müssen erst die nächst erreichbare Sanitätsein-
andere Kasse zur Zahlung verpflichtet ist. richtung der Bundeswehr anrufen (auch auf Hei-
ವ In der Datumsspalte auch die Uhrzeit des Ein- maturlaub). Der Truppenarzt entscheidet dann, ob
treffens (zur Begründung der Unzeitzuschläge) er selbst behandeln will oder einen speziellen
und ggf. der Abfahrt (zur Begründung für Ver- Überweisungsschein ausstellt. Trotzdem vorläufig
weilgebühren etc.) eintragen. eine Notfallschein ausstellen und dem Behand-
ವ Die Angabe des Hausarztes ist wichtig, z. B. bei lungsschein beifügen. Es ist keine Überweisung
Komplikationen bzw. für spätere Nachfragen möglich, es besteht eingeschränkter Anspruch auf
der Klinikärzte. Heil-/Hilfsmittel. Der Truppenarzt sendet auf An-
ವ Das Feld „Befunde/Therapie“ ist oft viel zu kurz trag einen Bundeswehr-Abrechnungsschein zu.
für die erforderliche Dokumentation. Auf dem „Ärztliche Bescheinigung zur Vorlage beim Trup-
2. und 3. Blatt kannst Du einen Teil des dreispal- penarzt“ ausstellen.
tigen Raumes für die Abrechnungsziffern nut- Ausländische Besucher Bei Behandlung nach
zen oder ein Extrablatt verwenden. dem Auslandsabkommen Muster 80 (Dokumenta-
ವ Deine Dokumentation im Notfall sollte so um- tion des Behandlungsanspruchs) zusätzlich zum
fangreich und leserlich sein, dass der weiterbehan- Notfallschein ausstellen und dem Behandlungs-
delnde Arzt erkennen kann, wie Deine Diagnose schein beifügen; keine Überweisung möglich, ein-
war, welche Befunde Du erhoben hast, welche The- geschränkter Anspruch auf Heil-/Hilfsmittel.
rapien Du empfohlen hast und ggf. welche weite- Sozialamtversicherte Bei Behandlungen außer-
ren Diagnostika Du für sinnvoll erachtest. halb des Wohnorts muss vorher eine Genehmi-
gung eingeholt werden, da die Patienten in der Re-
gel nur an ihrem Wohnort versichert sind. Arbeits-

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▶ 4.10 Formularwesen

unfälle, Schul-/Kindergartenunfälle, Studentenun- den. Der Patient sollte unverzüglich in eine Kli-
fälle, Unfälle bei Pflegepersonen. nik der Maximalversorgung gebracht werden,
Wegeunfälle Kostenträger ist die zuständige Be- idealerweise in eine Berufsgenossenschaftliche
rufsgenossenschaft. Den meisten Patienten ist Unfallklinik. Häufig sind dort ohnehin D-Ärzte
nicht bekannt, welcher Berufsgenossenschaft ihr tätig.
Betrieb angehört ൺ am nächsten Werktag beim ವ Bei Verdacht oder Vorliegen einer Berufskrank-
Personalbüro des Arbeitgebers/Schulsekretariat heit kann jeder Arzt aufgesucht werden.
nachfragen. Cave: eigene Gebührenordnung
BGNT mit den Ziffern der alten GOÄ für Berufs- Merke
genossenschaften und Eigenunfallversicherungen MERKE

der Gebietskörperschaften. D-Arzt = „Durchgangsarzt“ = Facharzt für Chirur-


gie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie oder ein Facharzt
für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeich-
4.10.6 Ärztliche Unfallmeldung A13 an
nung „Spezielle Unfallchirurgie“. Dieser Arzt hat von
die Berufsgenossenschaften den Landesverbänden der Deutschen Gesetzlichen Un-
Sollte sich bei Dir ein Patient vorstellen, der wäh- fallversicherung (DGUV) eine besondere Zulassung er-
rend der beruflichen Tätigkeit oder auf dem direk- halten. Der D-Arzt ist für die Durchführung der Behand-
ten Arbeitsweg einen Unfall erlitten hat, so muss er lung von Arbeits- und Wegeunfällen zuständig.
unverzüglich einem D-Arzt (Durchgangsarzt) vor- Somit ist eine gesonderte Zulassung nötig. Wird ein Pa-
gestellt werden. D-Ärzte sind speziell von der Be- tient trotzdem in Deiner Praxis vorstellig – weil Du z. B.
rufsgenossenschaft ermächtigte Ärzte, die nach sein Hausarzt bist –, dann muss er in Folge unverzüg-
vorgegebenem Verfahren den Unfall aufnehmen lich einen D-Arzt aufsuchen (Ausnahmen s. o.). Andern-
und an die BG melden. Auch Schüler, die z. B. falls besteht die Gefahr, dass der Arbeits-/Wegeunfall
von der BG nicht anerkannt wird.
beim Schulsport oder auf dem Schulweg verunfallt
sind, gehören zu diesem Patientenkollektiv.
Die Meldung eines Arbeits-/Wegeunfalls muss
4.10.7 Totenschein
spätestens 3 Tage nach Ereignis durch den Arbeit-
nehmer oder den Arbeitgeber an die zuständige Der Totenschein ist ein Formular, das Du im Rah-
BG erfolgen. Bei schweren oder tödlichen Unfällen men der ambulanten Tätigkeit selten ausfüllen
ist eine sofortige Meldung indiziert. musst. In der Klinik kommt dies allerdings häufi-
Der Formularsatz A13 (▶ Abb. 4.9) besteht aus der ger vor. Daher empfehlen wir Dir, Dich im Vorhi-
weißen Unfallmeldung, die nur gebraucht wird, nein ausführlich mit dem Formular zu befassen.
wenn der Patient nicht dem D-Arzt vorgestellt Allein das Prozedere des Ausfüllens des Formulars
wird, sowie zwei grünen Durchschlägen, die auf beinhaltet schon einige Fallstricke.
der Rückseite noch ein Abrechnungsformular tra- Du musst Dich für eine Todesursache entscheiden,
gen. Das Formular kann nach dem Dienst in der selbst wenn Du den Patienten nicht kennst und
Praxis ausgefüllt werden. keine Fremdanamnese zu erheben ist. Entscheidest
Ausnahmen, bei denen nicht eine sofortige D-Arzt- Du dich für die natürliche oder unnatürliche Todes-
Vorstellung erfolgen muss: ursache? Kreuzt Du „unnatürlich“ an, hat dies
ವ Kleine Unfälle: wenn z. B. die Arbeitsunfähigkeit Konsequenzen. Aus diesem Grund folgt im An-
(AU) nicht über den Unfalltag hinausgeht und/ schluss ein Exkurs zur Leichenschau.
oder die Behandlung nicht länger als eine Woche Welche Information muss auf welche Seite des
dauert. In diesem Fall kann ein Allgemeinmedi- Formulars? Wann musst Du die erste Seite um-
ziner die Behandlung auf Kosten der BG ohne schlagen? Auf welche Seite kommen die vertrauli-
Überweisung an einen D-Arzt übernehmen. chen und auf welche Seite die nicht vertraulichen
ವ Isolierte Verletzungen der Augen, der Zähne oder Informationen?
Verletzungen im HNO-Bereich: In diesen Fällen Die Todesbescheinigung besteht aus insgesamt 4
gelten die entsprechenden Fachärzte automa- Seiten (▶ Abb. 4.10). Sie teilt sich, wie bereits er-
tisch als Durchgangsärzte. wähnt, in einen vertraulichen Teil und einen nicht
ವ Bei sehr schweren Verletzungen (z. B. Polytrau- vertraulichen Teil. Diese beinhalten folgende In-
ma) muss nicht erst ein D-Arzt aufgesucht wer- formationen:

49

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Martina Heßbrügge

Basics – Deine ärztlichen


Fähigkeiten
6
Der Vorteil der Allgemeinmedizin ist, dass Du Dei- (▶ Tab. 6.1). Die sehr guten Kompetenzen kannst
ne ärztlichen Kompetenzen in der 1:1-Ausbildung Du vielleicht von Beginn an in die Praxisarbeit ein-
direkt am Patienten erlernen und verbessern kannst. bringen. An den Defiziten kannst Du mit Deinen
Die Souveränität in Deinen Basisfertigkeiten kannst Lehrärzten arbeiten. Nutze die Prüfungsfragen in
Du später in jedem Fachgebiet anwenden. jedem Kapitel, um Dein Kompetenzniveau zu ver-
bessern. Die Ergebnisse der Selbsteinschätzung
sollen jedoch nicht der Benotung Deines Prakti-
6.1 Studentische Selbsteinschätzung
kums dienen!
Die Selbsteinschätzung ist ein wichtiges Instru-
ment, Deinen Lernerfolg im Praktikum zu sichern

Tab. 6.1 Musterbogen zur Selbsteinschätzung ärztlicher Kompetenzen


Einschätzung der aktuellen Kompetenz vorher nachher
(„1“ = sehr gut bis „5“ = lückenhaft) 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5
Anamnese strukturiert erheben
Aktuellen Behandlungsanlass klären
Körperliche Untersuchung durchführen
ವ Kopf/Hals
ವ Haut/Schleimhäute
ವ Herz/Thorax
ವ Gefäße
ವ Abdomen
ವ Niere/Harnwege
ವ Bewegungsapparat
ವ Gefäße
ವ Nervensystem
ವ Lymphknoten
ವ rektale Untersuchung
I. v. Blut abnehmen
I. v. Verweilkanüle legen
Impfungen durchführen
Abdomen-Sonografie durchführen
Ruhe-EKG anlegen und befunden
Lungenfunktionsprüfung durchführen
Wunden befunden und versorgen
Laborwerte anordnen und befunden
Prävention altersentsprechend einsetzen

87

_41564_Fidrich.indb 87 15.03.2019 08:33:43


Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

Tab. 6.1 Musterbogen zur Selbsteinschätzung ärztlicher Kompetenzen (Forts.)


Einschätzung der aktuellen Kompetenz vorher nachher
(„1“ = sehr gut bis „5“ = lückenhaft) 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5
Fachwissen nutzen, um banale und chronische Fälle zu behandeln
Pharmakotherapie anwenden
Leitlinien recherchieren
Diagnostische Strategie erarbeiten
Formulare zum Patientenfall ausfüllen
Therapiekonzepte aufstellen und überprüfen
Adhärenz fördern
Mit Patienten kommunizieren
ವ Zu Veränderung des Lebensstils beraten
ವ Schambesetzte Themen besprechen
ವ Schwierige Nachrichten überbringen
ವ Mit Emotionen umgehen
ವ Ärztliche Haltung zeigen
Strukturiert arbeiten
Im Team arbeiten
Eigenständig arbeiten, z. B. Hausbesuch durchführen
Nach Hygienerichtlinie arbeiten

6.2 Allgemeine körperliche ವ Erkennen und Vermeiden abwendbar gefährlicher


Untersuchung (AKU) Verläufe.
ವ Eigene Absicherung: Je lückenloser Deine Untersuchung
Die AKU erhebt den Ganzkörperstatus und geht und Dokumentation, desto besser ist der Schutz vor ge-
über die symptomorientierte Untersuchung und rechtfertigter und ungerechtfertigter Beschuldigung.
den Notfallcheck hinaus. Den Gesamteindruck
und einige Inspektionsbefunde erhebst Du schon
während der Anamnese. Den Ablauf der Untersu-
Kopf und Hals
chung bestimmst Du selbst, z. B. von Kopf bis Fuß,
ವ Schädel: Kalottenklopfschmerz, NNH Druck-
Patient erst stehend, sitzend, dann liegend. Inspek-
schmerz? Verletzungen? Meningismus?
tion, Palpation, Perkussion, Auskultation …
ವ Hals: Struma? Gestaute Halsvenen? LK-Schwel-
Hauptsache, Dein Plan geht auf!
lung?
ವ Haare: trocken, brüchig, Haarausfall?
Praxistipp ವ Pupillen: Isokorie; Konvergenz; direkte und
PRAXISTIPP

Der Ganzkörperstatus ist bei der Erstaufnahme und in konsensuelle Lichtreaktion (LR+/+).
folgenden Fällen indiziert: ವ Mundhöhle: Rötung/Entzündung, z. B. Zahn-
ವ Fehlen eines eindeutigen Leitsymptoms. fleisch, Tonsillen? Zahnstatus (orientierend); Gau-
ವ Vorhandene Symptome sind für Verdachtsdiagnose mensegeldeviation? Soor? Fötor? Eiterstraßen?
und Erstellung eines Behandlungskonzepts nicht aus- ವ Nase: Rhinophym? Blässe?
reichend. ವ Ohren: Cerumen? Entzündung? Trommelfell-
ವ Verdacht auf mögliche Zweiterkrankung. perforation, Erguss?

88

_41564_Fidrich.indb 88 15.03.2019 08:33:43


▶ 6.2 Allgemeine körperliche Untersuchung (AKU)

Haut und Schleimhäute Cave


ವ Exsikkosezeichen: „Stehende“ Hautfalten? Tro-
CAVE

ವ Nicht am gelähmten Arm messen.


ckene, borkige Zunge? Weiche Bulbi? ವ Bei Dialysepatienten nie am Shuntarm messen.
ವ Zyanose: peripher, zentral. ವ Bei mastektomierten Patienten nicht auf der operier-
ವ Ikterus: Gelbfärbung der Skleren ab einem Se- ten Seite messen.
rum-Bilirubin > 2 mg/dl. ವ Passende Manschettengröße wählen.
ವ Juckreiz? Z. B. bei Cholestase, Ekzem, Parasiten.
ವ Anämie: Konjunktiven erscheinen ab einem Hb
von etwa 8 g/dl blass. Weitere Tipps zur korrekten Blutdruckmessung
ವ Temperatur: im Nacken fühlen; Temperatur ▶ Kap. 7.2
messen. Auskultation des Herzens (▶ Abb. 6.1)
ವ Verletzungen/Wunden/Effloreszenzen? Leberzei- ವ Herztöne (HT):
chen, chronische Lungenzeichen. – Frequenz? Rhythmisch? Peripheres Pulsdefi-
zit? (Vorhofflimmern?)
Merke – 1. Herzton
MERKE

– Laut bei Fieber, Anämie, Gravidität


Eine Anämie kann eine Zyanose maskieren, wenn der – Paukend bei Mitralstenose
nicht oxygenierte Hb-Wert < 5 g/dl beträgt. – Gedämpft bei Kontraktilitätsverminderung,
z. B. Myokarditis, Infarkt, Insuffizienz, Peri-
karderguss
Herz/Kreislauf
– Hörbar gespalten bei Schenkelblöcken und
Blutdruck: RR-Seitendifferenz (> 20 mmHg patho-
Extrasystolen
logisch)?

$XVNXOWDWLRQVVWHOOH $XVNXOWDWLRQVVWHOOH
GHU$RUWHQNODSSH GHU3XOPRQDONODSSH
Pulmonalklappe
Aortenklappe
Erb-Punkt

Trikuspidalklappe Mitralklappe

$XVNXOWDWLRQVVWHOOH $XVNXOWDWLRQVVWHOOH
GHU7ULNXVSLGDONODSSH GHU0LWUDONODSSH

Abb. 6.1 Auskultation: Herztöne, Nebengeräusche und fortgeleitete Herzgeräusche [E402]

89

_41564_Fidrich.indb 89 15.03.2019 08:33:43


Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

– 2. Herzton Prostata (Sulcus verstrichen? Gut umfahrbar?


– Laut bei Aortensklerose, Hypertonus Konsistenz?)?
– Gedämpft oder fehlend bei Aortenstenose ವ Auch Genitalregion und Leisten inspizieren! Ek-
ವ Herzgeräusche (NG)? Systolikum, Diastolikum? zeme, Hernien, Ausfluss?
Fortleitung? Nieren und ableitende Harnwege
Thorax ವ Palpation: Nierenlager, Tumor? Klopfschmerz?
ವ Inspektion: Deformation? Fassthorax? Einzie- Blase gefüllt?
hung/Vorwölbung? Atemexkursion symme- ವ Auskultation: Nierengefäßgeräusch periumbili-
trisch? Offene Verletzung, Prellmarken? Haut- kal?
emphysem („Schneeballknistern“)? Wirbelsäule, Gelenke, Extremitäten
ವ Palpation: Stufenbildung? Druck-/Kompres- ವ Inspektion: Deformationen? Verletzungen?
sionsschmerz? Krepitation? Ödeme? Erguss? Entzündung? Empyem?
ವ Perkussion: Hypersonorer Klopfschall (z. B. ವ Palpation: Stauch-, Klopfschmerz? Muskelver-
Pneumothorax, Emphysem, Kavernen), Dämp- spannungen? Eingeschränkte aktive/passive Be-
fung (z. B. Hämatothorax, Pleuraerguss, Pneu- weglichkeit?
monie)? Atemverschieblichkeit? ವ Pulsstatus: Seitengleich? Frequenz, Rhythmus
ವ Auskultation der Lunge: Abgeschwächtes Atem- (regelmäßig/unregelmäßig)? Bei fehlendem Ra-
geräusch (AG), z. B. Hämatothorax, Pleura- dialispuls Femoralis-/Karotispuls einseitig (!)
erguss, Atelektase, Pneumothorax? Pleuritische palpieren.
Reibegeräusche? Feuchte Rasselgeräusche (RG), Lymphknoten
z. B. Lungenstauung? Pneumonie? Trockene ವ Palpation: Vergrößerte LK tastbar (aurikulär,
Rasselgeräusche bei Obstruktion, z. B. Asthma submandibulär, nuchal, zervikal, supra-/infra-
bronchiale, chronisch obstruktive Bronchitis? klavikulär, axillär, inguinal, kubital, popliteal)?
Abdomen Lage, Form, Größe, Verschieblichkeit, Schmerz-
Untersuche das Abdomen nach dem Schema des haftigkeit, Abgrenzbarkeit?
Quadrantenmodells (▶ Abb. 6.2). Beginne schmerz-
fern. Prüfungsfragen
ವ Inspektion: Prellmarken? Schürfungen? Häma- PRÜFUNGSFRAGEN

tome? Narben? Verletzungen? Zeichen einer Le- Welche Veränderungen der RR-Werte erwartest Du bei
bererkrankung, z. B. Abdominalglatze, Caput einer zu großen oder zu kleinen Manschette?
F: Welchen Auskultationsbefund erwartest Du bei einer
medusae? Aufgetriebener Bauch (Faustregel zur
Aortenstenose?
DD: Fett, Fötus, Fäzes, Flatus = Luft, Flüssigkeit
P: Welche Untersuchungsbefunde beschreiben einen
und Tumor)?
positiven Meningismus?
ವ Auskultation: Verstärkte Peristaltik, z. B. bei
Gastroenteritis? Ohrnahe, klingende, hochfre-
quent metallische Darmgeräusche, z. B. bei
Neurologische Zusatzuntersuchung
Ileus? Spärliche oder keine Darmgeräusche,
„Grabesstille“, z. B. bei Darmparalyse, reflekto-
risch bei Perforation oder retroperitonealem Praxistipp
PRAXISTI PP

Hämatom? Für eine orientierende neurologische Untersuchung


ವ Palpation: Abwehrspannung? Druck-/Loslass- sind zumindest ein Reflexhammer und eine Untersu-
schmerz? Klopf- und Rüttelschmerz? Schmerz- chungslampe erforderlich.
ausstrahlung?
ವ Perkussion: Lebergröße? Tympanitischer Klopf-
schall, z. B. gasgefüllte Darmschlingen, freie Luft Bewusstseinslage
bei Perforation? Dämpfung des Klopfschalls, ವ Benommenheit: geringfügige Verlangsamung
z. B. bei Aszites, bei Harnstau in der Blasenre- des Denkens
gion, bei Beckenringfraktur mit Hämatombil- ವ Somnolenz: Bewusstseinseintrübung, schläfrig,
dung? aber erweckbar
ವ Rektale Untersuchung (DRU): Blut am Finger- ವ Sopor: tiefschlafähnlicher Zustand, kurzzeitige
ling? Schmerzen? Fissur? Tastbarer Tumor? Erweckbarkeit, keine Spontanbewegung.

90

_41564_Fidrich.indb 90 15.03.2019 08:33:44


▶ 6.2 Allgemeine körperliche Untersuchung (AKU)

Diffuse abdominale Schmerzen

$NXWH3DQNUHDWLWLV 7R[LVFKHV0HJDNRORQ &('


*DVWURHQWHULWLV ,QYDJLQDWLRQ EHL.LQGHUQ
3HULWRQLWLV 0HVHQWHULDOLVFK¦PLH
$SSHQGL]LWLV IU¾KHV6WDGLXP 6LFKHO]HOONULVH
'DUPYHUVFKOXVV 7\SKRLGHV)LHEHU
.RSURVWDVH0HWHRULVPXV 'LDEHWLVFKH.HWRD]LGRVH

Rechter oder linker oberer Quadrant


+HUSHV]RVWHU
5DGLNXOLWLV

&KROH]\VWLWLV
0LO]DEV]HVVUXSWXU
&KROHOLWKLDVLV
LQIDUNW
8ONXVSHUIRUDWLRQ
3OHXULWLV8QWHU
1HSKUROLWKLDVLV
ODSSHQSQHXPRQLH
/HEHUDEV]HVV
$NXWHV.RURQDUV\QGURP
3OHXULWLV8QWHU
ODSSHQSQHXPRQLH 6XESKUHQHU$EV]HVV
3DQNUHDWLWLV 3DQNUHDWLWLV
$NXWHV.RURQDU 1HSKUROLWKLDVLV
V\QGURP *DVWULWLV

$SSHQGL]LWLV 'LYHUWLNXOLWLV
8UROLWKLDVLV 8UROLWKLDVLV
$GQH[LWLV $GQH[LWLV
(QW]¾QGOLFKH 2YDULDOWRUVLRQ
'DUPHUNUDQNXQJHQ 3HUIRULHUWHV$RUWHQ
2YDULDOWRUVLRQ DQHXU\VPD
7XEDUJUDYLGLW¦W 7XEDUJUDYLGLW¦W

Rechter oder linker unterer Quadrant


$EGRPLQDORGHU3VRDVDEV]HVV
%DXFKZDQGK¦PDWRP
=\VWLWLV
(QGRPHWULRVH
+HUQLH LQNDU]HULHUWRGHUVWUDQJXOLHUW
0LWWHOVFKPHU]
Abb. 6.2 Abdominale Unter- +RGHQWRUVLRQ
suchung: Quadrantenmodell (QW]¾QGXQJLP%HFNHQ
[L157]

ವ Koma: tiefe Bewusstlosigkeit, nicht erweckbar, ವ Gedankeninhalte: Zwänge, Wahninhalte, Hallu-


schwache bzw. ungezielte Reaktion auf Schmerz- zinationen?
reize ವ Gedächtnis: Kurzzeitgedächtnis (vor 1 h), Lang-
ವ Stupor: Aktivitätsverlust bei wachem Bewusst- zeitgedächtnis (ältere persönliche Daten)
seinszustand (häufig psychogen) Motorik und Reflexstatus (immer im Seitenver-
ವ Synkope: kurz andauernde Bewusstlosigkeit gleich)
Orientierung ವ Willkürmotorik beobachten, grobe Kraft prü-
ವ zu Zeit, Ort, Person, Situation? fen, z. B. Händedruck
ವ Sprache: Artikulation, Quantität, Geschwindig- ವ Arm-/Beinhalteversuch. Intentionstremor? Rigor?
keit? ವ Hirnnervenprüfung: N. facialis: Stirnrunzeln,
ವ Denkvermögen: logisch zusammenhängend, Augenschluss, Backen aufblasen; N. hypoglos-
formale Denkstörung? sus: Zunge herausstrecken

91

_41564_Fidrich.indb 91 15.03.2019 08:33:45


Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

Abb. 6.4 Funktionsprüfung: Reflexstatus [T814]


Abb. 6.3 Inspektion, Funktionsprüfung: N.-facialis-Parese [L138]

Merke
MERKE

Bei zentraler N.-facialis-Lähmung (▶ Abb. 6.3) ist der /


Stirnast nur minimal betroffen, bei peripherer fällt er
aus. Die Hypoglossusparese zeigt sich durch Abweichen
der Zunge zur betroffenen Seite. /

/
Reflexprüfung
ವ Eigenreflexe: aufgehoben z. B. bei Tabes dorsa-
les, Myelitis, Neuritis; gesteigert bei Funktions-
störung der Pyramidenbahnen
– Arme: Brachioradialis-, Bizeps-, Trizepsseh-
/ /
nenreflex
– Beine: Achilles- und Patellarsehnenreflex
(▶ Abb. 6.4)
6
ವ Fremdreflexe: Ziliarreflex; Bauchdecken- und
Cremasterreflex, bei frischen Paresen abge-
schwächt oder fehlend
ವ Pathologische Reflexe, z. B. Babinski-, Gordon- 0H[WHQVRU
und Oppenheimer-Reflex, Ausdruck einer Pyra- 0WLELDOLV GLJLWRUXP
DQWHULRU ORQJXV 0SHURQHXV
midenbahnschädigung
Sensibilitätsprüfung
ವ Orientierende Prüfung durch Bestreichen der
Haut, z. B. mit Wattestäbchen, Griff des Reflex-
hammers, evtl. auch mit bloßem Finger
(▶ Abb. 6.5)
ವ Geprüft werden: Berührungs-, Schmerz-, Tem-
peratur-, Vibrations- und Bewegungsempfinden
/ / 6
Prüfungsfragen
PRÜFUNGSFRAGEN

F: Wie lauten die Kennmuskeln der Eigenreflexe?


P: Welche Symptome können auf einen linksseitigen
Schlaganfall hinweisen?
Abb. 6.5 Funktionsprüfung: motorische Kennmuskeln und sen-
sible Kennzonen (Dermatome) [L106]

92

_41564_Fidrich.indb 92 15.03.2019 08:33:45


▶ 6.3 Punktionen und Injektionen

6.3 Punktionen und Injektionen ವ Material: Spritze (0,5–2 ml), mittlere bis feine
Kanüle (23 G/0,6 blau oder 25 G/0,5 braun).
Hinweise zur Hygiene findest Du in ▶ Kap. 6.5. Zur
ವ Vorgehen: Hautfalte leicht anheben und Kanüle
Vermeidung von Fehlern und Verwechslungen
im Winkel von 45° einstechen, Aspirationsver-
musst Du in die Technik eingewiesen werden und
such: unblutig, vorsichtige Injektion, ggf. Druck
die folgenden Punkte bei jeder Injektion beachten:
oder Brennschmerz
ವ Indikation der Applikationsform sowie Dosis
streng prüfen
6.3.3 Intramuskuläre Injektion (i. m.)
ವ Patienten zu Vorgehen und möglichen Neben-
wirkungen aufklären, Dokumentation Indikation Spezielle Impfungen (VZV,
ವ Medikament bereitstellen (inkl. Kontrolle von MMRE-V], Gelbfieber), akute Schmerztherapie,
Haltbarkeit und Beschriftung) Vitamin-B-Gabe, Medikamentengabe mit Depot-
ವ Steriles Arbeiten, Haut- und Händedesinfek- wirkung
tion, Wundverband/Pflaster Kontraindikationen Schock, V. a. Herzinfarkt,
ವ Lagekontrolle der Nadel durch Aspiration Lungenembolie, Thrombose, wegen möglicher
späterer Lysetherapie; Entzündungen, Hämatome
Merke und Ödeme im Injektionsgebiet, Koagulopathie,
MERKE

Vorbehandlung mit Antikoagulanzien, Allergie


ವ Einmalhandschuhe schützen nicht vor Stichverletzun-
gen.
ವ Sicherheitskanülen mit klappbarer Schutzkappe sind Cave
CAVE

obligat. Die Indikation zur i. m. Gabe von Medikamenten ist eng


ವ NEVER RECAP!! Lose Schutzhülle niemals zurück zu stellen, insbesondere wenn andere Applikationsar-
auf die gebrauchte Kanüle stülpen. ten, z. B. p. o., möglich sind. Die Mehrzahl der Zwi-
ವ Kanülen und Nadeln nach Gebrauch sofort und schenfälle bei intramuskulärer Injektion ist auf
selbst in Abwurfbehälter entsorgen. unsachgemäße Durchführung zurückzuführen.

Der richtige Injektionsort


6.3.1 Intrakutane Injektion (i. c.) Oberarm
Indikationen Schmerztherapie, spez. Impfun- Ort M. deltoideus
gen, Allergie- und Tuberkulosetestung Indikationen Bevorzugte Injektionsstelle für
Kontraindikationen Entzündung im Einstich- Impfungen
bereich, allerg. Reaktion in der Anamnese Durchführung
Durchführung ವ Material: Nadel 23 G (30 mm, blau), Adipöse
ವ Injektionsort: Dermis, bevorzugt Rücken, Arm 20 G (38 mm, grün)
ವ Material: Spritze (0,5–2 ml), feine Kanüle ವ Vorgehen: Ort drei Querfinger unterhalb der
(25 G/0,5 braun, Dental-Kanülen) höchsten Erhebung des Deltamuskels (= Acro-
ವ Vorgehen: Kanüle flach zur Hautoberfläche mit mion; ▶ Abb. 6.6)
Schliff nach unten einführen, Aspirationsver-
Oberschenkel
such: unblutig, dann vorsichtige Infiltration
Ort M. vastus lateralis
0,1–0,2 ml, Haut wird weißlich
Indikationen Alternative z. B. bei immobilisier-
ten Patienten, bei kachektischen Patienten (gerin-
6.3.2 Subkutane Injektion (s. c.)
gere Gefahr, den Knochen zu treffen), bei Patien-
Indikationen Thromboseprophylaxe, Insulinga- ten, die sehr häufig Spritzen bekommen
be, spezielle Impfungen, Medikamente, z. B. Mor- Durchführung
phin ವ Material: Erwachsene Nadel 20 G (38 mm, grün),
Kontraindikationen Lokale Hauterkrankungen, Kinder Nadel 23 G (30 mm, blau).
Hämatome, Allergien ವ Vorgehen: Oberschenkel im Hüftgelenk leicht
Durchführung gebeugt und innenrotiert. Hände so auf Ober-
ವ Injektionsort: Subkutis, bevorzugt Oberschenkel schenkel auflegen, dass Kleinfinger auf Patella
oder Trizeps, Unterbauch, evtl. Rücken. bzw. auf Trochanter major liegen. Abspreizen

93

_41564_Fidrich.indb 93 15.03.2019 08:33:46


Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

ವ Vorgehen: Patient in Seitenlage; in Hüfte und Knie-


gelenk leicht gebeugt (vgl. DRU). Rechter Gluteal-
muskel – linke Hand (und umgekehrt). Zeigefinger
auf Spina iliaca anterior superior, Mittelfinger ab-
spreizen. Um fixierten Zeigefinger leicht nach ven-
tral rotieren, bis Handballen auf Trochanter major
liegt. Injektion im „Hochstetter-Dreieck“ (V) leicht
,QMHNWLRQVSXQNW
nach kranial gerichtet (▶ Abb. 6.8).

Merke
MERKE

Zur korrekten Bildung des Hochstetter-Dreiecks


musst Du Zeige- und Mittelfinger verwenden!
Verwendest Du fälschlicherweise Daumen und Zeige-
finger, bildest Du zwangsläufig ein deutlich stumpf-
winkligeres Dreieck, wodurch Du zu weit nach dorsal
und damit in die Nähe des N. ischiadicus gelangst!

Merke
MERKE

Vor jeder i. m. Injektion musst Du, zusätzlich zur grund-


Abb. 6.6 I. m. Injektion in den M. deltoideus [K115] sätzlichen Frage nach Allergien, eine eventuelle Anti-
koagulanzieneinnahme abfragen!
der Daumen. Injektion oberhalb der Daumen- Ist eine Kreatinkinase(CK)-Bestimmung (z. B. Myokardin-
spitzen auf Linie zwischen Patella und Trochan- farkt-Diagnostik) oder eine Lysetherapie (z. B. Lungenem-
ter (▶ Abb. 6.7). bolie) geplant, so darf keine i. m. Injektion erfolgen!
ವ Cave: Infektionsrisiko höher als bei Injektion
nach von Hochstetter
Komplikation Gefäßverletzung, Hämatom, In- Impfen
fektion, Schmerz bei Knochenkontakt Notwendiges Material
ವ Tupfer
Methode nach Hochstetter
ವ Desinfektionsmittel
Ort M. gluteus medius/minimus (ventrogluteal)
ವ Einmalhandschuhe
Indikationen Medikamentengabe, Depotsprit-
ವ Impfstoff in Spritze mit Kanüle
zen
ವ Abwurf
Durchführung
ವ Pflaster
ವ Material: Nadel 23 G (30 mm, blau), Adipöse
Nadel 20 G (38 mm, grün)
7URFKDQWHUPDMRU

6SLQDLOLDFDDQWVXS

&ULVWDLOLDFD

Abb. 6.7 I. m. Injektion in den M. vastus lateralis [G701] Abb. 6.8 I. m. Injektion nach von Hochstetter (ventrogluteal) [L106]

94

_41564_Fidrich.indb 94 15.03.2019 08:33:46


▶ 6.3 Punktionen und Injektionen

Impfdurchführung
1. Die bevorzugte Impfstelle ist der M. deltoideus!
Ausnahme: Säuglinge, Kleinkinder, ältere und
kachektische Menschen; dann M. vastus lateralis.
2. Zu Impfenden in bequemer Position sitzen las-
sen. Bei Gefahr einer Synkope Impfung im Lie-
gen. Arm locker hängen lassen (angespannte
Muskulatur verstärkt Injektionsschmerz).
3. Injektionsstelle desinfizieren. Einwirkzeit be-
achten (Injektion durch mit Desinfektionsmit-
tel benetzte Haut ist schmerzhaft). Abb. 6.9 Tupfer auf Einstichstelle [L234]
4. Impfen mit „trockener Nadel“. Entlüften der
Kanüle obsolet (kann Schmerz und Entzün- Ansatz gut festhalten, grundsätzlich langsam in-
dung im Stichkanal verursachen). jizieren (auch spezifische Medikamentenvor-
5. Schnelles Durchstechen der Haut (reduziert schriften beachten). Tupfer auflegen (▶ Abb. 6.9),
Schmerz). Für mehr Kontrolle der Richtung nach Herausziehen der Nadel Einstichstelle
evtl. mit Punktionshand an Oberarm abstützen. komprimieren – Arm nicht beugen lassen!
6. Kanüle wie Dartpfeil zwischen Daumen und Komplikationen Hämatom (häufig; Patienten
Zeigefinger halten. in der Regel vorbeugend darauf hinweisen), Nach-
7. I. m. = 90°, s. c. = 45° Injektionswinkel blutung, Nervenverletzung, AV-Fistel (selten), pa-
8. Langsame Injektion ohne Aspiration (heute ob- ravasale Injektion
solet).
9. Impfkanüle zügig entfernen und sofort selbst- 6.3.5 Venenverweilkanüle/Anlegen
ständig entsorgen. Kein Recapping! einer Infusion
10. Austretendes Blut mit Tupfer entfernen und
Indikationen I. v. Gabe mehrerer Medikamente
Pflaster aufkleben.
und/oder Infusion, Notfallausstattung
Material Verweilkanülen, z. B. 17 G oder 18 G,
6.3.4 Intravenöse Injektion (i. v.)
hautschonendes Pflaster, evtl. Mandrin zum Ver-
Indikationen Wenn schneller Wirkungseintritt schließen, Adapter, Stauschlauch
einer Substanz erforderlich ist; vital bedrohliche Punktionsort Gut sichtbare/tastbare Vene an
Zustände; akute Schmerzen den oberen Extremitäten, Handrücken, Unterarm,
Durchführung Ellenbeuge
ವ Material: Kanüle blau, gelb oder Butterfly grün,
Spritze, Stauschlauch (RR-Manschette) Cave
ವ Injektionsort: Ellenbeuge, Unterarm, Handrü- CAVE

cken, V. jugularis externa. Ultima Ratio: Fußrü- Die Venenpunktion in der Ellenbeuge birgt die Gefahr
cken. Cave: Thrombosegefahr. Bei Dialysepa- der arteriellen Fehlpunktion! Die Venenpunktion sollte
möglichst nicht auf der Seite einer Parese, Verletzung,
tienten oder solchen, die evtl. dialysepflichtig
Shuntanlage oder LK-Entfernung erfolgen.
werden, Armvenen schonen; bei Patienten, die
einer Intensiv- oder i. v. Behandlung zugeführt
werden, direkt Venenverweilkanüle anlegen!
Vorgehen
ವ Vorgehen: Oberhalb der ausgewählten Punk-
ವ Desinfektion, Haut über Vene straff spannen,
tionsstelle Stauschlauch anlegen, Puls sollte tast-
Vene mit Verweilkanüle im 30°-Winkel punk-
bar sein. Vene palpieren, Haut großzügig desin-
tieren. Zeigt sich Blut am transparenten Ende
fizieren (Venen treten besser hervor). Kanüle
der Kanüle, Stahlmandrin zurückziehen, gleich-
mit Öffnung nach oben in leichtem Winkel (et-
zeitig Kunststoffkatheter unter Fixieren der
wa 30°) in die Vene führen, gleichzeitig mit der
Haut einige Millimeter, bei fehlendem Wider-
anderen Hand die Haut im Bereich der Vene
stand bis zum Anschlag, vorschieben, Mandrin
nach distal fixieren. Nach Lagekontrolle durch
entfernen.
Blutaspiration Stauschlauch öffnen, Nadel am
ವ Kanüle mit Pflasterstreifen sichern (▶ Abb. 6.10).

95

_41564_Fidrich.indb 95 15.03.2019 08:33:48


Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

ವ Infusionsschlauch mit Pflaster gegen Zug si-


chern.
ವ Bei missglückter Punktion Kanüle und Stau be-
lassen und zügig andere Vene wählen.

Praxistipp
PRAXISTI PP

ವ Bei schwierigen Venenverhältnissen: klopfen, reiben,


besprühen, Stau erneuern.
ವ Patienten trinken lassen, lagern: je tiefer der Arm,
desto voller die Vene.
ವ Evtl. Hand/Arm in warmes Wasser tauchen.
ವ Blutdruckmanschette anstatt Stauschlauch
ವ Kanüle statt Butterfly! Geringere Kosten, bessere
a)3IODVWHUVWUHLIHQ]XU%HIHVWLJXQJDXIGLH)O¾JHOGHU9HQHQYHUZHLO Werte, für Erfahrene!!
NDQ¾OHNOHEHQ

Prüfungsfragen
PRÜFUNGSFRAGEN

F: Bereite eine venöse Blutentnahme vor und erstelle


dazu eine Checkliste.
F: Beschreibe den Hautbefund in ▶ Abb. 6.11. Welche
Symptome erfordern eine chirurgische Intervention?
Wann ist die Gabe eines Antibiotikums erforderlich?
P: Erkläre einem Patienten die Durchführung einer sub-
kutanen Heparin-Injektion.

b))ROLHQYHUEDQGVR¾EHUGLH.DQ¾OHNOHEHQGDVVGHU(LQVWLFKVLFKW
EDUEOHLEWXQGGDV(QGHGHU.DQ¾OHXQEHGHFNWLVW

Abb. 6.11 Inspektion: Hautreaktion nach i. m. Injektion [P509]


c))DFKJHUHFKWDQJHEUDFKWHU9HUEDQG]XU)L[LHUXQJHLQHUSHULSKHUHQ
9HQHQYHUZHLONDQ¾OH
6.4 Wundversorgung
Abb. 6.10 Fixieren einer Venenverweilkanüle [K115]
Die Beurteilung einer Wunde ist wichtig zu Beginn
ವ Vene oberhalb der Kanüle mit Daumen kompri- der Behandlung und im Verlauf, also bei jedem
mieren, Verschlussstöpsel oder Infusion steril Verbandswechsel (▶ Tab. 6.2).
aufschrauben.

96

_41564_Fidrich.indb 96 15.03.2019 08:33:48


▶ 6.4 Wundversorgung

Tab. 6.2 Klassifikation von Wunden


Art der Wunde Ursache Struktur
Akute Wunden
Schürfwunde Tangentiale Gewalt Unregelmäßige Oberfläche
Platzwunde Stumpfe Gewalt Klaffende Wundränder
Quetschwunde Stumpfe Gewalt Unregelmäßige Oberfläche
Risswunde, Bisswunde Tangentiale Gewalt Unregelmäßiger Wundrand
Zahnform erkennbar
Schnittwunde Senkrechte oder tangentiale Gewalt Scharfer Wundrand
Stichwunde, Pfählungsverletzung Senkrechte Gewalt Spitzer Wundrand
Chronische Wunden > 4 Wochen
Superinfizierte Wunde Bakterielle Infektion Schmierig, eitrig, blutig, feucht
Dekubitus (▶ Abb. 6.12) Immobilität, Druck Stadien I–IV
Verbrennung, Verätzung Thermisch, chemisch, strahlenbedingt Stadien I–IV

Epidermis
Grad I

Dermis mit
elastischen
Bindegewebs- Grad II
fasern

Subcutis mit
eingelagertem
Fettgewebe Grad III

Muskeln,
Sehnen,
Knochen

Grad IV

Abb. 6.12 Stadieneinteilung


Dekubitalulzera [V220]

Leitsymptome Diagnostik
ವ Hautdefekt, Schmerz, Blutung ವ Anamnese: Trauma, Unfallhergang, Mitbeteilig-
ವ Begleitverletzungen (Knochen, Gefäße, Nerven, te, Zeitpunkt
Faszienlogen) ವ Palpation, Fremdkörper

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Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

ವ Inspektion: Lokalisation, Größe, Tiefe, Wund- Merke


ränder, Blutungsausmaß
MERKE

Zeichen der Wundinfektion


ವ Funktionsprüfung: Sensibilität, Motorik, Perfu-
ವ Schmerz, Überwärmung, Rötung (Dolor, Calor, Rubor)
sion des umliegenden Gewebes
ವ Schwellung, Sekretion, Geruch
ವ Ggf. Sonografie, Röntgen ವ Fieber, Lymphknotenschwellung
ವ Impfstatus prüfen
Primäre Versorgung oberflächlicher Wunden
(primäre Wundheilung)
Sekundäre Wundheilung
ವ Hygienische Händedesinfektion, unsterile Hand-
ವ Bei infizierten Wunden oft indiziert
schuhe
ವ Wundabstrich vor Behandlungsbeginn und im
ವ Wund- und Umgebungsreinigung (NaCl 0,9 %,
Verlauf
Wasser, Polyhexanid)
ವ Ggf. antibiotische Therapie, Immobilisation
ವ Klammerpflaster, Gewebekleber, passiver Wund-
ವ Verband passiv, aktiv, interaktiv (▶ Abb. 6.13)
verband (▶ Abb. 6.13)
ವ Reinigen der Wundränder, Abtragen von Ne-
krosen
Merke
MERKE

Fadenzug: Gesicht 4–6 Tage, Extremitäten 10 Tage, 6.4.1 Chronische Wunden


Rumpf 14 Tage Ulcus cruris venosum
Definition Substanzdefekt der Kutis/Subkutis
aufgrund chronisch venöser Insuffizienz der unte-
Phasen der Wundheilung
ren Extremität mit der Folge von Mikro- und Ma-
ವ 1.–4. Tag: exsudative Phase (Entzündungsphase)
krozirkulation
ವ 2.–16. Tag: proliferative Phase (Granulationspha-
se)
ವ 5.–25. Tag: reparative Phase (Epitheliasierungs- Lerntipp
LERNTIPP

phase) Differenzialdiagnostisch denken: Vor Behand-


lungsbeginn muss eine pAVK ausgeschlossen werden.
Bei frustranem Therapieverlauf Adhärenz stärken und
auch an andere Ulkusursachen denken, z. B. Malignom;
ggf. chirurgische Sanierung epifaszialer Refluxwege.

1 2 3

4 5 6

7 8 9 10

Abb. 6.13 Verbandtechniken


zur Wundversorgung [L190]

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▶ 6.4 Wundversorgung

Anamnese Vorausgegangene Venenerkrankun- Cave


gen, OP, Verletzungen, Diabetes mellitus, Herzin-
CAVE

Absolute Kontraindikationen der Kompressions-


suffizienz, Medikamente therapie: fortgeschrittene pAVK, dekompensierte Herz-
Inspektion Größe, Tiefe und Lokalisation, insuffizienz, septische Phlebitis, Phlegmasia coerulea
Hyperpigmentierung, Dermatofasziosklerose, Ek- dolens
zeme, Ödeme, Venen- und Pulsstatus, Narben, Relative Kontraindikationen: diabetische PNP,
Fotodokumentation Schmerzen, kompensierte pAVK
Körperliche Untersuchung Ganzkörperstatus Deshalb musst Du vor Verordnung einer Kompressions-
einschließlich neurologischem Status, Puls- und therapie zwingend den peripheren Pulsstatus erheben.
Gelenkuntersuchung der unteren Extremitäten Sind die Pulse nicht tastbar, ist ein ABI/Doppler nötig!
Weiterführende Diagnostik Doppler-/Duplex-
sonografie, arterieller Knöchel-Arm-Index, bei Prüfungsfragen
manifester Infektion Abstrich und Antibiogramm PRÜFUNGSFRAGEN

F: Welche peripheren Arterien an den Füßen eignen sich


Praxistipp zur Pulskontrolle?
PRAXISTIPP

P: Was ist eine „Phlegmasia coerulea dolens“ und wie


Chronische Ulzera sind meistens mikrokolonialisiert. kannst Du sie erkennen?
Der Abstrich ist deswegen nur sinnvoll, wenn es sich
um eine klinisch relevante Infektion handelt.
Diabetisches Fußulkus
Inspektion, Palpation und Funktionsprüfung sind
Kompressionstherapie Kurzzug-elastischer
zur Klassifikation des diabetischen Fußsyndroms
Verband zu Beginn, bei Stabilisierung Anpassen
(▶ Tab. 6.3) und des Ulkus (▶ Abb. 6.14) indiziert,
von Kompressionsstrümpfen, Bewegungstraining
immer beidseits, immer im Verlauf.
zur Aktivierung der Sprunggelenks-Waden-Mus-
kelpumpe, antiödematöse Medikation
Reinigung der Wunde Mit Trinkwasser oder Lerntipp
LERNTIPP

steriler physiologische Kochsalzlösung; Beläge ent- Nutze die Praxisempfehlung der Deutschen Diabe-
fernen, Nekrosen abtragen, Wundränder evtl. mit tes-Gesellschaft (DDG): diabetisches Fußsyndrom [1]
Zinkpaste schützen bei der nächsten Fußuntersuchung. Ordne den Befund
Lokale Wundtherapie Wundauflagen inert, nur nach der Wagner-Armstrong-Klassifikation (▶ Tab. 6.3)
befristet mit externen Substanzen, feuchte Wund- ein!
behandlung z. B. mit Hydrokolloiden in Kombina-
tion mit der Kompressionstherapie

Tab. 6.3 Wagner-Armstrong-Klassifikation zur Beschreibung des diabetischen Fußsyndroms


Wagner- 0 1 2 3 4 5
Grad
Armstrong-Stadium
A Prä- oder post- Oberflächliche Wunde bis zur Wunde bis zur Nekrose von Nekrose des
ulzerativer Fuß Wunde Ebene von Ebene von Fußteilen gesamten
Sehnen oder Knochen und Fußes
Kapsel Gelenken
B Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion
C Mit Ischämie Mit Ischämie Mit Ischämie Mit Ischämie Mit Ischämie Mit Ischämie
D Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion Mit Infektion
und Ischämie und Ischämie und Ischämie und Ischämie und Ischämie und Ischämie

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Basics – Deine ärztlichen Fähigkeiten

Tab. 6.4 Stadieneinteilung primär infizierter


Wunden nach Lackmann
Stadium Beteiligte Struktur/en
I Haut (Subcutis)
II I + Faszie und/oder Muskulatur
III II + Substanzdefekt
IVa III + Gefäß- und/oder Nervenschaden
IVb III + Knochen- und/oder Organdefekt

Abb. 6.14 Inspektion: diabetischer Fuß [F493–002] Anamnese Unfallhergang und Verursacher
Inspektion Größe, Tiefe, Wundränder, Durch-
blutung, Kampfspuren, Wundverhältnisse, Lack-
Risikofaktoren Multifaktorielles Geschehen bei
mann-Stadium (▶ Tab. 6.4), Fotodokumentation
Diabetes mellitus, ungeeignetes Schuhwerk,
Therapie Wundabstrich, Wundreinigung, Fremd-
Neuropathie, pAVK, Limited Joint Mobility, Fuß-
körperentfernung, primär chirurgische Wundver-
deformitäten, Hornhautschwielen, psychosoziale
sorgung innerhalb 8–12 h abwägen, Antibiose mit
Konstellation
Amoxicillin und Clavulansäure/Cephalosporin der
Therapie Stoffwechseloptimierung, Therapie
2. Generation, Gelenkimmobilisation
von Gefäßerkrankungen, Infektionskontrolle, Dé-
bridement, effektive Druckentlastung, lokale
Wundbehandlung, Patientenschulung Cave
CAVE

Stationäre Therapie bei Verletzung II nach Lackmann,


Merke Wundinfektion, psychischem Trauma
MERKE

Das multifaktorielle therapeutische und präventive Vor-


gehen bei der Behandlung von Fußulzera kann die Häu- Merke
figkeit von Amputationen um 50 % senken.
MERKE

ವ Bei jeder Wunde musst Du den Impfstatus prüfen!


ವ Tetanusschutz, Auffrischung alle 10 Jahre, bei unzu-
Prüfungsfragen reichendem Impfschutz Simultanimpfung aktiv-passiv
PRÜFUNGSFRAGEN

(▶ Tab. 6.5).
F: Demonstriere die Palpation der Fußpulse und die Prü-
fung der Füße auf Sensibilität.
P: Wie lauten die Praxistools bei diabetischem Fußsyn- Prüfungsfragen
drom?
PRÜFUNGSFRAGEN

F: Beschreibe die Stadieneinteilung von Bisswunden


nach Lackmann (▶ Tab. 6.4).
P: Du kontrollierst den Impfpass bei einer Patientin mit
6.4.2 Primär infizierte Wunden Katzenbissverletzung. Welche Schutzimpfungen sollten
(Bisswunden [2], Schusswunden) vorliegen?

Klinischer Fall
KLINISCHER FALL

6.5 Hygiene
Ein 15-jähriger Junge kommt in die Sprechstunde. Er
zeigt eine Bissverletzung durch den Nachbarshund am Im Qualitätsmanagement (QM) jeder Arztpraxis
rechten Unterarm. Die Wunde blutet nicht, ist makro- ist ein Hygieneplan hinterlegt. Wichtige Basismaß-
skopisch frei von Verunreinigungen und weist keine nahmen wie die hygienische Händedesinfektion,
Bissspuren auf; unregelmäßige Wundränder sind deut- aber auch praxisrelevante Ergänzungen dienen
lich sichtbar. Welche Informationen benötigst Du er- Deinem und dem Schutz der Patienten vor Infek-
gänzend, um den Jungen zu behandeln? tionen und deren Verbreitung.

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