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Fokus Unterrichtsbewertung

Leitlinien zur Beobachtung und Bewertung von


Unterricht an allgemein bildenden Schulen
INHALT

Vorwort  05

TEIL 1
Fokus Unterrichtsbewertung – ein Unterstützungsangebot im Qualitätsentwicklungsprozess

1. Worum geht es in dieser Handreichung?  08


2. Welche Ziele hat Fokus Unterrichts­bewertung?  08
3. Kann der Unterrichtsfeedbackbogen für die Bewertung genutzt werden?  09
4. Um welche Bewertungsaspekte wird der Unterrichtsfeedbackbogen ergänzt?  09
5. Welche Funktion hat die Unterrichts­beobachtung?  10
6. Was ist das Besondere an der Unterrichtsbewertung?  12
7. Wie können die Leitlinien bei der Bewertung von Unterricht eingesetzt werden?  12

TEIL 2
Fokus Unterrichtsbewertung – Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen und weitere Bewertungsaspekte

1. Die drei Basisdimensionen von Unterricht  16


2. Weitere Bewertungsaspekte von Unterricht  17

Impressum  18
Mit dem Aufbau einer systematischen datengestützten Qua- den Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte
litätsentwicklung an Schulen wollen wir die Qualität der Bil- und bei Fortbildungen an die Hand zu geben.
dungsangebote im Land zielgerichtet weiter verbessern, um den
Bildungserfolg der Schülerinnen und Schüler nachhaltig zu Die Handreichung wurde von Vertreterinnen und Vertretern der
unterstützen. Deshalb freue ich mich, dass wir Ihnen mit der Schulverwaltung, des IBBW und des ZSL sowie der Seminare
Handreichung Fokus Unterrichtsbewertung ein weiteres Unter- erarbeitet; alle Schularten im allgemein bildenden Bereich waren
stützungsangebot für die Qualitätsentwicklung an den allgemein dabei vertreten. Allen Beteiligten danke ich sehr herzlich!
bildenden Schulen zur Verfügung stellen können. Die Hand-
reichung leistet einen zentralen Beitrag für ein gemeinsames Mein Dank geht auch an den Wissenschaftlichen Beirat des
Qualitätsverständnis von Unterricht und für die Bewertung von Kultusministeriums, die schulischen Beratungsgremien Lan-
Unterricht in verschiedenen Bewertungssituationen. desschulbeirat, Landeselternbeirat und Landesschülerbeirat, die
Hauptpersonalräte sowie an die Verbände für wertvolle Hinwei-
Unser Ziel war es, ausgehend vom Unterrichtsfeedbackbogen se und Anregungen im Entstehungsprozess der Handreichung.
Tiefenstrukturen Leitlinien zu formulieren, die im Kontext der
Unterrichtsbewertung eingesetzt werden können. Dabei ist uns Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und gutes Gelingen bei der Arbeit
wichtig, Ihnen ein gut handhabbares und praxistaugliches Werk- mit der neuen Handreichung Fokus Unterrichtsbewertung.
zeug für den Einsatz an den Schulen, in der Schulaufsicht, an

Theresa Schopper
Ministerin für Kultus, Jugend und Sport,
Baden-Württemberg
05
TEIL 1

Fokus Unterrichtsbewertung –
ein Unterstützungsangebot im
Qualitätsentwicklungsprozess
1. WORUM GEHT ES IN DIESER HANDREICHUNG? 2. WELCHE ZIELE HAT FOKUS UNTERRICHTS­
BEWERTUNG?
Baden-Württemberg hat mit dem Ziel der datengestützten
Qualitätsentwicklung neue Elemente für ein schulisches Quali- Die Handreichung Fokus Unterrichtsbewertung ist als weiteres
tätsmanagement entwickelt. Dazu gehören unter anderem der Unterstützungsangebot für die Qualitätsentwicklung an den
Referenzrahmen Schulqualität Baden-Württemberg, Ziel- und allgemein bildenden Schulen konzipiert. Zusammen mit dem
Leistungsvereinbarungen, das Schuldatenblatt und der Unter- Unterrichtsfeedbackbogen und dem Beobachtungsmanual
richtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen. leistet Fokus Unterrichtsbewertung einen zentralen Beitrag für
ein gemeinsames Qualitätsverständnis von Unterricht und ist als
Der Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen und das Be- Orientierungshilfe für die Bewertung von Unterricht in ver-
obachtungsmanual , das eine notwendige Ergänzung dazu
1
schiedenen Bewertungssituationen für Schulen und Schulaufsicht
bildet, dienen der Entwicklung von Unterrichtsqualität. Beide sowie in der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte gedacht.
wurden auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse ge-
staltet. Ziel des Unterrichtsfeedbackbogens ist es, ein detailliertes Fokus Unterrichtsbewertung bildet eine Grundlage für die
Feedback zum Unterricht mit Blick auf die Tiefenstrukturen zu verschiedenen Bewertungssituationen. Die Leitlinien zur
ermöglichen. Sein Ziel ist es nicht, ein allumfassendes Bild des Beobachtung und Bewertung von Unterricht schaffen damit
Unterrichts in seiner gesamten Breite zu geben. Der Unter- Transparenz, Verlässlichkeit und Vertrauen bei allen Beteiligten.
richtsfeedbackbogen kann als Ganzes oder mit Blick auf Teil-
aspekte genutzt werden. Fokus Unterrichtsbewertung kann schulartübergreifend ein-
gesetzt werden. Grundsätzlich gilt dabei: Unterricht findet im
Bei der Bewertung von Unterricht geht es darum, vor dem Hin- Kontext konkreter Rahmenbedingungen statt, die es bei der
tergrund definierter Kriterien eine Gesamtbewertung zu finden. Unterrichtsbeobachtung und beim Einsatz von Fokus Unter-
Mit dieser Handreichung werden solche Kriterien bestimmt. richtsbewertung zu berücksichtigen gilt. Dazu zählen insbeson-
dere fach- und schulartspezifische Besonderheiten, die jeweilige
Zusammensetzung der Schülerschaft, die Unterrichtssituation
sowie Mittel, Ausstattung und Infrastruktur der Schule.

Aus diesem Grund müssen in der jeweiligen Bewertungssitua-


tion das jeweilige Fach, die Jahrgangsstufe und die Schulart bei
der Anwendung der übergreifend formulierten Kriterien be-
rücksichtigt werden. Es ist dabei die Aufgabe der Bewertenden,
die in der Handreichung formulierten Kriterien als Grundlage
zu nutzen, um Bewertungen von Unterricht davon abzuleiten
und zu begründen sowie situationsangemessene Gewich-
tungen bestimmter Kriterien vorzunehmen. Deshalb ist Fokus
Unterrichtsbewertung kein Messinstrument, mit dessen Hilfe ein
rechnerischer Mittelwert und eine Note ermittelt werden können.

08
3. KANN DER UNTERRICHTSFEEDBACKBOGEN FÜR Grundlage für die inhaltliche Schwerpunktsetzung von Fokus
DIE BEWERTUNG GENUTZT WERDEN? Unterrichtsbewertung ist der Referenzrahmen Schulqualität
Baden-Württemberg. Dabei haben Referenzrahmen und Fokus
Die im Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen dargestell- Unterrichtsbewertung unterschiedliche Funktionen: Der
ten Basisdimensionen „kognitive Aktivierung“, „konstruktive Referenzrahmen beleuchtet über den Unterricht hinaus weitere
Unterstützung“ und „strukturierte Klassenführung“ sind auch qualitätsrelevante Bereiche und Aspekte und definiert Quali-
für Bewertungskontexte relevant. Deshalb sind der Unter- tätsmerkmale und Qualitätssätze. Fokus Unterrichtsbewertung
richtsfeedbackbogen und das Beobachtungsmanual Kern und konkretisiert den Referenzrahmen im Bereich Lehren und Lernen
integraler Bestandteil dieser Handreichung. Geht es um die um Qualitätsmerkmale mithilfe von beobachtbaren Indikatoren
Bewertung von Unterricht, so müssen allerdings weitere Aspekte und weiteren Bewertungsaspekten.
jenseits der im Unterrichtsfeedbackbogen Tiefenstrukturen an-
geführten Basisdimensionen berücksichtigt werden. Damit ist ein systematisches Ineinandergreifen der unterschied-
lichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwick-
4. UM WELCHE BEWERTUNGSASPEKTE WIRD DER lung der allgemein bildenden Schulen gewährleistet.
UNTERRICHTSFEEDBACKBOGEN ERGÄNZT?

Fokus Unterrichtsbewertung umfasst die drei Basisdimensionen


des Unterrichtsfeedbackbogens Tiefenstrukturen und weitere
Bewertungsaspekte von Unterricht (vgl. Teil 2). Die drei Basis-
dimensionen gliedern sich in einzelne Items, denen wiederum
beobachtbare Indikatoren zugeordnet sind. Diese Indikatoren
verstehen sich als exemplarische Übersetzungen der Items in
beobachtbare Verhaltensweisen von Lehrkräften und Schülerin-
nen und Schülern. Nicht alle Indikatoren sind in jeder Unter-
richtssituation gleichermaßen beobachtbar. Sie erheben keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Beides gilt auch für die weiteren
Bewertungsaspekte von Unterricht.

Die weiteren Bewertungsaspekte von Unterricht sind als


Leitfragen formuliert. Sie können auch bei der Reflexion über
Planungsentscheidungen bei der Vor- und Nachbereitung von
Unterricht herangezogen werden.

Zu diesen weiteren Bewertungsaspekten gehören die Bereiche:

• Auswahl der Unterrichtsinhalte


• Fachliche Qualität
• Ziele und Struktur des Unterrichts
• Ergebnissicherung und intelligentes Üben
• Adaptivität und Umgang mit Heterogenität
• Pädagogische Grundhaltung der Lehrkraft

09
5. WELCHE FUNKTION HAT DIE UNTERRICHTS­ Entsprechend unterscheiden sich Unterrichtsbeobachtungen
BEOBACHTUNG? je nach Zielsetzung: Im Rahmen von Feedbackprozessen
können bei Beobachtungen besondere Schwerpunkte gewählt
Fokus Unterrichtsbewertung ist eine Orientierungshilfe und oder vereinbart werden oder es werden bestimmte Akzente in
kann sowohl im Rahmen einer sogenannten Lernsituation, wie Richtung „Stärkenorientierung“ oder „Schwachstellenanalyse“
sie bei der Selbstreflexion der Lehrkraft über ihren eigenen gesetzt. Bei der Bewertung von Unterricht sind der Unterricht
Unterricht, beim kollegialen Feedback und bei der Unterrichts- und das Handeln der Lehrperson umfassend vor dem Hinter-
beratung auftritt, als auch im Rahmen einer Leistungssituation, grund der hier formulierten Kriterien zu beobachten, um im
in deren Zentrum die Unterrichtsbewertung steht, eingesetzt Ergebnis daraus eine Note ableiten und begründen zu können.
werden. Ausgangspunkt und Grundlage bei beidem – der Fokus Unterrichtsbewertung dient in diesem Zusammenhang als
Lernsituation und der Leistungssituation – ist die Unterrichts- Unterstützungsangebot.
beobachtung. Die kriteriengeleitete Unterrichtsbeobachtung
geht dabei immer einer sich anschließenden Analyse und Inter- Mit Fokus Unterrichtsbewertung steht auch für die Lehrkräfte-
pretation des Beobachteten voraus. ausbildung eine Handreichung zur Verfügung, die es ermöglicht,
die Unterrichtsberatung von angehenden Lehrkräften in den
Fokus Unterrichtsbewertung bietet mit einem Blick auf die Vorbereitungsdiensten auf der gleichen Grundlage wie auch die
Gesamtheit von Unterricht ein breites Spektrum an Nut- spätere Unterrichtsbewertung durchzuführen.
zungsmöglichkeiten in verschiedenen Kontexten und durch unter-
schiedliche Anwenderinnen und Anwender. Je nach Setting und
Zielsetzung in der Anwendung von Fokus Unterrichtsbewertung
steht die Qualität von Unterricht in seiner Gesamtheit oder in defi-
nierten Aspekten im Mittelpunkt.

Die verschiedenen Einsatzorte haben die Unterrichts­


beobachtung als Ausgangspunkt:

Lernsituation Selbstreflexion
Unterrichtsbeobachtung

kollegiales Feedback

Unterrichtsberatung

Leistungssituation Unterrichtsbewertung

10
INFOBOX: LERNSITUATIONEN

Bei der Selbstreflexion verbessern das Beim kollegialen Feedback geben sich Ziel der Unterrichtsberatung ist es, der
gezielte Beobachten und kontinuierliche Lehrkräfte gegenseitig kriteriengestützte Lehrkraft eine gezielte Rückmeldung zu
Nachdenken über die wirksamen Aspekte Rückmeldungen zu ausgewählten As- ihrer Unterrichtsplanung und -durch-
des eigenen unterrichtlichen Handelns pekten ihres Unterrichts, um diese für die führung zu geben, um den Professiona-
sowohl die professionelle Kompetenz als Weiterentwicklung ihrer Professionalität lisierungsprozess zu unterstützen. Im
auch die Unterrichtsqualität wirksam und systematisch zu nutzen. In diesem Kon- Beratungsgespräch wird der Lehrkraft
nachhaltig. Selbstreflexion ist zu unter- text kommt der Kooperation der Lehr- durch den beobachtenden Blick von
schiedlichen Zeitpunkten des Unterrichts kräfte in Fachschaften und professionellen außen deutlich, was gelungen ist und
möglich und sinnvoll, z.B. bei der Unter- Lerngemeinschaften eine zentrale Rolle beibehalten bzw. ausgebaut werden soll-
richtsplanung, im laufenden Unterrichts- zu, da in diesen Organisationseinheiten te. Gleichermaßen wird aufgezeigt, wo
geschehen oder der nachfolgenden sowohl individuelle als auch gemeinsa- weiterer Entwicklungsbedarf besteht. Da-
Reflexion des Unterrichts. Sie ist die Basis, me Fragestellungen des unterrichtlichen rüber hinaus soll die Reflexionsfähigkeit
um weitere Perspektiven – z.B. in Form Handelns betrachtet werden können. Im der Lehrkraft gefördert werden. Dabei
einer Fremdeinschätzung – zu ergänzen. Team findet so ein professioneller Dialog dienen die Leitlinien zur Beobachtung und
Diese Fremdeinschätzung kann durch ein über Unterricht auf der Basis systematisch Bewertung von Unterricht als Referenz-
kollegiales Feedback oder durch ein durchgeführter Beobachtungen statt. punkt und regen die Lehrkraft zu einer
Feedback der Schülerinnen und Schüler multiperspektivischen Betrachtungsweise
erfolgen. des Unterrichtsgeschehens an.

11
6. WAS IST DAS BESONDERE AN 7. WIE KÖNNEN DIE LEITLINIEN BEI DER BEWERTUNG
DER UNTERRICHTSBEWERTUNG? VON UNTERRICHT EINGESETZT WERDEN?

Die Besonderheit der Bewertungssituation ist, dass im Kontext Beim Einsatz soll Folgendes beachtet werden:
der Kriterien des Unterrichtsfeedbackbogens und der weiteren
Bewertungsaspekte das Handeln der Lehrkraft beurteilt wird. • Transparenz: Fokus Unterrichtsbewertung ist die gemein-
Die Kriterien und Aspekte stehen dabei in engem Zusammen- same Grundlage für Beurteilende und Beurteilte. Fokus
hang mit bestimmten professionellen Kompetenzen wie der Unterrichtsbewertung bietet einheitliche Kriterien und
fachwissenschaftlichen, der fachdidaktischen und pädagogisch- eine einheitliche Sprache, sowohl bei mündlichen Nachbe-
psychologischen Expertise, die bei der Unterrichtsbewertung sprechungen als auch bei formalen Beurteilungen. So kann
explizit mit in den Blick genommen werden. ein gemeinsames Verständnis von Unterricht entstehen.
Fokus Unterrichtsbewertung sollte daher allen Beteiligten
Unterrichtsbewertung ist eine Leistungssituation und findet vor der Bewertungssituation vertraut sein. Abschließen-
vor allem in folgenden Situationen statt: des Fazit und Gesamtnote ergeben sich aus den tragenden
Gründen für die Beurteilung und werden nachvollziehbar
• im Rahmen der abschließenden Staatsprüfung, der Abschluss- kriteriengestützt hergeleitet.
prüfungen und Überprüfungen bei unterrichtspraktischen
Prüfungen von angehenden Lehrkräften in den Vorberei- • Stellenwert der Beobachtung: Die Schritte Beobachtung,
tungsdiensten oder bei Unterrichtsbesuchen im Zusammen- Analyse und Interpretation werden klar getrennt. Die
hang mit der Beurteilung durch die Schulleitung, Unterrichtsbewertung bezieht sich auf den beobachteten
Unterricht und ist kriteriengestützt. Besondere Sorgfalt
• im Rahmen der Probezeitbeurteilung sowie der Anlassbe- verlangt die Einschätzung, ob und inwieweit beobachtetes
urteilung von Lehrkräften. Schülerhandeln auf Lehrerhandeln zurückzuführen ist. Zu
beachten ist hier, dass die Lehrkraft das Schülerhandeln
In Leistungssituationen wird der Unterricht nicht nur beob- aufgrund situativer Faktoren, individueller Lernvorausset-
achtet und analysiert, sondern es werden daraus auch Urteile zungen und der Zusammensetzung der Lerngruppe zwar
über die Leistungen der unterrichtenden Lehrkraft abgeleitet. in der Planung und bei der Durchführung berücksichtigen
Diese müssen sorgfältig reflektiert und begründet werden. Die Be- muss, aber unter Umständen nicht vollumfänglich beein-
wertungssituation unterscheidet sich von der Beratungssituation flussen kann. Die Reflexion der Lehrkraft (d.h. ihre Selbst-
durch unterschiedliche Zielsetzungen: Während die Beratung beobachtung) ist Teil des Prozesses, auch sie kann mithilfe der
die pädagogische Selbstverantwortung stärken soll, dient die Kriterien dieser Handreichung erfolgen.
Bewertung der Feststellung des Leistungsstandes der Lehrkraft.
Weiterhin kann und soll eine Bewertung für die Lehrkraft auch • Grundsätzliches: Um Einseitigkeiten zu vermeiden, soll
Anlass und Ausgangspunkt sein, um die eigene Handlungskom- der Blick auf alle drei Basisdimensionen sowie die weiteren
petenz weiterzuentwickeln. Die Unterrichtsbewertung erfolgt Bewertungsaspekte von Unterricht gelenkt werden. Der
kriteriengestützt. Im Unterschied zur Beratungssituation ist kriteriengestützte Abgleich der Beobachtungen führt zu
die Bewertungssituation hierarchisch geprägt. größerer Objektivität und fördert die Professionalisierung.
Um Stärken und Schwächen bei der Unterrichtsplanung
und -durchführung möglichst umfänglich und ausgewogen
zu berücksichtigen, kann mithilfe von Fokus Unterrichts-
bewertung das Zusammenwirken der unterschiedlichen
Faktoren erfasst werden. Dabei ist zu beachten, dass die
Bewertung von Unterricht nicht als arithmetisches Mittel aus
den einzelnen Kriterien gebildet wird, sondern auf das Ziel
eines lernwirksamen Unterrichts ausgerichtet ist.

12
Folgende formale Besonderheiten einer Beurteilung sind Grundsätzlich gilt: Beobachterinnen und Beobachter müssen sich
dabei zu beachten: möglicher Einflüsse bewusst sein, die zu Verzerrungen des eige-
nen Urteils führen können. Diese Effekte sind nicht vollständig
• In den Religionsfächern geschieht die Beurteilung auch zu vermeiden, müssen aber stets reflektiert und beispielsweise
durch Beauftragte der Landeskirchen, der Religionsge- im Rahmen von Beobachtungstrainings auch diskutiert werden.
meinschaften und des Sunnitischen Schulrats.

• Für Probe- und Anlassbeurteilungen bleiben weiterhin


die dafür vorgesehenen amtlichen Vordrucke mit ihren
Unterkriterien maßgeblich. Das Gesamturteil ist aus der
Bewertung der Leistungsmerkmale und unter Würdigung
des Gesamtbildes der Leistungen zu bilden. Dabei sind
die bewerteten Befähigungsmerkmale, soweit diese zu den
dienstlichen Leistungen beigetragen haben, in das Gesamt-
urteil einzubeziehen.

• Im Falle von dienstlichen Beurteilungen bei schwerbehin-


derten/gleichgestellten Lehrkräften hat die beurteilende
Person sich vor jeder Beurteilung über die behinderungsbe-
dingten Auswirkungen auf Leistung, Befähigung und Ein-
satzmöglichkeit kundig zu machen. Zu diesem Zweck führt
sie mit der schwerbehinderten/gleichgestellten Lehrkraft
rechtzeitig ein Gespräch, an dem auf Wunsch dieser Lehr-
kraft die für die Schule zuständige Örtliche Vertrauensper-
son zu beteiligen ist. Auf diese Möglichkeit der Beteiligung
der Örtlichen Vertrauensperson soll die Lehrkraft bereits
bei der Ankündigung hingewiesen werden. Eine etwaige
Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch
die Behinderung ist besonders zu berücksichtigen und in der
die Beurteilung abschließenden Gesamtwürdigung zu ver-
merken. Eine quantitative Minderung der Leistungsfähig-
keit darf nicht zum Nachteil angerechnet werden. An die
Qualität der Bewältigung des Arbeitspensums sind hingegen
die allgemeinen Beurteilungsmaßstäbe anzulegen.

• Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderten und Gleichgestell-


ten sind ein wichtiges Instrument, um chancengleiche Teilhabe
im Vorbereitungsdienst herzustellen und Diskriminierungen
zu vermeiden. Sie sind dennoch keine Vergünstigungen; sie
kompensieren individuell und situationsbezogen beein-
trächtigungsbedingte Benachteiligung. Diese müssen für sie
erforderlich und angemessen sein. Betroffene angehende Lehr-
kräfte wenden sich an die jeweilige Seminarleitung. Im Falle
der Bewertung von Unterricht sind die Beurteilenden in der
Regel entsprechend informiert.

13
TEIL 2

Fokus Unterrichtsbewertung –
Unterrichtsfeedbackbogen
Tiefenstrukturen und weitere
Bewertungsaspekte
1. DIE DREI BASISDIMENSIONEN VON UNTERRICHT

Kognitive Aktivierung

Items Indikatoren (beispielhaft)

Verständnisorientierung • In der Stunde wird deutlich, was die Schülerinnen und Schüler am Ende einer Einheit können,
Der Unterricht hat einen klaren Fokus auf die verstanden oder kritisch reflektiert haben sollen.
zentralen Inhalte, die von den Schülerinnen und • Die Lehrkraft fokussiert ihren Unterricht auf die zentralen zu erwerbenden Inhalte.
Schülern verstanden werden sollen. • Der Unterricht ist so gestaltet, dass er es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, die zentralen
Inhalte zu verstehen.

Ermittlung von Denkweisen und Vorstellungen • Die Lehrkraft macht sich durch Blicke in Schülerhefte, Kontrolle von Lösungen oder kurze
Die Lehrkraft ermittelt das aktuelle Verständnis diagnostische Aufgaben ein Bild vom aktuellen Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler.
der Schülerinnen und Schüler. • Die Lernenden werden aufgefordert, ihre Antworten zu begründen.
• Die Lehrkraft erfragt, was die Schülerinnen und Schüler verstanden bzw. nicht verstanden haben.

Herausfordernde Aufgaben und Fragen • Die von der Lehrkraft gestellten Fragen und Aufgaben gehen über die reine Reproduktion von
Im Unterricht wird mit Fragen und Aufgaben auswendig gelerntem Wissen oder der Anwendung von Prozeduren hinaus.
gearbeitet, die die Schülerinnen und Schüler zur • Unterschiedliche Meinungen, Lösungen oder Fälle werden einander kontrastierend
vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten gegenübergestellt.
herausfordern. • Die Lehrkraft konfrontiert die Schülerinnen und Schüler mit widersprüchlichen Sachverhalten.

Engagement der Schülerinnen und Schüler • Der Aufmerksamkeitsfokus der Schülerinnen und Schüler liegt auf dem Unterrichtsgeschehen.
Die Schülerinnen und Schüler sind engagiert am • Die Schülerinnen und Schüler beteiligen sich durch Meldungen aktiv am Unterricht.
Unterrichtsgeschehen beteiligt.

Konstruktive Unterstützung

Items Indikatoren (beispielhaft)

Qualität des Feedbacks • Die Rückmeldungen und Kommentare der Lehrkraft helfen den Schülerinnen und Schülern dabei,
Das Feedback, das die Lehrkraft den Schülerinnen ihre Fehler zu erkennen und ihr weiteres Vorgehen zu verbessern.
und Schülern gibt, ist zum Weiterlernen hilfreich. • Die Lehrkraft fokussiert in ihren Rückmeldungen und Kommentaren auf den Prozess der
Aufgabenlösung.
• Es wird deutlich, dass Fehler wichtig sind und helfen, zu lernen.

Individuelle Unterstützung im Lernprozess • Unterstützende Maßnahmen und Hilfestellungen der Lehrkraft sind individuell an den Lernstand
Die Lehrkraft unterstützt die Schülerinnen und der Schülerinnen und Schüler angepasst.
Schüler individuell in ihrem Lernprozess. • Den Schülerinnen und Schülern wird durch nicht zu enggeführte Erklärungen ermöglicht, sich
Inhalte selbst zu erschließen.

Wertschätzung und Respekt • Die Lehrkraft geht freundlich und respektvoll mit ihren Schülerinnen und Schülern um.
Die Lehrkraft begegnet den Schülerinnen und • Die Lehrkraft behandelt alle Schülerinnen und Schüler gleich freundlich, unabhängig von ihren
Schülern mit Wertschätzung und Respekt. individuellen Hintergründen.

Klassenklima • Die Schülerinnen und Schüler helfen und unterstützen sich gegenseitig.
Die Schülerinnen und Schüler begegnen einan- • Die Schülerinnen und Schüler stellen einander bei Fehlern nicht bloß.
der und der Lehrkraft mit Wertschätzung und • Die Schülerinnen und Schüler sprechen in einem respektvollen und höflichen Ton mit der
Respekt. Lehrkraft.

Strukturierte Klassenführung

Items Indikatoren (beispielhaft)

Störungen durch Schülerinnen und Schüler • Der Unterricht verläuft ruhig und geordnet.
Der Unterricht verläuft weitgehend störungsfrei. • Die Schülerinnen und Schüler halten sich an Regeln und bestehende Rituale.

Monitoring • Die Lehrkraft hat alle Schülerinnen und Schüler im Blick.


Die Lehrkraft hat einen guten Überblick über das • Die Lehrkraft ist im ganzen Klassenzimmer präsent.
Geschehen im Unterricht.

Zeitnutzung • Die Unterrichtszeit wird für fachliche Themen genutzt.


Die zur Verfügung stehende Unterrichtszeit wird • Zwischen einzelnen Unterrichtsphasen oder Arbeitsaufträgen kommt es nicht zu unnötigen
für die Auseinandersetzung mit den Lerninhalten Warte- oder Leerzeiten.
genutzt.

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2. WEITERE BEWERTUNGSASPEKTE VON UNTERRICHT

1. Auswahl der Unterrichtsinhalte 4. Ergebnissicherung und intelligentes Üben

◯ Vermittelt die Lehrkraft bildungsplankonform die im ◯ Vergewissert sich die Lehrkraft in ihrem
jeweiligen Bildungsgang vorgesehenen Kompetenzen unterrichtlichen Handeln, dass Ziele des Unterrichts
und Inhalte? von den Schülerinnen und Schülern erreicht wurden?
◯ Hat die Lehrkraft die Auswahl der Inhalte an die ◯ Sichert die Lehrkraft die Ergebnisse des Unterrichts
Lernvoraussetzungen und die Lebenswelt der altersangemessen?
Schülerinnen und Schüler angepasst? ◯ Erfolgt das Üben inhaltsbezogen und
◯ Hat die Lehrkraft die Inhalte fachwissenschaftlich schülerorientiert?
und fachdidaktisch angemessen und altersgemäß
aufbereitet?
5. Adaptivität und Umgang mit Heterogenität

2. Fachliche Qualität ◯ Ist das Lernangebot differenziert und berücksichtigt


es die Heterogenität der Lerngruppe?
◯ Zeigt die Lehrkraft ein fundiertes Fachwissen? ◯ Ist der Unterricht an die individuellen Lernvoraus­
◯ Kennt die Lehrkraft die aktuelle Erkenntnismethodik setzungen der Schülerinnen und Schüler angepasst?
und Arbeitsweise ihres Faches und kann sie diese in
entsprechende Lern- und Unterrichtsangebote
didaktisch umsetzen? 6. Pädagogische Grundhaltung der Lehrkraft

◯ Hat die Lehrkraft fachspezifische Methoden,


(digitale) Medien und Materialien schülergerecht und ◯ Zeigt die Lehrkraft Begeisterung und Engagement für
dem Kompetenzerwerb förderlich ausgewählt und den Lerngegenstand und das Unterrichtsfach und
eingesetzt? vermittelt sie eine positive Leistungserwartung?
◯ Versetzt die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler ◯ Lebt die Lehrkraft Normen, Haltungen und Werte
in die Lage, Medienkompetenzen gemäß Bildungsplan vor, vermittelt sie diese und fordert sie diese bei den
und KMK-Standards zu entwickeln? Schülerinnen und Schülern ein?
◯ Erkennt und analysiert die Lehrkraft die im
Unterricht auftretenden Probleme und leitet sie
3. Ziele und Struktur des Unterrichts Erkenntnisse für das zukünftige Handeln ab?

◯ Sind für die Schülerinnen und Schüler eine klare


Struktur und ein stimmiger Aufbau des Unterrichts
transparent? Befördern Struktur und Aufbau des
Unterrichts die Lernprozesse?
◯ Kann die Lehrkraft notwendige Veränderungen im
Unterrichtsverlauf flexibel gestalten und situations­
angemessen vom geplanten Verlauf abweichen, ohne
die Lernziele aus den Augen zu verlieren?

17
IMPRESSUM

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DRUCK
RCDRUCK GmbH & Co. KG 1. Auflage 2023

18
www.km-bw.de

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