Gerd Fischer
Gerd Fischer
Gerd Fischer
Gerd Fischer
Lineare
Algebra
Eine Einführung
für Studienanfänger
. Auflage
Grundkurs Mathematik
Berater
In der Reihe werden Lehr- und Übungsbücher veröffentlicht, die bei der
Klausurvorbereitung unterstützen. Zielgruppe sind Studierende der Ma-
thematik aller Studiengänge, Studierende der Informatik, Naturwissen-
schaften und Technik, sowie interessierte Schülerinnen und Schüler der
Sekundarstufe II.
Die Reihe existiert seit 1975 und enthält die klassischen Bestseller von Otto
Forsterund Gerd Fischer zur Analysis und Linearen Algebra in aktualisier-
ter Neuauflage.
Gerd Fischer
Lineare Algebra
Eine Einführung
für Studienanfänger
~ Springer Spektrum
Prof. Dr. Gerd Fischer
Technische Universität München, Deutschland
[email protected]
Springer Spektrum
©Springer Fachmedien Wiesbaden 1975, .. , 2003, 2005, 2008, 2010, 2014
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver-
wertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf
der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für VervieWilti-
gungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche-
rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Springer Spektrum ist eine Marke von Springer DE. SpringerDE ist Teil der Fach-
verlagsgruppe Springer Science+ BusinessMedia
www.springer-spektrum.de
We must not accept the o/d blasphemous nonsense
that the ultimate justification of mathematical science
is the "glory ofthe human mind".
Abstraction and generalization
arenot more vitalfor mathematics
than individuality of phenomena
and, before all,
not more than inductive intuition.
Only the interplay of these Jorces and their synthesis
can keep mathematics alive
and prevent its drying out into a dead skeleton.
RICHARD COURANT
bare gute Erfahrung zu machen, daß ein Algorithmus funktioniert. Danach kann
man getrost die Ausführung der Rechnungen einem fertigen Programmpaket wie
Maple oder Mathematica überlassen. Etwa im Rahmen der numerischen Mathe-
matik hat man Gelegenheit, die Rechenverfahren genauer zu studieren und dazu
weitere Hilfsmittel der linearen Algebra kennen zu lernen (vgl. etwa [Str]).
Dieses Buch ist entstanden aus Vorlesungen für Studienanfänger in den Fäch-
ern Mathematik, Physik und Informatik; an Vorkenntnissen ist nur das sogenann-
te "Schul wissen" (etwa im Umfang von [Sch]) nötig. Es enthält insgesamt genü-
gend viel Material für zwei Semester, dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten für
Auswahl und Reihenfolge. Der Text ist meist nach den Regeln der Logik an-
geordnet, in einer Vorlesung kann es gute Gründe geben, davon abzuweichen.
Einige Abschnitte sind durch einen Stern * markiert, als Anregung, sie beim ers-
ten Durchgang zu überspringen und später (etwa im zweiten Semester) darauf
zurückzukommen. Die Anwendungen der linearen Algebra auf affine und pro-
jektive Geometrie sowie die lineare Optimierung sind in einem eigenen Band [Fi]
enthalten, auch damit kann man den vorliegenden Text nach Belieben mischen.
Um Mathematik zu verstehen, genügt es nicht, ein Buch zu lesen oder eine
Vorlesung zu hören, man muß selbst an Problernen arbeiten. Als Anregung dazu
dienen die zahlreichen Aufgaben. Die dort eingestreuten Sterne sind nicht als
Warnung, sondern als besonderer Ansporn zu verstehen.
Der durch diese Neuauftage abgelöste Text war durch zahllose Hinweise von
Lesern fast restlos von Druckfehlern befreit worden. Nun gibt es sicher wieder
reichlich Nachschub, ich möchte auch die neuen Leser ermuntern, mir ,,Ansichts-
karten" zu schreiben.
Mein Dank gilt all denen, die bei der Neubearbeitung beteiligt waren: In ers-
ter Linie Hannes Stoppel, durch dessen Begeisterung, Bücher zu I5rpc-en, ich
in dieses Projekt geschlittert bin, Martin Gräf, der mit viel Sorgfalt die Übungs-
aufgaben zusammengestellt hat, Carsten Töller, dem einfallsreichen Meister der
Bilder und dem Verlag für seine stetige Unterstützung.
Seit der 10. Auflage hat es nur wenige größere Änderungen gegeben. Sie betreffen
Ergänzungen zu Quotientenräumen , Tensorprodukten und äußeren Produkten. Die-
se grundlegenden abstrakten Begriffe bereiten erfahrungsgemäß Studienanfängern
einige Schwierigkeiten; man sollte ihnen jedoch nicht zu lange ausweichen, denn sie
treten später als unentbehrliches Hilfsmittel an vielen Stellen wieder auf. Zudem
sind sie im hier behandelten Fall von Vektorräumen mit Hilfe von Basen noch recht
konkret zu beschreiben.
Birgit Griese und Hannes Stoppel haben die Aufgaben teilweise überarbeitet
und ein eigenes Buch mit Lösungen veröffentlicht. Das sollte die Leser nicht davon
abhalten, zunächst selbst daran zu arbeiten.
Neu in dieser Auflage ist eine Einführung zum Thema War·urn Linear-e Algebm?
Sie ist die überarbeitete Fassung einer einführenden Vorlesungs-Doppelstunde, die
GÜNTER M. ZIEGLER im April 2006 an der TUBerlin gehalten hat. Zum genaueren
Verständnis der daJ·in ausgeführten Beispiele sind Kenntnisse über die einfachsten
Begriffe und Techniken der Linearen Algebra niit:dich. vVer damit noch gaJ· nicht
vertraut ist, kann Eim:elheiten im Laufe seines Studiums der Linearen Algebra nach-
lesen.
Zu vielen Themen der Linearen Algebra findet ma.n interaktive Visua.lisierungen
unter
www.rna.the-vital.de
Diese wurden von JÜRGEN RICHTER-GEBERT <W der TU München im Rahmen des
Projektes rnnthe-v'itoJ m it dem Programm Cinder-elln erstellt
Mein Dank gilt den :<ahlreichen Lesern, die mich auf Unklarheiten und Fehler
hingewiP.~en ha.ben, gmt?: besonders Kollegen und Studierenden aus Berlin , München
und Rcgcnsburg. In den beiden letzten Auflagen wurden einige Druckfehler korrigiert und
Verbesserungen eingearbeitet. Es wird nun schwer sein, noch etwas zu finden; wer dennoch
Erfolg gehabt hat, wird gebeten, mir das mitzuteilen.
Kräfte addieren sich wie Vektoren , im Punkt (1) ist K = K 1 Summe von K 2 und K:3 ;
K 2 verursacht einen Zug in R.iehtung @, K 3 einen Druck in Richtung@. Graphiseh
kann man K 2 und K 3 durch eine Parallelogrammkonstruktion ermitteln.
XI
K, K,
K,
.~
..
r
I
-K,
mit reellen Komponenten x;,y;,z;. Im obigen ebenen Beispiel sind die z, = 0, das
Gleichgewicht im Punkt Q) ergibt folgende Bedingungen: K 1 ist vorgegeben, etwa
K 1 = (0, - 1), das bedeutet
Xr = 0 und Yl = - 1 .
Aus der Geometrie des Dreiecks und tan(15°) "" 0.268 folgt
0.268x:l + Y2 = 0 und Y3 =0
Schließlich ergibt die Gleichgewichtsbedingung K 1 - K2 - K 3 = 0, dass
Das sind 6 lineare Gleichungen für die 6 Komponenten der drei Kräfte, die Lö~ung
ist
K1 = (0, - 1), K 2 = ( -3.732,- 1) , K 3 = (3.732,0).
Daraus ergeben sich einfach die Kräfte in den Punkten @ und @). \Vie man sieht,
ist die Zugkraft auf die Befestigung im Punkt @ fas t viermal so groß wie das
angehängte Gewicht .
In komplizierteren Fällen sind die Gleidmngssyst.erne zu den einzelnen Punkten
stärker gekoppelt , man kann sie dann nur gemeinsam lösen. Hat man n Punkte und
in jedem Punkt. drei räumliehe Kräfte, so ergibt. das insgesamt. 9n zu bestimmende
Koordinaten. \Vic groß n sein kann, sieht man nicht nur a.m Eiffcl-Turm, sondern
schon an jedem BaukrmL
Neben den statischen Kräften gibt es aber auch dynamische Effekte, da durch ela.sti-
sehe Verformungen Schwingungen ausgelöst werden können. So wird berichtet , dass
im J ahr 1850 eine Drücke über den Fluss Maine bei Angers einstürzte, während
Soldaten im Gleichschritt darüber marschierten. Seither ist dem Militär verboten,
Brücken auf diese Art zu überqueren.
Ein aktuelleres Beispiel ist. die von Sm N ORMAN FOSTER und Partnern entwor-
fene Millenium Bridge über die Thernse in London, eine Fußgängerbrücke, die
St.. Paul's Cat.hedral mit. der Tat.e Modern Gallery verbindet.. Sie ist. konzipiert. als
" bla.cle of light" , die Tragseile zwischen den 144 m entfernten Pylonen haben einen
Durchhang von nur 2.3 m; das Ingenieurbüro ARUP berechnete die diffizile Statik.
Nach der Einweihung durch Königin ELISABETH li wurde die Brücke am 10. Ju-
ni 2000 eröffnet - am 12. Juni 2000 musste sie wieder geschlossen werden , da. sie
bedrohlieh zu wackeln anfing; seither heißt. sie "the wohhly bridge".
XIII
Nach vielen Experimenten und Rechnungen von ARUP wurde d ie Ursache gefunden:
Die Statik war in Ordnung, aber es entstanden seitliche Schwingungen, die durch
die Reakt ionen der Fußgänger noch verstärkt wurden: Durch Resonanz schaukelten
sich die Schwingungen gefährlich auf. Ein~clheiten da:.<u findet man unter [ARUP].
Der Umbau und Einbau von Schwingungsdämpfern koste te 5 Millionen Pfund. Im
Februar 2002 wurde das Ergebnis mit bis zu 20 000 Freiwilligen getestet und für
gut befunden. Seither ist. die ßrücke wieder geöffnet.
Was hat da.5 mit Linearer Algebra zu tun'? Schwingungen und ihre Dämpfung hängen
mit Mat rizen und ihren Eigenwerten zusammen.
man nennt sie Laplace-Gleichung, die Lösungen heißen harmonisch. Vhr neh-
men a n, dass die Ternperatmverteilung arn Raud eines Quadrats vorgegeben ist
und unverändert bleibt. Eine übliche Grundlage für die approximative numerische
Berechnung der Lösung f ist eine Diskretisierung: Man überzieht den quadratischen
Bereich mit einem genügend feinen quadratischen G itter von lvicsspunkten (xi,y1 ) .
Ersetzt man in der Laplaee-Gieichung Differentialquotienten d urch Differenzenquo-
tienten und schafft man die Nenner weg, so ergibt sich a n der Stelle ( x.,,y.i ) die
Bedingung
XIV
<x, ,y._,)
Physikalisch bedeutet diese Bedingung, dass die Temperatur an jeder Stelle (xi,yj )
im Inneren gleich dem Mittelwert der Temperaturen an den vier nächstgelegenen
Gitterpunkten ist. Insgesamt erhält man mit Hilfe von ( *) für die Temperaturen
f(xi,YJ) so viele lineare Gleichungen, wie man Gitterpunkte hat; dieses Gleichungs-
system ist zu lösen .
Als Beispiel wählen wir ein relativ grobmaschiges Gitter, rnit folgenden \Verten von
f auf den relevanten Gitterpunkten am Rand:
XV
(1,2) (2,2)
I
4
( l,l ) (2, 1 )
4fu ft2 ht 3
- fu + 4ftz hz 10
- ! 11 + 4!2 1 hz 2
!t2 hl + 4fz2 4
*
mit den Lösungen
3 Der Page Rank bei Google. Ein aktuelleres Beispiel für eine An-
wendung der Linearen Algebra ist die Internet-Suchmaschine Google, die in ihrer
ursprünglichen Form in den 90er .Jahren von den beiden St udenten S. BRIN und
L. PAGG entwickelt und 2001 patentiert wurde. V,Tichtiger I3estandteil ist eine Me--
thode für die Anordnung der Suchergebnisse im Browser, Grundlage dafür ist der
"PageRank" p(8) für jede Web-Site 8. E r ist ein Maß dafür, wie stark die Seite mit
anderen vernetzt ist, sagt allerdings nichts über die Qualität des Inhalts der Seite
au s. Die Definition des PageRank kann wie folgt motiviert werden.
Man stellt sieh einen Surfer vor, der einen \Veg auf den vorhandenen Seiten
8 1 , ... , SN des Internets zurücklegt. Er beginnt auf einer zufällig ausgewählten Seite
und folgt in der Regel einem der angegebenen Links. Da. er aber entmutigt. werden
kann (etwa weil die Links nicht mehr weiterhelfen), darf er gelegentlich auch einmal
auf eine b eliebige andere Seite springen. Um da..s zu präzisieren wird zunäehst ein
Damping Faktor d mit 0::::; d ::::; 1 festgesetzt (meist. wird d = 0.85 gewählt). Er
hat folgenden Einfluss: Auf irgendeiner Seite angekommen folgt der Surfer mit der
Wahrscheinlichkeit d einem zufällig ausgewählt en Link, mit der Wahrscheinlichkeit
1 - d springt er vom Zufall gesteuert auf eine beliebige andere Seite des Netzes.
Der PageRank p(S) ist nun erklärt als die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich der
Surfer auf einem sehr langen \Veg 7-U einem 7-ufüllig gewählt en Zeitpunkt auf der
Seite S befindet.. Da N sehr groß ist., wird p(S) eine sehr kleine Zahl sein, auf jeden
Fall gilt
0 ::::; p(S') :::; 1.
Nach den elementaren R egeln für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung ist
Urn das Prinzip erläutern zu können, geben wir ein ganz einfaehes Beispiel rnit
N = 3, das schematisch so aussieht:
P1 dp3 b
- ~Pl + P2 b
- ~Pl dp2 + P3 b
Da S2 weniger verlinkt ist, als S1 und S3 ist P2 nur etwa halb so groß wie P1 und
= 0.1 wird
p 3 . Bei kleineremdhaben die Links weniger E influss. Etwa fü r d
Im Extremfall d = 1 ist <hmn (p(S1 ), ... ,p(SN )) ein Eigenvektor der Matrix A
zum Eigenwert 1. Zur Lösung solcher Probleme gibt es auch schnelle numerische
Verfahren.
XVIII
Er hat eine zentrale Ecke und eine gerade Zahl von Ecken am Rand, kann also für
jede ungerade Zahl von Eeken konstruiert werden. Interpretiert man die Punkte als
Personen und die Kanten als gegenseitige Freundschaften, so stehen am Rand be-
freundete Paare, und jeder ist mit der Person in der Mitte befreundet. Eine solche
Person, die mit jedem befreundet ist, wird als Pol·i tiker b ezeichnet, seine "F\·eund-
schaf"t.en" sind berufsspezifisch. In dieser Interpreta tion hat der Windmühlengraph
dann folgende Eigensehaft:
Der Satz vom Politiker sagt nun aus, dass Bedingung ( *) für n Personen nur
dann erfüllt sein kann, wenn n ungerade ist und es einen Politiker gibt. Außerdem
muss der entsprechende Graph ein Windmühlengraph sein.
Für diesen Satz ist gibt es elementare Beweise. Aber der klarst e und überzeugendste
wurde von P. ERDÖS, A. R.ENYI und V. Sös mit Hilfe von Linearer Algebra,genauer
Eigenwerten symmetrischer Matrizen gegeben; das findet man bei [A-Z, Kap. 34].
Der Schlüssel dazu ist die Adjazenzmatrix A des Graphen: Sind die Personen mit
1, ... , n nummeriert, so sind die Einträge von A gegeben durch
Fazit
Unsere kleine Liste von Beispielen für Fragen, hinter denen Lineare Algebra steckt,
könnte man beliebig erweitern. Etwa in [A-I3] kann man nachlesen, was in einer
CD versteckt. ist, in [A-Z, Kap. 15] findet. man Ergebnisse zur berühmten Borsuk-
Vermutung über die Zerlegung von Teilmengen des rn:.n mit beschränktem Durch-
messer. Viele weitere Anwendungen findet man b ei G. STRANG [St. 1 ] und [St2 ] .
Um eine mathematische Theorie sachgemäß anwenden 7-U können, muss man sie
zunächst sorgfält ig studieren und genügend verstehen; das gilt auch für die Li-
neare Algebra. Daneben kann d ie Mathematik durch ihren klaren Aufba u und die
Schönheit. ihrer Strukturen begeistern; das zeigt. sich zu Beginn des Studiums beson-
ders in der Linearen Algebra, für die der Leser nun hoffe ntlich nachhaltig motiviert
ist..
0 Lineare Gleichungssysteme 1
0.1 Der reellen-dimensionale Raum 1
0.2 Geraden in der Ebene . . . . . . 4
0.3 Ebenen und Geraden im Standardraum JR 3 11
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS . 20
1 Grundbegriffe 32
1.1 Mengen und Abbildungen 32
1.2 Gruppen . . . . . . . . . . 43
1.3 Ringe, Körper und Polynome . 54
1.4 Vektorräume . . . . . . . . . 75
1.5 Basis und Dimension . . . . 86
1.6 Summen von Vektorräumen* 100
3 Determinanten 174
3.1 Beispiele und Definitionen 174
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 186
3.3 Minoren* . . . . . . . . . 201
3.4 Determinante eines Endomorphismus und Orientierung* 212
4 Eigenwerte 222
4.1 Beispiele und Definitionen 222
4.2 Das charakteristische Polynom 228
4.3 Diagonalisierung . . . . . . . 234
4.4 Trigonalisierung* . . . . . . . 242
4.5 Potenzen eines Endomorphismus* 250
4.6 Die Jordansehe Normalform* . . . 259
XXI
Literaturverzeichnis 372
Namensverzeichnis 374
Sachwortverzeichnis 376
Symbolverzeichnis 383
Diese Blnrne der Linmn:n Algebm wurde entworfen von B et t ina Meserle, Clandia
Jodmm und Jonathan Zins!.
Kapitel 0
Lineare Gleichungssysteme
Schon die Nummer dieses Kapitels deutet an, daß es zur Motivation und Vorbereitung
der in Kapitel I beginnenden systematischen Darstellung dient. Wir haben dafür das
wichtigste Problem der elementaren linearen Algebra gewählt, nämlich lineare Glei-
chungssysteme. Dabei kann man sehr schön die wesentlichen Aspekte vorführen: den
geometrischen Hintergrund und die algorithmische Methode. Was auf die späteren Ka-
pitel verschoben wird, sind die präzisen Beweise mit Hilfe der üblichen theoretischen
Hilfsmittel.
Wer mit den verwendeten Notationen von Mengen und Abbildungen nicht vertraut
ist, kann bei Bedarf in 1.1 nachsehen.
0.1.1. Wir gehen aus von den reellen Zahlen, deren Gesamtheit wir mit lR be-
zeichnen. Ihre Einführung ist Gegenstand der Analysis, in der Geometrie dienen
sie als Zahlengerade, und diese Zahlen kann man nach den üblichen Regeln ad-
dieren und multiplizieren.
Punkte der Ebene sind festgelegt durch Paare, Punkte des gewöhnlichen Rau-
mes durch Tripel von reellen Zahlen. Für die Theorie macht es keine Probleme,
gleich n-Tupel zu betrachten, wobei n eine beliebige natürliche Zahl ist. Damit
erhält man den reellen Standardraum der Dimension n
JR" = {X = (XI , . . . , X"): X I, . . . , X" E JR},
d .h. die Menge der geordneten n-Tupel (oder Vektoren) von reellen Zahlen. Ge-
ordnet heißt, daß die Reihenfolge wichtig ist, d.h. zwei n-Tupel (x 1, ••• , Xn) und
(y 1, • • • , Yn) sind genau dann gleich, wenn x 1 = y 1 , . •• , Xn = y,. . Die Zahlen
x 1 , • • • , Xn heißen Komponenten von x.
Der Fall n = 0 ist sinnlos, lR 1 ist die Zahlengerade, JR2 entspricht der Ebene
und JR 3 dem ,,Raum" . Für größere n hat man zunächst keine unmittelbare geo-
metrische Vorstellung mehr, dafür aber eine ganz andere und sehr realistische
Interpretation. Hat etwa eine Bank n Kunden, so kann man deren Kontostände
zu einem bestimmten Zeitpunkt mit x 1, • •• , Xn bezeichnen, alle zusammen (und
Die Entwicklung der Kontostände im Laufe der Zeit wird dann durch eine "Kur-
ve" im JR" beschrieben, ihre Beschreibung geht schon über den Rahmen der li-
nearen Algebra hinaus. Eine lineare Operation ist etwa die Berechnung der au-
genblicklichen Bilanz. Haben die Einlagen neben dem Nennwert x; einen Bör-
senkurs a;, so ist das bewertete Kapital gegeben durch
a,x, + ... + a 11 X 11 = b,
0.1.2. In der linearen Algebra muß man mit n-Tupeln rechnen. Die grundlegen-
den Operationen sind eine Addition
(x,, ... ,Xn) + (y,, · · · , Y") := (Xt + Yt• · · · ,Xn + Yn)
und eine Multiplikation mit einer Zahl A. E lR
A · (x,, . .. , X 11 ) := (A. · Xt, .. . , A · X 11 ) .
Man kann diese Operationen geometrisch deuten, wenn man dien-Tupel als Vek-
toren ansieht, d.h. naiv als Pfeile vom Ursprung 0 = (0, .. . , 0) mit Spitze in
x = (x 1, ••• , x11 ) . Für n = 2 kann man das einfach zeichnen:
x,
AX!
Bild 0.1
0.1 Der reellen-dimensionale Raum 3
Der Ursprung selbst heißt auch Nullvektor, wenn man ihn addiert, hat das keine
Wirkung. Multipliziert man mit ).. = 0, so wird jedes x zum Nullvektor. Das
Negative von x ist gegeben durch
-x := (-XJ, . . . , -xn),
es gilt x + (-x) = 0. Statt x + (-y) schreibt man kürzer x- y.
Bild0.2
Nach diesen wenigen Formalitäten können wir nun die einfachsten Beispiele
von linearen Gleichungen behandeln. Um die geometrische Anschauung dabei
zu benutzen, betrachten wir zunächst ausführlich die Fällen = 2 und n = 3.
4 0 Lineare Gleichungssysteme
Bild0.3
Man kann L auch ansehen als Bild der Zahlengerade JH:. unter der Abbildung
<f>: 1R-'>LCJH:.2 , A.t-+v+A.w .
Das nennt man eine Parametrisierung der Geraden.
0.2.2. Die zweite Möglichkeit der Beschreibung benutzt eine lineare Gleichung
der Form
a1x1 + azxz = b.
Dabei gelten x 1 , x 2 als Unbestimmte und a 1 , a 2 E JH:. als Koeffizienten . Die Un-
bestimmten sind variabel, die Koeffizienten fest. Man betrachtet die Menge der
Lösungen
L := {(xJ , Xz) E IH:. 2 : a1x1 +azxz = b}.
Ist a 1 = a2 = 0, so ist L = 0 für b =!= 0 und L = JH:. 2 für b = 0. Dieser
Fall gilt als "entartet". Andernfalls müßte man im Prinzip alle Paare (x 1 , x 2 ) in
die Gleichung einsetzen und feststellen, ob sie erfüllt ist. Wenn man das ohne
System tut, wird man dabei sehr selten Glück haben.
Ein gutes System ist eine Parametrisierung, mit deren Hilfe sich alle Lösungen
produzieren lassen. Das ist in diesem Fallleicht zu erhalten.
0.2 Geraden in der Ebene 5
Hier ist also die erste Koordinate fest, die zweite frei wählbar.
Ist a 1 = 0, aber a 2 =f. 0, so hat man nur die Rollen von x 1 und x 2 zu vertau-
schen.
2) Ist a 1 =f. 0 und a 2 =f. 0, so kann man die Gerade leicht zeichnen, indem man
die Schnittpunkte mit den Achsen x 1 = 0 und x 2 = 0 berechnet:
x2
L
Bild0.4
Wählt man wieder die x 2 -Koordinate eines Punktes der Geraden als Parameter
J.,
so kann man daraus
b azA
Xt = - - -
al a1
berechnen, und eine Parametrisierung der zunächst durch die Gleichung gegebe-
nen Geraden ist gefunden:
~ -+ L, ;_ ~ (!!.._ - azJ., ;_) .
al al
0.2.3. Zwei Geraden in der Ebene schneiden sich in genau einem Punkt, es sei
denn, sie sind gleich oder parallel. Sind sie durch Gleichungen gegeben, so stellt
sich die Frage, wie man entscheiden kann, welcher Fall vorliegt, und wie man
eventuell den eindeutigen Schnittpunkt findet. Dazu einige
6 0 Lineare Gleichungssysteme
x2 x, + 3x 2 = 9 x2
x1 - x2 = 1 x,- x 2 = 1
BildO.S
Zieht man die erste Gleichung von der zweiten ab und dividiert die Differenz
durch vier, so erhält man wieder die obigen Gleichungen, und man sieht an den
Zeichnungen, daß der Schnittpunkt der gleiche ist.
b) Die Geraden seien gegeben durch
X I - Xz 1,
2xi- 2xz b,
x2
Bild 0.6
mit beliebigem b. Man sieht sofort, daß sie für b = 2 gleich und für b =j: 2
parallel, also ohne Schnittpunkt sind. Darauf kommt man auch durch formales
0.2 Geraden in der Ebene 7
Rechnen, wenn man wieder die 2-fache erste Gleichung von der zweiten abzieht.
Das ergibt
I '
b-2.
Die zweite Gleichung lautet in jedem Fall b = 2. Ist b so gewählt, kann man sie
weglassen und es bleibt die erste. Ist b f. 2 gewählt, so ist die zweite Gleichung
nie erfüllt und man kann die erste weglassen.
c) Nun nehmen wir zu den zwei Geraden aus Beispiel a) eine dritte hinzu:
X1- X2 1,
9, II
2. III
x.
fi---+----+--
ifi---~--~------
Bild0.7
Daß sie keinen gemeinsamen Schnittpunkt haben, sieht man an Bild 0.7, wir
wollen es auch durch formales Umformen zeigen. Wie umgeformt wurde, ist
rechts vermerkt.
X! -Xz 1.
4x2 8, 11=11-I
2x2 1. Ill=III-I
0.2.4. Den Begriff Gerade hatten wir bisher noch nicht präzise erklärt, das soll
schleunigst nachgeholt werden:
Definition. Eine Teilmenge L C JR2 heißt Gerade, wenn es a 1 , a 2 , b E lR mit
(a1 , a 2 ) #- (0, 0) gibt, so daß
L = {(xJ,Xz) E lR2 : a,x, +azXz = b).
Daß man eine Gerade genauso gut mit Hilfe einer Parametrisierung beschreiben
kann, ist die Aussage von folgendem
Satz. Eine Teilmenge L C 1R2 ist genau dann eine Gerade, wenn es v, w E JR 2
mit w #- 0 gibt, so daß
L = v + lRw.
Dieser Satz folgt später sehr leicht aus der allgemeinen Theorie. Ohne weitere
Hilfsmittel ist der Beweis etwas mühsam, wir wollen es dennoch vorführen:
I) Ist L eine Gerade im Sinne der obigen Definition, so gibt es v und w mit den
angegebenen Eigenschaften.
Sei also L gegeben durch a 1, a 2 , b mit (a 1 , a 2) #- (0, 0). Wir führen den Fall
a 1 -1- 0 aus, der Fall a 2 -1- 0 geht analog. Indem man im Ergebnis von 0.2.2 1.. = 0
und/.. = a 1 setzt (siehe Bild 0.8), kommt man zu der Definition
und es ist zu zeigen, daß L = L'. Dazu ist L CL' und L' c L zu beweisen.
x,
L'
Bild 0.8
0.2 Geraden in der Ebene 9
b
Setzt man x 1 - - a2 J.. und x 2 = a 1J.. in die Gleichung von Lein, so erhält
a,
man
Also ist x E L .
2) Ist L = v + lRw, so ist eine Gleichung zu finden. Ist v = (v 1, v2 ) und
w = (w 1 , w2 ) mit w 1 f. 0, so zeigt eine einfache Überlegung (siehe Bild 0.9),
daß
Xt- Vt Wt
sein muß. Wir definieren daher a 1 := Wz, az := -w 1, b := WzVt - Wt Vz und
L': =/(x,,xz)ElR2 : a,x,+azXz = b).
L'
Bild0.9
lO 0 Lineare Gleichungssysteme
-----71''---------x.
Bild 0.10
12 0 Lineare Gleichungssysteme
Bild 0.11
Ist a 3 = 0 und (a 1 , a 2 ) # (0, 0), so haben wir eine Gerade
L = {(x J, xz) E IR?: a 1x 1 + a 2x 2 = b},
und E entsteht daraus, indem man alle im Raum darüber- und darunterliegenden
Punkte dazunimmt, d.h. (siehe Bild 0.11)
E = {(x 1, x 2 , x 3 ) E JR3 : (x 1, x 2 ) E L).
Sind alle drei Koeffizienten a; # 0, so schneidet E die Achsen an den Stellen
b j a;.
Xa
x2
Bild 0.12
0.3 Ebenen und Geraden im Standardraum IR3 13
0.3.3. Zur Parametrisierung einer Geraden reicht ein Parameter, bei einer Ebene
geht es mit zweien, und zwar wie folgt. In der Ebenengleichung nehmen wir
a 3 =f. 0 an (andernfalls vertausche man die Indizes). Wir betrachten die Standard-
ebene IR2 und bezeichnen die Punkte mit (}q, A. 2 ) . Setzt man x 1 = A. 1, x 2 = A. 2 in
die Ebenengleichung ein, so erhält man
1
x3 = - (b- a 1A. 1 - azAz) .
a3
also ist <l>(IR 2 ) c E, und mit etwas mehr Rechnung als in 0.2.4 kann man zeigen,
daß
sogar bijektiv ist. Wir verzichten darauf, das hier vorzurechnen, weil es in 2.3 aus
der allgemeinen Theorie folgt. Die so erhaltene Abbildung <1> von der Standard-
ebene IR2 auf die in IR3 liegende Ebene E heißt Parametrisierung. In der oben
angegebenen Form hat sie eine einfache geometrische Interpretation: <1> ist die
Umkehrung der Projektion
lf: E -+ IR2 , (x 1, x 2 , x3) ~-+ (xJ, Xz) ,
x3
Bild 0.13
Das ist das Bild von <1>, wenn man
u <1>(0, 0) = ( 0, 0, ~) '
wählt.
x3
Bild 0.14
0.3 Ebenen und Geraden im Standardraum JR 3 15
0.3.4. Nun wollen wir zwei Ebenen schneiden. Dazu zunächst ein
Beispiel. Wir betrachten die Gleichungen
X1 +x2 + X3 -6, I
x1 + 2x2 + 3x3 -10 , li
und formen sie um zu
x1 +x2 +x3 -6,
X2 + 2x3 -4 . ll = li - I
Der Schnitt der beiden Ebenen ist eine Gerade L, ein Punkt darauf ist festgelegt
durch seine x3 -Koordinate. Übersetzt in eine Rechnung bedeutet das: man wählt
einen reellen Parameter A., setzt x 3 = A. und berechnet erst mit ii und dann mit I
X2 = -2A.-4 ,
x1 = A.- 2.
Das ergibt eine Parametrisierung von L
<f>: IR -+ L c IR3 , A. ~--+ (A. - 2, - 2A. - 4, A.) .
x3
Bild 0.15
Hat man allgemein zwei Ebenengleichungen
a1x1 + a2x2 + a3x3 b,
b'' II
16 0 Lineare Gleichungssysteme
und ist ai =F 0, so führt eine Umformung wie oben zu einem Unglück, wenn es
ein Q E lR gibt mit
Dann wird nämlich die linke Seite von ii := II- Q · I gleich Null. Das hat einen
geometrischen Hintergrund, denn (*) bedeutet, daß die durch I und II beschrie-
benen Ebenen parallel oder gleich sind. Ein präziser Beweis davon kann später
leicht nachgeholt werden (vgl. Aufgabe 8 zu 2.3).
XI + X2 + X3 -6 ,
XI+ + 3x3
Zx2 -10, II
2xi + 3x2 + 6x3 -18. 111
.r3
Bild 0.16
Die drei Ebenen schneiden sich in einem Punkt. Um ihn zu berechnen, formen
wir wieder um. Die erste Runde ergibt
0.3 Ebenen und Geraden im Standardraum JR 3 17
x3
Bild 0.17
ll=II - 1
III = III- 21
2x3 = -2.
- -
III = III- II
:::::::
XJ -1 nach III,
Xz -2 nach II ,
x, -3 nach I.
Der einzige Schnittpunkt der drei Ebenen ist also ( - 3, -2, -1).
Xa
Bild 0.18
0.3 Ebenen und Geraden im Standardraum IR 3 19
Aufgaben zu 0.3
l. Zeigen Sie, dass für zwei Punkte v, w E IR!." die folgenden Bedingungen äquivalent
sind:
i) v # 0, und es gibt kein Q E IR!. mit w = Q· v.
ii) w # 0, und es gibt kein Q E IR!. mit v = Q · w.
iii) Sind A, 1-1. E IR mit J..v + 1-/.W = 0, so folgt notwendigerweise A = 1-1. = 0.
Man nennt v und w linear unabhängig, falls eine der obigen Bedingungen erfüllt ist. v
und w heißen linear abhängig, falls sie nicht linear unabhängig sind. Im untenstehenden
Bild sind v und w linear unabhängig, v und uJ linear abhängig.
Bild 0.19
2. a) Beweisen Sie, dass eine Teilmenge E des W genau dann eine Ebene ist, wenn es
Vektoren u, v, w E JR!.3 gibt, so dass v und w linear unabhängig sind und
E = u + JR!.v + JR!.w.
b) Finden Sie für die Ebene E =I (x 1, x 2, x 3) E JR3 : 3x 1 - 2x2 + x 3 = -1) eine Para-
metrisierung.
c) Geben Sie für die in Parameterdarstellung gegebene Ebene
E = (I , 2, 3) + IR!. · (4, 5, 6) + IR!. · (7, 8, 9)
eine beschreibende lineare Gleichung an.
3. Zeige Sie: Sind x, y, z E JR!.3 drei Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen, so gibt
es genau eine Ebene E c JR3 , die x, y und z enthält, nämlich
E = x + IR!. · (x - y ) + IR!. · (x- z).
20 0 Lineare Gleichungssysteme
+amnXn b",'
und gesucht ist die Menge der (x 1, ... , X 11 ) E IR:", die alle Gleichungen erfüllen.
Das System (*) ist mühsam aufzuschreiben. Ein Meister in übersichtlichen
Rechenverfahren war A. CAYLEY, der auch erstmals systematisch Matrizen
verwendete. Das hilft hier sofort. Die Koeffizienten a iJ schreibt man, wie sie
in ( *) vorkommen, als rechteckiges Schema (Matrix genannt)
A·-
Nun ist der Kniff, nicht die liegenden Vektoren (oderZei/en) (x 1 , ••• , X 11 ) und
(b 1 , •.• , b,J zu betrachten, sondern entsprechend der Anordnung der b; in (*)
die stehenden Vektoren (oder Spalten)
Zwischen der Matrix A und der Spalte x der Höhe n erklärt man ein Produkt,
das eine Spalte der Höhe m ergibt:
A·x :=
Dabei ist entscheidend, daß x so viele Zeilen wie A Spalten hat. Das lineare
Gleichungssystem (*)kann man dann in der Form
A. X= b (*')
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS 21
schreiben, wobei das eine Gleichheit von zwei Spalten mitjeweils m Zeilen be-
deutet. Diese geschickte Schreibweise ist gewöhnungsbedürftig und auch etwas
gefährlich, weil man leicht vergessen kann, was sie explizit bedeutet.
Man nennt A die Koeffizientenmatrix des linearen Gleichungssystems. Hängt
man die Spalte b noch an, so erhält man die Matrix
a1"
(A, b) :=
a","
sie heißt erweiterte Koeffizientenmatrix. Darin ist alle Information über das
Gleichungssystem enthalten.
Hat eine Matrix A insgesamt m Zeilen und n Spalten, so spricht man zur
Abkürzung von einer (m x n)-Matrix. Man schreibt dafür A = (aiJ), die reellen
Zahlen aiJ heißen Einträge von A.
Eine andere Methode, das Gleichungssystem (*) kürzer aufzuschreiben, be-
nutzt das Summenzeichen L · Allgemein ist
n
LaiJxJ = bi,
}= 1
übernehmen.) Das System zu lösen heißt, eine effiziente Methode zur Beschrei-
bung der Menge Lös (A, b) anzugeben. Was wir schließlich erhalten werden, ist
eine Zahl k E N und eine explizit angehbare bijektive Abbildung
<I>: lRk --* Lös (A, b) c JR",
sie heißt Parametrisierung. Die Berechnung von <I> mit Hilfe des nach C.F.
GAUSS benannten Eliminationsverfahrens ist recht einfach, das ist Ziel dieses
Kapitels. Der Nachweis der guten Eigenschaften von <I> erfordert etwas
Theorie und wird in Kapitel 2 nachgeholt. Der abstrakte Hintergrund von linea-
ren Gleichungssystemen wird schließlich in Kapitel 6 erläutert.
0.4.3. In den Beispielen aus 0.2 und 0.3 hatten wir Gleichungssysteme so lange
umgeformt, bis eine Parametrisierung schrittweise "von unten nach oben" be-
rechnet werden konnte. Beispiele für so umgeformte Koeffizientenmatrizen A
waren
(~ -~) (~ ~)
Die Nullen zu Beginn der Zeilen haben dabei eine typische Staffelung, die
Trennlinie von den anderen Einträgen hat Stufenform.
Definition. Einem x n-Matrix A = (aij) heißt in Zeilenstufenform, wenn sie
von der folgenden Form ist:
r
A=
0
Dabei müssen die Einträge an den mit ® markierten Stellen ungleich Null sein,
und unterhalb der eingezeichneten "Stufenlinie" dürfen nur Nullen stehen.
Damit auch die Grenzfälle klar geregelt sind, kann man diese Definition noch
präziser aufschreiben. A ist in Zeilenstufenform, wenn folgendes gilt:
I. Es gibt eine Zahl r mit 0 S r S m, so daß in den Zeilen mit Index 1 bis r
jeweils nicht nur Nullen stehen und in den Zeilen mit Index r + 1 bis m nur
Nullen stehen.
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS 23
2. Für jedes i mit 1 .:": i .:": r betrachten wir den niedrigsten Index ); der Spalte,
in der ein Eintrag ungleich Null steht, in Zeichen
); := min{j: a ij =f. 0) .
Offensichtlich ist 1 _:": ); .:": n, und die zusätzliche Stufenbedingung lautet
)I < )2 < · · · < )r ·
Man beachte, daß der Fall r = 0 zugelassen ist; dann sind alle Einträge von A
gleich Null. Die besonders ausgezeichneten und oben durch ® gekennzeichneten
Einträge
al ) l ' . .. ' ar)r
heißen Pivots (auf deutsch Angelpunkte) von A. Sie sind nach Definition von
Null verschieden.
Beispiel. Für
A=(~~~;~~~)
0 0 0 0 0 3 1
0 0 0 0 0 0 0
ist m = 4, n = 7, r = 3, J1 = 2, h = 3, h = 6.
Besonders einfach aufzuschreiben ist der Spezialfall, in dem
)I= 1, h = 2, ... , j, = r.
Dann hat A die Form
r
A=
0
Durch eine Umordnung der Spalten von A , d.h. eine andere Numerierung der
Unbekannten des entsprechenden Gleichungssystems, kann man das stets errei-
chen. Für die Praxis ist das nebensächlich, aber für die Theorie kann man sich
dadurch die lästigen Doppelindizes ); ersparen.
0.4.4. Nun geben wir ein Lösungsverfahren für ein lineares Gleichungssystem
an, bei dem die Koeffizientenmatrix A in Zeilenstufenform ist. Zur Vereinfa-
chung nehmen wir an, daß die Pivots in den ersten r Spalten sitzen. Dann hat die
24 0 Lineare Gleichungssysteme
(A, b) = b,
0
bm
mit a, 1 # 0, ... , a,, # 0 . Die Einträge b,+ 1, ... , bm sind entscheidend für die
Frage, ob es überhaupt eine Lösung gibt.
Bemerkung. Gibt es ein b, # 0 mit r + 1 ::: i ::: m, so ist Lös (A, b) leer.
Beweis. Die i-te Gleichung lautet
0 · x 1 + ... + 0 · x" = b, # 0.
Diese Bedingung kann kein x erfüllen. D
Im gegenteiligen Fall
br+ l = ... = bm = 0
geben wir nun eine Methode an, Lösungen zu konstruieren. Dazu unterscheiden
wir zwischen zwei Arten von Variablen:
x,+ 1, ... , Xn sindfreie Variablen, sie können alle beliebigen Werte annehmen.
x 1 , ••• , x, sind gebundene Variablen, sie sind eindeutig dadurch festgelegt,
für welche Werte sich die freien Variablen entschieden haben.
Das kann man so beschreiben. Man setzt k := n- r, das ist die Zahl der freien
Variablen, wählt),. 1 , ••• , Ak E lR. als Parameter, und setzt
Zur Berechnung der x 1 , •• • , x, daraus beginnt man mit der r-ten Gleichung
a,,x, + ar.r+ l),.l + ... + a,n),.k = b , .
Daraus erhält man
Setzt man das in die (r - 1)-te Gleichung ein, erhält man analog
Xr - 1 = dr - l.r - lbr - 1 + d,_,_,b, + Cr - I,IAI + ... + Cr-l,kAk,
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS 25
wobei die auftretenden Zahlen c und d von den Einträgen der Zeilen r - 1 und r
aus der Matrix A abhängen. Fährt man so fort, erhält man schließlich
XJ = d!Ibl + ... + d1rbr + CJJAJ + ... + CJkAk .
Insgesamt ergibt sich eine Abbildung
<f> : !Rk --+ Lös ( A , b) c IR" ,
(AJ, ... ,A.k) ~ (XJ , . .. ,XnAJ, . .. ,A.k ),
wobei für x 1, .•• , Xr die oben berechneten von A. 1, .•• , Ab den Einträgen von
A und b 1 , ••• , br abhängigen Ausdrücke einzusetzen sind. Da hierfür nach den
obigen Rechnungen alle r Gleichungen erfüllt sind, liegen die Werte von <f> in
der Lösungsmenge Lös (A, b) . Man hat also für beliebig gewählte Parameter
A. 1 , ••• , A.k eine Lösung des gegebenen Gleichungssystems erhalten. D
0.4.5. Einen wichtigen Spezialfall wollen wir noch erwähnen: Ist die Matrix A
quadratisch, so hat man ebensoviele Gleichungen wie Unbekannte. Ist speziell
26 0 Lineare Gleichungssysteme
Bei Typ 2) muß man etwas rechnen. Da nur die Zeilen i und k betroffen sind,
genügt es zu zeigen, daß die beiden aus jeweils zwei Gleichungen bestehenden
Systeme
G;1XI + ... + G; X
11 11
ak1X1 + · · · + ak"X"
und
a; 1x 1 + ... + a;"x"
(akl + A.a;1)x1 + ... + (ak" + A.a;")x"
gleiche Lösungsräume haben. Erfüllt x = (x 1 , ••• , x") die Gleichungen (* ), so
auch die erste von(*) , und durch Addition der A.-fachen ersten Gleichung von(*)
zur zweiten die zweite Gleichung von (*). Umgekehrt folgt durch Subtraktion
der A.-fachen ersten Gleichung aus (*) von der zweiten auch die zweite Gleichung
aus(*). D
Was bei Umformungen vom Typ 2) geometrisch vorgeht, sieht man am einfachs-
ten in der Ebene. Zwei Gleichungen beschreiben zwei Geraden, die Lösungs-
menge besteht aus den Schnittpunkten (keiner, einer, oder eine ganze Gerade,
vgl. 0.2). Was verschiedene Faktoren A. bewirken, wollen wir am besten an ei-
nem Beispiel zeigen: Gegeben seien Geraden
L; durch x1 =1 und Lk durch x 1 - x2 = 2.
x,
Bild 0.20
28 0 Lineare Gleichungssysteme
Dann ist
Lk+Ai gegeben durch (I + A.)x 1 - x2 = 2 + A..
Diese Schar von Geraden mit Parameter A. geht durch (1 , -1), sie enthält alle
Geraden durch (I, -1) mit Ausnahme von L;, und die Zahl A. ist am Schnittpunkt
mit der Geraden x 1 = 2 zu sehen.
0.4.7. Der letzte und am schwierigsten in allgemeiner Form aufzuschreibende
Schritt ist enthalten in dem
Satz. Jede Matrix A kann man durch elementare Zeilenumformungen in eine
Matrix A in Zeilenstufenform überführen.
Beweis. Wir geben ein konkretes Verfahren an, das schrittweise durchgeführt
wird und so aufgebaut ist, daß daraus ohne große Schwierigkeiten ein Com-
puterprogramm gemacht werden kann. Wer durch die vielen Indizes verwirrt
ist, möge zunächst das unten angegebene Beispiel studieren, bei dem drei Run-
den nötig sind.
Sei A einem x n-Matrix. Ist A = 0, so hat A nach Definition schon Zeilen-
stufenform mit r = 0.
Ist A f 0, so gibt es mindestens einen Eintrag f 0. Also gibt es mindestens
eine von Null verschiedene Spalte, wir wählen die mit dem kleinsten Index )t.
in Zeichen
) 1 = min{j: es gibt ein i mit aiJ f 0).
Ist a 1h f 0, so können wir es als Pivot wählen. Andernfalls suchen wir uns ein
a;,j, f 0 und vertauschen die Zeile I mit der Zeile i 1• Das ist schon die erste
Zeile von A, also gilt für den ersten Pivot
al)i = ail)i.
Durch Umformungen vom Typ 2) kann man alle unterhalb von ä t j , stehenden
Einträge zu Null machen. Ist a einer davon, so soll
a + A.älj, = 0
werden, also hat man a
A. = --_-
r.)
al}J
zu wählen. Das Ergebnis dieser Umformungen ist von der Gestalt
Ä, ~ (I ..: ä:"
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS 29
wobei an den mit * markierten Stellen irgendwelche Einträge stehen. Die Matrix
A2 hat m- 1 Zeilen und n- j 1 Spalten.
Im zweiten Schritt macht man mit A 2 das Gleiche wie oben im ersten Schritt
mit A = A 1 : Ist A 2 = 0, so hat A1 schon Zeilenstufenform; andernfalls suche
man h > h und den Pivot a2h · Die dabei nötigen Zeilenumformungen von A2
kann man auf die Zeilen 2 bis m von A1 ausdehnen, ohne daß sich in den Spalten
1 bis j 1 etwas ändert, denn dort stehen nur Nullen.
Ist A2 umgeformt, so erhält man A 3 , u.s.w. Das Verfahren muß abbrechen,
weil die Zeilen- und Spaltenzahlen der Matrizen Ak abnehmen, oder weil im
Lauf des Verfahrens eine Matrix Ak = 0 entsteht. Das Endergebnis ist
0 Ia,j, *
D
Beispiel. Damit der Gang der Rechnung mit dem bloßen Auge zu erkennen ist,
sind die Einträge so gewählt, daß sie ganzzahlig bleiben.
0 0 2 9 0 3 4 5 9 f u _4_j_!)_
A= 0 3 4 5 9 0 0 2 9 0 0 1I I 2 9
"-" "-"
0 6 7 8 9 0 6 7 8 9 0 0 1-1 -2 -9
0 9 9 9 9 0 9 9 9 9 0 0 ~ -3 -6-18
~59
2--9 =A
"-" -~
0 0 0 10 0
I
0 0 0 10 9 0 0 0 0
Bei dem oben allgemein beschriebenen Verfahren wird aus r verschiedenen
Spalten jeweils ein Eintrag als Pivot ausgewählt, Kandidaten sind alle von Null
verschiedenen Einträge. Für die Theorie wird sich später zeigen, daß das Ergeb-
nis nicht von der Wahl abhängt. Für die Praxis ist es vorteilhaft, den vom Betrag
her größten Eintrag zu wählen, weil entsprechend (*) durch den Pivot dividiert
wird, und kleine Nenner zu großen Schwankungen führen können (vgl. Aufgabe
4).
30 0 Lineare Gleichungssysteme
0.4.8. Nun ist das Eliminationsvel'jahren von GAUSS für ein System von m
linearen Gleichungen und n Unbestimmten mit reellen Koeffizienten komplett,
wir fassen die einzelnen Schritte noch einmal zusammen:
sein, weil XJ, ... ,Xr als Funktionen von .A wie in 0.4.4 eindeutig festgelegt sind.
Die k- Tupel .A und die Lösungs-n-Tupel x entsprechen sich also in eineindeuti-
ger Weise. In der Terminologie von 1.1.4 kann man das so ausdrücken:
Satz. Die in 0.4.4 konstruierte Parametrisierung
<I> : JE.k --+Lös (A, b) c JE."
ist eine bijektive Abbildung.
Eine delikate Frage bleibt offen: Die kritische Zahl r mit n = k + r wurde
mit Hilfe von Umformungen der Matrix A erhalten, und es bleibt zu zeigen,
0.4 Das Eliminationsverfahren von GAUSS 31
daß sie unabhängig ist von den bei den Umformungen getroffenen Auswahlen,
etwa der Pivots. Das wird sich mit Hilfe von etwas Theorie in 2.3 recht einfach
ergeben: Die Zahl r ist der "Rang" der Matrix A und k ist die "Dimension" des
"affinen Raumes" Lös(A. b ). Aber auch ohne diese Ergebnisse können wir im
Folgenden lineare Gleichungssysteme schon lösen, wo immer sie auftreten.
Aufgaben zu 0.4
1. Lösen Sie folgende lineare Gleichungssysteme:
a)
X2 +2x3 +3.q 0
X] +2x2 +3x3 +4x4 0
2xl +3xz + 4x3 +5x4 0
3xl +4x2 +5x3 +6x4 0
b)
-6Xl +6x2 +2x3 -2X4 2
-9Xl +8xz +3x3 -2X4 3
-3.q +2xz + X3
-15xl +l4xz +5x3 -4X4 5
2. Geben Sie die Lösung des linearen Gleichungssystems an, das durch die fol-
gende erweiterte Koeffizientenmatrix gegeben ist:
-1
0
-5
-1
2
3
-1
-3
1
0
2
j)
-2
1.1.1. Die endlichen Mengen kann man im Prinzip durch eine vollständige Liste
ihrer Elemente angeben. Man schreibt dafür
X:= {x 1 ,x2 , • •• ,x"),
wobei der Doppelpunkt neben dem Gleichheitszeichen bedeutet, daß das links
stehende Symbol X durch den rechts stehenden Ausdruck definiert wird. Die
x; heißen Elemente von X, in Zeichen x; E X. Man beachte, daß die Ele-
mente x; nicht notwendig verschieden sein müssen, und daß die Reihenfolge
gleichgültig ist. Man nennt die Elemente x 1, ... , x" E X paarweise verschieden,
wenn
X; #- x 1 für i #- j . In diesem Fall ist n die Anzahl der Elemente von X .
Die leere Menge 0 ist dadurch gekennzeichnet, daß sie kein Element enthält.
Eine Menge X' heißt Teilmenge von X, in Zeichen X ' C X, wenn aus x E X '
immer x E X folgt. Es gilt
X =Y * X c Y und Y c X.
Die einfachste unendliche Menge ist die Menge
N := (0, 1, 2, 3, ... }
der natürlichen Zahlen. Man kann sie charakterisieren durch die PEANO-Axiome
(vgl. [Z]). Diese enthalten das Prinzip der vollständigen Induktion:
SeiM c N eine Teilmenge mitfolgenden Eigenschaften:
a) 0 E M,
b) n E M =? n +I E M.
Dann ist M = N.
Mancher Leser wird sich an dieser Stelle zum ersten Mal -aber sicher insgesamt
nicht zum letzten Mal -darüber wundem, daß die Bezeichnungen in der Mathe-
matik nicht einheitlich sind. So wird die Null manchmal nicht als natürliche Zahl
angesehen. Es gibt Versuche, hier durch DIN-Normen Ordnung zu schaffen (vgl.
[DIN]), aber viele Mathematiker lieben mehr ihre Freiheit, als Normblätter.
Durch Erweiterungen von Zahlbereichen erhält man ausgehend von N die gan-
zen Zahlen
z= {0, +I, -I, +2, -2, ... }'
die rationalen Zahlen
Q = {~: p, q E Z, q ,t 0} ,
und etwa als Dezimalbrüche oder Cauchy-Folgen rationaler Zahlen die reellen
Zahlen lR. Es ist
N c Z c Q c IR c <C,
wobei die in gewisser Weise abschließende Erweiterung zu den komplexen Zah-
len <C in 1.3.3 und 1.3.9 behandelt wird. Einem Leser, der mehr über den Aufbau
der ,,Zahlen" wissen möchte, sei [Z] empfohlen.
1.1.2. In der linearen Algebra werden wir mit solchen Mengen auskommen, die
sich aus den in 1.1.1 angegebenen Mengen mit Hilfe einiger elementarer Opera-
tionen ableiten lassen.
Aus einer gegebenen Menge X kann man Teilmengen auswählen, die durch
gewisse Eigenschaften der Elemente charakterisiert sind, in Zeichen
X':= {x EX: x hat die Eigenschaft E} ,
zum Beispiel X' := {n E N: n ist gerade}.
Sind X 1, ••• , Xn Mengen, so hat man eine Vereinigung
X 1 U ... U Xn := {x : es gibtein i E {1, ... , n} mitx EX;}
und den Durchschnitt
XI n ... n Xn := {x: XE X; für alle i E {I, ... , n}} .
An einigen Stellen wird es nötig sein, Vereinigungen und Durchschnitte von
mehr als endlich vielen Mengen zu betrachten. Dazu verwendet man eine Menge
I, die Indexmenge heißt, so daß für jedes i E I eine Menge X; gegeben ist. Dann
sind Vereinigung und Durchschnitt erklärt durch
34 I Grundbegriffe
n
i E/
n
Ist etwa I = N und X ; := [ -i, i] C lR für jedes i E Nein Intervall, so ist
U X; = lR und X ; = {0} .
i EN i EN
Ist X' c X eine Teilmenge, so nennt man
X -.... X' := {x EX : x rj. X' }
die Differenzmenge (oder das Komplement).
1.1.3. Zur Beschreibung von Beziehungen zwischen verschiedenen Mengen
verwendet man ,,Abbildungen" . Sind X und Y Mengen, so versteht man unter
einer Abbildung von X nach Y eine Vorschrift f , die jedem x E X eindeutig ein
f (x ) E Y zuordnet. Man schreibt dafür
f: X --+ Y , x r-+ f (x) .
Man beachte den Unterschied zwischen den beiden Pfeilen: "--+" steht zwischen
den Mengen und "r-+" zwischen den Elementen.
Zwei Abbildungen f: X --+ Y und g : X --+ Y heißen gleich, in Zeichen
f = g, wenn f(x) = g(x) für alle x EX. Mit
Abb(X, Y)
bezeichnen wir die Menge aller Abbildungen von X nach Y.
Ein Problem bei dieser Definition einer Abbildung ist, daß nicht präzisiert
ist, in welcher Form die Abbildungsvorschrift gegeben sein soll (genauso wenig
war festgelegt worden, in welcher Form die charakterisierende Eigenschaft einer
Teilmenge vorliegen soll). Besonders einfach zu beschreiben sind Abbildungen,
bei denen f (x) durch eine explizite Formel angegeben werden kann, etwa im
Fall X = Y = lR durch
f(x) = ax , f(x) = x 2 , f (x ) =../X.
ax
Bild 1.1
1.1 Mengen und Abbildungen 35
Die letzte Vorschrift ist schon problematisch, weil es für positive reelle Zahlen
zwei und für negative keine Quadratwurzel gibt. Eine Abbildung im Sinn der
Definition liegt nur vor, wenn man negative x ausschließt und für positive x eine
Wurzel (etwa die positive) auswählt. Dann hat man eine Abbildung
f: IR+ ~ IR+, X I-'> +,JX,
wobei IR+:= {x E IR : x:::: 0}.
Mit einer Abbildung kann man nicht nur Elemente, sondern auch Teilmengen
bewegen. Sei also f: X ~ Y und M c X, N c Y. Dann heißt
f(M) := {y E Y: esgibteinx E M mit y = f(x)) c Y
das Bild von M (in Y), insbesondere f(X) das Bild von X in Y, und
r'(N) := {x EX: f(x) E N} C X
das Urbild von N in X. Man beachte, daß für eine einelementige Menge
N = {y} das Urbild
r'cy) := r'clyD c x
eine Teilmenge ist, die aus mehreren Elementen bestehen, aber auch leer sein
kann (etwa bei f(x) = x 2 ). Daher ist f - 1 im allgemeinen keine Abbildung von
Y nach X im Sinn der Definition.
Noch eine Bezeichnungsweise: Ist f: X ~ Y eine Abbildung und M c X
eine Teilmenge, so nennt man
!IM: M ~ Y, x ~--'> f(x),
die Beschränkung von f auf M. Sie unterscheidet sich von f nur durch den
eingeschränkten Definitionsbereich. Ist Y C Y' eine Teilmenge, so ist es üblich,
mit f: X ~ Y' auch die Abbildung mit dem ausgedehnten Bildbereich zu
bezeichnen.
1.1.4. Besonders wichtige Eigenschaften von Abbildungen haben eigene Na-
men. Eine Abbildung f: X ~ Y heißt
injektiv, falls aus x, x' E X und f (x) = f (x ') stets x = x ' folgt,
sUijektiv, falls f(X) = Y,
d.h. falls es zu jedem y E Y ein x E X gibt mit y = f(x) ,
bijektiv, falls f injektiv und surjektiv ist.
[st f bijektiv, so gibt es zu jedem y E Y genau ein x E X mit f(x) = y. In
diesem Fall kann man also eine Umkehrabbildung
f - 1: Y ~X , y I-'> x = f- 1(y) mit y = f(x)
36 1 Grundbegriffe
Beweis. X bestehe aus n Elementen, also X= {x 1 , ... , x"), wobeinEN ist und
die x; paarweise verschieden sind.
i) => ii): Wir zeigen ,,nicht surjektiv" => ,,nicht injektiv" . Ist f (X) =/= X, so
besteht f(X) aus m < n Elementen. Nun besagt das sogenannte Schubladen-
prinzip von DIRICHLET: Verteilt man n Objekte irgendwie in m Schubladen,
wobei m < n, so gibt es mindestens eine Schublade, in der mehr als ein Objekt
liegt. Also kann f nicht injektiv sein.
ii) => i): Ist f nicht injektiv, so gibt es X; , x 1 mit X ; =/= x 1 , aber f(x;) = f(x 1).
Dann kann f(X) höchstens n - I Elemente enthalten, also ist f nicht surjektiv.
Wegen ii) => i) folgt auch ii) => iii), iii) => i) ist klar. Damit sind alle möglichen
Implikationen bewiesen. 0
Vorsicht! Die Komposition von Abbildungen ist i.a. nicht kommutativ. Ist
f: IR~IR, x~x+1,
g: IR~ IR, x ~ x2 •
Beweis. 1) Sei f injektiv. Dann gibt es zu jedem y E f(X) genau ein x EX mit
f(x) = y, und wir definieren g(y) := x. Ist x 0 E X beliebig, so definieren wir
weiter g(y) = x 0 für alle y E Y" f(X). Das ergibt eine Abbildung g: Y ~ X
mit g o f = idx.
Ist umgekehrt g: Y ~ X mit g o f = idx gegeben, und ist f(x) = f(x') für
x, x ' EX, so ist x = idx(x) = g (f(x)) = g (f(x')) = idx(x') = x '. Also ist f
injektiv.
38 1 Grundbegriffe
1.1.6. Schon bei der Einführung des Raumes IR" hatten wir ein "direktes Pro-
dukt" betrachtet. Sind allgemeiner X 1, • • • , X" Mengen, so betrachten wir die
geordnetenn-Tupel
x=(XJ, . .. ,x") mit x 1 EX 1, • •• ,x"EX".
Genauer kann man x als Abbildung
x: {l, . .. ,n}---+X 1 U ... ux" mit x(i)EX;
ansehen (man nennt x auch Auswahlfunktion), und zur Vereinfachung der
Schreibweise x; := x(i) und x := (x 1 , •• • , x") setzen. Im Sinne der Gleich-
heit von Abbildungen gilt dann
(XI, ... , X 11 ) = (x; , .. . , x;,) {} X1 = x;, .. . , X 11 = x; .
Nun erklären wir das direkte Produkt
X 1 x . . . x X":= {(x 1, • •• ,x"): X; EX;}
als Menge der geordneten n- Tupel. Offensichtlich ist X 1 x . .. x X" i= 0, wenn
X; i= 0 für alle i E { l , . . . , n} .
Für jedes i hat man eine Projektion auf die i -te Komponente
rr;: X 1 x ... xX"---+X;, (x 1 , • •• , x;, . . . ,x")~x;.
eine Familie von Elementen in X. Man beachte den Unterschied zu einer Teil-
menge X ' c X, die man mit <p(/) vergleichen kann: die Elemente i E I kann
man als Etiketten (oder noch näher am Familienleben als Pflichten) ansehen, die
unter den Elementen von X verteilt werden. Jedes Etikett i hat einen eindeuti-
gen Empfänger x; , die Elemente von X' = <p(/) erhalten mindestens ein Etikett,
1.1 Mengen und Abbildungen 39
und es ist möglich, daß manche x E X' mehrere Etiketten erhalten (was zur oft
gehörten Klage "immer ich" führt).
Zur Abkürzung bezeichnet man eine Familie I --+ X oft mit (x;);EI·
Für die Indexmenge I = N der natürlichen Zahlen nennt man (x; );El\1 eine
Folge, das ist ein grundlegender Begriff der Analysis.
Vorsicht! Die Frage der Existenz der oben betrachteten Auswahlfunktionen ist
nicht unproblematisch. Das führt zum Auswahlaxiom, vgl. [F-P], das auch im
Beweis von Lemma 1.1.5 schon stillschweigend verwendet wurde.
1.1.7. Für eine Abbildung f: X --+ Y nennt man die Menge
f f := {(x, f(x)) EX X Y)
den Graphen von f. Damit kann man oft eine Abbildung durch eine Skizze
veranschaulichen.
y
f(x)
(x, f(x))
Bild 1.2
Nach der Definition einer Abbildung ist die Einschränkung der Projektion auf X
rr: f1--+X
bijektiv. Daraus folgt, daß das ,,Funktionengebirge" keine "Überhänge" hat, wie
im folgenden Bild:
1.1.8. Das direkte Produkt ist auch nützlich, um Beziehungen (oder Relationen)
zwischen je zwei Elementen x, y E X zu studieren. Man schreibt dafür allge-
meinx ~ y.
Beispiele. a) X= Menge der Menschen, x ~ y :~ x kennt y.
b) X= IR:., X ~ y : ~ X ::: y.
c) X= IR:." , (x 1, ••• , x") ~ (y 1, ••• , y") :~ x~ + ... + x; = y~ + ... + y; .
d) X= Z, 0 =f. m E N, x ~ y :~ y- x durch m teilbar.
Al X ~ X, (reflexiv)
A2 X ~ y => y ~X, (symmetrisch)
A3 x ~ y und y ~ z => x ~ z. (transitiv)
In diesem Fall sagt man x ist äquivalent zu y für x ~ y.
Der Leser möge zur Übung die obigen Beispiele auf diese Eigenschaften über-
prüfen. Vor allem die Reflexivität in Beispiel a) ist etwas Nachdenken wert.
Hat man auf einer Menge eine Äquivalenzrelation eingeführt, so kann man
- wie wir sehen werden - zu einer neuen Menge übergehen, in der äquivalente
Elemente der ursprünglichen Menge zu ,,Repräsentanten" desselben neuen Ele-
mentes werden. Dabei wird - mit den Worten von HERMANN WEYL - alles
im Sinne des eingenommenen Standpunktes Unwesentliche an den untersuchten
Objekten abgestreift. Übersetzt ins Mengen-Latein, liest sich das wie folgt:
Ist eine Äquivalenzrelation auf einer Menge X gegeben, so heißt eine Teil-
menge A C X Äquivalenzklasse (bezüglich R), falls gilt:
1. A =f. 0.
2.x,yEA=> x ~ y .
3. XE A, y E X, X~ y => y E A.
Aufgaben zu 1.1
1. Beweisen Sie die folgenden Rechenregeln für die Operationen mit Mengen:
a) X n Y=Y nX,XUY=YUX,
b) X n (Y n Z) = (X n Y) n Z , X U (Y U Z) = (X U Y) U Z ,
42 I Grundbegriffe
c) X n (Y u Z) = (X n Y) U (X n Z), X U (Y n Z) = (X U Y) n (X u Z),
d) X'- (Mr nMz) =(X'- MJ)U{X '- Mz), X'- (Mr UMz ) =(X'- Mr)n(X '- M2) .
2. Sei f: X -+ Y eine Abbildung. Zeigen Sie:
a) Ist Mr c Mz c X, so folgt f(MJ) C f(Mz).
Ist Nr c N2 c Y , so folgt f - 1(Nt) c f- 1(N2).
b) M c f - 1(/(M)) für M c X, f(f - 1 (N)) C N für N c Y
c) r 1(Y'-N)=X
'- r'CN)fürNcY.
d) Für Mr, M2 c X und N,, N2 c Y gilt:
r 1 (Nr n Nz) = /- 1(Nr) n r'(N2), r'CNt U N2) = r 1 (Nr) U r'CN2),
f(M, U Mz) = f(Mt) U /(M2), /(M, n Mz) C f(MJ) n f(Mz).
Finden Sie ein Beispiel, in dem f(M, n Mz) f f(MJ) n f(Mz) gilt!
3. Seien f: X -+ Y, g: Y -+ Z Abbildungen und g o f: X -> Z die Komposition
von f und g. Dann gilt:
a) Sindfund g injektiv (surjektiv), so ist auchgofinjektiv (surjektiv).
b) Istgof injektiv (surjektiv), so ist auch f injektiv (g surjektiv).
4. Untersuchen Sie die folgenden Abbildungen auf lnjektivität und Surjektivität:
a) f 1: ~ 2 -+~. (x,y)14x+y, b)fz: ~ 2 -+ ~. (x, y) 14x2 +y2 -I,
c) !J: ~ 2 -+~ 2 • (x , y)14(x+2y,2x-y),
5. Zwei Mengen X und Y heißen gleichmächtig genau dann, wenn es eine bijektive
Abbildung f: X -+ Y gibt. Eine Menge X heißt abzählbar unendlich, falls X und N
gleichmächtig sind.
a) Zeigen Sie, dass Z und Q abzählbar unendlich sind.
b) Zeigen Sie, dass ~ nicht abzählbar unendlich ist.
c) Für eine nichtleere Menge M sei Abb (M, {0, 1}) die Menge aller Abbildungen von
M nach {0, 1}. Zeigen Sie, dass Mund Abb (M, {0, 1}) nicht gleichmächtig sind.
6. Ein Konferenzhotel für Mathematiker hat genau N Betten. Das Hotel ist bereits voll
belegt, aber die Mathematiker lassen sich nach Belieben innerhalb des Hotels umquar-
tieren. Das Hotel soll aus wirtschaftlichen Gründen stets voll belegt sein, und wenn
möglich, sollen alle neu ankommenden Gäste untergebracht werden. Was macht man in
folgenden Fällen?
a) Ein weiterer Mathematiker trifft ein.
b) Die Insassen eines Kleinbusses mit n Plätzen suchen Unterkunft.
c) Ein Großraumbus mit N Personen kommt an.
d) n Großraumbusse treffen ein.
e) N Großraumbusse fahren vor.
1.2 Gruppen 43
1.2 Gruppen
1.2.1. Unter einer Verknüpfung (oder Komposition) auf einer Menge G versteht
man eine Vorschrift *· die zwei gegebenen Elementen a, b E G ein neues Ele-
ment *(a , b) E G zuordnet, d.h. eine Abbildung
*: G x G-+ G, (a , b) r-+ *(a,b) .
Wir geben einige Beispiele für solche Vorschriften * und schreiben dabei zur
Abkürzung a * b statt *(a, b):
a) Ist X eine Menge und G = Abb(X, X) die Menge aller Abbildungen
f: X-+X,
so ist für f, g E G nach 1.1.5 auch f o g E G, also kann man
f *g := f og
setzen.
b) In G = N, Z, IQl, IR oder IR: hat man Addition und Multiplikation, also kann
man für a, b E G
a * b := a + b oder a * b := a · b
setzen. Im Gegensatz zu Beispiel a) ist die Reihenfolge von a und b hier egal.
c) In G = IQl oder IR kann man
a*b:=4(a+b)
als das arithmetische Mittel von a und b erklären.
1.2.2. Verknüpfungen mit besonders guten Eigenschaften haben eigene Namen.
Definition. Eine Menge G zusammen mit einer Verknüpfung * heißt Gruppe,
wenn folgende Axiome erfüllt sind:
Gl (a * b) * c = a * (b * c) für alle a, b , c E G (Assoziativgesetz).
G2 Es gibt ein e E G (neutrales Element genannt) mit den folgenden Eigen-
schaften:
a) e * a = a für alle a E G.
b) Zu jedem a E G gibt es ein a' E G (inverses Element von a genannt) mit
a' * a = e.
Die Gruppe heißt abelsch (oder kommutativ), falls außerdem a *b = b * a für
allea,bEG.
44 1 Grundbegriffe
Falls das keine Verwirrung stiftet, schreibt man die Verknüpfung zur Verein-
fachung meist als Multiplikation, also a · b oder nur ab statt a * b.
Ist die Verknüpfung als Addition geschrieben, so setzt man stillschweigend
voraus, daß sie kommutativ ist. Das neutrale Element 0 heißt dann Nullelement,
das Inverse von a wird mit -a bezeichnet und heißt Negatives.
Wenn das Assoziativgesetz erfüllt ist, kann man bei mehrfachen Produkten die
Klammem weglassen, also schreiben:
abc = (ab)c = a(bc).
Zunächst wollen wir die Gruppenaxiome bei den Beispielen aus 1.2.1 nach-
prüfen.
a) In G = Abb(X, X) ist die Komposition nach 1.1.5 assoziativ, die identische
Abbildung idx erfüllt G2a, aber aus der Existenz eines g mit g o f = idx folgt,
daß f injektiv sein muß. Also ist G2b im allgemeinen nicht erfüllt.
Das kann man aber reparieren. Die Hintereinanderschaltung ist auch eine Ver-
knüpfung in der Teilmenge
S(X) := (f E Abb(X, X): f bijektiv} ,
und S(X) wird damit zu einer Gruppe. Sie heißt die symmetrische Gruppe der
Menge X. Ist X = { 1, ... , n}, so schreibt man S" statt S(X). Jedes a E S" heißt
Permutation der Zahlen 1, ... , n, und S" nennt man auch Permutationsgruppe.
In der linearen Algebra ist sie wichtig bei der Berechnung von Determinanten,
daher verschieben wir alles Weitere hierüber auf Kapitel 3. Insbesondere werden
wir dort sehen, daß s" für n ::: 3 nicht abelsch ist.
b) Hier sind nur Z , Q und ~ mit der Addition und~ : mit der Multiplikation
Gruppen. Der Leser möge zur Übung nachprüfen, welche Axiome in den anderen
Fällen verletzt sind.
c) Das arithmetische Mittel ist nur kommutativ, aber nicht assoziativ, und es gibt
kein neutrales Element.
1.2.3. Bei der Aufstellung von Axiomen versucht man, so wenig wie möglich zu
fordern und die weiteren Eigenschaften daraus abzuleiten. Insbesondere haben
wir weder bei e noch bei a' die Eindeutigkeit postuliert. Derartigen Kleinkram
kann man nachträglich beweisen.
Bemerkung. Ist G eine Gruppe, so gilt:
a) Das neutrale Elemente E G ist eindeutig bestimmt und hat auch die Eigen-
schaft a · e = a für alle a E G.
1.2 Gruppen 45
b) Das inverse Element a' ist für jedes a E G eindeutig bestimmt und hat auch
die Eigenschaft a · a' = e für alle a E G.
c) Da das Inverse zu a nach b) eindeutig bestimmt ist, kann man es mit a- 1 be-
zeichnen. Es giltfüra, b E G:
a- 1 • a = a · a- 1 = e, (a- 1) - 1 = a, (ab) - 1 = b- 1a - 1 •
d) Es gelten die folgenden Kürzungs regeln:
a·i=a·x=>x=x und y·a=y·a=>y=y.
Beweis. Wir betrachten ein neutralese und ein a E G. Zu a' gibt es ein a" mit
a"a' = e. Daraus folgt
=aa' e(aa' ) = (a"a')(aa') = a" (a'(aa'))
= a" ((a 'a)a') = a"(ea' ) = a"a' = e,
und somit ae = a(a'a) = (aa' )a = ea = a.
Ist e ein eventuelles anderes neutrales Element, so ist
ee =e und ee = e' also e =e.
Damit ist a) und die erste Gleichung von c) bewiesen.
Ist a' ein eventuelles anderes Inverses, so folgt
a' = a'e = a'(aa') = (a'a)a' = ea' = a'
unter Verwendung der bereits vorher bewiesenen Eigenschaften. Damit ist auch
b) bewiesen.
Aus aa - 1 = e folgt, daß a inverses Element zu a- 1 ist, d.h. (a - 1) - 1 = a .
Weiter gilt
(b- 1a- 1 )(ab) = b- 1(a - 1 (ab)) = b- 1((a - 1a)b) = b- 1(eb) = b- 1b = e .
Schließlich folgen die Kürzungsregeln durch Multiplikation der jeweils ersten
Gleichung von links bzw. rechts mit a- 1• 0
1.2.4. Auf der Suche nach Beispielen für Gruppen kann es helfen, das Axiom
G2 etwas anders zu formulieren. Dazu betrachten wir für ein festes a E G die
Abbildungen
Ta : G ---+ G , x 1-+ x · a , (Rechtstranslation), und
a T: G ---+ G , x 1-+ a · x, (Linkstranslation).
Lemma. ist G eine Gruppe, so sindfür jedes a E G die Abbildungen Ta und 0 T
bijektiv.
Ist umgekehrt G eine Menge mit einer assoziativen Verknüpfung, so folgt G2
aus der Surjektivität der Abbildungen Ta und a T für alle a E G.
46 Grundbegriffe
1.2.5. Eine Verknüpfung auf einer endlichen Menge G {a 1 , ••• , a,.} kann
man im Prinzip dadurch angeben, daß man die Werte aller Produkte ai · a 1
in einem quadratischen Schema ähnlich einer Matrix aufschreibt. Dabei steht
ai - a 1 in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte der Verknüpfungstafel (oder im Fall
einer Gruppe der Gruppentafel):
a;
Ob das Gruppenaxiom G2 erfüllt ist, kann man dann nach obigem Lemma da-
ran erkennen, ob jede Zeile und jede Spalte der Tafel eine Permutation von
GJ , ... , Q 11 ist.
Daraus folgt sofort, daß es nur eine Möglichkeit gibt, die 2-elementige Menge
G 2 = {a 1, a 2 } zu einer Gruppe zu machen: Ein Element, etwa a 1 = e, muß
1.2 Gruppen 47
Die Kommutativität erkennt man an der Symmetrie der Tafel. Ob das Assoziativ-
gesetz erfüllt ist, kann man der Tafel nicht direkt ansehen, das muß man (leider)
für alle möglichen n 3 Tripel nachprüfen.
Für n = 3 und G = {e, a , b} erhält man ebenfalls nur eine mögliche Grup-
pentafel, nämlich
e a b
e e a b
a a b e
b b e a
und man stellt fest, daß diese Multiplikation assoziativ ist. Für n = 4 und
G = {e, a, b, c} findet man leicht zwei wesentlich verschiedene Möglichkeiten,
nämlich
e a b c 0 e a b c
e e a b c e e a b c
a a b c e und a a e c b
b b c e a b b c e a
c c e a b c c b a e
1.2.6. Um eine bessere Methode zum Studium von Gruppen zu erhalten, benö-
tigt man geeignete Begriffe, die Beziehungen der Gruppen untereinander regeln.
Definition. Sei G eine Gruppe mit Verknüpfung · und G' c G eine nichtleere
Teilmenge. G' heißt Untergruppe, wenn für a, b E G' auch a · b E G' und
a- 1 E G'.
48 1 Grundbegriffe
Bemerkung 2. Sei rp: G --+ H ein Homomorphismus von Gruppen. Dann gilt:
Im folgenden werden wir die Verknüpfung und die neutralen Elemente in G und
H nur noch dann verschieden bezeichnen, wenn das erforderlich ist (etwa in dem
Beispiel b) weiter unten).
Beispiele. a) Zunächst betrachten wir die in 1.2.5 konstruierten Beispiele. Für
die Mengen gilt
1.2 Gruppen 49
aber bei keiner der Teilmengen handelt es sich um eine Untergruppe. Dagegen
ist
eine Untergruppe.
Die identische Abbildung G 4 -4 G~ ist kein Homomorphismus. Beispiele von
Homomorphismen cp : G 4 -4 G~ sind gegeben durch
cp(e) = cp(a) = cp(b) = cp(c) = e,
cp(e) = e, cp(a) = a, cp(b) = e, cp(c)=a,
Man nennt Zjm'Z für m > 0 die zyklische Gruppe der Ordnung m, für m = 0 ist
Z j OZ = Z, diese Gruppe heißt unendlich zyklisch.
Das etwas ungewohnt erscheinende Rechnen mit Restklassen ist im täglichen
Leben höchst vertraut: Wer um 10 Uhr weggeht und 3 Stunden unterwegs ist,
kommt um I Uhr zurück. Denn der Stundenzeiger der Uhr rechnet modulo 12.
Die Zeitrechnung insgesamt mit ihren durch Sekunden, Minuten, Stunden, Tage
Monate und Jahre verursachten Kongruenzen ist weit komplizierter als dieser
letzte Abschnitt über Gruppen.
Teile der Restklassen modulo 7 findet man auf jedem Blatt eines Monatskalen-
ders. Betrachtet man die Wochentage als Restklassen, so ergibt deren Addition
in diesem Monat z.B. Mittwoch+ Samstag= Donnerstag. Die ebenfalls abge-
bildete Römerfläche wird in der projektiven Geometrie wieder auftauchen [Fi].
52 l Grundbegriffe
Ein Leser, der mit Kongruenzen immer noch Schwierigkeiten hat, ist in guter
Gesellschaft mit GOETHES Faust, der zu Mephisto sagt: ,,Mich dünkt, die Alte
spricht im Fieber", als die Hexe aus ihrem Rechenbuche vorliest:
Du must verstehn! Aus Fünfund Sechs,
Aus Eins mach Zehn, So sagt die Hex',
Und Zwei laß gehn, Mach Sieben und Acht,
Und Drei mach gleich, So ist's vollbracht:
So bist du reich. Und Neun ist Eins,
Verlier die Vier! Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmaleins.
Alles klar: die Hexe rechnet schließlich modulo 2. Nur am Anfang holperts noch
etwas, da scheint der Reim vor der Rechnung zu stehen.
Aufgaben zu 1.2
1. Sei G eine Gruppe mit aa = e für alle a E G, wobeiedas neutrale Element von G
bezeichnet. Zeigen Sie, dass G abelsch ist.
2. Bestimmen Sie (bis auf Isomorphie) alle Gruppen mit höchstens vier Elementen. Wel-
che davon sind abelsch?
3. Welche der folgenden Abbildungen sind Gruppenhomomorphismen?
a)/J: Z-> Z, z f-+ 2z, b)h: Z -> z. z f-+ z +I ,
c)!J: Z ->Q* , Zt-+z 2 +I, d)j4: iC*->IR*, Zt-+ lzl,
e)fs: <C -> IR*, z t-+ lzl ,
Dabei ist die Verknüpfung in Z, <C und Z/ pZ jeweils die Addition, in Q', IR* und <C*
jeweils die Multiplikation und p eine Primzahl.
4. Sei G eine Gruppe und A C G. Die von A erzeugte Untergruppe erz(A) ist definiert
durch
erz(A) = {a 1 · ... · an: n E N, a; E A oder a;- 1 E A}.
erz(A) ist somit die Menge aller endlichen Produkte von Elementen aus A bzw. deren
Inversen. Zeigen Sie, dass erz(A) die ,,kleinste" Untergruppe von G ist, die A enthält,
d.h.
i) erz(A) c G ist eine Untergruppe.
ii) Ist V c GeineUntergruppe mit Ac V, so folgt erz(A) c V.
Wie sieht erz(A) aus für den Fall, dass A einelementig ist?
1.2 Gruppen 53
5. Für eine natürliche Zahl n ::: 3 sei d E S(IR2 ) die Drehung um den Winkel 2rr In und
s E S(IR2 ) die Spiegelung an der x-Achse. Die Diedergruppe D" ist definiert durch
D" := erz({s, d}).
a) Wie viele Elemente hat D" ?
b) Geben Sie eine Gruppentafel von 0:3 an.
7. Zeigen Sie: Ist G eine abelsche Gruppe und H c G eine Untergruppe, so ist durch
x ~ y ~ xy- 1 EH
eine Äquivalenzrelation auf G erklärt. Sei G I H : =GI~ die Menge der Äquivalenz-
klassen, und die zu x E G gehörige Äquivalenzklasse sei mit x bezeichnet. Sind
x , x ' , y, y' E G mit x ~ x' und y ~ y', so ist xy ~ x' y'. Somit kann man auf G I H
durch
x · y := xy
eine Verknüpfung erklären.
Zeigen Sie, dass GI H auf diese Weise zu einer abelschen Gruppe wird und für
G = Z, H = n Z genau die in 1.2.7 definierten zyklischen Gruppen Zl n Z entstehen.
8. Man gebe ein Beispiel einer nicht assoziativen Verknüpfung auf der Menge
G = {I. 2, 3}, so dass für alle a E G die Translationen 1fi und a r aus 1.2.4 surjektiv
sind.
54 1 Grundbegriffe
Beispiele. a) Die Mengen Z der ganzen Zahlen, Q der rationalen Zahlen und IR
der reellen Zahlen sind zusammen mit der üblichen Addition und Multiplikation
kommutative Ringe.
b) Ist I c IR ein Intervall und
R := {f: I--+ IR}
die Menge der reellwertigen Funktionen, so sind durch
(f + g)(x) := f( x) + g(x) (j · g)(x) := f(x) · g(x)
und
Verknüpfungen erklärt, und R wird damit zu einem kommutativen Ring. Das
folgt ganz leicht aus den Ringeigenschaften von R
c) In der Gruppe ZjmZ der Restklassen modulo maus 1.2.7 kann man durch
a. b := a. b
1.3 Ringe, Körper und Polynome 55
auch eine Multiplikation erklären. Denn ist wieder a- a' = mk und b- b' = ml ,
so folgt
a ·b = (a' +mk) · (b' +ml) = a' · b' +m(b'k +a'l +mkl).
Also ist die Definition der Multiplikation unabhängig von der Auswahl der Re-
präsentanten.
Die Regeln R2 und R3 und die Kommutativität der Multiplikation folgen ganz
einfach aus den entsprechenden Regeln in Z.
Die Multiplikationstafeln wollen wir für m = 2, 3, 4 explizit aufschreiben.
Dabei lassen wir zur Vereinfachung bei den Restklassen die Querstriche weg.
0 1 2 3
0 1 2
0 0 0 0 0
0 0 0 0
l 0 l 2 3
1 0 1 2
2 0 2 0 2
2 0 2 1
3 0 3 2 I
Die Multiplikation mit 0 ist uninteressant, wir betrachten also in diesen drei
Fällen die Menge R -.. . {0}. Für m = 2 und m = 3 ist sie zusammen mit der
Multiplikation wieder eine Gruppe, für m = 4 nicht, denn hier ist
I ·2 =3·2 und 2·2 =0.
Also ist die Kürzungsregel verletzt, und das Produkt 2 · 2 liegt nicht in R -.. . {0}.
b) 0 · a = a · 0 = 0.
c) a · b = 0 => a = 0 oder b = 0.
d) a( -b) =-(ab) und ( -a)( -b) =ab.
e) x · a =i · a und a =f. 0 => x = i.
Beweis. a) ist ganz klar, denn I E K*, aber 0 f{. K*. b) sieht man wie in 1.3.1.
Die Nullteilerfreiheit c) ist in K2 enthalten. d) folgt aus
ab + (-a )b = (a + (-a) )b = 0 · b = 0 und
(-a)(-b) = -((-a)b) =-(-ab)= ab nach 1.2.3, Bem. c).
Die Kürzungsregel e) gilt in K *, also im Fall x, i E K *. Ist x = 0, so muß auch
i = 0, also x = i sein. 0
1.3.4. Beispiele für Körper. a) Die rationalen Zahlen Q und die reellen Zahlen
lR sind Körper. Das lernt man in der Analysis (vgl. etwa [Fol], §2).
b) Zur Konstruktion der komplexen Zahlen C führt man in der reellen Ebene
lR x lR eine Addition und Multiplikation ein. Die naheliegende Frage, warum das
im JR" mit n > 2 nicht mehr so geht, wird in [Z] behandelt.
Durch einfaches Nachprüfen der Körperaxiome beweist man:
lR x lR = {(a , b): a , b E JR}
zusammen mit der durch
(a , b) + (a' , b') := (a + a', b + b' )
definierten Addition und der durch
(a, b) · (a', b') := (aa'- bb', ab' + a'b)
definierten Multiplikation ist ein Körper mit (0,0) als neutralem Element der
Addition, (-a, -b) als Negativem von (a, b), (1,0) als neutralem Element der
Multiplikation und
ist injektiv. Da
(a, 0) + (a', 0) (a + a' , 0) und
(a, 0) · (a', 0) (a·a' ,O)
gilt, braucht man zwischen IR. und
IR.x{O}={(a,b)E<C: b=O)
auch hinsichtlich Addition und Multiplikation nicht zu unterscheiden. Man
kann also IR. mit IR. x {0}, d.h. a mit (a, 0) "identifizieren" und IR. als Teilmenge
von <C betrachten.
Dies wird noch einleuchtender durch folgende übliche Konventionen. Man
definiert i := (0, 1) als imaginäre Einheit. Dann ist i 2 = -1, und für jedes
(a , b) E <C gilt
(a , b) = (a, 0) + (0, b) = a + bi.
Für A. = (a, b) = a + bi E <C nennt man reA. .- a E IR. den Realteil und
imA. := b E IR. den lmaginärteil,
5c := a- bi E <C
heißt die zu A. konjugiert komplexe Zahl.
Für die komplexe Konjugation gelten folgende, ganz einfach nachzuweisende
Regeln: Für alle A., /.l E <C ist
A.+!-l X"+~t.
A·/.l A.·lt ,
A.E IR. {'} A.=J::.
Da für A. = a + bi E <C
A. · X = (a + bi) · (a - bi) = a 2 + b 2 E IR.+ ,
kann man den Absolutbetrag
IA.I := ~= Ja 2 +b2
definieren. Wie man leicht nachrechnet, ist für alle A., /.l E <C
lA. + 1-ll .::: IA. I + 11-ll Dreiecksungleichung und lA. · 1-ll = IA.I · 11-ll·
Vorsicht! Die in IR. vorhandene :::-Relation läßt sich nicht in sinnvoller Weise auf
<C fortsetzen. Für komplexe Zahlen kann man daher i.a. nur die Absolutbeträge
vergleichen, d.h. für A., /.l E <C ist
IA.I .::: 11-ll oder 11-ll .::: IA.I .
1.3 Ringe, Körper und Polynome 59
Im
re
Bild 1.4
Wir wollen noch eine geometrische Beschreibung von Addition und Multiplika-
tion komplexer Zahlen geben. Die Addition entspricht der Addition von Vektoren
im JR2 (Bild 1.5, vgl. auch Bild 0.1 ). Ist ).. eine von Null verschiedene komplexe
I .
Zahl und)...' = - · J..., so 1st IJ.. ' I = l. Es gibt also ein eindeutig bestimmtes
IJ...I
a E [0, 2Jr[, so daß
Ist 11 = 1111 · eiarg 11 eine weitere von Null verschiedene komplexe Zahl, so ist
A . J1 = IJ...I . 1111 . eiarg A . eiarg/1 = IJ...I . 1111 . ei (argA+argll).
Bei der Multiplikation komplexer Zahlen werden also die Absolutbeträge multi-
pliziert und die Argumente addiert (Bild 1.5).
im im
re
Bild 1.5
60 1 Grundbegriffe
c) Wie wir gesehen haben, gibt es in jedem Körper zwei verschiedene Ele-
mente 0 und I. Daraus kann man schon einen Körper machen, indem man in
K = {0, I} Addition und Multiplikation einführt durch die Tafeln
+ 0 1
0 0 1 .
1 1 0 1
Offensichtlich ist das auch die einzige Möglichkeit, als Ring war dieser Körper
schon in 1.3.1 in der Form Z/2Z aufgetreten. Diese Verknüpfungen kann man
elektronisch leicht realisieren, daher ist dieser Körper der elementare Baustein
aller Computer.
d) In 1.3.2 hatten wir für jedes m E N-.... {0} den Restklassenring Z/mZ ein-
geführt und bewiesen, daß er genau dann nullteilerfrei ist, wenn m eine Primzahl
ist. Dies ist also eine notwendige Bedingung dafür, ein Körper zu sein. Daß es
auch hinreichend ist, folgt aus der etwas allgemeineren
Bemerkung. Ein nullteilerfreier, kommutativer Ring K mit endlich vielen Ele-
menten und Eins ist ein Körper:
Beweis. Nach 1.2.4 genügt es, für jedes a E K* zu zeigen, daß die Multiplikation
K* ~ K*, x f-* a · x,
eine surjektive Abbildung ist. Wenn K und damit auch K * endlich ist, genügt
dafür die Injektivität (vgl. 1.1.4). Die ist aber klar, denn für x =I= i und a ·X = a ·X
würde
a(x - i) = 0 und a =I= 0, x - i =I= 0
~~. D
Im Ring Z gilt für jedes n E N mit n ::": I
n · 1 := 1 + ...
'-v-'
+I= n =I= 0.
n- mal
Das zeigt einen grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Ringen Z und
Z/mZ und motiviert die
1.3 Ringe, Körper und Polynome 61
insgesamt also (mit der Notation aus 1.1 .3) eine Abbildung
: K[t] --+ Abb(K, K), f r+ j.
Die etwas pedantische Unterscheidung von f und j ist leider nötig, wenn man
sich einmal mit endlichen Körpern eingelassen hat.
Beispiel. Ist K = {0, 1} der Körper mit zwei Elementen aus 1.3.4 und
f = t 2 + t, so ist ](0) = 0 + 0 = 0 und ](1) = 1 + 1 = 0,
also j die Nullabbildung, obwohl f =/= 0, weil a 1 = a2 = 1. Die obige Abbil-
dung - ist also nicht injektiv.
1.3.6. Die Menge K[t] hat viel Struktur, insbesondere eine natürliche Addition
und Multiplikation. Dazu nehmen wirf, g E K[t]. Ist
f = ao + a,t + ... + antn , g = bo + b,t + ... + bmt"',
so können wir zur Definition der Addition m = n annehmen (ist etwa m < n, so
setze man b",+1 = ... = bn = 0) . Dann ist
f + g := (ao + bo) + (a, + bdt + ... +(an + bn)tn .
Die Multiplikation ist dadurch erklärt, daß man formal ausmultipliziert, also
f ·g :=Co+ c,t + ... + Cn +mtn+m mit Ck = L a;bj .
i+J=k
Insbesondere ist
Co aobo,
c, aob1 + a,bo,
Cz aobz + a,b, + azbo,
Es sei angemerkt, daß man analog für einen kommutativen Ring R einen kom-
mutativen Polynomring R[t] erhält. Die Aussage über den Grad des Produktpo-
lynoms gilt nur über einem nullteilerfreien Ring.
1.3.7. Der Mangel eines Ringes gegenüber einem Körper ist der, daß man im
allgemeinen nicht dividieren kann. Bei ganzen Zahlen hat man als Ersatz eine
Division mit Rest (vgl. 1.2.7), die ganz analog auch für Polynome erklärt werden
kann.
Satz. Sind f , g E K[t], und ist g =f. 0, so gibt es dazu eindeutig bestimmte
Polynome q , r E K[t] derart, daß
f = q · g + r und deg r < deg g .
Man kann die Beziehung auch in der nicht ohne weiteres erlaubten, aber sehr
suggestiven Form
f r
- =q+-
g g
schreiben. Der Buchstabe q steht für "Quotient" , r für "Rest".
Beweis. Wir zeigen zunächst die Eindeutigkeit. Seien q , r, q', r' E K[t] mit
f = q · g + r = q' · g + r' , wobei deg r, deg r' < deg g .
Durch Subtraktion folgt
0 = (q- q' ) · g + (r- r') , also (q- q ' ) · g = r' - r . (*)
Da zwei gleiche Polynome gleichen Grad haben, folgt aus q =f. q' wegen g =f. 0
deg(r ' - r) = deg(q- q' ) + deg g:::: degg ,
was nicht sein kann. Also ist q = q' , und aus(*) folgt auch r = r'.
Zum Beweis der Existenz von q und r geben wir ein Verfahren an, mit dem
man diese Polynome schrittweise berechnen kann. Dazu schreibt man die Poly-
nome am besten nach fallenden Potenzen, also
f = ant" + .. . + a,t + ao , g = bmt"' + ... + b,t + bo,
wobei a,., bm =f. 0. Ist n < m , so kann man q = 0 und r = f wählen, denn
f = 0 · g + f und deg f < deg g .
Im Fall n :::: m teilt man zunächst die höchsten Terme von f und g , das ergibt
ql := an tn - m
bm
als höchsten Term von q. Im nächsten Schritt betrachtet man
f, := f - q, . g .
64 1 Grundbegriffe
Nach Definition ist deg f 1 < deg f. Ist deg f 1 < m, so kann man q = q 1 und
r = f 1 setzen. Andernfalls wiederholt man den ersten Schritt mit / 1 statt f, d.h.
man erhält den nächsten Term q 2 von q und
h := f, - q2 · g mit deg h < deg f, .
Da die Grade der fi bei jedem Schritt um mindestens eins abnehmen, erhält man
schließlich ein k :::: n - m + 1, so daß für
!k := fk - 1- qk · g erstmals degfk < degg,
und damit bricht das Verfahren ab: Setzt man die Gleichungen ineinander ein, so
ergibt sich
f = q,g + f, = (q, + q2)g + h = ... = (q, + ... + qk)g + !k'
also ist eine Lösung unseres Problems gegeben durch
q := q, + ... + qk und r := fk . 0
Da bei der Konstruktion von q immer nur durch bm dividiert wird, kann man im
Fall bm = l den Körper K durch einen Ring ersetzen.
Beispiel. Sei K = JR, f = 3t 3 + 2t + 1, g = t 2 - 4t.
Die Rechnung verläuft nach folgendem Schema:
(3t 3 + 2t + 1) : (t 2 - 4t) = 3t + 12 + (50t + 1) : (t 2 - 4t)
-3t 3 +12t 2
12t 2 + 2t + 1
-12t 2 +48t
50t +1
Es ist also q = 3t + 12 und r = 50t + 1.
1.3.8. Nach diesen formalen Vorbereitungen kommen wir nun zum eigentlichen
Thema, nämlich der Frage nach der Existenz von Nullstellen (d.h. A. E K mit
f(A.) = 0) bei Polynomen. Darauf kann man nämlich viele andere Fragen zu-
rückführen, etwa in Kapitel 4 die Frage nach der Existenz von Eigenwerten.
Neben der reinen Existenzfrage ist es für die Praxis wichtig, Verfahren für die
näherungsweise Berechnung von Nullstellen zu haben. Das lernt man in der nu-
merischen Mathematik (vgl. etwa [0]).
Beispiele. a) Ist K = lR und f = t 2 + 1, so ist f(A.) 2: 1 für alle A. E R Also
gibt es keine Nullstelle.
1.3 Ringe, Körper und Polynome 65
Beweis. Wir dividieren f durch (t- A.) mit Rest; es gibt also eindeutig bestimmte
g, r E K[t] mit
f = (t - J...)g +r und deg r < deg(t - A.) = 1.
Also ist r = a 0 mit a 0 E K . Aus f (A.) = 0 folgt durch Einsetzen von A
0 = (A. - A.) · g(J...) + r = 0 + ao,
also ist a0 = r = 0, und 1) ist bewiesen. Wegen
deg f = deg(t - A) + deg g = 1 + deg g
folgt 2). 0
Korollar 1. SeiKein beliebiger Körper, f E K[t] ein Polynom und k die Anzahl
der Nullstellen von f. Ist f vom Nullpolynom verschieden, so gilt
k:::: deg f.
Beweis. Wir führen Induktion über den Grad von f . Für deg f = 0 ist
f = a0 i= 0 ein konstantes Polynom. Dieses hat gar keine Nullstelle, also ist
unsere Behauptung richtig.
Sei degf = n ::: 1, und sei die Aussage schon für alle Polynome g E K[t]
mit deg g :::; n - 1 bewiesen. Wenn f keine Nullstelle hat, ist die Behauptung
richtig. Ist;... E Keine Nullstelle, so gibt es nach dem Lemma ein g E K[t] mit
f = (t - A.) · g und deg g = n - 1 .
Alle von A verschiedenen Nullstellen von f müssen auch Nullstellen von g sein.
Ist I die Anzahl der Nullstellen von g, so ist nach Induktionsannahme
l :::; n - 1 , also k :::; I + 1 :::; n . 0
66 I Grundbegriffe
Ist A. Nullstelle von f, also f = (t- A.) · g , so kann A. auch Nullstelle von g sein.
Man spricht dann von einer mehrfachen Nullstelle.
Definition. Ist f E K[t] vom Nullpolynom verschieden und A. E K, so heißt
11(/; A.) := max{r E N: f = (t - A.)' · g mit g E K[t]}
die Vielfachheil der Nullstelle A. von f.
Nach dem Lemma gilt 11(/ ; A.) =0 ~ f(A.) ,P 0. Ist
f=(t-A.)'·g mit r=Jl(f ; A.),
so folgt g(A.) ,P 0. Die Vielfachheit der Nullstelle A. gibt also an, wie oft der
Linearfaktor (t - A.) in f enthalten ist.
Ist K = lR oder C, so kann man die Vielfachheit der Nullstelle mit den r-ten
Ableitungen f ''l von f in Beziehung bringen. Es gilt
11(/ ; A.) = max{r E N : f(A.) = j'(A.) = ... = J <' - 'l(A.) = 0} ,
wie man leicht nachrechnet.
1.3.9. Sind A. 1, . . . , A.k E K die verschiedenen Nullstellen eines Polynoms
f E K[t], und ist r; = 11(/ ; A.;) , so ist
f = (t - A.t)" ... . . (t - A.d' . g '
wobei g ein Polynom vom Grad n - (r 1 + .. . + rk) ohne Nullstellen ist. Der
schlimmste Fall ist g = f, der beste deg g = 0, d.h. f zerfällt in Linearfakto-
ren. Die wichtigste Existenzaussage für Nullstellen von Polynomen macht der
sogenannte
Fundamentalsatz der Algebra. Jedes Polynom f E <C[t] mit deg f > 0 hat
mindestens eine Nullstelle.
Dieser Satz wurde von C.F. GAUSS erstmals 1799 bewiesen. Es gibt dafür sehr
viele Beweise, die aber alle Hilfsmittel aus der Analysis benutzen, denn C ent-
steht aus JR, und die reellen Zahlen sind ein Produkt der Analysis. Der wohl
kürzeste Beweis verwendet Hilfsmittel aus der Theorie der holomorphen Funk-
tionen (vgl. etwa [F-L]).
1.3 Ringe, Körper und Polynome 67
Die komplexen Nullstellen eines Polynoms mit reellen Koeffizienten liegen also
symmetrisch zur reellen Achse.
Beweis. Ist
f = ao + a1t + . .. + Gntn ,
so ist wegen a 0 = iio, ... , an = iin nach den Rechenregeln für die komplexe
Konjugation
j(X) =Go+ a1X + ... + Gn (I)n =Go+ G1A + ... + GnAn = j(A) = 0= 0.
im
re
Bild 1.6
Also ist auch XNullstelle von f. Um die Vielfachheiten von A und Xzu verglei-
chen, genügt es für jedes k E N
tJ.U ; A) :::: k =* tJ.U; X) :::: k
68 I Grundbegriffe
zu beweisen. Für A =I ist die Aussage trivial. Für A =/:. I verwenden wir den
folgenden
Hilfssatz. Sei f E IR[t] und A E C eine nicht reelle Nullstelle von f, sowie
g := (t- A)(t- I) E C[t]. Dann gilt:
l)gEIR[t].
2) Es gibt ein q E IR[t] mit f = g · q.
Nun genügt es, durch Induktion über k aus f.l.Cf ; A) ~ k die Existenz eines
Polynoms fk E IR[t] mit
f=l·!k
zu folgern. Dabei ist g wie im Hilfssatz erklärt.
Für k = 0 ist nichts zu beweisen. Sei also die Aussage für k ~ 0 bewiesen
und f.l.Cf ; A) ~ k +I. Dann ist f = gk · fk, und es muß f k(A) = 0 sein; aus dem
Hilfssatz folgt die Existenz eines f k+ I E IR[t] mit
also ist f = l +I · fk+ I .
!k = g · f k+I ,
Es bleibt der Hilfssatz zu beweisen. Dazu setzen wir
A = a + iß mit a, ß E IR.
Dann ist
g = (t - A)(t - I)= (t- a - iß)(t - a + iß) = t 2 - 2at + a2 + ß2 E IR[t] .
Durch Division mit Rest in IR[t] erhält man q, r E IR[t] mit
f = g · q + r und deg r ::::: ( deg g) - I = I.
Diese Gleichung gilt selbstverständlich auch in C[t] . Durch Einsetzen von A und
I folgt
r(A) = r(I ) = 0.
Nach Korollar I aus 1.3.8 folgt r = 0 wegen A =/:. I . Damit ist der Hilfssatz und
auch das Lemma bewiesen. D
Nun wenden wir auf ein Polynom f E IR[t] den Fundamentalsatz der Algebra
an. Danach gibt es a, AI, ... , A., E C, so daß
f = a (t - AI)· .. . · (t- A., ).
Da a der höchste Koeffizient ist, gilt a E IR.
Seien AI , . . . , Ak E IR und Ak+ I, . . . , An E C . Nach dem Lemma ist n - k, d.h.
die mit Vielfachheil gezählte Anzahl der nicht reellen Nullstellen, gerade, und
durch Umnumerierung kann man erreichen, daß
Ak+I = Ak+2• .. · , An- I =In
1.3 Ringe, Körper und Polynome 69
a) Genau dann sind alle Nullstellen Ai negativ, wenn alle Koeffizienten aj positiv
sind.
1.3 Ringe, Körper und Polynome 71
b) Genau dann sind alle Nullstellen A; positiv, wenn die Vorzeichen der Koeffi-
zienten ai alternierend sind, d.h. es ist
(-J)n-Ja1 > 0 für j = 0, ... , n-1.
Beweis. Es genügt, den Fall a) zu beweisen; Fall b) folgt daraus sof01t, indem
man das Polynom/:_ rnit.f:_ (t) :=f(-t) betrachtet.
Sind alle a1 > 0 und ist Jc :2': 0, so ist
f(Jc) = Jcn + a"_l A n-l + ... + ao :2': ao > 0.
Also sind alle Nullstellen negativ.
Sind alle A; < 0, so ist sk positiv für geradeskund negativ für ungerades k. Also ist
CXj = (-l)n -j · Sn-j > 0
für alle j. D
Um eine allgemeinere Aussage zu erhalten, definiert man zunächst für ein belie-
biges Polynom
g(t) := rm + ßm-lrm-l + ... + ßo E IR [t]
die Zahl Z(g) der Zeichenwechsel von g wie folgt: Man schrei bt die Koeffizienten
1, ß m- lo ßm- 2, ... , ßt, ßo
auf und zählt von links beginnend ab, wie oft die Vorzeichen der ß; wechseln.
Koeffizienten Null werden dabei einfach übergangen. Für den gleich folgenden
Beweis schreiben wir das noch etwas präziser auf. Es gibt eindeutig bestimmte
Indizes kp mit
m > kt > k2 > ... > kr :2': 0
derart, daß k 1 (von oben beginnend) der erste Index mit ßk, < 0 ist, k2 der erste
darauf folgende mit ßk, > 0 usw. Schließlich findet bei ßk, der letzte Vorzeichen-
wechsel statt. Dann ist offensichtlich
Es bleibt der etwas kniftlige Beweis des Lemmas. Für die Koeffizienten des Pro-
duktpolynoms
(t- A.) (tm + ß m- I rm-J + ... + ßo) = rm+ I+ Ymt"' + ... + Yo
gilt:
Ym = ß m- I -A. ,
Yi = ßJ-I - A.ßJ, fürj = l , ... ,m- 1,
Yo=-A.ßo.
Wir betrachten die oben angegebenen kritischen Indizes k 1 , ••• ,k,. Ist p unge-
rade, so folgt
ßkp < 0, ß kp+ I ;:: 0, also Ykp+J = ß kp - A.ß kp+J < 0.
Für gerade p ist
ß kp > 0, ß kp+I :::; 0, also Ykp+I = ß kp - A,ß kp+ 1 > 0.
Das bedeutet, daß ß kp und Ykp+ 1 für p = 1, ... , r dasselbe Vorzeichen haben.
1.3 Ringe, Körper und Polynome 73
Aufgaben zu 1.3
1. Bestimmen Sie (bis auf Isomorphie) alle Körper mit 3 bzw. 4 Elementen.
2. K und K' seien zwei Körper und 1.fJ : K ---7 K' ein Ringhomomorphismus. Zei-
gen Sie, dass 1.fJ entweder injektiv oder der Nullhomomorphismus ist.
3. Ist R ein Ring, M eine beliebige nichtleere Menge und S = Abb (M; R) die
Menge aller Abbildungen von M nach R, so ist auf S durch
(f + g) (m) := f(m) + g(m), (f · g) (m) := f(m) · g(m),
eine Addition und eine Multiplikation erklärt.
a) Zeigen Sie, dass S auf diese Weise zu einem Ring wird.
b) IstSein Körper, fallsRein Körper ist?
4. * Sei p E ru eine Primzahl und n E ru " {0 f. Zeigen Sie, dass es einen Kör-
per mit p" Elementen gibt.
5. Sei K' ein Körper und Kein Unterkörper von K' .
Zeigen Sie: Sindf, g E K[t], q E K'[t] mitf = qg, so folgt bereits q E K[t].
6. SeiKein Körperundx0 , .. . ,x",y0 , .. • ,y" EK mitx; 7'Xj für alle i7' j. Zeigen Sie, dass
es genau ein Polynom jE K[t] vom Grad:'O n gibt, so dassf(x;) = y; für i = 0, ... , n.
Hinweis: Konstruieren Sie zuerst Polynome i?k E K[t] vom Grad :'0 n mit
gk (x;)-
-{1 für i=k,
0 für i 7' k.
7. Seien f, g E C[t] Polynome mit f.1 (j, A.) :'0 J.l(g, A.) für alle A. E C. Zeigen Sie,
dass dannfein Teiler von g ist. Gilt diese Aussage auch in lR [t]?
8. SieK ein Körper und -: K[t] -> Abb (K, K), f ~--> die Abbildung aus J,
1.3.5, die jedem Polynomfdie zugehörige Abbildung! zuordnet. Zeigen Sie, dass -
surjektiv, aber nicht injektiv ist, falls der Körper K endlich ist.
9. Analog zu 1.3.5 definielt man ein Polynom mit Koeffizienten über einem
KörperKin n Unbestimmten t~o ... , ln als einen formalen Ausdruck der Gestalt
J(tt • .... t") = I, a; 1 ... ;" . t~ 1 • ... . r:;·.
0:5. i 1, .... in:5.k
74 I Grundbegriffe
wobei k E ru und ai I ... in E K K[t,' ... ' tnl bezeichne die Menge all solcher Poly-
nome. Wie für Polynome in einer Unbestimmten kann auch in K[tJ. ... , t11] eine
Addition und eine Multiplikation erklärt werden. Sind.f. g E K[tJ. . .. , t 11], so er-
folgt die Addition von f und g koeffizientenweise und die Multiplikation wieder
durch formales Ausmultiplizieren.
a) Finden Sie Formeln für die Addition und Multiplikation von Polynomen in
K[t 1, • •• , t11 ], und zeigen Sie, dass K[t 1, • • • , t11 ] auf diese Weise zu einem null-
teilerfreien, kommutativen Ring wird.
Ein Polynom h E K[t 1, ••• , t11] ".. ( 0} heißt homogen (vom Grad d), falls
h=
b) Für ein homogenes Polynom h E K[t 1, ••• , t11 ] vom Grad d gilt:
h(At~, . .. ,'Atn) = ')._d. h(t~, . .. ,tn) für alle 'A E K.
c) Ist K unendlich und jE K(t" ... ,t0 ) ".. (0}, so folgt aus
/('At,, ... ,At 0) = 'A" · f(tJ. ... ,!0 ) für alle 'A E K,
dass/homogen vom Grad d ist.
d) Ist h 1 homogen von Grad d, und h2 homogen vom Grad d 2, so ist h 1 • h2 ho-
mogen vom Grad d 1 + d 2 .
10. Sei Kein Körper und K[t] der Polynomring in einer Unbestimmten.
a) Zeigen Sie, dass in der Menge K[t] x (K[t] \ ( 0]) durch
(g, h) ~ (g',h') <=> gh' = g'h
eine Äquivalenzrelation gegeben ist.
K(t) sei die Menge der Äquivalenzklassen. Die zu (g, h) gehörige Äquivalenz-
klasse sei mit S. bezeichnet. Somit ist S. =!{<=> gh' =g'h.
h h h'
b) Zeigen Sie, dass in K(t) die Verknüpfungen
g g' gh' + hg' g g' gg'
-+-·= -·-·=-
h h' . hh' ' h h' . h' '
wohl definiert sind (vgl. 1.2.7).
c) Zeigen Sie schließlich, dass K(t) mit diesen Verknüpfungen zu einem Körper
wird. Man nennt K(t) den Kö1per der rationa len Funktionen.
11. Was folgt aus der Vorzeichenregel von DESCARTES für das Polynom t" + 1?
12. Man folgere die spezielle Vorzeichenregel aus der Vorzeichenregel von
DESCARTES.
1.4 Vektorräume 75
1.4 Vektorräume
In diesem ganzen Abschnitt bezeichnet K einen Körper. Wer die vorhergehenden De-
finitionen übersprungen hat, kann sich zunächst mit dem äußerst wichtigen Spezialfall
K = IR begnügen.
1.4.1. Bevor wir den allgemeinen Begriff des Vektorraums einführen, einige
Beispiele. a) Das Standardbeispiel ist der Standardraum
K" = {x = (x 1 , • •• , x,.): x; E K} .
Mit Hilfe der Addition und Multiplikation in K erhält man zwei neue Verknüp-
fungen
+: K" x K " -+ K", (x, y) 1-+ x y , und +
K x K" -+ K", (A., x) 1-+ ).. · x ,
durch
(xJ, ... , x,.) +(yJ , . . . , y,.) := (x1 + YI· ... , x,. + y,.) und
A · (x 1, •• • , x,.) := (A.x 1, ••• , AX,.).
Zur vorübergehenden Unterscheidung sind die neuen Verknüpfungen mit und +
· bezeichnet. In K wird die Addition durch + und die Multiplikation ohne Sym-
bol ausgedrückt. Man beachte, daß nur +
eine Verknüpfung im Sinn von 1.2. 1
ist (solche Verknüpfungen nennt man manchmal auch innere im Gegensatz zur
äußeren ·).
b) In der Menge M(m x n; K) der Matrizen mit m Zeilen, n Spalten und Ein-
trägen aus K kann man addieren und mit Skalaren multiplizieren:
Ist A = (aiJ), B = (biJ) E M(m x n; K) und).. E K, so sind
A +B := (aiJ + biJ) und ).. · A := (A.a;j) E M (m x n; K) .
Bei der Addition werden also die Einträge an den entsprechenden Stellen addiert,
bei Multiplikation mit).. alle Einträge gleich multipliziert. Bis auf die andere Art,
die Einträge aufzuschreiben, ist dieses Beispiel gleich K"' '" aus a).
c) Im Körper C der komplexen Zahlen kann man rp.it reellen Zahlen multiplizie-
ren, das ergibt eine Abbildung
IR x C -+ C , (A., a + ib) r+ A.a + iA.b .
d) Im Polynomring K[t] kann man neben Addition und Multiplikation von Po-
lynomen eine weitere Multiplikation
· : K x K[t] -+ K[t], (A., f) 1-+ ).. · f,
mit Elementen aus K erklären durch
).. · (ao + a1t + ... + a,.t") := A.a 0 + (A.a 1)t + ... + (A.a,.)t".
76 1 Grundbegriffe
b) .\-0 = 0.
c) .\ · v = 0 => .\ = 0 oder v = 0.
d) (-l)·v=-v.
Beweis. a) 0 · v = (0 + 0) · v = 0 · v +0 · v.
b)A·O = .\ · (o+o) = -A·O + .\·0.
c) Ist.\· v = 0, aber.\ =J 0, so folgt
v = 1· v = (.A- 1 .\) · v = .\- 1 · (.\ · v) = .\- 1 · 0 = 0.
d) V + ( -1) · V = 1 · V + ( -1) · V = (1 - 1) · V = 0 · V = 0. D
Die Axiome und die daraus abgeleiteten Regeln zeigen insbesondere, daß es
völlig ungefährlich ist, wenn man die Verknüpfungen in K und V gleich be-
zeichnet und auch den Nullvektor 0 abmagert zu 0. Das wollen wir ab sofort tun.
Was gemeint ist, wird jeweils aus dem Zusammenhang klar werden.
1.4.2. In Kapitel 0 hatten wir homogene lineare Gleichungssysteme der Form
A · x = 0 mit reellen Koeffizienten betrachtet. Die Lösungen sind Teilmengen
W C !Rn, ihre präzise Beschreibung ist unser Ziel. Schlüssel dafür ist die Beob-
achtung, daß W von !Rn eine Vektorraumstruktur erbt. Allgemeiner ist die Frage,
wann das für eine Teilmenge W c V eines Vektorraumes der Fall ist.
Definition. Sei V ein K- Vektorraum und W C V eine Teilmenge. W heißt
Untervektorraum von V, falls folgendes gilt:
UVl W =J 0.
UV2 v, w E W => v + w E W
(d.h. W ist abgeschlossen gegenüber der Addition).
UV3 V E W , A E K => AV E w
(d.h. W ist abgeschlossen gegenüber der Multiplikation mit Skalaren).
78 I Grundbegriffe
WI {0),
Wz {(XI , Xz) E JR 2 : UIXI + UzXz = h),
w3 { (x i , xz) E lR2 : xf+x;.::: 1),
w4 {(XI , Xz) E JR 2 : XI 2::_ 0, Xz 2::_ 0),
Ws {(XI , Xz) E JR2 : XI · Xz 2::_ 0) .
Der Leser prüfe die Bedingungen UV2 und UV3 nach. Nur für W1 und für W 2
mit h = 0 sind beide erfüllt.
b) Ist A eine reellem x n-Matrix, so ist die Lösungsmenge
W := {x E JR": Ax = 0)
des zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystems (vgl. 0.4.2) ein Unter-
vektorraum des JR". Das rechnet man ganz leicht nach.
c) Im Vektorraum V = Abb(JR, IR) (vgl. 1.4.1, Beispiele)) hat man die Unter-
vektorräume
IR[t)" c JR(t] c D(IR, IR) c C(IR, IR) c Abb(IR, IR)
der Polynome vom Grad .::: d, aller Polynome, der differenzierbaren Funktionen
und der stetigen Funktionen.
1.4.3. Aus den Eigenschaften UV2 und UV3 folgt, daß Addition und Multipli-
kation mit Skalaren von V auf W induziert werden.
Satz. Ein Untervektorraum W C V ist zusammen mit der induzierten Addition
und Multiplikation mit Skalaren wieder ein Vektorraum.
Mit Hilfe dieses Satzes kann man sich in vielen Fällen (etwa Beispiel b) und
c) aus 1.4.2) den langweiligen Nachweis aller Vektorraumaxiome für W sparen,
wenn man das ein für alle mal schon in einem größeren V getan hatte.
Beweis. Die Eigenschaften V2 sowie Kommutativ- und Assoziativgesetz der Ad-
dition gelten in W, da sie in V gelten. Der Nullvektor 0 liegt in W, da wegen UV 1
ein v E W existiert, woraus 0 = 0 · v E W mit UV3 folgt. Zu jedem v E W ist
wegen UV3 auch - v = (-1) · v E W. 0
1.4 Vektorräume 79
Noch eine kleine Pflichtübung zur Erzeugung neuer Untervektorräume aus alten:
Lemma. Sei V ein Vektorraum, I eine beliebige Indexmenge, und für jedes
iE I sei ein Untervektorraum W; gegeben. Dann ist der Durchschnitt
W:=nW; c V
i E/
1.4.4. Eine Teilmenge eines Vektorraumes, die kein Untervektorraum ist, kann
man zu einem solchen abschließen. Wie das geht, wird nun beschrieben.
Wir betrachten eine noch etwas allgemeinere Situation, nämlich einen
K-Vektorraum V und eine Familie (v;);e 1 von Vektoren v; E V (vgl. 1.1.6). Ist
I = {I , .. . , r}, so hat man Vektoren v 1, ... , v,. Ein v E V heißt Linearkombi-
nation von v 1 , ... , v,, wenn es A. 1 , ... , A., E K gibt, so daß
V=A 1 v 1 + .. . +J...,v,.
Für allgemeines I definiert man
span K(v;);e /
als die Menge all der v E V, die sich aus einer (von v abhängigen) endlichen
Teilfamilie von (v;); EI linear kombinieren lassen. Um das präzise aufschreiben
80 1 Grundbegriffe
Man nennt span K(v;); E1 den von der Familie aufgespannten (oder erzeugten)
Raum. Ist I = 0, so setzt man
spanK(v;);E0 := {0}.
Für eine endliche Familie (vt. .. . , vr) verwendet man oft die suggestivere No-
tation
Kv1 + ... + Kvr := spanK(v 1, ••• , Vr)
= {v E V: es gibt At, ... , ArE K mit V= At v 1 + ... + ArVr).
Falls klar ist, welcher Körper gemeint ist, schreibt man nur span statt span K.
Bemerkung. Sei V ein K- Vektorraum und ( v; ); Ei eine Familie von Elementen
aus V. Dann gilt:
a) span (v;) C V ist Untervektorraum.
b) Ist W C V Untervektorraum, und gilt V; E W für alle i E I, so ist
span (v;) c W.
Kurz ausgedrückt: span ( v;) ist der kleinste Untervektorraum von V, der alle V;
enthält.
Beweis. a) ist ganz klar. Sind alle v; in W enthalten, so sind auch alle endlichen
Linearkombinationen aus den v; in W enthalten, denn W ist Untervektorraum.
Daraus folgt b). D
Ist M c V eine Teilmenge, so ist entsprechend span (M) erklärt als die Men-
ge aller endlichen Linearkombinationen von Vektoren aus M, und das ist der
kleinste Untervektorraum mit
M C span (M) C V .
Es mag auf den ersten Blick nicht recht einleuchten, warum man bei der Er-
zeugung eines Untervektorraumes allgemeiner von einer Familie von Vektoren
ausgeht. Das hat den Vorteil, daß es bei einer Familie (im Gegensatz zu ei-
ner Menge) sinnvoll ist, wenn man sagt "ein Vektor kommt mehrfach vor". Ist
I = {I, ... , n}, so haben die Vektoren der Familie außerdem eine natürliche
Reihenfolge.
Beispiele. a) Sei V= JR3 . Sind v 1 , v2 E JR3 , so ist span(v 1) die Gerade durch
0 und Vt. wenn Vt # 0. span (v 1 , v2 ) ist die Ebene durch 0, v1 und v2 , falls
Vz rf. span(v 1).
1.4 Vektorräume 81
1.4.5. Ein Untervektorraum kann von sehr vielen verschiedenen Familien er-
zeugt werden, und das kann mit unterschiedlicher Effizienz geschehen. Dazu
betrachten wir die Beispiele aus 1.4.4. Bei b) ist die Situation optimal, denn es
folgt für x = (x 1, ••• , x") E K" und
x = Atet + ... + A"e", daß At= x 1, ••• , A11 = x".
Die Linearkombination ist also für jedes x eindeutig bestimmt, entsprechend in
c). In den Beispielen aus d) hat man für jedes x E JR2 jeweils unendlich viele
Möglichkeiten, es linear aus Elementen von Wj zu kombinieren.
Die Eindeutigkeit ist besonders einfach beim Nullvektor zu überprüfen. Bei
beliebigen v 1 , ••• , v, hat man die triviale Linearkombination
0 = Ov 1 + ... + Ov,.
Gibt es eine andere Linearkombination des Nullvektors, so ist die Eindeutigkeit
der Darstellung verletzt. Das motiviert die
Definition. Sei V ein K-Vektorraum. Eine endliche Familie (v 1 , ••• , vr) von
Vektoren aus V heißt linear unabhängig, falls gilt: Sind A 1 , • •• , Ar E K und ist
AtVt + ... + A,Vr = 0,
so folgt
At = . . . = Ar= 0 .
Anders ausgedrückt bedeutet das, daß sich der Nullvektor nur trivial aus den
v 1 , ••• , v, linear kombinieren läßt.
Eine beliebige Familie (v;);E I von Vektoren aus V heißt linear unabhängig,
falls jede endliche Teilfamilie linear unabhängig ist.
Die Familie (V; ); EI heißt linear abhängig, falls sie nicht linear unabhängig ist,
d.h. falls es eine endliche Teilfamilie (v;,, ... , v;,) und At, . . . , Ar E K gibt, die
nicht alle gleich Null sind, so daß
A1V;1 + ... +ArV;, =0.
82 1 Grundbegriffe
Zur Bequemlichkeit sagt man meist an statt "die Familie ( v 1, ••• , v,) von Vekto-
ren aus V ist linear (un-)abhängig" einfacher "die Vektoren v 1 , ... , v, E V sind
linear (un-)abhängig".
Es ist vorteilhaft, auch die leere Familie, die den Nullvektorraum aufspannt,
linear unabhängig zu nennen.
Die Definition der linearen Unabhängigkeit ist grundlegend für die ganze lineare
Algebra, aber man muß sich etwas daran gewöhnen. Was sie geometrisch bedeu-
tet, sieht man sehr gut an der Bedingung aus Aufgabe 1 zu 0.3 für zwei Vektoren
im JR".
In der Definition der linearen Unabhängigkeit spielt der Nullvektor scheinbar
eine besondere Rolle. Daß dem nicht so ist, zeigt das
Lemma. Für eine Familie (v; ); Et von Vektoren eines K- Vektorraumes sindfol-
gende Bedingungen äquivalent:
i) (v;) ist linear unabhängig.
ii) Jeder Vektor v E span (v;) läßt sich in eindeutiger Weise aus Vektoren der
Familie (v;) linear kombinieren.
Beweis. ii) => i) ist klar, denn bei einer linear abhängigen Familie hat der Null-
vektor verschiedene Darstellungen.
i) => ii): Sei ein v E span ( v;) auf zwei Arten linear kombiniert, also
V= :L:>·;V; = L JL;V; , (*)
iE/ iE/
wobei in beiden Summen jeweils nur endlich viele der Skalare A.; und JL; von
Null verschieden sind. Es gibt also eine endliche Teilmenge J C I, so daß für
jedes A.; i= 0 oder JL ; i= 0 der Index in J enthalten ist. Aus ( *) folgt dann
L(A;- JL ;)V; = 0,
iE /
und wegen der vorausgesetzten linearen Unabhängigkeit folgt A.; = JL; für alle
i E J und somit auch für alle i E I, da ja die restlichen A.; und JL; ohnehin Null
waren. Damit ist die Eindeutigkeit der Linearkombination bewiesen. 0
1.4 Vektorräume 83
A= 0
I a,;,
so folgt aus .l. 1 v 1 + ... + .l.,v, = 0 zunächst .l. 1a 1j, = 0, also .l. 1 = 0 wegen
a 1;, f 0. Im zweiten Schritt folgt daraus analog .l. 2 = 0 und weiter so
.l. 3 = .. . = .l., = 0. Analog zeigt man, daß die Spalten von A mit den Indi-
zes j 1 , h, ... , j, linear unabhängig sind.
c) Im Polynomring K[t] ist die Familie (t")"E", linear unabhängig.
Weitere Beispiele finden sich in den Aufgaben 8 und 9. Noch ein paar weitere
Kleinigkeiten:
Bemerkung. In jedem K- Vektorraum V gilt:
a) Ein einziger Vektor v E V ist genau dann linear unabhängig, wenn v f 0.
b) Gehört der Nullvektor zu einer Familie, so ist sie linear abhängig.
c) Kommt der gleiche Vektor in einer Familie mehrmals vor, so ist sie linear
abhängig.
d) Ist r ;::: 2, so sind die Vektoren v 1 , ••• , v, genau dann linear abhängig, wenn
einer davon Linearkombination der anderen ist.
Diese letzte Charakterisierung ist plausibler als die Definition, aber formal nicht
so bequem zu handhaben.
Beweis. a) Ist v linear abhängig, so gibt es ein). E K * mit .l.v = 0, also ist v = 0
nach Bemerkung c) in 1.4.1. Umgekehrt ist 0 linear abhängig, da 1 · 0 = 0.
b) I · 0 = 0.
c) Gibt es i 1, i2 E 1 mit i 1 f iz aber vi, = vi, , so ist 1 · vi, + (-1) vi, = 0.
84 1 Grundbegriffe
d) Sind die Vektoren v 1, . •. , v, linear abhängig, so gibt es ).. 1 , ... , ).., E K mit
).. 1 v1 + ... + ).., v, = 0 und ein k E { 1, ... , r} mit )..k i= 0. Dann ist
AJ
Vk = - -)..kV 1 - Ak-I
. . . -
)..k+I
- - V k - I - - - V k+ I -
)..k )..k
)..,
... - - V , .
)..k
Ist umgekehrt vk = iJ.I v1 + . .. + /J.k-I Vk-I + iJ.k+I Vk+I + . .. + !J.r v" so ist
iJ.IVI + · · · + iJ.k-IVk - 1 + (-l)Vk + iJ.k+IVk+I + · · · + IJ.rVr = 0· 0
Aufgaben zu 1.4
2. Seien V und W zwei K- Vektorräume. Zeigen Sie, dass das direkte Produkt V x W
durch die Verknüpfungen
(v, w) + (v', w' ) := (v + v', w + w'), A · (v , w) := (l.v, l.w),
ebenfalls zu einem K- Vektorraum wird.
3. Ist X eine nichtleere Menge, V ein K- Vektorraum und Abb (X, V) die Menge aller
Abbildungen von X nach V, so ist auf Abb (X, V) durch
(j + g)(x) := j(x) + g(x), (1. · f)(x) := Aj(x),
eine Addition und eine skalare Multiplikation erklärt.
Zeigen Sie, dass Abb(X, V) mit diesen Verknüpfungen zu einem K-Vektorraum
wird.
4. Eine Abbildung f: IR -> IR heißt 2rr -periodisch, falls f (x ) = f (x + 2rr) für alle
x E IR.
a) Zeigen Sie, dass V = {f E Abb (IR, IR): f ist 2rr-periodisch) C Abb (IR, IR) ein
Untervektorraum ist.
b) Zeigen Sie, dass W = span (cos nx, sin mx)n.mEN ein Untervektorraum von V ist.
(Man nennt W den Vektorraum der trigonometrischen Polynome.)
1.4 Vektorräume 85
5. Seien
9. Für welche t E IR: sind die folgenden Vektoren aus W linear abhängig?
(1 , 3, 4), (3, t, II) , (- 1, - 4, 0).
10. Stellen Sie den Vektor w jeweils als Linearkombination der Vektoren l.\, v2 , v3 dar:
a) W = (6, 2, J) , VJ = (1 , 0, J) , v2 = (7, 3, J), V}= (2, 5, 8).
b) W = (2, I, l) , V!= (1 , 5, l) , Vz = (0, 9 , 1), v3 = (3 , -3, 1).
86 l Grundbegriffe
0
E( = 0 ... 0 1 0 ... 0
0
0
mit einer Eins in der i-ten Zeile und j-ten Spalte und sonst Nullen. Diesem x n-
Matrizen bilden eine Basis von M(m x n; K). Das ist wieder nur eine Variante
von Beispiel b).
d) (l, i) ist eine Basis des IR-Vektorraumes <C.
e) (I , t, t 2 , ••. ) ist eine Basis unendlicher Länge des Polynomrings K[t].
1.5 Basis und Dimension 87
1.5.2. Das sieht alles recht einfach aus, bis auf eine zunächst spitzfindig erschei-
nende Frage: wenn man im K " neben der Standardbasis irgendeine andere Basis
findet, ist es gar nicht klar, daß sie die gleiche Länge hat. Im K" wäre das noch
zu verschmerzen, aber schon bei Untervektorräumen W c K" gibt es keine
Standardbasis mehr. Es ist nicht einmal ohne weiteres klar, daß jedes solche W
endlich erzeugt ist (Korollar 3 in 1.5.5). Daher kann man es nicht umgehen, die
Längen verschiedener Basen zu vergleichen. Bevor wir das in Angriff nehmen,
noch einige oft benutzte Varianten der Definition einer Basis. Zur Vereinfachung
der Bezeichnungen betrachten wir dabei nur endliche Familien.
Satz. Für eine Familie ß = (v 1 , ••• , v.,) von Vektoren eines K-Vektorraumes
V f= {0} sindfolgende Bedingungen gleichwertig:
iii) => iv). Aus iii) folgt, daß ß linear unabhängig ist. (Lemma in 1.4.5). Ist
v E V, so ist
v =At v 1 + ... + A" v", also At v 1 + ... + A" v" + (-l)v = 0,
d.h. (v 1 , ••• , v", v) ist linear abhängig.
iv) =>i). Sei ß unverlängerbar linear unabhängig. Für jedes v E V gibt es
At, ... ,A",A E K mit
AtV t + ... + A"V" + AV = 0.
Da ß linear unabhängig ist, muß A f. 0 sein, also ist
At A"
v = -;,:-Vt - ... - Tv",
und es ist bewiesen, daß ß ein Erzeugendensystem ist. 0
1.5.3. Die Bedeutung des obigen Satzes erkennt man schon an seinem gar nicht
selbstverständlichen Korollar, dem
Basisauswahlsatz. Aus jedem endlichen Erzeugendensystem eines Vektorraumes
kann man eine Basis auswählen. Insbesondere hat jeder endlich erzeugte Vektor-
raum eine endliche Basis.
Beweis. Von dem gegebenen Erzeugendensystem nehme man so lange einzelne
Vektoren weg, bis es unverkürzbar geworden ist. Da am Anfang nur endlich viele
da waren, führt das Verfahren zum Ziel. 0
Mit Hilfe dieser Ergebnisse können wir nun in sinnvoller Weise die Dimension
eines Vekton·aumes erklären.
1.5 Basis und Dimension 91
In 1.5.3 hatten wir gesehen, daß man aus einem endlichen Erzeugendensystem
eine Basis auswählen kann. Manchmal ist die Konstruktion "aus der anderen
Richtung" wichtig:
Basisergänzungssatz./n einem endlich erzeugten Vektorraum V seien linear un-
abhängige Vektoren w 1 , •• • , w" gegeben. Dann kann man w"+1, • • • , w,. finden,
so daß
ß = (w1 , . .. , w," Wn + l• . . . , w,. )
eine Basis von V ist.
Beweis. Sei (v 1 , • •• , v",) ein Erzeugendensystem. Nach 1.5.3 kann man daraus
eine Basis auswählen, etwa (v 1 , • •• , v,.) mit r :::;: m. Nun wendet man den Aus-
tauschsatz an und sieht, daß bei geeigneter Numerierung durch
W n+ l := Vn + l ' · · · , W r := Vr
Beispiele. a) dimK" = n, denn K" hat die kanonische Basis (e 1 , • • • , e"). Nach
Korollar 2 hat auch jede andere Basis von K" die Längen, was gar nicht selbst-
verständlich ist.
b) Geraden (bzw. Ebenen) durch den Nullpunkt des IR" sind Untervektorräume
der Dimension I (bzw. 2).
92 1 Grundbegriffe
1.5.6. Bei der Definition eines Vektorraumes in 1.4.1 hatten wir einen Körper K
zugrundegelegt Zur Formulierung der Axiome genügt ein kommutativer Ring R
mit Einselement, man spricht dann von einem Modul über R. Die Begriffe wie
Linearkombination, Erzeugendensystem und lineare Unabhängigkeit kann man
in dieser allgemeineren Situation analog erklären.
In den vorangegangenen Beweisen wird immer wieder durch Skalare dividiert,
was einen Skalarenkörper voraussetzt. Über einem Ring ist von den erhaltenen
Aussagen über Basis und Dimension wenig zu retten. Daher beschränken wir
uns auf zwei Aufgaben (8 und 9), die als Warnung vor diesen Gefahren dienen
sollen.
1.5.7. Im Basisauswahlsatz 1.5.3 hatten wir bewiesen, daß man aus jedem end-
lichen Erzeugendensystem eine Basis auswählen kann. Für die Praxis ist das
Verfahren des Weglassens (und die Kontrolle, ob ein Erzeugendensystem übrig
bleibt) nicht gut geeignet. Weitaus einfacher ist es, aus einem Erzeugendensy-
stem eine Basis linear zu kombinieren. Wir behandeln hier den Spezialfall eines
Untervektorraumes W C K"; in 2.4.2 werden wir sehen, daß sich der allgemeine
Fall darauf zurückführen läßt.
Seien also a 1 , ... , am E K" gegeben, und sei W = span (a 1 , ... , am). Sind
die Vektoren a; Zeilen, so ergeben sie untereinandergeschrieben eine Matrix
a1n)
A= : E M(m x n; K),
amll
man nennt sie die n-reihige Einheitsmatrix. Dieser Name ist durch ihre Wirkung
bei der Matrizenmultiplikation erklärt (vgl. 2.5.4). Die Einträge von
1.5 Basis und Dimension 93
0 für i =F j,
8; · := {
1 1 für i = j.
Nun kommen wir zurück auf die schon in Kapitel 0 benutzten Zeilenumformun-
gen. Anstatt der reellen Zahlen stehen Einträge aus einem beliebigen Körper K,
und wir betrachten vier verschiedene Arten von elementaren Zeilenumformun-
gen:
I Multiplikation der i-ten Zeile mit)... E K*:
III Addition der J...-fachen j-ten Zeile zur i-ten Zeile (J... E K*):
() ( )
.. ..
a· a +J...a ·
A ~ .
,: ~ .
' a, ' ~ Am
u) (;: )~
IV Vertauschen der i-ten Zeile mit der j-ten Zeile:
A ~ ~ AN
Dabei bezeichnen jeweils a 1, ••• , am die Zeilen von A, es ist stets i =F j voraus-
gesetzt, und an den mit Punkten markierten Zeilen ändert sich nichts.
Die Typen III und IV entsprechen 1) und 2) aus 0.4.6. Die Typen I und II sind
noch elementarer, denn man kann III und IV daraus durch Kombination erhalten,
94 1 Grundbegriffe
Zum Verständnis der Wirkung von Zeilenumformungen hilft ein weiterer Be-
griff:
Definition. Ist A E M(m x n; K) mit Zeilen a 1 , • •• , am , so heißt
ZR(A) := span (a 1 , ••• , am) c K"
der Zeilenraum von A.
Lemma. Ist B aus A durch elementare Zeilenumformungen entstanden, so ist
ZR(B) = ZR(A).
Beweis. Nach der obigen Bemerkung genügt es, die Typen I und II zu betrachten.
Ist B = A 1 und v E ZR(A), so ist
/)-;
v = ... + JJ-;a; + .. . = .. . + ;:<A.a;) + ... ,
also auch v E ZR(B). Analog folgt v E ZR(A) aus v E ZR(B).
Ist B = An und v E ZR(A), so ist
v = ... + JJ-;a; + ... + /1-ja j + ... = ... + JJ-;(a; + aj) + ... + (/1- j - JJ-;)aj + ... ,
also v E ZR(B) und analog umgekehrt. 0
Damit ist das zu Beginn dieses Abschnitts formulierte Problem gelöst: Hat man
aus den gegebenen Vektoren a 1 , ••• , am die Matrix A aufgestellt und diese zu
B in Zeilenstufenform umgeformt, so sind die von Null verschiedenen Zeilen
b 1 , ••• , b, von B eine Basis von W = ZR(A) = ZR(B), denn b 1 , • • • , b, sind
nach Beispiel b) in 1.4.5 linear unabhängig.
1.5 Basis und Dimension 95
GJ (0, 0, 0, 2, -1),
a2 (0,1,-2,1,0),
G3 (0,-1,2,1,-1),
a4 (0, 0, 0, 1, 2)
~!_0_ ~!_ 0_
0 0 0 I 2 -1 0 0 0 I 1 2
"""
I """ I
0 0 0 I 2 -1 0 0 0 I 2 -1
0 0 0 ~ 1 2 0 0 0 ~ 2 -1
~02
""" """ =B.
0 0 0 0 I -5
I
0 0 0 0 1-5 0 0 0 0 0
Also ist eine Basis von W = span (a 1, a 2 , a 3 , a4 ) gegeben durch
b1 (0, !, -2, I, 0) ,
b2 (0, 0, 0, 1' 2) '
b3 (0, 0, 0, 0, -5).
1.5.8. Ob man Vektoren als Zeilen oder Spalten schreibt ist willkürlich, aber der
Übergang von der einen zur anderen Konvention wirft Fragen auf. Macht man
in einer Matrix Zeilen zu Spalten, so werden Spalten zu Zeilen; man nennt das
Transposition: Zu
(~~:)~un
Eine quadratische Matrix wird dabei an der Diagonale gespiegelt. Abstrakt ge-
sehen ist die Transposition eine bijektive Abbildung
M(m x n; K) -+ M(n x m; K) , A 1-+ 1A,
und es gelten die folgenden Rechenregeln:
1) 1 (A + B) = A
1 +I B,
2) 1 (A · A) = A · A,1
3) 1 (1A) = A.
Nun kann man ganz analog zu 1.5.7 für eine Matrix A elementare Spalten-
umformungen, Spaltenraum SR(A), Spaltenstufenform etc. erklären, was durch
Transposition auf die entsprechenden Begriffe für Zeilen zurückgeführt werden
kann. Das sind einfache Spielereien, aber ein ernsthaftes Problem wird deutlich
durch die folgende
Definition. Für eine Matrix A E M(m x n; K) sei
Zeilenrang A := dimZR(A) und
Spaltenrang A := dim SR(A) .
Man beachte dabei, daß Zeilen- und Spaltenraum in verschiedenen Vektorräu-
men liegen:
ZR(A) c K" und SR(A) c K'" .
Zum Beispiel für A = E" ist ZR(E") = SR(E") = K", also
Zeilenrang E" = n = SpaltenrangEn .
Bei der Behandlung linearer Gleichungssysteme benötigt man die etwas überra-
schende Tatsache, daß diese beiden Zahlen für jede Matrix gleich sind. In 2.6.6
steht genügend viel Theorie für einen indexfreien Beweis zur Verfügung, in Ka-
pitel 6 wird der abstrakte Hintergrund beleuchtet. Der Schlüssel für einen direk-
ten Beweis mit den Hilfsmitteln dieses Kapitels ist das
Lemma. In der Matrix A E M(m x n ; K) sei die letzte Zeile Linearkombination
der vorhergehenden, A E M(m - 1 x n; K) entstehe aus A durch Weglassen der
letzten Zeile. Dann ist
Spaltenrang A = Spaltenrang A .
1.5 Basis und Dimension 97
Beweis. Wir bezeichnen die Zeilen von A mit a 1, ••• , am und die Spalten mit
a 1, ••• , a" (man beachte, daß der obere Index keine Potenz bedeuten soll). Nach
Voraussetzung gibt es f1. 1, .. . , fl.m - l E K mit
am = J.l.lal + ... + fl.m-lam-1 .
Das bedeutet, daß alle Spalten von A enthalten sind im Untervektorraum
W ={(XI, .. . , Xm) E Km : Xm = J.1.1X1 + ... + fl.m - IXm - 1),
also ist SR(A) C W. Nun betrachten wir die ,,Projektion"
Ir: w~ K'" - 1 , x=(xl,··· ,Xm)r+x=(xl , ··· ,Xm-1).
w
Bild 1.7
Nach Definition von A gilt SR(A) n: (SR(A)), zu zeigen ist dimSR(A) =
dimSR(A).
Nach 1.5.3 können wir annehmen, daß (a 1 , • •• , a~") für ein r mit 0 ::; r ::; n
eine Basis von SR(A) ist. Offensichtlich ist a1 , • •• , a,. ein Erzeugendensystem
von SR(A). Ist
A.1a1 + ... + A.,.a,. = 0,
so folgt daraus für die m-ten Komponenten von a 1 , • •• , a,.
m- 1 m- 1
A. 1 a,~ + ... + A.,.a;,, = A. 1 L J.L;a/ + ... + A.,. L J.L;a;
i=l i=i
r r
fl.l LA.Ja{+ ... + fl.m -1 L AJa~_ 1
}=I }=I
J.l.I·O+ .. . +J.Lm-1"0=0,
also folgt aus (*),daß A. 1a 1 + ... + A.,.a,. = 0 und somit A. 1 = ... = A.,. = 0.
Daher ist a1 , ••• , a,. eine Basis von SR(A).
Selbstverständlich bleibt der Zeilenraum ganz unverändert. Das folgt etwa aus
dem Lemma in 1.5.7. 0
Der Rest des Beweises für die Gleichheit von Zeilenrang und Spaltenrang ist
Aufgabe 13.
98 1 Grundbegriffe
Aufgaben zu 1.5
1. Gegeben seien im IR5 die Vektoren v 1 = (4, I, I, 0, -2), u2 (0, I, 4, -I, 2),
u3 = (4, 3, 9, - 2, 2), v4 = (1 , I, I, I , 1), v 5 = (0, -2, -8, 2, -4).
a) Bestimmen Sie eine Basis von V= span (u1, ..• , v5 ).
b) Wählen Sie alle möglichen Basen von V aus den Vektoren 11, ... , vs aus, und kom-
binieren Sie jeweils u1, ••• , u5 daraus linear.
2. Geben Sie für folgende Vektorräume jeweils eine Basis an:
a) l<xJ,X2,X3) E IR 3 : x1 =x3j,
b) I(XJ , x2 , X3, x4) E IR4 : XJ + 3x2 + 2x4 = 0, 2x1 + Xz + X3 = Oj,
c) span (t2, 12 + t, t 2 +I , 12 + t +I, 17 + r 5 ) c IR[r],
d) (J E Abb (IR, IR) : j(x) = 0 bis auf endlich viele x E IR).
3. FürdEN sei
Klt1 , ... , t"](d) :={FE K[t1, ... , t11 ]: Fist homogen vom Grad d oder F = 0)
(vgl. Aufgabe 9 zu 1.3). Beweisen Sie, dass K[t1, ... , t"](d ) c K[t 1, ... , t"] ein Unter-
vektorraum ist und bestimmen Sie dimK[tJ, ... , tn] (d)·
4. Zeigen Sie, dass IC endlich erzeugt über IR ist, aber IR nicht endlich erzeugt über IQI.
5. Ist (v;);e/ eine Basis des Vektorraumes V und (wJ)j eJ eine Basis des Vektorraumes
W. so ist ((u;, O));e/ U (CO, WJ)) }eJ eine Basis von V x W (vgl. Aufgabe 2 zu 1.4).
Insbesondere gilt
dimV x W = dimV + dimW ,
falls dim V, dim W < oo.
6. Sei V ein reeller Vektorraum und a, b, c, d , e E V. Zeigen Sie, dass die folgenden
Vektoren linear abhängig sind:
v1 = a + b + c, vz = 2a + 2b + 2c - d, V3 = a - b - e,
V4 = 5a + 6b - c + d + e , vs = a - c + 3e , V6 = a + b+ d + e.
7. Für einen endlichdimensionalen Vektorraum V definieren wir
h(V) := sup {n E N: es gibt eine Kette Vo C V 1 C ... C Vn-1 C V"
von Untervektorräumen mit V; "' V;+ 1 ) ·
a) W = span RCfklkE:< ·
b) W ist über R nicht endlich erzeugt (aber Rist über R endlich erzeugt).
c) Ist die Familie CfklkENlinear abhängig über R?
9. Zeigen Sie Z = 2Z + 3Z und folgern Sie daraus, dass es in Z unverkürzbare
Erzeugendensysteme verschiedener Längen gibt.
10. Wie viele Elemente hat ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem endlichen
Körper?
11. * a) Ist K ein Körper mit char K = p > 0, so enthält K einen zu Z/ p Z isomorphen
Körper und kann somit als Z/ p Z - Vektorraum aufgefasst werden.
b) Zeigen Sie: IstKein endlicher Körper mit char K = p, so hat K genau tf' Elemente,
wobein = dimz; pz K.
12. Zeigen Sie: Zeilenrang = Spaltenrang für Matri zen mit sehr kleiner Zeilenzahl (etwa
m = I , 2) und beliebig großer Spaltenzahln.
13. Folgern Sie aus Lemma 1.5.8, dass für eine Matrix A E M(m x n; K)
a) Zeilenrang A ~ Spaltenrang A,
b) Zeilenrang A :::-; Spaltenrang A,
angegeben. Das soll andeuten, daß dies die Menge der Summen von Vektoren aus den
für vJ f= 0 eindimensionalen Räumen K v1 ist. Wir betrachten nun den Fall, daß die
Summanden aus beliebigen Untervektorräumen stammen, das wird in Kapitel 4 nützlich
sein. Einem eiligen Leser raten wir, dies zunächst zu überblättem.
Nun ist die Frage naheliegend, wie unscharf die letzte Ungleichung ist. Im Fall
r = 2 ist das einfach zu beantworten:
Setzen wir
V : = A1V1 + · · · + Am Vm + /l-1 W 1 + . . · + Jl-k Wk ,
so ist v E W 1 und -v = 1-1-'1w; + ... + 1-1-;w; E W 2, also v E W 1 n W 2. Also ist
V = A11V1 + .. . + A~ Vm
mit A;, ... , A;" E K, und wegen der Eindeutigkeit der Linearkombinationen
folgt insbesondere 1-1- 1 = . .. = !-1-k = 0. Setzt man das in (*) ein, so folgt auch
A1 = .. . = Am = Jl- 1 = . .. = 1-1-; = 0 .
1
0
1.6.4. In Kapitel 4 werden wir direkte Summen von mehreren Unterräumen an-
treffen. Zur Vorsorge dafür die
Definition. Ein Vektorraum V heißt direkte Summe von Untervektorräumen
W1o ... , Wk, in Zeichen
V = W1 EB ... EB Wk ,
wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
DSl V = W1 + ... + Wk .
DS2 Sind Wj E wl, 0 0 0 ' Wk E w k gegeben mit Wj + 0 0 0 + Wk = 0, so folgt
W1 = ... = Wk = 0.
1.6 Summen von Vektorräumen• 103
Vorsicht! Bedingung DS2 darf man für k > 2 nicht ersetzen durch
wl n ... n wk = {0} oder wi n wj = {0} für alle i =I= j
(vgl. Aufgabe 1).
Bild 1.8
Beispiel. Ist (v 1 , •• • , V 11 ) eine Basis von V, so ist V = K v 1 E9 ... E9 K V11 •
Man beachte die Klammern bei den oberen Indizes. Sie dienen zur Unterschei-
dung von Exponenten, deren Stammplatz an dieser Stelle ist.
Beweis. i)=> ii). Offensichtlich ist ß ein Erzeugendensystem. Zum Beweis der
linearen Unabhängigkeit sei
+ .. . + Jl~:lu;,' l + ... + Jl~klv~kl + ... + Jl~;l v;:l =
Jl~llv~ll 0.
Setzen wir wi := 11\ilu~il + ... + Jl~;lv;;>. so bedeutet das
W1 + ... + Wk = 0 ,
t
= 1/(i)v(i)
,_...1 1
+ · · · + //(i)v(i)
r"ri Ti ·
= o.
;~1 e~l
Da B eine Basis ist, folgt f-l~i) = 0 für alle Q und i, also ist auch
Wj = ... = Wk = 0. D
Aufgaben zu 1.6
1. Beweisen Sie, dass für einen Vektorraum V folgende Bedingungen äquivalent sind:
Bild2.1
mit a, b E JR. Ihr Graph ist eine Gerade mit Steigung a, die durch (0, b) geht.
Setzt man den konstanten Anteil b = 0, so bleibt eine Funktion f (x) = ax, die
durch eine einzige reelle Zahl a festgelegt ist, und offensichtlich die Eigenschaf-
ten
f(x + x') = f(x) + f(x ') und f(h) = Af(x)
für beliebige x, x', ). E lR hat.
b) Viel interessanter und anschaulich einfach zu verstehen ist die Situation in
der Ebene. Zunächst betrachten wir eine Drehung um den Nullpunkt mit dem
Winkel fJ . Das ist eine Abbildung
F : JR2 --+ JR2 ,
.... ~.... e,
---·-·
........ _.. ...
'· ,·., _r (e 1)
\
\
Bild 2.2
Benutzen wir die Matrix
A =( :~:: ~;:noo) ,
und schreiben wir x und F(x) als Spaltenvektoren, so ist mit der in 0.4.1 er-
klärten Multiplikation F(x) = A · x.
An dieser Überlegung ist zu sehen, daß man für F(e 1) und F(e 2 ) beliebige
Vektoren a = (a 1 , a2 ), b = (b 1 , b 2) vorschreiben kann. Dann läßt sich F mit der
Konstruktion aus Bild 2.3 zu einer Abbildung von IR 2 auf sich ausdehnen.
F(eJ
F(x)
Bild2.3
Mit Hilfe der Matrix
108 2 Lineare Abbildungen
F: K"-+K'",
f
b
hat nach den Rechenregeln für Integrale die zu (*) analogen Eigenschaften
S(f + g) = S(f) + S(g) , S(Aj) = AS(f) .
2.1 Beispiele und Definitionen 109
0 Ist V = 'D(l; IR) der Vektorraum der beliebig oft differenzierbaren Funktio-
nen, so hat die durch Differentiation erklärte Abbildung
D : V -+ V , f r-+ f ',
die zu (*) analoge Eigenschaft.
2.1.2. Die obigen Beispiele motivieren die folgende
Definition. Eine Abbildung F : V -+ W zwischen K- Vektorräumen V und W
heißt linear (genauer K -linear oder Homomorphismus von K- Vektorräumen),
wenn
Ll F(v + w) = F(v) + F(w),
L2 F(A.v) = A.F(v)
für alle v, w E V und alle A. E K. Diese beiden Bedingungen kann man zusam-
menfassen zu einer:
L F(A.v + {iW) = A.F(v) + i-iF(w)
für alle v, w E V und A., 1-i E K. Man überlegt sich ganz leicht, daß LI und L2
zusammen mit L gleichwertig sind.
Es ist üblich, den Begriff Homomorphismus zu verschärfen. Man nennt eine li-
neare Abbildung F : V -+ W einen
Isomorphismus, wenn F bijektiv ist,
Endomorphismus, wenn V= W,
Automorphismus, wenn V = W und F bijektiv ist.
Wir notieren einige einfache Folgerungen aus den Axiomen:
Bemerkung. Ist F : V -+ W linear; so gilt:
a) F(O) = 0 und F(v - w) = F(v) - F(w).
b) F(AJ VJ + ... +An Vn) = AJ F(VJ) + .. . + AnF(vn).
c) Ist die Familie (v;);EI in V linear abhängig, so ist (F(v;));EI in W linear
abhängig.
d) Sind V ' C V und W ' C W Untervektorräume, so sind auch F(V') C Wund
F - 1(W') C V Untervektorräume.
e) dimF(V) :::: dimV.
Man beachte dabei wie immer die Reihenfolge der Abbildungen, was man sich
in einem Diagramm aufzeichnen kann:
yV~
u F oG
w
Beweis. Für u, u' E U ist
(F o G)(u + u' ) F (G(u + u' )) = F (G(u) + G(u'))
F (G(u)) + F (G(u '))
(F o G)(u) + (F o G)(u' ).
In Aufgabe 3 zu 1.4 hatten wir gesehen, wie man für eine Menge X und einen
Vektorraum W die Menge Abb (X, W) zu einem Vektorraum machen kann. Ist
auch X = V ein K-Vektorraum, so definiert man
HomK(V , W) := {F : V--+ W: Fist K-linear}.
Falls klar ist, welcher Körper K gemeint ist, schreibt man einfacher
Hom(V, W) .
Wir vermerken noch, daß der Nullvektor in Horn K (V, W) die Nullabbildung
0: V--+ W mit O(v) := 0 für alle v E V
112 2 Lineare Abbildungen
Die Dimension von Horn (V, W) werden wir in 2.4.2 berechnen (siehe auch Auf-
gabe 6 zu 2.4).
Satz. Ist V ein K- Vektorraum, so ist End (V) zusammen mit der oben erklärten
Addition und Multiplikation ein Ring.
Der einfache Beweis sei dem Leser überlassen. In 2.6.4 werden wir sehen, daß
dieser Endomorphismenring für endlichdimensionales V zu einem Matrizenring
isomorph ist. Damit erhält man eine Methode, viele der interessanten Unterringe
von End (V) durch die Gestalt der entsprechenden Matrizen zu be-
schreiben.
Aufgaben zu 2.1
1. Sei X eine Menge und V der IR-Vektorraum aller Funktionen f: X -+ IR. Beweisen
Sie: Ist rp: X -+ X eine beliebige Abbildung, so ist die Abbildung
F"' : V -+ V , f f-> f o rp
IR-linear.
2. Untersuchen Sie die folgenden Abbildungen auf Linearität:
a) IR 2 -+ IR2 , (x , y)R(3x+2y,x), b) IR -+ IR, xf->ax+b ,
c) lli -+ IR, (x, y) f-> x + .Jiy (über !Q), d) <C -+ <C , z f-> z,
e) Abb (IR, IR) -+ IR , f f-> f(l), f) <C -+ <C , z f-> z (über IR).
3. Für einen Endamorphismus F: V -+ V ist die Menge der Fixpunkte von F definiert
durch Fix F := {v E V : F(v) = v).
a) Zeigen Sie, dass Fix F c V ein Untervektorraum ist.
~ ~ ~
ii) F: IR[t] --" IR[t], P 1-+ P',
iii) F: V(IR, IR) --'> V(IR, IR), f 1-+ f'.
Bestimmen Sie jeweils eine Basis von Fix F.
4. Zeigen Sie, dass die Menge Aut(V) der Automorphismen eines Vektorraums V mit
der Komposition von Abbildungen als Verknüpfung eine Gruppe ist.
5. Sei F: V --" V ein Endamorphismus des Vektorraums V und v E V, so dass für eine
natürliche Zahl n gilt:
F"(v) f. 0 und Fn+ l (v) = 0 .
Beweisen Sie, dass dann v, F(v), ... , F"(v) linear unabhängig sind.
6. Ist F: V --" Wein Isomorphismus und V = U1 EI) Uz, so ist W = F(UJ) EI) F(Uz).
114 2 Lineare Abbildungen
Eine besonders wichtige Zahl für eine lineare Abbildung ist die Dimension ihres
Bildes. Man nennt sie den Rang, in Zeichen
rang F := dimim F.
Insbesondere beschreibt eine Matrix A E M(m x n; K ) eine lineare Abbildung
A : K" -+ K'" , x 1-+ y = Ax ,
wobei die Vektoren x E K" und y E K'" als Spalten geschrieben sind, und als
Rang von A, in Zeichen
rang A,
2.2 Bild, Fasern und Kern, Quotientenvektorräume* 115
bezeichnet man den Rang dieser linearen Abbildung. Ist (e 1 , ••• , en) die kano-
nische Basis des K", so sind
Ae 1 , •• • , Ae11
die Spalten von A, also ist
Im A = A(K") = span (Ae 1 , ••• , Ae11 ) ,
das ist der Spaltenraum von A. Also ist der gerade erklärte Rang von A gleich
dem in 1.5.8 eingeführten Spaltenrang. Will man ihn berechnen, so genügt es, A
auf Spaltenstufenform, d.h. 1 A auf Zeilenstufenform zu bringen (vgl. 1.5.7).
2.2.2. Die Begriffe Bild und Faser hat man analog für eine beliebige Abbildung
F : X --* Y zwischen Mengen, und X wird durch die Fasern in disjunkte Teil-
mengen zerlegt:
x= U r'(y).
yEimF
Wir wollen untersuchen, wie diese Faserung im Fall einer linearen Abbildung
aussieht. Dazu zunächst ein einfaches, aber typisches
Beispiel. Wir betrachten die Abbildung
F: IR 2 --* IR 2, (x')
x2
r+ (-2x + 2x
-x, +x2
1 2) .
Es ist Im F =IR· (2, 1), KerF= IR· (1, 1), und für (2b, b) E Im Fist die Faser
die Gerade mit der Gleichung x 2 = x 1 + b, also
F- 1 (2b , b) (O,b)+IR·(l,l)
= {(J.,b+J.): J. E IR}.
lmF
Bild2.4
Die Fasern sind also parallele Geraden, der Kern ist die einzige Faser durch den
Nullpunkt. Allgemein gilt die
116 2 Lineare Abbildungen
X =u+ vV
w
Bild 2.5
'* u E v' + W
v' +W C X: u = v' + w E v' + W =} u = V + (W + w') E V + W .
b) Definiert man
X - X := {u - u': u, u' E X}
als die Menge der Differenzen (man beachte den Unterschied zu der in 1.1.2
definierten Differenzmenge X '- X = 0), so sieht man ganz leicht, daß
X - X =W und X - X = W'
sein muß. Also ist W = W '.
Wegen v + W = v' + W gibt es ein w E W mit v' v + w. Also ist
v'- V= W E W. D
Korollar 3. Sei dim V = dim W < oo und F : V --+ W linear. Dann sind
folgende Bedingungen gleichwertig:
i) F injektiv
ii) F surjektiv
iii) F bijektiv 0
2.2.5. Durch weiteres Spielen mit den Basen aus Satz 2.2.4 erhält man folgenden
Faktorisierungssatz. Sei F: V --+ W linear und
A = (u1, . . . , u,., v 1, . . . , vk) eine Basis von V
mit KerF = span ( v 1, ... , vk). Definieren wir U = span (u 1, ... , u,. ), so gilt
1) V = U EB Ker F.
U Ffij ImF c W.
Insbesondere hatjede nichtleere Faser F - 1(w) mit U genau einen Schnittpunkt,
und es ist
P(v) = r 1 (F(v)) n U.
Man kann also F: V --+ W zerlegen (oder faktorisieren) in drei Anteile: ei-
ne Parallelprojektion, einen Isomorphismus und die Inklusion des Bildes. Der
zur Konstruktion erforderliche direkte Summand U ist allerdings nicht eindeutig
bestimmt, er hängt ab von der Wahl der Basisvektoren u 1, ••• , u,. Wenn in V
eine Winkelmessung möglich ist (vgl. Kapitel 5), kann man U eindeutig machen
durch die Vorschrift, auf KerF senkrecht zu stehen. Die Umkehrung Im F --+ U
von F IU nennt man einen Schnitt, da sie aus jeder Faser genau einen Punkt aus-
schneidet. Als gute Illustration kann Beispiel 2.2.2 mit k = r = 1 dienen.
+
V
---- w
F
F(v)
u FIU
~
ImF
KerF
Bild2.6
Beweis. 1) folgt aus der Charakterisierung direkter Summen in 1.6.3.
Wegen Ker FIU = (KerF) n U = {0} ist FIU auch injektiv, also Isomorphis-
mus mit Bild Im F. 3) folgt aus der Konstruktion von P. Ist schließlich
v E V und v = u + v' mit u E U und v' E KerF ,
so ist u = P(v), also F(v) = F(u) = F(P(v)) = : w. Ist überdies w 1, ••• , w,
eine Basis von Im F mit F(u i) = wi,
w = J.itWJ + .. . + J.irWr und V E F- 1 (w) n u'
0
Zur Vorbereitung auf den gleich folgenden Abschnitt über lineare Gleichungs-
systeme ist es nützlich, die gerade beschriebene allgemeine Situation für eine
120 2 Lineare Abbildungen
zu betrachten. Sind (in der Notation von 0.4.3) j 1 , ••• , j, die Indizes der Pivot-
spalten, und sind e j,, . .. , ej , die zu diesen Indizes gehörigen Basisvektoren des
K", so sind die Bilder
A(ej,), ... , A(ej,) E Km
(das sind gerade die Pivotspalten) eine Basis von
Im (A) = span (e;, .. . , e~) .
Dabei ist mit (e;, ... , e',) die kanonische Basis des K' bezeichnet. Also ist
U :=span(ej,,·· · ,ej,)
in diesem Fall ein direkter Summand zum Kern von A im Sinn von 1.6.3. Der
Leser möge das zur Übung präzise begründen.
Für die erste Lektüre wird empfohlen, den Rest dieses Abschnittes zu über-
blättern und bei 2.3 wieder einzusteigen.
2.2.6. Ist F : V ~ W eine lineare Abbildung, so sind die Fasern von F nach
2.2.2 die zum Untervektorraum KerF C V parallelen affinen Räume. Wir wol-
len nun umgekehrt zu jedem vorgegebenen Untervektorraum U C V eine lineare
Abbildung mit Kern U konstruieren. Dazu benötigt man man einen Vektorraum
W als Bild; wir zeigen, daß es dafür einen kanonischen Kandidaten gibt, den
"Quotientenvektorraum" W = V/ U. Da die Konstruktion ziemlich abstrakt ist,
wollen wir zunächst etwas inhaltlichen Hintergrund bereitstellen.
Beispiel I. Sei V = IR2 und U c V eine Gerade durch den Ursprung. Man nennt
zwei Punkte v, v' E IR2 äquivalent, wenn die Differenz in U liegt, in Zeichen
V (; V 1 {:} V1 - V E U.
Geometrisch bedeutet das, daß v und v' gleich weit entfernt von U sind, wo-
bei die Entfernung von Punkten links von U negativ und rechts von U positiv
gerechnet sein soll.
Es ist ganz einfach zu sehen, daß dadurch in V eine Äquivalenzrelation im
Sinn von 1. 1.8 erklärt wird. Die Äquivalenzklassen sind die zu U parallelen Ge-
raden, das sind die affinen Räume aus 2.2.3.
Der Leser mache sich auch die Analogie zu den Restklassen modulo m aus
1.2.7 klar: Dort wurde die Gleichheit abgeschwächt zur Kongruenz, hier wird
gleich ersetzt durch gleich weit entfernt.
2.2 Bild, Fasern und Kern, Quotientenvektorräume* 121
7
,U - 'V
Bild2.7
Beispiel 2. a) Wir betrachten den unendlich-dimensionalen Vektorraum
C(JR) = {f: lR ---> lR: f stetig) .
Eine beliebige Teilmenge X c lR sei vorgegeben, ihr Komplement A := lR" X
soll die Rolle einer Ausnahmemenge spielen, d.h. die Werte von f auf A werden
als unwesentlich angesehen. Damit können wir den Untervektorraum
I(X) := {f E C(JR): f(x) = 0 für alle x E X} C C(JR)
der "unwesentlichen" Funktionen betrachten und für f, g E C(JR)
f ~ g :{} g- f E I(X)
erklären. In Worten bedeutet das, f und g sind im wesentlichen (d.h. außerhalb
A) gleich. Auch diese Äquivalenz ist eine kontrollierte (von A abhängige) Ab-
schwächung der Gleichheit.
b) Eine Variante davon ist die folgende: Man benutzt auf lR ein Integral (et-
wa das Riemann- oder besser das Lebesgue-lntegral), d.h. ein Integral, mit dem
möglichst viele Funktionen integrierbar sind. Sei
.C(JR) := {f: lR ---> lR: f integrierbar}
f
und
N := {f E .C(JR): lf(t)ldt = 0} c .C(JR) 0
IR
Nach den Rechenregeln für ein Integral folgt, daß N c .C(JR) ein Untervektor-
raum ist. Man beachte, daß N unendliche Dimension hat, denn etwa die Funk-
tionen f; mit fi (t) = 0 für t i= i und J; (i) = 1 sind für i E N in N linear unab-
hängig.
122 2 Lineare Abbildungen
J if(t)- g(t)idt = 0.
IR
Dafür sagt man auch, f und g sind "fast überall" gleich, denn die Menge
{t E IR: f(t) # g(t))
muß sehr klein sein.
2.2.7. Sei nun ganz allgemein V ein K- Vektorraum und U c V ein Untervek-
torraum. Für v, v' E V erklären wir die Äquivalenz modulo U
V (; v' :{} V1 - V E U.
Aus den Eigenschaften eines Untervektorraumes folgt ganz einfach, daß die Be-
dingungen für eine Äquivalenzrelation aus 1.1.8 erfüllt sind.
Die Äquivalenzklasse eines v E V ist gleich dem affinen Unterraum, also
Iv' E V : v' u v} = v + U ,
denn
v' u v {} v' - v E U {} es gibt ein u E U mit v' = v +u.
Die Menge der Äquivalenzklassen wird mit V 1U bezeichnet, die kanonische
Abbildung sei
Q: V-+VIU={v+U: vEV), Vt-+Q(v)=v+U.
Dabei wird jedem Punkt der ihn enthaltende affine Raum zugeordnet, oder anders
ausgedrückt wird jeder Vektor ersetzt durch die Menge all der zu ihm
gleichwertigen Vektoren. Im Extremfall U = 0 ist die Äquivalenz die Gleich-
heit und Q wird bijektiv. Für U = V ist alles äquivalent, und V I U besteht nur
aus einem Element.
Nun kommt der entscheidende Schritt, nämlich die Beobachtung, daß man mit
den affinen Räumen rechnen kann wie mit Vektoren.
Satz. Sei V ein K-Vektorraum und U C V ein Untervektorraum. Dann kann
man die Menge V I U auf genau eine Weise so zu einem K- Vektorraum machen,
daß die kanonische Abbildung
Q: V-+VIU, v~-+v+U ,
2) KerQ = U.
2.2 Bild, Fasern und Kern, Quotientenvektorräume* 123
v'
w+ U
I
I
(t' + U ) + (w + U)
Bild 2.8
Der Nachweis der Vektorraumaxiome in V I U mit Hilfe der entsprechenden Re-
chenregeln in V bereitet keinerlei Probleme, das sei dem Leser zur Übung emp-
fohlen. Nullvektor in V I U ist U, denn
+ +
(v + U) U = (v + U) (0 + U) = (v + 0) + U = v + U,
und der zu v + U negative Vektor ist - v + U. Diese Rechnungen zeigen, daß die
Unterscheidung von + und +
überflüssig ist.
Die zusätzlichen Aussagen sind ganz einfach. 1) folgt aus der Definition
von Q. Ist v + U = U, so ist v E U, also folgt 2). 3) folgt aus der Dimensi-
onsformel in 2.2.4.
Zu 4) bemerkt man zunächst, daß wegen der Forderung F = F o Q für alle
V E V
F(v) = F (Q(v)) = F(v + U)
sein muß. Dadurch istFauch wohldefiniert: denn ist v + U = v' + U, so folgt
v' - v E U c KerF, also F(v) = F(v' ).
Die Linearität von F ist klar. Die Gleichung KerF = KerF I U folgt aus
v + U E KerF {o} v E Ker F {o} v + U E Ker F I U ,
wobei zu bedenken ist, daß KerF I U C V I U ein Untervektorraum ist. 0
werden. Aber Vektor zu sein hat keine individuelle Bedeutung; ein Vektor muß
sich nur innerhalb einer Gesamtheit von Vektoren (d.h. in einem Vektorraum)
nach den dort geltenden Spielregeln (den Axiomen) verhalten. In diesem Sin-
ne ist z.B. auch eine Funktion ein Vektor, d.h. ein Element oder ,,Punkt" eines
Vektorraumes (vgl. 1.4.1, Beispiele).
2.2.8. Manchmal mag es beruhigend sein, wenn man einen abstrakten Quotien-
tenvektorraum durch etwas Konkreteres ersetzen kann. Dazu betrachten wir noch
einmal die Beispiele aus 2.2.6.
\' = IR2
V'
I
v +U = w+U
Bild 2.9
Beispiel 1. Für eine Gerade U C V = IR2 ist der Quotient V 1U eindimensional.
Jeder affine Raum v + U E V I U kann durch einen Repräsentanten v E V gege-
ben werden, und man kann die Repräsentanten alle auf einen Streich in folgender
Weise erhalten: Ist V ' C V eine von U verschiedene Gerade durch 0, so schnei-
det V ' jeden affinen Raum v + U in genau einem Punkt (Bild 2.9). Bezeichnet
man mit
Q1 : V ' -+ V I u ' V I-+ V +u '
die Beschränkung der kanonischen Abbildung Q, so wird Q' zu einem Isomor-
phismus. Man kann also in gewisser Weise den abstrakten Quotientenvektorraum
V I U durch einen konkreten Untervektorraum V ' ersetzen. V' ist direkter Sum-
mand im Sinne von 1.6.3, d.h. es ist
V= U EB V',
126 2 Lineare Abbildungen
und die Umkehrung von g' ist ein Schnitt im Sinn von 2.2.5. Aber V ' hat den
Nachteil, nicht eindeutig zu sein. Ein besonders ausgezeichneter direkter Sum-
mand ist die zu U senkrechte Gerade U.L (vgl. dazu 5.4.8).
Daß die elementargeometrische Vorstellung hier nicht immer hilfreich ist, sieht
man an
Beispiel 2. a) Die Elemente aus C(IR)/I(X) sind Klassen auf IR stetiger Funk-
tionen, die auf X gleich sind. Eine solche Klasse kann man stetige Funktion auf
X nennen, damit hat man Stetigkeit auch auf nicht-offenen Teilmengen X c IR
erklärt.
Das geht zum Glück auch etwas weniger abstrakt. Sei
F(X) = {rp : X-+ IR}
der Vektorraum aller auf X definierten Funktionen und
a: C(IR) -+ F(X), f t-+ fiX ,
der Einschränkungshomomorphismus. Wir definieren
C(X) := Ima = {rp E F(X) : es gibt ein f E C(IR) mit rp =fiX) c F(X)
als den Vektorraum der auf X stetigen, d.h. auf IR stetig fortsetzbaren Funktionen.
Offenbar ist Kera = I(X), also hat man nach der universellen Eigenschaft des
Quotientenvektorraumes ein Diagramm
C(IR) a F(X)
ej / .
C(IR) / I(X)
wobei ä wegen Ker ä = Ker a / I(X) = 0 injektiv ist. Der abstrakte Quotienten-
vektorraum C(IR)/I(X) kann also als Untervektorraum des konkreteren Vektor-
raumes F(X) aufgefaßt werden.
b) Der Quotientenvektorraum
L(IR) := I-(IR)/N
besteht aus den Klassen fast überall gleicher Funktionen. Im Gegensatz zu a)
kann man ihn nicht als Untervektorraum von F(IR) realisieren (warum?). In
Aufgabe 6 zu 5.1 wird er mit einer Norm versehen. Das ergibt einen brauch-
baren Begriff der Konvergenz; der Preis dafür ist, daß man Funktionen durch
Äquivalenzklassen ersetzen muß.
2.2.9. Nach diesen Beispielen wieder zurück zur allgemeinen Theorie. Wir zei-
gen, daß man den Quotientenvektorraum weitgehend durch einen direkten Sum-
2.2 Bild, Fasern und Kern, Quotientenvektorräume* 127
Aufgaben zu 2.2
(~ 2
5 !) (! I
0 0
0
0 :)
Bestimmen Sie jeweils Basen von Ker F und Im F.
2. Sei I c IR ein Intervall und
d: D(J; IR) -> D(J; IR), f f-* J'.
Zeigen Sie, dassdeine IR-lineare Abbildung ist, und geben Sie eine Basis von Ker d an .
Wie sieht Ker d aus im Fall, dass I disjunkte Vereinigung von Intervallen ist?
3. Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum und F: V -> V ein Endomorphismus.
Es sei definiert: Wo := V und W;+ t := F(W;) für i E N. Dann gilt: Es gibt ein m E N
mit Wm+i = Wm für alle i E N.
4. Sei F: V -> V linear mit F 2 = F. Zeigen Sie, dass es Untervektorräume U, W von
V gibtmit V= U EEl Wund F(W) = 0, F(u) = u füralle u EU.
5. Sei F: 11?.3 -> 11?.2 gegeben durch die Matrix
(-~ -~ _!).
a) Bestimmen Sie Basen A = (u, v 1 , v2 ) des 11?.3 und B = ( w, w' ) des 11?.2 , so dass
KerF= span (vt, vz), Im F = span (w) und F(u) = w .
128 2 Lineare Abbildungen
b) Geben Sie für x E Im Feine Parametrisierung der Faser r 1 (x) an und zeigen Sie,
dass jede nichtleere Faser F- 1(x) genau einen Schnittpunkt mit U = span (u) hat
(vgl. 2.2.5).
6. Beweisen Sie das Lemma aus 1.5.8 noch einmal, aber benutzen Sie nun, dass die
Projektion :n:: W --> K"' - 1 linear und injektiv ist.
7. Sei F: V --> W linear und U C W ein Untervektorraum. Zeigen Sie, dass dann
dimF- 1 (U) = dim(U n Im F) + dimKer F.
8. Geben Sie einen neuen Beweis von Teil a) der Bemerkung aus 2.2.3 unter Benutzung
der Äquivalenzrelation w in V .
9. Zeigen Sie mit Hilfe der universellen Eigenschaft des Quotientenvektorraumes, dass
für Vektorräume V, W sowie einen Untervektorraum U C V die lineare Abbildung
{FEHom(V,W): FiU=O)->Hom(V(U, W) mit F t4 F
(vgl. Satz 2.2.7) ein Isomorphismus von Vektorräumen ist.
2.3 Lineare Gleichungssysteme 129
denn es ist Lös (A, b) = F- 1 (b), also insbesondere Lös (A, 0) =KerF.
Nach 2.2 ist die "Größe" der Lösungsräume festgelegt durch die Zahl
r :=rang F = rang A = Spaltenrang A.
Genauer folgt aus 2.2.3 und 2.2.4 das
Korollar. Gegeben sei das lineare Gleichungssystem A · x = b mit m Gleichun-
gen und n Unbekannten, es sei r = rang A. Dann gilt für die Lösungs räume:
1) Lös (A, 0) C K" ist ein Untervektorraum der Dimension n - r.
2) Lös (A, b) C K" ist entweder leeroder ein affiner Raum der Dimension n-r.
Ist v E Lös (A, b) beliebig, so ist
Lös(A,b)=v+Lös(A,O). 0
130 2 Lineare Abbildungen
Anders ausgedrückt sagt man dafür: Die allgemeine Lösung eines inhomoge-
nen linearen Gleichungssystems erhält man durch die Addition einer speziellen
Lösung des inhomogenen Gleichungssystems und der allgemeinen Lösung des
zugehörigen homogenen Gleichungssystems.
Sind (e 1 , ••• , e") und (e;, . .. , e;,+ 1) die kanonischen Basen, so gilt
A(e d = A' (e;), . . . , A(e") = A' (e~ ) und A ' (e~+ 1 ) = b .
Bei der Abbildung A' kommt also b nach Konstruktion im Bild vor, während das
bei A gerade zu entscheiden ist. Wegen Im A C Im A ' ist stets
rang A ::; rang A ' .
Also ist rang A = rang A' gleichbedeutend mit Im A = Im A', d.h. nach Defini-
tion von A' mitbEIm A . 0
Hat man (A, b) auf Zeilenstufenform gebracht, so ist der Zeilenrang gleich der
Anzahl der von Null verschiedenen Zeilen. Verwenden wir die Gleichheit von
Zeilenrang und Spaltenrang (vgl. 1.5.8 und 2.6.6), so folgt die
2.3 Lineare Gleichungssysteme 131
Bemerkung. Sei
(A, b) =
0
2.3.3. Wie im reellen Fall zeigt man, daß sich jede Matrix durch elementare Zei-
lenumformungen auf Zeilenstufenform Abringen läßt (vgl. 0.4.7), und daß sich
der Lösungsraum nicht ändert, wenn man dabei die Spalte b zu b mit umformt,
d.h.
Lös (A, b) =Lös (A, b)
(vgl. 0.4.6).
2.3.4. Schließlich betrachten wir noch einmal den Fall, daß die erweiterte Koef-
fizientenmatrix in Zeilenstufenform und der Lösungsraum Lös (A, b) nicht leer
ist. Nach eventueller Umordming der Spalten von A können wir annehmen, daß
~
~
(A, b) = arr b,
0
Damit ist die Frage nach Lösbarkeit von linearen Gleichungssystemen beant-
wortet und auch die Abhängigkeit der Lösungsmenge von der ,,rechten Seite"
b explizit beschrieben. Die oben angegebene Abbildung rp: K' ~ K" ist ein
Schnitt im Sinne von 2.2.5.
2.3 Lineare Gleichungssysteme 133
Ist das System nicht in Zeilenstufenforrn, so kann man zeigen, daß der Über-
gang vom ursprünglichen b zum umgeformten b durch einen Isomorphismus
S: Km -+ Km , b~ b,
beschrieben wird. In 2.7.7 zeigen wir, wie man S berechnen kann.
-4 0 h
2 1 bz
0 b3
2 b4
0 0 0 0 0 0 0
wird
0 0 0 0 1 0 0
1 0 1 3 0 -2 -6
0 1 1 -3 0 5
D= 0 0 0 0 C= 0 0
0 0 1 -1 0 0 2
0 0 0 1 0 0 -2
0 0 0 0 0 0
Die Spalten von C sind das Fundamentalsystem, D · b ist für jedes b E K 4 eine
spezielle Lösung.
Aufgaben zu 2.3
1. Ein Nahrungsmittel enthält Schadstoffe S1 , •. . , Ss, die bei der Produktion und Lage-
rung als Bestandteile von Pflanzenschutzmitteln auftreten. Auf den einzelnen Stationen
werden die folgenden Pflanzenschutzmittel benutzt:
Station Mittel
I. Landwirt A
2. Rohproduktlagerung B
3. Veredelungsbetrieb c
4. Grossist und Transport D
5. Einzelhändler E
Die folgende Tabelle gibt die prozentuale Zusammensetzung der Mittel A, .. . ,E wieder:
s, s2 S3 s4 Ss
A 0.2 0.5 0 0.3 0
B 0. 1 0.6 0.3 0 0
c 0.1 0.2 0.2 0.3 0.2
D 0 0 0.1 0.4 0.5
E 0 0.1 0.3 0.3 0.3
Für das fertige Produkt ergibt die Nahrungmittelanalyse die folgenden Werte (in Ge-
wichtseinheiten):
Ss
0. 75 2.25 0.65 1.60 0. 75
Ermitteln Sie, wieviel (in Gewichtseinheiten) die einzelnen Stationen zur Schadstoffbe-
lastung beitragen.
2. Es seien Metall-Legierungen M 1 , M2 und M3 gegeben, die alle Kupfer, Silber und
Gold enthalten, und zwar in folgenden Prozentsätzen:
Kupfer Silber Gold
20 60 20
70 10 20
50 50 0
Kann man diese Legierungen so mischen, dass eine Legierung entsteht, die 40% Kupfer,
50% Silber und 10% Gold enthält?
136 2 Lineare Abbildungen
3. Zeigen Sie: Ist die Matrix A E M(m x n; K) in Zeilenstufenform und r der Rang von
A, so ist (e 1 , •.• , e,.) eine Basis von Im A C K"'.
4. Bestimmen Sie für das folgende Gleichungssystem in Zeilenstufenform mit beliebiger
rechter Seite Matrizen C und D wie in 2.3.4, so dass die Spalten von C ein Fundamen-
talsystem bilden und D · b für jedes b E !Ri eine spezielle Lösung ist.
( ~ ~ -~ =f ~ ~
0 0 0 0 0 -7 1 b4
J ~)
0 0 0 0 0 0 -4 b5
00000000
A = (~ ~ !)· B= ( 32 23 61 43)
2 1 3 2 .
Ax =( ~), Bx =( ~) .
b) Untersuchen Sie die Gleichungssysteme Ax = b und Bx = b für beliebige b E JRl
darauf, ob sie universelllösbar sind.
6. Sei der Untervektorraum W c IR'' gegeben durch m lineare Gleichungen(/)[, ... , I{J111 ,
d. h.
W = {x E IR": 'Pl (x) = ... = I{J 111 (X) = 0}.
Zeigen Sie, dass dann W bereits durch eine einzige (nicht notwendig lineare) Gleichung
beschrieben werden kann. Genauer gilt: Es existiert ein Polynom f E IR[~, .. . , 111 ) mit
W = {(Xt, . . . , X 11 ) E IR": j(Xt, ... , X11 ) = 0}.
Zeigen Sie, dass diese Aussage auch gilt, falls man IR durch einen endlichen Körper K
ersetzt.
7. Finden Sie neue (kürzere) Beweise für Satz 0.2.4 und Aufgabe 2a) zu 0.3.
8. Zeigen Sie, dass eine Teilmenge L des IR3 eine Gerade ist (d. h. es existieren
v, w E JFt 3 , w # 0, mit L = v + !Ftw) genau dann, wenn es eine Matrix A E M(2 x 3; IR)
mit rang A = 2 und ein b E 1Ft2 gibt, so dass L = {x E IR3 : Ax = b}. Was bedeutet das
geometrisch?
2.4 Lineare Abbildungen und Matrizen 137
2.4.1. Die Frage, durch wieviele Vorgaben eine lineare Abbildung festgelegt ist,
hat eine einfache Antwort:
Satz. Gegeben seien endlichdimensionale Vektorräume V und W, sowie Vekto ren
v 1, . .. , v,. E V und w1, . .. , w,. E W. Dann gilt
1) Sind v 1 , ••• , v,. linear unabhängig, so gibt es mindestens eine lineare Abbil-
dung
F: V--+ W mit F(v;) = W; für i = !, ..·. ,r.
2) Ist (vl, ... , v,.) eine Basis, so gibt es genau eine lineare Abbildung
F: V--+W mit F(v;)=w; füri=l, ... ,r .
Dieses F hatfolgende Eigenschaften:
a) ImF=span(w 1, ••• ,w,. ).
Beweis. Wir beginnen mit Teil 2). Jedes v E V hat eine eindeutige Darstellung
v=.l. 1v1 + ... +.l.,.v,.,
wegen F (V;) = w; und der Linearität von F muß also
F(v) = .l. 1w 1 + ... + .l.,.w,.
sein. Also gibt es höchstens ein solches F, nämlich das durch (*) erklärte. Man
darf nun allerdings nicht versäumen zu zeigen, daß die durch (*) erklärte Abbil-
dung wirklich linear ist. Das folgt aus den Rechnungen
F(v + v') F(.l. 1v1 + . .. + .l.,.v,. + .l.'1v 1 + . .. + ).~v,.)
F ((.l.1 + .l.'1)vJ + . . . + (.l.,. + .l.;)v,.)
(.l.1 + .l.;)w1 + . .. + (.l.,. + .l.;)w,.
.l. 1 w 1 + ... + .l.,.w,. + .l.'1 w 1 + . . . .l.~w,.
F(v) + F(v')
138 2 Lineare Abbildungen
und
F(J...v) = F(H 1v 1 + ... + H,v,) = ).). 1w 1 + ... + H,w, = J...F(v).
Die Inklusion Im F c span (w 1, ••• , w,) ist klar. Ist umgekehrt
W=J-L 1w 1 + .. . +J-L,W,, sofolgt W=F(J-L 1v 1+ ... +J-L,V,).
Zu b) nehmen wir an, w 1 , • •• , w, sei linear abhängig. Dann gibt es
(J-L 1, . . . , J-Lr) f=. (0, ... , 0) mit
J-LIWI+ . . . +J-L,W,=0,
und es folgt F (J-L 1 v 1 + ... + J-Lr v,) = 0; also ist F nicht injektiv. Umgekehrt sei
F(v) = 0. Wir schreiben
v=J... 1v1+ ... +J...,v, , dannist J... 1w 1 + ... +J...,w,=0.
Wegen der linearen Unabhängigkeit von w" . .. , w, folgt ). 1 = ... = )., = 0,
also v = 0. Damit ist 2) bewiesen.
Ist v 1 , ••• , v, nun linear unabhängig, so können wir diese Familie zu einer
Basis
(vl, ... , V,, Vr+l• . . . , Vn)
ergänzen und durch Vorgabe beliebiger weiterer Werte Wr+l, ... , W11 entspre-
chend 2) ein F mit
F(v;) = w; füri = 1, ... ,n
finden. An dieser Konstruktion kann man erkennen, wie weit F von der Eindeu-
tigkeit entfernt ist: ein Maß dafür ist die Zahl n - r. 0
2.4.2. Der Satz aus 2.4.1 über die Erzeugung von linearen Abbildungen hat zahl-
reiche Folgerungen.
Korollar 1. Ist V ein Vektorraum mit einer Basis ß = (v" . .. , V11 ), so gibt es
dazu genau einen Isomorphismus
<t>B: K"--+ V mit <t>B(ej) = VJ für j = 1, ... ,n,
wobei (e 1 , ••• , e11 ) die kanonische Basis von K" bezeichnet. 0
<t> 8 heißt Koordinatensystem, damit werden wir uns in 2.6.1 weiter beschäftigen.
Korollar 2. Zu jeder linearen Abbildung F: K " --+ Km gibt es genau eine
Matrix A E M(m x n; K), so daß
F(x) = A · x
für alle Spaltenvektoren x E K ".
2.4 Lineare Abbildungen und Matrizen 139
Man braucht also in diesem Fall zwischen linearen Abbildungen und Matrizen
nicht mehr zu unterscheiden.
Beweis. Man schreibe F(e 1 ), ••• , F(e") als Spaltenvektoren nebeneinander,
das ergibt A. 0
I>uw;
m
F(vi) = für j = I, . .. , n,
i= l
Daher ist die Abbildung M;i linear. Da A eine Basis ist, gibt es nach 2.4.1 genau
ein F, das darauf die durch Bedingung(*) festgelegten Werte annimmt. Also ist
~~~ 0
140 2 Lineare Abbildungen
Mit Hilfe einer Basis kann man Vektoren eindeutig als Linearkombinationen dar-
stellen. Der obige Satz zeigt, wie man Abbildungen als Vektoren betrachten und
mit Hilfe zweier Basen analog verfahren kann. Dazu sei
· · { W· für k = j ,
F/ : V ---+ W erklärt durch F/ ( vk) := 0' sonst.
Dann ist M(f(F/) = E; (mit der Bezeichnung aus 1.5.1), und die m · n Abbil-
dungen F/ bilden eine Basis von Horn (V, W). Die zur Linearkombination eines
beliebigen F nötigen Skalare stehen an passender Stelle in M(f(F).
Die naheliegende Frage, wie sich die Matrix A ändert, wenn man in V und W
neue Basen einführt, wird in 2.6.5 beantwortet.
2.4.3. Als Folgerung aus 2.2.4 erhält man, daß bei Benutzung der dort konstru-
ierten Basen auch die darstellende Matrix besonders einfach wird.
Korollar. Sei F: V---+ W linear, n = dimV, m = dimW und r = dimlm F .
Dann gibt es Basen A von V und ß von W, so daß
MA(F) = ( E, 0 ) .
B 0 0
von W zu ergänzen. 0
2.4.4. Ist der Bildraum W gleich dem Urbildraum V (d.h. hat man einen Endo-
morphismus), so setzt man am besten auch A = ß und zur Vereinfachung der
Notation MB Mg, sowie End (V) = Horn (V, V). Der Vektorraumisomor-
phismus
MB : End (V) ---+ M(n x n; K)
ist dann charakterisiert durch die Gleichungen
II
Aufgaben zu 2.4
2. Sei B = (sin, cos, sin · cos, sin2 , cos 2 ) und V = span B c Abb {IR, IR). Betrachten
Sie den Endomorphismus F: V -> V, f t-> f', wobei f ' die erste Ableitung von f
bezeichnet.
a) Zeigen Sie, dass B eine Basis von V ist.
b) Bestimmen Sie die Matrix MB(F).
c) Bestimmen Sie Basen vonKerFund Im F.
3. Für n E N sei V" = span {1 , . .. , t") C IR[t] mit der Basis ß" = (I, . .. , t") und
V": V"-> Vn-1, f t-> f'
der Ableitungshomomorphismus.
a) Bestimmen Sie die Matrix Mg:_,(V").
b) Zeigen Sie, dass es eine lineare Abbildung I.,: V" _ 1 -> V" gibt mit V" o I" = id,
und bestimmen Sie Mg:-'(I").
4. Sei V = {f E IR[t]: deg f ::: 3} mit der Basis B = (I, t, r2, t 3). Wir betrachten die
linearen Abbildungen
f
I
a) Es seien K und K' die kanonischen Basen von IR und W. Bestimmen Sie die Matrizen
M~(F) und M~. (G).
b) Zeigen Sie: Ker G c Ker F.
142 2 Lineare Abbildungen
A
Ms(F)= ( A
0
7. Sei
A = ( =~ ! ~ ~)
-1 2 -2 -2
und F: IR4 --> IR3 die durch F(x) = Ax definierte lineare Abbildung. Bestimmen Sie
Basen A von IR4 und B von IR3 mit
M~(F) ~ ~ ~ ~)
= ( .
0 0 0 0
8. Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum und F: V --> V linear mit F2 F.
Zeigen Sie, dass es eine Basis B von V gibt mit
Ms(F) = (
Er
O
0)
O .
Ms(F) = ( Er
O *)* .
2.5 Multiplikation von Matrizen 143
1-+ y=
( y,)
: 1-+ z=
Yn
Zm
Ist B = (b 1k) E M(n x r; K) und y = B(x), so folgt
Yi = bJiXi + ... + bJ,Xr für j = 1, . . . , n, (b)
t (t aijbjk) Xk = t C;kXk,
also ist
n
c;k = Laiibik für i = 1, ... ,m und k = 1, ... ,r.
}=I
144 2 Lineare Abbildungen
Diese kleine Rechnung, die nur auf der Umordnung einer Summe beruht, hat
wichtige Konsequenzen. Man kann damit eine Multiplikation von Matrizen pas-
sender Größe erklären.
2.5.2. Zur Definition der Multiplikation von Matrizen nehmen wir
A = (aiJ) E M(m x n ; K) und B = (bjk) E M(n x r; K),
d.h. die Spaltenzahl von A muß mit der Zeilenzahl von B übereinstimmen. Dann
ist das Produkt
II
Die Matrix A · B hat also so viele Zeilen wie A und so viele Spalten wie B, die
gemeinsame Zahl n verschwindet bei der Multiplikation. Diese Größenverhält-
nisse kann man durch folgendes Schema zum Ausdruck bringen:
Gin I m.
Cmr
'-..-'
n r
Hieran sieht man auch gut, wie
Cik = Gitblk + .. . + Ginbnk
aus der i-ten Zeile von A und der k-ten Spalte von B entsteht. Ansonsten ist es
aber recht unpraktisch, Matrizen bei der Multiplikation so anzuschreiben. Ein
Beispiel der üblichen Schreibweise ist
(~ ~ -~ -~ ).(~~ =~~ ) ~ -~
2 -1 0 -3
=(
-1 -3
)
2.5 Multiplikation von Matrizen 145
c: )~
Ist speziell m = r = 1 und n beliebig, so ist
(~ ~)·(~ ~)=(~ ~) ·
Daran sieht man außerdem, daß das Produkt von zwei Matrizen die Nullmatrix
ergeben kann, obwohl beide Matrizen von der Nullmatrix verschieden waren.
Beispiel. Ist f = (/1 , ••• , f m): IR" --+ IR"' eine differenzierbare Abbildung
(das heißt / 1, ••• , fm: IR" --+ IR sind differenzierbare Funktionen) mit
f(O) = 0 (diese Annahme dient nur zur Vereinfachung der Bezeichnungen),
und sind y 1, • • • , Yn die Koordinaten im IR", so sei
A ·- ( ~(0) ~(0) )
ofm (0) ofm (0)
a.. l a \!n
die Jacobimatrix von g im Punkte Null. Ist h := f o g: JR,. --+ JR"' und
h = (h 1, ••• , hm), so gilt für die Jacobimatrix von h im Punkt Null
iJJ"
axl (0) !.J!IJ.(O)
ihr )
(
"""':(0) &11",:(0) = A . B.
axl axr
Das folgt sofort aus den Rechenregeln für die partiellen Ableitungen. Diese Ver-
knüpfungseigenschaft der Systeme partieller Ableitungen war im 19. Jahrhun-
dert einer der Ausgangspunkte für die Entwicklung des Matrizenkalküls gewe-
sen.
(
COS(CI + ß) - Sin(CI + ß) ) =
sin(CI + ß) COS(CI + ß)
cosacosß-sinasinß -(sinacosß+cosasinß)).
(
cos a sin ß + sin a cos ß cos a cos ß - sin a sin ß
Daß die Einträge auf beiden Seiten gleich sind, ist die Aussage der sogenannten
Additionstheoreme für Sinus und Cosinus. Dem Leser sei empfohlen, in diesem
Fall die Gleichheit A · B = B · A nachzuweisen, denn das ist bei Matrizen ein
bemerkenswertes Ereignis.
b) Die Multiplikation einer m x n-Matrix A mit einer n x I-Matrix, d.h. einer
Spalte x haben wir schon lange benutzt zur Beschreibung der linearen Abbildung
A : K" --+ K"' ' X 1-+ A . X .
Mit Hilfe der Matrizenmultiplikation geschrieben bedeutet die in 2.5.1 durch-
geführte Rechnung dann
A · (B · x) = (A · B) · x
2.5 Multiplikation von Matrizen 147
für jede (r x 1)-Matrix x. Das ist ein Spezialfall des Assoziativgesetzes für die
Matrizenmultiplikation, das in der folgenden Sammlung von Regeln enthalten
ist.
2.5.4. Rechenregeln für Matrizen. Sind Matrizen A, A' E M(m x n; K) und
B , B' E M(n x r; K), CE M(r x s; K) und A. E K gegeben, so gilt:
1) A · (B + B') = A · B +A · B' und (A + A' ) · B = A · B + A' · B.
(Distributivgesetze)
2) A · (A.B) = (A.A) · B = A.(A · B).
3) (A · B) · C = A · (B · C). (Assoziativgesetz)
4) '(A . B) =I B. 1A.
Beweis. 1), 2) und 5) sind ganz einfach und erfordern höchstens etwas Schreib-
arbeit. Für den Beweis von 4) muß man sorgfältig mit den Buchstaben umgehen:
Ist A = (aiJ) und B = (bjk), so ist
L aijbjk,
II
L
n
Nach 1.1.5 gilt das Assoziativgesetz für die Hintereinanderschaltung von Abbil-
dungen, also ist
(A o B) o C = A o (B o C ) .
In 2.5.1 haben wir gezeigt, daß die Hintereinanderschaltung der Abbildungen
durch das Produkt der Matrizen ausgedrückt wird. Das liefert die Behauptung.
148 2 Lineare Abbildungen
Wer bei diesem Kniff Unwohlsein empfindet, möge zur Linderung noch ein-
mal Summen umordnen: Sei A = (aiJ), B = (b 1k) und C = (ck1). Dann ist
n
Weiter ist
r
B. c = (ßjJ) mit ßJI = L bjkCkf,
k=l
also
Die beiden Summen für dil und d;1 enthalten genau die gleichen Summanden,
also ist dil = d;1• 0
Anstelle von A · B schreibt man für das Produkt von Matrizen meist nur AB.
Nach den Regeln 2) und 3) kann man auch Klammem weglassen und einfach
>..AB bzw. ABC
schreiben.
Vorsicht! In der Rechenregel 4) steht auf der rechten Seite der Gleichung nicht
1A · 1 B . In dieser Reihenfolge könnte man die Matrizen im allgemeinen nicht
einmal miteinander multiplizieren. Aber selbst wenn A , B E M(n x n; K) gilt,
ist im allgemeinen
I (A . B) i= 1A . I B .
Man kontrolliere das an Beispielen nach. Auch von der Richtigkeit des Assozia-
tivgesetzes sollte man sich anband von einigen Beispielen überzeugen, denn es
ist gar nicht selbstverständlich (und eine gute Kontrollmöglichkeit für die Rech-
nung).
Im Spezialfall quadratischer Matrizen folgt aus diesen Regeln das
Korollar. Die Menge M(n x n; K) mit der Addition aus 1.4.1 und der Multipli-
kation aus 2.5.2 ist ein Ring. 0
2.5.5. Es ist eine naheliegende Frage, wie der Rang der Produktmatrix von den
Rängen der Faktoren abhängt. Man hat folgende Abschätzungen:
2.5 Multiplikation von Matrizen 149
Beweis. Wir betrachten die Matrizen als lineare Abbildungen, das ergibt ein Dia-
gramm
K' A. B K'"
~~
K"
Aufgaben zu 2.5
-n c~U)
0 1
I 0
0 -1
D := ( -1 2 0 8 ) ,
E~u n
Berechnen Sie alle möglichen Produkte.
2. In dieser Aufgabe betrachten wir Eigenschaften "dünn besetzter" Matrizen, in denen
viele Einträge null sind.
a) SeinEN'- {0} und l = {1 , . .. , n). Wir betrachten die Menge l x I C N x N.
Finden Sie für k E N Gleichungen für die "Gerade" L in I x I durch (1, k) und
(2, k + l) sowie für die Gerade L' durch (k, l) und (k + I, 2). Finden Sie weiter
Ungleichungen für den Halbraum H in I x I, der oberhalb von L liegt und den
Halbraum H', der unterhalb von L' liegt.
I
C~) (~) (~ )
!52 2 Lineare Abbildungen
( 0~) (~ ) ( 0~ )
c) Eine Matrix A = (aiJ) E M(n x n; K) heißt echte obere Dreiecksmatrix, falls 4} = 0
für i :::: j. Zeigen Sie, dass eine echte obere Dreiecksmatrix A nilpotent ist, d.h. es
existiert ein m E N mit A'" = 0.
6. Zeigen Sie, dass für eine Matrix B E M(n x k; IR) die Abbildung
<t>: M(m x n; IR) -+ M(m x k; IR) , A t-+ A · B ,
stetig ist.
7. Zeigen Sie, dass die Abschätzung
rangA + rangB- n ::::: rang(AB) ::::: min{rangA , rangB}
aus 2.5.5 für den Rang der Produktmatrix in beide Richtungen scharf ist, d. h. finden Sie
Beispiele für
rangA + rangB - n = rang(AB) und rang( AB) = min{rangA, rangB}.
2.5 Multiplikation von Matrizen 153
8. Wir wollen eine Methode angeben, um die Inverse einer Matrix auszurechnen:
Sei dazu A E M(n x n; K) invertierbar, d. h. rang A = n. Zeigen Sie: Ist
i- ( X.!i)
X - :
Xni
die Lösung des Gleichungssystems Ax = e;, so ist
X!n )
Xnn
Berechnen Sie auf diese Weise die inverse Matrix von
A = ( 0: jI 3 ~ -i~)
I 3 5
9. Für eine differenzierbare Abbildung
f: IR"---+ IR'", X t-+ (j,(x), .. . , fm(x)),
ist die Jacobi-Matrix von f im Punkt x definiert durch
Jacx f := ( of;
OXj
(x)) 0
Ist m = I und f zweimal stetig partiell differenzierbar, so versteht man unter der Hesse-
Matrix von f im Punkt x die Matrix
Hess,f := t x))
( -a- (
2
.
OX;OXj
a) Berechnen Sie die Jacobi-Matrix einer linearen Abbildung F : IIr ---+ IR'", x t-+ Ax,
wobei A E M(m x n; IR).
b) Sei
n
P: IR"---+ IR , (x,, ... , xn) t-+ LaiJXiXj + Lb;x;,
iS) i=l
wobei aiJ, b; E IR. Berechnen Sie die Jacobi-Matrix und die Hesse-Matrix von P.
!54 2 Lineare Abbildungen
2.6 Koordinatentransformationen
Eine immer wiederkehrende Methode in der linearen Algebra ist es, durch Anwendung
passender Begriffe langweilige Rechnungen mit Schlachten gegen Indizes zu vermeiden.
Das ist etwas gefahrlich, weil dadurch ein Trainingsrückstand im Rechnen entstehen
kann. Daher vertrauen wir in diesem Abschnitt besonders darauf, daß der Leser nebenbei
zur Übung genügend viele Beispiele rechnet.
2.6.1. Sei wieder V ein Vektorraum mit einer Basis ß = (v 1 , ••• , v"). Entspre-
chend 2.4.2 gehört dazu genau ein Isomorphismus
<1> 5 : K"-+V mit <I> 8 (e1)=v1 für)=i, ... ,n,
wobei (e 1 , ••• , e,J wie immer die kanonische Basis des K" bezeichnet. Nach
Definition ist
<l>s(x,, ... , X 11 ) = x,u, + ... +x"v".
Man nennt <1> 5 das durch ß bestimmte Koordinatensystem in V und
x = (x~> ... , x") = <I>ß 1 (v) E K"
die Koordinaten von v = x 1v 1 + ... +X 11 Vn-
K"~A
Tt := <I>ß' 0 <I> Al V
K" ~B
Man nennt die als lineare Abbildung angesehene Matrix Tri' E GL (n ; K) die
Transformationsmatrix des Basiswechsels. Sie hat nach Definition die folgende
Eigenschaft: ist
V = x,Vj + ... + Xn v" = Yl Wj + ... + Yn Wn E V, so ist
Kennt man die Matrix Tri', so kann man also die "neuen" Koordinaten y aus den
"alten" x berechnen.
2.6 Koordinatentransformationen 155
Das wichtigste Beispiel ist V = K" . Sind A und B die Matrizen mit den
Vektoren aus A und ß als Spalten, so wird obiges Diagramm zu
K"~
Tl K" also T = s - 1 • A.
K"/.
Ist insbesondere A die kanonische Basis, so folgt T = s - 1•
Ganz analog behandelt man den Fall, daß für allgemeines V die Vektoren aus
ß durch Linearkombinationen aus A gegeben sind. Sei
und S = (sij) die Matrix mit diesen Koeffizienten als Spalten. Es gilt
ct>s = ct>A o S,
denn die Werte der beiden Abbildungen auf der kanonischen Basis des K" sind
gleich:
(ct> A 0 S) (ej) = cp A(SIJ• . . . , S j) = S]jV! + ... + S jVn = Wj = cl>s(ej).
11 11
K"~
S V
K"~
Damit ist das Problem wieder auf die Bestimmung einer inversen Matrix zurück-
geführt. Ein allgemeines Verfahren dafür wird in 2.7.4 angegeben. Wenigstens
ein ganz einfaches Beispiel rechnen wir direkt aus.
Beispiel. Im IR2 betrachten wir neben der kanonischen Basis JC = (e 1, e2 ) die
Basis
ß = (w 1 , w 2 ) mit w 1 = 1 (2, 1), w 2 = 1 (1, 3).
156 2 Lineare Abbildungen
Die Einträge von B- 1 betrachten wir als Unbestimmte, das ergibt die Bedingung
( 2 1) ( XI X3 ) = ( 1 0 ) .
1 3 Xz X4 0 1
Sie ist gleichwertig mit den linearen Gleichungssystemen
2xi + Xz
und
x1 + 3xz 0
Die eindeutigen Lösungen sind
Xz
XI=~'
= -~'
X]=-~,
X4=~,
.
also 1st B -I= I( 3-1)
5
-1 2
.
<I>a
---"'--- w'
und es gilt
<I>a o Mfi(F) = F o <I>A, also Mfi(F) = <I>ß 1 o F o <I>A.
L:>ijwi,
m
m
F (<t>A(e1)) = F(v1) = LaiJwi.
i= l
Die zweite Gleichung folgt aus der ersten durch Multiplikation von links mit
<I>~·· 0
2.6.4. Im Diagramm aus 2.6.3 hat man zwei verschiedene Wege, mit Hilfe der
Abbildungen in Pfeilrichtung von K" nach W zu gelangen, und die Aussage
ist, daß auf den verschiedenen Wegen die gleiche Abbildung herauskommt. Ein
Diagramm mit dieser Eigenschaft heißt kommutativ. Wie nützlich dieser Begriff
ist, werden wir gleich sehen:
Satz. Gegeben seien Vektorräume U, V und W mit Basen A, ß und C, sowie
lineare Abbildungen G: U --+ V und F: V --+ W . Dann gilt:
M't(F o G) = M%(F) · M;i(G) .
<l>c
K" ------w,
wobei A = Mf(F) und B M;i(G) . Alle Teildiagramme sind kommutativ
(man mache sich klar warum), daher ist das ganze Diagramm kommutativ, und
insbesondere folgt die Behauptung.
Wer lieber etwas rechnet, betrachte einen Vektor u E U und seine Koordinaten
x = <1>:4 1 (u) . Wegen 2.5.4 ist
<1>~ 1 (G(u)) = B · x, <l>c 1 (F(G(u))) = A · (B · x) = (A · B) · <l>:;i 1(u) ,
also <I>C" 1 o (F o G) o <I> A = A · B . Auch daraus folgt die Behauptung. 0
!58 2 Lineare Abbildungen
Für den Spezialfall von Endamorphismen (vgl. 2.4.4) ergibt sich das
Korollar. In V seien eine Basis B sowie Endamorphismen F, G gegeben. Dann
ist
M 6 (F o G) = M 6 (F) · M 6 (G). 0
K"
K"
Zum Beweis genügt es zu bemerken, daß nach 2.6.2 und 2.6.3 die dreieckigen
und viereckigen Teile des Diagramms kommutativ sind. Also ist das Gesamtdia-
gramm kommutativ. 0
Wer diesen Beweis als Hokuspokus ansieht, möge die Formel B = SAT- 1 di-
rekt durch Multiplikation der drei Matrizen nachrechnen (Viel Spaß mit den In-
dizes!). Dabei wird sich zeigen, daß nur Rechnungen wiederholt und ineinander
eingesetzt werden, die vorher schon einmal ausgeführt worden waren. Der Trick
besteht also darin, sich dieses zu ersparen.
Für den Spezialfall eines Endomorphismus ergibt sich mit der Notation aus
2.4.4 das
Korollar. Sind in V zwei Basen A und ß sowie ein Endamorphismus F gegeben,
so ist
2.6.6. Nun endlich können wir noch einmal (vgl. auch 1.5.8) die Gleichheit von
Zeilenrang und Spaltenrang beweisen, ohne uns die Finger mit Indizes zu be-
schmutzen.
Satz. Für jede Matrix A E M(m x n; K) gilt
Zeilenrang A = Spaltenrang A .
Diese Zahl ist nach 2.2.1 gleich rang A.
Beweis. Wir betrachten A : K" ~ Km als lineare Abbildung und wählen in K"
und K'" Basen A und ß entsprechend 2.4.3, d.h. mit
T s
SA:..:..::...T_ K"' .
K" -=-
DaS und T Isomorphismen sind, haben die linearen Abbildungen A und SAT
gleichen Rang, d.h. es gilt 1). Daraus folgt 2) durch Transposition, denn
Zeilenrang A = Spaltenrang 1 A und 1 (SAT ) = 1 T. 1 A. 1 S.
Man beachte, daß bei Multiplikation von A von rechts sogar der Spaltenraum,
bei Multiplikation von links nur seine Dimension erhalten bleibt. 0
Wie man die MatrizenSundTaus A berechnen kann, werden wir in 2.7.6 sehen.
2.6.7. Die Transformationsformel aus 2.6.5 ergibt in die Sprache der Matrizen
übersetzt die folgende
Definition. Zwei Matrizen A , B E M(m x n; K) heißen äquivalent, wenn es
SE GL (m; K) und TE GL (n; K) gibt mit
B = SAT- 1 •
Im Spezialfall m = n nennen wir A, B E M(m x m; K) ähnlich, wenn es ein
S E GL (m; K) gibt mit
B = SAS- 1 •
Daß dieser Begriff der Äquivalenz nichts Neues liefert, zeigt das
2.6 Koordinatentransformationen 161
Lemma. Zwei Matrizen sind genau dann äquivalent, wenn sie den gleichen
Rang haben. Insbesondere istjede Matrix vom Rang r äquivalent zu
Aufgaben zu 2.6
3. V sei ein IR- Vektorraum mit Basis A = (v1 , ••. , v4 ), W sei ein IR- Vektorraum mit
Basis ß = (w1, ... , w5). F: V-+ W sei die lineare Abbildung, die gegeben ist durch
3 I -2 2
-2 -2 7 -3
Mif(F) = 4 0 3
I 3 12 4
0 4 -17 5
162 2 Lineare Abbildungen
i -te j-te
Spalte Spalte
-), -),
I
- }" - -0- +- i -te Zeile
I I I
S;(A) :=
I
-0- -I- +- j-te Zeile
I I
I
I
I
-I- -1- +- i -te Zeile
I I
Q{ :=
1
-1- -J...- +--- i -te Zeile
I 1 I
Q{(J...) :=
A 1 = S; (A.) · A, A 11 = Q{ · A ,
Am = Q{ (A.) · A , A1v = P/ · A .
Man sollte sich davon auch anhand von Beispielen überzeugen, um mehr Zutrau-
en zu den eigenartigen Elementarmatrizen zu gewinnen.
Ganz Entsprechendes gilt, wenn man anstatt Zeilen immer Spalten umformt.
Wir wollen es sicherheitshalber notieren. Ist A E M(m x n; K) und A. E K*, so
betrachten wir wieder die wie folgt aus A entstandenen Matrizen:
A 111 durch Addition der A.-fachen i -ten Spalte zur j -ten Spalte,
A1 = A · S;(A.), A11 = A · Q{ ,
A 111 =A · Qj(A.) , A 1v=A · Pj.
2.7.2. Lemma. Die Elementannatrizen sind invertierbar und ihre Inversen sind
wieder Elementarmatrizen. Genauer gilt:
(S;(A))- 1 = S; U), (Q;f' = Q{(-1),
(Qf(A)r 1 = Qf(-A), (P/.)-1=P/..
Zum Beweis genügt es, die rechten Seiten der Gleichungen mit den linken zu
multiplizieren und festzustellen, daß die Einheitsmatrix herauskommt. 0
B =( b11 b;n )
0 bnn
mit von Null verschiedenen Diagonalelementen b 11 , ••• , b"" machen. Nach
2.7.1 gibt es Elementarmatrizen B 1, • •• , B, , so daß
B = B, · ... · B 1 · A.
Man kann nun B durch weitere Zeilenumformungen zur Einheitsmatrix E" ma-
chen. Dazu beseitigt man zunächst b 1", •• • , bn-l.n mit Hilfe der letzten Zeile,
dann b1.n-l, ... , bn- 2 .n-i mit Hilfe der vorletzten Zeile, usw. Schließlich nor-
miert man die Komponenten in der Diagonalen auf 1. Es gibt also nach 2.7.1
weitere Elementarmatrizen Br+i, ... , B 5 , so daß
E" = Bs · .. . · B,+,B = Bs · . .. · B, · A .
Daraus folgt
A-I = Bs · .. . · B, , also A = B~ 1 • ••• • Bs-i ,
und die Behauptung folgt aus 2.7.2. 0
2.7.4. Der Beweis von Satz 2.7.3 gestattet nun, ein einfaches Rechenverfahren
für die Bestimmung der inversen Matrix anzugeben. Es hat die angenehme zu-
sätzliche Eigenschaft, daß man von der gegebenen quadratischen Matrix im vor-
aus gar nicht zu wissen braucht, ob sie invertierbar ist. Das stellt sich im Laufe
der Rechnung heraus.
2.7 Elementarmatrizen und Matrizenumformungen 167
Sei also A E M(n x n ; K) gegeben. Man schreibt die Matrizen A und E" ne-
beneinander. Alle Umformungen, die im folgenden an A vorgenommen werden,
führt man parallel an E" durch.
Zunächst bringt man A durch Zeilenumformungen auf Zeilenstufenform. Da-
bei stellt sich heraus, ob
Zeilenrang A = n ,
d.h. ob A invertierbar ist (vgl. 2.5.6). Ist der Zeilenrang von A kleiner als n, so
kann man aufhören; die Umformungen mit E" waren dann umsonst. Ist der Zei-
lenrang von A gleich n, so führt man weitere Zeilenumformungen durch, bis aus
A die Matrix E" geworden ist. Schematisch sieht das so aus (die Umformungen
sind als Multiplikation mit Elementarmatrizen beschrieben):
Ist nun links aus A die Einheitsmatrix E" entstanden, so hat sich rechts aus E"
die inverse MatrixA - I aufgebaut, denn aus
B, ..... BI. A = E"
folgt
2.7.5. Beispiele. a)
0 1 -4 1 0 0
1 2 -1 0 1 0
A=
pl 1 1 2 0 0 1
2
1 2 - 1 0 1 0
0 I -4 I 0 0
1 1 2 0 0 I
Qj(-1)
I 2 -I 0 1 0
0 1 -4 1 0 0
0 -I 3 0 -1 1
Q~
1 2 -1 0 I 0
0 I -4 1 0 0
0 0 -I 1 -1 1
1 2 -1 0 1 0
0 1 -4 1 0 0
0 0 1 - 1 1 -1
1 0 7 -2 1 0
0 1 -4 1 0 0
0 0 1 -1 1 -1
1 0 0 5 -6 7
0 1 -4 1 0 0
0 0 1 -1 1 - 1
1 0 0 5 -6 7
0 1 0 -3 4 -4
0 0 1 -1 1 -1
Man berechne zur Kontrolle A · A - I !
2.7 Elementarmatrizen und Matrizenumformungen 169
b)
1 0 1 1 0 0
0 -1 0 0 1 0
A=
1 1 1 0 0 I
Q~(-1)
1 0 1 1 0 0
0 -1 0 0 1 0
0 1 0 -1 0 1
1 0 1 1 0 0
0 -1 0 0 1 0
0 0 0 -I 1 1
A ist nicht invertierbar, denn Zeilenrang A = 2.
2.7.6. Ist A E M(m x n; K) und
A : K" -+ Km , X ~ Ax ,
die zugehörige lineare Abbildung, so gibt es nach 2.6.5 Transformationsmatrizen
SE GL(m; K) und TE GL(n; K) mit
SAT - 1 = ( ~ ~),
wobei r =rang A. Wir leiten nun ein Rechenverfahrenfür die Bestimmung von
S und T ab. Dazu betrachten wir folgendes Schema:
mit r = rang A bringen. Dies entspricht Multiplikation von rechts mit n-reihigen
Elementarmatrizen C 1, • • • , C1• Diese Spaltenumformungen führt man parallel
an En durch. Wegen
E, 0)
Bk· ... · B, · A · C, · ... · Ct = ( O O
sind durch
S =Bk· ... · B, =Bk· ... · B,Em und T - 1 = C, · . . . · Ct = EnCI · ... · Ct
Transformationsmatrizen der gewünschten Art gefunden.
1 0 1 2 0
0 1 2 2 1 =A
1012 010 0
s= -2 1 0 -2 1 0 1 0
0 0 1
1 0 2 1 0 0
0 1 -2 0 0 1
0 1 0
1 0 0 1 0 -2
0 1 -2 0 0 1
0 1 0
1 0 0 1 0 -2
SAT- 1 = 0 0 0 0 1 = T- 1 •
0 1 2
2.7 Elementarmatrizen und Matrizenumformungen 171
Ist
D=( ~ ~)·
so erhält man auch Basen A und ß von K" und Km, bezüglich derer A durch D
beschrieben wird. Dazu betrachten wir das Diagramm
K" ----'D=--~ Km
s
K"
das wegen D = S AT - I kommutativ ist. A und ß sind die Bilder der kanonischen
Basen IC und /C' von K" und Km unter den Isomorphismen T- 1 und s- 1• Also
erhält man A und ß als Spaltenvektoren von T - 1 und s- 1• Dazu muß man S
noch invertieren.
In unserem Beispiel ist
also sind
n~ (~ )" ' fD ~ (n
((1, 0, 0), (0, 0, 1), (-2, 1, 2)) und ((1, 2), (0, 1))
Basen der gesuchten Art. Zur Kontrolle prüft man nach:
A u) ~ (: ). A ( A
2.7.7. Natürlich kann man auch das Gaußsehe Eliminationsverfahren mit Hilfe
von Elementarmatrizen beschreiben. Sei das System
A ·X =b
gegeben. Die elementaren Zeilenumformungen von A und (A, b) werden be-
wirkt durch Multiplikation von links mit Elementarmatrizen aus GL (m; K). Ihr
Produkt ergibt eine Matrix
S E GL(m ; K) mit (A,b) = S · (A,b) = (SA, Sb),
wobei (A, b) die auf Zeilenstufenform gebrachte erweiterte Koeffizientenmatrix
ist. Man beachte, daß S allein durch A bestimmt ist. Die Berechnung von S kann
172 2 Lineare Abbildungen
Em A
Bt· Em Bt·A
Bs · .. . · Bt · Em Bs · .. . · Bt · A
aufgebaut. Damit kann man sofort entscheiden, ob für ein b E Km Lösungen von
Ax = b existieren. Man berechnet
Aufgaben zu 2.7
1. Stellen Sie die folgende Matrix A als Produkt von Elementarmatrizen dar:
2.7 Elementarmatrizen und Matrizenumformungen 173
2. Sind die folgenden Matrizen invertierbar? Wenn ja, dann geben die inverse Matrix an.
( ; ~ ; ; ) E M(4 x 4, •J ( ; i ~ ;) E M(4 X 4 R)
3. Zeigen Sie:
a21X1 + a 22x2 =
b2. II
Wir suchen eine Formel für die Lösung, die man bei beliebigen Werten der Ko-
effizienten anwenden kann. Umformungen ergeben die Gleichungen
I : : I := ad- bc ,
so erhält man für die Lösungen des obigen Systems
I :~ :~: I I :~: :~ I
x1 = I . x2 = I .
a11 a12 a11 a12
1 1
a 21 a 22 a 21 a 22
Das ist der einfachste Fall der CRAMERschen Regel. Sie versagt, wenn
Das bedeutet, daß der Rang der Koeffizientenmatrix kleiner als 2 ist. Entspre-
chend 2.3 gibt es hier keine eindeutige Lösung.
2) Die Fläche eines Dreiecks ist gegeben durch
Das zeigt man mit Hilfe des CAVALIERischen Prinzips, indem man zuerst das
Dreieck verdoppelt zu einem Parallelogramm, und dieses dann verschiebt zu
einem Rechteck.
Bild3.1
Zur Berechnung der Fläche eines Parallelogramms in der Ebene nehmen wir an,
dieses sei durch zwei Vektoren
gegeben.
Bild 3.2
176 3 Determinanten
ZJ I Z .l u .\v "----""-'"'v
Bild3.3
Das bedeutet, daß die Fläche so gestreckt wird wie einzelne Seiten.
b) Für ). E IR ist
det ( v ) = det ( v )
w w+).v
3.1 Beispiele und Definitionen 177
Bild3.4
was die Invarianz der Fläche unter Scherungen nach dem Cavaliensehen Prinzip
bedeutet.
c)
Daran sieht man, daß nicht nur der Betrag, sondern auch das Vorzeichen der
Determinante eine geometrische Bedeutung hat. Es hängt von der Orientierung
des Paares v, w ab, darauf kommen wir in 3.4 zurück.
e)
det ( : ) = 0
ist gleichbedeutend mit der linearen Abhängigkeit von v und w, d.h. das Paralle-
logramm hat die Fläche Null.
Bild 3.5
So wie zwei Vektoren im JR2 ein Parallelogramm erklären, spannen drei Vektoren
im JR 3 einen Spat und n Vektoren im JR" ein Parallelotop auf, und es entsteht das
178 3 Determinanten
Problem, den Inhalt zu berechnen. Wie man in der Analysis lernt, ist das die
Determinante der n x n-Matrix mit den Vektoren als Zeilen ([Fo 3], §5).
3.1.2. Zur Erklärung der Determinante einer n x n-Matrix gibt es mehrere Mög-
lichkeiten, zwei davon sind:
1) Eine Formel, in der die Einträge vorkommen, so wie das oben bei (2 x 2)-
Matrizen angegeben war. Das hatte schon LEIBNIZ bei größeren Matrizen aus-
geführt, das Ergebnis- die allgemeine Leibniz-Formel in 3.2.5- ist leider ziem-
lich umständlich.
2) Eine Charakterisierung der Determinante durch Axiome, sie geht auf
WEIERSTRASS zurück (vgl. [Fr]). Das ist nicht nur eleganter, sondern ergibt
auch einfachere Methoden zur Berechnung als die Leibniz-Formel.
Nun zur axiomatischen Einführung der Determinante, wir benutzen dabei die
folgende Notation:
Ist A eine n-reihige quadratische Matrix, so bezeichnen wir stets mit
a 1 , ••• , an die Zeilenvektoren von A. Dann schreiben wir
Definition. Sei K ein Körper und n eine von Null verschiedene natürliche Zahl.
Eine Abbildung
det: M(nxn;K)~K, At-+detA ,
heißt Determinante, falls folgendes gilt:
D1 det ist linear in jeder Zeile. Genauer heißt das folgendes. Für jeden Index
i E { 1, . . . , n} gilt:
a"" a", . ..
Man beachte dabei, daß die senkrechten Striche nichts mit einem Absolutbetrag
zu tun haben.
3.1.3. Diese Definition ist sehr einfach, aber es bleibt die Existenz und Eindeu-
tigkeit zu zeigen, und das wird etwas Mühe machen. Zunächst spielen wir mit
den Axiomen und leiten daraus weitere Regeln ab.
Satz. Eine Determinante det : M(n x n ; K) --+ K hat die folgenden weiteren
Eigenschaften:
04 Für jedes J.. E K ist det(J.. · A) = J.." · det A.
DS Ist eine'Zeile von A gleich Null, so ist det A = 0.
D6 Entsteht B aus A durch eine Zeilenvertauschung, so ist
det B = - det A .
Die Determinante ändert also bei Zeilenumformungen vom Typ IV ihr
Vorzeichen.
07 Ist).. E K , und entsteht Baus A durch Addition der J..-fachen j-ten Zeile
zur i -ten Zeile ( i =P j ), so ist
detB = detA.
Die Determinante bleibt also bei Zeilenumformungen vom Typ III unver-
ändert.
J
D8 Ist A eine obere Dreiecksmatrix, also
A~(:
so istdetA = J.. 1 • • • • • J..".
180 3 Determinanten
A =( A1 C ) ,
0 Az
wobei A 1 und A2 quadratisch sind. Dann gilt
detA = (detAI) · (detA2 ) .
DIO det A = 0 ist gleichbedeutend mit rang A < n.
Dll Es gilt der Determinanten-Multiplikationssatz
det(A · B) = det A · det B
für alle A, B E M(n x n; K). Insbesondere giltfür A E GL (n; K)
+ +
det A-I = (det A)- 1 •
dot :. )~ ;, ;"
D8: Sind alle A; =1- 0, so folgt durch wiederholte Anwendung von D7
Gibt es ein i mit A; = 0, so wählen wir i maximal, d.h. A;+ 1 , ••• , A" =1- 0 . Mit
Hilfe von Ai+l, ... , An räumt man den Rest der i-ten Zeile aus, und mit D7 und
D5 folgt det A = 0.
D9: Durch Zeilenumformungen vom Typ III und IV an A mache man A 1 zu einer
oberen Dreiecksmatrix B 1. Dabei bleibt A 2 unverändert, aus C werde C'. Ist k
die Anzahl der ausgeführten Zeilenvertauschungen, so ist
det A 1 = (- 1)k · det B 1 .
Dann mache man A 2 durch Zeilenumformungen vom Typ III und IV an A zu
einer oberen Dreiecksmatrix. Dabei bleiben B 1 und C' unverändert. Ist l die An-
zahl der ausgeführten Zeilenvertauschungen, so ist
det Az = (-1) 1 • det Bz .
Ist
B := ( ~1 ~~) ,
Wegen
det A = (-l)k+' · det B
folgt die Behauptung.
D 10: Durch Zeilenumformungen vom Typ III und IV bringen wir A auf Zeilen-
stufenfarm B. Dann ist B obere Dreiecksmatrix, also
und nach D6 und D7 ist det B = ± det A. Weiter ist rang A = rang B und wegen
D8
rang B = n {:} det B = A1 • •• • • An =/- 0 .
182 3 Determinanten
D 11: Ist rang A < n, so ist rang (A · B) < n, und die Gleichung lautet 0 = 0
nach DIO.
Andernfalls können wir A E GL (n; K) annehmen. Nach 2.7.3 gibt es Ele-
mentarmatrizen C 1, ... , C" SO daß
A =C 1 · •. • ·C, .
Es genügt also zu zeigen, daß für jede Elementarmatrix C vom Typ Si (A) oder
Q{ (vgl. 2.7 .1)
det(C · B) = detC · detB
gilt. Nach Eigenschaft D8 (die natürlich auch für untere Dreiecksmatrizen gilt)
ist
det Si(A) =A und det Q{ = I.
Multiplizieren von links mit Si (A) multipliziert die i-te Zeile von B mit A, also
ist
det (Si(A) · B) = A · det B
nach Dl. Multiplizieren von links mit Q{ bewirkt die Addition der j-ten zur
i -ten Zeile, also ist
det(Q{ · B) = 1· detB . 0
Dieser letzte Beweis wird den Leser hoffentlich in seiner Wertschätzung der Ele-
mentarmatrizen bestärken.
3.1.4. Für die Praxis der Berechnung von Determinanten hat man nun alle erfor-
derlichen Hilfsmittel zur Verfügung. Man bringt A durch Zeilenumformungen
vom Typ III und IV auf obere Dreiecksgestalt B. Ist k die Anzahl der dabei
durchgeführten Zeilenvertauschungen, so gilt
detA = (-ll · detB = (-l) k · A1 • ••• • A 11 •
Beispiele. a)
0 1 2 1 0 1 0 1 0
3 2 1 3 2 1 0 -1 1 0 -1 1 = 3.
0 0 1 2 0 2 0 0 3
b) Die Berechnung von Determinanten wird interessanter, wenn man die Ein-
träge aii der Matrix als Unbestimmte auffaßt, das sind Zahlen, für die man belie-
bige Elemente des Körpers einsetzen kann, und zwar unabhängig voneinander.
3.1 Beispiele und Definitionen 183
Es ist üblich, das dadurch anzudeuten, daß man statt a den Buchstaben x ver-
wendet. Auf diese Weise berechnet man mit Hilfe von D7 und D8
Man beachte, daß xii während der Rechnung vorübergehend im Nenner steht,
nicht aber am Anfang und am Ende. Mit Hilfe von D6 kann man noch einmal
direkt überprüfen, daß die Formel(*) auch für XII = 0 gilt.
c) Eine Matrix A = (aij) E M(n x n; K) heißt schiefsymmetrisch, wenn
aii = -aj; und a;; = 0 (im Fall charK =/= 2 folgt die zweite Bedingung aus
der ersten). Die Berechnung solcher Determinanten ist besonders interessant,
wir betrachten die Einträge wieder als Unbestimmte. Für n = 2 und 3 ist
0
I -xiz XIzl
0 =-
I x12
0 0
-xiz
I= x~z'
0 0 XI2 X13
-XI2 0 X23 -x12 0 Xz3 = 0.
-X13 -Xz3 0 0 0 0
Dabei wurde zu Zeile III die Kombination x23 I - x 13 II addiert. Das ist ungefähr-
xi2 XI2
lieh, denn für xi 2 = 0 ist das Ergebnis ohnehin klar. Nun zum Fall n = 4:
-XI2 0 -xl2 0
detA = X23 X24 X23 X24
- XI 3 - X 23 0 X34 0 0 0 Q(x)
Aufgaben zu 3.1
d{ I
X
I
: ) - (x - n'<>+ 2) ,
det ("'+I
ab
ab
b 2 +I
ac
bc ) - •' +b' +c' +l
ac bc c 2 +I
3. Berechnen Sie:
sina cos a a sina bcosa ab
-cosa sina -a 2 sina b2 cosa a2b2
det 0 0 a2 b2
0 0 0 a b
0 0 0 -b a
4. Zeigen Sie, dass für eine Matrix A = (a;j) E M(n x n; K) gilt:
det(aij) = det((- l)i+ j · aij).
5. SeiKein Körper mit char K -12 und A E M(n x n; K) alternierend (vgl. Aufgabe 3
zu 1.6). Zeigen Sie:
a) Ist n ungerade, so ist det A = 0.
(Hinweis: Benutzen Sie Satz 3.2.6)
3.1 Beispiele und Definitionen 185
b) Ist n gerade, so ist det A Quadrat eines Polynoms in den Einträgen von A (vgl. Auf-
gabe 8 zu 3.2).
ao
1. ",,k,
bo
Res f ,g := det
m Zeilen
bo
Zeigen Sie die Äquivalenz der folgenden Aussagen:
i) Resf.g = 0.
ii) f, tf, ... , t"- 1f, g, tg, ... , tm-l g sind linear abhängig.
iii) Es existieren p, q E K[t], p, q =f. 0, mit deg p ::; n - I , deg q ::; m - I und
pf = qg.
Mit etwas Teilbarkeilstheorie von Polynomen kann man zeigen, dass i) bis iii) äquivalent
sind zu
iv) f und g haben einen gemeinsamen nichtkonstanten Teiler h E K[t].
Insbesondere ist also Resf.g = 0, falls f und g eine gemeinsame Nullstelle haben, und
im Fall K = IC gilt: Resf .g = 0 {} f und g haben eine gemeinsame Nullstelle.
186 3 Determinanten
·- ( ea(l) )
Ea .- :
ea(n)
mit den Basisvektoren in permutierter Reihenfolge als Zeilen, und die Vorzeichen-Frage
spitzt sich zu zur Alternative
detEa =±I?
Vorzeichen sind eine Art von Butterbroten: die haben zwei Möglichkeiten zu fallen ([E]).
Zur Beantwortung der Vorzeichenfrage benötigen wir eine zuverlässige Methode, an
der Permutation zu erkennen, auf welche Arten sie durch wiederholte Vertauschungen
rückgängig gemacht werden kann.
3.2.1. Wie wir gerade gesehen haben, ist zunächst ein kleiner Exkurs über Per-
mutationen unvermeidlich.
Wie in 1.2.2 bezeichnen wir für jede natürliche Zahl n > 0 mit Sn die symme-
trische Gruppe von {1, ... , n }, d.h. die Gruppe aller bijektiven Abbildungen
a: {1, ... ,n}-+ {1, ... ,n) .
Die Elemente von S" nennen wir Permutationen. Das neutrale Element von Sn
ist die identische Abbildung, die wir mit id bezeichnen. Wie üblich schreiben wir
a E Sn explizit in der Form
a =[ a:l) a~)
n
a(n) ]·
Für a, s" ist dann
l[
T E
T · a = [ r(\)
n
r(n) a:l)
n
a(n) ]
[ 1
r(a(l))
n
r(a(n)) ]·
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 187
zum Beispiel
aber
[~ ~ ~l[~ ~ ~]=[~ ~ ~]
Man beachte dabei, daß die rechts stehende Permutation zuerst angewandt wird,
wie das bei Abbildungen üblich ist.
Bemerkung. Die Gruppe S" enthält
n! := n · (n- I) · .. . · 2 · I
(sprich: n-Fakultät) Elemente. Für n :::: 3 ist Sn nicht abelsch.
Beweis. Wir überlegen, wie viele Möglichkeiten es gibt, Elemente a E Sn auf-
zubauen. Zunächst hat man für die Auswahl von
a (1) genau n Möglichkeiten.
Da a injektiv sein soll, muß a (2) # a ( 1) sein. Es verbleiben für die Auswahl
von
a (2) genau n - 1 Möglichkeiten.
Sind schließlich a(l), .. . , a(n- I) gewählt, so ist a(n) festgelegt, es gibt also
für
a(n) nur eine Möglichkeit.
Insgesamt gibt es daher
n · (n-1)· ... ·2·1=n!
verschiedene Permutationen in Sn. Ist für n :::: 3
3 4
a = [ 1 2 3 4 .. · nn ] und T = [ 1 2
1 3 2 4 . .. 2 3 4
so folgt wie oben T · a # a · T. Die Gruppen S 1 und S2 sind abeisch, wie man
sofort sieht. D
Um sehen zu können, wie schnell n! mit n wächst, benutzt man die Formel von
STIRLING
n!~~-;;, (n)"
188 3 Determinanten
wobei~ eine asymptotische Näherung bezeichnet ([Fol], §20). Die Zahl 60! ist
ungefähr gleich 1082 , das ist in etwa die geschätzte Zahl der Nukleonen des Uni-
versums. Eine (60 x 60)-Matrix ist dagegen in den Problemen der Anwendungen
als klein anzusehen.
3.2.2. Um die Veränderung des Vorzeichens der Determinante bei Umordnung
der Zeilen zu kontrollieren, vertauscht man mehrfach jeweils zwei Zeilen. Solche
Permutationen haben einen eigenen Namen.
Eine Permutation r E S" heißt Transposition, falls r zwei Elemente aus
{1, ... , n} vertauscht und alle übrigen fest läßt, d.h. wenn es k, l E { l, ... , n}
mit k # l gibt, so daß gilt:
r (k) l,
r(l) = k und
r(i) = füri E {1 , ... ,n) '-. {k,l) .
1
Offensichtlich gilt r - = r für jede Transposition r ES".
Daß man allein mit Vertauschungen von Zeilen auskommt, zeigt das
Lemma. Ist n 2: 2, so gibt es zu jedem a ES" (keineswegs eindeutig bestimmte)
Transpositionen rl •...• Tk E s" mit
Cf = T1 · ..• · Tk.
To := [ 1 2 3 . . . nn ] E S"
2 1 3 . ..
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 189
Beweis. Seien k und l die von r vertauschten Elemente. Wir behaupten, daß jedes
Sn mit
IJ E
a=[l23]
2 3 1
insgesamt 2 Fehlstände, nämlich
1 < 3, aber 2 > 1, und 2 < 3, aber 3 > 1.
Wir definieren das Signum (d.h. "Vorzeichen" ) von a durch
+1 , falls a eine gerade Anzahl von Fehlständen hat,
signa := {
-1, falls a eine ungerade Anzahl von Fehlständen hat.
Man nennt a E Sn
gerade , falls sign a = +1 , und
ungerade, falls" signa = -1 .
Diese Definition ist recht gut geeignet, um das Signum durch systematisches
Zählen zu berechnen, aber zu schwerfällig für theoretische Überlegungen. Daher
190 3 Determinanten
ist es hilfreich, das Zählen der Fehlstände und das Berechnen des Signums in
einer Formel zusammenzufassen. In den folgenden Produkten sollen i und j stets
die Menge {1, ... , n} durchlaufen, und zwar mit den unter dem Produktsymbol
vermerkten Nebenbedingungen.
. n
Lemma. Für jedes a E Sn gilt
a(j)- a(i)
s1gna = . . .
i<j 1- l
Beweis. Man mache sich erst einmal klar, daß man das Produkt als einen langen
Bruch schreiben kann, bei dem in Nenner und Zähler die gleichen Differenzen
vorkommen, allerdings im Zähler im allgemeinen an anderer Stelle und - das ist
der Kniff- im Fall eines Fehlstandes mit negativem Vorzeichen.
Diese Vorstellung übersetzt man in die folgende Rechnung, bei der m die An-
zahl der Fehlstände bezeichnet:
n(a(j)-a(i))=(
I<]
n
I < )
(a(j)-a(i)))·(-1)'" n
I<)
la(j)-a(i)l
a(i )<a(j) a(i)>a(j)
Bei der letzten Gleichung wird verwendet, daß die beiden Produkte bis auf die
Reihenfolge die gleichen Faktoren enthalten. Das folgt aus der Bijektivität der
Abbildung a. D
Die entscheidende Eigenschaft des Signums ist, daß es mit der Hintereinander-
schaltung von Permutationen verträglich ist.
Satz. Für alle a, r E Sn gilt sign ( r · a) = (sign r) · (signa ).
Insbesondere gilt signa- 1 = signa für jedes a E Sn.
Anders ausgedrückt bedeutet das, daß die Abbildung
sign : Sn ~ {+ 1, - 1}
ein Homomorphismus in die Gruppe von zwei Elementen ist.
Beweis. Es ist
sign(r · a)
n r(a(j))- r(a(i))
1
n n
i <j -I
Da das zweite Produkt gleich sign a ist, genügt es zu zeigen, daß das erste Pro-
dukt gleich sign -r ist.
n -r(a(j))- -r(a(i))
n
i <j a(j)- a(i)
i <j
a(i )<a (j)
-r(a(j))- -r(a(i))
a(j)-a(i) n i <j
a( i )>a(j)
-r(a(j))- -r(a(i))
a(j)- a(i)
n -r(a(j))- -r(a(i))
a(j) - a(i) n -r(a(j))- -r(a(i))
a(j)- a(i)
n
i <) i >j
a (i )<a(j) a(i)<a (j)
-r(a(j))- -r(a(i))
a (i )<a (j ) a(j)- a(i)
Da a bijektiv ist, enthält dieses letzte Produkt bis auf die Reihenfolge die glei-
chen Faktoren wie
n
-r(j)- -r(i)
.
i<j
.
1
.
= s1gn-r,
-l
Damit ist die zu Beginn von 3.2.3 gestellte Frage über die Anzahl der Transpo-
sitionen beantwortet:
Korollar 1. Sei n ::: 2.
2) ist a E Sn und a = <1 · . . . · 'k mit Transpositionen <1 , ... , -rk E Sn , so ist
signa = (-l)k .
Beweis. Ist -r0 die Transposition, die 1 und 2 vertauscht, so ist sign -r 0 = -1 , denn
-r0 hat genau einen Fehlstand. Nach der Bemerkung aus 3.2.2 gibt es ein a E Sn
mit -r = a · -r0 · a - I, also folgt aus obigem Satz
sign-r = signa · sign-r0 · (signa) - 1 = sign-r0 = -1.
ea(l) )
det ( ; = signa.
ea(n)
Beweis. Ist a = r 1 • ••• • rk> so kann man En durch k Zeilenvertauschungen in die
obige Matrix überführen. 0
3.2.4. Die Gruppe Sn zerfallt in zwei Klassen, die der geraden und die der un-
geraden Permutationen, und diese beiden Klassen sind nahezu gleichberechtigt.
Zunächst zu den geraden:
An : = {a E Sn : sign a = +I} c Sn
ist nach dem Satz aus 3.2.3 eine Untergruppe, sie heißt die alternierende Gruppe.
Für jedes r E Sn haben wir
An<:= {a · T: a E An} .
Für sign r = + 1 ist offenbar An r = An.
Bemerkung. Ist r E Sn mit sign r = -1 gegeben, so ist
Sn = An u An T und An n An T = 0 .
Insbesondere ist die Anzahl der Elemente von A n gleich ~n!.
Beweis. Sei a E Sn mit sign a = -1 gegeben. Nach 3.2.3 ist sign (a · r - I) = + 1,
also ist a E An r, denn a = (a · r -I) · r. Für jedes a E An r ist sign a = -1 ,
also ist die Vereinigung auch disjunkt.
Nach 1.2.4 ist die Abbildung An ~ An r, a 1-+ a · r , bijektiv. Da Sn aus n!
Elementen besteht, enthalten An und An r je ~n! Elemente. 0
3.2.5. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Existenz und Eindeutigkeit der mit
den Axiomen von WEIERSTRASS charakterisierten Determinante zu beweisen.
Wir benutzen dazu den Weg über die Formel von LEIBNIZ, die zwar wenig be-
liebt, aber dennoch klassisch und manchmal für die Theorie nützlich ist.
Theorem. IstKein Körper und n 2: 1, so gibt es genau eine Determinante
det: M(n x n; K) ~ K,
und zwar istfür A = (aij) E M(n x n ; K)
det A = L sign (a) . al a (l ) . . .. . ana(n) .
Die Formel (*) von LEIBNIZ hat für jede Permutation einen, also insgesamt n!
Summanden.
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 193
Beweis. Wir zeigen zunächst, daß die Formel (*) aus den Axiomen folgt, das
beweist die Eindeutigkeit. Dazu zerlegen wir jeden Zeilenvektor a; von A in
a; = ailei + ... + a;nen
und wenden Zeile für Zeile von oben nach unten das Axiom D l an, bis eine
Summe mit n" Summanden entstanden ist. Das nennt man eine Entwicklung von
A nach Zeilen.
)
Nun gilt nach Korollar 2 aus 3.2.3 und D2
det (
e~,· ) ={ signa, falls es ein a E Sn gibt mit a(v) = iv für alle v,
· 0, sonst.
e;n
Also bleiben "nur" n! der n" Summanden übrig, und es gilt ( *).
Leider ist der Beweis damit noch nicht zu Ende, denn allein aus der Tatsache,
daß man die Axiome zur Ableitung der Formel benutzt hat, folgt noch nicht, daß
die Formel alle diese Eigenschaften hat.
Für den Existenzbeweis definieren wir nun die Determinante durch die For-
mel von LEIBNIZ, und es sind die Axiome von WEIERSTRASS nachzuprüfen.
Danach herrscht wieder Frieden zwischen den beiden alten Herren.
194 3 Determinanten
also gilt Dl a). Für b) zeigt man, daß jeder Summand mit A. multipliziert wird.
D2 Angenommen, die k-te und die I-te Zeile von A seien gleich, wobei k < I.
Ist r die Transposition, die k und I vertauscht, so ist nach 3.2.4
S" = A" U A"r,
und diese Vereinigung ist disjunkt. Ist() E A" , so gilt
sign() =+1 und sign(() ·r)=-1.
Wenn () die Gruppe A" durchläuft, durchläuft () · r die Menge A" r. Also ist
detA = L GJ cr(l) ·. · · · Gncr(n)- L
GJcr (r(l)) · . • · · Gncr(r(n)) • (**)
aEAn aEA 11
Da die k-te und die I-te Zeile von A gleich sind, gilt nach der Definition von r
GJcr(r(l)) . · · · . Gkcr(r(k)) . · · · • Gtcr(r (l)) . · · · • Gncr(r(n))
= GJ cr (l) · . .. • Gncr(n) •
Also heben sich in (**) die Summanden gegenseitig auf, und es folgt
detA = 0.
D3 Ist 8iJ das Kronecker-Symbol und() E S", so ist
0 für () =I id ,
O lcr( l ) · · · · · Oncr(n) = { .. .
1 fur () = 1d.
Also ist
detE" = det(8ij) = L sign(()) · 8 1cr(l) · .. . · Oncr(n ) = sign(id) = 1. D
a E Sn
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 195
3.2.6. Durch den Existenz- und Eindeutigkeitssatz ist die theoretische Rechtfer-
tigung dafür geliefert, daß man Determinanten so berechnen darf, wie wir es in
3.1.4 mit Hilfe von Zeilenumformungen getan hatten. Man kann aber für kleine
n auch die Formel von LEIBNIZ verwenden:
Für n = 2 ist
Für n = 3 ist
a11 a,z a,3
a11a22a33 + a12a23a31 + a13a2,a32
a21 Gzz a23
-a11a23a32 - a,2a21a33 - a13a22a31 .
GJI a 32 a33
Bild 3.6
Die Koeffizienten längs der ,,Hauptdiagonale" und ihrer Parallelen ergeben
dann die Summanden mit positivem Vorzeichen, die Koeffizienten längs der "Ne-
bendiagonalen" und ihrer Parallelen ergeben die Summanden mit negativem Vor-
zeichen.
Für n = 4 erhält man eine Summe mit 4! = 24 Summanden, was schon höchst
unangenehm ist. Man beachte, daß ein Analogon zur Regel von SARRUS für
n ~ 4 nicht gilt. Für n = 4 würde man auf diese Weise nur 8 von 24 Summanden
erhalten, und die Vorzeichen würden im allgemeinen nicht stimmen (wovon man
sich zur Übung ein für allemal überzeugen sollte).
Wegen des rasanten Wachstums von n! sind auch Computer mit der Formel
von LEIBNIZ überfordert (vgl. Aufgabe 5). Die Methode aus 3.1.4 erfordert we-
sentlich weniger Rechenaufwand.
Zur Rehabilitation der Formel von LEIBNIZ geben wir zwei theoretische An-
wendungen. Die Einträge a ij der Matrix kann man als insgesamt n 2 Unbestimmte
ansehen, dann ist die Abbildung
det: K" 2 ---+ K
ein Polynom, im Fall K R oder IC insbesondere differenzierbar und somit
196 3 Determinanten
stetig.
In den Axiomen der Determinante sind die Zeilen vor den Spalten ausgezeich-
net. Das ist nur scheinbar so:
Satz. Für eine Matrix A E M(n x n; K) gilt det 'A = det A.
Beweis. Ist A = (a;j). so ist' A = (a;) mit a;j = aji· Nun gilt
det'A L sign(a) ·
a ES11
a;u(l) · . . . · a~u(n)
a ES11
detA .
Bei der vorletzten Gleichung wurde benutzt, daß für jedes a E Sn
gilt, denn bis auf die Reihenfolge enthalten die beiden Produkte die gleichen
Faktoren. Außerdem wurde verwendet, daß nach 3.2.3
signa = signa- 1
gilt. Für die letzte Gleichung haben wir benutzt, daß mit a auch a- 1 "ganz Sn
durchläuft". Genauer gesagt bedeutet das, daß die Abbildung
Sn -+ Sn ' a 1-+ a -I '
bijektiv ist. Dies folgt sofort aus der Eindeutigkeit des inversen Elementes (vgl.
1.2.3). 0
3.2.7. Wie nützlich es ist, wenn man abwechselnd mit Zeilen und Spalten ope-
rieren kann, zeigt das
Beispiel. Wir betrachten x 1 , ... , Xn als Unbestimmte und definieren die
VANDERMONDE-Determinante
l:!..n := det ( ~ ~I
1 Xn · •·
n
Nach diesem Muster erhält man durch Induktion übern (Aufgabe 2)
Ö.n = (X j - X;) .
l ~ i < ) :5: n
Daraus folgt, daß die Zeilen oder Spalten der obigen Matrix genau dann linear
abhängig sind, wenn x; = x 1 für mindestens ein Paar i =1- j.
3.2.8. Wie wir gesehen haben, ist es oft nützlich, in eine Matrix nicht nur Ele-
mente eines Körpers, sondern allgemeinere Symbole- etwa Unbestimmte- ein-
tragen und damit rechnen zu dürfen. Damit das kein Ritt über den Bodensee
bleibt, wird etwas theoretische Rechtfertigung dafür bereitgestellt.
Wir gehen aus von einem kommutativen Ring R mit Einselement 1 (s. 1.3.1).
Mit
M(n x n; R)
bezeichnen wir die quadratischen n-reihigen Matrizen mit Einträgen aus R. Ad-
dition und Multiplikation von Matrizen kann man wie bei einem Körper erklären
(1.4.1 und 2.5.1), damit wird M(n xn; R) zu einem Ring mit Einselement En. Da
im Beweis des Existenz- und Eindeutigkeitstheorems aus 3.2.5 nirgendwo durch
Einträge der Matrix dividiert wird, kann man ihn wörtlich auf R übertragen. Man
überzeuge sich, daß die Kommutativität verwendet wird! Daraus folgt, daß die
Determinante
det: M(n x n; R)---+ R, A = (aij) I-+ L sign(a) · GJu(l) · ••• · Gnu(n)
Aufgaben zu 3.2
a=[s12345]
4 3 2 1
als Produkt von Transpositionen dar.
2. Beweisen Sie mit Induktion nach n, dass für die Vandermonde-Determinante gilt:
I
det ( ;
x1
; X~--1)= n (Xj-Xi).
l:S)<j~n
I x., x~-I
3. Geben Sie eine unendliche Teilmenge des llir an, in der jeweils n verschiedene Punkte
linear unabhängig sind.
4. Zeigen Sie noch einmal
det(aij) = det((-l)i+j. aij),
(vgl. Aufgabe 4 zu 3.1), aber benutzen Sie nun zum Beweis die Formel von LEIBNIZ.
5. ln dieser Aufgabe soll der Aufwand zum Berechnen der Determinante mit Hilfe der
Leibniz-Formel bzw. des Gauß-Algorithmus verglichen werden.
a) Bestimmen Sie die Anzahl der Additionen und Multiplikationen, die nötig sind, wenn
man die Determinante von A = (aij) E M(n x n; IR)
i) mit der Leibniz-Formel,
ii) durch Umformung der Matrix in Zeilenstufenform mit dem Gauß-Algorithmus
und Aufmultiplizieren der Diagonalelemente berechnet.
b) Es stehe ein Computer zur Verfügung, der Addition und Multiplikation in 0.2 Mikro-
sekunden durchführen kann. Schätzen Sie ab, für welche Größe von Matrizen man
mit den Verfahren i) bzw. ii) in einer vorgegebenen Rechenzeit von höchstens 48
Stunden auf diesem Computer Determinanten berechnen kann.
6. Beweisen Sie die Regeln D4 bis Dll aus 3.1.3 mit Hilfe der Leibniz-Formel.
7. Welche der Eigenschaften D4 bis Dll gelten, falls man Determinanten von Matrizen
aus M(n x n; R) für einen Ring R betrachtet (vgl. 3.2.8)?
8. (Fortsetzung von Aufgabe 5 zu 3.1.)
Sei K ein Körper mit char K #- 2, n E N ...._ {0} gerade, also n = 2m für ein m E N und
A E M(n x n; K) schiefsymmetrisch. Definiert man
P(Xii· ... ,Xnn) = "L:sign(a) · Xo-(l)o-(2) · ... · Xo- (2m - l)o-(2m),
3.2 Existenz und Eindeutigkeit 199
wobei über alle a E Sn mit a (2i) > a (2i - I) für i = I, ... , m summiert wird, so gilt
det A = <;;h P(all, ... , a 1111 )) 2 Man nennt Pein Pfajfsches Polynom.
9. Seien v, w zwei verschiedene Punkte des K2 und L c K 2 die Gerade durch v und w .
Dann gilt:
A =( ~ :) B =( -~ ~)
d.h. SL(2; Z) =erz (A, B) (vgl. Aufgabe 4 zu 1.2).
11. Gegeben sei ein offenes Intervall I c IR und die IR-Vektorräume
C := C(/; IR)= {a: I-> IR: a stetig},
V:= IJ(/; IR") = {'P ='('PI· ... , 'Pn): I--> IR":
'Pi beliebig oft differenzierbar} .
Matrizen A E M(n x n ; C) und b E M(n x I; C) bestimmen das lineare Differentialglei-
chungssystem
y' = A · y +b.
Für b = 0 heißt das System homogen. Die Lösungsräume sind erklärt durch
.C := {ip E IJ: !p1 = A · 'P + b} und .Co:= {'PE IJ: !p1 = A · ip}
a) Zeigen Sie, dass Co C V ein Untervektorraum und .C C V ein affiner Unterraum ist.
b) Zeigen Sie, dass für 'P(l), ... , 'P(n) E .Co folgende Bedingungen äquivalent sind:
i) 'P(l), ... , 'P(n) sind über IR linear unabhängig.
ii) Für ein xo E I sind !p(I)(xo), ... , !p(n>(xo) E IR" linear unabhängig.
12. Bestimmen Sie alle Lösungen der Differentialgleichung j' = -y. Überführen Sie
dazu die Differentialgleichung mit dem Ansatz )b = y, y 1 = y' in ein lineares Diffe-
rentialgleichungssystem wie in Aufgabe II, und benutzen Sie, dass rp genau dann eine
Lösung von y" = - y ist, wenn (rp, rp') eine Lösung des linearen Systems ist.
3.3 Minoren* 201
3.3 Minoren*
Wie wir gesehen haben, wird die Berechnung von Determinanten bei wachsendem n sehr
viel schwieriger. Daher kann es manchmal helfen, in einer Matrix Zeilen und Spalten zu
streichen, und zunächst die Determinante der kleineren Matrix zu berechnen.
AiJ = 0 0 1 0 0
a;+I.I ai+I .J -1 0 ai+I.J + I ai+I,n
Die Matrix
Aj = (ai) E M(n x n; K) af1 := detA 1;
mit
heißt die zu A komplementäre Matrix. Man beachte dabei die Umkehrung der
Reihenfolge der Indizes. Weiter bezeichnen wir mit
Gtn
nj
die Matrix, die man durch Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte aus A
erhält.
Bemerkung 1. Es gilt stets
detAiJ = (-l)i+J detA;1 .
202 3 Determinanten
0 ) 1
( 0
A;J
bringen. Also folgt die Behauptung aus D6 und D9 wegen
<-o<i-l)+(j- 1) = <-1r+'. o
Ist A = (a 1, ... , a") E M(n x n; K), wobei a 1, ... , a" die Spaltenvektoren von
A sind, und ist
e' = 'e; = '(0, ... , 0, 1, 0, ... , 0) ,
so ist
(a~, . .. ,ai-l,ei,aJ+I, ... ,a")
die Matrix, die aus A entsteht, indem man aiJ durch 1 und alle anderen Kompo-
nenten der j-ten Spalte durch 0 ersetzt. Im Gegensatz zu AiJ bleiben die restli-
chen Komponenten der i -ten Zeile unverändert.
Bemerkung 2. Es gilt stets
detAiJ = det(a 1 , .•. , ai - 1, e', ai+l, ... , a").
Beweis. Durch Addition von Vielfachen der j-ten Spalte zu den anderen Spalten
kann man (a 1 , ••• , aJ - I, e', a i+l, ... , a") in AiJ überführen. Also folgt die Be-
hauptung aus D7. 0
1 1k l:a1kdetA 1,
)=I ) =I
II
'"'
L.. a Jk de t(a I , ... , a i-1 , e j , a i+l , .. . , a ") nach Bem. 2
)=I
n
'"' 1 ke j ,a i+l , .. . ,a ")
de t(a I , ... ,a i- 1,~a nach Dl
j= l
3.3.2. In den Definitionen und Beweisen von 3.3.1 kann man den Körper K
durch einen kommutativen Ring R mit Einselement ersetzen (vgl. 3.2.8). Der
Leser möge zur Übung die Einzelheiten überprüfen. Kritischer Punkt ist der Be-
weis von Bemerkung 2; aber da man die 1 als Pivot für die Umformungen hat,
geht alles gut. Ergebnis ist das
Korollar. Ist R ein kommutativer Ring mit I und A l E M(n x n; R) die zu
A E M(n x n; R) komplementäre Matrix, so gilt
A'·A=A·A 0 =(detA)·En . 0
nach Bemerkung I aus 3.3.1. Indem man ebenso mit A 0 • A verfährt, erhält man
die Formel für die Entwicklung nach der j -ten Spalte. 0
Genau genommen gibt der Entwicklungssatz von Laplace nur ein Verfahren an,
die Summanden der Formel von LEIBNIZ in einer speziellen Reihenfolge aufzu-
schreiben. Das kann aber doch nützlich sein, etwa dann, wenn in einer Zeile oder
Spalte viele Nullen stehen. Als Beispiel berechnen wir noch einmal
0 I 2
3 2 1
0
204 3 Determinanten
Die durch den Faktor ( -1 )i+i bewirkte Vorzeichenverteilung kann man sich als
"Schachbrettmuster'' vorstellen:
+ - + - + - + -
- +
+ - + - +-
+ - + - + - + -
- + - + - + - +
+ - + - + - + -
- + - + - + - +
+ - + - + - + -
- + - + - + - +
3.3.4. Aus Satz 3.3.1 sieht man sofort, daß die komplementäre Matrix bis auf
den Faktor det A gleich der inversen Matrix ist. Das kann man nach Bemerkung
I in 3.3.1 auch so ausdrücken:
Satz. Sei A E GL (n; K). Definiert man C = (ciJ) E M(n x n; K) durch
C;J := (-1)i+J · detA;1 ,
so ist
A-1=_1_ · 'C. 0
detA
Im Spezialfall n = 2 erhält man
a b ) -t 1 ' ( d -c ) 1 ( d -b )
(
c d = ad- bc . -b a = ad- bc. -c a ·
Auch für n = 3, 4 ist dieses Verfahren noch nützlich. Man berechne zur Übung
ist GL (n; JR) C M(n x n; JR) eine offene Teilmenge, und aus den obigen Formeln
folgt, daß die Abbildung
GL(n; JR)--+ GL(n; lR), A ~--+ A- 1 ,
differenzierbar ist. Das ist nützlich in der Analysis.
3.3.5. Auch für die Lösung linearer Gleichungssysteme ist die komplementäre
Matrix nützlich, und zwar im Fall
A ·x = b mit A E GL (n; K).
Hier ist die entsprechend 2.3.6 eindeutige Lösung gegeben durch
x=A- 1 -b.
Man kann x auch ohne explizite Berechnung der inversen Matrix bestimmen:
Sind a 1 , ••• , a" die Spaltenvektoren von A, so hat A-l nach 3.3.1 in der i-ten
Zeile und der j-ten Spalte die Komponente
det A ji det(a 1 , ••• , ai-l, ei, ai+l, . .. , a")
detA detA
Für die i-te Komponente von x =A-lb folgt nach Dl und Satz 3.2.6
x; =
n
Ld t A = de t(a I , ... , a i - 1, b , a i + l , . .. , a ") .
b .~
J= l 1 detA detA
Man kann also x; berechnen aus der Determinante von A und der Determinante
der Matrix, die aus A durch Austausch der i -ten Spalte gegen b entsteht. Wir
fassen das Ergebnis noch einmal zusammen.
CRAMERsche Regel. Sei A E GL (n; K), b E K" und x = '(x 1, ••• , x") E K"
die eindeutig bestimmte Lösung des Gleichungssystems
A ·X =b .
Bezeichnen a 1 , ... , a" die Spaltenvektoren der Matrix A, so gilt für jedes
i E {1 , . .. , n)
det(a 1 , ••• , ai-l, b, ai+l, . . . , a")
X;= 0
detA
Für große n ist diese Regel zur Bestimmung der Lösung nicht praktisch, denn
man muß dazu n+ I Determinanten berechnen. Für theoretische Untersuchungen
ist die Cramersche Regel jedoch sehr wertvoll. Im Fall K = lR kann man damit
zum Beispielleicht einsehen, daß die Lösung x des Gleichungssystems A · x = b
stetig von den Koeffizienten von A und b abhängt.
206 3 Determinanten
XI=~ I I= I=
1 I 0 1 I 0
1 I 1
0 2 1
- 1. Xz =~I 0 I 1
3 0 1
2.
I=
1 1 1
X3=~I 0 1 1
3 2 0
-1.
3.3.6. Nach D10 ist rang A < n für A E M(n x n; K) gleichbedeutend mit
det A = 0. Um zu sehen, wie weit der Rang absinkt, muß man weitere Determi-
nanten berechnen. Das kann man sogar auf beliebige Matrizen ausdehnen.
Ist A E M(m x n; K) und k ::S: min{m, n}, so heißt eine quadratische Matrix
A' E M(k x k ; K) eine k-reihige Teilmatrix von A, wenn A durch Zeilen- und
Spaltenvertauschungen auf die Form
gebracht werden kann (wobei an den mit * bezeichneten Stellen beliebige Ma-
trizen stehen können). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn A' aus A durch
Streichen von m - k Zeilen und n - k Spalten entstanden ist. det A ' heißt ein
k-reihiger Minor.
3.3 Minoren* 207
i) r = rangA.
ii) Es gibt einen r-reihigen Minor i= 0, und für k > r ist jeder k-reihige Minor
gleich Null.
Beweis. Es genügt zu zeigen, daß für jedes k E N mit 0 < k ::0 min {m, n]
folgende Bedingungen gleichwertig sind:
a) rang A 2: k .
3.3.7. Die in 3.1.3 als Eigenschaft Oll bewiesene Multiplikativität der Deter-
minante hat eine Verallgemeinerung, die zum Beispiel in der Analysis bei der
Berechnung von Inhalten benutzt wird (vgl. [Fo3], §14). Sie betrifft rechtecki-
ge Matrizen. Dafür kann man zwar i.a. keine Determinante mehr erklären, aber
Minoren. Sei A = (a 1 , ••• , a") E M(m x n; K), wobei die aj E Km die Spal-
tenvektoren bezeichnen. Ist m ::0 n, so definieren wir für 1 ::0 k 1 < . .. < km ::0 n
die Teilmatrix
AkJ .....k'" := (aki' . .. 'akm) E M(m X m ; K).
det (Ak 1• ••• k'") heißt ein m-reihiger Minor von A, davon gibt es
Der Fall m > n ist langweilig (vgl. Aufgabe 2), für m = 1 ist die Aussage
offensichtlich.
Beweis. Für sehr kleinem und n kann man die Formel(*) durch direkte Rech-
nung mit der Leibniz-Formel beweisen (Aufgabe 3), aber im allgemeinen Fall ist
das eine einzige Index-Schlacht (vgl. etwa [Kow 1], §34). Übersichtlicher ist ei-
ne geeignete Zerlegung der Rechnung in elementare Schritte. Bei quadratischem
A ging das mit Hilfe einer Produktdarstellung durch Elementarmatrizen (D 11 in
3.1.3). Im rechteckigen Fall wird A bei festem, aber beliebigem B zeilenweise
aus besonders einfachen Matrizen aufgebaut, das kann man als Umkehrung der
Entwicklung nach Zeilen aus 3.2.5 ansehen.
1) Wir zeigen die Gültigkeit von (*)für
eJ, )
A= ( fürbeliebige j 1, ... , j,. E {1, ... , n).
e~"'
Man beachte, daß die Zeilenvektoren e1 im K" liegen. Für dieses spezielle A
sind die Minoren ganz einfach zu berechnen: Ist 1 ::; k 1 < ... < k,. ::; n, so gilt
detA k ,, .. .,'"
k
= { signa, falls j; = ka (i ) für ein a E Sm,
0, sonst .
Nun betrachten wir die Wirkung der Multiplikation mit A: Ist
Die Determinante von A · 1 B ist also höchstens dann von Null verschieden, wenn
j 1, ... , jm paarweise verschieden sind, d.h. wenn es eine Permutation a E S,.
und 1 ::; k1 < ... < k,. ::; n gibt mit j ; = k a (i) • und es ist dann
det (A · 1 B) = signa . det Bk,.... k.., .
Also gilt in diesem Fall (*) mit einem einzigen Summanden auf der rechten
Seite.
3.3 Minoren* 209
2) Gilt die Fonnel für A, und entsteht A aus A durch Multiplikation der i -ten
Zeile mit).. E K, so gilt die Fonnel auchfür A. In Zeichen
(*) =} C*) .
Ist C := A ·'Bund C := A · 'B, so entsteht C aus C durch Multiplikation der
i-ten Zeile mit A. Nach D1 ist
detAk, .... k" =).. · detAk, . .km und detC =).. · detC,
also folgt C*) =).. · (*).
3) Ist die i -te Zeile a; von A eine Summe a; = ä; + i'i;, und gilt die Formel für
und A=
e~m
In der zweiten Etappe hält man a 1 sowie h . ... , jm fest und läßt h von 1 bis n
210 3 Determinanten
Man nennt det(A · 1 A) eine GRAMsehe Determinante. Insbesondere ist sie für
K = lR nie negativ und genau dann Null, wenn rang A < m (vgl. 3.3.6).
Aufgaben zu 3.3
d) (A 0) 0 = (det A)n - l · A .
4. Beweisen Sie:
~
a
-b
( : _; ) = (a2 + b2 + c2 + d 2) 2 .
det -c
d a - b
-d -c b a
3.3 Minoren* 211
5. Für x = (XI, ... , Xn) und y = (y1 , ... , Yn) aus K" sind äquivalent:
Man nennt p(x, y) = (pij)l soi <i Sn E KGl die (homogenen) Plückerkoordinaten von
E = span (x. y); nach Aufgabe 5 ist p(x, y) i= 0.
a) Zeigen Sie, dass die Plückerkoordinaten bis auf einen Faktor aus K " {0} nur von
E abhängen: Ist E = span (x, y) = span (x' , y') , so existiert ein A. E K " {0} mit
p(x, y) = 1.. · p(x 1 , y 1 ).In diesem Sinne wollen wir auch einfach von den Plücker-
koordinaten p(E) von E reden, diese sind daim bis auf einen Faktor i= 0 eindeutig
bestimmt.
c) Ist E = span (x, y) c K 4 , so erfüllen die Plückerkoordinaten (pij) von E die Glei-
chung P12P34- PI3P24 + PI4P23 = 0. Ist umgekehrt p = (pij)Jsi<i54 E K 6 '-- 0
gegeben mit P12P34 - PI3P24 + PI4P23 = 0, so existiert ein 2-dimensionaler Unter-
vektorraum E = span (x , y) c K 4 mit p(E) = p.
X1 Yl
I I)
XI Y1
E1 n E2 i= {0} {} det ( x2
x3
Y2
Y3
x~ Y~
X3 Y3
=0
X4 Y4 X~ Y~
7. Zeigen Sie, dass det(x) = L uES" sign(a) · Xl a( l ) · ... · Xnu (n) E K[x11, ... , X1111 ] ein
irreduzibles Polynom ist, das heißt, dass aus det(x ) = P · Q mit Polynomen P und Q
stets P E K oder Q E K folgt.
212 3 Determinanten
ii) det F f. 0. 0
3.4.2. Für einen Endamorphismus des IR" ist der Betrag der Determinante ein
Maß für die Veränderung der Volumina (vgl. 3.4.1). Das Vorzeichen der Deter-
minante hat ebenfalls eine geometrische Bedeutung.
Beispiele. a) Sei
A=( -1
und A' =( _l
4
I
1)
I
2
3.4 Determinante eines Endomorphismus und Orientierung• 213
Es ist det A = ~ > 0 und det A' = - ~ < 0. Die Wirkung von A auf den
Buchstaben F ist in Bild 3.7 zu sehen: Das Bild unter A ist nach einer Drehung
wieder als F zu erkennen, das Bild unter A' ist gespiegelt.
b) Bei einem Automorphismus A des JR 3 betrachtet man das Bild einer linken
Hand. Ist det A > 0, so sieht es wieder aus wie eine linke Hand, falls det A < 0,
wird daraus eine rechte Hand.
.r2
-----.r,
Bild 3.7
3.4.3. Es ist bezeichnend für die Schwierigkeit der Definition, daß man "orien-
tierungstreu" erklären kann, bevor klar ist, was eine "Orientierung" ist. Das wird
nun nachgeholt:
Definition. Seien A= (v 1, •• • , Vn) und B = (w 1, • •• , wn) Basen des JR-Vek-
torraumes V und F der nach 2.4.1 eindeutig bestimmte Automorphismus von V
mit
214 3 Determinanten
In der Sprache der Topologie sagt man dafür, daß GL (n, JR) in die zwei Zusam-
menhangskomponenten G+ und G_ zerfällt.
Korollar. Zwei Basen A und ß des JR" sind genau dann gleichorientiert, wenn
sie stetig ineinander verformbar sind.
Wesentlich dabei ist wieder, daß man zu jedem Zeitpunkt der Verformung eine
Basis hat.
Beispiele. a) Im JR 1 besteht eine Basis aus einem einzigen Vektor x E JR* =
GL (1; JR). Ist y ein weiterer, so gibt es genau dann einen Weg von x nach y,
216 3 Determinanten
wenn beide gleiches Vorzeichen haben (Bild 3.9). Dabei benutzt man den Zwi-
schenwertsatz ([Fo1], §11).
C\ ;3
r~ !3 • t
Bild3.9
b) Die Basen A = (e 1 , e2 ) und B = ( -e 1 , e2 ) sind nicht stetig ineinander ver-
formbar. Man mache dazu ein Experiment mit einer nicht mehr benutzten oder
gedachten Uhr: versuche, sie durch unabhängige Bewegung beider Zeiger von 3
Uhr auf 9 Uhr zu stellen, so daß die beiden Zeiger dabei nie auf einer Geraden
liegen!
c) Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger einer nicht ganz flach gestreckten lin-
ken und rechten Hand repräsentieren die beiden möglichen Orientierungen des
IR3 • Dreht man so lange, bis Mittelfinger und Zeigefinger der beiden Hände auf-
einander liegen, so zeigen die Daumen in verschiedene Richtungen.
J
Sind A, B E G_, so setze man etwa
T - [ -1 dann ist y - I = T.
3.4 Determinante eines Endamorphismus und Orientierung* 217
Beweis von Lemma 2. Nach 3.2.6 ist die Determinante stetig, also ist
det o q:> : 1 ----+ lR , t 1-+ det (q:> (t )) ,
eine stetige Funktion. Da det(q:>(t)) =I 0 für alle t , hat det(cp(t)) nach dem Zwi-
schenwertsatz für alle t das gleiche Vorzeichen. 0
Beweis von Lemma 3. Durch eine Folge verschiedenartiger Umformungen wird
A in Eil überführt. Der Kniff ist, diese Umformungen nicht auf einen Schlag,
sondern langsam durchzuführen. Dadurch erhält man kleine Wegstückchen, die
man schließlich zum ganzen Weg von A nach Eil zusammenfügt.
Zur Vorbereitung der ersten Etappe überlegt man sich, daß jede invertierbare
Matrix durch Spaltenumformungen vom Typ III (Addition einer M-fachen i-ten
Spalte zu einer j-ten Spalte mit j =I i) in eine Diagonalmatrix
/aj+J.Lai
,•''/
. :.-. ····· · ~ / J.Lai
a / .
/
Bild 3.10
Nach Lemma 1 kann man die so erhaltenen k Wegstückehen zusammensetzen
zur ersten Etappe
if!1: [al,ßil-*GL(n;JR.) mit if!l(aJ)=Aundcpl(ßi)=D.
Aus D7 folgt det (cp 1(t)) = det A für jedes t E [a 1, ßd, insbesondere
J
det A = det D = A. 1 · ... · A.., .
In der zweiten Etappe wird D verbunden mit
D ~ ('' ·· wore; E;
A.;
= - =±1.
lA.; I
-
Dazu benutzen wir, daß man in JR.* jedes A. mit E = ~ geradlinig verbinden kann
durch
,\~ 1
-11 ~~~:,
Bild 3.11
Die Multiplikation der Spalten mit Faktoren kann man auch durch Elementar-
matrizen vom Typ Sj (Jl.) bewirken, also ist
und jedes der n Wegstückehen von D nach D' ist beschrieben durch Multiplika-
tionmit
s1 (I+C: -I)r)
11
für t E [0, 1]. Diesen Stückehen zusammengefügt ergeben einen Weg
cp2: [a2, ß2l-+ GL(n; JR) mit Cf!2Ca2) =D und CfJ2Cß2l = D' .
Da I+ (fh- I) t > 0 für 0::; t ::; I,
ist det D' = +1,
also ist die Anzahl der
Einträge -1 in D' gerade.
In der dritten Etappe wird D' mit En verbunden, dazu nimmt man sich in
jedem Schritt ein Pärchen von negativen Einsen vor. Wie sie gemeinsam ins Po-
sitive gewendet werden können, sieht man am besten im Spezialfall n = 2. Man
nimmt die stetige Abbildung
t ,..... (
cost - sint ) .
a: [-n,0]-+GL(2;1R),
sin t cos t
Für sie gilt
a(-n)= (-1 0)
0 -1
, a(O) =( ~ ~ ) = E2.
Falls die beiden Einträge - 1 an beliebigen Stellen sitzen, verwendet man die
Abbildung
cost - sint
E GL (n; lR).
sin t cost
Macht man dies nacheinander für jedes Paar, so erhält man insgesamt das Weg-
stück
Cf!3: [a3, ß3] -+ GL (n; lR) mit cp3(a3) = D' und C{J3(ß3) = En.
Durch Zusammensetzung von cp 1, cp2 und cp3 erhält man schließlich den gesuchten
Weg von A nach En. 0
220 3 Determinanten
Wie wir gesehen haben, gibt es für einen reellen Vektorraum zwei mögliche Ori-
entierungen. Viel schwieriger ist es, den Begriff der Orientierung für eine reelle
Mannigfaltigkeit, etwa eine Fläche, zu erklären. Das einfachste Beispiel für eine
nicht orientierbare Fläche ist das um 1850 entdeckte MÖBIUSband, das nicht nur
Anselm Wüßtegern und Sophie beschäftigt hat (mehr darüber in [P]):
3.4 Determinante eines Endemorphismus und Orientierung* 221
Aufgaben zu 3.4
1. Sei V ein K-Vektorraum, X die Menge aller Basen von V und ß E X. Zeigen Sie,
dass die Abbildung
<ll: X --+ GL(n; K), .A f-> T!J. = M~ (id)
bijektiv ist. Wie hängt <ll im Fall V = !Fr mit der in 3.4.3 definierten kanonischen
Bijektion
M: X --+ GL(n; IR)
zusammen?
2. Beweisen Sie, dass die Verbindbarkeil von Matrizen in GL(n; IR) eine Äquivalenzre-
lation in GL(n; IR) definiert.
3. Zeigen Sie, dass man eine invertierbare Matrix A E GL(n; K) durch Spaltenumfor-
mungen vom Typ Ili auf Diagonalgestalt bringen kann.
4. Zeigen Sie, dass in M(m x n; IR) je zwei Matrizen durch einen Weg verbindbar sind.
5. Beweisen Sie, dass GL(n; I[) zusammenhängend ist, das heißt, dass je zwei Matrizen
aus GL(n; I[) durch einen Weg in GL(n; C) verbunden sind.
Kapitel4
Eigenwerte
In Abschnitt 2.2.4 hatten wir für eine lineare Abbildung F: V -+ W ein Paar von
Basen konstruiert, bezüglich derer F durch
mit r = rang F dargestellt wird. Die nötigen Transformationsmatrizen sind ganz einfach
explizit zu berechnen (vgl. 2.7.6).
Zur Beschreibung eines Endomorphismus benutzt man eine einzige Basis, und ihre
Anpassung an eine lineare Abbildung ist weit schwieriger als wenn man zwei Basen
variieren kann. In die Matrizenrechnung übersetzt bedeutet diese Frage, zu einer qua-
dratischen Matrix A eine möglichst einfache ähnliche Matrix
B = SAS- 1
zu finden (vgl. 2.6.7). Insbesondere wird sich zeigen, daß man hierzu stärkere Hilfsmittel
aus der Algebra, nämlich Polynome höheren Grades benötigt, obwohl in der linearen
Algebra zunächst nur der Grad I interessiert. Die benutzten Tatsachen über Polynome
sind in Abschnitt 1.3 zusammengestellt.
Jedes vom Nullvektor verschiedene v E V mit F(v) = A.v heißt Eigenvektor von
F (zum Eigenwert A.).
Vorsicht! Man beachte, daß natürlich 0 E K ein Eigenwert sein kann, der Null-
vektor 0 E V jedoch nach Definition nie Eigenvektor ist.
Das zentrale Problem dieses Kapitels ist die Frage nach der Existenz und der
Vielfalt von Eigenvektoren. Dazu zunächst drei
Beispiele. a) Es sei V = JR2 undFeine Drehung um den Winkel a, die beschrie-
ben wird durch die Matrix
A = ( cos a - sin a ) .
sina cosa
e2
F (e,)
Bild4.1
Anschaulich ist klar, daß es mit Ausnahme der Fälle a = 0 und a = rr keinen
Eigenvektor geben kann.
b) Wir variieren das erste Beispiel, indem wir die Richtung von F(e 2 ) umkehren.
Dann ist die beschreibende Matrix
, ( cosa sina )
A =
sina - cosa
Wenn man die Gerade mit dem Winkel ~ einzeichnet, erkennt man, daß die Ab-
bildung Feine Spiegelung an dieser Geraden ist. Damit hat man zwei Eigenvek-
toren gefunden:
i
I. \ \ F(e,)
-u, = F(u,)
Bild4.2
c) Sei I C IR ein Intervall und V = V(!; IR) der unendlichdimensionale
IR-Vektorraum der auf I beliebig oft differenzierbaren Funktionen. Ein Endo-
morphismus ist gegeben durch
F: V---+ V, rp ~--* rp' .
ist für jedes c E IR* ein Eigenvektor zu 1.. Das ist ein erster Hinweis auf die
Bedeutung der Eigenwerttheorie für Differentialgleichungen (vgl. auch Aufgabe
3).
0).
An
0
sAs- 1 = ( A.O, "• n ) '
~F(",) 1
Bild 4.3
4.1.3. Bevor wir eine Methode angeben, Eigenwerte zu finden, beweisen wir den
Satz. Angenommen, F E End (V) hat paarweise verschiedene Eigenwerte
A. 1 , • •• , A."' wobein = dim V. Dann ist F diagonalisierbar.
226 4 Eigenwerte
4.1.4. Wie wir gesehen haben, gibt es höchstens n = dim V Eigenwerte, da-
gegen im allgemeinen sehr viel mehr Eigenvektoren. Daher ist es nützlich, alle
Eigenvektoren zu einem festen Eigenwert zusammenzufassen.
Definition. Ist F ein Endamorphismus von V und A E K, so nennen wir
Eig(F; A) := {v E V: F(v) = AV}
den Eigenraum von F bezüglich A.
Bemerkung.
a) Eig (F; A) C V ist ein Untervektorraum.
b) AistEigenwert von F <? Eig (F; A) #- {0}.
c) Eig (F; A) "- {0} ist die Menge der zu A gehörigen Eigenvektoren von F.
4.1 Beispiele und Definitionen 227
Aufgaben zu 4.1
1. Zeigen Sie: Ein nilpotenter Endamorphismus hat null als einzigen Eigenwert.
2. Gegeben sei die lineare Abbildung F: 7J(/; IR)--* 1J(I; IR) , rp 1-> qJ', wobei I c IR
ein Intervall ist.
a) Bestimmen Sie die reellen Eigenwerte von F.
b) Bestimmen Sie eine Basis von Eig(F, -I).
3. Sei I C IR ein offenes Intervall. Durch eine Matrix A E M(n x n; IR) ist das homogene
lineare Differentialgleichungssystem
y' = A. y
bestimmt; nach Aufgabe II zu 3.2 hat der zugehörige Lösungsraum
l-o = (rp E 7J(l; IR"): rp' = A · rp} C 1J(l; IR")
die Dimension n . Um Lösungen zu erhalten, kann man den Ansatz
rp(t) = e).1 • v
F(v)- J...v = 0
~ (F- J...idv)(v) = 0 wegen der Linearität,
~ Ker (F - J...idv) i= {0} nach der Definition des Kerns,
~ Im (F - "J...idv) i= V nach der Dimensionsformel aus 2.2.4,
~ rang (F - J...idv) < dim V nach Definition des Ranges,
~ det(F - J...idv) = 0 nach 3.4.1. D
4.2.2. Durch die obige Bemerkung ist die Suche nach Eigenwerten zurückge-
führt auf die Suche nach Nullstellen der Abbildung
h: K--> K, J... r+ det(F- J...id v).
Diese nennen wir die charakteristische Funktion von F. Wir zeigen, daß sie
durch ein Polynom beschrieben wird.
Sei dazu A eine Basis von V und A = MA(F) . Ist t eine Unbestimmte, so
definieren wir
an2
Die Definition dieser Determinante ist etwas problematisch, weil in der Matrix
die Unbestimmte t vorkommt. Man hat mehrere Möglichkeiten, damit umzuge-
hen:
4.2 Das charakteristische Polynom 229
1) Man kann für t beliebige A E K einsetzen und damit rechnen. Für unendli-
ches K ist das nach Korollar 2 aus 1.3.8 keine Einschränkung.
2) Man kann die Determinante formal nach der Formel von LEIBNIZ aus 3.2.5
ausrechnen. Eine Rechtfertigung dafür wurde in 3.2.8 gegeben.
3) Man kann die Einträge von A - t · En als Elemente des Körpers K(t) der
rationalen Funktionen ansehen (vgl. Aufgabe 10 in 1.3).
Das Ergebnis der Rechnung ist
PA (t) = (a11 - t) · ... · (ann - t) + Q ,
wobei der erste Summand zur identischen Permutation gehört und Q die rest-
liche Summe über Sn'-- (id} ist. Da in einem Summanden von Q als Faktoren
höchstens n - 2 Diagonalkomponenten auftreten können, ist Q ein Polynom
vom Grad höchstens n - 2. Nun ist
(a11- t) · ... · (ann- t) = (-1)"tn + (-1)n - l(all + ... +ann)tn- I + Ql,
wobei Q1 ein Polynom vom Grad höchstens n -2 ist. Also ist PA(t) ein Polynom
vom Grad n mit Koeffizienten aus K, d.h. es gibt a 0 , . • . , an E K, so daß
PA(t) = antn + an-Itn - I + ... + a1t + ao.
Dabei ist
( -1)n'
( - l)n- I(a 11 + ... +ann) und
a0 detA.
Man nennt (a 11 + ... +ann) auch die Spur von A. Die Koeffizienten a 1, . . . , an-z
sind nicht so leicht aufzuschreiben, sie haben auch keine speziellen Namen.
Diese Überlegung zeigt, daß PA(t) ein Element des Polynomrings K[t] ist
(siehe 1.3.6). Man nennt
PA(t) = det(A- t · E n) E K[t]
das charakteristische Polynom der (n x n)-Matrix A.
Setzt man für die Unbekannte t ein A E K ein, so erhält man eine Abbildung
PA: K __,.. K' A ~ PA(A) .
Nun zurück zu F . Für jedes A E K ist
MA(F - A · idv) = A- A · E n.
Also ist
det(F - A · idv) = det(A - A · En) = PA(A),
d.h. die charakteristische Funktion von F ist beschrieben durch das charakteris-
tische Polynom von A.
230 4 Eigenwerte
4.2.3. Damit ist gezeigt, daß das charakteristische Polynom der darstellenden
Matrix nicht von der Wahl der Basis abhängt. Also ist folgende Definition sinn-
voll:
SeiFein Endamorphismus und A eine Basis von V. Ist A = MA(F), so nennen
w1r
PF(t) := PA(t)
das charakteristische Polynom von F.
Insgesamt haben wir folgendes bewiesen:
Satz. Sei V ein K- Vektorraum der Dimension n < oo und F ein Endamorphis-
mus von V. Dann hat das charakteristische Polynom PF(t) E K[t] diefolgenden
Eigenschaften:
1) deg PF = n.
2) PF beschreibt die Abbildung K -c> K,).. ~ det(F- )..idv ).
3) Die Nullstellen von PF sind die Eigenwerte von F.
4) Ist A eine Matrix, die F darstellt, so ist PF(t) = det(A - t · E"). 0
Bemerkung. Ist ein Endamorphismus A: K" --+ K" durch die Matrix
A E M(n x n; K) gegeben, so ist der Eigenraum Eig (A; A.) für jedes A. E K
der Lösungsraum des homogenen linearen Gleichungssystems
(A- A.En)x = 0 . D
A = ( cosa - sina )
sma cos a
die Matrix einer Drehung im IR 2 (vgl. 2.1.1), so ist
PA(t) = t 2 - 2t COSO! + 1.
Dieses quadratische Polynom hat nach 1.3.9 genau dann eine reelle Wurzel,
wenn
4 cos 2 a - 4 ::: 0 , d.h. cos 2 a =1
gilt. Das ist nur für a = 0 und a = rr der Fall. Diese beiden Drehungen sind
trivialerweise diagonalisierbar, alle anderen Drehungen besitzen keine Eigenvek-
toren. Damit ist noch einmal durch die allgemeine Theorie bestätigt, was wir in
4.1.1 anschaulich gesehen hatten.
b) Für eine Spiegelung
A =( :~:= -s~::a )
ist PA (t) = t 2 - 1 = (t + 1)(t - 1). Also ist A nach 4.1. 3 diagonalisierbar, was
wir in 4.1.1 schon direkt bewiesen hatten.
c) Für
A = ( -1 6)
-1 4
ist PA(t) = t 2 -3t+2 = (t-1)(t-2). Setzen wir A 1 = A- E 2 , A 2 = A-2E2 ,
so haben wir die linearen Gleichungssysteme
das sind also Eigenvektoren zu den Eigenwerten 1 und 2. Zur Kontrolle berechnet
232 4 Eigenwerte
man
s. A. s- 1 = ( 1 -2 ) ( -1 6 ) ( 3 2 ) = ( 1 0 ) .
-1 3 -1 4 I 1 0 2
d) Ist
~3
nI ·I=~
-1 -t -I 1
A ( - 2 so ist PA= -3 -2- t 3
-2 -2 -2 -2 3-t
-t ·I -2-1
-2
3
3- t + 3 3-t 1- ·I 2
-1
-2- I 3
-(t- 1) 2 (1 + 1).
Darauf kommen wir in 4.3.4 zurück.
Es darf nicht verschwiegen werden, daß die Beispiele c) und d) sehr künstlich
sind, weil man die Nullstellen der charakteristischen Polynome mehr oder weni-
ger schnell erkennen kann. Ist das nicht der Fall, so muß man die Methoden der
Numerik verwenden, um die Nullstellen näherungsweise zu berechnen. Wie man
ebenfalls in der Numerik lernt, gibt es Verfahren, Eigenwerte und Eigenvektoren
in einem Aufwasch gemeinsam zu approximieren. Das hier angegebene Verfah-
ren, zuerst die Eigenwerte und anschließend die Eigenvektoren zu suchen, hilft
nur für die Theorie und in besonderen Glücksfällen, die bei den hier behandelten
Beispielen inszeniert wurden. Dennoch haben derartige Beispiele einen Sinn:
man kann erst einmal ohne Ablenkung durch größeren Rechenaufwand einen
Lösungsweg deutlich erkennen.
Aufgaben zu 4.2
1. Berechnen Sie das charakteristische Polynom, die Eigenwerte und Eigenvektoren von
( ~ ~~ ) und ( -~ ~ -~ )
2 -2 1 -4 0 6
A= 0
0
0 -an - 1
das charakteristische Polynom PA(t) = (-l)"(t" +a11 _ 1tn - l + ... +a 1t +ao) besitzt.
5. Sei A E M(n x n; K) und <I>: M(n x n; K) --+ M(n x n ; K) der Endomorphismus,
der durch die Linksmultiplikation mit A gegeben ist, das heißt <1>(8) = AB. Zeigen Sie,
dass für die charakteristischen Polynome von A und <I> gilt: P<t> = (PA )11 •
234 4 Eigenwerte
4.3 Diagonalisierung
4.3.1. Zunächst halten wir als Ergebnis der vorhergehenden Abschnitte folgen-
des fest:
Satz. SeiFein Endamorphismus von V mit n = dimV. Dann gilt:
1) ist F diagonalisierbar, so ist PF = ±(t- A1) • ••• • (t- A"), d.h. das charak-
teristische Polynom zerfällt in Linearfaktoren.
2) Ist PF = ±(t- A1) • •• • • (t- A") mit paarweise verschiedenen A1 , ••• , A",
so ist F diagonalisierbar.
Beweis. 1) ist klar, weil man das charakteristische Polynom mit Hilfe einer Basis
aus Eigenvektoren berechnen kann, und
0
) = (A, - t) ..... (A" - t).
An- t
4.3.2. Nach 4.3.1 bleibt also zu klären, wann F im Falle mehrfacher Nullstel-
len des charakteristischen Polynoms noch diagonalisierbar ist. Zu diesem Zweck
fassen wir in PF gleiche Linearfaktoren zusammen, d.h. wir schreiben
wobei die A1 , ••• , Ak paarweise verschieden sind, 1 :::: ri :::: n für i = 1, ... , k
und r 1 + ... + '"k = n. Der Exponent ri ist die Vielfachheit der Nullstelle Ai von
PF, in der Notation von 1.3.8 ist ri = J.t(PF; Ai). Andererseits gehört zu Ai der
Eigenraum Eig (F; Ai).
Lemma. Ist A Eigenwert von F, so gilt 1 :::: dimEig (F; A) :::: J.t(PF; A).
Beweis. Sei v 1, ••• , Vs eine Basis von Eig (F; A). Die Ungleichung 1 :::: s ist
klar, da A Eigenwert ist. Zum Beweis der zweiten Ungleichung ergänzen wir die
Basis von Eig (F; A) zu einer Basis
4.3 Diagonalisierung 235
*
0
0 A'
4.3.3. Nun können wir zeigen, daß die obigen Ungleichungen ein leicht nach-
prüfbares Kriterium für die Diagonalisierbarkeit ergeben. Um den Beweis kürzer
und die Aussage klarer zu machen, benutzen wir die in 1.6.4 bereitgestellten Tat-
sachen über direkte Summen.
Theorem. Sei V ein endlichdimensionaler K- Vektorraum und F E End (V).
Dann sind die folgenden Bedingungen äquivalent:
i) Fist diagonalisierbar.
Beweis. i) => ii). Ist F diagonalisierbar, so ordnen wir die Basis von V aus Ei-
genvektoren entsprechend den verschiedenen Eigenwerten A1, .•• , Ab d.h. für
i = I, ... , k betrachten wir eine Basis
(v~il, ... ,v;;l) von Eig(F;A;) .
Setzen wirr; := J.L(PF, A;), so gilt
s1 + ... + Sk = n, r1 + ... + rk = n und S; :::; r; .
Das geht nur, wenn s; = r; für alle i, das ist Bedingung ii) b).
ii) => iii). Sei W := Eig (F; ). 1 ) + ... + Eig (F ; f.k). Nach Lemma 4.1.3 und der
Definition der direkten Summe in 1.6.4 gilt
W = Eig (F; A1) EB ... EB Eig (F; f.k).
236 4 Eigenwerte
Aus ii) und Bedingung iii) in Satz 1.6.4 folgt dim W = r 1 + ... + rk = n, also ist
W=V .
. des 1. E {I , . .. , k} se1. B; = ( v1Ul , .. . , vs,Ul) eme
..m.) => 1.) . F..ur Je . . von
B as1s
Eig (F; J..;). Nach 1.6.4 ist
B := (v~ 1 l, ... , v; ll, ... , v~kl,
1 ... , v;;))
l
eine Basis von V, und da sie nach Definition aus Eigenvektoren besteht, ist F
diagonalisierbar. Insbesondere ist s ; = r; für alle i und
AJ
,,-mru
l
AJ 0
Mß(F) =
0 Ak
,,.mru
Ak 0
A := MJC(F) = ( -~ =~ 1
3
3
)
-2 -2
und PF = -1 3 + t 2 + t - 1 = -(t- 1) 2 (! + 1). Also sind A. 1 = 1 und A. 2 = -1
die beiden einzigen Eigenwerte von F. Eig (F; 1) ist der Lösungsraum von
(=~ _;~ -2 -2
1
3- 1
~ ) . ( :~
X3
) = ( ~)
0
'
( -~ ~ +~
-2
_;
-2
1
3 1
) . ( :~
X3
) = ( ~
0
)
umgeformt
x, - Xz + x3 = 0, -4x2 + 6x3 = 0.
Es ist also J.I..(PF; -1) = 1 = dimEig (F; -1), und (1, 3, 2) ist eine Basis von
Eig (F; -1). Somit ist
ß = ((1, 0, 1), (0, 1, 1), (1, 3, 2))
eine Basis von JR bestehend aus Eigenvektoren von F . Für die Transformati-
3,
s-' = ( ~ ~
I
0
2
) also s= ~ -~ =~ ~ )
(
1 1 -1
Für
D := ( ~ 0 ~)
0 0 - 1
muß somit D = SAS - 1 gelten, was man zur Kontrolle der Rechnung benutzen
kann.
238 4 Eigenwerte
4.3.5. Ist eine Masse an einer Feder aufgehängt und zur Zeit t = 0 in senkrech-
ter Richtung in die Position y(O) = a mit Geschwindigkeit y(O) = ß ausge-
lenkt, so ist die weitere Bewegung bestimmt durch die Differentialgleichung der
gedämpften Schwingung
y + 2Jly + w 2 y = 0, y(O) = a , y(O) = ß.
Bild 4.4
Dabei sind w , Jl E JR+ Konstanten, w ist durch die Feder und Jl durch die Rei-
bung bestimmt. Wie üblich macht man daraus mit y 0 = y und y 1 = y das lineare
System erster Ordnung
Yo y, , Yo(O) = a ,
y, -W 2 Yo- 2JlYI , Y1 (0) = ß ·
Das führt auf die Matrix mit von t unabhängigen Einträgen
A = ( _: 2 -~Jl )
Entscheidend für die Art der Bewegung ist die Diskriminante Jl 2 - w2 . Es sind
drei Fälle möglich.
1) 0 ~ Jl < w, d.h. Jl 2 - w2 < 0, (schwache Dämpfung)
4.3 Diagonalisierung 239
A - A.E2 = ( w2 1 )
-0) -0)
hat den Rang 1, also ist dimEig (A; -w) = 1, und A ist nicht diagonalisierbar.
In 4.4 werden wir sehen, daß A trigonalisierbar ist.
Im Fall1) gibt es keine reellen Eigenwerte, dafür aber zwei verschiedene kom-
plexe. Also ist A komplex diagonalisierbar, man kann also zunächst komplexe
und daraus reelle Lösungen berechnen. Die explizite Durchführung der Lösung
von(*) überlassen wir dem Leser (Aufgabe 4 und Aufgabe 4 zu 4.4).
4.3.6. Gelegentlich tritt das Problem auf, daß man zwei oder mehrere Enda-
morphismen mit einer gemeinsamen Basis diagonalisieren will (man nennt das
simultane Diagonalisierung). Daß dies nicht immer gehen kann, sieht man am
schnellsten mit Matrizen: Gibt es zu A , B E M(n x n; K) ein S E GL (n ; K)
mit
SAs- I = D und sss-I = fj ,
wobei D und iJ Diagonalmatrizen bezeichnen, so folgt aus D · iJ = iJ · D, daß
s. A = s- 1 bs . s- 1 DS = s- 1 DS. s- 1 bs = A. s.
Erfreulicherweise ist die Vertauschbarkeit auch hinreichend. Es gilt also:
Satz. Zwei diagonalisierbare Endomorphismen F, G E End K(V) sind genau dann
simultan diagonalisierbar, wenn F o G = G o F .
Beweis. Nach Voraussetzung hat man die Zerlegungen in Eigenräume
= Eig (F ; A.J) EB .. . EB Eig (F; A.k)
V
= Eig (G; !LI) EB ... EB Eig (G ; J.il ),
wobei A.; bzw. J.i J die Eigenwerte von F bzw. G bezeichnen. Wir halten ein A.
fest und betrachten
W := Eig (F; A.).
Ist w E W, so ist F(G(w)) = G(F(w)) = G(A.w) = A.G(w), also ist W auch
G-invariant (vgl. 4.4.1). Wir definieren
W1 :=WnEig(G;JL1) fürj=l, ... ,/,
240 4 Eigenwerte
und es genügt zu zeigen, daß W = W 1 EEJ ... EEJ W1, da dies dann für alle Eigenwerte
von F gilt. Wegen Lemma 4.1.3 ist nur zu zeigen, daß
W= W 1 + ... +W, .
Zu w E W gibt es w 1 E Eig (G; /AJ), so daß w = w 1 + ... + w 1• Daraus folgt
F(w) = F(w!) + ... + F(w1)
= A.w = A.w 1 + ... + A.w1 ,
daher ist wegen der Eindeutigkeit in der direkten Summe
F(w 1) = A.w 1 , also w 1 E Wund somit w 1 E W1 . 0
Aufgaben zu 4.3
1. Beweisen Sie Teil 2) von Satz 4.3.1 mit Hilfe von Theorem 4.3.3.
(~: n
3. Für welche a, b E IR ist die Matrix
diagonalisierbar?
4. Wir betrachten das Differentialgleichungssystem mit Anfangswertbedingung
y= A · y, Yo(O) = a , Yl (0) = ß (*)
für die gedämpfte Schwingung (siehe 4.3.5), wobei
A = ( _: 2 -~~ ) ·
a) Im Fall ~ > w ist A (reell) diagonalisierbar. Bestimmen Sie eine Basis des Ii aus
Eigenvektoren von A und geben Sie eine Basis des Lösungsraums von y = A · y an
(vgl. Aufgabe 3 zu 4.1). Wie sieht die Lösung von(*) aus?
b) Im Fall~ < w ist A E M(2 x 2; IC) komplex diagonalisierbar. Bestimmen Sie die
Eigenwerte von A und geben Sie eine Basis des e
aus Eigenvektoren von A an. Ist
4.3 Diagonalisierung 241
>.. EI[ Eigenwert von A zum Eigenvektor v E C2 , so ist re e'' · v, im e'' · v eine Basis
des Lösungsraums von y = A · y ([Fo2], §13). Bestimmen Sie auch in diesem Fall
die Lösung von(*).
A ~ ~: I~ ~;) ~
( : B ( -: ; =i ;i)
aus M(4 x4; IR) simultan, d. h. bestimmen Sie eine Matrix SE GL(4; IR), so dass SAs- 1
und SBS- 1 Diagonalmatrizen sind.
6. Seien A , B E M(n x n ; K) mit AB = BA und alle Eigenwerte von A und B seien
einfach. Dann gilt: A und B haben die gleichen Eigenvektoren.
7. Zeigen Sie, dass es für >.. E K und natürliche Zahlen IJ., n mit I :s: iJ. :s: n stets eine
Matrix A E M(n x n ; K) gibt mit {I.( PA;)..)= Jl. und dim Eig(A; )..) = I.
8. Es sei K ein Körper mit char K # 2. Zeigen Sie, dass die Lösungen der Gleichung
A 2 = Ez in M(2 x 2; K) genau von derfolgenden Gestalt sind:
4.4 Trigonalisierung*
Wie wir in 4.3.3 gesehen hatten, gibt es zwei Bedingungen für die Diagonalisierbarkeit
eines Endomorphismus:
a) Das charakteristische Polynom muß in Linearfaktoren zerfallen, und
b) die Dimensionen der Eigenräume müssen gleich den Vielfachheilen der Eigen-
werte sein.
In diesem Abschnitt zeigen wir, daß ein Endomorphismus, der nur Bedingung a) erfüllt,
wenigstens durch eine obere Dreiecksmatrix beschrieben werden kann.
4.4.1. Um die geometrischen Eigenschaften komplizierter Endamorphismen
besser verstehen zu können, sind ein paar neue Begriffe nützlich.
Definition. Sei F: V ~ V ein Endamorphismus und W c V ein Untervektor-
raum. W heißt F-invariant, wenn F(W) C W.
Es gibt stets die trivialen, aber nutzlosen Beispiele W = {0} und W = V. Je
mehr weitere invariante Unterräume existieren, desto übersichtlicher ist ein En-
domorphismus. Ist etwa F diagonalisierbar und (v 1 , ••. , v") eine Basis aus Ei-
genvektoren, so ist
V = W1 EB . .. EB W" mit W; =K · V;
Beweis. Wir ergänzen eine Basis ß' von W zu einer Basis ß von V. Dann ist
MB(F ) =( MB·(FIW) A* ) ,
0
also PF = PFIII' ·PA nach D9 in 3.1.3. 0
4.4 Trigonalisierung* 243
Beispiel. In IQl[t] hat das Polynom t"- 2 für n 2: 2 keinen Teiler kleineren Grades
(Aufgabe 1). Also hat der durch
4.4.2. Sei A E M(n x n; K) eine obere Dreiecksmatrix, d.h. aiJ = 0 für i > j.
Unter dem Endamorphismus Ades K" sind die Untervektorräume
W, := span (e 1 , ••• , e,)
für I ::S r ::S n invariant. Das motiviert die
Definition. Unter einer Fahne (V,) in einem n -dimensionalen Vektorraum V ver-
steht man eine Kette
{0} = Vo C V, C . .. C Vn =V
von Untervektorräumen mit dim V, = r. Ist F E End (V), so heißt die Fahne
F-invariant, wenn
F(V,) c V, für aller E {0, .. . , n).
Man kann sich V0 als Befestigungspunkt, V 1 als Stange und V2 als Tuch der
Fahne vorstellen.
Bild4.5
Mit Hilfe jeder Basis eines Vektorraumes kann man viele Fahnen konstruie-
ren, aber aus der Existenz einer F -invarianten Fahne folgt insbesondere wegen
F ( V1) C V 1, daß es einen Eigenvektor geben muß.
244 4 Eigenwerte
i) Fist trigonalisierbar.
ii) Das charakteristische Polynom PF zerfällt in Linearfaktoren, d.h.
PF = ±(t- AI) · ... · (t- A11 ) mit AI, . . . , A11 E K.
und
~I ···
[jl2
Ms(F) = [ ; B
GJn
0
V1 ist F -invariant, W im allgemeinen nicht; das Hindernis dagegen sind die Ein-
träge a 12 , •• • , a 1" . Der Ausweg ist folgender: Durch
H(w 1) = aiJvl und G(w1) = a21w2 + ... + G11JW 11
sind lineare Abbildungen H : W ~ V1 und G : W ~ W erklärt mit
F(w) = H(w) + G(w) für alle w E W .
F(W)
Bild4.6
Für die charakteristischen Polynome gilt
PF = (A.J - t) · PG , also PG = (A.2 - t) · .. . · (A.n - t) .
Die Induktionsvoraussetzung angewandt auf W ergibt eine G-invariante Fahne
{0} = Wo C . . . C Wn - l = W ,
246 4 Eigenwerte
und wir behaupten, daß durch V, := V 1 + W,_ 1 eine F -invariante Fahne gegeben
ist. Das folgt aus
F(J-LVt + w) = AtJ-LVt + H(w) + G(w)
wegen H(w) E VI und G(w) E w,_[ für w E Wr- l· 0
4.4.4. Obwohl obiger Satz sehr nützlich ist, muß man doch bemerken, daß die
Beweismethode nicht genügend sorgfältig auf die Geometrie der Abbildung
achtet.
Beispiel. Ist F E End (ll~?) gegeben durch die Diagonalmatrix
D=(~ ~)·
so kann man mit v 1 = e 1 und :A 1 = I beginnen. Die Ergänzung durch w 2 ist
beliebig: wählt man etwa w 2 = (-I , 1), so wird
A = MB(F) = ( ~ ~) ,
und damit ist die schöne Diagonalmatrix versaut. Auch vom algebraischen
Standpunkt hat A eine unangenehme Eigenschaft. Es ist
A = D +N mit N = ( ~ ~) .
In 4.6 wird gezeigt, wie man den nilpotenten Anteil N auf eine der Abbildung
angepaßte Normalform bringen kann.
4.4.5. Wir geben nun ein Rechenverfahren zur Trigonalisierung eines Endamor-
phismus an. Es genügt dazu, eine Matrix A E M(n x n; K) zu betrachten, für
die
PA=±(t-At)· ... ·(t-An) mit A[, . . . ,AnEK.
Gesucht ist eine Matrix SE GL (n; K), so daß
D := S · A · s - t
eine obere Dreiecksmatrix ist. Der Beweis des Trigonalisierungssatzes 4.4.3 er-
gibt das folgende Iterationsverfahren.
4.4 Trigonalisierung* 247
1. Schritt: Wir betrachten W1 = K" mit der Basis ß 1 = Kund dem Endomor-
phismus A 1 = A . Zu )q berechnet man einen Eigenvektor v 1 E K". Nach dem
Austauschlemma 1.5.4 bestimmt man ein j 1 E {I, . . . , n}, so daß
ß 2 := (v) , e), . .. , -ej,, ... , en )
wieder eine Basis von K" ist. Das Zeichen ~ bedeutet dabei, daß e1, ausgelassen
wird. Wir betrachten die Transformationsmatrix
S I- 1 ·-TB'
· - B,
mit der Basis ß 2 als Spalten. Dann ist
2. Schritt: Wir betrachten W2 mit der Basis B; = ( e 1, • • • , e)t , ... , e") und dem
Endamorphismus A;.
Es ist
PA; = ±(t - A2) · . .. · (t - An ).
Zu f-2 berechnet man einen Eigenvektor v2 E W2, und man wählt ein h i= j 1, so
daß
B; == (vz, e, , .. . , eJI' . .. , eh, .. . , e" )
eine Basis von W2 , also
ß 3 =(v, , v2 , e1, ... ,"'ij1 , ••• , e h,· ·· , en)
eine Basis von K" ist. Mit der Transformationsmatrix S11 = T:,' erhält man
AJ
* *
0 f- 2
* *
A3 = s2. A. s :; 1 = 0
A'3
0 0
Bei der Berechnung von S2 kann man benutzen, daß
TßB'1 -- T:B'
ß1
. T:B'
ß2
und B.~- r~m
TB2 - ·· :
B'
TB,'
2
0
0
248 4 Eigenwerte
Spätestens im (n- I )-ten Schritt erhält man eine obere Dreiecksmatrix A", denn
A;, ist eine (1 x 1)-Matrix. Also ist
D := A" = S" _I · A · S,~~~
eine obere Dreiecksmatrix.
Vorsicht! Die im ersten Schritt berechnete erste Zeile von A 2 kann sich in jedem
der folgenden Schritte wieder ändern, analog für die anderen Zeilen. Das ist nicht
angenehm.
Beispiel. Sei K = IR, n = 3 und
Dann ist PA = - ( t - 2) 3, also ).. 1 = ;..2 = )..3 = 2. Wegen rang (A- 2E3) = 2
ist
dimEig(A; 2) = 1 < 3 = J.I.(PA; 2) ,
also ist A nicht diagonalisierbar. Die Iteration läuft wie folgt:
1. Schritt: v1 = (I, -I, 1), } I = 1, ß2 = (v 1, e2, e3 ),
S; 1 = ( -~ ~ ~)
I 0 1
S1 = ( ~ ~)
O
-1 0 1
A2 = St · A · S; 1 = ( 02142
4 3)
01-2 0
Aufgaben zu 4.4
1. Zeigen Sie, dass das Polynom t'' - 2 E IQ[t] für n ;::: 2 keinen Teiler P E IQ[t] mit
I :S deg P :S n - I besitzt.
2. Trigonalisieren Sie mit dem Verfahren aus 4.4.5 die Matrizen
3. Zeigen Sie mit Induktion nach n = dim V: Ist V ein endlichdimensionaler K- Vektorraum
und F: V -+ V ein nilpotenter Endomorphismus, so existiert eine Basis ß von V mit
A = ( _: 2 -~~)
im Fall ~ = w trigonalisierbar ist, und bestimmen Sie eine Matrix S E GL(2; IR), so
dass 8 = SAs- I obere Dreiecksmatrix ist. Das System y = A · y geht somit durch die
Substitution z = Sy über in z = 8 · z, und es reicht, das (einfachere) System z = 8 · z
zu lösen. Bestimmen Sie auf diese Weise eine Basis des Lösungsraums von y = A · y
und lösen (*)in 4.3.5 auch im aperiodischen Grenzfall.
250 4 Eigenwerte
ein F -invarianter Unterraum von V mit 1 ::0 dim W ::0 r ist. Ist P (F) = 0, so
kann man diese Konstruktion mitjedem beliebigen v starten.
Beispiel. Sei F diagonalisierbar mit den paarweise verschiedenen Eigenwerten
Ak und
).. 1, • • • ,
Beweis. Man kann den Endamorphismus F von V mit Hilfe einer Basis durch
eine Matrix A E M(n x n; K) beschreiben. Also genügt es, den Satz dafür zu
beweisen.
Für n = 1 ist die Aussage trivial, für n = 2 kann man sie noch durch direkte
Rechnung mit Matrizen beweisen. Im allgemeinen Fall benutzen wir, wie oben
erläutert, Matrizen mit Einträgen aus den kommutativen Ringen K[t] und K [A].
Zunächst sei
B(t) := '(A- tE11 ) E M(n X n ; K[t]).
Die Einträge von B (t) außerhalb der Diagonalen sind Elemente von K, und in
der Diagonalen stehen lineare Polynome, es ist
detß(t) = PA(t) E K[t] .
Nun wird die Unbestimmte t durch die Matrix A und jeder Eintrag a,-1 durch
a,1 En ersetzt. Das ergibt
GttEn- A Gz t En ··· Gn[En )
B(A) = ( : : : E M(n x n; K[A]).
GJnEn a2nEn ... GnnEn- A
Diese Matrix kann mit einer Spalte multipliziert werden, deren Einträge Spalten-
vektoren des K" sind. Insbesondere ist
B(A) ( el)
. -
(all et-Ae t+Gztez + .. . +anlen)
. . . -
(0)
. (**)
~~~ - a1:,e1 + Gzne2 + .:.. + annen - A:e" - ~ .
Nun sei s=(t) E M(n x n ; K[t]) die in 3.3.1 erklärte, zu B(t) komplementäre
Matrix. Ihre Einträge sind entsprechend der Definition Polynome vom Grad
:::: n- 1, und es gilt wegen(*)
B n(t) · B(t) = PA(t) · En.
Setzt man auf beiden Seiten A für t ein, so folgt mit Hilfe von(**)
Da PA(A) auf einer Basis die Werte 0 E K" hat, ist PA (A) = 0 als Matrix. 0
Dieser Beweis ist extrem kurz und elegant, aber für einen Geometer
mag er wie algebraischer Hokuspokus aussehen. Daher noch ein anderer
4.5 Potenzen eines Endomorphismus* 253
Beweis, bei dem man vielleicht besser ein Gefühl dafür bekommen kann,
warum die Kombination PF(F) von Potenzen von Falles in V zu Null macht.
Zunächst betrachten wir den Spezialfall K = C. Nach 4.4.3 ist F trigonali-
sierbar, d.h. es gibt eine F-invariante Fahne
{0} = V0 c V 1 C .. . c V" = V .
Ist ß = (v 1 , ••• , vn) eine Basis von V mit V; = span (v 1, •• • , v;) für
i = 1, . .. , n, so ist
AJ *)
Ms(F) =(
0 An '
*
Ä,.
füri = 1, ... , m .
Lemma. Jeder Endamorphismus F eines reellen Vektorraumes V mit
dim V 2: 1 hat einen invarianten Unterraum W mit I ::=:: dim W ::=:: 2.
Beweis des Lemmas. Nach 1.3.10 gibt es eine Zerlegung
PF = ±(t- ÄJ) · ... · (t- Ä,) · Q J(t) · .. . · Qm(t)
mit Q; (t) = t 2 + b; t + C; und bf- 4c; < 0. Ist r 2: 1, so gibt es einen Eigenvektor
v1 zu Ä 1, und W = lR · v1 ist invariant.
Im Fall r = 0 starten wir mit einem beliebigen 0 i= v E V. Nach CAYLEY-
HAMILTON ist
PF(F)(v) = (Q 1 (F) o . .. o Qm(F)) (v) = 0.
Also gibt es ein eindeutig bestimmtes i E { 1, ... , m} mit
w := (Q;+ 1 (F) o ... o Qm(F)) (v) i= 0 und Q ; (F)(w) = 0,
4.5 Potenzen eines Endomorphismus* 255
Den Beweis des Theorems führt man schrittweise nach dem Muster des Induk-
tionsbeweises von Satz 4.4.3. In der ersten Etappe baut man die Eigenräume ab,
in der zweiten die zweidimensionalen invarianten Unterräume. Das ergibt eine
Folge von Zerlegungen
V = Vo EB W1 = V1 EB Wz = Vz EB W3 = ... =V,. EB W,.+l
= V,.+z EB W,-+3 = Vr+4 EB Wr+5 = ... = Vr+2m EB W,.+2m+l,
wobei W1 = V, W, +2m+l = {0} und
{0} = Vo C V1 C . .. C V,. C V, +2 C . .. C Vr+2m =V
mit dimV1 = j und F(V1) C V1. Dazu verwendet man die eindeutige Zerlegung
von
4.5.5. Nun wollen wir das in 4 .5.2 begonnene und durch den Satz von CAYLEY-
HAMILTON unterbrochene Spiel mit den Polynomen noch etwas weiter treiben.
Satz. Zu jedem Ideal I C K [t] mit I# {0} gibt es ein eindeutiges Polynom M
mit folgenden Eigenschaften:
1) M ist normiert, d.h. M = t d + ... , wobei d = deg M .
2) Für j edes P EI gibt es ein Q E K[t] mit P = Q · M .
4.5.6. Es ist in der Geometrie eines Endamorphismus begründet, wie weit sich
das Minimalpolynom vom charakteristischen Polynom unterscheidet.
Beispiel. Sei
0 1
0
1
0
A= E M (n x n ; K),
0
0
0
wobei d - 1 mit 1 :::; d :::; n die Anzahl der Einsen in der Nebendiagonalen
bezeichnet. Das bedeutet
A (e!) = 0, A(e 2 ) = e1 , . . . , A(ed) = ed_ 1 und A(ei) = 0 sonst.
Für die Potenzen A 1 mit 1 :::; l :::; d gilt A 1(ed) = ed_z, also ist Ad = 0, aber
Ad- 1 # 0. Daraus folgt
PA = ±tn , MA = td .
Im Extremfall d = 1 ist A = 0 und PA = ±MA:.
Allgemein gilt folgende Beziehung zwischen charakteristischem Polynom Pp
und Minimalpolynom M p:
4.5 Potenzen eines Endomorphismus* 257
Beweis. I) folgt sofort aus dem Satz von CAYLE Y-HAMILTON. Zum Beweis von
2) wollen wir voraussetzen, daß K Unterkörper von IC ist. Im allgemeinen Fall
kann man einen algebraischen Abschluß K verwenden, aber so weit wollen wir
nicht in die Algebra ausschweifen (vgl. [F-S]).
Wir können F ersetzen durch A E M(n x n; K) . Die Polynome MA und PA
zerfallen über IC in Linearfaktoren (vgl. 1.3.9). Zunächst betrachten wir
PA = ±(t - AJ)'' ... . . (t- Ak)'' ,
wobei A. 1, . . . , A.k E IC paarweise verschieden sind. Aus Teil I) folgt
MA = (t - A. 1 ) ' ' • ••• • (t - A.k)'' mit 0 :::: s; :::: r; für i = I, .. . , k,
d.h. M A hat keine weiteren Linearfaktoren. Wir zeigen, daß keiner fehlt, d.h. daß
S; :::: I ist für alle i . Angenommen s; = 0 für ein i. Dann nehmen wir einen
Eigenvektor V; E IC" zu A.; und wenden MA(A ) darauf an. Mit der gleichen
Rechnung wie im Beispiel4.5.1 folgt
MA(A)(v;) '# 0
im Widerspruch zu MA(A) = 0. Nun definieren wir
Q := (t - AJ)"' ' - " · . . . · (l - A.dns, - r, E IC[t].
Nach Definition von Q gilt M~ = ±Q · PA, und da M~ . PA E K[t] folgt
Q E K[t] (Aufgabe 5 zu 1.3). D
M B(F) =
(00 ·. 0*)
258 4 Eigenwerte
Beweis. i) bedeutet rk E I p. Also ist Mp = t" mit I _::: d _::: n und Pr = ±t".
Das zeigt i) => ii) und iii). Der Trigonalisierungssatz 4.4.3 enthält iii) => iv).
Schließlich folgt iv) => i) nach Aufgabe 2 zu 2.5. D
Aufgaben zu 4.5
1. Sei F: V --+ V linear und P E K[t]. Zeigen Sie: Ist). E Kein Eigenwert von F , so
ist P(A.) ein Eigenwert von P(F).
2. Ist F: V --+ V linear und P, Q E K[t] , so ist
P(F) o Q(F) = Q(F) o P(F) = (P · Q)(F).
a) Die Abbildung <Pr: K[t] --+ End(V) , P(t) t--> P(F) ist ein Homomorphismus von
Ringen und von K- Vektorräumen.
b) K[F] = {P(F): P E K[t]} ist ein kommutativer Unterring von End( V).
c) Ist dim V = n < oo, so existiert ein normiertes Polynom P E K[r] vom Grad ::: ,j2
mit P(F) = 0. (Hinweis: Betrachten Sie id, F , F 2 , ... , F" 1 .)
4. Beweisen Sie den Satz von CAYLEY-HAMILTON durch direkte Rechnung für Matri-
zen
A E M(2 x 2; K).
5. Beweisen Sie den Satz von CAYLEY-HAMILTON für einen diagonalierbaren Endo-
morphismus.
6. Geben Sie noch einen anderen Beweis des Satzes von CAYLEY-HAMILTON durch
Induktion nach n = dim V mit der folgenden Methode:
a) Zeigen Sie, dass F(W) C Wund berechnen Sie Pc(t) für G := Fl W (siehe Aufga-
be 4 in 4.2) .
c) Folgern Sie daraus im Fall k < n mit der Bemerkung aus 4.4.4 und der Induktions-
annahme, dass Pr(F) = 0.
4.6.1. Im folgenden sei stets K ein beliebiger Körper und V ein K- Vektorraum
mit dimV:;:: 1. Ist FE End (V) und
PF = ±(t- AJ),. 1 • • • • • (t- Ak)'1 mit A1 , ••• , Ak E K paarweise verschieden,
so ist V nach 4.3.3 genau dann direkte Summe der F-invarianten Eigenräume
Eig (F; A;), wenn
dimEig (F; A;) = J.L(PF; A;) = r; .
Ist die Dimension des Eigenraumes zu klein, so kann man ihn mit folgendem
Trick passend vergrößern. Für einen Eigenwert A der Vielfachheil r :;:: I ist
Eig (F; A) = Ker (F - Aidv) c Ker (F - Aidv )' = : Hau (F; A).
Man nennt Hau (F; A) den Hauptraum (oder verallgemeinerten Eigenraum)
von F zum Eigenwert A. Damit kann man schon das Ergebnis der ersten Etappe
formulieren:
Satz über die Hauptraumzerlegung. Sei F E End K(V) und
PF = ±(t - AJ)'I .... . (t - Ad'
mit paarweise verschiedenen A1, ••• , Ak E K. Es sei V; :=Hau (F; A;) C V für
jedes A; der Hauptraum. Dann gilt:
1) F(V;) C V; unddimV; = r; füri = 1, ... ,k.
2) v = V1 EB ... EB vk.
3) F hat eine Zerlegung F = F D + F N mit
a) Fv diagonalisierbar,
b) FN ni/potent,
c) Fv o FN = FN o Fv .
Übersetzt man das in die Sprache der Matrizen, und verwendet man noch, daß
jede nilpotente Matrix in eine obere Dreiecksmatrix transformiert werden kann
(4.5.7), so erhält man das
260 4 Eigenwerte
Korollar. Sei A E M(n x n; K), so daß PA = ±(t- A. 1)'"' · ... · (t- A.k)'.'. Dann
gibt es eine invertierbare Matrix S E GL (n; K) derart, daß
IA,E"+N,I 0
=:A,
A.,
mit nilpotenten N; . Insbesondere ist A= D + N, wobei D Diagonalmatrix, N
nilpotent ist, und es gilt
D·N=N · D . 0
Folgerungen aus der letzten Eigenschaft sind in Aufgabe 4 und Aufgabe 5 ent-
halten.
4.6.2. Zur Vorbereitung der Hauptraumzerlegung betrachten wir einen Eigen-
wert A. von F und Potenzen von
G := F- A.id v .
Das können wir auch für ein ganz beliebiges G E End V tun. Offensichtlich hat
man die Ketten
{0} c KerG c KerG 2 c ... c KerG 1 ,
V ~ Im G :::) Im G 2 :::) .•• :::) Im G 1 ,
und für jedes l ist dim Ker G 1 + dim Im G 1 = dim V nach 2.2.4. Im allgemeinen
ist jedoch
KerG 1 n ImG1 # {0},
man hat also keine direkte Summe (vgl. Beispiel 4.5.6). Da V endlichdimensio-
nal ist, können die beiden Ketten nicht endlos auf- bzw. absteigen. Das ist der
Schlüssel zum entscheidenden
4.6 Die Jordansehe Normalform* 261
Lemma von FITTING. Zu einem G E End K (V) betrachten wir die beiden Zah-
len
d := min{l E N: Ker G 1 = Ker G1+ 1 } und r := f.L(PG; 0),
wobei G 0 := idv· Dann gilt:
1) d = min{l :Im G 1 =Im G 1+ 1 }.
2) Ker Gd+i = Ker Gd, Im Gd+i = Im Gd für alle i E N.
KerG 1 c V~ ImG 1
n u
KerG 1+ 1 c V~ ImG 1+ 1 .
Unter Benutzung der Dimensionsformel2.2.4 für G 1 und G/+ 1 folgt
ImG 1+ 1 = ImG 1 {} dimlmG 1+ 1 = dimlmG 1
{} dimKerG 1+ 1 = dim KerG 1
{} KerG 1+ 1 = KerG 1 •
Dies ist weiter gleichwertig damit, daß Gllm G 1: Im G 1 --+ Im G 1+1 ein Isomor-
phismus ist. Daraus folgt sofort 1) und GIW Isomorphismus, also auch 2). Der
Rest von 3) und 4) ist klar. Zu 5) genügt es zu zeigen, daß aus (GIV)d - I = 0
folgen würde, daß
KerGd =V c KerGd- I .
Ist vE V n W, so ist Gd(v) = 0 und v = Gd(w) für ein w E V . Daraus folgt
G 2d(w) = 0, also
w E KerG 2d = KerGd
262 4 Eigenwerte
nach 2), und somit 0 = Gd(w) = v . Wegen dim U + dim W = dim V hat man V =
U EB W, und es bleibt die Berechnung der Dimension von U. Nach Definition von U
ist dim U 2: d. Wegen
t ' · Q = Pc = Pc1u · Pc1w mit Q(O) I 0
und Pc u = ±t111 mit m = dimU folgt m = r, denn für den Isomorphismus G IW
1
ist Pc 1w(0) I 0. 0
4.6.3. Nun beweisen wir den Satz über die Hauptraumzerlegung durch Induk-
tion über die Zahl k ::: 1 der verschiedenen Eigenwerte. Zu ).. 1 definieren wir
G := F- ).. 1 • idv . Dann ist
Pc(t - AJ) = PF(t) , also !l(Pc; 0) = 11(PF; AJ) = r1.
Nach Lemma 4.6.2 ist V =Hau (F; ).. 1) EB W, und die beiden Summanden sind
wegen F = G + ).. 1idv auch F-invariant. Weiter gilt
PF1w = ±(r - ;. zr' ·... ·
<r - ;...r· .
also können wir auf F IW die Induktionsannahme anwenden, daraus folgen I )
und 2).
Die Zerlegung 3) zeigt man am einfachsten mit Matrizen, die Bezeichnungen
seien wie im Korollar gewählt. Die Existenz erhält man mit
D ·- ( ~ 0
o ·.i;..kE,,i
) und N ·- ( ~o 0
.5]
)
D·N= (~ O ) =N·D.
0 IAkNk l 0
Zusatz. Die Zerlegung F = Fv + FN ist sogar eindeutig, wenn man a), b) und
c) verlangt.
Der Beweis benutzt 4.3.6 und etwas Teilbarkeilstheorie von Polynomen (vgl. et-
wa [B2], §11).
4.6 Die Jordansehe Norrnalform* 263
4.6.4. Aus den obigen Beweisen kann man ein Rechenverfahren ableiten, wir
geben dafür ein
Beispiel. Gegeben sei die Matrix
A = ( - ~: ~: ~ ~
- - )
-4 -6 -1
mit PA = - t 3 + 5t 2 - 7t + 3 = - (t- 1) 2 · (t- 3). In der Notation von 4.6.3 ist
k = 2, A1 = 1, r 1 = 2, J.. 2 = 3, r2 = 1. Wir betrachten die Matrizen
Trägt man die erhaltenen Basisvektoren als Spalten in eine Matrix ein, so erhält
man
s- 1 = ( ~ ~ -: ) und s= ~ 1
( -: -: - : )
-1 -1 I -2 - 2 -4
sowie
~: ~)
16
( ( 16 25 ) = Ez + N
SAS- = 1 -~ _ und mit N 2 = 0.
-9 -14
0 3
264 4 Eigenwerte
Nun muß man noch die Basis von Hau (A; A 1) so transfonnieren, daß ein Basis-
vektor v Eigenvektor zu At wird (vgl. 4.4.5). Er hat die Form
5 2 -7 ) 1 ( -4 -5 -8 )
T- 1 = ( -3 0 4 T =- 1 2 -1
3
-1 -1 1 -3 -3 -6
sowie
4.6.5. Auf der zweiten Etappe des Weges zur JORDANsehen Normalform wird
zu einem nilpotenten Endamorphismus eine Basis maßgeschneidert. Um das Er-
gebnis einfach formulieren zu können, definieren wir die Jordanmatrix
für die 1{ = 0 gilt, und k die minimale Potenz mit dieser Eigenschaft ist. Man
beachte, daß 1 1 = (0).
Theorem. Sei G ein nilpotenter Endamorphismus eines K-Vektorraumes V und
d := rnin{/: G 1 = 0}. Dann gibt es eindeutig bestimmte Zahlen s 1, ... , SJ E N
mit
} srmal
0
} sd-1-mal
Ms(G) =
} s1-mal
(2) Ist W c V ein Untervektorraum mit W n U1 = {0} für irgend ein I > 0, so
ist GI W injektiv.
Denn da Ker G = U1 c U1, gilt sogar W n Ker G = {0}.
Damit konstruieren wir nun schrittweise eine direkte Summenzerlegung von V.
Zunächst wählen wir Wd c V mit
V= Ud= Ud- 1 EEl WJ .
Aus (I) folgt G(WJ) c Ud- J und G(Wd) n Ud_2 = {0}. Also gibt es eine Zerle-
gung
266 4 Eigenwerte
Die Iteration dieses Verfahrens kann man schematisch darstellen, wobei die
Pfeile die Wirkung von G zeigen:
V"
-1-
u d- 1 EB w"
-1- -1-
Ud - 2 EB wd- 1 EB w"
-1- -1- -1-
U1 EB Wz EB w 3 EB .. . EB w"
-1- -1- -1- -1-
Uo EB W1 EB Wz EB ...
EB w d-1 EB w"
Jede Zeile ist dabei eine Zerlegung von V, wegen U0 = 0 ist insbesondere
V = W1 EB Wz EB ... EB W" .
Da nach (2) alldie Beschränkungen von G in der Kette
w"-+ w d- 1 -+ . .. -+ W1
injektiv sind, können wir nun bei Wd beginnend durch schrittweise Ergänzung
Basen aller W1 und damit insgesamt eine Basis von V nach folgendem Schema
erhalten:
(d) (d)
w1 , ••••• • ••• • Ws11
(d - 1) (d - 1)
G(w~dJ), ... ... ,G(w;::>) , Wl '· · · · • · · · ' W sd- 1
Dabei ist die erste Zeile eine Basis von Wd, die zweite von Wd-I, und schließlich
die letzte von
Die Matrix M 8 (G) hat die versprochene Form, wenn man ß in folgender Weise
anordnet: Man läuft in jeder Spalte von unten nach oben und liest die Spalten
von links nach rechts.
4.6 Die Jordansehe Normal form* 267
Um zu zeigen, daß die Zahlen si, ... , SJ allein durch G bestimmt sind, benut-
zen wir die Existenz von Zerlegungen
v, = v,_I EB w, = v,_I EB G(W/+I) EB w,
für I = I, . . . , d mit Wd+I = 0. Danach ist
s1 = dimW, = dimV1 - dimV1_I- dimW,+I,
also sind diese Zahlen rekursiv aus den Dimensionen der Kerne von G 1 bere-
chenbar (vgl. Aufgabe 6). D
4.6.6. Wir berechnen ein einfaches
Beispiel. Gegeben sei die Matrix
B =( ~ ~ ~)
0 0 0
mit B2 = ( ~ ~ ~) und B3 = 0.
0 0 0
Es ist d = 3, und für V 1 := Ker B 1 gilt
{0} = Vo c VI= spanei c Vz = span (ei, e2) c v3 = JR3 •
Aus der Bedingung
lR3 = Vz EEl W3
folgt, daß wir W 3 = span e 3 wählen können. Somit ist s 3 = 1. Aus
lR3 = VI Ef) Wz Ef) w3
folgt dim W2 = I, also s 2 = 0, und B · e 3 = '(3, 2, 0) ist der richtige Basisvektor
von W2 . Schließlich ist
Der gesuchte Basisvektor von WI ist B 2 · e3 = B · '(3, 2, 0) = 2ei, somit ist auch
si = 0. Trägt man die gefundenen Basisvektoren in der richtigen Reihenfolge
als Spalten in eine Matrix ein, so erhält man
0n
0 0 1 0 4
Das Ergebnis ist die Jordanmatrix
TBT-' ~ ~
268 4 Eigenwerte
4.6.7. Durch Kombination der Hauptraumzerlegung aus 4.6.1 und der Normal-
form nilpotenter Endamorphismen aus 4.6.5 erhält man schließlich die
JORDANsehe Normalform. Sei F E End K (V) derart, daß das charakteristi-
sche Polynom in Linearfaktoren zerfällt, also
PF =±(t-At)'' .. . .. (t- Ak)''
mit paarweise verschiedenen At, ... , Ak E K. Dann gibt es eine Basis ß von V,
so daß
IA,E"+N, I 0
A; 0
A;
A;E,., + N; =
A; 0
0
A;
Diese Teilmatrix zum Eigenwert A; enthält außer Nullen nur Jordanmatrizen ent-
lang der Diagonale. Ein Block der Gestalt
A;
A;
4.6 Die Jordansehe Normal form* 269
mit d Einträgen Ai und d - I Einsen heißt Jordanblock der Länge d zu Ai. Der
oberste und größte Jordanblock in Ai Er; + Ni hat die Größe di mit
1 :::, di = min {l: Nj = 0} :::, ri ,
das ist die Vielfachheil der Nullstelle Ai im Minimalpolynom von F (Aufgabe
8).
Für I :::, j :::, di seien s?> 0:: 0 die Anzahlen der Jordanblöcke der Größe j zu
Ai in Ai Er; + Ni. Es ist s ~;> =:: I , und durch Abzählung der Längen folgt
(i )
disd; + (di - I)sd; - l + ...
(i)
+ s 1(i) = ri.
Die Elemente Ai E K und ri, di , s jil E N sind allein durch den Endamorphismus
F bestimmt (für die sy> folgt das aus Aufgabe 6). Sie heißen daher Invarianten
von F. Die Eigenwerte Ai kann man im Fall K = lR oder C kontinuierliche
Invarianten nennen. Die anderen sind diskret und durch die oben angegebenen
Beziehungen, sowie
r1 + ... + rk = n
aneinander gekoppelt. Alle Invarianten zusammen beschreiben in komprimierter
Form die "Geometrie von F". Umgekehrt bedeutet dies, daß es so viele Möglich-
keiten gibt, wesentlich verschiedene Endamorphismen zu konstruieren, wie man
"Sätze" von solchen Invarianten zusammenstellen kann. Nur die Reihenfolge der
Jordanblöcke ist unwesentlich, sie kann durch eine passende Permutation der Ba-
sisvektoren beliebig verändert werden. Das ist die Aussage dieses wohl schwie-
rigsten Theorems der elementaren linearen Algebra.
Das Verfahren, die Normalform zu berechnen, hat praktische Anwendungen,
etwa bei der Lösung von Systemen linearer Differentialgleichungen mit kon-
stanten Koeffizienten. An sich genügt es, die Systeme nach verschiedenenen Ei-
genwerten zu entkoppeln (das geht mit der Hauptraumzerlegung) und in jedem
Hauptraum zu trigonalisieren (dann kann man die Teilsysteme von unten nach
oben lösen, vgl. [Fo 2], §14). Aber der Rechenaufwand für die verbesserte Tri-
gonalisierung mit der JORDAN-Methode ist kaum größer als bei der Methode aus
4.4.5.
Nach all den schon geleisteten Vorbereitungen ist der Beweis nunmehr ganz
kurz: Für i = I, ... , k setzen wir
Vi :=Hau (F; Ai) und Gi := (F - Aiid v) IVi .
Anwendung von 4.6.5 aufGiergibt eine Basis Bi von Vi. und aus B 1 , ••. , Bk
baut man sich das gesuchte B auf (vgl. 1.6.4). D
270 4 Eigenwerte
A ~ ( -: ~ -:)
B := A- 2E 3 = ( -~ _: -~ ) mit B2 = ( ~ -~ -~)
1 2 1 0 2 2
und B = 0. Dann ist
3
U1 := KerB= span'(l, - 1, 1)
Uz := KerB 2 = span ('(1, - 1,1), '(0, - 1, 1)).
Entsprechend 4.6.5 haben wir die Zerlegungen
~=~m~=~m~m~=~m~m~m~ .
das ergibt die Basisvektoren
n n
e3 E w 3 • B . e3 = I (3, -1, 1) E Wz und B2 . e3 = r (2, -2, 2) E wl .
In der richtigen Reihenfolge als Spalten in eine Matrix eingetragen erhält man
~
r ' ( -: _: mit 1 ~ ~ -~( -;
4.6 Die Jordansehe Normalform* 271
n
und als Ergebnis
TAr'~o ~
u n~· ~ o n
Das kann man vergleichen mit den Ergebnissen der Trigonalisierung in 4.4.5
SAS-' ~ ~ ~
D s 0
n
und der Transformation der nilpotenten Matrix D - 2E 3 zu
f(D-2E,)T-'~h ~· T~~u -~
Es ist T · S = T, also kann man T auch durch Kombination der vorher durch-
geführten Rechnungen erhalten. Man beachte, daß dabei nicht notwendig die-
selbe Transformationsmatrix entstehen muß, weil sie nicht eindeutig bestimmt
ist.
Hat A mehr als einen Eigenwert, so muß man zunächst die Zerlegung in Haupt-
räume berechnen. Dann kann man in jedem Hauptraum wie oben verfahren. Da
der gesamte Raum nach 4.6.1 direkte Summe der Haupträume ist, ergeben die
unabhängig voneinander konstruierten Basen der Haupträume zusammen eine
Basis der gewünschten Art des gesamten Raumes.
Aufgaben zu 4.6
_: l
1. Bestimmen Sie die Haupträume der folgenden Matrizen:
2 3 3 8
(~
4 2
0 2 7 2 8
I 2
0 0 2 5 4
0 I -3
0 0 0 -I -4
0 0 -I
0 0 0 0 - I
272 4 Eigenwerte
2. Bestimmen Sie Basen, bezüglich derer die folgenden nilpotenten Matrizen Jordansehe
Normalform haben, und geben Sie jeweils das Minimalpolynom an:
-2 0 -I 2
(: :)
2 I -3 -I 0 3
0 0 2 I - I -3
0 I 0 0 -I -2
0 -I 0 0 2
3. Bestimmen Sie Basen, bezüglich derer die folgenden Matrizen Jordansehe Normal-
form haben, und geben Sie jeweils das charakteristische und das Minimalpolynom an:
2 0 -2
I 0 -I
0 2 0 -I
0 2 -2
0 0 0
4. Mit Hilfe des Satzes über die Jordansehe Normalform kann man recht einfach hohe
Potenzen von Matrizen berechnen. Zeigen Sie:
a) Ist A E M(n x n; K), SE GL(n; K) undm E N, so gilt (SAS- 1)m = SAms- 1•
(A + B)m = t
k=O
(m)Ak Bm-k .
k
c) Bestimmen Sie für die Matrix
5. Betrachten Sie die Verallgemeinerung der Exponentialfunktion für Matrizen; für jede
Matrix A E M(n x n; IR) existiert
exp(A) := !im
m--> oo k = O
L -k!I Ak .
m
6. Zeigen Sie, dass für die Zahlen s1, ... , Sd in 4.6.5 gilt:
Si= dim(U,/VJ- 1)- dim(U/+1/ U,) .
y"
Die formalen Eigenschaften dieses Produktes rechnet man mühelos nach:
I. (x + x', y) = (x ,y}+(x' ,y}, (x, y + y') = (x, y } + (x , y'),
(}..x , y} = }.. (x, y}, (x, }..y} = }..(x, y ) ,
2. (x ,y) = (y,x) ,
3. (x , x)~O und (x ,x} =O {'? x=O ,
für x , x ' , y , y' E IR" und }.. E IR. Man beachte, daß nur bei 3. eine spezielle
Eigenschaft der reellen Zahlen benutzt wird:
(x,x) =x ~+ ... + x,~,
und eine Summe von Quadraten ist nicht negativ. Insbesondere kann man daraus
die Wurzel ziehen, was eine Abbildung
II II : IR"--+ IR+ , x 1-+ llxll := ~,
nach dem klassischen Satz von PYTHAGORAS die Länge von x. Auch im JR" ist
llx II der Abstand vom Nullpunkt zum Punkt x.
Um Abstände zwischen beliebigen Punkten zu messen, betrachtet man die
Abbildung
d: JR" x JR" ~ JR+, d(x , y) := IIY- xll·
Explizit berechnet man den Abstand (oder die Metrik) durch
d(x , y) := J(y i- x 1) 2 + ... + (y"- x")z.
5.1.2. Die wichtigsten Eigenschaften von Norm und Abstand sind die folgen-
den
Nl llx II = 0 {} x = 0,
BildS.l
5.1.4. Wie wir gesehen haben, hat die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung ei-
ne Konsequenz für die Längenmessung, nämlich die Dreiecksungleichung. Man
kann durch Betrachtung des Quotienten von linker und rechter Seite darüber hin-
aus eine sinnvolle Winkelmessung erklären:
Für zwei von Null verschiedene Vektoren x, y E IR." ist nach der Ungleichung
von CAUCHY-SCHWARZ
- 1 _:: : (x' y) < +I .
llxii·IIYII-
Also ist dieser Quotient gleich cos 0 für genau ein 0 E [0, rr]. Dies nennt man
den Winkel zwischen x und y, in Zeichen
(x , y)
L (x, y) := arccos (*)
llxii·IIYII
Um zu zeigen, daß diese Definition mit dem übereinstimmt, was man sich geo-
metrisch unter einem (unorientierten) Winkel vorstellt, bemerken wir zunächst,
5.1 Das kanonische Skalarprodukt im IR" 277
daß
L(x,y) = L(y, x),
L(Ax,y) = L(x,y) = L(x,A.y) für A. > 0 .
Da die beiden Vektoren in einer Ebene liegen, behandeln wir nur den Fall n = 2
(daß dies keine echte Einschränkung ist, wird sich in 5.4.9 zeigen). Wir ersetzen
x und y durch
I I 1
I
X =-·X und y = - · y.
llxll IIYII
Dann ist llx'll = lly'll = I und L (x, y) = L (x ' , y' ). Aus der Analysis weiß
man, daß es a, ß E [0, 2n[ gibt, so daß
x' = (cosa, sina), y' = (cosß, sinß).
Also gilt
(x', y') = cosa cos ß + sina sin ß = cos(ß- a),
nach einem "Additionstheorem" für den Cosinus, wobei wir ß - a E [0, n]
annehmen können. Insgesamt folgt
L (x,y)=ß-a,
was der Erwartung entspricht.
(0.1):
.r
Bild 5.2
Man beachte, daß die Erklärung des Winkels mit Hilfe des Skalarprodukts for-
mal einfacher ist als mit Hilfe eines Bogenmaßes in der Analysis. Anstatt eines
Kurvenintegrals benötigt man lediglich die Potenzreihe des Arcussinus.
Offensichtlich ist L (x, y) = I gleichbedeutend mit (x, y) = 0. Das kann
man ohne den Cosinus sehen:
Zwei Vektoren x, y E IR" heißen senkrecht, wenn
(x,y) = 0.
Dazu müssen die Vektoren nicht einmal von Null verschieden sein.
278 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Die Definition ( *) für den Winkel kann man auch in der Form
wobei der zweite Faktor gleich der senkrechten Projektion des Vektors y auf
die durch x aufgespannte Gerade ist. Man beachte dabei das Vorzeichen: Ist
tJ = .0::: (x , y), so gilt
7T
>0 für 0 :::: tJ < 2,
7T
<0 für 2 < tJ :::: JT •
X
'-----v------" ~
Aufgaben zu 5.1
a) (x + y, x- y) = llxll 2 - IIYII2
b) llx- Yll 2 = llxll 2 + IIYII 2 - 2(x, y)
= llxll 2 + IIYII 2 - 211xll · llyll cos !J.
(verallgemeinerter Satz von PYTHAGORAS oder Cosinussatz)
Bild 5.4
2. Beweisen Sie die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung durch direkte Rechnung im Fall
n =I, 2, 3.
3. Mit Hilfe des Winkels zwischen Vektoren kann man auch den Winkel zwischen Gera-
den erklären. Sind L = v + IRw und L' = v' + IRw' Geraden im IR", so sei der Winkel
zwischen L und L' erklärt durch
L. (w w' ) falls (w, w') ~ 0,
L. (L , L ' ) := { '
L. (-w , w' ) sonst .
Zeigen Sie, dass diese Definition unabhängig von der Auswahl von w und ul ist, und
dass 0::: L. (L , L') ::: ~gilt.
4. Zwei Vektoren x, y E IR" heißen orthogonal (in Zeichen x j_y), wenn (x, y) = 0. Sind
x, y 'I 0, so gilt offenbar
7(
xj_y {} L(x, y)=z·
Ist L = v + IRw C IR" eine Gerade, so heißt s E IR" orthogonal zu L , wenn (s, x- y) = 0
für alle x, y E L. Zeigen Sie:
a) Ist L = v + IRw C IR" eine Gerade und s E IR", so gilt:
s ist orthogonal zu L {} s j_ w .
b) Ist L = {(x 1 ,xz) E IR2 : a 1x 1 +azx2 = b} eine Gerade im IR2 , so ist (a 1 ,az) ortho-
gonal zu L.
Zu einer Geraden orthogonale Vektoren kann man benutzen, um den kirzesten Abstand
zwischen einem Punkt und einer Geraden zu bestimmen. Ist L = v + IRw C ~· eine
Gerade und u E IR", so ist der Abstand zwischen u und L definiert als
d(u , L ) := min{ llx - ull: x E L}.
Zeigen Sie, dass für den Abstand zwischen u und L gilt:
c) Es gibt ein eindeutig bestimmtes x E L , so dass (x - u) orthogonal zu L ist. Für x
gilt d(u, L) = ll x - u II (d. h. der senkrechte Abstand ist der kürzeste).
Für Geraden im IR2 kann man den Abstand von einem Punkt noch einfacher beschreiben.
280 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Es gilt:
d) Ist L c IR2 eine Gerade, s E JR2 '- {0) orthogonal zu L und v E L beliebig, so ist
L = {x E IR2 : (s, x - v) = 0) .
Ist u E JR2 , so folgt aus c), dass
d(u L) = l(s, u- v)l.
' llsll
Ist speziell L = {(x1. xz) E IR2 : a1 x1 + azxz = b) und u = (u 1. uz), so ergibt sich
la1ul + azuz- bi
d(u,L)= ~ .
y~a~ + ai
Mit Hilfe von d) können wir nun für Gleichungen von Geraden im Ii die sogenannte
Hessesehe Nonna/farm herleiten: Ist s E JR2 '- {0) orthogonal zur Geraden L c JR2 , so
sein := Tih ·
s. Dann ist llnll = I. Man nennt n einen Normalenvektor zu L; nach d) gilt
für beliebiges v E L, dass
L = {x E IR2 : (n, x- v) = 0).
Für jedes u E IR2 gilt dann d(u , L) = l(n, u- v)l. die Funktion (n, u- v) misst also mit
Vorzeichen den Abstand von u zu L.
• L
(n.J' - 1') = 0
(11,.1"-v)>O
1?
\8
Bild5.5
5. Aufgabe 4 lässt sich leicht verallgemeinern, um den Abstand zwischen einem Punkt
und einer Hyperebene im IR" zu bestimmen; eine Teilmenge H des IR" heißt dabei Hy-
perebene, falls H ein affiner Unterraum der Dimension (n - I) ist, d. h. es existiert ein
v E IR" und ein Untervektorraum W c IR" der Dimension (n- 1), so dass H = v + W.
Ist H = v + span (w1 • ... , w" _ I) C IR" eine Hyperebene, so heißt s E IR" orthogonal
zu H, wenn (s, x- y) = 0 für alle x, y EH. Zeigen Sie:
a) s ist orthogonal zu H {} s ..Lw; für i =I , ... , n- I.
b) Ist die Hyperebene gegeben durch H = {(x1 , ... , x") E IR" : a 1x 1+ .. .+a"x" = b) ,
so ist (ai •... , a") orthogonal zu H.
5.1 Das kanonische Skalarprodukt im IR" 281
Ist die Hyperebene H also durch eine Gleichung gegeben, so findet man leicht einen
zu H orthogonalen Vektor. Was man tun kann, falls die Ebene in Parameterdarstellung
gegeben ist, wird in Aufgabe 6 zu 5.2 gezeigt.
Ist H C IR" eine Hyperebene und u E IR", so ist der Abstand zwischen u und H erklärt
durch
d(u, H) := min{[[x- uff: x EH}.
Beweisen Sie:
c) Es gibt ein eindeutig bestimmtes x E H, so dass (x - u) orthogonal zu H ist. Es gilt
d(u, H) = fix - u II (d. h. der senkrechte Abstand ist der kürzeste).
d) Ist H = {(XJ, ... ,x11 ) E IR": a 1x 1 + .. . +a,.x,. = b) und u = (u 1 , ... , u,.) E IR",
so gilt
d (u , H ) = faiuJ+ ... +a,.u,.-b[ .
ja~+ ... +a,;
Ist N orthogonal zu H mit II N II = I und v E H beliebig, so leitet man wie in Aufgabe
4 die Hessesehe Normalform der Gleichung der Hyperebene ab:
H = {x E IR": (N, x- v) = 0}.
6. Seien N C .C(IR) wie in Beispiel 2b) aus 2.2.6. Betrachten Sie die Abbildungen
Diese Definition des Vektorproduktes (weil das Ergebnis wieder ein Vektor ist)
kann man sich leichter merken durch die Regel
e1 e2 e3
X X y= XJ Xz XJ
wobei man die Determinante formal nach der ersten Zeile entwickelt. Daransieht
man auch, daß sich auf diese Weise für beliebiges n ein Produkt mit n - 1 Fak-
toren erklären läßt (Aufgabe 6).
Zunächst notieren wir wieder die formalen und ganz einfach zu beweisenden
Rechenregeln. Für x, x', y, y' E JR3 und A. E lR gilt:
I. (x + x') x y = x x y + x' x y, X X (y + y') = X X y +X X y' ,
Ax X y = A.(x X y), X X AJ = A(X X y),
2. y X X = - X X y , also X X X = 0,
3. x x y = 0 9 x, y linear abhängig.
5.2.2. Den engen Zusammenhang zwischen Vektorprodukt und Skalarprodukt
sieht man an den folgenden Regeln.
Bemerkung. Für x, y, z E R 3 gilt:
a)
X1 Xz
(xxy,z)=det ( y1 Y2 (x x y, x) = (x x y, y) = 0.
ZJ Z2
b)
Beweis. a) folgt sofort aus den Definitionen. Eigenschaft b) ist eine Präzisierung
der CAUCHY-SCHWARZschen Ungleichung und folgt sofort aus dem in 5.1.3
5.2 Das Vektorprodukt im JR 3 283
Die zweite Gleichung von b) folgt aus der Definition des Winkels fJ = ,{ (x , y)
und
0
Aus dieser Bemerkung kann man nun die geometrischen Eigenschaften des Vek-
torproduktes ablesen. Wir starten mit linear unabhängigen Vektoren x, y E IR 3
(andernfalls ist x x y = 0). Aus a) folgt, daß x x y senkrecht auf der von x und y
aufgespannten Ebene steht Also ist festgelegt, auf welcher Geraden x x y liegt
Aus b) folgt, daß die Länge von x x y gleich der Fläche des von x und y aufge-
spannten Parallelogramms ist Damit ist x x y bis auf das Vorzeichen festgelegt
Welches man zu wählen hat, ist eine Frage der Orientierung. Dazu betrachten
wir die Basis
B=(x,y,z=xxy)
von !R3 . Nach Eigenschaft a) ist die Determinante gleich (x x y, x x y), also
positiv, und somit sindBunddie kanonische Basis gleichorientiert (vgL 3.4.3).
Also hat x x y zu x und y die gleiche Richtung wie e 3 zu e 1 und e 2 (vgL Bild
5.6).
e, :r+y
eI
z =xxy
Bild5.6
Außerdem folgt aus Teil b) der Bemerkung, daß ein Parallelogramm bei vorge-
gebenen Seitenlängen dann die größte Fläche hat, wenn es ein Rechteck ist Eine
Verallgemeinerung davon beweisen wir in 5 .4.10.
284 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Aufgaben zu 5.2
4. Gegeben sei eine Ebene E = v + IRw1 + IRw 2 c IR 3 . Zeigen Sie: Setzt man
a := Wt x wz und b := (v, a), so gilt
E = {x E JR 3 : (x, a) = b}.
5. Wir wollen mit Hilfe des Vektorproduktes eine Parameterdarstellung der Schnitt-
geraden zweier nichtparalleler Ebenen im W bestimmen. Sind zwei Ebenen
E = v + IRw1 + IRwz, E' = v' + IRw; + IRw; C IR3 gegeben, so sei W = IRw1 + IRw2,
W' = IRw; + !Rw;. Da die beiden Ebenen nicht parallel sind, ist W # W, und damit hat
V = W n W' die Dimension l. Zeigen Sie:
a) Ist L = E n E' und u E L, so ist L = u +V.
s'
s
u L
Bild 5.7
6. Das Vektorprodukt zweier Vektoren im W lässt sich für n > 3 folgendermaßen zu
einem Produkt von n- I Vektoren im IR" verallgemeinern: Sind xCil, ... , x<n - I) E ~".
so sei
n
x 0 l x ... x x <n-l) := L(- l)i+I(detA;) · e; ,
i= l
wobei A E M((n - I) x n; ~)die Matrix ist, die aus den Zeilen x<l), ... , x<n-I) besteht
und A; aus A durch Streichen der i-ten Spalte entsteht. Wie im Fall n = 3 entsteht
x<l) x ... x x<n-I) also durch formales Entwickeln von
er e2 en )
x~l) xfl x,\ 1)
(
nach der ersten Zeile. Zeigen Sie, dass für das verallgemeinerte Vektorprodukt gilt:
a) xOl x . . . x x(i-I) x (x + y) x x(i+l) x ... x x<n-l ) =
X(l) X ... X X(i-l) X X X X(i + l) X ... X X(n-l)+
X (I) X ... X X(i-l) X y X X(i + l) X ... X X(n - l),
YI Yn
)
(!) (! )
Xr Xn
c) (xOl x ... x x<n - l) , y) = det ( ;
(n - l) (n - l ) (n - I)
Xr x2 x"
d) (x(l) x . .. x x<n - l ) , x<il) = 0, für i = I, ... , n - I.
286 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
für z, z', "' u/ E IC" und A. E IC. Wie wir in 5.4.7 zeigen werden, erhält man eine
Norm in IC" durch die Abbildung
IC"--+ ~+, z ~--+ ll z ll := ~-
5.3.2. Besonders wichtig ist die Beziehung zum kanonischen Skalarprodukt im
~" . Bezüglich der natürlichen Inklusion
~ciC, x=x+i·O,
gibt es kein Problem: entsprechend i st ~~~ c C", und ( , )c ist eine Fortsetzung
von ( , ) . Anders ist es bei der Abbildung
~ 2 " --+ IC", v = (XJ, Yl• . .. , x," y") 1-+ (XJ + iyJ, . .. , x" + iy") = Z.
t ZvZ~ t t
Ist v' E ~2" ein anderer Vektor, dem z' E IC" entspricht, so ist
Aufgaben zu 5.3
1. Zeigen Sie, dass die schiefsymmetrische Bi linearform (vgl. 5.4.1) w: W" x IR2" --+ IR
aus 5.3.2 nicht-entartet ist, d. h. : Ist w(v, w) = 0 für alle w E W", so ist v = 0.
2. Sei 1 : IR2" --+ IR 2" der Endomorphismus, der gegeben ist durch
l(XI, YI, ... , Xn, y") = (-Y I, XJ, ... , -y,. , x,.).
(Identifiziert man IR2" mit IC" wie in 5.3.2, so ist 1 einfach die Multiplikation mit i.)
Zeigen Sie, dass für das kanonische Skalarprodukt ( , ) im W", die Abbildung w aus
5.3.2 und 1 der folgende Zusammenhang besteht:
Für alle v, w E IR2" ist (v, w) = w(v , l(w) ).
3. Eine komplexe Struktur auf einem IR-Vektorraum V ist ein Endamorphismus 1 von V
mit 1 2 = - id. Zeigen Sie:
5.4.1. Zunächst darf K wieder ein allgemeiner Körper sein. Ist V ein Vektor-
raum darüber, so betrachten wir eine Abbildung
s: V x V~ K, (v, w) H- s(v, w).
Sie heißt Bilinearform auf V, wenn folgendes gilt:
BI s(v + v', w) = s(v, w) + s(v', w), s(A.v, w) = A.s(v, w),
Beispiel. Sei K = IR, I = [a, b] C IR ein Intervall und V = C(l; IR) der
Vektorraum der darauf stetigen Funktionen. Da jede stetige Funktion integrierbar
ist, hat man eine Abbildung
J
b
und diese ist nach den Rechenregeln für Integrale eine symmetrische Bilinear-
forrn.
a11
an I
Beweis. Es ist
s(v, w) = s(XJ VJ + ... +xnVn, YJVJ + ... + YnVn)'
also folgt die Behauptung durch wiederholte Anwendung von Bl und B2, weil
aij = s(v;, v1). Das Ergebnis kann man auch als Doppelsumme mit n 2 Summan-
den schreiben:
=L
n
s(v, w) aijXiYJ . 0
i.j=l
Ist umgekehrt auf V mit Basis ß eine beliebige quadratische Matrix A = (aij)
gegeben, so ist durch die obige Formel eine Bilinearform s mit
s(v;, v 1) = aij
erklärt. Das folgt etwa aus den Rechenregeln für die Matrizenmultiplikation. Die
Symmetrie von s ist gleichbedeutend mit der Symmetrie von A. Zusammenfas-
send gilt:
Satz. Sei V ein K- Vektorraum mit n = dim V < oo und ß eine Basis. Dann ist
die Abbildung
s 1-+ MB(s)
von den Bilinearformen auf V in M(n x n; K) bijektiv, und s ist genau dann
symmetrisch, wenn M 8 (s) symmetrisch ist.
Daß zu verschiedenen Matrizen verschiedene Bilinearformen gehören, kann
man in einer Art von Kürzungsregel ausdrücken:
Lemma. Gegeben seien A , B E M(n x n; K) derart, daß
'xAy = 'xBy
für alle Spaltenvektoren x, y E K". Dann ist A = B.
Beweis. Es genügt, für x und y die kanonische Basis einzusetzen und zu bemer-
ken, daß
D
290 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
5.4.3. Die Beschreibung einer Bilinearform durch eine Matrix hat Ähnlichkeit
mit der entsprechenden Beschreibung eines Endamorphismus (2.4.3). Ein we-
sentlicher Unterschied zeigt sich im Transformationsverhalten.
Transformationsformel. Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum mit Ba-
sen A, ß, und sei TJ. die entsprechende Transformationsmatrix (2.6.2). Für jede
Bi linearform s auf V gilt dann
MB(s) = 1 TJ. · MA(s) · TJ..
Man beachte, daß dagegen für einen Endamorphismus F von V nach 2.6.5 gilt:
MB(F) = Tf · MA(F) · TJ., wobei Tf = (TJ.r 1 •
Beweis. Seien v, v' E V mit v = <t>A(x) = <t>B(Y) und v' = <t>A(x' ) = <t>B(y').
Ist T := TJ. , so ist x = Ty und x ' = Ty'. Setzen wir weiter A := MA(s) und
B := M 8 (s), so folgt
1 yBy' = s(v, v') = 1xAx' = 1 (Ty)A(Ty' ) = 1 y( 1 T AT)y' .
Da dies für alle y und y' gilt, folgt die Behauptung B = 1 TAT aus Lemma
5.4.2. 0
Ist S = Tif = T - 1, so können wir die beiden Transformationsformeln auch in
der folgenden Form vergleichen:
A = 1 SB S für eine Bilineaiform und
B = SAS- 1 , d.h. A = s- 1 B S für einen Endomorphismus.
5.4.4. Ist s : V x V -+ K eine symmetrische Bilinearform, so erhält man daraus
eine Abbildung
q: V -+ K, v r+ q(v) := s(v, v).
Sie heißt die zu s gehörige quadratische Form. Da s bilinear ist, folgt
q(A.v) = A. 2q(v)
E K. Ist insbesondere V
für A. K" und s durch eine symmetrische Matrix
A = (aiJ) gegeben, so ist
I! 11
5.4.5. Für die Längenmessung im <C" benötigt man die komplexe Konjugation,
das ist eine Abbildung
<C--+<C, ZI--+Z,
die ein Körperhomomorphismus ist, und die zweimal angewandt die Identität ist.
Ist V ein komplexer Vektorraum, so heißt eine Abbildung F: V --+ V semi-
linear (d.h. halb oder halbwegs linear), wenn
F(v + w) = F(v) + F(w) und F("Av) = 5.F(v)
für v, w E V und A. E <C. Entsprechend nennt man eine Abbildung
s: VxV--+<C
sesquilinear (d.h. 1 ~-fach linear), wenn s im ersten Argument linear und im
zweiten Argument semilinear ist, d.h.
BI s(v + v' , w)
= s(v, w) + s(v', w), s("Av, w) = "As(v, w),
B2 s(v, w + w') = s(v, w) + s(v, w') , s(v, "Aw) = 5.s(v, w),
und hermitesch, wenn zusätzlich
H s(w, v) = s(v, w) .
Dabei ist jeweils v, v', w, w' E V und).. E <C. Standardbeispiel dafür ist das
kanonische Skalarprodukt im <C".
Wie eine Bilinearform kann man auch eine Sesquilinearforrn durch eine Ma-
trix beschreiben, indem man an der richtigen Stelle einen Querstrich einfügt. Wir
notieren nur die Ergebnisse: Ist A Basis von V und
A = MA(s) = (s(v; , vj)), v = <l>A(x) und w = <l>A(Y),
so ist
s(v,w)='xAji.
Ist ß eine weitere Basis, B = M6 (s) und T = T'j, so hat man die Transformati-
onsformel
292 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Weiter ist die Sesquilinearform s genau dann hermitesch, wenn die Matrix
A = MA(s) hermitesch ist, d.h.
'A= Ä.
Schließlich hat man auch im Komplexen für Sesquilinearformen eine Polarisie-
rung
s(v , w) = ~ (q(v + w)- q(v- w) + iq(v + iw)- iq(v- iw)) .
Die Standardräume IR" bzw. <C" haben neben der natürlichen Vektorraumstruk-
tur auch eine natürliche euklidische bzw. unitäre Struktur in sich (vgl. 5.1 und
5.3). Man kann sich also fragen, was die vielen abstrakten Begriffe nützen. Eine
Rechtfertigung besteht darin, daß die abstrakten Bedingungen oft einfacher zu
handhaben und zu verstehen sind, als wenn man immer nur mit n-Tupeln von
Zahlen rechnet. So wie im Wald, den man oft wegen der vielen Bäume nicht
sieht.
5.4.7. Sei V ein euklidischer bzw. unitärer Vektorraum mit Skalarprodukt ( , ).
Wir definieren eine Norm
llvll=~.
Um zu zeigen, daß sie die Eigenschaften einer Norm aus 5.1.2 hat, benötigt man
wieder die
Ungleichung von CAUCHY-SCHWARZ. Ist V ein euklidischer bzw. unitärer
Vektorraum, so giltfür alle v, w E V
l (v, w)l :'0 llvll·llwll,
und die Gleichheit gilt genau dann, wenn v und w linear abhängig sind.
Beweis. Für alle Ä, J.L E IK gilt
0 :'0 (Äv + J.LW, Äv + J.LW) = Ü(v, v) + J.LiL(w, w) + Äji,(v, w) + J.LJ...(w, v) .
Ist w =F 0, so kann man Ä := (w, w) > 0 einsetzen und durch Ä dividieren, also
ist
0 :'0 (v, v)(w, w) + J.LiL + ji,(v, w) + J.L(w , v).
Setzt man weiter J.L := - (v, w ), so folgt
0 :'0 (v , v)(w, w)- (v, w)(v , w) = llvll 2 · llw ll 2 - l(v, w)l 2 .
Durch Wurzelziehen folgt die Ungleichung, falls w =F 0. Für w = 0 lautet sie
0 = 0.
Um festzustellen, wann die Gleichung
l(v , w)l = llvll· llw ll
gilt, können wir wieder w =F 0 annehmen. Ist v = a · w, so ist
l(v, w)l = Iai · (w , w) = lal·llwll· llwll = lla · wll · llwll,
also folgt (*) . Ist (*) erfüllt, so folgt mit Ä und J.L wie oben
0 = (Äv + J.LW, Äv + J.LW), also Äv + J.LW =0. 0
Der obige Beweis benutzt nur die abstrakten Eigenschaften des Skalarproduktes
und ist einfacher als der in 5 .1.3 gegebene. Dafür konnten wir dort die Differenz
294 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
der Quadrate der beiden Seiten von CAUCHY-SCHWARZ explizit als Summe von
Quadraten darstellen, was zum Beispiel in 5.2.2 nützlich gewesen war.
Als Folgerung aus der CAUCHY-SCHWARZschen Ungleichung erhalten wir,
daß in einem euklidischen oder unitären Vektorraum die oben definierte Norm
und die daraus erhaltene Metrik
d(v, w) := llw- vll
die in 5.1.2 angegebenen Eigenschaften haben. Die Beweise verlaufen wie dort.
Man beachte, daß umgekehrt auf einem IK-Vektorraum nicht jede Metrik wie
oben aus einer Norm und nicht jede Norm aus einem Skalarprodukt entsteht
(vgl. Aufgabe 5).
5.4.8. In einem euklidischen Vektorraum kann man wie in 5.1.4 mit Hilfe der
CAUCHY-SCHWARZschen Ungleichung eine Winkelmessung erklären. Im fol-
genden sind wir in erster Linie daran interessiert, wann zwei Vektoren senkrecht
stehen. Das kann man auch im komplexen Fall erklären.
Definition. Sei V ein euklidischer bzw. unitärer Vektorraum.
a) Zwei Vektoren v, w E V heißen orthogonal, in Zeichen
v ..L w :{} (v, w) = 0.
b) Zwei Untervektorräume U, W C V heißen orthogonal, in Zeichen
U ..L W :{} u ..Lw für alle u E U und alle w E W .
c) Ist U C V ein Untervektorraum, so definiert man sein orthogonales Komple-
ment
u~ := lv E V: V ..Lu für alle u E U} .
Das ist wieder ein Untervektorraum.
Bild 5.8
Bemerkung 1. Ist (v 1 , ••• , v11 ) eine orthogonale Familie in V und v; =f. 0 für
alle i, so gilt:
a) Die Familie (a 1 v 1, ••• , a 11 v 11 ) mita; := llv;ll- 1 ist orthonormal.
b) (v 1 , ••• , v11 ) ist linear unabhängig.
Beweis. a) Aus
(a ;v;, a 1 v1 ) = a,a1 (v;, v1 )
folgt für i =f. j, daß die Vektoren orthogonal sind, und für i j gilt wegen
a; E IR
(a;v;, a;v; ) = a;ä;(v;, v;) = ai ll v;ll 2 = 1.
Beweis. Die A.; sind eindeutig bestimmt, also genügt es, die rechte Seite skalar
mit V; zu multiplizieren:
(v, v;) = A.J(v 1, v;) + ... + A 11 (V 11 , v;) = A;. 0
5.4.9. Im IR" oder C" mit dem kanonischen Skalarprodukt ist die kanonische
Basis orthonormal. Wenn eine gewisse geometrische Situation vorgegeben ist,
296 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
kann es nützlich sein, eine Orthonormalbasis daran anzupassen. Das führt zu der
Frage, wie viele Möglichkeiten es gibt, eine Orthonormalbasis zu finden. Eine
konstruktive Antwort gibt der auf J. GRAM und E. SCHMIDT zurückgehende
Orthonormalisierungssatz. Sei V ein endlichdimensionaler euklidischer bzw.
unitärer Vektorraum und W C V ein Untervektorraum mit Orthonormalbasis
( w 1, ••• , Wm ). Dann gibt es eine Ergänzung zu einer Orthonormalbasis
(w,, . .. 'Wm, Wm+J, ... 'Wn) von V.
Die nach der Aussage des Satzes existierenden Vektoren Wm + 1, •.. , w" stehen
senkrecht auf W, also ist
W' := span (wm+l• ... , w") c W.L.
Ist umgekehrt
w = AJW) + . .. + AmWm + Am+JWm+l + . . . + A"Wn E w.L,
so folgt durch skalare Multiplikation dieser Gleichung von rechts mit wi
0 = (w , wi) = ).i für i = 1, . . . , m,
also w E W', und insgesamt
w .L = span(wm+l· . .. • w").
Insbesondere folgt mit Hilfe von 1.6.3 und der Notation aus 5.4.8 das
Korollar 2. Ist W Untervektorraum eines euklidischen bzw. unitären Vektorrau-
mes V, so gilt
V= W Q;)W.L und dimV = dimW + dimW.L. 0
Dies nennt man die senkrechte Projektion von v auf W, denn setzt man
W := V - V , SO ist W ..l W .
5.4 Bilinearformen und Sesquilinearformen 297
,..__ _ _ _ _ _ _ _____:=-;0""------- w,
(v, w,)w1
Bild 5.9
Für die praktische Rechnung ergänzt man die Basis von W durch v",+ 1, ... , v"
zu einer Basis von V und berechnet Wm+l durch Orthonormalisieren von Vm +l
wie oben. Da aus der Konstruktion folgt, daß
Vm +2 rf. span (w1, .. . , w",, Wm+l) = span (w1, ... , w",, Vm + l),
kann man mit Vm + 2 fortfahren. lm letzten Schritt orthonormiert man v" (vgl.
Aufgabe 8).
5.4.10. Ein Skalarprodukt ist der abstrakte Hintergrund von Längenmessung.
Damit kann man iterativ auch höherdimensionale Volumina messen: Die Fläche
eines Parallelogramms ist gleich der Länge der Grundlinie und Höhe, das Volu-
men eines Spates gleich Grundfläche und Höhe, u.s.w. Zur Erklärung des allge-
meinen rn-dimensionalen Volumens verwenden wir eine Gramsehe Determinan-
te. Mit Hilfe des Orthogonalisierungsverfahrens aus 5.4.9 ergibt sich eine schöne
geometrische Folgerung dafür.
298 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Beweis. Nach 5.4.9 gibt es eine Orthonormalbasis (w1, ... , wn) von V. Ist
Nach dieser Bemerkung kann man aus der Gramsehen Determinante die Wurzel
ziehen, und durch
Vol (vl, . .. , Vm) := vG(vl, .. . , vm)
das rn-dimensionale Volumen des durch v1, ... , Vm aufgespannten Spates er-
klären. Das ist die Grundlage der Definition von Verallgemeinerten Oberflächen-
integralen in der Analysis (siehe etwa [Fo3]).
Im R 3 mit dem kanonischen Skalarprodukt kann man eine beliebige Basis
(v1. . .. , vn) als Zeilen in eine Matrix A eintragen. Dann ist
Vol (v1, ... , Vn) = J(det A) 2 = ldet Al ,
wie in 3.1.1, 2 e).
Nun entsteht die Frage, wie man mit rn Vektoren gegebener Länge ein möglichst
großes rn-dimensionales Volumen aufspannen kann. Es ist höchst plausibel, daß
die Vektoren dazu orthogonal sein müssen. Das besagt die
Ungleichung von HADAMARD. Seien v1 , ... , Vm beliebige Vektoren in einem
n-dimensionalen Vektorraum V mit rn ::; n. Dann ist
Vol (v1, ... , Vm) :S: llvd · .. · · llvmll,
und Gleichheit besteht genau dann, wenn die v; paarweise orthogonal sind, d.h.
wenn der aufgespannte Spat ein Quader ist.
5.4 Bilinearformen und Sesquilinearformen 299
(v1, v) )
und die Behauptung folgt durch Entwicklung der Determinante nach der neuen
letzten Spalte. D
Aufgaben zu 5.4
1. Sei K ein Körper mit char K f= 2 und V ein K -Vektorraum. Zeigen Sie, dass sich
jede Bilinearform auf V in eindeutiger Weise als Summe einer symmetrischen und einer
schiefsymmetrischen Bilinearform darstellen lässt.
300 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
I 2)
I I
I
Zeigen Sie, dass ß = (v, + vz, vz + v3, vz) eine Basis von V ist, und berechnen Sie
MB(S).
5. Wir wollen zeigen, dass auf einem IR-Vektorraum nicht jede Metrik aus einer Norm
und nicht jede Norm aus einem Skalarprodukt entsteht. (Zur Erinnerung: Eine Norm auf
einem IR-Vektorraum V ist eine Abbildung V--+ IRt- mit den Eigenschaften NI, N2, N3
aus 5.1.2, eine Metrik auf V ist eine Abbildung V x V --+ IRt- mit den Eigenschaften
01 , 02,03 aus 5.1.2.)
a) Zeigen Sie, dass für n 2:: 2 auf dem IR" durch llxll := max{lx;l: I :::; i :::; n) eine
Norm definiert ist, für die kein Skalarprodukt ( } auf nr existiert mit
llx II = v'{X,X)
b) Sei V = C(IR; IR) der Vektorraum der stetigen Funktionen, und für k E N, f E V sei
llfllk := max{lf(x)l: x E [-k,k]}. Zeigen Sie, dass durch
7. Sei B = ( ~ J2, cos x, sin x , cos 2x, sin 2x, ... ) und
W = span B c C([O, 2rr]; IR) = V
(vgl. mit dem Vektorraum der trigonometrischen Polynome in Aufgabe 4 zu 1.4). Zeigen
Sie:
2JT
a) Durch (f, g) := ~ J f(x)g(x) dx ist ein Skalarprodukt auf V definiert.
0
8. Bestimmen Sie mit dem Schmidtschen Verfahren eine Orthonormalbasis des folgen-
den Untervektorraums des JR5 :
2
0 0
span 0 I I 0
0 0 0 2
0 0 2 3
10.* Ein symp/eklischer Vektorraum ist ein IR-Vektorraum V mit einer schiefsymmetri-
schen Bilinearform w, die nicht-entartet ist (d.h. dass aus w(v, w) = 0 für alle w E V
stets v = 0 folgt). Eine Basis (v1, ... , Vn, w 1, .. . , Wn) von V heißt Darboux-Basis,
wenn gilt: w(v;. v1 ) = w(w;, w 1) = 0 und w(v;, w 1 ) = 8iJ für alle i, j. Zeigen Sie,
dass jeder endlichdimensionale symplektische Vektorraum eine Darboux-Basis besitzt
(und damit insbesondere gerade Dimension hat).
5.5 Orthogonale und unitäre Endomorphismen 303
Beweis. a) und b) sind klar. Aus a) folgt, daß F injektiv ist, daher folgt c) aus
2.2.4. Ist v Eigenvektor zum Eigenwert A., so ist
llvll = IIF(v)ll = IIA.vll = IA.I·IIvll, also IA.I = 1 wegen llvll # 0. 0
Man nennt orthogonale bzw. unitäre Abbildungen oft auch lsometrien, d.h. Ab-
bildungen, die Abstände erhalten. Das ist gerechtfertigt durch das folgende
Lemma. Ist F E End (V) mit II F(v)ll = llvll für alle v E V, so ist F orthogo-
nal bzw. unitär.
Beweis. Aus der Invarianz der Norm folgt die Invarianz der zum Skalarprodukt
gehörigen quadratischen Form. Aus den Polarisierungsgleichungen in 5.4.4 und
5.4.5 folgt daher die Invarianz des Skalarproduktes. 0
5.5.2. Im IR" und C" mit dem kanonischen Skalarprodukt sind Endamorphis-
men durch Matrizen beschrieben. Für die Abbildung A : IK" --+ IK" bedeutet
orthogonal bzw. unitär dann
'xy = '(Ax)Ay = 'x ('AA) y für alle x, y,
also 'AA =E 11 , d.h. A-l = 'A. Das erklärt die
Definition. Eine Matrix A E GL (n; IR) heißt orthogonal, falls
A - 1 ='A,
und entsprechend heißt A E GL (n; C) unitär, falls
A-l ='A.
Beweis. ii) bedeutet 'AA =E 11 , d.h. 'AA = En und iii) bedeutet A · 'A = E 11 • 0
Satz. Sei V ein euklidischer bzw. unitärer Vektorraum mit einer Orthonormalba-
sis BundFein Endamorphismus von V . Dann gilt:
F orthogonal (bzw. unitär) {} M 8 (F) orthogonal (bzw. unitär).
5.5.4. Als interessante Beispiele wollen wir die orthogonalen Abbildungen des
IR" für kleine n genauer ansehen.
a) Der Fall n = 1 ist unergiebig, es gibt nur die Möglichkeiten
F(x)=±x .
Im ersten Fall ist A E S0(2), die Abbildung ist eine Drehung. Im zweiten Fall
ist det A = -1, die Abbildung ist eine Spiegelung an einer Geraden (vgl. 4.1.1).
Vom Standpunkt der Topologie hat die Gruppe 0 (2) zwei Zusammenhangs-
komponenten, jede ist homöomorph zu einer Kreislinie (vgl. 3.4.4).
Beweis. Ist A E 0(2), so muß ' A · A = E 2 sein. Ist
A=(: ;).
so folgt
1. a 2 + b2 = 1, 2. c 2 + d2 = 1 und 3. ac + bd = 0.
Wegen 1. und 2. gibt es a , a' E [0, 2rr[, so daß
a = cos a , b = sin a , c = sin a ' , d = cos a ' .
Nach 3. ist 0 = cosa · sina' + sina · cosa' = sin(a + a '). Also ist a + a '
entweder ein geradzahliges oder ein ungeradzahliges Vielfaches von n:. Deshalb
306 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
ist entweder
c sina' = - sina und d = cosa' = cosa oder
c sina' = sina und d = cosa' = - cosa.
0
Wir erinnern daran, was schon in 4.2.4 über die Eigenwerte einer Matrix
A E 0 (2) bewiesen wurde:
Ist det A = + 1, so gibt es nur im Fall a = 0 oder a = rr Eigenwerte.
Ist detA = -1, so gibt es Eigenwerte +1 und -1 , und die zugehörigen Ei-
genvektoren stehen senkrecht aufeinander.
c) Ist F: JH:.3 ---+ JH:. 3 orthogonal, so betrachten wir das charakteristische Polynom
PF . Es hat den Grad 3, also nach dem Zwischenwertsatz der Analysis mindestens
eine reelle Nullstelle. Also hat Feinen Eigenwert .l- 1, und nach 5.5.1 ist .l- 1 = ± 1.
Sei w1 E JH:.3 ein Eigenvektor dazu, wir können llwdl = 1 annehmen. Nach
5.4.9 können wir ihn zu einer Orthonormalbasis ß = (w 1 , w 2 , w 3 ) ergänzen.
Bezeichnet W c JH:. 3 die von w2 und w3 aufgespannte Ebene, so folgt aus der
Bemerkung in 5.5.1 , daß F(W) = W. Also ist
MB(F)~o s~A,
und aus 5.5.3 folgt A' E 0(2). Weiter ist det A = .l- 1 · det A' . Nun sind Fallunter-
scheidungen nötig.
Sei det F = detA = +1. Ist .l- 1 = -1, so muß det A' = -1 sein. Daher kann
man w2 und w3 als Eigenvektoren zu den Eigenwerten .l- 2 = + 1 und .l- 3 = -1
wählen, d.h.
Ist }q = + 1, so muß auch det A' = +I sein, also gibt es ein a E [0, 2rr [, so daß
A =( ~ co~ s~n
a
0 sina
- a )
cosa
Ist det F = -1, so gibt es bei geeigneter Wahl von w2 und w3 für A die Möglich-
5.5 Orthogonale und unitäre Endomorphismen 307
keiten
Man überlege sich, was das geometrisch bedeutet. Als Anwendung für das tägli-
che Leben notieren wir den
Satz vom Fußball. Bei jedem Fußballspiel, in dem nur ein Ball benutzt wird,
gibt es zwei Punkte auf der Oberfläche des Balles, die sich zu Beginn der ersten
und der zweiten Halbzeit (wenn der Ball genau auf dem Anstoßpunkt liegt) an
der gleichen Stelle im umgebenden Raum befinden.
Beweis. Im Fall det F = +1 gibt es stets einen Eigenwert + 1. 0
Diese Aussage ist zur Abwechslung leichter zu beweisen als anschaulich zu ver-
stehen.
5.5.5. Bevor wir eine Normalform für beliebig große orthogonale Matrizen an-
geben, behandeln wir den unitären Fall, weil er einfacher ist.
Theorem. Jeder unitäre Endamorphismus Feines unitären Vektorraumes besitzt
eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von F. Insbesondere ist er diagonali-
sierbar.
Übersetzt in den Matrizenkalkül erhält man:
Korollar. Zu A E U (n) gibt es ein S E U (n) mit
Beweis des Theorems. Wir führen Induktion übern = dim V . Für n = 0 ist nichts
zu beweisen. Sei also n ::=: 1 und
PF = ±(t- A. 1) · .. . · (t- A.") mit A.~o .. . , A." E C
die nach dem Fundamentalsatz der Algebra (1.3 .9) existierende Linearfaktorzer-
legung des charakteristischen Polynoms von F. Zum Eigenwert A. 1 wählen wir
308 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
+1
-1 0
-1
0 ~
wobeifür j = 1, ... , k
F ist also charakterisiert durch die Anzahlen r und s der Eigenwerte + 1 und
-1 sowie der Winkel lJ 1, ... , lJb wobei r + s + 2k = dim V. Die orthogonale
Matrix heißt in Normalform.
Die Form der Matrix zeigt, dass V in ein- und zweidimensionale invariante
Unterräume zerfällt. Das ist der springende Punkt. Man beachte auch den Unter-
schied zu 4.5.4: dort ist V nicht direkte Summe der invarianten Unterräume, also
erhält man nicht nur Nullen oberhalb der Diagonale.
Lemma. Zu einem orthogonalen Endamorphismus F eines euklidischen Vek-
torraumes V mit dim V :=:: 1 gibt es stets einen Untervektorraum W C V mit
F ( W) c W und 1 _::: dim W _::: 2 .
Der Beweis des Theorems kann damit ganz einfach durch Induktion über
n = dim V geführt werden.
Für n = 0 ist nichts zu beweisen, sei also n :=:: 1. Nach dem Lemma gibt es
einen Untervektorraum W c V mit
1 _::: dimW _::: 2 und F(W) = W,
denn eine orthogonale Abbildung ist injektiv. Insbesondere ist F _, wieder ortho-
gonal. Also ist für w E W und v E W .L
(F(v), w) = (r'(F(v)), F - 1(w)) = (v, F - 1(w )) = 0,
und es folgt F(Wl.) = W 1. . Damit haben wir F zerlegt in zwei orthogonale
Abbildungen
G := FIW: W--+ W und H := FIW.L: W.L--+ W.L.
Da dimW.L < n , können wir auf H die Induktionsvoraussetzung anwenden und
erhalten eine Basis ß' von W .L der gewünschten Art.
Ist dim W = I, so gibt es einen Eigenvektor v E W mit II v II = 1 zu einem
Eigenwert ± 1. Ergänzt man ß' an passender Stelle durch v zu ß, so hat diese
Basis von V die gewünschten Eigenschaften.
Im Fall dim W = 2 gibt es eine Orthonormalbasis ( v 1, v2 ) von W, bezüglich
der G beschrieben wird durch eine Matrix der Form
Zum Beweis des Lemmas kann man verschiedene bereits bekannte Ergebnisse
verwenden. Wir geben drei Alternativen.
l. Mit dem Satz von CAYLEY-HAMILTON. Das wurde schon in 4.5.4 ohne
die Voraussetzung der Orthogonalität erledigt. Entscheidend dabei war die Zer-
legung des charakteristischen Polynoms in lineare und quadratische Faktoren.O
Bei den beiden folgenden Beweisen betrachten wir zur Vereinfachung den
Spezialfall V = JR" mit dem kanonischen Skalarprodukt und eine orthogonale
Matrix A.
2. Durch ,.Symmetrisierung". Wir definieren
' A := A + 1A = A +A-I.
Offenbar ist 'A symmetrisch, also gibt es einen Eigenvektor von 'A, d.h.
0 i= v E JR" und Ä E lR mit ' Av = Äv (das wird zwar erst in 5.6.2 bewiesen, aber
ohne Benutzung der Ergebnisse dieses Abschnitts). Wir behaupten, daß
W := span(v, Av)
die gewünschten Eigenschaften hat. Das folgt sofort durch Anwendung von A
auf
Av+A- 1 v =Äv =? A 2 v = -v+J..Av. 0
Mit Hilfe der adjungierten Abbildung (6.2.4) kann man diesen Beweis auch für
komplexes V durchführen.
3. Durch "Komplexifizierung". Wir betrachten den Endamorphismus
A : <C" --+ <C", z ~ Az .
Er ist unitär, denn A ist orthogonal. Also gibt es nach 5.5.5 einen komplexen
Eigenvektor, d.h. 0 i= z E <C" und Ä E <C, so daß A z = J..z. Da A reell ist, folgt
Az = Az = ÄZ = Ü .
z
Also ist Eigenvektor zu X. Wir definieren daraus reelle Vektoren
X := !Cz + z) E JR" und y = i;Cz- z) E JR"
und behaupten, daß W : = span(x, y) C JR" unter A invariant ist. Dazu schrei-
ben wir Ä = a + iß mit a, ß E lR. Dann folgt
Ax ~(Az + AZ) = ~(J..z + Xz) = re J..z = ax- ßy,
Ay = i;(Az- AZ) = i;CJ..z- Xz) =im J..z = ßx + ay. o
Für allgemeines V kann man die Komplexifizierung mit Hilfe des Tensorpro-
dukts (6.3.4 b) erklären.
Der erste Beweis ist sicher der eleganteste. Aber wenn man eine orthogonale
Matrix explizit auf Normalform bringen will, geben die beiden anderen Beweise
sofort Anleitungen, wie man das iterativ bewerkstelligen kann.
5.5 Orthogonale und unitäre Endamorphismen 311
Aufgaben zu 5.5
1. Zeigen Sie, dass für FE 0(3) gilt: F(x) x F(y) = (det F) · F(x x y).
2. Ist V ein euklidischer Vektorraum und F E End( V), so heißt F winkeltreu, falls F
injektiv ist und
.{ (v, w) = .{ (F(v), F(w)) für alle v, w E V'- {0}.
Zeigen Sie, dass F winkeltreu ist genau dann, wenn ein orthogonales G E End( V) und
ein A. E IR'- {0} existieren mit F = A. • G.
3. Sei z = x+iy E IC", wobei x, y E IR". Zeigen Sie:
x und y sind linear unabhängig über IR {} z und z sind linear unabhängig über IC.
4. Bestimmen Sie für die Matrix
A~ 9~
66 -I8J6 IO.ji8 )
( 6J6 n 1sJT2
-]4.ji8 -9JT2 60
eine Matrix SE U(3), so dass SAS Diagonalgestalt hat und eine Matrix TE 0(3), so
1
5. Sei rr E Sn eine Permutation und die lineare Abbildung frr : IR" --+ IR" definiert durch
j"(x 1, •.• , Xn) = (x"o 1, ... , X 11 (n)l· Bestimmen Sie die Eigenwerte von frr·
6. Gegeben sei ein symplektischer Vektorraum V (vgl. Aufgabe 10 zu 5.4) und eine
komplexe Struktur 1 auf V (vgl. Aufgabe 3 zu 5.3), so dass für alle v, w E V gilt:
w(v , w) = w(l(v), 1(w)).
a) Zeigen Sie, dass durch (v, w) := w(v, 1(w)) eine symmetrische Bilinearform auf V
definiert wird, und dass 1 orthogonal bezüglich ( ) ist, d. h. es gilt
(v, w) = (J(v), 1(w) ) für alle v, w E V.
b) Die komplexe Struktur 1 heißt w-kalibriert, wenn ( ) positiv definit ist. Zeigen
Sie, dass in diesem Fall durch s(v, w) := (v, w) - iw(v , w) eine positiv definite
hermitesche Form auf dem von 1 induzierten IC-Vektorraum V gegeben ist.
312 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
5.6.2. Die Diagonale einer hermiteschen Matrix muß reell sein. Analog gilt das
Lemma. Ist F selbstadjungiert, so sind (auch im komplexen Fall) alle Eigenwer-
te reell. Insbesondere hat eine hermiresehe Matrix nur reelle Eigenwerte.
Beweis. Ist F(v) = A.v mit v f. 0, so folgt
A.(v, v) = (A.v, v) = (F(v), v) = (v, F(v)) = (v, A.v) = X(v, v),
also ist A. = 5:. 0
1
SAS = ( AO' 'On )
A
mit At, ... , An E lR.
Beispiel. Sei
A := / 5 (
10
5 -14
5
)
1~ E M(3 x 3; JR:.).
10 2 -11
Wie man leicht nachrechnet, bilden die Spaltenvektoren eine Orthonormalbasis
von JR:.3 , und es ist det A = I. Also ist A E S 0 (3). Als charakteristisches Poly-
nom erhält man
PA = -t 3 - t2 + t +l = -(t- l)(t + 1) 2 •
Zur Bestimmung von Eig (A ; I) hat man das homogene lineare Gleichungssy-
stem mit der Koeffizientenmatrix
-5 5
10 )
_..!._ ( 5 -29
15
10 2 -2~
zu lösen. Man findetEig (A; I) = lR:. · (5, I, 2).
5.6 Selbstadjungierte Endomorphismen* 315
15
1 ( 25 5
5
10)
2
10 2 4
und man erhält Eig (A; - 1) = Eig (A; I) L. Etwa
(0, -2, 1) und (1 , -1 , -2)
bilden eine orthogonale Basis von Eig (A; -1). Also ist
ß := ( 5o (5 , 1, 2) , )s (O, -2, 1) , ~ (1 , -1 , -2))
eine Orthonormalbasis des JR 3 , bestehend aus Eigenvektoren von A. Setzen wir
( kvJo 0 ~)
T:= -{s =~
6 =Tf._ ,
J30 ../5 vo
u
so folgt
'TAT~ -r _n ~ D.
oder gleichbedeutend damit T · D · 'T = A , was man mit etwas weniger Rechen-
arbeit nachprüfen kann.
5.6.4. Wie in 5.6.2 bewiesen wurde, zerfällt das charakteristische Polynom ei-
ner reellen symmetrischen Matrix in reelle Linearfaktoren. Das ist eine höchst
überraschende Tatsache, aus dem Beweis mit der Komplexifizierung kann man
kaum den geometrischen Hintergrund erkennen. Daher geben wir noch einen
ganz reellen Beweis. Nach der üblichen Methode, die Eigenwerte schrittweise
abzubauen, genügt der Beweis von folgendem
Lemma. Jede symmetrische Matrix A E M(n x n ; lR) hat einen reellen Eigen-
wert.
Beweis. Wir betrachten die zu A gehörige quadratische Form
q : JR" ~ lR , x r-+ ' x Ax .
Das ist ein homogenes Polynom vom Grad 2 (vgl. 5.4.4), insbesondere eine ste-
tige Funktion. Die Sphäre
S := {x E JR" : llxll = 1)
316 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
ist kompakt, also nimmt q darauf ein Maximum an (vgl. [Fo2], §3). Es gibt also
ein v ES mit
'vAv:;:: 'xAx fürallex ES.
Wir behaupten nun, daß dieses v ein Eigenvektor ist. Dazu genügt es zu zeigen:
Für w E S mit v .l w ist auch A v .l w . (*)
Denn ist W := (lRv).L, so folgt AvE W .L = IRv .
Zum Nachweis von(*) betrachten wir für r E]O, 1] und a := ~den
Vektor
x :=av+rw .
Wegen v .l w ist x E S. Da A symmetrisch ist, gilt 'v A w = 'w A v , also ist
'vAv :;:: 'xAx = a 2 · 'vAv + 2ar · 'wAv + r 2 · 'wAw.
Daraus folgt nach Division durch r
2a('wAv)::; r('vAv- 'wAw).
Angenommen, A v wäre nicht orthogonal zu w. Indem wir eventuell w durch - w
ersetzen, können wir 'w A v > 0 annehmen. Da außerdem nach der Wahl von v
'vAv- 'wAw:;:: 0
gilt, ergäbe sich aus (**) ein Widerspruch, wenn man r gegen 0 (und damit a
gegen I) gehen läßt.
Wegen II v II = 1 folgt sofort, daß 'v A v der Eigenwert zum Eigenvektor v ist.
Da die weiteren Eigenwerte von A Werte der quadratischen Form q auf W n S
sind, folgt weiter, daß 'v A v der größte Eigenwert von A ist (dabei ist wie oben
W = (lRv) .L). D
Aufgaben zu 5.6
5.7 Hauptachsentransformation*
Ist eine symmetrische Bilinearform positiv definit, so kann man dazu nach dem Verfah-
ren von GRAM-SCHMIDT entsprechend 5.4.9 eine Orthonormalbasis konstruieren. Das
wirft folgende Fragen auf:
I) Wie kann man einfach entscheiden, ob eine symmetrische Bilinearform positiv defi-
nit ist?
2) Gibt es einen Ersatz für eine Orthonormalbasis im nicht positiv definiten Fall?
Darauf werden in diesem Abschnitt Antworten gegeben.
5.7.1. Wir behandeln zunächst den reellen Fall und betrachten erst einmal eine
symmetrische Bilinearform
S : JR" X JR" -+ JR.
Sie ist nach 5.4.2 bestimmt durch die symmetrische Matrix A = (s(e;, e1 )). Für
Spaltenvektoren x, y E JR" gilt
s(x, y) = 1 xAy = (Ax, y) = (x, Ay ) ,
wobei ( , ) das kanonische Skalarprodukt des JR" bezeichnet. Die Matrix A kann
auch angesehen werden als ein seihstadjungierter Endamorphismus
A : JR" -+ JR" ,
der nach 5.6.2 diagonalisierbar ist. Es gibt also eine orthonormale Basis
B = (w 1 , •• • , W 11 ) des Rn aus Eigenvektoren, d.h. A; E lR mit
Aw; = A;W;, also s(w;, w 1) = (Aw;, w 1) = A; (w;, w 1) = A; · 8iJ.
Sind die Eigenwerte A1 , ... , An so numeriert, daß
AJ, . .. ,Ak>O, Ak+J, ... ,A111 <Ü und Am+t= ... =An=O,
so setzen wir
, { jA;I-~ · w; füri = 1, ... ,m,
w ·-
I
i .- w; für i = m + 1, . . . , n.
Das ergibt eine bezüglich ( , ) orthogonale Basis B' = (w;, ... , w~) des JR" mit
+1 für1:Si=j:Sk ,
s(w;,w)= -1 fürk+1:Si=j:Sm,
0 sonst.
Mit Matrizen beschreibt man das so: Ist S E 0 (n) derart, daß
SAS- 1 = ( At ·. ) = :D,
An
5.7 Hauptachsentransformation* 319
d.h. es gibt ein T' E GL (n; lR) mit D' = 'T' AT'. 0
Es sei bemerkt, daß man Teil 2) auch ohne Benutzung von 5.6.2 direkt durch
simultane Zeilen- und Spaltenumformungen von A über jedem Körper K mit
char(K) # 2 beweisen kann (siehe 5.7.5).
Vorsicht! Die Eigenwerte von A sind nur Invarianten des Endomorphismus, für
eine Bilinearform ist der Begriff Eigenwert sinnlos.
In 5.7.4 werden wir zeigen, daß die Zahlen k und I Invarianten der Bilinearform
sind.
5.7.2. Um den Namen Hauptachsentransformation zu erklären, geben wir fol -
gendes
320 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Beispiel. Sei
Dafür gilt s(w 1 , w2) = 0, s(w 1 , w 1) = a + ß und s(w 2 , w2) =a-ß. Die zu s
gehörige quadratische Form ist gegeben durch
q(x) = ax~ + 2ßx,x2 + axi.
Sind z1, z2 die Koordinaten bezüglich der Basis (w 1 , w2 ) , so gilt
(
X1 ) = _1 ( 1 -1 ) ( Z1 ) ,
X2 J2 1 1 Z2
also
q(x(z)) = (a + ß)zi + (a- ß)z~.
In den neuen z- Koordinaten ist also der gemischte Term mit z 1z2 verschwunden.
Um das geometrisch zu interpretieren, betrachten wir die Kurve
C:={xEIR 2 : q(x)=1}.
x2
z2
Bild 5.10
Um die positive Definitheit einer Matrix zu testen, muß man die Eigenwerte
nicht ausrechnen; es reicht zu wissen, daß sie irgendwelche positiven Werte ha-
ben. Dazu genügt es, das charakteristische Polynom zu berechnen und die Vor-
zeichenreget aus 1.3.11 anzuwenden. Es folgt sofort
Korollar 2. Sei A E M(n x n ; IR;) eine symmetrische Matrix und
PA = ( -l)ntn + O:n-ltn-l + ... + O:tt + O:o
ihr charakteristisches Polynom. Dann gilt:
Apositiv definit.;=:> ( -l)jo:j > Ofür j = 0, ... , n- 1. D
322 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Beweis. Wir wählen zunächst eine beliebige Basis A von V und betrachten die
darstellende Matrix A := MA(s) . Mit Hilfe von Teil b) des Satzes über die
Hauptachsentransformation aus 5.7.1 erhalten wir eme neue Basis
13 = (v1 , ... , vn) von V mit s(vi, vJ) = 0 für i =I j und
q(vi ) +1 für i = 1, . . . , k,
q(vi) -1 für i = k + 1, .. . ,r,
q(vi) 0 für i=r+1 , ... ,n .
5.7 Hauptachsentransformation* 323
Daraus folgt sofort die behauptete Darstellung von q(v) . Setzt man
V+:= span (v1 , .. . , vk) und V_:= span (vk+I, ... , vr),
so erhält man die gewünschte direkte Summe. 0
Zur Untersuchung der Vorzeichen der Werte von q kann man die Mengen
C+ .- {vEV: q(v)>O}U{O}
C_ := {vEV: q(v)<O}U{O}
Co := {vEV: q(v)=O}
betrachten. Das sindjedoch fast nie Untervektorräume (Aufgabe 6). Es gilt
V+ c C+ , V_ c C_ , Vo c Co,
aber diese Untervektorräume sind nicht eindeutig bestimmt. Ein klassisches Er-
gebnis besagt, dass wenigstens die Dimensionen eindeutig bestimmt sind.
Die Zahlen r+(q) := dimV+ und r_(q) := dimV_ sind also neben dem Rang
weitere Invarianten der quadratischen Form. Das Paar (r+(q), r _ (q)) wird auch
Signatur von q genannt.
Für quadratische Matrizen weiß man, daß die Eigenwerte beim Übergang von A
zu SAS- 1 erhalten bleiben, beim Übergang zu tsAS dagegen im allgemeinen
verändert werden. Aus dem Trägheitsgesetz folgt sofort
Korollar. Sei A E M(n x n ; R) symmetrisch und SE GL(n; R). Dann haben
A und tsAS
mit Vielfachheil gezählt die gleichen Anzahlen positiver und negativer Eigenwer-
te.
Beweis. Wir führen Induktion übern = dimV. Für n = 1 ist nichts zu beweisen.
Ist q(v) = 0 für alle v, so folgt s (v, w) = 0 für alle v, w E V nach der Polarisie-
rung in 5.4.4. Andernfalls gibt es ein v1 E V mit q(vl) # 0. Wir betrachten
W := {w E V: s(v 1 ,w) = 0}
und behaupten V = Kv1 EI) W. Ist v E Kv1 n W, so folgt
v=>..v1 und 0=s(v1,v)=>..s(v1,vl), also >..=0 und v=O.
Zum Nachweis von V = K v 1 + W definieren wir zu v E V
, s(v1,v)
v := s(v1,v1)v1 .
Dann ist v = v' + (v - v'), und aus s(v1, v) = s(vb v' ) folgt v - v' E W.
Bezeichnet s die Beschränkung von s auf W, so gibt es nach Induktionsan-
nahme eine Basis (v2 , ••• , vn) von W mit
s(v;,vj)=O füri,jE{2, .. . , n}undi#j.
Also kann man ß := (vl> v2 , .. . , vn ) wählen. 0
tSAS=
( aol aon)
0
Es sei noch einmal bemerkt, daß die Zahlen a; nicht eindeutig bestimmt sind. Im
reellen Fall sind nach dem Trägheitssatz 5.7.4 jedoch die Vorzeichen festgelegt.
5.7.6. Zur Berechnung einer Transformationsmatrix S wie in obigem Korollar
gibt es eine symmetrische Umformungsmethode. Dabei werden an A simultan
Zeilen- und Spaltenumformungen durchgeführt, bis eine Diagonalmatrix ent-
standen ist. DieSpaltenumformungen werden ausgedehnt auf die danebenstehen-
de Matrix En. Das kann man mit Hilfe von Elementarmatrizen C; schematisch
326 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
so beschreiben:
I
0 2 I 0
A= I
2 0 0 1
I
1 2 1 0
I
2 0 1 1
I 0 1 -2I
I
0 -4I 1 2
1 0 1 1
D= =S
0 -1 1 -1
1
SAS = u
( aO, :" )
so ist A nach dem Trägheitssatz 5.7.4 genau dann positiv definit, wenn
a; > 0 für i = 1, .. . , n .
Das kann man noch etwas anders formulieren. Dazu bezeichnen wir für
k = 1, ... , n mit
Ak E M(k X k; JR)
die linke obere k-reihige und k-spaltige Teilmatrix von A. Ihre Determinante
det Ak heißt Hauptminor von A. Schon bei JACOBI findet man das
Hauptminoren-Kriterium für Definitheit. Für eine symmetrische Matrix
A E M(n x n; lR) gilt:
A positiv definit {} det Ak > 0 für k = 1, . . . , n .
328 5 Euklidische und unitäre Vektorräume
Beweis. "=>":Jede positiv definite Matrix hat positive Determinante, denn ist
1 0
'T · A"_1 • T =( a ) und ct; > 0 für i = 1, ... , n- 1 .
0 Cin-1
Wir definieren
Dann ist
T'·-
(~) 0 ... 0
T
~
:
E GL(n ; JR) .
0
[ a, ß, )
'T'AT' = O . =· B
Cin - 1 ßn- 1
ßl . .. ßn-1 ß"
Nach Voraussetzung ist det A = det A" > 0, also auch det B > 0. Wir setzen
ß;
mit Y; = - - ,
Ci;
5.7 Hauptachsentransformation* 329
daraus folgt
Aufgaben zu 5.7
1. Sei s die symmetrische Bi linearform auf dem W, die gegeben ist durch die Matrix
(-: ~: -n
Bestimmen Sie eine BasisAdes ~R3 , so dass MA (s) Diagonalgestalt hat und eine weitere
Basis ß, so dass
Mß(S) = ( ~ O ~ )
0 0 -1
2. Sei V = V(]- I , I[; IR) der Vektorraum der auf)- I, I [differenzierbaren Funktio-
nen.
a) Zeigen Sie, dass d : V x V -+ IR, (f, g) t-+ (fg )' (0) eine symmetrische Bilinear-
forrn ist.
b) Bestimmen Sie den Ausartungsraum 'Do von d.
~ ~ -2 ) ( -3 -~ -3 ) ( ~ 0 -8 )
-~ -~ -~ 1~
(
-2 0 0 -8 2
6. Eine Teilmenge C eines K-Vektorraumes V heißt Kegel, wenn für v E C und .>.. E K
auch .>.. · v E C gilt.
Man zeige, dass die in 5.7.4 erklärten Mengen C0 , C+ und C_ im Fall K = R Kegel
sind, und man bestimme diese Kegel sowie Vo explizit für V = R 2 , wennsdurch die
Matrix
( ~ -~)
erklärt ist.
7. Sei seine symmetrische Bilinearform auf V, n := dimV, Beine Basis von V und
A := MB(s). Ist
6.1 Dualräume
Vektoren des Standardraumes K" hatten wir als Zeilen oder Spalten geschrieben, je
nachdem, was gerade günstiger war. Daraus kann man eine schöne Theorie machen,
die eine neue Sicht auf lineare Gleichungssysteme und quadratische Matrizen eröffnet.
Was hier zunächst als reine Spielerei erscheinen mag, ist ein wichtiges Hilfsmittel der
theoretischen Physik.
6.1.1. Die linke Seite einer linearen Gleichung hat die Form
a1x1 + ... +a"x".
Schreibt man x = '(x 1 , . . . , x") als Spalte und a = (a 1, ... , a") als Zeile, so
kann man x als Element des K" und a als eine lineare Abbildung
a: K" --+ K , x ~ a · x = a 1x 1 + ... + a"x" ,
d.h. als Element von Horn (K" , K) betrachten. Das ist nach 2.1.3 wieder ein
Vektorraum.
Definition. Ist V ein K- Vektorraum, so heißt
V*:= HomK(V, K) = {rp: V--+ K: rp linear}
der Dualraum von V. Die Elemente von V* heißen Linearformen auf V .
Im folgenden wird sich zeigen, daß der Name Dualraum gerechtfertigt ist. Be-
sonders interessant ist der Fall, daß V ein unendlichdimensionaler Funktionen-
raum ist.
Beispiel. Sei I = [a , b] C IR ein Intervall und V := D(I ; IR) der Vektorraum
der auf I differenzierbaren Funktionen. Dann sind
J
b
und df
o: V--+IR , f ~ dx (c) '
wobei a < c < b, zwei Linearformen auf V .
Dieses Beispiel mag als Andeutung für den Nutzen der Dualräume in der Ana-
lysis dienen, das ist Gegenstand der Funktionalanalysis.
6.1.2. In der linearen Algebra kann man die Dualitätstheorie nur für endlichdi-
mensionale Vektorräume entwickeln. Dies sei nun stets vorausgesetzt. Ist
ß = (v 1 , ••• , v") eine Basis von V, so gibt es zu jedem i E {1, .. . , n) nach
2.4.1 genau eine lineare Abbildung
v;: V ---+ K mit v;(vj) = oiJ.
Vorsicht! Die Linearform v; hängt nicht nur vom Vektor vi, sondern auch von
den anderen Basisvektoren ab!
Bemerkung. Für jede Basis ß = (v 1 , .•. , v") von V ist ß* = (vi, ... , v~) eine
Basis von V*.
Man nennt ß* die zu ß duale Basis.
Beweis. Dies folgt aus 2.4.2, wir wollen es noch einmal direkt nachrechnen. Zu
jedem rp E V* sind }q, ... , :>.." gesucht, so daß
rp=A.Ivi+ ... +:>.."v;.
Setzt man vi in rp ein, so ergibt sich aus(*), daß A.i = rp(vi) sein muß. Daraus
fu~~~. 0
Da man jeden Vektor v =/= 0 zu einer Basis ergänzen kann, folgt das
Korollar 1. Zu jedem v E V mit v =/= 0 gibt es ein rp E V* mit rp( v) =/= 0. 0
Vorsicht! Dieser Isomorphismus hängt von der Auswahl der Basis ab, ebenso ist
das rp aus Korollar 1 abhängig von der Ergänzung.
Beispiele. a) Im K" hat man zur kanonischen Basis K = (e 1 , • •• , e") die kano-
nische Basis
K* = (ei , ... , e;) von V* .
Mit der Konvention, Vektoren als Spalten und Linearformen als Zeilen zu
schreiben, ist
e; = (0, ... ,0, 1,0 ... ,0)
mit der 1 an der i -ten Stelle.
6.1 Dualräume 333
b) Im K 2 betrachten wir neben der kanonischen Basis die Basis B = (v 1, v2) mit
v 1 = e 1 und v 2 = '(l, l) . Aus e 1 = v1 und e2 = v2 - v 1 folgt
v~(e1) = l, v~(ez) = -l, v;(e1) = 0, v;(ez ) = l,
Vorsicht! Man beachte die Tücke der Notation: Es ist v, = e~o aber vT "/= eT,
weil die beiden Sternchen verschiedene Bedeutung haben.
6.1.3. In 0.2.4 hatten wir für eine parametrisierte Gerade in der Ebene eine Glei-
chung bestimmt. Diese Frage kann man nun noch einmal abstrakter betrachten.
Ist 0 i= x = '(x 1, x 2 ) E IR2 und L = IR· x c IR2 die Gerade durch 0 und x, so
sind die a = (a 1 , a 2 ) E (IR2 )* gesucht mit
a,x, + azxz = 0.
Lo
L
Bild6.1
Sie liegen auf einer Geraden in L0*, die senkrecht auf L steht, wenn man IR 2
(IR2 )
und (IR ) *nicht unterscheidet. Allgemeiner kann man für einen Untervektorraum
2
Beweis. Da v7 . ... , v; einer Basis entnommen wurden, sind sie linear unabhän-
gig. Also bleibt
U 0 = span (v~, ... , v;)
zu zeigen. ":::)'' ist klar, da vj (u;) = 0. Zum Nachweis von "c" sei rp E U 0 und
rp = J11U~ + ... + J1kuZ + }.. 1 v~ + ... + }..,v;.
Setzt man u; ein, so wird 0 = rp(u;) = J1;. 0
6.1.4. Nun zeigen wir, daß man nicht nur Vektorräume, sondern auch lineare
Abbildungen dualisieren kann. Dazu betrachten wir das Diagramm
F
mit K- Vektorräumen V und W, sowie linearen Abbildungen F und 1/r. Dann ist
1/r E W*, und mit Hilfe von 2.1.3 folgt 1/r o F E V*; also können wir eine duale
Abbildung
F*: W*----+ V*, 1/r ~-> F*(l/r) := 1/r o F,
erklären. Aus
F*(}..,lfr, + Azl/rz) = (}..,lfr, + Azl/rz) o F = }.., (1/r, o F) + Az(l/rz o F)
= }..,F*(l/rd + }..zF*(l/rz)
folgt die Linearität von F* . Also hat man noch abstrakter eine Abbildung
HomK(V , W)----+ HomK(W*, V*), F ~-> F*,
die ein Vektorraumisomorphismus ist (Aufgabe 3). Das kann man auch mit Hilfe
von Matrizen sehen:
Satz. Gegeben seien K -Vektorräume V und W mit Basen A und ß, sowie eine
lineare Abbildung F: V ----+ W. Dann gilt:
M~:(F*) = '(Mt(F)).
Kurz ausgedrückt: Die duale Abbildung wird bezüglich der dualen Basen durch
die transponierte Matrix beschrieben.
Beweis. Sei A = (v 1, ••• , Vn) und ß = (w 1, ••• , Wm) . Entsprechend 2.4.2 be-
deutet Mt(F) = (aiJ ), daß
= I>iJw;,
m
F(vj) also aiJ = w; (F(vj)) = F*(w;)(vj).
i= l
6.1 Dualräume 335
I!
KerF C V ~ Im F C W ,
Einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Folgen erhält man mit Hilfe der
in 6.1.3 erklärten Orthogonalität:
Satz. Ist F: V --+ W eine lineare Abbildung zwischen endlichdimensionalen
Vektorräumen, so gilt
Im F* = (Ker F) 0 und KerF* = (Im F) 0 .
Beweis von Korollar 1. Mit Hilfe von 2.2.4 und 6.1 .3 folgt
rang F* dim Im F* = dim(Ker F) 0 = dim V - dim KerF
= dim Im F = rang F . 0
Im Spezialfall V = K" und W = K'" ist F durch eine Matrix A und F* nach
6.1.4 durch 'A beschrieben. Daher ergibt Korollar l einen neuen und sehr ab-
strakten Beweis von
Korollar 2. Für jede Matrix A E M(m x n; K) gilt
Zeilenrang A = Spaltenrang A .
0
Beweis des Satzes. Zum Nachweis der ersten Gleichung sind zwei Inklusionen
zu zeigen: Dazu betrachten wir das Diagramm
336 6 Dualität und Tensorprodukte*
V F W
~)~
K
Ist ip = ~ o F, so folgt 1pjKer F = 0, also gilt "c".
Sei umgekehrt ip E V* mit 1pjKer F = 0 gegeben. Zur Konstruktion eines
~ E W* mit ip = ~ o F wählen wir entsprechend 2.2.4 Basen
6.1.6. Den Dualraum kann man zu jedem Vektorraum bilden, also auch zu V* .
Auf diese Weise erhält man zu V den Bidualraum
V** :=(V*)* = Horn (V*, K).
Die in 6.1.2 konstruierten Isomorphismen V ---'> V* waren von der Auswahl
einer Basis abhängig. Dagegen hat man eine kanonische Abbildung
l: V ---'> v··, V f-+ l v, mit l v(ip) := ip(V).
Mit Hilfe der Korollare I und 2 aus 6.1.2 folgt durch einfache Rechnungen der
Satz. Für jeden endlichdimensionalen K- Vektorraum V ist die kanonische Ab-
bildung
t: V---'> V**
ein Isomorphismus. D
(J ~ (J
K" (K")* __,. (K")** = K",
'X=(~ ~1 ~)·
Eine Fundamentallösung ist (a 1 , a 2 , a 3 ) = ( -2, 1, 1), also lautet eine Gleichung
fürW
-2xi +x2+x3 =0.
Das geht auch mit dem Vektorprodukt aus 5 .2, denn w 1 x w2 = (2, -I , -I).
6.1 Dualräume 339
Aufgaben zu 6.1
1. Gegeben sei ein endlichdimensionaler Vektorraum V mit Basen A und ß. Sind A'
und ß* die zugehörigen dualen Basen von V*, so gilt für die Transformationsmatrizen
rf,' = ('TifT'.
2. Gegeben sei der Untervektorraum
Man beachte die suggestive Notation: Für rp = (v, ) ist rp(v') = (v, v'). Wegen
der Symmetrie des Skalarproduktes kann man IJI ebensogut durch v r+ ( , v)
erklären.
Im Gegensatz zu den Isomorphismen IJI 6 : V ~ V* aus 6.1.2, die von der
Wahl der Basis abhängen, ist der obige Isomorphismus kanonisch, wenn ein Ska-
larprodukt vorgegeben ist.
Im Spezialfall V = IR" hat man die kanonische Basis K = (e 1 , ••• , e") und
das kanonische Skalarprodukt ( , ) mit
(ei,ej)=Öij.
In diesem Fall stimmt der Isomorphismus
IJI: IR" ~ (IR")* , v r+ (v, ) ,
mit dem Isomorphismus
IJ!~e: IR" ~ (IR")* , ei ~--+ e;,
aus 6.1.2 überein.
6.2.3. In dem Beispiel aus 6.1.3 kann man neben L c IR2 und L 0 c (IR2)* auch
die zu L senkrechte Gerade
L .L = {(a, , a2) E IR2 : a,x, +a2x 2 =0}
Bild6.2
betrachten. Ihr Bild unter dem kanonischen Isomorphismus ist L Allgemein 0.
hat man die folgende Beziehung zwischen dem in 5.4.8 definierten orthogonalen
Komplement und dem in 6.1.3 definierten Annulator:
Satz. Sei V ein euklidischer Vektorraum und IJI: V ~ V* der kanonische
Isomorphismus. Dann gilt:
1) Für jeden Untervektorraum U c V ist IJI ( U .L) = U 0.
2) Ist ß = (v 1, ••• , v") eine Orthonormalbasis von V und ß* = (vt , ... , v:)
die duale Basis entsprechend 6.1.2, so ist IJI(vi) = v;.
342 6 Dualität und Tensorprodukte*
6.2.4. Wie in 5.6.1 versprochen, wird nun eine adjungierte Abbildung erklärt.
Gegeben seien euklidische Vektorräume V und W , sowie eine lineare Abbildung
F: V-+ W.
Dazu konstruieren wir eine lineare Abbildung
Pd: W--+ V mit (F(v), w) = (v, F"d(w))
für alle v E V und w E W. Sind <I> und 111 die kanonischen Isomorphismen, so
bedeutet(*), daß das Diagramm
Fad
v-w
<I> l 1111
V* ....E.:.._W*
kommutiert, d.h. Fad = <1>- 1 o F* o 111. Das sieht man am einfachsten so: Für
w E W ist
111(w) = ( , w ), also F* (111(w)) = (F( ), w).
Nach Definition von pd gilt
F* (111(w)) =<I> (Fad(w)) = ( , Fad(w)),
daraus folgt die Gleichung (*).Man erhält die adjungierte Abbildung also da-
durch, daß man die duale Abbildung mit Hilfe der kanonischen Isomorphismen
in die ursprünglichen Vektorräume zurückholt. Die Beschreibung durch Matri-
zen ist klar:
Bemerkung. Sind V und W euklidische Vektorräume mit Orthonormalbasen A
und B, so gilt für jede lineare Abbildung F: V --+ W
M~(F"d) =' (M!i(F) ). D
6.2 Dualität und Skalarprodukte 343
Diese letzte Zerlegung folgt schon aus der orthogonalen Diagonalisierbarkeit von
F (5.6.3).
6.2.5. Was wir bisher für reelle euklidische Vektorräume beschrieben haben,
kann man mit einer kleinen Modifikation auf komplexe unitäre Räume übert-
ragen. Ist auf dem C-Vektorraum V eine sesquilineare Abbildung
s: VxV---.C
gegeben, so hat man dazu mit der Notation aus 6.2.1 wegen der Linearität im
ersten Argument eine Abbildung
s11 : V___. v·, V ~ s( , v) .
Sie ist jedoch im Gegensatz zum bilinearen Fall nur semilinear. Im Fall eines
Skalarproduktes erhält man einen kanonischen Semi-Isomorphismus (d.h. eine
bijektive semilineare Abbildung)
\1.1: V___. v·, V~ ( , v) .
Ist V ein unitärer Vektorraum und F E End (V), so ist die adjungierte Abbildung
Fad := q.,-1 o F * o \1.1
wieder C-linear, weil dabei zweimal konjugiert wird (durch \1.1 und w- 1), und
man erhält insgesamt den folgenden
Satz. Sei F ein Endamorphismus eines unitären Vektorraumes V. Der dazu ad-
jungierte Endamorphismus FM hatfolgende Eigenschaften:
1) (F(v) , w) = (v,Fad(w) ) fürallev,w E V.
2) Im Fad = (Ker F) j_ und Ker FM = (Im F) j_.
3) IstB eine Orthonormalbasisvon V , so gilt MB (FM) = 1 MB(F) .
344 6 Dualität und Tensorprodukte*
Beweis. 1) folgt wie in 6.2.4 aus der Definition der adjungierten Abbildung.
2) kann man aus Satz 6.1.5 folgern oder direkt nachrechnen. Wir tun das für die
zweite Gleichung: w E (Im F).l gilt genau dann, wenn
0 = (F(v), w) = (v , Fad(w)) für alle v E V.
Da ein Skalarprodukt nicht ausgeartet ist, bedeutet das w E Ker Fad.
Zu 3) setzen wir für ß = (v 1, ... , Vn)
La; v;
n n
F(v 1 ) = 1 und Fad(v;) = LbJ;VJ.
i=l J= l
Aus I) folgt
0
6.2.6. In Kapitel 5 hatten wir für folgende Arten von Endamorphismen F uni-
tärer Vektorräume bewiesen, daß es eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren
gibt:
1) Für unitäres F (5.5 .5),
2) für seihstadjungiertes F (5.6.2).
Wir wollen nun zeigen, daß dies Spezialfälle eines allgemeineren Ergebnisses
sind. Dafür benötigen wir die zunächst wenig motivierte
Definition. Ein Endamorphismus F eines unitären Vektorraumes V heißt
normal, wenn
F o Fad = Fad o F .
Entsprechend heißt eine Matrix A E M(n x n; IC) normal, wenn A · 'A = 'A · A.
Beispiele. a) Jedes unitäre F ist normal, denn aus
(v, r'(w)) = (F(v), w) = (v, Fad(w))
folgt Fad= F - 1 und F o Fad= idv =Fad o F .
b) Jedes seihstadjungierte Fist normal, denn aus
(F(v), w) = (v, F(w)) = (v, Fad(w))
folgt F = Fad, also F o Fad= F 2 =Fad o F .
Entscheidend ist der folgende
Satz. Ist V unitär und F E End (V) normal, so gilt
Ker Fad = KerF und Im Fad = Im F .
6.2 Dualität und Skalarprodukte 345
Korollar. Ist F normal, so ist Eig (F; A) = Eig ( pad; 5..) für jedes A E IC.
Beweis. Für G := F- Aidv ist G"d = pad- Iidv, und aus
G"d o G p•d o F + AX'idv - X'F- AFad
Das bedeutet, daß ein senkrechter Abstand minimal ist. Die Existenz und Ein-
deutigkeit von solchen Fuß punkten u und u' für ein gemeinsames Lot wird an-
schließend gezeigt.
Beweis. Da v E L und v' E L' beliebig gewählt werden können, genügt es,
d (u , u' ) ::= d(v , v') (* * *)
6.2 Dualität und Skalarprodukte 347
Bild6.3
Daraus ist 12 und somit auch v eindeutig bestimmt. Nach dem Satz von PYTHA-
GORAS im rechtwinkligen Dreieck mit den Ecken v, V 1 und v folgt
Das bedeutet
A. Al
w x W1 = ax + f.LW + f.L W 1 1
, wobei f.L=--, f.LI =ß .
ß
Um a, f.L, f.L 1 aus dieser impliziten Formel zu extrahieren, verwenden wir, daß
I I
w x w , wxx, x x w
348 6 Dualität und Tensorprodukte*
wieder eine Basis von JR3 ist (Aufgabe 3 zu 5.2). Daher ist
( , w x w ') , ( , w' x x), ( , x x w)
eine Basis von (1R3)*. Wenden wir sie nacheinander auf Gleichung (*) an, so
folgt nach den Beziehungen zwischen Vektorprodukt und Skalarprodukt (5.2.2),
daß
llw x w'll 2 ( W X W1 , W1 X X) (w x w',x x w)
ct= f.J.= f.J.' = ------------
(x,w x w')' (w,w' x x) (w',x x w)
sein muß . Aus 5.2.2 folgt weiter, daß die drei Nenner gleich sind.
Definieren wir nun umgekehrt cx, f.J., f.J.' durch die oben berechneten Aus-
drücke, und setzen wir
f f f
Z := W X W - ctX - f.J.W - f.J. W ,
so folgt z= 0 aus
(z, w x w') = (z, w' x x) = (z, x x w) = 0,
da diese drei Linearformen eine Basis von (1R 3 )* bilden. Indem man aus cx, f.J., f.J.'
noch ß, A, )..'ausrechnet, erhält man folgendes Ergebnis.
Satz. Für zwei windschiefe Geraden
L = v + JR.w und L' = v' + JRw'
im JR.3 seien u := v + )cw und u' := v' + )c'w' mit
._ (w x w' , (v' - v) x w') , ._ (w x w', (v'- v) x w)
).. .- , ).. .- .
llw x w'll 2 llw x w'll 2
l(w x w', v'- v)l
Dann istd(L, L') = d(u, u') = . D
llw x w'll
Für die Anwendung dieser Formel ist es vorteilhaft, die Vektoren w und w' zu
normieren.
Aufgaben zu 6.2
5. Seien L = v + IF!.w und L' = v' + IF!.w' zwei Geraden im IR:." und x := v' - v. Zeigen
Sie:
L und L' sind windschief {} x, w und w' sind linear unabhängig .
6. Gegeben seien zwei windschiefe Geraden L = v + IF!.w und I.: = v' + IF!.w' im IR:.".
Wir wollen zwei Methoden angeben, um den Abstand
d(L, L') = min{d(u , u') = llu'- ull: u E L , u' E L')
zu berechnen. Zur Vereinfachung nehmen wir llwll = llu/11 = I an und definieren
8: IR:.2 --> IR:., (J" , J"'),_. llv' +J"'w' -v-J"w11 2 .
a) Untersuchen Sie die Funktion omit Hilfe der Differentialrechnung auf Extrema und
bestimmen damit den Abstand d(L, L').
b) Es gilt o(J", J"') = ;" 2 + aH' + ;"'2 + bJ" + cJ"' + d. Setzen Sie J-1. := ;" + ~;"' und
11-' = 7 J"' und zeigen Sie, dass man auf diese Weise o
durch quadratische
Ergänzung schreiben kann als o(J", J.!) = (J-L - e) 2 + (J-L' - f) 2 + g. Dann ist
g = d(L, L').
350 6 Dualität und Tensorprodukte*
6.3 Tensorprodukte
" . . . what is the use of a book
without pictures or conversa-
tion?"
aus Alice in Wanderfand
Der Begriff eines ,,Tensors" wird in der theoretischen Physik seit langer Zeit benutzt; es
hat etwas gedauert, bis es den Mathematikern gelungen ist, dafür einen befriedigenden
formalen Rahmen zu zimmern. Er ist sehr präzise, aber höchst abstrakt und daher nicht
allgemein beliebt.
Vom naiven Standpunkt startet man mit "skalaren" Größen a: das sind die Elemen-
te des Grundkörpers. Folgen davon, also (a1, a 2 , ... ) sind "Vektoren", sie haben einen
einzigen Index. Folgen von Vektoren sind gegeben durch au, dazu benötigt man zwei
Indizes, und diese Objekte heißen "Tensoren". Das wirft die Frage auf, warum man statt
Tensor nicht einfach Matrix sagt. Dabei muß man bedenken, daß Matrizen Hilfsmittel
sind, mit denen man verschiedenartige abstrakte Vorgänge beschreiben kann. Etwa eine
quadratische Matrix kann sowohl einen Endamorphismus (2.4.4) als auch eine Bilinear-
form (5.4.2) beschreiben. Daher ist etwas Vorbereitung nötig, bis man sagen kann, was
die charakteristischen Eigenschaften eines Tensors sind.
6.3.1. Der Begriff der Bi linearform aus 5.4.1 und 6.2.1 muß noch einmal verall-
gemeinert werden. Sind V, W und U Vektorräume über demselben Körper K,
so heißt eine Abbildung
~:VxW-+U
Vorsicht! Die Vektoren ( v;, 0) und (0, w j) der Basis von V x W werden durch
jede bilineare Abbildung auf Null abgebildet.
Beweis. Um ohne großen zusätzlichen Aufwand an Indizes auch unendliche Ba-
sen mit behandeln zu können, vereinbaren wir zunächst eine vereinfachte
Schreibweise. Jeder Vektor v E V ist endliche Linearkombination der v;. Das
bedeutet, es gibt ein m E N, i 1, ••• , i", EI und A. 1, • • • , A.", E K, so daß
m
V= LAkV;,.
k~l
wobei L:' andeuten soll, daß nur endlich viele der formal aufgeschriebenen
Summanden # 0 sind. Das kann man etwa dadurch erreichen, daß man bis auf
endlich viele Ausnahmen alle A.; = 0 setzt. Ist I endlich, so ist die eingeschränk-
te Summe L:' gleich der vollen Summe L · Wer nur an diesem Fall interessiert
ist, kann den Unterschied ignorieren.
Zur Definition von l; betrachten wir ein beliebiges Paar (v, w) E V x W . Es
sei v = L:' A.; v; und w = L:' f.L j w j. Angenommen, es gibt ein bilineares l; wie
gesucht. Dann muß
l;(v, w) = l; (I:'A;V;, L
I )
1
f.LjWj) = L:\!J,jl;{V; , W j ) = L:\IJ,jUij
l ,j 1,)
sein. Da die A.; und f.L j durch (v, w) eindeutig bestimmt sind, gibt es höchstens
eine solche Abbildung.
Umgekehrt ist zu zeigen, daß durch
l;(v, w) := L:' A.; IJ, j Uij
i ,j
tatsächlich eine bilineare Abbildung erklärt ist. Dazu halten wir w fest. Dann ist
$w: V--+ U, v = L\;v; I-* L 1
A; f.L j Uij,
i ,j
6.3.3. Der Vektorraum U und die Vektoren uiJ waren in obiger Bemerkung ganz
beliebig gewählt gewesen. Nun wollen wir zeigen, daß unter all den möglichen
Wahlen eine besonders ausgezeichnet ist, nämlich ein Vektorraum U, in dem die
u;1 eine Basis sind.
1)1 ~
V0KW~ U
Falls klar ist, welches K Grundkörper ist, schreibt man nur 0 statt 0 K.
Man nennt V 0 K W das Tensorprodukt von V und W über K. Die Elemente von
V 0 K W heißen Tensoren.
Beweis. Wir wählen Basen (v;);EI von V und (w1) 1E 1 von W (vgl. 1.5.3) und
definieren V 0 W als den Vektorraum der endlichen Linearkombinationen von
formalen Ausdrücken der Form v; 0 w 1 . Präziser ausgedrückt betrachten wir den
K · Vektorraum
Abb(JxJ, K) = {r: l x J-+ K)
(vgl. 1.4.1, Beispiele) und seinen Untervektorraum
V0W:= {r: l x l-+K : r(i,))#Ofürnurendlichviele(i,)) E l x J}.
Dann ist V; 0 w 1 E V 0 W die Abbildung, deren Wert an der einzigen Stelle (i, ) )
gleich 1 und sonst 0 ist. Offenbar ist (v; 0 w 1) u.JlEixJ eine Basis von V 0 W,
354 6 Dualität und Tensorprodukte*
wobei nur endlich viele Summanden i= 0 sind. Also haben wir ein Erzeugenden-
system. Ist
i,j
so gilt r(i, j) = aii = 0, weil die Nullabbildung überall den Wert Null hat. Zur
Definition von 71 benutzen wir die Bemerkung 6.3.2: Es genügt,
71(V;, Wj) :=V; 0 Wj
zu setzen. Sind beliebige Vektoren
V= L 1
A;V; E V und w = L:' f-iJWJ E W
V 0 W := 71(v , w) = 77 (L:'A.;v;, L 1
/-ijWj) = L A;/-ij(V; 0 Wj).
1
l J 1,)
Ohne jede Schwierigkeit prtift man die Axiome aus 1.4.1 nach: C 0R W wird
so zu einem komplexen Vektorraum mit Basis (I 0 w 1 )JEJ über C. Man nennt
C 0 R W die Komplexifizierung von W.
Die Einschränkung von C x W --+ C ®R W auf l x W ergibt eine IR-lineare
Abbildung
w --+ c 0R w ' w I-+ I0 w.
Sie ist injektiv, also ist ihr Bild l 0 W isomorph zu W, d.h. W kann als reeller
Untervektorraum von C 0R W aufgefaßt werden.
Im Spezialfall W = IR" kann man das viel einfacher beschreiben: IR" hat die
Basis
e1 = (0, ... , 0, l, 0, ... , 0) E IR", j = 1, ... , n.
Da die l an der Stelle j auch eine komplexe Zahl ist, kann man e 1 ebenso als
Element des C" ansehen. Präziser kann man dafür l 0 e1 E C'' schreiben. Dann
ist die Abbildung
n
ein Isomorphismus von C-Vektorräumen, und IR" ist in kanonischer Weise ein
reeller Untervektorraum des C". Das hatten wir z.B. in 5.5.6 benutzt.
6.3.5. Die Beziehung des Tensorproduktes zu einem vertrauten Produkt sieht
man schön am Polynomring (Beispiel a) in 6.3.3). Weitere Beispiele für solche
Beziehungen erhält man mit Hilfe der Dualräume.
Sind V und W Vektorräume mit Dualräumen V* und W*, so betrachten wir
folgende Konstruktionen:
a) Für zwei Linearformen tp E V* und 1jl E W* ist das Produkt
tp ·1/1: V x W--+ K, (v, w) 1--+ tp(v) · 1/! (w),
eine Bilinearform, die zugehörige Abbildung
(tp ·1/1) 0 : V 0 W--+ K, v 0 w ~--+ tp(v) ·1/!(w),
ist linear, also ist (tp · 1/1) 0 E (V 0 W)*. Die so entstandene Abbildung
v• x w• --+ (V 0 W)* , (tp, 1/1) ~--+ (tp · 1/1) 0 ,
ist wiederum bilinear, d.h. sie wird zu einer linearen Abbildung
V* 0 W* --+ (V 0 W) * , tp 01/1 ~--+ (tp ·1/1) 0 .
Daß tp 0 1/1 eine Linearform auf V 0 W erklärt, kann man auch so sehen:
(tp 01/!)(v 0 w) := tp(v) ·1/!(w), (a)
6.3 Tensorprodukte 357
6.3.6. Nun kommen wir zurück auf die eingangs gestellte Frage nach den Bezie-
hungen von Tensoren zu Matrizen. Es werde A als lineare Abbildung aufgefaßt;
dann ist
A E Horn (K m, K n) ~ (Km)* 0 K n .
Wirkt A als Bilinearform, so ist
A E Bil(Km, K n; K) ~ Hom (Km0K n,K) = (Km®K n)* ~ (Km)*®(Kn)*,
wobeialldie Isomorphismen kanonisch sind (vgl. Aufgabe 2a). Allgemein ist
358 6 Dualität und Tensorprodukte*
Beweis. ~(v + v', v + v') = ~(v , v) + ~(v', v') + ~(v, v' ) + ~(v', v). 0
Ob eine bilineare Abbildung ~ symmetrisch oder alternierend ist, kann man mit
Hilfe der linearen Abbildung~® entscheiden. Dazu betrachten wir die Untervek-
torräume
S(V) := span (v 0 v' - v' 0 v)u.v'EV C V 0 V
und
A(V) := span (v 0 v)uEV C V 0 V .
~(v, v) = ~0 (v 0 v). 0
6.3.8. Analog zum Tensorprodukt beweisen wir nun die Existenz eines äußeren
Produktes.
6.3 Tensorprodukte 359
Theorem. Für jeden K- Vektorraum V mit dim V 2:: 2 gibt es einen K -Vektor-
raum V 1\ V zusammen mit einer alternierenden Abbildung
/\ : V x V~V /\ V ,
die folgende universelle Eigenschaft haben: zu jedem K- Vektorraum W zusam-
men mit einer alternierenden Abbildung ~ : V x V ~ W gibt es genau eine
lineare Abbildung~" derart, daß das Diagramm
VxV
kommutiert. Ist (v 1, • • • , vn) eine Basis von V, so ist durch V; 1\ v1 := 1\ (v; , v1)
mit I ~ i < j ~ n eine Basis von V 1\ V gegeben. Insbesondere ist
.
d1m(V 1\ V) = (n)
2 =
n(n-1)
2 .
Beweis. Wir erklären das äußere Produkt als Quotientenvektorraum des Tensor-
produktes:
V 1\ V :=(V ® V) / A(V) ,
wobei A(V) der in 6.3 .7 erklärte Untervektorraum ist. Bezeichnet
Q : V ® V~V /\ V
die kanonische Abbildung, so erklären wir 1\ := Q o TJ . Für v, v ' E V ist also
v 1\ v' := 1\ (v , v') = Q(TJ(V, v')) = Q(V ® v' ) .
Die Abbildung 1\ ist bilinear und nach dem Lemma aus 6.3.7 auch alternierend.
Zum Beweis der universellen Eigenschaft betrachten wir das folgende Dia-
gramm:
V x V~
___k_._
Yy
V ®V W
~A
V I\ V
Zu ~ gibt es nach 6.3.3 ein eindeutiges lineares ~® und nach der universellen
360 6 Dualität und Tensorprodukte*
Eigenschaft des Quotienten (2.2.7) wegen Lemma 6.3.7 ein eindeutiges lineares
~". Aus der Kommutativität des Diagramms ( *) folgt
A = ( At An )
/1-1 /-Ln
und bezeichnen mit aiJ .- A;/1-J - AJ/1-i den entsprechenden 2-Minor von A.
Dann ist durch
i<)
eine sehr gute alternierende Abbildung gegeben: wegen der universellen Eigen-
schaft muß
~" (v; 1\ v1) = Hv;, v 1) = eiJ
sein, und aus der linearen Unabhängigkeit der eiJ in K N folgt die Behauptung.
Die so erhaltene Abbildung
~" : VI\V-+KN
ist ein Isomorphismus. Er liefert eine etwas konkretere Beschreibung des äußeren
Produktes. 0
Die Tatsache, daß die Abbildung 1\ alternierend ist, kann man auch ausdrücken
in den folgenden
Rechenregeln für das äußere Produkt. Für v, v', w, w' E V und 1.. E K gilt:
a) (v + v') 1\ w = v 1\ w + v' 1\ w, v 1\ (w + w') = v 1\ w + v 1\ w',
6.3 Tensorprodukte 361
Vorsicht! Ein Produkt V 1\ W mit V =/= W macht keinen Sinn! Daher nennt man
das äußere Produkt manchmal auch äußere Potenz.
6.3.9. Da äußere Produkte in verschiedenartigen Verkleidungen auftreten kön-
nen, wollen wir den Leser mit einigen kanonischen Isomorphismen wappnen.
Zur Abkürzung verwenden wir die folgenden Bezeichnungen:
Bil (V; W) := {~: V x V-+ W : ~ bilinear} und
Alt2 (V; W) := {~ E Bil(V, V; W) : ~alternierend}.
Die universelle Eigenschaft des Tensorproduktes ergibt den kanonischen Isomor-
phismus
Bi! (V; K)-+ (V 0 V) * , ~ ~ ~0 ,
(Aufgabe 2). Aus der Quotientenabbildung
V 0 V-+ V 1\ V= (V 0 V) / A(V)
erhalten wir den Isomorphismus
rr: {1/IE(V0V)*: 1/liA(V)=O)-+(V /\ V)*, 1/J~{f.
(Aufgabe 9 zu 2.2). Nach Lemma 6.3.7 ist die Abbildung
Alt2 (V; K) -+ (V 1\ V)* , ~ ~ €0 ,
wohldefiniert und ein Isomorphismus. Wenn wir (V 1\ V) * mit Hilfe von rr als
Untervektorraum von (V 0 V)* ansehen, ergibt sich das kommutative Diagramm
von Inklusionen und Isomorphismen
Alt2 (V; K) C Bi! (V; K)
-1- -1-
(V 1\ V) * c (V 0 V) * .
Um eine Beziehung zwischen (V 1\ V)* und V* 1\ V* zu erhalten, betrachten wir
die Abbildung
a: V* x V*-+ Alt2 (V; K), (cp , 1/1) ~ a(cp, 1/1),
mit
cp(v) cp(w) )
a(cp, 1/J)(v, w) := det ( .
1/J(v) 1/J(w)
Aus den Eigenschaften der Determinante folgt, daß a(cp , 1/J) alternierend ist. Al-
so gehört dazu die lineare Abbildung
a " : V * 1\ V*-+ Alt2 (V; K) .
362 6 Dualität und Tensorprodukte•
Wir zeigen, daß sie für endlichdimensionales V ein Isomorphismus ist. Dazu
wählen wir eine Basis (v 1, . . . , vn) von V und die duale Basis (v;, .. . , v;) von
V*. Dann ist durch
v;' 1\ vj , 1 :::= i < j :::= n ,
eine Basis von V* 1\ V* gegeben. Dach Definition von a ist
•
al\(v; 1\ v)(vb
•
v,) =
{ 1 für (i, j) = (k, /),
0 sonst.
Für ein beliebiges ~ E Alt2 (V; K) können wir daher ein eindeutiges Urbild
unter a/\ finden, nämlich
:~:::>iJcv; 1\ vj) mit aiJ := ~(v;, v1).
i<j
Aufgaben zu 6.3
1. Es sei V ein Vektorraum über einen Körper K und L ::J K ein Erweiterungskörper
von L, d.h. L ist ein Körper und Kein Unterring von L (vgl. 1.3.2).
a) Zeigen Sie, dass L eine Struktur als K- Vektorraum trägt.
b) Für Elemente L: J...; 181 v; E L 181K V und J... E L definieren wir eine skalare Multipli-
kation durch
A. (LA; 181 V;) := LU; 181 V; .
Zeigen Sie, dass L 181K V mit der üblichen Addition und dieser skalaren Multiplika-
tion zu einem L-Vektorraum wird.
c) Ist die Familie (v;);EI eine Basis von V über K, so ist die Familie (1181 t-!);EI eine
Basis von L 181K V über L. Insbesondere gilt dimK V = dimL(L 181K V).
d) Durch die Abbildung
<p: V-+ K 181K V ' V 1-+ 1181 V'
a) Zeigen Sie, dass die Menge Bi! (V, W; U) mit der Addition von Abbildungen und der
üblichen Multiplikation mit Skalaren ein K- Vektorraum ist und dass die kanonische
Abbildung
Bi!( V, W; U) --+ Hom(V ® W , U) ,
~ t-+ ~®'
ein Vektorraumisomorphismus ist. Insbesondere erhält man für V = W und U = K
einen Isomorphismus
Bi! (V ; K)--+ (V® V)*, ~ r+ ~ 0 .
b) Zeigen Sie analog, dass die Menge Al~ (V; W) mit der Addition von Abbildungen
und der üblichen Multiplikation von Skalaren ein K- Vektorraum ist, und dass die
kanonische Abbildung
Alt 2 (V; W) --+ Hom(V 1\ V, W),
~ t-+ ~A'
ein Vektorraumisomorphismus ist. Für W = K erhält man einen Isomorphismus
Alt2 (V; K) --+ V* 1\ V*, ~ t-+ ~".
iii) der K-Vektorraum K[ti , ... , tn] bzgl. der üblichen Multiplikation von Polyno-
men (vgl. Aufgabe 9 zu 1.3).
b) Sind K -Algebren A und B gegeben, so ist A 0 B als K- Vektorraum erklärt. Zeigen
Sie, dass A 0 B auf eindeutige Weise so zu einer K -Algebra gemacht werden kann,
dass für alle a, a' E A und b, b' E B
(a 0 b) · (a' 0 b' ) = (a · a' ) 0 (b · b')
gilt.
c) Wird K[t]0K[t] wie in b) zu einer K -Algebra gemacht, so definiert der Vektorraurn-
Isomorphismus
K[t]0 K[t] ___,. K[ti , t 2 ] , ti 0 t i ~--+ t(t{,
aus Beispiel6.3.4 a) einen Isomorphismus von Ringen mit IK[r] ® K[rJ 1-+ IK[r 1.r2 J·
8. Zeigen Sie in Analogie zu Theorem 6.3.8 die Existenz eines symmetrischen Produktes :
Für jeden K- Vektorraum V gibt es einen K- Vektorraum V v V zusammen mit einer
symmetrischen Abbildung
v: vxv_,.vvv,
die folgende universelle Eigenschaft erfüllen: zu jedem K- Vektorraum W zusammen mit
einer symmetrischen Abbildung ~ : V x V ___,. W gibt es genau eine lineare Abbildung
~v derart, dass das Diagramm
6.3 Tensorprodukte 365
VxV
vl ~
vvv - ~V w
kommutiert. Ist (v 1, ••• , vn) eine Basis von V, so ist durch v; v VJ .- v(v;, VJ) mit
i~ j eine Basis von V v V gegeben. Insbesondere ist
.
dtm(V V V) =
(n +
2
I) = - + -l)n .
(n -
2
9. Beweisen Sie mit Hilfe der universellen Eigenschaften aus Theorem 6.3.3, Theorem
6.3.8 und Aufgabe 8 die Eindeutigkeit von Tensorprodukt, äußerem Produkt und sym-
metrischem Produkt, d.h.
a) gibt es ij: V x W -+ V® W mit denselben Eigenschaften, dann existiert ein Iso-
morphismus r, so dass das Diagramm
VxW
V "-....ij
v ® w __E_._ v®w
kommutiert.
b) gibt es i\ : V x W -+ V i\ W mit denselben Eigenschaften, dann existiert ein Iso-
morphismus r, so dass das Diagramm
V X w
1\/ "-...,Ä
V 1\ W __E_._ V i\ W
kommutiert.
c) gibt esv: V x W -+ VvW mit denselben Eigenschaften, dann existiert ein Iso-
morphismus r, so dass das Diagramm
VxW
v/ "'-.,V
V v W __E_._ VvW
kommutiert.
366 6 Dualität und Tensorprodukte*
K -linear ist. Kurz ausgedrückt: hält man alle bis auf eine Variable fest, so ent-
steht jeweils eine lineare Abbildung. Eine derartige Bedingung war schon bei der
Definition der Determinante benutzt worden (D 1 in 3.1.2).
Ganz analog zu 6.3.3 beweist man das
Theorem. Zu K- Vektorräumen V1 , • •. , Vk gibt es einen K- Vektorraum
V 1 ® ... ® Vk zusammen mit einer universellen multilinearen Abbildung
T} : VI X .. . X Vk -+ VI Q9 . .. Q9 Vk , (V~o ... , Vk) !-+ VJ Q9 • .. Q9 Vk,
d.h. zu jeder multilinearen Abbildung
~ : V1 x ... x vk -+ w
gibt es genau eine lineare Abbildung~® derart, daß das Diagramm
vl x ... x vk
Ein wichtiger Spezialfall ist folgender: Für einen K- Vektorraum V erklärt man
T := V* 0 . .. 0 V* 0 V 0 . . . 0 V .
'-.,.-' '--v-"'
p- mal q-mal
Ein Element von T wird p-fach kovarianter und q-fach kontravarianter Ten-
sor genannt. Für seine Darstellung sei (v 1, ••• , vn) eine Basis von V und (in
der üblichen Bezeichnungsweise der Physik) (v 1 , ••• , v") die zugehörige duale
Basis von V*. Dann hatjedes Element vonTeineeindeutige Darstellung
'"""' j, ··)q i, fO, ip
L aii···ip v '<Y . . .
fO,
'Cl v
fO, . fO, fO,
'01 vJI '<Y . • . '<Y vJq
.
miti 1, ... , i P' ) 1 , ••• , )q E {I, ... , n} und a~'.:.;~· E K. In dieser Form begegnet
man Tensoren in der Physik.
w
kommutiert. Ist (vi> ... , v.) eine Basis von V, so ist eine Basis von (\k V gege-
ben durch die Produkte
V; L 1\ ... 1\ V;, mit 1 :5 i 1 < ... < h :5 n .
Insbesondere ist dim (\ k V = =
(;)für 1 ::; k ::; n dim V . Für k > n setzt man
(\kV=O.
Beweis. Man erklärt/\ alsKomposition Vk ~ ®kV ~ ®kV/Ak(V).
Zur Konstruktion der Basis benutze man N = (;),den KN mit Basis e;, ..;, und
die alternierende Abbildung
~: yk ~ KN, (w 1, ••• , wk) 1-+ La;, . .;, ·
e;, ...;,.
Dabei sei w; = L~= I )..iJv1 , daraus erhält man eine (k x n)-Matrix. A = ()..iJ),
und a;, . ;, ist der zu den Spalten i 1, .•• , ik gehörende Minor der Matrix. A . D
Damit sollte der Leser gerüstet sein für das Studium der Integrationstheorie etwa
in [Fo 3].
6.4 Multilineare Algebra 369
Aufgaben zu 6.4
1. Führen Sie die Einzelheiten des Beweises von Theorem 6.4.1 aus.
2. Zeigen Sie, dass für K- Vektorräume V1, Vz und V3 die kanonischen Abbildungen, die
gegeben sind durch
Isomorphismen sind. Folgern Sie daraus, dass für jeden K- Vektorraum W die Vek-
torräume
Bi! ((VI ® Vz), V3 ; W), Bi! CV1, (Vz ® V3); W)
(vgl. Aufgabe 2 zu 6.3) und
Tri! (VI, Vz, V3; W) := (~: VI X Vz X v3 -+ w: ~ trilinear}
kanonisch isomorph sind.
3. Beweisen Sie Theorem 6.4.2.
4. Es sei V ein K- Vektorraum.
a) Für Vektoren v1, ... , vk E V gilt:
VI, . . . , Vk sind linear abhängig <;> VI 1\ ... 1\ Vk = 0 in 1\k V .
b) Ist dimV = n, so gilt 1\k V = 0 für k > n.
w
kommutiert. Ist ( VJ , ... , Vn) eine Basis von V, so ist eine Basis von vk V gegeben
durch die Produkte
370 6 Dualität und Tensorprodukte*
gibt.
6.4 Multilineare Algebra 371
Ergänzende Literatur
[Cl H. Cartan: Nicolas Bourbaki und die heutige Mathematik. Arbeitsgemein-
schaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 76. Westdeutscher
Verlag 1959.
[D] L.E. Dickson: New First Course in the Theory of Equations. Wiley 1939.
[DIN] DIN-Taschenbuch 202: Formelzeichen, Forme/satz, Mathematische Zeichen
und Begriffe. Beuth 1994.
[E] R. Ehrlich: Why toast Iands jelly-side down. Princeton University Press 1997.
[Fi] G. Fischer: Analytische Geometrie. Vieweg 1978.
[F-L) W. Fischer und I. Lieb: Funktionentheorie I. Vieweg 1980.
[Fo I) 0 . Forster: Analysis I. Vieweg 1976.
[Fo2] 0. Forster: Analysis 2. Vieweg 1977.
[Fo3] 0. Forster: Analysis 3. Vieweg 1981.
[F-P] U. Friedrichsdor[ und A. Prestel: Mengenlehre fiir den Mathematiker.
Vieweg 1985.
[Fr) F.G. Frobenius: Zur Theorie der linearen Gleichungen. Journal für die reine
und angewandte Mathematik 129, 175-180 (1905).
[F-S] G. Fischer und R. Sacher: Einfiihrung in die Algebra. Teubner 1974.
[K-N] S. Kobayashi and K. Nomizu: Faundarions of Differential Geometry, Vol. 1.
Wiley-Interscience 1963.
Reihe Summe
absolut konvergente, 85 direkte, 101, 102
Relation, 40 orthogonale, 295
Repräsentant, 41, 50 von Vektorräumen, 100
RestkJasse, 50 Summenzeichen, 21
Restklassenring, 55 surjektiv, 35, 37
Resultante, 185 Sylvestersches Trägheitsgesetz, 322
Ring, 54 symmetrisch, 40, 104,232,288,358,367,
Römerfläche, 51 369
symmetrische Gruppe, 44, 186
Sarrussche Regel, 195 Symmetrisierung, 105, 310
Scherung, 177 symplektischer Vekturraum, 302, 311
schiefsymmetrisch, I 05, 183, 288
Schnitt, 119, 132 Teiler, 62
Schubladenprinzip, 36 Teilmatrix, 206
Schwingung, 238 Teilmenge, 32, 33
Schwingungsgleichung, 240 Tensor, 350, 353
selbstadjungiert, 312 kontravarianter, 367
semilinear, 291 kovarianter, 367
senkrecht, 277 Tensorprodukt, 353, 366
sesquilinear, 291 Trägheitssatz, 322
Signum, 189 Transformationsformel, 290, 291
Skalarprodukt, 292, 300 für Bilinearformen, 290
kanonisches, 274, 286 für Endomorphismen, 158
Spaltenrang, 96, 99, 159 für lineare Abbildungen, 158
Spaltenraum, 96 für Sesqui1inearformen, 291
Spaltenumformung, 165 Transformationsmatrix, 154, 169, 325
Spat, 177, 298 transitiv, 40
spezielle lineare Gruppe, 199 Translation, 45
Spiegelung, 223, 231, 305 Transposition, 95, 188, 337
Spur, 229 trigonalisierbar, 244
Standardbasis, 86
Standardebene, 13 überabzäh1bar, 42
Standardraum, 75 Umkehrabbildung, 35
reeller, 1 Unbestimmte, 4, 61, 73, 182
stetig verformbar, 215 unitär, 292, 303, 304, 307
Stirlingsche Formel, 187 universelle Eigenschaft, 369
Sturmsehe Ketten, 72 des äußeren Produkts, 359, 368
Summand des Quotientenvektorraums, 123
direkter, 102, 120 des Tensorprodukts, 353, 366
Summationsindex, 21 Untergruppe, 47
382 Sachwortverzeichnis