Anzeiger Der Phil.-Hist. Klasse Der Österreichischen Akademie Der Wissenschaften, 123. Jahrgang, So. 8
Anzeiger Der Phil.-Hist. Klasse Der Österreichischen Akademie Der Wissenschaften, 123. Jahrgang, So. 8
Anzeiger Der Phil.-Hist. Klasse Der Österreichischen Akademie Der Wissenschaften, 123. Jahrgang, So. 8
Attention!
This is a special internet edition of the publication
„Drei svanische Phonogramme“
[„Three phonographic recordings of Svan“]
by Jost Gippert (1986).
It should not be quoted as such. For quotations, please refer to the
original edition in
Anzeiger der phil.-hist. Klasse der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften, 123. Jahrgang, So. 8,
Vienna 1986.
JOST GIPPERT
1. Einleitung
1. Die "kaukasischen" Phonogrammaufnahmen am Phonogrammarchiv
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
1
Gesänge russischer Kriegsgefangener, aufgen. u. hrsg. v. Robert LACH, 3. Bd.:
Kaukasusvölker; 1. Abtlg.: Georgische Gesänge, Transkr. u. Übers. der georgischen
Texte v. A. DIRR, Wien 1928 ( = Sitz.-Ber. d. phil.-hist. Kl. d. Akad. d. Wiss., 204.
Bd., 4. Abhdlg.; = 55. Mitteilung der Phonogramm-Archivs-Kommission); 2. Abtlg.:
Mingrelische, abchasische, svanische und ossetische Gesänge, Transkr. u. Übers. d.
Texte v. R. BLEICHSTEINER. Wien 1931 ( = Sitz.-Ber. ... 205/1 = 65. Mittlg. ... ; im
folgenden LACH, Gesänge 1/2).
2
Die abgedruckten Lieder decken sich nicht unbedingt mit den phonographierten
Varianten; cf. LACH, Gesänge III/2, 3. Die damals beabsichtigte separate Edition
"Phonographierte Gesänge russischer Kriegsgefangener" ist nie erschienen.
3
S. den Nachruf auf A. DIRR von B. SCHINDLER in Cauc. 6/2, 1930, 1 ff.
4
So zu lesen statt "Roschan" wie im Katalog 1 der Platten 1-2000 des Phono-
gramm-Archives der Akad. d. Wiss. in Wien, hrsg. v. A. EXNER, Wien 1922, 54; cf.
z.B. A.A. MAGOMETOV, Agulskij jazyk, Tbilisi 1970, 15.
5
Hinzu komnen einige Aufnahmen ebenfalls im Kaukasusgebiet beheimateter,
"uneigentlicher" Kaukasussprachen (zum Begriff cf. SCHMIDT, Studien, 1) wie z.B.
des (iran.) Ossetischen (Tual-Dial.; 1183-84) oder des (türk.) Azerbajdžanischen
("Bakuer Tatarisch"; 1203-04). — Aus den Unterlagen des Phonogrammarchivs geht
nicht für alle DIRRschen Phonogramme das genaue Aufnahmedatum hervor; während
die meisten auf den Sommer 1909 datiert sind (das Jahr, in dem DIRR den
Makariuspreis der Russ. Akademie erhielt, cf. den o.g. Nachruf S. 2), fehlen gerade
für die hier zu behandelnden svan. Phonogramme die entsprechenden Angaben. Da
aus den Notizen zu den Nrr. 2346 (Udisch) und 2248-49 (Persisch, "in Tiflis
aufgen.") aber eindeutig hervorgeht, daß diese wie die bisherigen aus dem Jahre
1909 stammen, darf das gleiche auch für die svan. Aufnahmen angenommen
werden; die Archivierungsnummern (um 1150-1200 einerseits und zwischen 2248
und 2346 andrerseits) besagen wohl nur, daß die Phonogramme zu unterschiedlicher
Zeit beim Archiv eingelangt sind. — Reine Sprachaufnahmen finden sich zu einem
geringeren Teil auch unter den Phonogrammen, die in den österr.
Kriegsgefangenenlagern erstellt wurden; dies sind die Nrr. 2780-85 (georg.
Schriftsprache, gespr. v. einem Gurier), 2787 (Avar.) und 2788-91 (Osset.).
189
Leider sind die meisten dieser Aufnahmen heute von nur mehr geringem
sprachwissenschaftlichen Nutzen: Zum einen reicht die Aufnahmequalität,
bedingt durch den damaligen Stand der Technik, für phonetische Analysen
von vornherein nicht aus, zumindest im Bereich des Konsonantismus, der
gerade in einigen Kaukasussprachen reichhaltig entwickelt ist und in vielen
Punkten noch der wissenschaftlichen Untersuchung bedarf; zum andern
enthalten die Aufnahmen meist nur Listen von Einzelwörtern, für deren
Aufzeichnung die Phonogrammtechnik offenbar besonders ungeeignet
war6, oder allenfalls Einzelsätze (z.B. Sprichwörter), die für eine
grammatische Analyse nicht genügend Material bieten.
Eine Ausnahme bilden die Phonogramme Nr. 2250-52 mit svanischen
Sprachproben. Diese Aufnahmen stehen nicht nur qualitativ weit über allen
anderen7, sondern enthalten auch als einzige ein relativ umfangreiches
Textmaterial, dessen wiss. Bearbeitung schon allein deshalb lohnt, weil es
sich um Texte handelt, die bereits für die Aufnahmezeit als archaisch
gelten müssen (s. dazu weiter S. 208 ff.). Man kann mit Sicherheit davon
ausgehen, daß diese Aufnahmen heute das älteste auf Tonträgern
konservierte svan. Sprachmaterial überhaupt darstellen8.
Die vorliegende Arbeit, die als Vorbericht konzipiert ist, enthält neben
einer allgemeinen Einführung zunächst ein phonetisches Transkript dieser
Aufnahmen, dazu eine phonologische Auswertung und eine Übersetzung
mit kurzen Erläuterungen, Ein ausführlicher Kommentar, der die
sprachlichen und inhaltlichen Probleme der archaischen Texte behandeln
soll, ist für eine spätere Publikation vorgesehen.
6
Die Wörter wurden zumeist derart in den Aufnahmetrichter hineingebrüllt, daß der
bewahrte akustische Eindruck kaum mehr an menschliche Sprache erinnert.
7
Dies ist möglicherweise auf die Benutzung einer anderen Membran zurückzufüh-
ren, wie aus den Aufnahmeprotokollen hervorgeht.
8
Von svan. Phonogrammen in anderen Archiven ist mir nichts bekannt; dies gilt
z.B. auch für den Verbleib der Liedaufnahmen, die der Sammlung von Z. PALIAŠVI-
LI (Kartvelur simgereta k̇r ebuli,
Ṫp ilisi 1909; im folgenden PALIAŠVILI, r ebuli)
K̇
zugrundeliegen (cf. auch DIRR, Lieder, 597).
9
In der Einleitung gebe ich geographische Namen in der (transkribierten) amtlich-
georgischen Form wieder.
10
Die Wohnsitze der antiken Suanes dürften allerdings weiter ausgedehnt ge-
wesen sein als heute. Darauf weisen einige als svan. deutbare ON außerhalb des
heutigen Siedlungsgebiets (in diesem Sinne äußert sich bereits REINEGGS, Be-
schreibung 2, 16; cf. weiter die Ausführungen bei ČAR V IANI, Svaneti, 47 f. [nach
K̇
G. MELIKIŠVILI) sowie bei KALDANI, Lečx., 67.). Vermutlich haben sich die Svanen
unter Bedrängnis durch benachbarte mingrelische ("kolchische") Stämme weiter ins
Gebirge zurückziehen müssen; s. bereits ROSEN, Suan., 417.
190
Das svan. Gebiet am Cxenis q̇ali, das heute als Niedersvanetien be- ċ
zeichnet wird11, hieß in älterer, d.h. vorsowjetischer Literatur
"Dadianisches Svanetien"; der Name leitet sich von der (mingrelisch-
westgeorgischen) Fürstendynastie der Dadiani ab, der die Region seinerzeit
unterstand. Das Gebiet am oberen Enguri, heute Obersvanetien, zerfiel zur
gleichen Zeit in zwei Hälften: das — ebenfalls nach seinen Feudalherren
benannte — "Dadiškelianische Svanetien" im unteren Teil und das sog.
"Freie Svanetien", ein keinem Feudalherren gehorchender Verband von
Einzelgemeinden im oberen Teil12; die Grenze bildete der Gebirgszug
Bali, der auf dem Weg den Enguri aufwärts zu überqueren ist13.
11
georg. svaneti "Svanenland".
12
Das "Freie Svanetien" dürfte sich erst im 18. Jhdt, aus dem Herrschaftsbereich der
Dadiškeliani gelöst haben; cf. z.B. die Angaben bei BAKRAZE, Svanetija, 31 ff. —
Die Anzahl der dazu gehörenden Gemeinden (russ. ob<estvo, georg. temi) ist im
Laufe der Zeit nicht konstant geblieben, da ständige Rivalitäten der einzelnen
Dorfschaften innner wieder neue Verhältnisse schufen. Ursprünglich kann man wohl
von elf Gemeinden ausgehen; cf. z.B. BARTOLOMEJ, Poězdka, 158 ff. mit den
Namen Adyw&-(skoe ob<.), C}rmi/i-, \lh-, Ipar-, Kal&-, Latalh-, Lend9er-,
Mest%/i-/Set%/i-, Mullax-, Mu9al&- und Uwkulh- (heutige svan. Formen: hädı̄š,
ċ ¯
w irmi, jeli, ipär, k̇ ¯ mes i a, m lax, m žāl, ušgul; zur Umschrift svan.
a l, la l i, leny̌är, ṫ ṫ e e
und georg. Wortformen s.u. A. 24). Auf dieser Basis erklären sich die Namen der
"(Dörfer) am Enguri" bei GÜLDENSTÄDT, Beschreibung, 110, der nicht zwischen
"Freiem" und "Dadiškelianischem Svanetien" scheidet: "Uschkur" = ušgul; "Kaja"
= a l (georg. und ältere svan. Namensform a la), "Adisch" = hädı̄š; "Migat" =
k̇ k̇
m žāl; "Ipar" = ipär;
e ¯ "Bogresch" = bogreš (bei BARTOLOMEJ, Poězdka, 174 Dorf
innerhalb von Ipar); "Zirmi" = w irmi; "Jeli" = jeli; "Miloch" = m lax; "Lengar" ċ e
¯ "Lateli" = la l i (georg. la a li). Die Reihenfolge entspricht hierbei ungefähr
= leny̌är; ṫ ṫ
der Lage den Enguri abwärts; es folgen sechs weitere Namen von Gemeinden, die
dem "Dadiškelianischen Svanetien" zuzurechnen sind, während gerade die
Entsprechung von mes i a, dem heutigen Rajonszentrum, fehlt. — Noch ältere Belege
ṫ
erbringen einige georg. geschriebene Dokumente des 13.-16. Jhdts., die . Ṗ
INGORO V A herausgegeben hat (INGORO V A, Zeglebi), und zwar mit den Formen
Q̇ Q̇
ušgul-/(v)uškul-/uš u l-, a la/ a l-, hadiš (hadisa in 20 [18b], 7 ist wohl verschrieben
k̇ k̇ k̇
für hadišisa), mžalv-/mužalv-, ipar- (dieselbe Gemeinde ist in 158 [Kap. XVIII der
"Svan. Gemeindechronik", ma i ane suanetisa r ebisaj, 13. Jhdt.] mit zegena- ṫ k̇
bezeichnet; zegän ist in den jüngeren Quellen ein zu ipär ¯ gehörendes Dorf, cf.
ČAR V IANI, Svaneti, 237), u rem-/ u irm-, el-, mulax- (einmal molaxi in 47 [37], 8),
K̇ ċ ċ
leny̌er-, la a l (Gen. la l isa in 37 [29], 1 mit Synkope) sowie meist se ( i)- für
ṫ ṫ ṫ
selteneres mes(e) ( i-) (dat. se i as in 158 [XV der "Chronik"]; später ist Seti ein
ṫ ṫ
Dorf innerhalb der Gemeinde Mestia, deren Name eben von se i abgeleitet sein ṫ
dürfte). — Die Anzahl der Gemeinden hat sich gegen Ende des vgg. Jhdts. auf sieben
reduziert: so bei TEPCOV, Svanetija, passim und MARGIANI, Svanety, 72 mit den
Formen Uwkul(a)/Uwgul, Kal(y)/Kal, Ipar(y)/Ipaar, (Mu9alo-) Mulax(skoe
ob<./M§lax, Mest%{/Mest%a, Len(d)9er(y/Nen9ar&)/Len6jar und Latal(h)/
Latli; vgl. noch THIELMANN, Streifzüge, 70, der von den acht Gemeinden Usch-
kull, Kall, Adisch, Mushal, Mulach, Mestia, El und Nensher spricht. Einige der gen.
Ortsnamen begegnen in den unten zu behandelnden Texten.
13
Die genauesten mir bek. Karten des svan. Gebiets sind der Teil 1 der "Karte des
kaukasischen Hauptgebirges vom Elbrus bis zum Passe Godiwzik, auf Grund der
Aufnahmen des Generalstabes der Kaukasischen Armee im Maßstabe von 1 Werst
: 1 Zoll .. bearb.v. G. MERZBACHER .." als Beilage zu dessen "Hochregionen" sowie
die "Svanetis adminis r a i ul-geograpiuli ru a " von Ev. BARAMIZE im Anhang zu
ṫ ṫ k̇
GABLIANI, Svaneti. Für die Toponymik des obersvan. Gebiets kann die jüngst er-
schienene Skizze von N. THIERRY herangezogen werden (Notes 1, 134 bzw. 2, 52).
191
Der laz.-mgr. Zweig, der dem Georg. näher steht als das Svan., wird auch
als Zan(isch) bezeichnet.
14
cf. die Angaben bei ČAR V IANI, Svaneti, 28 (für 1860-1897) oder bei ONIANI,
K̇
Soc.-Ek., 16 (1858-1897; die ersten statistischen Erhebungen fanden offenbar 1831
statt, cf. ŽAOŠVILI/ŠENGELAIA, 63 f.). Etwas mehr als die Hälfte der Svanen lebte
dabei in Obersvanetien; cf. z.B. TEPCOV, Svanetija, 39, der von 9533 Bewohnern
dieses Gebiets spricht (ca. 1888). Die Anzahl der "Freien Svanen", d.h. der
Bewohner des "Freien Svanetien", belief sich nach DMITRIEV, Byt, 166 im Jahre
1897 auf 5801.
15
cf. z.B. TOPURIA, Svan., 77. Genaue Angaben sind kaum möglich, da die Svanen
bei den statistischen Erhebungen der jüngeren Zeit offenbar nicht mehr als eigene
Volksgruppe gezählt, sondern unter den Georgiern miterfaßt werden; so z.B. in der
Enciklopedia, 34, die nur von "Kartveliern" ({artveli) spricht, ebenso auch bei
ŽAOŠVILI, Naselenie, 47 ff. Zuverlässig sind nur die Zahlen für die Einwohner
Svanetiens: nach ŽAOŠVILI, ib. lebten 1968 in Obersvanetien 17400, in
Niedersvanetien 15200 Menschen, von denen nach ŽAOŠVILI/ŠENGELAIA 97,1%
solche nicht näher definierte "georgische" (gruzinskie) Bürger waren. — Daß die
Svanen (wie auch Mingrelier und Lazen) zu den Kartveliern/Georgiern gerechnet
werden, ist einerseits geographisch-historisch, andrerseits aber auch linguistisch
begründet; s. dazu weiter im folgenden.
16
Cf. z.B. DEETERS, Verbum, 2; cf. auch SCHMIDT, Studien, 13 sowie GAM-
Q̇R ELIZE/MA ˇ A VARIANI, 6. Die hier gegebene Skizze läßt die Stellung des zanischen
Ċ
Zweigs offen. — Die genetische Zusanunengehörigkeit der Gruppe hatte als erster
offenbar schon GÜLDENSTÄDT erkannt, der in seiner Wörtersannnlung (Peregrinatio,
304 ff.; s.u. A. 19) "Kartuelisch", "Mingrelisch" und "Suanisch" als "Georgianische
Mundarten" nebeneinanderstellt und sich in der "Beschreibung", 110 f. wie folgt
über die Svanen äußert: "Von ihrer Sprache habe ich nur eine geringe mit den
übrigen kaukasischen Sprachen korrespondirende Wörtersammlung gemacht und
gefunden, daß sie von allen stark abgeht, doch sieht man offenbar, daß die
georgische ihre Mutter ist" (Hvhbg. J.G.). Wissenschaftlich begründet wurde die
Zugehörigkeit des Svan. zur "iberischen", d.h. "kartvel." Gruppe zunächst durch J.
KLAPROTH, der schreibt (Reise, Anh., 266): "Zahlwörter, Pronomina sind noch ganz
dem Mingrelischen und Georgischen ähnlich"; ihm folgend stellt G. ROSEN (Suan.,
418) fest, "daß jene Verwandtschaft weit entfernter ist, als die unter den übrigen
Dialecten Iberischen Stammes. Die Mingrelier und benachbarten Imerier (Sprecher
eines westlichen georg. Dialekts – J.G.) leugnen daher jede Gemeinschaft ganz und
gar; doch führen unabweisbar darauf die Grundzahlen, eine nicht geringe Anzahl
von Wurzelwörtern, die die nothwendigsten Begriffe ausdrücken, und die Flexion im
Allgemeinen, wenngleich in ihren Einzelheiten eben soviel Fremdartiges aufstößt, als
in dem Wurzelreichthum der Sprache". Die erste Abhandlung, die eigens dem
Sprachvergleich innerhalb der "iberischen" Sprachgruppe gewidmet war, ist wohl der
1872 in St. Petersburg lithographiert veröffentlichte "Sravnitelhny/ i obzor&
morfolog%i iber%/ isko/i gruppy kavkazskix& {zykov&" von A. CAGARELI (im
folgenden CAGARELI, Obzor).
192
Während das Georg. bereits seit dem 5. Jhdt. n. Chr. mit reichhaltiger
Literatur überliefert ist, haben weder das Svan. noch das Laz. oder Mgr. je
den Status einer Schriftsprache, d.h. einer Schul- und Publikationssprache
erlangt17. Dementsprechend stammen die frühesten Zeugnisse des Svan.,
wenn man von in georg. Urkunden erwähnten Eigennamen absieht18, aus
rel. rezenter Zeit. Sie beginnen mit der 1772 erstellten Wörtersammlung
J.A. GÜLDENSTÄDTs (214 Lemmata), die in den darauffolgenden Jahren in
verschiedenen Werken abgedruckt wurde19. Eine neue, wenn auch nur
wenig umfangreichere Wortliste erschien erst 1853 als Anhang zum
Reisebericht des Offiziers I.A. BARTOLOMEJ (ca. 300 Wörter mit
zusätzlichen lokalen Varianten)20. Die ersten zusammenhängenden Texte,
Gebete mit georg. und russ. Übersetzung (65 Seiten), wurden 1864 in der
anonym herausgegebenen Fibel "Lušnu Anban" ("Svan. Abc-Buch")
veröffentlicht, die daneben auch eine Sammlung von über 1000 Wörtern
und Wortformen enthielt21.
17
Als Verwaltungssprache dient den Svanen vorrangig das Georg. Dies galt bereits
in älterer Zeit, wie aus der Tatsache hervorgeht, daß schon die frühesten Urkunden,
die das svan. Gebiet betreffen (s.o. A. 12), wie auch die in Svanetien gefundenen
Inschriften auf georg. gehalten sind, Daß diese Tradition zumindest in Obersvanetien
eine temporäre Unterbrechung erlitt, geht aus den Ausführungen von A.I. STOJANOV
hervor (Putešestvie, 283 f.), wonach seinerzeit kaum ein Svane (mehr) georg. sprach;
vgl. auch die Angaben bei TEPCOV, Svanetija, 64. Dieser Zustand war jedoch bald
behoben, wie ČIMA ZA E, Svaneti, 3, bezeugt: "tavisufal svanet}i tit{mis
K̇
qvela mamakacma icis {artuli da garkvevitac laparakoben {artul ena}i .."
— Ein Jahrhundertelanger enger Kontakt der beiden Sprachen wird auch dadurch
erwiesen, daß das Svan. eine große Zahl georg. Lehnwörter aufgenommen hat;
Beispiele werden im Kommentar zu besprechen sein.
18
28 solche Personennamen sind bereits bei RADDE, Reisen, 84 (120 f.) auf-
gezeichnet: bei der betr. "Kirchenurkunde" handelt es sich evtl. um ein Fragment der
"Svan. Gemeindechronik" des 13. Jhdts. (s.o. A. 12; allgemein zu diesem Text cf.
MARGIANI, Ma i ane, 94 f.).
ṫ
19
Zunächst durch P.S. PALLAS in dessen "Reisen" und in den "Vocabularia" (als
Sprache Nr. 110 bei 195 Lemmata sowie den Zahlwörtern), dann in G. ELLIS’
Memoir und in Werken J. KLAPROTHs ("Reise" und "Asia polyglotta"). Erst die
jüngste Ausgabe ("Peregrinatio") von G. GELAŠVILI beruht jedoch wieder auf dem
handschriftlichen Nachlaß GÜLDENSTÄDTs; cf. dazu OUTTIER, Esquisse, 200 ff.
20
(Poězdka, 214 ff.). BARTOLOMEJ wurde seinerzeit als Oberst (polkovnik) ins
"Freie Svanetien" entsandt, das erst kurz zuvor offiziell durch den russ, Zaren
annektiert worden war; BAKRAZE (Svanetija, 19*) kennt ihn bereits als Generalmajor
(general&-ma%or&; cf. auch GILEV, Svanetija, 80 f. A.*).
21
Zu revidieren ist also die Behauptung OUTTIERs (Esquisse, 202), "pour trouver un
lexique svane plus riche que celui de Güldenstädt, il faudra attendre plus d’un
siècle". — Ein (sehr fehlerhaftes) svan. Vaterunser war bereits zehn Jahre vor dem
Erscheinen des Lušnu Anban bei BODENSTEDT, Völker, 85 abgedruckt worden; ein
weiteres findet sich bei TELFER, Crimea, 175. — Wenn O. WARDROP über das Lušnu
Anban schreibt, "Baron Uslar is believed to be its author" (Vocabulary, 590), so ist
dies sicher irrig. Bei STOJANOV, Putešestvie, 283 wird nämlich ein Pater (o[tec&])
Theophan KORZAJA aus v irmi (C}rhmi) erwähnt, der "sein geistiges Kind ‘Lušnu
Ċ
Anban’ von sich weise, weil es zwar unter seiner Mitarbeit entstanden sei, aber nicht
durch ihn allein" ("tot&-9e o. •eofan& .., kotory/ i otvergaet& svoe d_ti<e
‘Luwnu Anban’, tak&-kak& ono xot{ i sotvor{losh pri ego sod_/ istv%i, no
ne im& odnim&"); ib., 423 wird ders. sogar einfach als "Autor" ("avtor& to/ i sv.
azbuki") bezeichnet. Herausgeber der Fibel dürfte der o.g. I.A. BARTOLOMEJ
gewesen sein; dies geht aus M.R. ZAVADSKIJs Vorwort zur (postumen) Edition der
sprachwissenschaftlichen Arbeiten P.K. USLARs, Ėtnografija Kavkaza, hervor, wo es
heißt (USLAR, Abxaz, VIII): "V& 60-x& godax& na Kavkaz_ |tim& alfavitom&
byli izdany razny{ knigi na tuzemnyx& {zykax&, a imenno: I) Na
svanetskom& {zyk_: 1) Svanetski/ i bukvarh, sost. Bartolomeem&. II) ..."
(Hvhbg. J.G.). Nach A. ROBAKIZE (S. 27 im Vorwort zu NIŽARAZE, e rilebi 1, s. A.
Ċ
64) war der Stabskapitän Fürst ŠAXOVSKOJ, der die Annexion Svanetiens durch den
Zaren vorbereitet hatte (cf. GASVIANI, Struktura, 87), dafür verantwortlich, daß das
Werk in russ. Sprache gehalten ist. USLARs eigener Anteil am Lušnu Anban dürfte
darin bestehen, daß er das zur Niederschrift des Svan. dienende russ.-georg.
Mischalphabet eingeführt hatte; cf. dazu M.R. ZAVADSKIJ in SM 10/1, VII und L.
LOPATINSKIJ in SM 41/2, 11.
193
Darüber hinaus verfügt das Svan. über die Liquiden /r,l/, die Nasale
/m,n/ sowie /j/ und /w/ als Konsonantenphoneme27.
22
Keine grammatischen Angaben enthält der Abschnitt "Ssuanische Sprache" im
Anhang "Kaukasische Sprachen" zu KLAPROTH, Reise, 262 ff.
23
Diese Dialekteinteilung geht auf MARR, Poězdki, 16 zurück.
24
Hier und im folgenden wird für das Svan. und die benachbarten Sprachen das in
der heutigen Kartvelologie übliche Transkriptionssystem angewendet, bei dem die
Affrikaten monophonematisch dargestellt sind und bei den stimmlosen Obstruenten
die Glottalisierung (durch einen Punkt) markiert ist.
25
/q/ wird meist mit starker Affrizierung, also etwa als [qx] realisiert; der Laut
wurde deshalb in älterer Literatur häufig mit /x/ verwechselt und in den mit russ.
Alphabet geschriebenen Texten (in SM) durch <x́> bezeichnet. Auch im Laufe der
georg. Sprachgeschichte sind bekanntlich /q/ und /x/ in /x/ zusammengefallen.
26
Die letzteren beiden gehören, wie im Georg., dem Uvularbereich an, reprä-
sentieren also [”,x].
27
Keinen Phonemstatus haben das vor Velar erscheinende [n] als Allophon von /n/
und [v] als Allophon von /w/.
194
28
ŽĠEN I , Svan., 65-95 argumentiert gegen einen Phonemstatus der Langvokale (cf.
Ṫ
auch dess. Sa i txebi, 306 f, sowie SCHMIDT, Studien, 39 f.), wobei er die Länge als
k̇
eine "Funktion des für das Svan. charakteristischen quantitierenden Akzents" auffaßt
(Svan., 97: ".. gr&eli Xmovnebi am ena}i mo{medi raodnobis anu kvan4i4a4uri
maXvilis funkciaa"). Da aber keine festen Gesetzmäßigkeiten erkennbar sind, die
eine längere Vokalrealisation als phonetische Begleiterscheinung hervorrufen (auch
ŽĠEN I nennt nur Tendenzen), und da die Vokallänge im Zshg. mit der
Ṫ
Synkoperegel (s.u.) eine distinktive Funktion hat, gehe ich dennoch von einem
eigenen Phonemstatus der Langvokale aus. Die Problematik wird ausführlich im
Kommentar zur Sprache kommen.
29
So z.B. in der Mundart von Ušgul (cf. dazu unten S. 24 f.); entsprechendes gilt
generell auch für den nbal. und den len e x. Dialekt.
ṫ
30
Vgl. z.B. die Eigenbezeichnung der Svanen für ihr Land, obersvan. (ober-
/niederbal.) und len . šwän, lašx. šwan (davon mušwän/mušwan "Svane",
ṫ
šwanär/šwanar "Svanen", lušnu "svanisch") sowie die unter Anm. 91 aufgeführten
Zahlwortformen.
31
Verbum, 17 f.; einige Klarstellungen für den obal. Dialekt liefert NI O LAIŠVILI,
K̇
Analiz.
32
Dies gilt auch für labiale Umlautungen.
33
So bei ŽĠEN ,I Svan., 96-107 (cf. auch dess. Sa i txebi, 306 f. sowie SCHMIDT,
Ṫ k̇
Studien, 20).
34
Zumindest im oberbal. Dialekt, cf. ŽĠEN I , der von "Tendenzen zur Stabilisierung
Ṫ
des Wortakzents" spricht (Svan., 101).
35
In gew. erstarrten Wendungen erscheint noch ein Kasus auf -n, der am ehesten als
"Ablativ" zu bestimmen ist; cf. z.B. DIRR, Einführung, 115 sowie zuletzt
MA ˇ A VARIANI, Brun., 231 ff. — Ein Vokativ wie im Georg. existiert nicht.
Ċ
195
Sg. 1. 2. 3. 4. 5.
Nom. ˇ ä š
ċ q̇ōr ¯
čäž ˇ i šx
ċ māre
Erg. ˇ ä šd ċ q̇ōrd čāžem ˇ šxem
e ċ mārad/māremd
Dat. cäšs
ˇ
˙ q̇ōrs čāžw cˇ šx
e˙ māra
Gen. cäši(š)
ˇ
˙ q̇ōrä(š) čāžmi(š) cˇ šxe/i(š)
e˙ mārēmi(š)
Instr. cäšwš/ˇ
ˇ
˙ cašwš ˙ q̇ōršw čāžwš cˇ šxšw
e˙ māroš
Adv. ˇ ä šd ċ q̇ōrd čāžd ˇ šxd
e ċ mārad
Pl. 1. 2. 3. 4. 5.
Nom. ˇ a šär ċ q̇ōräl čāžär ˇ
e ċ šxär ¯
māräl
Erg. ˇ a šärd ċ q̇ōräld čāžärd ˇ
e ċ šxärd ¯
māräld
Dat. casärs
ˇ
˙ q̇ōräls čāžärs cˇ
e˙ šxärs ¯
māräls
Gen. ˇ a šre(š) ċ q̇ōrle(š) cāžre(š) ˇ
e ċ šxre(š) mārāle(š)
Instr. ˇ a šäršw ċ q̇ōrälšw čāžäršw ˇ
e ċ šxäršw mārālšw
Adv. ˇ a šärd ċ q̇ōräld čāžard ˇ
e ċ šxärd ¯
māräld
Wie im Georg. werden Adjektive nur dann vollständig flektiert, wenn sie
nicht attributiv gebraucht sind; das gleiche gilt für Numeralia. Die
Kasusbildung entspricht in diesem Fall durchweg der der Substantive,
ansonsten werden nur der Nom. (als casus rectus) und der Dativ (als
obliquus) verwendet. Die Pronomina haben eigene Flexionsmuster, die im
Kommentar näher ausgeführt werden sollen.
36
Die nachstehenden Paradigmen sind an die Aufstellungen bei ŠARAZENIZE,
Voprosy, 56 ff. angelehnt; die Einteilung der Flexionsklassen weicht jedoch von der
dort gegebenen ab: ŠARAZENIZE faßt die hier angenommenen Typen 1) und 2) bzw.
3) und 4) unter jeweils einer Klasse zusammen (I bzw. II), der Typ 5) entspricht
ihrer Klasse IV. Die Klassen III und V bei ŠARAZENIZE sind hier ausgespart, da die
erstere nur eine beschränkte Gruppe von Pronomina umfaßt und die letztere, zu der
Adjektive mit vokalischem Auslaut gehören, als eine Variante des Typs māre gelten
kann (cf. dies., ib., 61). — Die hier verzeichneten Formen gelten für den oberbal.
Dialekt, können aber auch innerhalb dieses Dialekts variieren, Es kommt z.B.
durchaus vor, daß die Beispielswörter der Typen 3) und 4) nach Art des Typs 1)
¯ (Dat.Sg.), ˇ i šxi (Gen.Sg.) und ˇ i šxšv (Instr.Sg.), alle
flektieren; cf. die Formen čäžs ċ ċ
aus Svan. r oz. . 1 (80 [74a], 4; 91 [74b], 8; 90 [74a], 23: Texte aus Ipär).
Ṗ ¯ — Bei
Ṫ
den Pluralformen ist die generelle Regel zu beachten, wonach ein zweites /r/ im
Wort zu /l/ dissimiliert wird; es begegnen aber auch Formen wie q̇ōrär (ib. 84 [72],
27: Text aus Ušgul). Das Wort ˇ ä š kennt noch eine zweite Pluralbildung auf la--a ċ
(la-ˇ š -a; so z.B. Svan.
ċ o ezia 214 [63a], 31), die – unabhängig von der Ṗ
Flexionsklasse der Ausgangsform – bei Verwandtschaftstermini auftritt; cf. dazu
allgemein DONDUA, Množ., 71 ff. Bei NIŽARAZE, Ganxilva, 88 sind solche Formen
noch als "Dual" aufgefaßt; dem stehen Beispiele wie čxara laxwba "neun Brüder"
(Svan. r oz, . 1, 77; Text aus Ušgul) entgegen (s. aber unten Anm. 120).
Ṗ Ṫ
196
aktiv passiv
37
Über die vor den Postpositionen erscheinenden Kasus s.u. A. 96.
38
Diese Kategorie, im folgenden "Inferential" genannt, wird bei DEETERS, Verbum
wegen der Funktionsnähe noch unter dem "Imperfekt" subsumiert; man wird jedoch
nicht umhin können, sie mit TOPURIA, Zmna als eigene Kategorie (georg. turmeobiti,
etwa "Augenschein-" oder "Hörensagensmodus") zu fassen: Der "Inferential" vertritt
das Impf. in einem "referierenden" Bericht und verhält sich damit entsprechend wie
das Perf. zum Aor. (s.u.).
39
Das Beispiel (im oberbal. Dialekt) nach TOPURIA, Zmna, 180.
40
Mit "Ablaut" ist nicht der Wechsel Vokal / ∅ gemeint, der auf der "Synkope"
beruht, s.o.
197
Diese Verbindungen sind allerdings nicht sehr eng und können durch
Partikeln, Konjunktionen u.a. gesprengt werden45.
Im Svan. (und den übrigen Kartvelsprachen) wird an der Verbalform
nicht nur die Person eines "Subjekts" oder ersten Aktanten markiert, wie
z.B. in den idg. Sprachen, sondern es gibt auch Zeichen für Objekte
(zweite und dritte Aktanten). Die Personalaffixe zerfallen dabei in drei
Gruppen: Subjektsaffixe, Affixe für direkte Objekte und solche für
indirekte Objekte, wobei letztere nur in Verbindung mit den sog,
"Versionsvokalen" -a-, -e- und -i-/-o- auftreten46. Zu beachten ist, daß das
Svan. keinerlei Genus- oder Klassenunterscheidung kennt, wohl aber die
Kategorie inklusiv/exklusiv bei der 1.Ps.Pl. — Die einzelnen Affixreihen
lauten in ihrer Normalform47 wie folgt:
41
TOPURIA, Zmna nennt diese sašualo zmna, d.h. etwa "Medialverben"; sie können,
als "Zustandspassiva", auch von trans. Verben abgeleitet sein.
42
Dies im Unterschied zum heutigen Georg., wo Futur und Kond. immer pfv. sind.
43
Bei Formen der 3. Zeitgruppe haben die Präverbien eher die Funktion, Hand-
lungsperfekta gegenüber präverblosen Zustandsperfekta zu markieren; cf. DEETERS,
Verbum, 182.
44
So genannt nach DEETERS, Verbum.
45
Eine vergleichbare Tmesis kannte auch das Ageorg. — Die Elision in Formen wie
/ž’an/ gilt im heutigen Svan. regelmäßig; sie wird zum ersten Mal bei NIŽARAZE,
Ganxilva, 86 f, beschrieben, Die Zusammenrückung der "Richtungs-" und
"Lokalpräverbien" ist im Svan. dennoch eine junge Erscheinung, wie sich auch
daran zeigt, daß bei der o.g. Synkopierungsregel (3.1.) die Lokalpräverbien nicht
mitzählen.
46
Dies im Unterschied zum Georg., wo die Zeichen des indir. Objekts auch ohne
Versionsvokal erscheinen können.
47
Über die unterschiedlichen Realisationen der Personalaffixe im Kontakt s. weiter
unten.
198
48
Ein -s als Endung der 1./2. Ps. Sg. erscheint im Imperfekt und dem pfv.
Konditional, als Endung der 3. Ps. Sg. in den Konjunktiven.
49
"Aktiv" und "passiv" sind hier als formale Kategorien aufzufassen.
50
Da es auch primäre, nicht von einem Transitivum abgeleitete Verben passiver
Formenbildung gibt, die man als "dynamische Intransitiva" bezeichnen könnte, ist es
hierbei nicht immer angebracht, von einem "Patiens" zu sprechen.
51
Die Bezeichnungen "relative" und superessive Version" werden hier nach der
Diktion von ČXEN E LI, Wörterbuch bzw. Einführung verwendet. Die "superessive"
K̇
könnte auch "lokale Version" genannt werden; die relative" vertritt die "objektive"
und die "superessive Version" beim passiven Verb, vgl. für das Georg. BOEDER,
Versionen, 129 f.
52
Der Vokal -i- begegnet an der gleichen Stelle im Verbalkörper auch bei der
Bildung von Passivformen, und zwar bei den nicht ablautenden Verben. Der
historische Zusammenhang (Reflexivität > Passivbildung) liegt auf der Hand.
199
53
Für eine ausführliche Darstellung der betr. phonologischen Regeln cf. ONIANI,
Morpol.; eine Übersicht bietet HEWITT, Rules. — Die Paradigmen a) bis g) nach
TOPURIA, Zmna, 45 ff., die übrigen nach dems., Tafeln I und II.
54
Anstelle von "direkt-reflexiven Formen werden meist Formen des Passivs
verwendet (vgl. o. A. 52); seltener erscheint das Wort txüm "Kopf" als Ersatz eines
Relativpronomens (vgl. georg. tavi).
200
für mich für dich für ihn f. uns-i f. uns-e. für euch für sie
ich / y̌idgäri xodgäri / / y̌idgärix xodgäri
du midgäri / xodgäri / nidgäri / xodgäri
er midgäri y̌idgäri xodgäri gwidgari nidgari y̌idgärix xodgäri
wir-i / y̌idgärid lodgärid / / y̌idgärid lodgärid
wir-e / y̌idgärid xodgärid / / y̌idgärid xodgärid
ihr midgärid / xodgärid / nidgärid / xodgärid
sie midgärix y̌idgärix xodgärix gwidgärix nidgärix y̌idgärix xodgärix
für mich für dich für ihn f. uns-i. f. uns-e. für euch für sie
ich / y̌adgäri xwadgäri / / y̌adgärixx xwadgäri
du madgäri / xadgäri / nadgäri / xadgäri
er madgäri y̌adgäri adgäri gwadgäri nadgäri y̌adgärix adgäri
wir-i. / y̌adgärid ladgärid / / y̌adgärid ladgarid
wir-e. / y̌adgärid xwadgärid / / y̌adgärid xwadgärid
ihr madgärid / xadgärid / nadgärid / xadgärid
sie madgärix y̌adgärix adgärix gwadgärix nadgärix y̌adgärix adgärix
55
Für die Verwendung von txüm als "Refl.-Pron." s.o. A. 54; vgl. auch das genau
entsprechende georg. me va l av mas tavs (TOPURIA, Zmna, 47).
k̇
201
für mich für dich für ihn f. uns-i. f. uns-e. für euch für sie
ich / y̌edgäri xedgäri / / y̌edgärix xedgäri
du medgäri / xedgäri / nedgäri / xedgäri
er medgäri y̌edgäri xedgäri gwedgäri nedgäri y̌edgärix xedgäri
wir-i / y̌edgärid ledgärid / / y̌edgärid ledgärid
wir-e / y̌edgärid xwedgärid / / y̌edgärid xwedgärid
ihr medgärid / xedgärid / nedgärid / xedgärid
sie medgärix y̌edgärix xedgärix gwedgärix nedgärix y̌edgärix xedgärix
Aor. ¯
oxwmär ¯
axmär anmāre almāred oxwmāred axmāred anmārex
Kj.2 oxwmāra axniära anmāras almārad oxwmārad axmārad anmārax
Aor. ¯
oxmär ¯
oxmär oxmāre olmāred oxmāred oxmāred oxmārex
Kj.2 oxmāra oxmāra oxmāras olmārad oxmārad oxmārad oxmārax
56
Die Formen des Infl. sind analytisch gebildet: -xwi usw. sind die Präsensformen
der Kopula (dies gilt auch für die Inferentialformen in den Paradigmen j), l) und n)
sowie für die Formen des Perfektsystems in j) und n)).
203
Aor. ¯
äxwmārän ¯
äxmārän ¯
änmārän ¯
älmāränd ¯
äxwmāränd ¯
äxmāränd ¯
änmāränx
Kj.2 äxwmārēn äxmārēn änmārēns älmārēnd äxwmārēnd äxmārēnd änmārēnx
Aor. ¯
äxwmārän ¯
äxmārän ¯
äxmārän ¯
älmāränd ¯
äxwmāränd ¯
äxmāränd ¯
äxmāränx
Kj.2 äxwmārēn äxmārēn äxmārēns älmārēnx äxwmārēnd äxmārēnd äxmārēnx
Aor. o x e ṫ a x e ṫ a ix ṫ al i xd ṫ o i xd ṫ a i xd ṫ a i xx ṫ
Kj.2 ot xe/a
e˙ at xe/a e˙ at xe/as e˙ alt xe/ad
e˙ ot xe/ad
e˙ at xe/ad e˙ at xe/ad
e˙
Perf. mi ı̄xa ṫ y̌i ı̄xa ṫ xo ı̄xa ṫ gwi ı̄xa ṫ ni ı̄xa ṫ y̌i ı̄xax ṫ xotı̄xax
Plu. ¯
mi ı̄xän ṫ ¯
y̌i ı̄xän ṫ ¯
xo ı̄xän ṫ ¯
gwi ı̄xän ṫ ¯
ni ı̄xän ṫ ¯
y̌i ı̄xänx ṫ ¯
xo ı̄xänx ṫ
Kj.3 mitı̄xēns
˙ y̌itı̄xēns ˙ xotı̄xēns ˙ gwitı̄xēns ˙ nitı̄xēns
˙ y̌itı̄xēnx
˙ xotı̄xēnx ˙
57
Vgl. die Facsimile-Reproduktionen der DIRRschen Transkripte im Anhang.
58
s.o. S. 193.
59
So die georg. Form des Namens, Vissarion& Ni9eradze im russ. Text. Der
Geburtsort von B. N. ist in SM 10/1, V genannt; Ušgul ist die höchstgelegene
Gemeinde im "Freien Svanetien", s.o. A. 12.
60
Die Familie der Nižaraze wird bereits bei BAKRAZE, Svanetija, 118 erwähnt,
demzufolge sie seinerzeit in den Ušgul-Dörfern "Qa9iani" = čāžäš und
"Murkmeri" = murq̇mel ansässig war. Die "Gemeindechronik" des 13. Jhs. (s.o.
A. 12) nennt keine Bewohner von "uškul" (INGORO V A, Zeglebi, 159), liefert aber
Q̇
immerhin Belege für den Vornamen nižara, der dem Familiennamen N.
zugrundeliegt (ib. 146): nižaraisa abuletianisa und nižarajsa glatanisa (beide
Genetiv), zwei Gemeindemitglieder aus "ebud-" (d.i. hebud, später Dorf innerhalb
der "niederbal." Gemeinde Eceri = hecer). Der Name dürfte aus dem Georg. ins
Svan. gedrungen sein und auf dem Appellativ nižara "Muschelschale,
Schneckenhaus; Ohrmuschel" bzw. nižari "id., älter auch Porzellan(geschirr)"
beruhen (ČXEN E LI, Wörterbuch 2, 960). Daß dieses Wort zum Namen wurde, läßt
K̇
sich am besten motivieren, wenn man als ursprüngliche Bedeutung "Perlmutt"
ansetzt; dies würde sich mit dem ageorg. Beleg in 4. Kön. 21, 13 (Mcx.-Hs. 2)
decken, wo nižari griech. àlabastro@
< "Schale" wiedergibt. Georg. nižari/a ist
offenbar mit arm. nžar "Waagschale" zu verbinden (Weish. Sal. 11, 23; im georg.
Text [11, 22] entspricht sas o r- "Waage", cf. KURCI I ZE, Aṗo r ipebi, 230); die
ċ K̇ k̇
gemeinsame Quelle bleibt jedoch letztlich unklar (cf. ACAR̄YAN, Bar̄aran 3, 449 a).
— Die "georg." Namensgebung – auch das Suffix -ZE ist ja georg. Herkunft – besagt
allerdings nicht, daß die Familie nicht svan. sei, obwohl gerade Ušgul gemäß lokaler
Überlieferung in historischer Zeit durch georg. Familien aus Imeretien oder Raˇ a ċ
besiedelt worden sein soll (s. z.B. BARTOLOMEJ, Poězdka, 210 f.); cf. dazu DEGEN-
KOVALEVSKIJ, Selenie, 33 f., wonach die Svanen solche georg. Familiennamen erst
in jüngerer Zeit übernommen haben und die Familie Nižaraze früher Xoy̌olan hieß.
Die svan. Abstammung von Besarion N. bezeugt z.B. . E E LIZE, der ihn als
K̇ K̇ K̇
"prirodny/ i svan&" bezeichnet (Kanonar’, 3).
61
Das vermutliche Aufnahmedatum der Phonogramme, s.o. A. 5.
62
Neben den genannten Texten in SM 10/2 sind ihm 17 Lieder zu verdanken, die in
dem Sammelband "Svanuri o ezia" abgedruckt wurden (cf. dort, S. 413-433).
Ṗ
63
"Mo l e ganxilva svanuri gramati i sa", abgedruckt in der Zeitschrift "Zveli
k̇ k̇
Sakartvelo" (2/1, 1911, 85 ff.; = NIŽARAZE, Ganxilva).
207
64
Diese Schriften, die er meist unter dem Pseudonym "Tavisupali Svani", d.h.
"Freier Svane" (gemeint im Hinblick auf seine Heimat) veröffentlichte (in den georg.
Zeitungen und Zeitschriften "Šroma", "Droeba", "Iveria" und "Cda"), sind jetzt zum
großen Teil unter dem Titel "Is o riul-etnograpiuli
ṫ e rilebi" nachgedruckt (im
ċ
folgenden NIŽARAZE, e rilebi 1-2). Dem Vorwort zu dieser Neuausgabe (von A.
Ċ
ROBAKIZE) sind alle wissenswerten Daten über B.N. zu entnehmen; danach lebte er
von 1852 (?) bis 1919.
65
Suanetia, 336: "I was fortunate in meeting at Ushkul a very intelligent man, M.
Bussarion Nichoradse, a native of the place, who has been educated by the
Government and is now a schoolmaster at Kutais" (entsprechend Exploration 1, 235:
"Bussarion Nikoradse"), Die gleiche Information auch bei IVANJUKOV-KOVALEVSKIJ,
5801 u.ö.: "Vissarion& Wioviq& Ni9eradze, vospitatelh v& dvor{nsko/ i
progimnaz%i v& Kutais_".
66
cf. E. TA A IŠVILI im Vorwort zur Facsimile-Ausgabe dieser Handschrift (MAK
Q̇
14, 7); TA A IŠVILI hatte B.N. bei seiner Expedition nach Svanetien im Jahre 1910
Q̇
als "bla|o%ini" (= russ. blagoqinny/ i, d.h. etwa "Propst") in Mes i a ṫ
kennengelernt, cf. dess. Ėkspedicia, 262. Entsprechendes bezeugen für denselben
Zeitraum auch N. MARR (Poězdki, 3), . E E LIZE (Kanonar’, 3), Z. PALIAŠVILI
K̇ K̇ K̇
( r ebuli, XII) und M.N. Il’ina (Poězdka, 55 f.: "B.N."), für das Jahr 1906 bereits
K̇
P.S. UVAROVA (Poězdka 10, 77; gemeint ist B.N. wohl auch in Zamětki, 275 bzw.
282, wo die Autorin nur vom "sv{<ennik&" = "Priester" N. spricht). Nach A.
ROBAKIZE war B.N. am 27. Mai 1892 zum Priester geweiht worden (NIŽARAZE,
Ċ e rilebi 1, 11).
67
Volkslieder, aber auch Prosatexte in SM 10/2, SM 18 und SM 31.
68
Enci l oṗedia, 7, 442 (Ivane Ivanes ze N.): "daamtavra tbil. samas~avleblo
k̇
in−4i (1893)".
69
So bei MERZBACHER, Hochregionen 1, 385 ("Gawril Nichoradze"), FICKER,
Tetnuld, 199 (id.) und offensichtlich auch bei LEVIER, Caucase, 132 ("M. Gavriel
Sémionoff Nijaradzé") und DMITRIEV, Byt, 166*** ("G.S. Ni9eradze,
smotritelh Mu9alhskago normalhnago uqili<a"; zu der "oberbal." Gemeinde
M zāl-M lax s.o. A. 12). Auch ihm sind offenbar einige svan. Textausgaben zu
e e
verdanken: Er dürfte identisch sein mit dem Gabriel NIŽARAZE, der im Jahre 1871
das Lied "Gonžo" aufzeichnete (Nr. 70 in Svan. o ezia, cf. ib. S. 423), ferner auch
Ṗ
mit dem Herausgeber des Liedes "Mirangula" und einer Erzählung in SM 18/1, 91
ff., dessen Name als "G. Nižeradze" angegeben ist. Einer späteren Generation gehört
demgegenüber wohl ein zweiter "Gabriel Nydjarádze" an, den J.B. TELFER auf
seiner Kaukasusreise im Jahre 1876 als 19jährigen kennenlernte (Crimea, 18 f.: "a
young Swanny, a seminarist at Tiflis, .. Gabriel Nydjarádze, a youth of nineteen, ..
an orphan of Oushkoul").
70
Dem "uqitel} Tiflis. pervo/ i mu9sko/
i gimnaz%/ i, Iv. •. Ni9aradze,
svanu rodom" dankt z.B. Z. PALIAŠVILI ( r ebuli, XII/f.) für seine Hilfe; ebenso V.
K̇
TOPURIA, für den er die Ušguler Prosatexte in Svan. r oz. . 1 "hinsichtlich der
Ṗ Ṫ
Aussprache korrigierte" und der ihn als "verdienten Lehrer" ("damsaXurebuli
mas~avlebeli") bezeichnet (ib., 465). Erstmalig begegnet er offenbar als "I.•. N.,
nyn_ student& SPB. universiteta" bei DMITRIEV, Byt, 166***, für dessen
Aufsatz er die Zeichnungen anfertigte (cf. ib., 182* , wo anscheinend N.Th. für I.Th.
verdruckt ist); außerdem gehen auf ihn einige redaktionelle Einschübe zu ČIMA ZA E,
K̇
Svaneti zurück (Zveli Sakartvelo 2/2, 4*: "Ivane Teodores ze N.").
208
Solange keine genaueren Unterlagen vorliegen, wird sich die Identität des
Sprechers wohl nicht endgültig klären lassen71.
Man könnte nun erwarten, daß mit der Herkunft des Sprechers auch die
Dialektzugehörigkeit des phonographierten Sprachmaterials bestimmt sei.
Uneingeschränkt trifft dies im gegebenen Fall jedoch nur für die auf-
gezeichneten Einzelwörter zu, wahrend vor allem bei den Liedtexten eine
problematischere Sachlage zu konstatieren ist. Es ist eine bekannte
Tatsache, daß die Sprache der svan. Volkslieder generell einen alter-
tümlichen Zustand repräsentiert, auf den die Kriterien, die heute zur
Dialektunterscheidung dienen, noch nicht anwendbar sind72. Dabei darf
zwar grundsätzlich gelten, daß gewisse, v.a. phonetische Merkmale der
heutigen Dialekte und Mundarten bei der Rezitation den Wortlaut des
Textes beeinflussen können (im Sinne einer Adaptation); dies betrifft z.B.
den Bereich der Umlautungen, die bei den vorliegenden Aufnahmen
durchaus die Gegebenheiten der Mundart von Ušgul reflektieren73. Die
ursprüngliche Form kann sich aber meist dann gegenüber dem heutigen
Sprachgebrauch durchsetzen, wenn ansonsten das oberste Gestaltungsprin-
zip der svan. Volkspoesie, das silbenzählende Metrum, verletzt wür-
71
Weitere Familienmitglieder, die in der älteren Sekundärliteratur erwähnt werden:
ein Nini N., der es A.I. STOJANOV "durch seinen Einfluß" ermöglichte, die Kirche
von "$ib%ani" (= žibjän, ¯ höchstgelegenes Dorf der Gemeinde Ušgul) zu
besichtigen (Putešestvie, 419); ein 150jähriger (!) Greis Gožzi N,, der einmal
"qeistaw" (d.h. etwa "Gemeindeoberhaupt") von Ušgul gewesen war (bei XARAZE,
Mmartv., 185, also etwa um 1950); drei Söhne von Besarion N., nämlich Rapieli
(ein Tierarzt), Cicino und Bizina (bei A. ROBAKIZE in NIŽARAZE, e rilebi 1, 12;
Ċ
einer der drei begleitete M.N. IL’INA 1913 auf ihrer Reise durch Svanetien [Poězdka,
61] "molodo/ i N. syn& blagoqinnago ... on byl& uqitelem v& Latalhsko/ i
wkol_ i pisal& stathi pro Svanet%} v& Kutaisskix& gazetax&" [Hvhbg. -
J.G.]); ein Student namens Taras%/ i N., der A.B. ŠEL’KOVNIKOV auf seiner
Svanetienreise 1911 als Dolmetscher diente, sowie sein Vater, der sv{<ennik&
Georg%/ i N.; und ein ungenannter Bruder, der als Dorflehrer tätig war (Poězdka, 414
f. u.ö., identisch mit dem "uqitelh Mest%/ isko/ i cerkovno-prixodsko/ i wkoly
g. N." bei KAL’VEJT, Očerk, 1?); der Vater dürfte derselbe Georg%/ i N. sein, dem Z.
PALIAŠVILI seinen Dank abstattet ( r ebuli, XII/f., im georg. Text nur G. N.),
K̇
möglicherweise auch der G.N. N., nach dessen Worten Besarion N im Jahre 1879
das Lied " ˇ q in lda", Nr. 96 in Svan. o ezia, aufzeichnete (cf. ib., 426; G.N. N.
Ċ e ṫ Ṗ
wird in den Unterlagen von B. N. als "didai muxbe" bezeichnet, d.h. "Bruder von
Dida"), ein Nes o r N., der 1937 im Alter von 80 Jahren S. ŽĠEN I als Informant
ṫ Ṫ
diente (cf. Sa i txebi, 187); ein B. N., der den Prosatext "čxara laxwba" (Nr. 71 in
k̇
Svan. r oz. . 1) aufzeichnete und am 16.7.1927 45 Jahre alt war (cf. ib., 467; er
Ṗ Ṫ
kann kaum mit Bizina, dem Sohn von Besarion N., identisch sein, da dessen Vater
nach A. ROBAKIZE erst 1891 geheiratet hatte, cf. NIŽARAZE, e rilebi 1, 11); ein G.
Ċ
N., den A. ČAR V IANI (ca. 1960) in Mes i a befragte (Svaneti, 261); ein Eprem N.,
K̇ ṫ
der als Student der Univ. von Tbilisi bei der Korrektur der Ušguler Prosatexte half
(zusammen mit dem o.g. Ivane Tedoresze, cf. Svan. r oz. . 1, 465), ein Šura N.,
Ṗ Ṫ
der als 13jähriger für die Herausgabe des Prosatextes " a riel", Nr. 66 in Svan. r oz.
Ṫ Ṗ
. 1, herangezogen wurde (ib.). Von allen genannten scheiden wohl zumindest die
Ṫ
letzten drei wegen ihres Lebensalters als Sprecher der vorliegenden Phonogramme
aus; das gilt auch für einige weitere Träger des Namens, die in der Enci l oṗedia k̇
erwahnt werden (7, 441 f.). — Bei dem "izv_stny/ i izsl_dovatelh svansko/ i
po|z%i, g[ospodin& = "Herr" - J.G.] Nid9eradze", von dem AKINFIEV spricht
(Poězdka, 105), dürfte wohl wieder Besarion N. gemeint sein. Als einziges
weibliches Familienmitglied begegnet eine Barbale N. als Informantin bei TOPURIA,
Zmna, 87.
72
Cf. dazu vor allem ČAN L AZE, Analiz, 4 ff., die den in den Volksliedern
Ṫ
repräsentierten Sprachzustand sogar noch für "gemeinsvan." hält (ob<esvanski/ i,
interdialektny/ i). Am eindruckvollsten zeigt sich die Altertümlichkeit daran, daß
die Lieder Wörter enthalten, die schon im vergangenen Jhdt. nicht mehr verstanden
wurden; cf. z.B. STOJANOV, Putešestvie, 312*.
73
"Leichte mundartliche Varianten in der Lautgebung" zwischen den gedruckten
Vorlagen und den phonographierten Texten nimmt auch DIRR an (cf. das Transskript
zu Nr. 2250); dabei sind vor allem die Sprichwörter und Rätsel betroffen, die aus
dem nbal. Dialektgebiet stammen, während die Liedtexte im "Freien Svanetien",
teilweise sogar in Ušgul selbst aufgezeichnet worden waren (cf. SM 10/2, 1*, 2*
bzw. 70). Auf Einzelbeispiele solcher lautlicher "Adaptationen" – ČAN L AZE spricht Ṫ
in diesem Zusammenhang von "modernizaci{ stixotvoreni{" (Analiz, 5) –
wird im Kommentar einzugehen sein.
209
74
Die svan. Volkslieder sind zum größten Teil (ca. 90% des publizierten Materials,
cf. z.B. auch EREDIANI, Leks q̇oba, 304) in einem rein quantitierenden,
Ċ ċ
achtsilbigen Metrum gehalten; so auch zwei der hier vorzustellenden Texte
("Nuarsala" und das Scherzlied; lediglich " a nsaw i pjāne" zeigt ein Metrum von
Q̇ Q̇
2 oder 3 x fünf Silben je Vers). Über die historische Verbindung des Achtsilblers
mit dem georg. šairi s.u. A. 80.
75
In vielen Fällen treten bei ein und derselben Wortform verschiedene Vokale in
einer Position auf, wo die Normalsprache syn- oder apokopiert hat; im jeweiligen
Fall wird natürlich nur éiner dieser "überzahligen" Vokale ("u4qvi Xmovnebi" nach
ŠANIZE, Umlau i , 366) die tatsächliche historisch zugrundeliegende Form
ṫ
repräsentieren, die übrigen Varianten müssen auf "künstlichen Archaisierungen"
beruhen, wie sie für die angenommene Diglossie typisch sind. Diese Problematik
wird im Kommentar eingehend zu behandeln sein.
76
DIRR gibt zwar ausdrücklich an, daß die Texte vorgelesen seien (im Transkript zu
Nr. 2250), aber an einigen Stellen weicht der Sprecher doch vom Wortlaut der
Vorlage ab, wobei er offenbar aus der eigenen Erinnerung schöpft; cf. dazu weiter
die Anmerkungen 105 und 109. — Zu den rein lautlichen "Adaptationen" s. bereits
oben A. 73.
77
D.W. FRESHFIELD spricht von "local ballads" (Suanetia, 331), die "Svanuri
Ṗo ezia" unterteilt in "sais4orio" und "saqofacXovrebo sim|erebi", d.h. "die
Geschichte" bzw. "das tägliche Leben betreffende Lieder". Treffender erscheint mir
der Oberbegriff "sagmiro le{sebi", d.h. "Heldengedichte", den die Herausgeber der
Sammlung "Kartuli xalxuri o ezia" (KX ) gewählt haben.
Ṗ Ṗ
78
Für "Nuarsala" ist dies das Lied Nr. 52 in Svan. o ezia, 166a ff. (zur Ṗ
Seitenzählung cf. ib., VII), das ebenfalls von Besarion NIŽARAZE aufgezeichnet
wurde (1878, in der obal. Gemeinde a l; Informant war ein gew. Taisaw MARGVE-
K̇
LANI, cf. ib., 420. Diese Variante wurde als Nr. 295 in KX 2/2, 206 ff. unverändert
Ṗ
nachgedruckt). Wegen der geringfügigen, aber nicht unbedeutenden Divergenzen
(s.u. A. 109) kann man davon ausgehen, daß der Erstveröffentlichung in SM 10 eine
andere Niederschrift zugrundeliegt. (Auch für die im P 2250 enthaltenen
Sprichworter hat B. NIŽARAZE selbst Varianten vorgelegt, und zwar im Anhang
"Svanuri andazebi da gamocanebi" zu seiner "Ganxilva".) — Der Anfang (9 Halbzei-
len) einer sehr ähnlichen zweiten Version von " a nsaw i pjāne" ist – wiederum
Q̇ Q̇
nach einer Aufzeichnung von B. NIŽARAZE – bei ŠANIZE, Umlau i , 365 f. abge- ṫ
druckt; nahe kommt der vorl. Fassung auch das Lied Nr. 2 in Svan. o ezia, 6, das Ṗ
von Sebi GULEDANI aus Lenžär ¯ (ebenfalls im obal. Gebiet) niedergeschrieben wurde
(1923, cf. ib., 411), ferner die lašx. Variante bei PALIAŠVILI, r ebuli, 32 f. (Nr. 17, K̇
transkribiert und übersetzt bei DIRR, Lieder, 609 f., Nr. 8) und eine von zwei nicht
lokalisierten Fassungen des Lieds, die bei GABLIANI, Svaneti, 51
nebeneinandergestellt sind. Weiter ab steht eine zweite niedersvan. Fassung, die
A.N. GREN in Čoluri (= čōlir, Gemeinde am Cxenis- q̇ali) aufgezeichnet hat (Nr.
ċ
VII in SM 10/2, 85). — Das "Scherzlied" findet eine thematische Entsprechung in
der Nr. 74 ("bileba") der Svan. o ezia (250 ff.), Zur Veranschaulichung sind die
Ṗ
gen. Varianten unten mit den Textausgaben der DIRRschen Aufnahmen konfrontiert.
210
5. Die Editionsprinzipien
79
Über solche "Sänger" (pevcy) cf. z.B. STOJANOV, Putešestvie, 311 f.
80
Inhaltliche Erwägungen lassen darauf schließen, daß es sich bei diesen Folgen von
meist zwei oder drei Versen ursprünglich um einzelne "Spottgedichte" gehandelt hat.
Dafür würde sprechen, daß es auch im Georg. eine Kategorie solcher
"Spottgedichte" gibt, die dasselbe achtsilbige Metrum verwenden und zumeist aus
vier, seltener zwei oder sechs Versen bestehen, und die mit demselben Namen wie
das Metrum des klass. georg. Epos als Šairi bezeichnet werden (cf. dazu DAVITAZE,
Šairi, 86 ff.). Entscheidendes Argument ist dabei, daß diese Bezeichnung auch als
Name für svan. Volkslieder (und eine bestimmte Art von Rundtanz, cf. DAVITAZE,
Šairi, 91 f. nach E. VIRSALAZE) übernommen wurde: šair ist z.B. der Titel des
Liedes Nr. 61 in Svan. o ezia. Der historische Zusammenhang mit dem "klass."
Ṗ
Šairi, einer Strophenform von vier Versen à 16 Silben mit Reimschema a-a-a-a,
dürfte darin zu suchen sein, daß auch dieser auf der Achter-Einheit beruht, da die 16
Silben eines Verses grundsätzlich in 2 x 8 zerfallen (zur inneren Struktur des
Metrums cf. noch DEETERS, Armenisch, 49 f. und VIRSALAZE, Liri a , 501; derk̇
Terminus selbst dürfte über das Npers. aus dem arab. šācirı̄, Adjektivbildung zu šācir
"Dichter", entlehnt sein).
81
In diesem Punkt sind gerade die älteren Editionen nicht sehr genau; dies gilt auch
für die Sammlung "Svanuri o ezia", die zum großen Teil aus Niederschriften des
Ṗ
19. Jhdts. zusammengestellt wurde. So ist z.B. in der Variante des Liedes "Nuarsala"
dieselbe Form einmal marqlär, in der nächsten Zeile jedoch marqlar geschrieben
(ib., 168a, 28 f.; vgl. Z. 27 f. des Phonogramms 2251).
82
Cf. zu dieser Problematik bereits ŽĠEN ,I Svan., 97, nach dem gerade in den
Ṫ
Volksliedern der Akzent seine "quantitativen" Eigenschaften zugunsten des
"musikalisch dynamischen" Moments verliert, wodurch die Vokallänge selbst
schwinde ("le{seb}i maXvilis musikuri da dinamikuri momen4ebi faraven
raodnobis momen4s da ami4om Xmovanta sigr&ec {reba").
83
In der Transkription bezeichnen [´] und [`] (dynamische) Haupt- bzw.
Nebenakzente, [|] und [(] eine höhere bzw. tiefere Tonlage (vor dem jeweiligen
Silbenträger, wenn die Tonlage zu Beginn der Silbe erreicht ist, ansonsten danach),
die mittlere Tonlage ist unbezeichnet. Bei den Okklusiven (einschließlich Affrikaten)
werden Glottalisierung (Symbol [ ] und Aspiration ([c]) nur dann markiert, wenn sie
c
84
In Svan. r oz. . 1; die Texte aus Ušgul darin S. 58-84, Nr. 66-72. Diese
Ṗ Ṫ
Textausgaben sind bezüglich der Lautgestalt wesentlich zuverlässiger als die
Liedtexte in Svan. o ezia; z.B. wurden gerade die Ušguler Prosatexte hinsichtlich
Ṗ
des Vokalismus mit mehreren Informanten überprüft (vgl. oben A. 70 über Ivane
Tedores ze NIŽARAZE und A. 71 über Eprem N.) - Eigene Informanten aus Ušgul
standen mir nicht zur Verfügung.
85
So z.B. im Falle des Wortes für die "Tür", /q̇ōr/ das fast ausnahmslos mit <ō>
notiert ist (z.B. Svan. r oz. . 1, 79 [71], 5: qōr); in den vorliegenden Texten
Ṗ Ṫ
begegnet u.a. der Dat. Pl. [q »:rärs] (P 2251, Z. 7), der folglich als /q̇ōrärs/
c
interpretiert wurde (hier und im folgenden werden Wortformen aus der phonetischen
Transkription der Texte meist in vereinfachter Notation zitiert).
86
Diese Grundregel ist A. ŠANIZE zu verdanken (Umlau i , 323 ff.); die Ein-
ṫ
schränkung bezüglich des umlautenden /e/ ist ib. (325) wie folgt formuliert: "e−nis
gavlena mXolod a−nze vrceldeba da isic mXolod gansaz|vrul
}emtveveb}i: rodesac es meumlau4e e moklea da ufro ma}in, rodesac igi
unda daikargos redu{ciis &alit."
87
s. dazu bereits oben S. 22 mit A. 75.
212
aber stehen Formen wie [tÿ»lÿare; m»ktcare; †mxware] (Z. 3, 4, 5), die das
Suffix in seiner älteren Gestalt zeigen.
Für einen Sprachzustand, wo die reduzierte und die nicht reduzierte (und
dabei auch nicht mit Umlaut realisierte) Variante des Suffixes
nebeneinander existieren – und das ist eben in der Sprache der svan.
Volkslieder der Fall –, muß als phonologische Ausgangsform /-äre/ ange-
setzt werden, wenn man keinen ablautartigen Wechsel innerhalb des einen
Suffixes annehmen will.
In der Mundart von Ušgul gilt entsprechendes auch vor dem umlaut-
bedingenden /i/: Auch hier kann die Umlautung unterbleiben, wenn das /i/
nicht reduziert wurde. Man vgl. z.B. die Formen [mu:ÿŭrä:ÿi] (P 2251, Z. 2)
und [ts»d†ÿi] (Z. 33), beide Gen. Sg. mit nicht apokopierter Endung -ši, vor
deren -i der Stammauslaut als [-ä-] erscheinen mußte; ähnlich [mulx»rin]
und [g»ÿi:†] (ib. Z. 13), für die eine Realisation mit [ö] oder [we] zu
erwarten wäre88. Auch in solchen Fällen wird in der phonologischen
Interpretation der vorliegenden Texte der umgelautete Vokal eingesetzt (im
Sinne eines Archiphonems)89.
Weiter betrifft dies einige Wortformen, deren nicht umgelautete Ar-
tikulation offenbar auf ein benachbartes /l/ zurückzuführen ist; so z.B. bei
[k †:łai] und [tÿ†ł†s / tÿ †łais] (ib. Z. 22 / 24), die normalsprachliches /kalä/
c c
˙
bzw. /ˇ a läs/, älter /ˇ a läis/ vertreten90. Daß das fast überall sehr tief
ċ ċ
artikulierte /l/ = [ł] in der Ušguler Mundart eine solche Wirkung haben
kann, zeigt sich auch an Formen wie [ł–ı̇i] für /li/ "er, sie, es ist" (ib. Z. 23)
oder den Varianten des Wortes fur "hinab", /lekwa/ (in den Z. 9, 12, 18
und 20): hier stehen sich [łekcw†(:), ł kcw†] und sogar [ł†kcw†] gegenüber.
e
Aus systematischen Gründen ist es letztlich geboten, nach demselben
Pnnzip auch im Falle labialer Umlautungen zu verfahren, die vor allem im
Bereich der verbalen Formenbildung anzutreffen sind (man vgl. z.B. die
lautlichen Varianten des Präverbs ad- in dem oben S. 14 unter g)
angeführten zweiten Perfektparadigma). Auch die durch Umlaut
hervorgerufenen Labialvokale werden als Bestandteile der phonologischen
Struktur gewertet.
88
In den Ušguler Prosatexten erscheint z.B. das Wort für "fern, in die Ferne" einmal
als 〈#ōdiad〉 = 〈žōdiad〉, ein anderes Mal jedoch als 〈#vēdiad〉 = 〈žvēdiad〉
(Svan. r oz. . 1, 65 [67], 15 bzw. 63 [66], 31; vgl. noch 68 [68], 3 mit 〈#vēdia〉
Ṗ Ṫ
= 〈žvēdia〉 und 65 [67], 21 mit 〈#ōdian〉 = 〈žōdian〉. Ebenso uneinheitlich ist,
sogar in ein und demselben Text, die tatsächliche Realisation von /ö/: cf. z.B. 68
[68], 21, wo sich 〈mindvertēsga〉 = 〈mindvertēsga〉 und 〈mindörisga〉 =
〈mindörisga〉 gegenüberstehen ("ins Feld" bzw. "im Feld"); im selben Text begegnet
auch noch <mindörtēsga〉 (69, 5). Cf. dazu ČAN L AZE, Analiz, 5, die den
Ṫ
fehlenden Umlaut von /o/ und /u/ in den obal. Mundarten von Ušgul, a l und Qalde K̇
für einen Archaismus hält; diese Annahme bleibt angesichts der oben ausgeführten
Regeln jedoch problematisch.
89
Anders geartet sind Formen wie z.B /amiex/ "sie führten mich (her)" (P 2251, Z.
12 und 29), da hier das -i- zunächst in der dritten Silbe stand und erst durch die
Synkope in die zweite Position gelangt ist. Die Form ist auf ursprüngliches
*anmaiex zurückzuführen (Präverb an-, Präf. 1.Ps.dir.Obj. -m-, Verbalwz. -ai-, Aor.-
Suff. -e-, Pluralitätsz. -x; der Wurzelvokal ist im Lent. und in diesem Falle auch im
Nbal. erhalten, cf. TOPURIA, Zmna, 20 bzw. GAGUA, Zmnebi, 67 f.). In einer
solchen Konstellation tritt auch in anderen obal. Mundarten kein Umlaut auf; vgl.
z.B. adje "er führte sie" 〈 *adaie in Svan. r oz. . 1, 25 [27 I], 28 (Text aus
Ṗ Ṫ
¯ anders im Lent., wo eine Assimilation a-ä 〉 ä-ä stattfindet: adäje 〉 ädäje,
Lenžär);
cf. KALDANI, Pone i a , 115. ṫ k̇
90
a lä ist Gen. Sg. des obal. Gemeindenamens a l (s.o. A. 12), ˇ a läs 〈 ˇ a lais Dat.
k̇ k̇ ċ ċ
Sg. des Wortes ˇ a lä, älter ˇ a lai (dreisilbig) "Fluß(tal), Niederung".
ċ ċ
213
A) Einzelwörter:
a) phonetisch b) phonologisch
1) Zahlwörter von "eins" bis "zehn", je dreimal gesprochen
"eins" (ešxu)91
"zwei" jérw(i jérw(i jérw(i jöri
"drei" sé:m(i sé:m(i sé:m(i semi
"vier" wo:ÿtx wo:ÿtx wo:ÿtx wōštxw
"fünf" wó:xwi:(ÿt wó:xwi:(ÿt wó:xwi(ÿ woxüšt92
"sechs" úsgw(† úsgw(† úsgw(† usgwa
"sieben" íÿgwi:(d íÿgwi:(d íÿgwi:(d išgwid92
"acht" †´ (r†:( †´ :r†:( †´ r†:( ara
"neun" čx´†:r(† čx´†:r(a čx´†:r(a čxara
"zehn" jeÿd ˚ jeÿd ˚j(eÿd ˚ ješd
2)Personalpronomina93
"ich" mi mi
"du" si si
"er" †´ dz(a ay̌a
"wir"94 na na
"ihr" sga sga
"sie" †´ dzi(j(är ay̌iar
3) Possessivpronomina
"mein" míšgw|i: mišgwi
"dein" ísgw|i: isgwi
"sein" †´ tÿä((ÿ?) ačä(š)
"unser"–exkl.94 níÿgw|e nišgwe
"unser"-inkl.94 gwíÿgw|e gwišgwe
"euer" ísgw|e isgwe
"ihr" †´ dzija:r(èÿ ay̌iareš
91
Der Anfang der Phonogrammaufnahme ist offenbar durch einen technischen Feh-
ler verlorengegangen. — Zu den Cardinalia vgl. die bei TOPURIA, Jazyk, 82
verzeichneten Formen, die sich wie folgt auf die Dialekte verteilen: "eins" ešxu
(gemeinsvan., osvan. auch ešxwi); "zwei" jori (obersvan., die möglichen Re-
alisationen des Umlauts unbezeichnet); jeru (lašx.), jerbi (lent.); "drei" semi (gsvan);
"vier" wōštxw (obal., lašx.), woštxw (nbal., lent.); "fünf" woxwišd (obal.), woxwišt
(lent.), woxušd (nbal., lašx.); "sechs" usgwa (osvan., lašx.), us w a (lent.), "sieben"
k̇
išgwid (osvan., lašx.), iš w id (lent.), "acht" ara (gsvan.), "neun" čxara (gsvan.);
k̇
"zehn" ješd (osvan., lašx.), ješ (lent.) — Durch die jeweiligen Zahlwortreihen erweist
ṫ
sich das von GÜLDENSTÄDT und ROSEN verwendete Matenal als lašxisch; man vgl.
die Formen Jeru und Wochuscht (für "zwei" bzw. "fünf") bei ersterem (Peregrinatio,
305), iéru, woosctcch und wochusctc ("zwei", "vier" und "fünf") bei letzterem (Suan.,
423; cf. zu ROSENS Material aber noch USLAR, Abxaz, 105).
92
Die unterschiedliche phonologische Interpretation der Lautfolge [-wi-] bei den
Zahlwörtern für "fünf" und "sieben" basiert auf dem interdialektalen Vergleich; cf.
die lašx. Formen woxušd und išgwid (Wochuscht / Ischgwid bei GÜLDENSTÄDT,
wochusctc / isckcwid bei ROSEN, l.c.).
93
Die Formen der Pronomina decken sich genau mit denen bei NIŽARAZE (Ganxilva,
90) und ZAVADSKIJ (SM 10/1, XLI f.); dabei ist die Form ay̌a des Pronomens
3.Ps.Sg. typisch für die Ušguler Mundart, cf. z.B. KALDANI, Pone i a , 65. Die
ṫ k̇
Pronominalformen werden ausführlich im Kommentar behandelt werden.
94
Die Kategorie "inkl. / exkl." betrifft nur die Possessiv-Pronomina!
214
B) Sprichwörter95:
1) [kwän| »´ :l łäkcm´†:te ȧmtÿ|éd tw|úp etÿ|é( |»tctsw(í:r(†]
/ w änōl läkmate ämčed, u p eče otcwira/
k̇ ṫ
SM: Kvanol laımaée amqed, tuŒ eqe oécvira.
AG: kvänol la{mate am%edli, 4uf e%e otcvira.
"Der Marder ging auf Beute aus, dabei ließ er (selbst) sein Fell."
(SM: "Kunica powla pr%obr_sti qto-nibudh, no i wkuru tam& ostavila."
AG: "pa4ara kverna mosagebad ~asula, 4qavi i{ dau4ovebia."
XS: "kverna sanadirod ~avida, tavisi 4qavi i{ da4ovao.")
w änōl:
k̇ Nom.Sg. des Diminutivs auf -ōl von w än "Marder";
k̇
läkmate: Dat.Sg. mit Postpos. -te "zu" des Vbln. auf la-96 von likme "etw.
erarbeiten, sich etw. erwerben, zunehmen (2. Klasse, Wz. -kim-);
ämčed: Perf. (Subj. 3.Ps.Sg.) des intr.-passiven Verbs ličed "(weg-)gehen" (2.
Klasse, Präverb ad-: *ad-me-čed-e)97;
tup:
˙ Nom.Sg. "Fell", Patiens zur Perfektform otcwira;
eče: Advb. "dort";
otcwira: Perf.Akt. (Subj.=Pat. 3.Ps.Sg., ind.Obj.=Ag. 3.Ps.Sg.) von licwre
"zurücklassen, aufgeben" (1. Klasse, Präv. ad-: *ad-xo-cwir-a).
95
SM bezeichnet hier und bei den Rätseln (P 2252) die gedruckte Vorlage der
Aufnahmen in SM 10 bzw. ihre Übersetzung, AG die Varianten bei NIŽARAZE, Gan-
xilva, 98 (Originalnummern der Sprichwörter: 8, 7, 6, 3 und 2; der Rätsel: 1, 2. 3
und 8); mit XS wird auf georg. Entsprechungen der Sprichwörter 1), 2) und 5)
sowie des Rätsels 4) in der Sammlung "Xalxuri sibrzne" verwiesen (Bd. 5,
Nummern 1244, 1587 und 1467; das Rätsel auf S. 474). — Das in SM verwendete
russ. Transkriptionsalphabet markiert die Aspiration bei den Okklusiven <Œ> etc.),
die Glottalisierung bei den Affrikaten <q̀> etc.). <x́> bedeutet /q/, während /q̇/
durch einfaches <q> wiedergegeben ist; <¢, 6, §> stehen für /g, y̌, /. — Die e
Sprichwörter und Rätsel stammen laut SM 10/2, 1* aus dem niederbal.
Dialektgebiet (Gem. Hecer); auf den Phonogrammen zeigen sich jedoch eindeutige
oberbal. Merkmale (v.a. Vokallängen), die auf eine Adaptation an die Mundart des
Sprechers schließen lassen.
96
Die Bildung auf la- mit Postpos. -te dient im Svan. allgemein zur Bezeichnung
einer Finalität; cf. DEETERS, Verbum, 235 (S. 454). — Postpositionen treten im Svan.
generell an den Dativ (ausgen. bei Wörtern, die menschliche Wesen bezeichnen;
diese stehen im Gen.). Da dabei jedoch die Endung -s des Dativs ausgestoßen wird,
scheint bei Wörtern, die keinen Vokalwechsel zeigen (Kl. 1 und 2 der Aufstellung
S. 8), ein einfacher, mit dem Nom. identischer Stamm vorzuliegen; cf. zu dieser
Problematik jetzt ABESAZE, Adv.Best., 10.
97
Die Formen des Perf.Pass. sind auf dem Part.Prät. auf me--e aufgebaut; dabei
stehen sich in den dritten Pss. Formen ohne und mit Kopula gegenüber (vgl. A. 56):
statt äm-čed hat die AG-Variante am%edli = /ämčedli/ < * ad-me-čed-e + li (cf.
dazu weiter TOPURIA, Zmna, 204 ff.). — Das Perfekt ist das typische Tempus der
svan. Sprichwörter; es drückt eine "inferentiale" Modalität aus: "man sagt, der
Marder sei .. ausgegangen ..". Der Kürze halber werden diese Formen hier mit dem
einfachen Präteritum des Deutschen wiedergegeben.
98
Für die Verbindung des Verbalnomens auf la- mit isga in der o.a. Bedeutung vgl.
man z.B. das bei DAVITIANI, Andazebi, 53 (88) angeführte Sprichwort
läXvnallisga leXvnäl eser isgalaXe}dyna "Bei der Drohung vergaß jemand,
womit er drohen wollte".
215
99
Für die vorliegende Konstruktion, die wegen des verwendeten Partizips an den lat.
Ablativus absolutus erinnert (*a domo corruta), cf. DEETERS, Verbum, 253 (§ 453).
Der Nom. beim beteiligten Substantiv, kor, dürfte auf Gruppenflexion beruhen (als
eine Art "Nullkasus" im engen Syntagma); die Variante in AG hat den Gen. korä,
wohl in Anlehnung an den Objektsgen. beim Verbalsubstantiv (vgl. saq̇dri, Nr. 4)).
Das -n- der Postpos. dürfte ursprünglich wohl zur Endung gehört haben: für den
anzunehmenden Kasus "Ablativ" s.o. A. 35.
100
In der vorliegenden Variante ist kein eigener Agens genannt, wohl aber in AG:
erves (erees ist Druckfehler) = (j)erwäs "jemand" (Dat.). (eser = eser ib. ist eine
Modalpartikel der Bedeutung "offenbar".)
101
Dieses Suffix korreliert bei trans.-aktiven Verben oft mit einem pluralischen
Patiens; cf. z.B. TOPURIA, Zmna, 233 und DEETERS, Verbum, 66 ff.
102
Im Svan. ist wie im Georg. bei aktiven Perfektformen die Position des "Da-
tivobjekts" durch den Agens besetzt, der mit den Zeichen des indirekten Objekts
kongruiert; ein evtl. Rezipient muß deshalb in einen anderen Kasus ausweichen. Im
Georg. ist dies die Präpositionalfügung mit -tvis "für" (vgl. amšeneblistvis in der
AG-Übers.), im Svan. kann hier der Adverbial eintreten.
103
Bei der Variante xexwa in AG ist das passive Präsenssuffix -i durch ein -a
gleicher Funktion ersetzt; cf. dazu TOPURIA, Zmna, 180.
216
104
Da die oben dargestellten komplexen Verhältnisse bei den "archaischen"
Volksliedtexten eine umfangreichere Diskussion erfordern, mußte hier auf zusätz-
liche Erläuterungen verzichtet werden; ich verweise jedoch auf den dafür vorge-
sehenen Kommentarband. Besonders problematische Stellen sind durch * gekenn-
zeichnet.
105
Bei diesem Wort hat der Sprecher gezögert, worauf schon DIRR in seinem
Transkript hinweist (Anm. 2)): "Übrigens ist das Wort wahrscheinlich zweimal
angefangen u. zwischen ihm u. dem folgenden eine längere Verlegenheitspause."
217
c) Übersetzung106
1 O, unglückseliger Nuarsala!
2 Ich gehe in der Mušur-Schlucht (hin).
3 ˇ
Auf dem Felsen* begegneten dir die Colšer. ˙
4 Du hieltest sie für Freunde;
5 sie werden wohl (eher) deine Feinde sein:
6 Warfen sich von hier, von dort auf dich,
7 banden dir die Arme auf den Rücken,
8 brachten dich zurück, die Mušur-Schlucht herab.
9 Sie führten dich hinunter nach Dawber;
10 die Dawbrer verschließen ihm die Türen,
11 sie geruhen, vor dem Gast Angst zu haben.
12 Sie führten mich nach Lalxor hinab:
13 Lalxor ist voll von Versammlungsmitgliedern.
14 Ich spähte hinauf nach Mu w där: k̇
15 ein schwarzer Turm steht (dort)*.
16 ¯
Ich spähte hinauf nach Iprär:
17 Bu i l weilt* bei der Familie seiner Frau.
ṫ
18 Ich kam hinab, hinab nach Qē:
19 Iwän schreitet barfuß* dem Rundtanz voran.
20 Ich ging hinab nach Wičnäš:
21 Tätül bewacht uns mit der Flinte.
22 Ich komme (weiter) im a l-Tal:
K̇
23 O, Segen (über)* die Kinder von a l! K̇
24 Das Kal-Tal ist mit Johannisbeere(n) übersät.
˙
25 Wir* kamen nach Ipär¯ hinein:
26 ¯
Bemitleidenswerte* Ipärer,
27 eurem Brot sind Insektenbeine untergemischt,
28 Beine, oh, der Heuschrecke untergemischt!
29 Sie führten mich hinauf auf die Alm*:
30 Die (Mitglieder der Familie) i rvel gaben uns ein Mittagsmahl
Ṗ
zu essen.
106
Die hier vollzogene Einteilung in Versgruppen richtet sich nach Sinnzusam-
menhängen; cf. dazu o. S. 209 f. mit A. 80. — Die im Lied erscheinenden Ortsnamen
¯
sind sämtlich im "Freien Svanetien" zu lokalisieren (Dörfer der Gemeinden a l, Ipär
K̇
und M žāl-M lax, vgl. A. 12). Für a nčäb (Z. 29) nennt mir Al. ONIANI (brieflich)
e e k̇
die Bedeutung "ferdobze safeXuris msgavsi vake adgili", d.h. "flache Stelle
ain Bergabhang, ähnlich einer Stufe"; die Wiedergabe durch dt. "Alm" ist also nur
tentativ. — Die Übersetzung des Liedes durch DIRR (auf dem Transkript zur
Aufnahme) beruht nach dessen eigener Angabe (2. Blatt, NB.) auf der russ.
Übersetzung in SM 10/2, 2 f.; s. dazu die folgende Seite.
218
107
DIRRs deutsche Fassung dieser Übersetzung: "O unglücklicher Nuarsala! Du
gehst durch die Muschur-Schlucht. Dir entgegen kamen die Tscholascher
(Tscholasch – Landschaftsname). Du dachtest, sie wären deine Woltäter, aber, sie
zeigten sich deine Feinde: Griffen dich an von allen Seiten, banden dir die Hände
auf den Rücken, u. führten dich zurück durch die Muschurschlucht, durch Dowberi
führten sie dich. Die Dowberer hatten schon ihre Türen geschlossen. Sie hatten die
Gäste satt. Nach Lalchor, im Westen, führten sie ihn. Lalchor (ist ein Ver-
sammlungsort), dort waren viele Leute. Hinauf schaute er auf Mukvar, (dort) steht
ein schwarzer Turm. Er schaute hinauf nach (dem ?) Ipar. (Dort) war Butil zu Gast
bei den Verwandten seiner Frau, Sie kamen nach Che (Kche), immer gegen Westen,
(dort) fängt der barfüßige Ivan den Rundtanz an. Nach Westen geh’ ich durch
Witschnasch – (da) erwartet uns Tatul mit einer Flinte; Ich gehe in der Schlucht von
Kala – oh, glückliche Kinder Kala’s! – In der Kala-Schlucht gibt es viel
Johannisbeeren. Ich trat in (die Kirche der hl.) Ipar ein - iparare daparare (Refrain).
Das Brot ist (in Ipar) mit Heuschreckenfüssen (Nessel?*) vermischt, o, mit
Heuschreckenfüssen (Nessel?), mit Heuschreckenfüssen. Wir gingen aufwärts nach
Kantschab. Die Pirvelar gaben uns ein Mittagessen. Wir gingen zum Ughvir-
Bergrücken: ganz Tscholasch ist von dort sichtbar. Viele Sünden begeht Tscholasch!
Besil schreit vom Turm. Drei Frauen hatte Besil (3x war er verheiratet), aber eine
abgetragene Mütze kann er nicht ersetzen."
219
108
Die Stropheneinteilung folgt der Vorlage (s.o. A. 78); der in KXP 2/2
nachgedruckte Text (s. ib.) ist nicht mehr unterteilt.
109
Unterschiede im Wortlaut zwischen den drei Versionen bestehen also in
folgenden Versen: 1 (hier stimmen a [die Phonogrammaufnahme] und d [der Text
in SM 10] überein gegen e [die Variante in Svan. o ezia]; die Bedeutung ist
Ṗ
dieselbe); 2 (a: /esguri/ "ich gehe" gegenüber d,e: /esg ri/ "du gehst"); 3 (a / y̌
e o žin/
k̇
"auf dem Felsen" [?] ggüb. d,e: /sgobin/ "vorwärts, entgegen"); 9 (a, d: /dawberi/
ggüb. e: /dawberxo/; gleiche Bedeutung); 16 (a,d: /žibav/ ggüb. e: /žiben/; gl. Bdtg.);
17 (a: /gegenila/ "?" ggüb. d,e /sgwey̌enila/ "er geruht zu sein, weilt"); 22a (nur in
e; "ich spähe den Weg hinauf"); 24 (a, d: /mocxar/ "Johannisbeere, -strauch" ggüb.
e: /goglands/ "Eberesche": "Im a l-Tal ist die Eberesche [sc. mit Beeren] übersät");
K̇
e ¯ ggüb. d,e: /l ganda/; gl. Bdtg.); 36 (a: /meqče/ ggüb. d /načam/ und e:
33 (a /l¯ gän/ e
/nagäm/; alle gl. Bdtg.?). Die einzelnen Divergenzen werden im Kommentar zu
besprechen sein.
220
c) Übersetzung:
1 na saw i pjän,
Q̇ ¯ nicht alternd, nicht sterbend!
Q̇
2 Die guten (tapferen) Burschen kämpfen* auf* dem (Berg) Baqa*;
3 auf der Schulter lagen euch kleine* Flinten, (die) schmale Mündungen (haben).
4 Die schlechten (feigen) Burschen kämpfen (nur) in* der Schlucht*,
5 (Leute von) Latli und Lenžär,¯ ihr bereitetet euch Brei, saßt um die Asche.
˙
6 Se i und Mes i a, (für euch gibt es nur?) Wegproviant*, im Frühling und im Sommer.
ṫ ṫ
7 M lax und M žāl, (ihr seid) immer satt.
e e
8 (Leute vom) Bāl-Bergrücken, bei euch sind (dem Essen?*) immer Mücken untergemischt.
9 Ċ ¯ (ihr seid) immer hungrig, immer rauchfarben.
w irmi und Ipär,
10 (Leute von) Wičnäš und a l, ihr seid immer auf den Wegen ("ausgebreitet").
K̇
11 Leute von Ušgul, (ihr) Ungeheuer, Leute von Ušgul, (ihr) Bestien,
12 was stürzt ihr euch auf* den alten Puta?111
110
Da die einzelnen Varianten dieses Liedes z.Tl. erheblich voneinander abweichen,
ist für alle auch eine deutsche Übersetzung beigefügt, die auf dem jeweiligen
Original basiert; bemerkenswerte Divergenzen mit den russ. oder georg.
Übertragungen sind durch einen * gekennzeichnet.
111
Auch bei diesem Lied sind die Ortsnamen im "Freien Svanetien" zu lokalisieren;
für die historischen Personen des Q̇a nsaw i piani und des Puta (Dadiškeliani) cf.
Q̇
z.B. GABLIANI, Svaneti, 51 bzw. 65.
221
(Qansaw Qipiane, nicht alternd, nicht sterbend. (Ihr) guten Burschen kämpft auf dem
˙ ˙
Baqa*. Auf der Schulter lagen (euch) kleine* Gewehre (mit) engen Mündungen. (Ihr)
¯ bereitetet Brei und
schlechten Burschen kämpft in der Schlucht. (Ihr) La l er und Lenžärer
ṫ
saßt bei der Asche; (ihr) Setier und Mestier seid im Frühling und im Sommer immer
˙ ˙
e e ¯
unterwegs; (ihr) M laxer und M žāler seid immer satt; (ihr) Bäler* seid immer inmitten
˙ ¯
von* Fliegen; (ihr) Cwirmier und Ipärer seid immer rauchfarben und hungrig; (ihr)
Wičnäšer und a ler seid immer auf den Straßen (ausgebreitet). Ušguler, (ihr) Ungeheuer,
K̇
Ušguler, (ihr) Bestien, was schlagt* ihr den alten Puta?)
f) Die Variante bei ŠANIZE, (Umlau i , 365 f.) und ihre Übersetzung:
ṫ
qansav qifiana (2−#er) qansav qifiano (Qansaw Qipiana,
˙ ˙
um%a udgara uXuc−ukvdao nicht alternd, nicht sterbend,
baQas Xe}iale baQas eomebodi du kämpftest auf* dem (Berg) Baqa*.
Xo%a |vaxares kargsa vax−kacebs (Euch) guten Burschen
bar#as #asdandaX be$ze gedvat lagen auf der Schulter
namca tofare namcas tofebi kleine* Gewehre
dytXel pilare tXel−pirebiani (mit) enger Mündung.
Xola |vaxare glaXa vax−kacebi Die schlechten Burschen
4ubis zysdandaX |ele}i eqarnen (edgen) blieben in der Schlucht sitzen.)
112
Diesen Text bietet (mit nur geringfügigen graphischen Unterschieden) auch
AXOBAZE, r ebuli, 158 für die beiden Liedfassungen Nr. 11 und 12.
K̇
222
(Nicht alternder, nicht sterbender Qansaw Qipiana! Das Land (Obersvanetien)* ist in
˙ ˙
¯ Se i und Mes i a, Ġwebra und Zardläš, M lax und M žāl
Aufruhr geraten: Sol und Lenžär, ṫ ṫ e e
(und) der Ugür-Bergrücken. Sikila (und) Bakila*, krummbeiniger* Čartolan! Sie kämpfen
auf dem (Berg) Pore*, sie hauen ihnen die Köpfe ab, sie warfen sie ins Wasser, die
Kinder holten sie (wieder) heraus*; die Frauen beerdigten sie und begingen die
Trauerfeier.)
(Nicht alternder, nicht sterbender Qansaw Qipiana! Das Land (Obersvanetien) ist in
˙ ˙
¯ Seti, Mestia, Ġwebra und Zardläš, M lax und M žāl und
Aufruhr geraten*: Sol, Lenžär, ˙ ˙ e e
der Ugür-Bergrücken (sind in Aufruhr geraten). Sikila, Bakala*, krummbeiniger Čartolan,
¯ und Na z egän*,
Ipär k̇ a l und Ušgul, auf dem Pore* kämpfen sie, die Köpfe hauen sie
K̇
(ihnen) ab, ins Wasser warfen sie sie*, und die Kinder holen sie wieder (heraus)*, die
Frauen beerdigen sie und begingen die Leichenfeier.)
113
Zur Verdeutlichung des von A. GREN im "akademischen Alphabet" notierten
Texts habe ich ein phonologisches Transkript beigefügt; für andere Textbeispiele in
der Mundart von Čoluri (Čolir), die eine vermittelnde Stellung zwischen dem Lašx.
und dem Len . einnimmt, cf. Svan. r oz. . 3, 320-322.
ṫ Ṗ Ṫ
223
B) Rätsel:
1) ´¨
[ma:zums ´¨ zzums †´ mÿajè:(]
xäqxd|é:, ad
/mäzums xäqde, äy̌zums amšaje/
SM: Mazums xax́de, e6zums amwae.
AG: mä zums XaQde, e# zums am}ae.
"Wieviel du ihn schlägst, soviel arbeitet er." (Meißel)
(SM: "V& kako/ i m_r_ udariw&, v& tako/ i i rabotaet& (doloto)."
AG: "ra zoms daar4qam, im zomas mu}aobs. (sa4eXi).")
mäzums: Dat.Sg. von mäzum "wieviel" (mä "was", zum "Maß"), Patiens zur Futur-
form xäqde;
xäqde: Futur (pfv.) Akt. (Subj.=Ag. 2.Ps.Sg., dir.Obj-=Pat. 3.Ps.Sg., ind.Obj.
[superess.Vers.] =Rez. 3.Ps.Sg.) des unregelmäßigen (suppletiven) Verbs
liqer "schlagen" (*xa-qid-e)114;
äy̌zums: Dat.Sg. von äy̌zum "soviel" (äy̌a "dieser", zum "Maß"), Patiens zur
Präsensform amšaje;
amšaje: Präs.Akt. (Subj.=Ag. 3.Ps.Sg., dir.Obj.=Pat. 3.Ps.Sg.115) von limšaje
"arbeiten" (1.Klasse, Transitivitätszeichen a-: *a-m šaj-e).
e
114
Bei diesem Verb gilt folgende Verteilung der Aktanten: der "Schlagende" ist
Agens, der "Geschlagene" Rezipient; Patiens ist das "Schlaginstrument" o.ä.
115
Der Patiens kann bei einem Verb wie "arbeiten" im Svan. wie auch im Georg.
unausgedrückt bleiben; das Verb bleibt dennoch transitiv.
116
Zu dem Plural der Verwandtschaftstermini s. bereits oben Anm. 34. Bei dem
Wort muxwbe "Bruder", das mit dem Circumfix mo--e gebildet ist, wird dieses durch
¯ eine zusätzlich durch
la--a ersetzt. Die AG-Variante hat mit laXvbääl = laxwbäl
das Pluralsuffix -är / -äl gekennzeichnete Form.
117
Zur Kopula cf. ausführlich GAGUA, Zmnebi, 15 ff.
118
Anstelle des wiederholten wōštxw hat die AG-Variante mäg = mäg "alle".
119
In der objektiven und der superessiven Version bedeutet dieses Verb "haben";
dabei ist das Subjekt mit dem "Besitztum" identisch, der "Besitzer" erscheint als
indir. Objekt (vgl. dt. "mir ist etwas").
224
120
Auch hier scheint die AG-Variante den Plural zusätzlich markiert zu haben
(laXvbal = laxwbäl?); man beachte aber den Bedeutungsunterschied zu Rätsel 2):
Hier ist laxwba offenbar als Kollektivbildung "Bruderpaar" zu verstehen, zu der eine
Pluralweiterbildung "Bruderpaare" durchaus sinnvoll ist.
121
xoča ist ursprünglich Komparativ, ersetzt dann aber auch den fehlenden Positiv;
cf. z.B. ZAVADSKIJ in SM 10/1, XL. Xo%mad = /xočmad/ in der AG-Variante ist
offenbar Druckfehler.
122
Vgl. xār in Rätsel 2); das "Besitztum" als Subj. ist unausgedrückt.
123
Für xola gilt das gleiche wie für sein Antonym xoča, s.o. Anm. 121.
124
Der letzte Teil des Rätsels ist singend vorgetragen.
125
dagra (< dagara) selbst ist das Verbalnomen des Passivs zum Transitivum lidgäri
"töten".
126
Vgl. lix in Rätsel 2) und 3).
127
Die Aktanten sind bei diesem Verb ebenso wie bei dem bedeutungsnahen xār
verteilt (s.o. Anm. 119); eine Pluralität des Subjekts = "Besitztums" wird bei solchen
"indirekten" Verben nicht bezeichnet.
128
Vgl. die unter Anm. 85 gegebenen Dialektvarianten des Wortes für "zwei"; [jerÂi]
ist deutlich durch den Palatalumlaut geprägt (*jori > jöri > jerwi).
225
C) Scherzlied
a) phonetische Transkription b) phonologische Interpretation
mí:am s´†k wrelis x(ósgw(˘–ıD(i
c
1 mi am sa w relis xosg di
k̇ e
ÿdúgułd ÿdúxuri:s †:kc | †´ tÿ(i:
˚ 2 šduguld šduxüris akäči
múx°ÿir ł´†q†ni:s x´»:b–uda( 3 mugwšir laqänis xob da e
j(éÕsknoł ł´†:b rgis xetÿ| amd(†
e ´¨ 4 jersknol lab rgis xeˇcämda
˙ e ˙
´
daÿdułd
¨ wídi:s x|ètu:nt|a:l(e* 5 ¯
däšduld widis xe u n äle*
ṫ ṫ
nézwiłd ítkis xé(ł(etÿ(e 6 nezwild itkis xeleče
c) Übersetzung:
Ich sehe etwas* Wunderbares:
ein Mäuschen fällt einen Baum,
ein (einjähriger) Steinbock war in den Pflug gespannt,
ein Gemslein lief der Hacke nach;*
ein Bärchen schlägt die Milch (zu Butter),
ein Schweinchen bewacht das Korn.
"Ich sehe (etwas) Wunderbares: Bäume tanzen miteinander; ich sehe ein größeres Wunder
als das: Ameisen bauen Festungen .. Fische laufen über das Feld .. Katzen bewachen den
Käse .. Mäuse ringen mit Bären .. Ein Schaf bittet eine Ziege um Wolle .. Spatzen stürzen
auf Adler herab .. Wachteln sitzen (sind) auf Bäumen .. Wölfe hüten Schafe .. Den Kühen
hat man Sättel aufgesetzt .. Wasser fließt aufwärts .. Die Sonne geht im Westen auf .. Ein
Zaunkönig kämpft gegen ein Heer .. Auch (sogar) die Frauen sind still .."130.
129
Der Übersichtlichkeit halber sind hier die refrainartigen Füllsilben bileba, oril,
ojsa sowie der ab Vers 3 immer wiederkehrende Zwischentext ečun (eč n) xošam e
sa w rels xosgdi ("Ein größeres Wunder als das sehe ich") ausgelassen.
k̇
130
Variationen in den verwendeten Tempusformen (Futur, Konditional) habe ich bei
der dt. Paraphrase unberücksichtigt gelassen.
226
Abkürzungen:
a) Sprachen und Dialekte
ageorg. altgeorgisch lesg. lesgisch
arab. arabisch mgr. mingrelisch
avar. avarisch n(ieder)bal. niederbalisch
g(emein)svan. gemeinsvanisch n(ieder)svan. niedersvanisch
georg. georgisch npers. neupersisch
griech. griechisch o(ber)bal. oberbalisch
idg. indogermanisch o(ber)svan. obersvanisch
iran. iranisch osset. ossetisch
kartv(el). kartvelisch russ. russisch
lašx. lašxisch svan. svanisch
laz. lazisch türk. türkisch
lent.
˙ lentexisch
˙ zan. zanisch
b) grammatikalische Termini
Abl. Ablativ Obj. Objekt
Adj. Adjektiv obj. objektiv
Adv. Adverbial Part. Partizip
Advb. Adverb Pass(iv)z. Passivzeichen
Ag. Agens Pat. Patiens
Akt. Aktiv Perf. Perfekt
-akt. -aktantig Perf(ekt)z. Perfektzeichen
Aor. Aorist Pl. Plural
Dat. / dat. Dativ(isch) Plu. Plusquamperfekt
dir. direkt Plur(alitäts)z. Pluralitätszeichen
Erg. / erg. Ergativ(isch) Postpos. Postposition
e(xkl). exklusiv Präs. Präsens
Ft.i. Futur imperfektiv Präs(ens)z. Präsenszeichen
Ft.p. Futur perfektiv Prät. Präteritum
Gen. / gen. Genetiv(isch) Präv. Präverb
Impf. Imperfekt Ps(s). Person(en)
impfv. imperfektiv rel. relativ
i(ndir).O(bj). indirektes Objekt Rez. Rezipient
Infl. Inferential Sg. Singular
i(nkl). inklusiv S(ub)j. Subjekt
Instr. Instrumental subj. subjektiv
intr. intransitiv stat. statisch
Kd.i. Konditional imperfektiv sup. superessiv
Kd.p. Konditional perfektiv trans. transitiv
Kond. Konditional V(er)b(al)wz. Verbalwurzel
Kj. Konjunktiv V(er)b(al)n. Verbalnomen
Nom. / nom. Nominativ(isch) Vers(ions)(vok). Versionsvokal
ON Ortsname(n) -z. -zeichen