Zeitschrift Für Ausländerrecht Und Ausländerpolitik: Abhandlungen
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Zeitschrift fr Auslnderrecht
5/6/2008
und Auslnderpolitik
28. Jahrgang Seiten 161208
Herausgeber
Wissenschaftlicher Beirat
Jrgen Haberland,
Ministerialrat a.D., Berlin
Vorsitzender:
Prof. Dr. Dr. h.c.
Hans-Jrgen Papier,
Prsident des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe
Nele Allenberg,
Evangelische Kirche in Deutschland
Prof. Dr. Klaus J. Bade,
Universitt Osnabrck
Klaus Barwig,
Akademie der Dizese RottenburgStuttgart
Dr. Roland Bell,
Regierungsdirektor, Bundesamt
fr Migration und Flchtlinge,
Nrnberg
Dr. Wolfgang Breidenbach,
Rechtsanwalt, Halle
Prof. Dr. Hans-Joachim Cremer,
Universitt Mannheim
Dagmar Feldgen,
Ministerialrtin, Bundesministerium
fr Arbeit und Soziales, Berlin
Katrin Gerdsmeier,
Kommissariat der Deutschen
Bischfe, Berlin
Prof. Dr. Thomas Gro,
Universitt Gieen
Christoph Kannengieer,
Rechtsanwalt, Berlin
Prof. Dr. Peter Knsel,
Fachhochschule Potsdam
Prof. Dr. Christine Langenfeld,
Universitt Gttingen
Prof. Dr. Gertrude Lbbe-Wolff,
Richterin des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe
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Hubert Heinhold, Mnchen*
die Niederlassungserlaubnis eines Asylberechtigten oder GFKFlchtlings widerrufen werden kann, wenn die zugrunde liegende Rechtsstellung erlischt oder unwirksam wird. Whrend die
nach 26 III AufenthG erworbene Niederlassungserlaubnis so
zu einer nur relativen Aufenthaltsverfestigung fhrt, ist die nach
26 IV AufenthG erworbene Niederlassungserlaubnis umfassender. Denn ihr liegt kein (gegebenenfalls zeitlich limitierter)
Aufenthaltsgrund, wie der Asylstatus, zugrunde. Vielmehr ist
dem Betroffenen mit der Erteilung der Niederlassungserlaubnis
nach 26 IV AufenthG eine dauerhafte Aufenthaltsposition in
Form einer Niederlassungserlaubnis1 eingerumt worden. Auch
diese Rechtsposition kann zwar nach 51 ff. AufenthG beseitigt werden, aber nicht allein aufgrund des Wegfalls des Rechtsgrundes. Dieser war ja gerade die Einrumung einer verfestigten, dauerhaften Aufenthaltsposition.
* Der Autor ist Rechtsanwalt in Mnchen. Dem Beitrag liegt ein Vortrag bei den
Hohenheimer Tagen zum Auslnderrecht 2008 zugrunde. In den Beitrag
wurden die Hinweise zur Lnderpraxis der Korreferentin Dr. Anke Clodius
eingearbeitet; Stand der Bearbeitung: 1.2.2008.
1 BVerwG, InfAuslR 2006, 272 (273).
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2. Ermessensregelung
Die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach 26 IV AufenthG ist eine Kann-Vorschrift. Dies bedeutet, dass die Erteilung
einer Niederlassungserlaubnis ins Ermessen der Auslnderbehrde gestellt ist. Sie hat smtliche relevanten Aspekte gegeneinander abzuwgen, also zu bedenken, was fr die Einrumung
eines Daueraufenthalts spricht und was dagegen. Die Aufenthaltsund Erwerbsbiographie hat bei der Ermessenshandhabung
sicherlich Bedeutung. Greres Gewicht kommt jedoch der Perspektive zu. Das Ermessen muss, so jedenfalls das OVG Bautzen2, zukunftsgerichtet ausgebt werden. Umstnde aus der Vergangenheit haben in Relation hierzu geringere Relevanz.
Der Anwesenheitsdauer im Bundesgebiet kommt kein entscheidendes Gewicht zu, da die gesetzliche Vorgabe sieben Jahre und
nicht mehr verlangt. Eine Argumentation, erst nach acht oder zehn
Jahren sei von einer Integration auszugehen, ist demnach nicht
haltbar. Gleichwohl kann eine Nicht-Integration, wie etwa mangelnde Deutschkenntnisse, langjhriger Sozialhilfebezug o..
bei der Ermessensausbung bercksichtigt werden.
26 IV AufenthG verlangt nicht, dass zum Zeitpunkt der Erteilung die Voraussetzungen fr die Erteilung bzw. Verlngerung der
Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt noch erfllt sind.
Vielmehr steht der Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht
von vornherein entgegen.3
Die entgegenstehende Auffassung vertritt Zeitler.4 Dies folge aus
der im Prsens gehaltenen Formulierung, aber auch aus dem
Zweck der Vorschrift, die eine Verfestigung des bestehenden rechtmigen Aufenthalts ermglichen wolle. Richtig ist demgegenber der Hinweis des OVG Bautzen unter Berufung auf die Vorlufigen Anwendungshinweise des BML5 (Nr. 9.1.1 Satz 3), dass
die Niederlassungserlaubnis immer ein eigenstndiges Aufenthaltsrecht verleihe, das losgelst von einer ursprnglichen Zwekkbindung sei. Ist dem so, kann es nicht darauf ankommen, ob die
Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung noch vorliegen,
entscheidend ist vielmehr, ob vorher die Voraussetzungen eines
7-jhrigen rechtmigen Aufenthalts vorlagen. Auch der VGH Baden-Wrttemberg6 hlt ausdrcklich fest, dass 26 IV AufenthG
nicht verlange, dass die Voraussetzungen fr die Erteilung oder
Verlngerung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt
des AufenthG noch vorliegen. Er weist jedoch darauf hin, dass dies
mglicherweise ein Gesichtspunkt bei der Ausbung des erffneten Ermessens sein kann.
3. Lex specialis
Der Gesetzestext beginnt damit, dass im brigen einem
Auslnder eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden kann.
Dies wirft die Frage des Verhltnisses von 26 IV AufenthG zu
26 III AufenthG und zu 9 AufenthG auf.
3.1. Verhltnis zu 26 III AufenthG
In Bezug auf 26 III AufenthG ist zunchst zu konstatieren,
dass dieser lex specialis ist. Wenn dessen Voraussetzungen vorliegen, besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis. Fr die Anwendung von Absatz IV gibt es keine
unmittelbare Notwendigkeit.
Wenn allerdings 26 III AufenthG deshalb nicht zur Anwendung kommt, weil das Bundesamt fr Migration und Flchtlinge
mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen fr einen Widerruf oder
eine Rcknahme vorliegen und sich der Streit ber die Berechti-
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gung dieser Auffassung so lange hinzieht, dass die zeitlichen Voraussetzungen von 26 IV AufenthG vorliegen, ist in die Prfung von Absatz IV einzutreten.
Dies ergibt sich schon aus dem Stufenverhltnis von Absatz III
der eine zwingende Ist-Regelung vorsieht und Absatz IV, der
eine Ermessensvorschrift enthlt. Darber hinaus folgt dies auch
aus dem Zweck der Regelung des Absatzes IV, denn diese ermglicht auch ohne asylrechtlichen Status nach einem 7-jhrigen Aufenthalt mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitren
Grnden einen Daueraufenthalt. Da 26 III AufenthG als Rechtsgrund den Flchtlingsstatus voraussetzt und bei Wegfall desselben auch die darauf begrndete Niederlassungserlaubnis widerrufen werden kann, erscheint es sachgerecht, dann, wenn die
Voraussetzungen von Absatz IV vorliegen, die Niederlassungserlaubnis aufgrund dieser weiteren Bestimmung zu erteilen.
Allerdings wird es sich hierbei nur um einige wenige, seltene
Ausnahmeflle handeln. 26 IV AufenthG kann daher neben
26 III AufenthG zur Anwendung kommen.7
3.2. Verhltnis zu 9 AufenthG
Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wie 26 IV AufenthG
sich zu der allgemeinen Regelung des 9 AufenthG verhlt. Nach
9 II AufenthG ist einem Auslnder eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er seit 5 Jahren die Aufenthaltserlaubnis
besitzt ( 9 II Nr. 1 AufenthG). Da auch eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt eine Aufenthaltserlaubnis ist und
26 IV 1 AufenthG auf die allgemeinen Voraussetzungen von
9 II 1 Nr. 2 bis 9 AufenthG verweist, knnte im Einzelfall ber
9 AufenthG schon nach 5 Jahren eine Niederlassungserlaubnis
erteilt werden mssen: 9 II AufenthG ist eine Anspruchsnorm.
Dem kann entgegengehalten werden, dass 26 IV AufenthG als
lex specialis eine lngere Aufenthaltsdauer verlangt und damit
die allgemeine Norm des 9 verdrngt. So sehen dies die Vorlufigen Anwendungshinweise, wenn sie ausfhren, dass die Niederlassungserlaubnis beim Vorliegen der Voraussetzungen des Absatz II erteilt werden muss und ergnzen, dies gilt mit Ausnahme
der verlngerten Mindestfrist von 7 Jahren auch im Fall des 26
IV (Nr. 9.1.2. Satz 2). Das Gleiche stellen sie auch in Nr. 9.2.1.3.
nochmals ausdrcklich klar: Besitzt der Auslnder zum Zeitpunkt der Antragstellung einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2
Abschnitt 5, gelten die abweichenden Erteilungsfristen des 26.
Die Vorlufigen Anwendungshinweise der Auslnderbehrde Berlin erklren: Die Sonderregelungen des 26 III und des 26 IV
sperren die direkte Anwendung des 9 (Nr. 26.3.).
Hailbronner schliet sich dem unter bernahme des Textes der
Vorlufigen Anwendungshinweise an.8 Renner tendiert wohl auch
in diese Richtung, wenn er ausfhrt, jede Aufenthaltserlaubnis
sei anzurechnen abweichend behandelt werden nur die AE nach
22 bis 25 ( 26 Abs. 3 und 4)9, auch wenn seine allgemeinen
Ausfhrungen, wonach es auf Art und Grundlage der Aufenthaltserlaubnis nicht ankomme,10 in die gegenteilige Richtung weisen. Burr11 hlt bezglich der erforderlichen Aufenthaltszeit die
2 OVG Bautzen, EZAR NF 24, Nr. 1.
3 VGH Baden-Wrttemberg, EZAR NF 24, Nr. 5; ebenso OVG Bautzen (o.
Fn. 2).
4 Zeitler, HTK-AuslR, 26 AufenthG zu Absatz 4.
5 Knftig nur als Vorlufige Anwendungshinweise bezeichnet.
6 VGH BW (o. Fn. 3).
7 Renner, AuslR, 8. Aufl., 26 Rn. 11.
8 Hailbronner, AuslR, 55. Aktualisierung, 9 Rn. 2.
9 Renner (o. Fn. 7), 9 Rn. 19.
10 Renner (o. Fn. 7), 9 Rn. 13.
11 Gemeinschaftskommentar zum AufenthG (GK-AufenthG), 23. Aktualisierungslieferung, 26 Rn. 23.
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laubnis bekommen hatte, damit er whrend dieser Zeit erforderliche Papiere fr eine Eheschlieung beschaffen konnte. Mit der
Eheschlieung ist in diesem Fall der vorangegangene humanitre Zweck weggefallen und durch den spteren, neuen familiren
Aufenthaltszweck abgelst worden.
5.6. Anrechnung von Zeiten des Asylverfahrens
Gem 26 IV 3 AufenthG wird die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von 55 III AsylVfG angerechnet. Damit ist
als erstes klargestellt, dass es auf den Erfolg des Asylverfahrens
nicht ankommt. Die Zeiten des Asylverfahrens sind auch bei einer Verweigerung des Flchtlingsschutzes anzurechnen.
Problematisch ist die Bestimmung, dass lediglich die Zeiten
des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen
Asylverfahrens anzurechnen sind. Die Vorlufigen Anwendungshinweise wiederholen den Gesetzeswortlaut und erklren
pauschal, dass die Aufenthaltszeiten von frheren, erfolglos betriebenen Asylverfahren nicht bercksichtigt werden knnen
(Nr. 26.4.3). Burr kommentiert die Regelung widersprchlich.
Einerseits erklrt er unter Hinweis auf eine Entscheidung des
VGH Baden-Wrttemberg,30 bei mehreren Asylverfahren werde
lediglich die Dauer des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis
unmittelbar vorangegangenen Asylverfahrens bercksichtigt,
die Zeiten mehrerer Asylverfahren also nicht zusammengezhlt.31
Andererseits fhrt er aus,32 ein Asylfolgeverfahren bzw. Zweitantragsverfahren fhre nur dann zur Anrechenbarkeit, wenn das
Bundesamt fr Migration und Flchtlinge ein weiteres Asylverfahren nach 71 bzw. 71a AsylVfG durchgefhrt habe. Stelle
das Gericht zu einem spteren Zeitpunkt aufgrund neuer Beweismittel die Beachtlichkeit fest, wrden erst ab diesem Zeitpunkt die Zeiten anrechenbar sein. Ausdrcklich konstatiert dies
auch das VG Sigmaringen.33
Auch Hailbronner geht in diese Richtung, wenn er eingangs erklrt, beim Betreiben mehrerer Asylverfahren seien nur die Zeiten des letzten Asylverfahrens anrechenbar,34 um so keinen Anreiz
zu schaffen, unbegrndete Asylantrge zu stellen und er fortfhrt,
dass als Asylverfahren i.S.v. 26 AufenthG aber nur das Verfahren anzusehen sei, das zu einer inhaltlichen Prfung gefhrt habe; unbeachtliche Folgeantrge mssten auer Betracht bleiben.
Die Lnderregelungen enthalten hierzu wenig. Die Vorlufigen
Anwendungshinweise der Auslnderbehrde Berlin stellen auf
den Besitz der Aufenthaltsgestattung ab (Nr. 26.4.1.4), whrend
Niedersachsen eine kreative Regelung gefunden hat: Bei mehreren (Asyl-) Verfahren ist das mit der lngsten Verfahrensdauer
anzurechnen (Nr. 26.4.1.1.).
Diese Lsungsvorschlge befriedigen nicht. Wenn nur beachtliche Folgeantrge zu bercksichtigen sind, wre das Ergebnis
das, dass bei unbeachtlichen Folgeantrgen das Erstverfahren das
der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangene ist. Das
Erstverfahren ist im Regelfalle erheblich lnger als ein Folgeverfahren. Das paradoxe Ergebnis einer derartigen Auslegung
ist, dass derjenige, der unbeachtliche Folgeantrge stellt, mit der
Anrechnung der lngeren Zeit des Erstverfahrens belohnt wird,
whrend derjenige, der aus guten Grnden einen beachtlichen
Folgeantrag stellt, damit bestraft wrde, dass nur die regelmig
krzere Zeit des Folgeverfahrens bercksichtigt wird.
Auch systematisch befriedigt die Lsung nicht. Das Asylfolgeverfahren ist als spezielles, gesetzlich geregeltes Wiederaufnahmeverfahren ausgestaltet.35 Wenn ein beachtlicher Asylantrag
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Zeitrume jedoch ein Jahr, beginnt die Frist des 26 IV AufenthG bzw., was bei dieser Fallkonstellation vermutlich die gnstigere Alternative ist, des 9 AufenthG neu zu laufen.37
6. Sonstige Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis
nach 26 IV AufenthG
26 IV AufenthG verweist im ersten Satz darauf, dass die Voraussetzungen von 9 II 2 bis 9 vorliegen mssen.
6.1. Lebensunterhaltssicherung
Verlangt wird also die Lebensunterhaltssicherung, 9 II Nr. 2
AufenthG. Das VG Stuttgart38 hat darauf hingewiesen, dass nur
solche Personen bei der Berechnung mit einzubeziehen und zu
bercksichtigen sind, denen gegenber der Auslnder konkret
kraft Gesetzes oder kraft Rechtsgeschftes zum Unterhalt verpflichtet ist. Schn plastisch fhrt das VG Stuttgart aus, dass es
nicht angeht, denjenigen Auslnder, der selbst ber ein ausreichendes Einkommen verfge, gewissermaen unter den
sozialhilferechtlichen Bedarf arm zu machen, zugunsten anderer
Auslnder, denen er rechtlich nichts schuldet.
Das VG Lneburg39 hat in einer ausfhrlichen Entscheidung,
die sich mit der einschlgigen Rechtsprechung auseinandersetzt,
berzeugend dargelegt, dass kein fiktiver Abzug nach 11 II
SGB II vorzunehmen sei.
Der Bercksichtigung von fiktiven einkommensmindernden
Freibetrgen, die dazu dienen, einen Anreiz zur Aufnahme oder
Beibehaltung auch von nicht bedarfsdecken der Kinder Erwerbsttigkeit zu schaffen, bedarf es im Falle der Klgerin nicht,
weil diese bereits erwerbsttig ist und keinerlei Sozialhilfeleistungen in Anspruch nimmt.
6.2. Weitere allgemeine Voraussetzungen
Der Auslnder muss mindestens 60 Monate Pflichtbeitrge oder
freiwillige Beitrge zur Rentenversicherung geleistet haben oder
vergleichbare Leistungen nachweisen ( 9 II Nr. 3 AufenthG).
9 III 2 AufenthG, der fr Ehegatten Ausnahmen vorsieht und fr
den Auslnder, der sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss fhrt, ist ausdrcklich entsprechend anwendbar.
Grnde der ffentlichen Sicherheit und Ordnung drfen der Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht entgegenstehen ( 9 II
Nr. 4 AufenthG). Dem Arbeitnehmer muss die Beschftigung
erlaubt sein ( 9 II Nr. 5 AufenthG). Auch ansonsten muss der Betreffende die fr die Erwerbsttigkeit erforderlichen Erlaubnisse
besitzen ( 9 II Nr. 6 AufenthG).
Schlielich sind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verlangt ( 9 II Nr. 7 AufenthG). Diese Voraussetzung ist
durch Satz 4 eingeschrnkt, wonach von ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache abgesehen wird, wenn der Auslnder sich auf einfache Art in deutscher Sprache mndlich verstndigen kann.
Weiter mssen Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhltnisse im Bundesgebiet vorliegen
( 9 II Nr. 8 AufenthG), wobei auch hier die Einschrnkung nach
Satz 4 wie oben gilt. Schlielich muss ausreichender Wohnraum
vorliegen ( 9 II Nr. 9 AufenthG).
26 IV 2 AufenthG stellt klar, dass die Ausnahmen von 9 II 2
bis 6 AufenthG entsprechend gelten. Krperliche, geistige oder
seelische Krankheiten oder Behinderungen ermglichen Aus-
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nahmen vom Nachweis der erforderlichen Deutsch- und Rechtskenntnisse, aber auch vom Anfordernis der Lebensunterhaltssicherung und der Alterssicherung. Von den Deutschkenntnissen
und den Grundkenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung
kann auch bei Vorliegen einer Hrte abgesehen werden (Satz 4),
oder wenn einfache mndliche deutsche Sprachkenntnisse vorliegen und der Auslnder nach 44 III Nr. 2 AufenthG keinen Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs hatte oder nicht zur
Teilnahme verpflichtet war (Satz 5).
7. Verfestigung fr als minderjhrig eingereiste Personen,
26 IV 4 AufenthG i. V. m. 35 AufenthG
26 IV 4 AufenthG bestimmt, dass fr Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, 35
entsprechend angewandt werden kann.
7.1. Fnf oder sieben Jahre Aufenthalt erforderlich?
Die Formulierung, dass 35 AufenthG entsprechend angewandt
werden kann, wirft die Frage auf, ob es sich hierbei um eine
Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung handelt. Die vorlufigen Anwendungshinweise des BMI schweigen sich hierzu
aus. Die Berliner Verwaltungsvorschriften kommentieren, Aus
der entsprechenden Anwendung ergibt sich dagegen nicht, dass
die Fristen des 35 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (seit 5
Jahren) mageblich sind. (Nr. 26.4.4.1., 3. Absatz). Vielmehr sei
mit den Mglichkeiten der Anrechnung der Duldungs- und
Aufenthaltsgestattungszeiten gem 102 II AufenthG eine
Aufenthaltsdauer von sieben Jahren (Nr. 26.4.4.3.) verlangt. Auch
Baden-Wrttemberg verlangt in seinen Hinweisen sieben Jahre.
(Nr. 26.4.4 VAH-AufenthG). Im Gegensatz dazu folgert Niedersachsen aus der analogen Anwendung, Die 7-Jahresfrist verkrzt sich dann auf 5 Jahre. (Nr. 26.4.2.). In Bayern existiert keine generelle Regelung, die Landeshauptstadt Mnchen geht in
stndiger Verwaltungspraxis von einem 5-Jahres-Erfordernis aus.
Auch Renner40 und Zeitler41 lassen fnf Jahre ebenso gengen,
wie das VG Gttingen42 und das OVG Bautzen.43
Der Gesetzesbegrndung lsst sich entnehmen, dass Satz 4 Kindern mit einem humanitren Aufenthaltsrecht unter den gleichen
Voraussetzungen die Aufenthaltsverfestigung ermglicht, wie
sie bei Kindern gelten, die einen zum Zweck der Familienzusammenfhrung erteilte Aufenthaltserlaubnis besitzen.44 Der
Gesetzgeber wollte also ausdrcklich Kinder mit einem humanitren Aufenthaltstitel Kindern gleichstellen, die eine Aufenthaltserlaubnis aus familiren Grnden besaen, so dass sich
schon aus dieser Zielsetzung die 5-Jahres-Frist ergibt. Erst recht
gilt dies, wenn man die weitere Begrndung heranzieht, wonach
diese Regelung aus integrationspolitischen Grnden und zur
Wahrung des Kindeswohls zwingend erforderlich sei, da diese
Kinder ansonsten eine Aufenthaltsverfestigung in vielen Fllen
nicht erreichen knnen.
Da die Vorlufige Anwendungshinweise Berlin die 7-Jahres-Frist
auch damit rechtfertigen, dass gem 102 II AufenthG Duldungs- und Aufenthaltsgestattungszeiten anrechenbar sind, sei
nur klarstellend darauf hingewiesen, dass dies natrlich auch
gilt, wenn man fnf Jahre fr ausreichend hlt. Denn 102 II Auf37
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