Analysis I II Final 6-9-2012
Analysis I II Final 6-9-2012
Analysis I II Final 6-9-2012
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Vorwort
Das vorliegendende Skript entstand parallel zu meiner gleichnamigen Vorlesung im akademischen Jahr 2011/12, wobei ich mich auf meine Aufzeichnungen zur gleichen Vorlesung im akademischen Jahr 2005/06 und die von Frau Eveline Hardmeier in LaTeX erfasste Mitschrift dieser Vorlesung st utzen konnte, ebenso wie auf deren sp atere Umarbeitung f ur meine Vorlesung Analysis f ur Informatik in den akademischen Jahren 2008/09 und 2009/10, bei deren Erfassung in LaTeX mir Frau Manuela D ubendorfer geholfen hat. Auch etliche der im Jahr 2005/06 von Herrn Mathias Weyland sowie im Sommer 2010 von Herrn Jorim Jaggi erstellten Graphiken konnte ich im vorliegenden Skript verwenden und das unter Mithilfe von Herrn Jaggi gestaltete lay-out des Skripts der Analysis f ur Informatik u ochte ich daher Frau Hardmeier, bernehmen. An dieser Stelle m Frau D ubendorfer, Herrn Jaggi sowie Herrn Weyland erneut von Herzen danken f ur ihren grossen geleisteten Einsatz; ebenso Frau Prisca Greminger f ur ihre Mithilfe beim Korrigieren der Mitschrift von Frau Hardmeier und Herrn Joachim N af f ur das u altige Korrekturlesen des vorliegenden Skripts. Herr beraus sorgf N af hat diese Arbeit so gr undlich erledigt, dass von den Studierenden dieser Vorlesung nur noch wenige Korrekturhinweise kamen; dennoch m ochte ich nicht vers aumen, auch den Studierenden des Jahrgangs 2011/12 ebenso wie denjenigen des Jahrgangs 2005/06 f ur ihre vielen wertvollen Anregungen zu danken. Nat urlich wollen wir im vorliegenden Text den Sto der Analysis nicht neu ernden. Das Skript st utzt sich auf die umfangreiche Literatur zu diesem Thema; insbesondere verdanke ich den Lehrb uchern meines Kollegen Christian Blatter den Hinweis auf den eleganten Zugang zum Transformationssatz f ur das Jordansche Mass mittels Lemma 9.3.1. Z urich, 6. September 2012 Michael Struwe
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iv
Inhaltsverzeichnis
1 Logik und Grundlagen 1.1 Logik 1.1.1 1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Logische Verkn upfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 4 5 5 7 8 9 11 12 12 14 17 17 18 18 23 26 28 31 35 39 39
1.3
1.4
2 Die reellen Zahlen 2.1 2.2 Elementare Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die reellen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 Axiome f ur
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die nat urlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kardinalit at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der euklidische Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
INHALTSVERZEICHNIS Grenzwert einer Folge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monotone Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilfolgen, H aufungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cauchy-Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen in 39 44 46 50 53 54 59 62 65 65 70 72 75 77 79 80 81 81 84 86 88 89 90 91 92 94 96 98
d oder
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 Topologische Grundbegrie 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 Topologie des Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Topologie und Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompakte Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenh angende Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relativtopologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hausdorr aume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Stetigkeit 5.1 Grenzwerte von Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 5.2 5.3 Lipschitz stetige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stetigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stetige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 5.3.2 5.3.3 Stetigkeit und Kompaktheit. . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Norm f ur C 0 (K ; Rn ). . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hom oomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
d
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.7
Folgen stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 5.7.1 Punktweise und gleichm assige Konvergenz . . . . . . . . . 102
vii
109
6.2 6.3
Der Mittelwertsatz und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Die trigonometrischen Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.3.1 6.3.2 Zyklometrische Funktionen (Arcus-Funktionen). . . . . . 121 Hyperbel- und Areafunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . 122
6.4 6.5
Funktionen der Klasse C 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 H ohere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 6.5.1 6.5.2 6.5.3 6.5.4 6.5.5 Der Raum C m () . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Taylor-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Lokale Extrema. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Konvexe Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Glatte Funktionen, analytische Funktionen . . . . . . . 136
6.6 6.7
Stammfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Das Riemannsche Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Integrationsregeln, Hauptsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 7.3.1 Das R-Integral vektorwertiger Funktionen . . . . . . . . . 179
7.4 7.5
Uneigentliches Riemann-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Dierentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 7.5.1 7.5.2 7.5.3 7.5.4 Der Banachsche Fixpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Beweis von Satz 7.5.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Stetige Abh angigkeit von den Daten . . . . . . . . . . . . 191 Globale Fortsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
8 Dierentialrechnung im 8.1
197
Dierentiationsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Dierentialformen und Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Wegintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 8.4.1 Konservative Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
8.5
H ohere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 8.5.1 8.5.2 8.5.3 Taylor-N aherung m-ter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 220 Der Raum C m () . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Reell analytische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Vektorwertige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Der Umkehrsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Implizite Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Extrema mit Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 8.9.1 8.9.2 8.9.3 Notwendige Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Geometrische Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Hinreichende Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
253
Riemannsches Integral u ber einem Quader . . . . . . . . . . . . . 253 9.1.1 9.1.2 Zerlegungen und Treppenfunktionen . . . . . . . . . . . . 253 Das Riemann-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
9.2 9.3
Der Satz von Fubini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Jordan-Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 9.3.1 9.3.2 Das Jordansche Mass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Das Riemann-Integral u ber Jordan-Bereiche . . . . . . . . 266
9.4 9.5
Der Satz von Green . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Substitutionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 9.5.1 9.5.2 9.5.3 Lineare Transformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Transformation Jordan-messbarer Mengen . . . . . . . . . 276 Substitutionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
9.6
Der Inhalt eines parametrischen Fl achenst ucks . . . . . . 283 Der Fluss eines Vektorfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Partielle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Harmonische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Transformation des Dirichlet-Integrals . . . . . . . . . . . 299
9.9
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
. . . . . . . . . . . . . . . . . 307
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Beispiele f ur mathematische Aussagen: i) 4 > 2 ii) n N : n > 4 n > 2 iii) 5 < 3 (wahr) (wahr) (falsch)
In der Mathematik st utzen wir uns auf gewisse Grundannahmen, sogenannte Axiome , die wir als gegeben ansehen. Eine dieser Annahmen ist der folgende Satz u oglichen Wahrheitswerte von Aussagen. ber die m Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Tertium non datur): Eine zul assige mathematische Aussage ist entweder wahr oder falsch, jedoch nie beides zugleich. Bemerkung 1.1.1. i) Dieses Axiom ist eine mathematische Abstraktion, wir bewegen uns in einer k unstlichen Welt. In der wirklichen Welt gibt es Graustufen, zum Beispiel h angt der Wahrheitswert der Aussage Das Wetter ist sch on vom subjektiven Benden ab. ii) Nicht alle Aussagen sind zul assig. Die r uckbez ugliche Aussage Diese Aussage ist falsch ist weder falsch (dann w are sie wahr) noch wahr (dann w are sie falsch). Analog: Ich l uge jetzt. Aber: Ich l uge immer k onnte falsch sein, falls ich je mal die Wahrheit gesagt habe. Die Axiome der Logik sind insofern unvollst andig. Wir werden dies aber niemals als Einschr ankung empnden. 3
1.1.1
Mit Aussagen kann man rechnen. Es seien A, B mathematische Aussagen. Die Negation (A), und (A B ), oder (A B ), die Implikation (A B ) und die Aquivalenz (A B ) sind deniert durch die Wahrheitstafel. A w w f f B w f w f A f f w w AB w f f f AB w w w f AB w f w w AB w f f w
Die Implikation A B ist die f ur den Aufbau der Mathematik wichtigste Verkn upfung. Beispiel 1.1.1. i) (n > 4) (n > 2). Beachte: Weder die Annahme (Voraussetzung) n > 4 noch die Folgeaussage n > 2 ist f ur alle n N erf ullt, die Implikation ist jedoch stets wahr. ii) Ist die Aussage A falsch, so ist f ur eine beliebige Aussage B die Implikation A B immer wahr. In der Politik macht man sich dies gern zunutze: Die Aussage Wenn das Volk damals anders entschieden h atte, dann ... ist bei beliebiger Fortsetzung korrekt. (Conjunctivus irrealis, ex falso quodlibet). Eine wahre Implikation A B bezeichnen wir auch als Folgerung und schreiben A B (A ist hinreichend f ur B , wenn A, dann B ). Bemerkung 1.1.2. Die Implikation ist transitiv: (A B ) (B C ) (A C ) . Wir k onnen daher u ber eine Kette von Folgerungen A B S einen mathematischen Satz S aus einer Annahme A herleiten. (Prinzip des mathematischen Beweises). Aquivalenz: Anstelle von (A B ) (B A) schreiben wir A B . Ist die Aussage A B wahr, so schreiben wir A B ; in diesem Fall ist also die Aussage A wahr genau dann, wenn B wahr ist. Satz 1.1.1. Es gilt (A B ) (B A) . Beweis. Die Aussage folgt sofort mit der Wahrheitstafel: A w w f f B w f w f AB w f w w A f f w w B f w f w B A w f w w
1.2. MENGENLEHRE Die Spalten von A B und B A sind gleich. Aus Satz 1.1.1 k onnen wir einige n utzliche Regeln ableiten.
Umkehrschluss (Kontraposition): Die (wahre) Aussage A B ist nach Satz 1.1.1 gleichbedeutend mit (B ) (A). Falls A B , so kann A nicht wahr sein, wenn B falsch ist. (B ist notwendig f ur A.) Weiter folgt das Prinzip des indirekten Beweises: Zum Beweis der Aussage A B gen ugt es, die Aussage (B ) (A) zu zeigen, oder die Annahme A (B ) zum Widerspruch zu f uhren. Beispiel 1.1.2. Es seien A die u blichen Axiome u ber N, B die Aussage: Es gibt keine gr osste nat urliche Zahl. Wir zeigen: A B . Beweis (indirekt). Nimm an, es gibt ein maximales n0 N; das heisst, n0 l f ur jedes l N. Nach einem der Axiome f ur N hat n0 jedoch einen Nachfolger n0 + 1 N, und n0 + 1 > n0 . Widerspruch! Satz 1.1.2. Es gelten die Aquivalenzen i) (A B ) (A) (B ) , ii) (A B ) (A) (B ) . Beweis. i) Wieder arbeiten wir mit der Wahrheitstafel: A w w f f B w f w f AB w w w f (A B ) f f f w A f f w w B f w f w (A) (B ) f f f w
Die Behauptung folgt aus der Gleichheit der entsprechenden Spalten. Analog folgt ii).
1.2
1.2.1
Mengenlehre
Mengen und Quantoren
Georg Cantor: Eine Menge ist die ungeordnete Zusammenfassung verschiedener Elemente zu einem Ganzen. Beispiel: i) F ur a = b gilt {a, b} = {b, a} = {a, b, a}; ii) N = {1, 2, 3, 4, . . .}; iii) N0 = {0, 1, 2, 3, 4, . . .} = N {0}; iv) = {}: leere Menge;
v) {n N; n teilt 15} = {1, 3, 5, 15}. Nicht alle Bildungsgesetze sind zul assig. Insbesondere m ussen wir uns vor r uckbez uglichen Denitionen h uten, wie das folgende Beispiel zeigt: vi) (Bertrand Russell) Die Menge M aller Mengen, die sich selbst als Element nicht enthalten, gibt es nicht. (W are M M , so geh orte M nach Denition nicht zu M ; falls jedoch M M , so m usste M zu M geh oren.) Das Russellsche Beispiel l asst sich leicht in die Alltagssprache u bersetzen: Deniert man den Dorfbarbier als den Mann, der alle M anner rasiert, die sich nicht selbst rasieren, so kommt man auf analoge Weise zu einem Widerspruch. Wir k onnen Quantoren benutzen, um Aussagen u ber Elemente einer Menge zu machen: : der Allquantor (f ur alle), Beispiel 1.2.1. i) n
k : k n0 . (Dies ist die (falsche) Aussage Es gibt eine ii) n0 gr osste nat urliche Zahl n0 aus Beispiel 1.1.2.) k iii) n0 Aussage ii).)
: n > 0 (wahr).
Man kann den All- und Existenzquantor mit Mengen wie folgt denieren: x M : A(x) {x M ; A(x)} = M , x M : A(x) {x M ; A(x)} = . Satz 1.2.1. Es gilt: i) x M : A(x) ii) x M : A(x) x M : A(x) ; x M : A(x) .
Beweis. i) Nach dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten haben wir die disjunkte Zerlegung M = {x M ; A(x)} {x M ; A(x)} . Somit gilt x M : A(x) {x M ; A(x)} = M
{x M ; A(x)} = x M : A(x).
1.2. MENGENLEHRE
1.2.2
Verknu pfungen
X Y : Teilmenge (Inklusion).
Bemerkung 1.2.1. i) Sei M eine Menge und seien X = {x M ; A(x)}, Y = {x M ; B (x)}. Dann gilt z.B. X Y = {x M ; A(x) B (x)}, X Y = {x M ; A(x) B (x)};
man kann daher logische Verkn upfungen durch Verkn upfungen von Mengen veranschaulichen, und umgekehrt. ii) Es gilt X=Y (X Y ) (Y X ); die Gleichheit von Mengen entspricht also zwei Inklusionen. iii) Es gilt das Distributivgesetz X (Y Z ) = (X Y ) (X Z ), etc.; vergleiche die Ubungen. Beweis. iii) Mit der Aquivalenz A (B C ) (A B ) (A C ) (mittels Wahrheitstafel) erhalten wir f ur beliebiges x: x X (Y Z ) x X x (Y Z )
(x X ) (x Y x Z ) (x X x Y ) (x X x Z ) (x X Y ) (x X Z ) x (X Y ) (X Z ) .
iv) Die Teilmengen einer Menge X bilden deren Potenzmenge P (X ) = {Y ; Y X }. iiv) Die geordneten Paare (x, y ) von Elementen der Mengen X , bzw. Y bilden deren Produktmenge X Y = {(x, y ); x X, y Y } .
Satz 1.2.2. (de Morgan) Sei I eine beliebige Indexmenge und f ur I sei A X mit Komplement Ac = X \ A . Dann gilt: i) (I A )c = I Ac , ii) (I A )c = I Ac . Beweis. i) Es gilt f ur jedes x X : x (I A )c x I A I : x A c I : x Ac x I A . Die Aussage ii) beweist man analog; vergleiche die Ubungen. Beispiel 1.2.2. i) Im Falle I = {1, 2}, A1 =: A X , A2 =: B X erhalten wir (A B )c = Ac B c , (A B )c = Ac B c ; beachte die Ahnlichkeit mit Satz 1.1.2. ii) Sei X = = I . F ur a setze Aa =] , a[= {x Ac = [ a, [= { x ; x a } . Dann gilt a
x < a} mit
a Aa =
a Ac a = , etc.
1.3
Funktionen
In der Schule haben wir Funktionen oder Abbildungen in der Form von Zuordnungsvorschriften y = f (x) f ur reelle Zahlen kennengelernt, z.B. y = f (x) = x x3 , 1 x 1. Allgemein seien X, Y Mengen. Denition 1.3.1. Eine Funktion (oder Abbildung) f : X Y ordnet jedem Punkt x X genau ein Bild y = f (x) Y zu. Jedes z X mit y = f (z ) heisst dann ein Urbild von y .
Das heisst, eine Funktion wird erkl art durch die Angabe des Denitionsbereiches (hier X )
1.3. FUNKTIONEN des Bild- oder Wertebereiches (hier Y ) der Abbildungsvorschrift (hier x f (x)) Beispiel 1.3.1. i) f : ii) f : [1, 1] iii) g : iv)
x x x3 ;
x x x3 ;
v) idX : X X, x x = idX (x); die Identit at auf X . Wir k onnen Funktionen durch ihren Graphen darstellen: G(f ) = x, f (x) ; x X X Y .
1.3.1
Seien f : X Y, g : Y Z Abbildungen. Durch Komposition erhalten wir eine neue Abbildung g f : X Z, X f Y x g f (x) . g Z
F =gf Satz 1.3.1. F ur Abbildungen f : X Y , g : Y Z , h : Z W gilt: h (g f ) = (h g ) f (Assoziativgesetz). Beweis. i) Die Denitionsbereiche X sind identisch. ii) Ebenso sind die Wertebereiche W identisch.
10
iii) Schliesslich pr ufen wir die Gleichheit der Zuordnungsvorschrift. F ur alle x X gilt: h (g f ) (x) = h (g f )(x) = h g (f (x)) = (h g ) f (x) = (h g ) f (x) .
Denition 1.3.2. Sei f : X Y eine Abbildung. i) f heisst surjektiv, falls jedes y Y mindestens ein Urbild hat, das heisst, falls y Y x X : f (x) = y .
f surjektiv
ii) f heisst injektiv oder eineindeutig, falls jedes y Y h ochstens ein Urbild hat, das heisst, falls x1 , x2 X : f (x1 ) = f (x2 ) x1 = x2 , oder, hierzu aquivalent, x1 , x2 X : x1 = x2 f (x1 ) = f (x2 ).
f injektiv
iii) f heisst bijektiv, falls jedes y Y genau ein Urbild hat, das heisst, falls f sowohl injektiv als auch surjektiv ist.
1.3. FUNKTIONEN
11
Falls f bijektiv ist (und nur in diesem Fall), k onnen wir eine Abbildung g : Y X einf uhren, welche jedem y Y das eindeutig bestimmte Urbild x X unter f zuordnet, mit g f = idX , f g = idY . Dieses g heisst die Umkehrabbildung von f , bzw. die zu f inverse Abbildung, und wir schreiben g = f 1 . Beispiel 1.3.2. i) Die Abbildung f : nicht injektiv.
ii) Die Abbildung f :] /2, /2[] 1, 1[ mit x sin(x) ist bijektiv. Satz 1.3.2. Sei f : X Y eine Abbildung. Dann gilt: i) f injektiv g : Y X mit g f = idX ; ii) f surjektiv g : Y X mit f g = idY ; iii) f bijektiv g : Y X mit f g = idY , g f = idX . Beweis. i) F ur alle y f (X ) = {f (x); x X } Y gibt es genau ein Urbild x =: g (y ). Fixiere x0 X und setze g (y ) = x0 f ur y f (X ). Dann ist g : Y X wohldeniert und g f = idX . ii) Zu y Y ist A(y ) = {x X ; f (x) = y } = . W ahle ein beliebiges x A(y ) und setze g (y ) = x. (Hier benutzen wir das Auswahlaxiom, s.u.). Dann ist g : Y X wohldeniert und f g = idY .
Bemerkung 1.3.1. Oenbar gelten auch die Umkehrungen der Aussagen i) iii) in Satz 1.3.2.
1.3.2
Urbildfunktion
Sei f : X Y eine Abbildung, und seien A X , B Y . Analog zum Bild f (A) = {f (x); x A} Y der Menge A unter f k onnen wir das Urbild f 1 (B ) = {x X ; f (x) B } X, der Menge B unter f einf uhren. Auf diese Weise wird eine Funktion f 1 : P (Y ) P (X ) deniert, die Urbildfunktion. Hierzu muss f nicht bijektiv sein.
12
f 1 (B ) = {x [1, 1]; f (x) = 0} = {1, 0, 1}. Satz 1.3.3. F ur B, C Y gilt: i) f 1 (B C ) = f 1 (B ) f 1 (C ) ; ii) f 1 (B C ) = f 1 (B ) f 1 (C ) . Beweis. i) F ur beliebiges x X gilt x f 1 (B C ) f (x) (B C ) f (x) B f (x) C
x f 1 (B ) x f 1 (C )
Satz 1.3.4. f ist bijektiv genau dann, wenn f 1 {y } f ur jedes y Y genau ein Element enth alt. Falls f bijektiv ist, so bezeichnen wir nach Denition 1.3.2 mit f 1 : Y X auch die Umkehrfunktion von f . Oenbar gilt in diesem Fall f 1 {y } = { f 1 (y ) },
Urbildfkt. Umkehrabb.
1.4
Relationen
Elemente einer Menge k onnen zueinander in vielf altiger Weise in Beziehung stehen. Zum Beispiel k onnen Aussagen zueinander aquivalent sein. Ein weiteres Beispiel ist die Ordnung nat urlicher Zahlen nach ihrer Gr osse.
1.4.1
Aquivalenzrelation
Sei X eine beliebige Menge. auf X , Denition 1.4.1. Eine Beziehung auf X heisst Aquivalenzrelation falls gilt: i) Reexivit at: ii) Symmetrie: x X : x x ; x, y X : x y y x ;
1.4. RELATIONEN Beispiel 1.4.1. i) = auf beliebiger Menge; ii) die logische Aquivalenz von Aussagen (vergleiche Ubung); ur m, n iii) Reste modulo p. Sei p fest. F f ur ein k . Wir schreiben: m = n mod p.
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i) Reexivit at: Oenbar gilt m m (w ahle k = 0). ii) Symmetrie: Es gelte m n, das heisst, es existiert k Dann erhalten wir n = m kp = m + (k )p, also n m. mit m = n + kp.
iii) Transitivit at: Seien m n, n , das heisst, m = n + kp, n = + jp, f ur gewisse j, k . Es folgt m = n + kp = + jp + kp = + p(j + k ); das heisst, m . Sei eine Aquivalenzrelation auf X , x X . Die Menge [x] := {y X | x y } heisst Aquivalenzklasse von X . Es gilt:
Behauptung 1. y [x] : [y ] = [x]. Beweis. Wir zeigen und . Sei z [y ]; das heisst y z . Da x y folgt mit Transitivit at x z , also z [x]. Da y [x], also x y , folgt mit Symmetrie auch y x, also x [y ], und folgt mit i).
Behauptung 2. y X : y / [x] [y ] [x] = . Beweis (indirekt). Sei y / [x], und sei z [x] [y ]. Mit Behauptung 1 folgt [x] = [z ] = [y ] y . Widerspruch. Wir folgern: Satz 1.4.1. Eine Aquivalenzrelation auf X deniert eine disjunkte Zerlegung von X in Aquivalenzklassen. Bemerkung 1.4.1. Umgekehrt deniert eine Zerlegung X =
I
14
1.4.2
Ordnungsrelation
Denition 1.4.2. Eine Beziehung auf einer Menge X heisst partielle Ordnung, falls gilt: i) Reexivit at: ii) Transitivit at: iii) Identitivit at: x X : x x ; x, y, z X : x y y z x z ; x, y X : x y y x x = y .
Beispiel 1.4.2. i) N mit der nat urlichen Ordnung ; ii) P (M ) mit A B : A B . (Betrachte zum Beispiel M = {a, b} mit P (M ) = {, {a}, {b}, {a, b}}.) Bemerkung 1.4.2. Man kann eine partiell geordnete Menge (X, ) durch einen gerichteten Graphen, den Ordnungsgraphen veranschaulichen. i) (N, ): ii) (P ({a, b}), ): 1 /2 /3 / ...
{ a} ? % / {a, b} = M 9 tt t t t t tt tt {b}
Ein Ordnungsgraph darf keine Zyklen enthalten, sonst folgt mit x y und y x sofort x = y f ur alle Elemente des Zyklus. ? o x _ o Sei (X, ) partiell geordnet. / / y
15
Das heisst, genau diejenigen m X sind maximal, zu denen keine gr osseren Elemente existieren. Jedoch muss ein maximales m X nicht gr osser sein als alle x = m. ii) m X heisst obere Schranke f ur eine Menge L X , falls m f ur alle L. Beispiel 1.4.3. Sei X = N {a} mit dem Ordnungsgraphen ?a /2 1 a ist maximales Element, aber 3 a. Denition 1.4.4. (X, ) heisst total oder linear geordnet, falls gilt: x, y X : x y oder y x. Beispiel 1.4.4. i) (N, ) ist total geordnet. ii) (P (M ), ) ist im Allgemeinen nicht total geordnet. Zornsches Lemma: Sei (X, ) partiell geordnet und es gelte Zu jeder total geordneten Teilmenge L von X gibt es eine obere Schranke m X. (1.4.1)
/3
/ ...
Dann gibt es zu jedem x X ein maximales Element m X mit x m. Beispiel 1.4.5. ( , ) hat kein maximales Element: 1 /2 /3 /4 / ...
Die Menge selbst ist total geordnet, es gibt aber keine obere Schranke f ur vergleiche Beispiel 1.1.2. Das Zornsche Lemma ist ein Axiom, aquivalent zum Auswahlaxiom.
Auswahlaxiom: Sei (A )I eine Familie nichtleerer Mengen A M , I . Dann gibt es eine Funktion g : I M , so dass f ur alle I gilt g () A . (Zermelo; vergleiche NZZ 29.9.2004) Wir zeigen eine Richtung der Aquivalenz.
16
Satz 1.4.2. Zornsches Lemma Auswahlaxiom. Beweis. Sei X = {h : D(h) I M ; D(h) : h() A }, wobei D(h) jeweils den Denitionsbereich von h bezeichnet. Wir versehen X mit einer partiellen Ordnung, indem wir setzen h, X : h : D(h) D() D(h) : () = h() . Behauptung 1. deniert eine partielle Ordnung auf X . Beweis. i) Reexivit at: Oenbar gilt h h f ur alle h X . at: Seien h k und k mit h, k, X . Dann gilt D(h) ii) Transitivit D(k ) D(), und f ur alle D(h) D(k ) gilt () = k () = h(), also h . iii) Identitivit at: Seien h und h mit h, X . Dann gilt D(h) D() D(h), also D(h) = D(). Weiter gilt f ur alle D(h) = D() dann auch () = h(), also h = .
Behauptung 2. (X, ) erf ullt die Annahme (1.4.1). Beweis. Sei L X total geordnet. Setze J=
L
D() I.
F ur J existiert L mit D(), und f ur jedes h L mit D(h) gilt entweder h , also () = h(), oder h, also ebenfalls h() = (). Also ist m : J M mit m() = () f ur D(), wohldeniert; weiter gilt oenbar f ur alle L: D() J = D(m), Also ist m obere Schranke f ur L. Mit dem Zornschen Lemma folgt nun, dass X ein bez uglich maximales Element g besitzt. Behauptung 3. D(g ) = I . Beweis (indirekt). Sei 0 I \ D(g ) = . W ahle x0 A0 und deniere g0 : D(g0 ) = D(g ) {0 } M durch g0 () = g (), D(g ), x0 , = 0 . m() = () f ur jedes D().
Dann ist g g0 = g , im Widerspruch zur Maximalit at von g . Die Abbildung g ist somit eine Auswahlfunktion. Im folgenden werden wir das Zornsche Lemma, beziehungsweise das Auswahlaxiom stets als eines unserer Axiome voraussetzen.
Kapitel 2
= { 1 , 2 , 3 , . . . } , 0 = { 0 , 1 , 2 , 3 , . . . } kann man Objekte abz ahlen. Zahlen in kann man addieren und multiplizieren.
In den ganzen Zahlen = {. . . , 1, 0, 1, . . . } ist zus atzlich die Subtraktion m oglich. In den rationalen Zahlen
p ; q
p, q , q > 0
kann man zudem (ausser durch 0) dividieren: auf dem Zahlenstrahl anordnen.
ist ein Zahlk orper. osse nach Oenbar kann man diese elementaren Zahlen der Gr
2 1 0 1 2 3
Durch Aneinanderf ugen von L angen beziehungsweise mit Hilfe des Strahlensatztes kann man die Operationen in Q auch geometrisch ausf uhren. Bemerkung 2.1.1. Zwischen je zwei rationalen Zahlen r1 < r2 liegt eine weir1 + r2 tere, zum Beipsiel Q, welche den halben Abstand zu r1 hat wie r2 . Die 2 rationalen Zahlen scheinen demnach die Zahlengerade l uckenlos zu u berdecken. Irrationale Zahlen Dies ist jedoch nicht der Fall. Bereits die Pythagor aer erkannten, dass es keine Zahl r gibt mit r2 = 2. Die L ange der Diagonalen im Quadrat steht in keinem rationalen Verh altnis zur L ange der Grundseite.
17
18 1
mit r2 = 2.
Beweis (indirekt). Nimm an, es gibt r = p mit r2 = 2. Nach K urzen q gemeinsamer Teiler d urfen wir annehmen, dass p, q teilerfremd sind (also keine gemeinsamen Teiler haben), und p, q > 0. Aus der Gleichung r2 =
p2 q2
Da die Zahl 2 prim ist, enth alt p den Teiler 2; es gilt also p = 2s f ur ein s und somit 2 q 2 = p 2 = 2 2 s2 . Nach K urzen des Faktors 2 erhalten wir q 2 = 2 s2 ,
und wie oben folgt q = 2t f ur ein t . Die Zahl 2 teilt also sowohl p als auch q im Widerspruch zu unserer Annahme, dass p und q teilerfremd sind.
weist also L ucken auf. Man kann die rationalen Zahlen auf verschiedene
Weisen vervollst andigen, beispielsweise mit dem Dedekindschen Schnitt (Dedekind 1858/59; siehe z.B. K onigsberger, Aufgabe 2.5.13); oder durch Fundamentalfolgen. (Z.B. kann man die Zahl 2 darstellen 1 2 , k N.) |< k durch Folgen (rk )k Q mit 1 < rk < 2 und |2 rk Im folgenden gehen wir jedoch axiomatisch vor und postulieren die Existenz eines geordneten Zahlk orpers , der umfasst und in einem zu pr azisierenden Sinn ordnungsvollst andig ist. Die eigentliche Konstruktion von R verschieben wir auf sp ater.
2.2
2.2.1
Die reellen Zahlen bilden einen linear geordneten Zahlk orper mit den Operationen Addition und Multiplikation.
2.2. DIE REELLEN ZAHLEN A) Es gibt eine Operation + : Addition, mit den Eigenschaften: A.i) Assoziativit at: x, y, z
19
bildet eine abelsche (kommutative) Gruppe bez uglich der Addition. additiv inverse Element y = x ist eindeutig bestimmt.
A.ii) A.iv ) A.ii)
Bemerkung 2.2.1. i) Das neutrale Element ist eindeutig bestimmt. ii) Das zu x
iii) Die Kommutativit at wird zum Beweis von i) und ii) nicht ben otigt. Beweis. i) Seien 0, 0 R neutrale Elemente, so folgt: 0 = 0 + 0 = 0 + 0 = 0. ii) Falls y und z zu x invers, so folgt z = z + (x + y )
=0 A.ii) A.i),iv )
(z + x) +y = y + 0 = y .
=x+z =0
A.iv )
A.ii)
iii) Ubung. M) Es gibt eine weitere Operation : , (x, y ) x y = xy , auf genannt Multiplikation, mit den Eigenschaften:
: x (y z ) = (x y) z , M.ii) Neutrales Element: 1 \{0} x : x 1 = x, M.iii) Inverses Element: x \{0} y : x y = 1, M.iv) Kommutativit at: x, y : x y = y x.
M.i) Assoziativit at: x, y, z Die Multiplikation ist mit der Addition vertr aglich im Sinne des Distributivgesetzes: D) x, y, z
x (y + z ) = x y + x z.
: x 0 = 0; insbesondere ist zu jedem x = 0 Bemerkung 2.2.2. i) x das (eindeutig bestimmte) multiplikativ Inverse x1 = 0. \ {0} bildet bez uglich der Multiplikation eine abelsche Das heisst, = Gruppe mit dem neutralen Element 1. ii) Falls x y = 0, so gilt x = 0 oder y = 0.
20 Beweis. i) F ur x
gilt
x 0 = x (0 + 0) = x 0 + x 0.
D
Addiere (x 0). ii) Sei x = 0. Dann ist x1 = 0 nach i). Falls x y = 0, so folgt mit i) y = 1 y = (x1 x) y = x1 (x y ) = x1 0 = 0.
O) Schliesslich fordern wir die Existenz einer totalen Ordnung im Sinne der Denitionen 1.4.2 und 1.4.4, konsistent mit den Operationen Addition und Multiplikation im Sinne der Konsistenzaxiome K.i) x, y, z R : x y x + z y + z ; K.ii) x, y, z R : x y, 0 z x z y z . Die Axiome A.i)-iv), M.i)-iv), D, K.i),ii) gelten bereits in . Die entscheidende zus atzliche Forderung an ist nun das Vollst andigkeitsaxiom:
V) Der Zahlk orper ist ordnungsvollst andig; das heisst, zu je zwei nicht leeren Mengen A, B mit gibt es eine Zahl c
mit
a A, b B : a b
a A, b B : a c b.
Beachte: Der K orper Q ist nicht ordnungsvollst andig; siehe Bemerkung 2.2.3. Einige elementare Folgerungen aus den Axiomen: Folgerung 2.2.1. i) x ii) (1) (1) = 1; iii) x
: (1) x = x;
: x2 0;
vi) x, y 0 : x y x2 y 2 ;
mit c2 = 2, c > 0.
21
Da das additiv Inverse zu x nach Bemerkung 2.2.1 eindeutig bestimmt ist, folgt die Behauptung. ii) Mit (1) + 1 = 0 folgt 1 = (1). Setze nun x = 1 in i). iii) Sei x a) Falls x 0, so folgt x2 0 x = 0 mit K.ii). b) Sei x 0. Mit K.i) folgt x 0, und mit a), i) und ii) folgt 0 (x)2 = (1) x
ii) iii) 2
= (1)2 x2 = x2 .
iv) 1 = (1)2 0, und 1 = 0 nach M.ii). Also ist 0 < 1 und mit K.i) folgt die Behauptung. v) Annahme: x1 0. Nach Multiplikation mit x > 0 folgt 1 = x1 x 0 x = 0 im Widerspruch zu iv). vi) Ohne Beschr ankung der Allgemeinheit gelte x + y > 0. (Sonst gilt x = y = 0 und x2 = y 2 = 0.) Beachte: : Sei y x, also y x 0. Da y + x > 0 folgt y 2 x2 mit K.ii). : Nach v) gilt (y + x)1 > 0. K.ii) liefert die Behauptung. vii) Gem ass iv) ist y 2 x2 = (y + x) (y x).
Dann gilt oenbar 1 A, 2 B ; also A = = B . Weiter folgt mit vi) Das Vollst andigkeitsaxiom V liefert somit eine Zahl c a A, b B : a c b. Insbesondere folgt sofort 1 c 2. Behauptung 1. c ist eindeutig bestimmt. Beweis. Nimm an, es existieren Zahlen c1 < c2 in , welche die Bedingung (2.2.1) erf ullen. Nach Bemerkung 2.1.1 gibt es dann auch derartige Zahlen c2 , und c1 , c2 . Es folgt c0 = c1 + 2
mit
(2.2.1)
c1 + c2 < c2 b. 2 Beachte, dass c0 A B . Falls c0 A, so ist (2.2.1) f ur c1 verletzt; falls c0 B , so ist (2.2.1) f ur c2 verletzt. Widerspruch. a A, b B : a c1 < c0 =
22 Behauptung 2. c2 = 2.
2 c2 b2 c2 b2 a2 = (b a) (b + a) 4(b a).
4
Da man gem ass Behauptung 1 und Bemerkung 2.2.1 zu beliebig kleinem d > 0 Zahlen a A, b B mit Abstand b a < d nden kann, folgt c2 2. Analog sieht man, dass c2 2. Damit haben wir alle Folgerungen aus den Axiomen hergeleitet. Bemerkung 2.2.3. Im Beweis von vii) gilt A, B ; die Mengen A und B werden aber durch kein c getrennt. Wie wir gesehen haben, ist das die Mengen A, B trennende c n amlich eindeutig bestimmt und erf ullt c2 = 2. Nach Satz 2.1.1 geh ort c nicht zu . Der K orper ist daher nicht ordnungsvollst andig.
Oenbar gilt |x| 0 f ur alle x. Weiter hat der Absolutbetrag die Eigenschaften
|x + y | |x| + |y | .
Beweis. Oenbar gelten f ur jedes x die Beziehungen x |x|, x |x|. Es folgt x + y |x| + |y |, (x + y ) = (x) + (y ) |x| + |y |. Satz 2.2.2. (Young) F ur alle a, b
, > 0 gilt
b2 . > 0. Die
2|a b| a2 +
= 2 a2 +
b2 2a b. 2
23
2.2.2
heisst nach
a A : a b. Jedes derartige b heisst eine obere Schranke f ur A. (Analog: nach unten beschr ankt, untere Schranke.) Beispiel 2.2.1. i) Das Intervall ] 1, 1[= {x
1 < x < 1}
ist nach oben (z.B. durch b = 1) und unten (z.B. durch a = 1) beschr ankt. ii) N = {1, 2, 3, . . .} ist nach unten beschr ankt, jedoch nach oben unbeschr ankt. Sei nun = A und a A, b B : a b. Mit dem Vollst andigkeitsaxiom folgt die Existenz einer Zahl c a A, b B : a c b.
mit
(2.2.2)
Bemerkung 2.2.4. Oenbar ist c obere Schranke f ur A; also c B . Da zugleich gilt c b f ur alle b B , ist c die kleinste obere Schranke f ur A, und c ist durch (2.2.2) eindeutig bestimmt. Denition 2.2.3. Zu einer nach oben beschr ankten Menge = A die durch (2.2.2) denierte Zahl c =: sup A, das Supremum von A. Wir fassen zusammen: Satz 2.2.3. i) Jede nach oben beschr ankte Menge = A kleinste obere Schranke c = sup A. ii) Analog besitzt jede nach unten beschr ankte Menge = A untere Schranke d = inf A, das Inmum von A. Beispiel 2.2.2. i) Sei A =] 1, 1[ sup A = 1,
heisst
besitzt eine
eine gr osste
. Dann gilt
inf A = 1.
ankt, besitzt also kein Supremum. = {1, 2, . . . } ist nach oben unbeschr ii) Andererseits gilt f ur jedes k oenbar k 1. Da 1 , ist 1 auch die gr osste untere Schranke; das heisst,
inf
= 1.
2x ;x 1 + x2
veranschaulicht durch den Graphen der Funktion x 2x/(1 + x2 ): 1 3 2 1 1 Mit Satz 2.2.2 folgt x 1 2
2x 1 + x2 ;
also sup A 1. Andererseits liefert der Vergleich mit x = 1 die Ungleichung sup A 1; also sup A = 1. Beispiel 2.2.2.i) zeigt, dass sup A, inf A im allgemeinen nicht zur Menge A geh oren. Geh ort sup A jedoch zu A, so sagen wir, das Supremum wird in A angenommen, und wir schreiben sup A = max A, das Maximum von A. Geh ort analog die Zahl inf A zu A, so sagen wir, das Inmum wird in A angenommen, und schreiben inf A = min A, das Minimum von A. Beispiel 2.2.3. i) Sei A = [1, 1] = {x sup A = 1 = max A,
inf A = 1 = min A.
ii) Besteht die Menge A aus nur endlich vielen Elementen a1 < a2 < < ak , so gilt oenbar sup A = ak = max A, inf A = a1 = min A.
Falls die Zahl sup A oder inf A nicht angenommen wird, ben otigen wir f ur das Rechnen mit sup und inf das folgende Lemma. Lemma 2.2.1. Sei = A R nach oben beschr ankt, und sei > 0 beliebig. Dann gibt es ein a A mit a sup A . Beweis (indirekt). Falls f ur ein > 0 gilt a A : a sup A , so ist die Zahl sup A < sup A obere Schranke f ur A. Jedoch ist sup A nach Denition die kleinste obere Schranke f ur A. Widerspruch!
25
Als Anwendung von Lemma 2.2.1 zeigen wir beispielhaft die folgende Aussage. Satz 2.2.4. Seien A, B
A + B = {a + b ; a A, b B } nicht leer und nach oben beschr ankt, und es gilt sup (A + B ) = sup A + sup B. Oenbar ist die Aussage wahr, falls sup A und sup B angenommen werden. (Der Beweis ist in diesem Falle trivial.) Beweis. i) Wir zeigen: sup(A + B ) sup A + sup B. Nach Denition des Supremums gilt a A, b B : a sup A, b sup B ; also folgt mit K.i) a A, b B : a + b sup A + b sup A + sup B. Das heisst, sup A + sup B ist eine obere Schranke f ur A + B . ii) Wir zeigen: sup A + sup B sup(A + B ). Nimm widerspruchsweise an, 0 < sup A + sup B sup(A + B ) =: 3, > 0. W ahle a A, b B gem ass Lemma 2.2.1 mit sup A a + , sup B b + . Dann folgt mit sup A + sup B a + b + 2 sup(A + B ) + 2 = (sup A + sup B 3) + 2 < sup A + sup B der gew unschte Widerspruch.
Analoge S atze gelten f ur das Inmum. Vereinbarung: setzen wir Falls = A nach oben, bzw. nach unten unbeschr ankt ist, sup A = , bzw. inf A = , x
+ x = .
26
2.3
mit der nat urlichen Ordnung in eingebettet. Satz 2.3.1. (Archimedisches Prinzip) Zu jedem x gibt es eine nat urliche Zahl n mit x < n. Insbesondere ist jedes x endlich. Beweis (indirekt). Andernfalls gibt es x mit n : n x. Das heisst, x ist obere Schranke f ur . Nach dem Vollst andigkeitsaxiom existiert c = sup , und n : n c. ort, folgt damit auch Da mit n auch n + 1 zu geh n : n + 1 c;
Gem ass Folgerung 2.2.1.iv) ist also n
Das heisst, c 1 < c ist obere Schranke f ur , im Widerspruch zur Charakterisierung von c als kleinste obere Schranke f ur .
n c 1.
mit
Beweis. W ahle n mit n > 1 gem ass Satz 2.3.1. Nach Multiplikation mit 1 n > 0 folgt mit K.ii) die Behauptung. Prinzip der vollst andigen Induktion: Oenbar bilden die nat urlichen Zahlen die kleinste Menge X mit den Eigenschaften
X.
X X induktiv
. Es gelte:
27
; A(k) ist wahr}. Dann erf ullt X die Bedingungen I.i), ii); also X = .
X = {k
Wir illustrieren Satz 2.3.2 mit einigen Anwendungen. Beispiel 2.3.1. i) F ur beliebiges n
n =1
gilt
(2 1) = 1 + 3 + . . . + (2n 1) = n2 .
=1
(2 1) = n2
(Induktions-Annahme).
Es folgt:
n+1 n
=1
(2 1) =
=1
(2 1) + 2(n + 1) 1 = n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 ,
ii) F ur beliebiges n
gilt
n
= 1 + 2 + ...+ n =
=1
n(n + 1) . 2
Beweis (vollst andige Induktion). a) Induktionsverankerung: n = 1 b) Induktions-Schluss n n + 1. Die Aussage gelte f ur n. Dann folgt: 1 + 2 + . . . + (n + 1) = (1 + 2 + . . . + n) + (n + 1) = n(n + 1) n+2 + (n + 1) = (n + 1). 2 2
iii) F ur beliebiges n
gilt
=1
= (1 + 2 + . . . + n)2 = 1 + 23 + . . . + n3 =
=1
3 .
=1
= (1 + 2 + . . . + n + (n + 1))2 =
n 2 =1 n
+ (n + 1)
=1 n
+ (n + 1)2 + 2(n + 1)
2
n(n + 1) = + (n + 1) + 2(n + 1) 2
3 + (n + 1)3 ,
=1
Sn := 1 + q + . . . + q n =
k=0
qk =
1q . 1q
n+1
,n=1
b) Induktions-Schluss n n + 1: Die Aussage gelte f ur n. Dann folgt: Sn+1 = Sn + q n+1 = 1 q n+1 + q n+1 1q 1 q n+2 1 q n+1 + (1 q )q n+1 = . = 1q 1q
: (1 + x)n 1 + nx.
K.ii)
b) n n + 1: Nimm an, es gilt (1 + x)n 1 + nx. Rechne (1 + x)n+1 = (1 + x)n (1 + x) (1 + nx)(1 + x) = 1 + (n + 1)x + nx2 1 + (n + 1)x.
0 0
2.4
Kardinalit at
Gibt es mehr reelle als rationale Zahlen? Ebenso wie gem ass Bemerkung 2.1.1 so liegen oenbar auch die irrationalen Zahlen dicht auf dem Zahlenstrahl, sogar bereits die Menge + 2 = {r + 2; r };
2.4. KARDINALITAT
29
insbesondere gibt es also auch unendlich viele irrationale Zahlen. Wie kann man oder \ gr osser ist? entscheiden, welche der Mengen
Betrachten wir zun achst ein einfacheres Problem: Welche der Mengen oder ist gr osser? - Naiv w urde man meinen, w are doppelt so gross wie ; jedoch kann man zum Beispiel mittels der Abbildung f : mit
bijektiv auf
n1 2 , n 2,
Allgemein vereinbaren wir: Denition 2.4.1. Zwei Mengen X und Y heissen gleichm achtig, falls es eine bijektive Abbildung f : X Y gibt. Beispiel 2.4.1.
und
Denition 2.4.2. Eine Menge X heisst abz ahlbar, falls sie gleichm achtig ist zu , das heisst, falls eine bijektive Abbildung f : X existiert.
Satz 2.4.1.
+ = {r ; r > 0} =
p ; p, q q
teilerfremd
dar durch ganzzahlige Koordinatenpaare im 1. Quadranten, und durchlaufe diese Punkte wie in der nachstehenden Skizze angegeben: 4 3 2 1 1 2 3 4
Bemerkung 2.4.1. Oenbar kann man mit dem 1. Cantorschen Verfahren ahlen. Induktion liefert, dass das Produkt endlich vieler abz ahlauch abz barer Mengen wieder abz ahlbar ist:
30 Satz 2.4.2.
Der Beweis ben otigt etwas Vorbereitung. Lemma 2.4.1. P ( ) ist nicht abz ahlbar.
Beweis. Wir ordnen jeder Teilmenge S eineindeutig eine bin are Folge S S S S f S = (f1 , f2 , . . .) zu, das heisst, eine Abbildung f S = (f1 , f2 , . . .) : { 0 , 1 } mit
S fk =
Der Raum dieser bin aren Folgen wird mit dem Symbol 2 bezeichnet. Somit gilt: gleichm achtig = 2 . P( )
1, falls k S 0, falls k S
(2.4.1)
2 eine Abz ahlung mit n f (n) = f1 (n), f2 (n), . . . , n . Deniere die Folge a = (a1 , a2 , . . .) : {0, 1} mit ak = fk (k ) + 1 mod 2, k . F ur jedes k gilt dann ak = fk (k ), also a = f (k ). Daher ist f nicht surjektiv
Beweis (indirekt). Sei widerspruchsweise f : im Widerspruch zu unserer Annahme. Den Beweis k onnen wir uns gut veranschaulichen mit dem 2. Cantorschen Diagonalverfahren: f (k ) k f1 (1) f1 (2) f1 (3) . . . f2 (1) f2 (2) f2 (3) . . . f3 (1) f3 (2) f3 (3) . . . ... ...
Die im Beweis konstruierte Folge a unterscheidet sich f ur jedes k an der k -ten Stelle. Beweis (von Satz 2.4.2). Die Abbildung f : P( )
von f (k)
, S x = 0, f1S , f2S , . . .
(unendlicher Dezimalbruch)
gem ass (2.4.1) ist wohldeniert und injektiv. Die Bildmenge X = f (P ( )) ist nach Lemma 2.4.1 nicht abzahlbar; also ist auch nicht abz ahlbar.
Bemerkung 2.4.2. Fassen wir die Bilder der im Beweis von Satz 2.4.2 konstruierten Abbildung auf als bin are Darstellungen von Zahlen a = fS =
=1 S f 2 [0, 1]
31
achtig ist wie die Menge [0, 1], so erkennen wir, dass P ( ) auch mindestens so m (Ubung); P ( ) und sind demnach und damit mindestens so m achtig wie gleichm achtig.
F ur allgemeine Mengen X gilt: Satz 2.4.3. F ur jede Menge X ist P (X ) m achtiger als X ; das heisst, es gibt keine surjektive Abbildung f : X P (X ). Beweis (indirekt). Nimm an, es existiert eine surjektive Abbildung f : X P (X ). Betrachte die Menge A = {x X ; x f (x)} Da f nach Annahme surjektiv, gibt es ein x0 X mit A = f (x0 ). Wir f uhren diese Aussage zum Widerspruch. a) Nehmen wir an x0 A, so folgt nach Denition von A, dass x0 f (x0 ) = A. b) Also muss gelten x0 A = f (x0 ). In diesem Falle ergibt die Denition von A jedoch, dass gilt x0 A. Widerspruch.
erh alt man also Mengen X1 = P (), X2 = P (X1 ), . . . , Xk+1 = P (Xk ), k strikt aufsteigender M achtigkeit. Die M achtigkeit von bezeichnet man mit 0 (Aleph 0). Die Frage, ob es zwischen den nat urlichen Zahlen und dem achtigkeit gibt, Kontinuum P () = noch eine weitere Menge anderer M ob also eine u ahlbare Teilmenge der reellen Zahlen existiert, die in ihrer berabz M achtigkeit kleiner ist als , hat die Mathematik lange besch aftigt. Schliesslich
Kontinuumshypothese. Ausgehend von X0 = gelang es G odel (1937) und Cohen (1964) zu zeigen, dass die Frage nicht aus den Axiomen entscheidbar ist. Vergleiche dazu Davis-Hersch: Erfahrung Mathematik, S.336.
2.5
2 = = {(x, y);
x, y
Beispiel 2.5.1. Den Graphen einer Funktion f : in der euklidischen Ebene darstellen. Der 3-dimensionale euklidische Raum
3 = = {(x, y, z );
ist unser Anschauungsraum.
x, y, , z
Beispiel 2.5.2. i) Die Bewegung eines Massepunktes kann man durch dessen Orts- und Geschwindigkeitsvektor beschreiben.
32
ii) Eine Schar von N Massepunkten (Atome in einem Gas, Planeten im Sonnen(i) (i) (i) system) k onnen wir gleichzeitig mit ihrem jeweiligen Ort x(i) = (x1 , x2 , x3 ), 1 i N , erfassen, indem wir diese Koordinaten in einen langen Vektor x = (x1 , . . . , x3N ) eintragen. Wir k onnen dann wie gewohnt komponentenweise damit rechnen. F ur beliebiges n Raum
euklidischen
n = {x = (x1 , . . . , xn); xk , 1 k n} mit komponentenweiser Addition + : n n n x = (x1 , . . . , xn ), y = (y1 , . . . , yn ) n : x + y = (x1 + y1 , . . . , xn + yn ). uglich der Addition eine abelsche Gruppe mit neutralem EleDann ist n bez
ment
n : der Nullvektor. Zus atzlich kann man Vektoren x n mit einem Skalierungsfaktor (Skalar) strecken: x = (x1 , . . . , xn ) n , : x = (x1 , . . . , xn ).
0 = (0, . . . , 0) F ur diese Skalarmultiplikation
S.i) Distributivgesetz: ( + )x = x + x, S.ii) Distributivgesetz: (x + y ) = x + y , S.iii) Assoziativit at: (x) = ( )x, S.iv) Einselement: 1 x = x,
n, , beliebig sind. Somit hat der Raum n die Struktur eines Vektorraums mit dem Skalark orper , eines -Vektorraums; vergleiche die Vorlesung Lineare Algebra.
wobei x, y Kanonische Basis: Bez uglich der Standardbasis ei = (0, . . . , 0, 1 , 0, . . . , 0)
n ,
ite Stelle
1 i n,
x = (x1 , . . . , xn ) = x1 e1 + + xn en = darstellen.
xi ei
i=1
33
n setze
xi yi
x y := x, y := x1 y1 + . . . + xn yn =
i=1
Das so denierte Skalarprodukt hat die Eigenschaften SP.i) Symmetrie: x y = y x, SP.ii) (Bi-)Linearit at: x (y + z ) = x y + x z , SP.iii) (Bi-)Linearit at: x (y ) = (x y ) f ur alle x, y n , . Zur besseren Unterscheidung lassen wir hier und im folgenden meist den Multiplikationspunkt bei der Skalarmultiplikation und bei der Multiplikation reeller Zahlen weg. ur x = (2, 0, 3), y = (3, 1, 2) gilt Beispiel 2.5.3. i) F x y = 2 3 + 0 1 + 3 2 = 0; das heisst, x und y stehen senkrecht aufeinander, sie sind orthogonal, x y . ii) Dies gilt auch f ur verschiedene Standardbasisvektoren ei ej = 0 (i = j ).
Euklidische Norm: Mit Hilfe des Skalarprodukts k onnen wir die L ange von Vektoren messen, indem wir setzen x := xx=
n
x2 i
i=1
(positive Wurzel).
Beispiel 2.5.4. i) Es gilt ei = 1, 1 i n. Die Standardbasisvektoren sind also paarweise orthogonal und auf L ange 1 normiert; sie sind orthonormal. ii) Satz von Pythagoras. Falls x, y x+y
2
= (x + y ) (x + y ) = x x + 2 x y + y y = x
+ y
konsistent mit der elementargeometrischen Interpretation. iv) Die Diagonale im Einheitsquadrat hat die L ange l2 = 2, im Einheitsw urfel ange l3 = 3, im Einheitshyperw ange ln = n. im 3 die L urfel im n die L
34
n gilt
Beweis. OBdA x = 0 = y . Mit Satz 2.2.2 (Young) k onnen wir bei Wahl von = y / x > 0 absch atzen 2 |x y | = 2 |x1 y1 + . . . xn yn | 2 |x1 y1 | + + 2 |xn yn | 1 2 1 1 2 2 2 2 + y =2 x x2 1 + y1 + + xn + yn = x
y .
Wir k onnen Satz 2.5.1 auch geometrisch herleiten: OBdA sei x = 0. Zerlege y orthogonal x x x x y + y y . y= x x x x
=y || =y
Oenbar gilt x y = 0, also auch y || y = 0. Mit Pythagoras folgt nun die y | = y || y sofort. gew unschte Ungleichung |xx Satz 2.5.2. Die euklidische Norm hat die Eigenschaften i) Denitheit: x
n :
n, : x x, y n : x + y
x 0, und
x = 0 x = 0, = || x , x + y .
Beweis. i) und ii) folgen direkt aus der Denition. iii) Mit Satz 2.5.1 sch atzen wir ab x+y
2
= (x + y ) (x + y ) = x x + 2 x y + y y
2
+2 x y + y
= ( x + y )2 .
Die Behauptung folgt mit Folgerung 2.2.1.vi). Beispiel 2.5.5. F ur x = (3, 4) = 3e1 + 4e2
2 gilt
n : d(x, y) 0,
und d(x, y ) = 0 x = y ;
35
Beweis. i) und ii) sind oensichtlich. iii) Schreibe x z = (x y ) + (y z ) und benutze Satz 2.5.2.iii).
2.6
Komplexe Zahlen
In 2 k onnen wir zus atzlich zur Addition eine weitere Verkn upfung einf uhren, die komplexe Multiplikation :
Diese Operation ist assoziativ mit neutralem Element (1, 0). Weiter gilt f ur (a, b) = (0, 0) die Gleichung (a, b) das heisst, a2 ist zu (a, b) invers. Schliesslich ist die komplexe Multiplikation kommutativ, und es gilt das Distributivgesetz ((a1 , b1 ) + (a2 , b2 )) (c, d) = (a1 , b1 ) (c, d) + (a2 , b2 ) (c, d). orper, Somit bildet 2 bzgl. Addition und komplexer Multiplikation einen Zahlk den K orper der komplexen Zahlen . Bemerkung 2.6.1. Wir k onnen = (1, 0); (2.6.1)
in
einbetten mittels .
x (x, 0)
Diese Einbettung ist vertr aglich mit den K orperoperationen, da gilt x + y (x + y, 0) = (x, 0) + (y, 0), xy (xy, 0) = (x, 0) (y, 0). Zudem ist sie vertr aglich mit der Skalarmulitplikation in (x, y ) = (x, y ) = (, 0) (x, y ). In diesem Sinne k onnen wir den Standardbasisvektor e1 = (1, 0) Zahl 1 identizieren. Weiter setzen wir
36 mit
i2 = (1, 0) = 1. Somit hat jedes z = (x, y ) die eindeutige Darstellung z = xe1 + ye2 = x + iy mit Realteil x = Re(z ) und Imagin arteil y = Im(z ). Konjugation. Zu z = x + iy sei
z = x iy die zu z konjugierte Zahl. Die Konjugation hat die Eigenschaften: i) F ur alle z = x + iy = (x, y ) =
2 gilt
2
(2.6.2)
(2.6.3)
Folgerung 2.6.1. i) Mit (2.6.2) folgt z in Ubereinstimmung mit (2.6.1). ii) Mit (2.6.2) erhalten wir zw d.h. wie in
2
\{0} : z 1 =
z z
2,
gilt
w .
Zur Abk urzung schrieben wir im folgenden daher |z | = z f ur den Absolutbetrag der Zahl z . Beispiel 2.6.1. i) (2 + i)1 = ii) 2i . 5
37
Bemerkung 2.6.2. i) Sp ater werden wir noch die Polarform z = rei einer Zahl z = x + iy mit r = |z | und x = r cos , y = r sin kennenlernen, die sich f ur Rechnungen besonders gut eignet. ii) Nicht nur die in nicht l osbare Gleichung z 2 + 1 = 0 hat in L osungen z = i. Allgemein gilt der Fundamentalsatz der Algebra: Jedes Polynom p(z ) = z n + an1 z n1 + + a0
vom Grad n 1 hat in eine Nullstelle. Das heisst, ist im Unterschied zu algebraisch vollst andig. Den Beweis m ussen wir jedoch auf sp ater verschieben. ur jedoch keine mit den K orperoperationen vertr agliche iii) Leider gibt es f Ordnung; sonst w are gem ass Folgerung 2.2.1.iii) 1 = i2 0. im Widerspruch zu Folgerung 2.2.1.iv)
38
Kapitel 3
Die folgenden Beispiele sind aus der Mittelschule bekannt: i) Die Fibonacci Zahlen 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, . . . entstehen aus einem einfachen Populationsmodell gem ass dem Gesetz a0 = 1, a1 = 1, an+1 = an + an1 , ii) Die Zinsfaktoren bei
1 n -tel
j ahrlicher Verzinsung, 1 n ) , n n
an = (1 +
streben f ur n gegen die Eulersche Zahl e = 2.718 . . . , den Limes der kontinuierlichen Verzinsung. iii) Die geometrische Reihe
n
qk ,
k=0
1 1q ;
3.2
40
Denition 3.2.1. i) Die Folge (an )n konvergiert gegen a f ur n , falls gilt > 0 n0 = n0 () n n0 : |an a| < ;
das heisst, falls zu jeder (noch so kleinen) Fehlerschranke > 0 ab einem gen ugend grossen Index n0 = n0 () alle Folgenglieder sich um weniger als von a unterscheiden. Wir schreiben dann a = lim an oder an a (n )
n
ii) Eine Folge (an )n heisst konvergent, falls sie einen Limes besitzt; andernfalls heisst die Folge divergent.
an a+ a a
n n0
Beispiel 3.2.1. i) F ur an =
1 n,
, gilt an 0
(n ).
Beweis. Nach Korollar 2.3.1 gibt es zu jedem > 0 ein n0 1 < . Es folgt das heisst, n 0 n n0 : < 0 < wie gew unscht. ii) Sei q 1 1 < , n n0 (n ).
mit n0 > 1 ;
Beweis. Schreibe = 1 + mit > 0. Mit der Bernoullischen Ungleichung (1 + x)n 1 + nx f ur alle x 1, n aus Beispiel 2.3.1.v) folgt
n also
1 1 = qn q n
= (1 + )n 1 + n n ; 0 < qn
1 n0
n n0 : 0 < q n
41
Beweis. F ur 0 < a, b
gilt
a b an b n .
(3.2.1)
n 2 n 3 + + + n > 2 3
0
n(n 1) 2 n 2 n, = 2 2
falls n so gross gew ahlt, dass n1 2 1. 2 W ahle n0 Dann gilt f ur n n0 stets n1 2 n0 1 2 1, 2 2 also auch (1 + )n n 1, und mit (3.2.1) folgt n n0 : 1 das heisst, n n0 : iv) Seien p n n < 1 + ; 2 + 1. 2
n n 1 < .
lim np q n = 0;
das heisst, die Exponentialfunktion w achst schneller als jede Potenz. Beweis. Setze s = q 1/p = so dass W ahle > 0 mit s= p q < 1, s > 0,
an = np q n = (nsn )p = (s n n)np , n 1 , (1 + )2
42 dazu n0 = n0 ()
<
1 1+
pn
= rn
< 1.
Mit Beispiel 3.2.1.ii) folgt 0 < an < rn 0 (n , n n0 ). Beispiel 3.2.2. Nicht jede Folge (an )n konvergiert, wie die folgenden Beispiele zeigen. i) Sei an = (1)n , n
kann Grenzwert von (an)n sein. Sei an = n, n . Zu jedem a gibt es n0 mit a < n0 ; also kann Grenzwert von (an) sein.
n n0 : |an a| = n a n0 a > 0,
und kein a
iii) Fibonacci-Zahlen: Mit F0 = 1, F1 = 1, Fn+1 = Fn + Fn1 (n 2) folgt durch Induktion Fn n, n , und analog zu ii) kann kein a Grenzwert von (Fn )n sein.
Rechnen mit Grenzwerten: Mit Grenzwerten kann man rechnen, selbst wenn man den genauen Wert nicht kennt. Satz 3.2.1. Sei (an )nN sowohl gegen a R als auch gegen b R konvergent. Dann folgt a = b. Beweis (indirekt). Annahme: a = b. W ahle = n0 () mit n n0 : |an a| < ,
|ba| 2
|an b| < .
Dann folgt f ur n n0 mit der Dreiecksungleichung: 2 = |a b| = |(a an ) (b an )| |a an | + |b an | < 2. Widerspruch! Satz 3.2.2. Seien die Folgen (an )n , (bn )n
n
43
iii) Falls zus atzlich b = 0 = bn f ur alle n, so gilt auch lim (an /bn ) = a/b. ur n iv) Falls an bn f
, so auch a b.
Bemerkung 3.2.1. Falls an < bn , n N, so gilt im Allgemeinen nicht a < b. Betrachte dazu das Beispiel 1 =: bn , n N, mit lim an = 0 = lim bn . n n n Beweis von Satz 3.2.2. Zu > 0 sei im folgenden n0 = n0 () gew ahlt, dass n n0 : |an a| < , |bn b| < . an := 0 < i) Sch atze ab n n0 : |(an + bn ) (a + b)| |an a| + |bn b| < 2. Da > 0 beliebig, folgt die Behauptung. ii) OBdA sei < 1. Damit erhalten wir zun achst n n0 : |bn | |bn b| + |b| |b| + 1 und weiter n n0 : |an bn ab| = |(an a)bn + a(bn b)| Da wiederum > 0 beliebig, folgt die Behauptung. iii) Wegen ii) gen ugt es, den Fall a = an = 1 f ur alle n b| , also OBdA gelte auch 0 < < |2 Es folgt n n0 : 1 2 2 bn b 1 = 2 |bn b| 2 . bn b bn b |b | |b | |bn | |an a| + |a| |bn b| |a| + |b| + 1 .
stets so
zu betrachten.
iv) (indirekt). Falls a > b, so folgt bei Wahl von a b =: 2 > 0 aus der Ungleichungskette n n0 : a < an + bn + < b + 2 = a der gew unschte Widerspruch. Beispiel 3.2.3. Es gilt an = 3 n4 7 n3 + 5 3 3 7 n1 + 5 n4 = 4 2 2n + 6n + 3n 2 + 6 n2 + 3 n3 2 (n ).
44
3.3
Monotone Konvergenz
.
an b (bzw. b an );
Denition 3.3.1. (an )n heisst nach oben (unten) beschr ankt, falls gilt b
, n :
} nach oben (unten) beschr ankt ist. so gew ahlt, dass |an a| <
Satz 3.3.1. Falls (an )n konvergent ist, dann ist (an )n beschr ankt. Beweis. Sei a = limn an , und zu = 1 sei n0 1 f ur n n0 . F ur n n0 gilt dann
|a n | = |a n a + a | | a | + |a n a | | a | + 1 . Es folgt n
Beschr anktheit ist also notwendig, jedoch nicht hinreichend f ur Konvergenz, wie das Beispiel der Folge an = (1)n , n , zeigt.
Satz 3.3.2. Sei (an )n nach oben beschr ankt und monoton wachsend, das heisst, mit einer Zahl , b gilt
a1 a2 . . . an an+1 . . . b.
n n
Analog, falls (an )n nach unten beschr ankt und monoton fallend.
an
Beweis. Setze A = {an ; n }. Nach Annahme ist A = nach oben beschr ankt; also existiert a = sup A = sup an
n
45
Beweis. Sei > 0 beliebig vorgegeben. Gem ass Lemma 2.2.1 gibt es n0 = n0 () mit an0 > a . Monotonie ergibt
Beispiel 3.3.1. i) Jeder unendliche Dezimalbruch x = x0 .x1 . . . xk . . . , mit xk {0, . . . , 9}, k deniert eine monoton gegen die Zahl x
ii) Eulersche Zahl: Betrachte die Folgen an = 1 + Behauptung. Es gilt n an = an1 = 1 n < bn = 1 + 1 n
n+1
n2 1 n2
1 1+ = n1
n
wobei wir im vorletzten Schritt die Bernoullische Ungleichung verwenden. Anan 1 atzung log erhalten wir unter Verwendung von n2n 1 n2 = n die Absch bn1 = bn 1+ 1
1 n1 1 +n n
n 1 = 1 2 n1 n
n+1 n n n1
n n1
n n 1 1 = 1, n1 n n1
1 1+
1 n
n2
1 1
1 1+
n2 n2 1
1 1+
1 n 1 n
1 n
1+
n 1 n2 1 1 +
1.
mit
n
1 c c a2 n an + , n = an + 2 an 2 an
a2 n+1 = an +
c a2 n 2 an
2 = a2 n + (c an ) +
c a2 n 2 an
0
c;
(3.3.1)
insbesondere folgt somit auch an+1 an , n . Induktion liefert zudem an > 0 und daher mit (3.3.1) sogar die Ungleichung an 1 f ur jedes n. Somit erhalten wir n : 1 an+1 an a1 = c,
und gem ass Satz 3.3.2 existiert a = lim an . Mit Satz 3.2.2 folgt schliesslich
n
c c 1 1 an + = a+ , 2 an 2 a
3.4
Teilfolgen, H aufungspunkte
Denition 3.4.1. Sei eine unendliche Teilmenge, n l(n) eine monotone Abz ahlung von . Dann heisst die Folge (al )l = (al(n) )n eine Teilfolge von (an )n . Beispiel 3.4.1. i) Die Folge (an )n mit an = (1)n , n ten Teilfolgen (a2n )n , bzw. (a2n+1 )n .
ii) Die Folge (2n )n ist eine Teilfolge von (an )n mit an = n, n
Denition 3.4.2. a heisst H aufungspunkt von (an )n , falls (an )n eine gegen a konvergente Teilfolge besitzt; das heisst, falls eine unendliche Teilmenge existiert mit
al a (l , l ); das heisst: a =
l, l
lim
al .
47
Satz 3.4.1. Eine Zahl a ist genau dann H aufungspunkt der Folge (an )n , falls gilt l n0 : |a al | < . > 0 n0
Beweis. i) Falls al a (l , l ), so existiert oenbar zu jedem > 0 ein l0 mit l l0 , l : |a al | < . Ist nun zus atzlich n0 vorgegeben, so w ahle l beliebig mit l max{n0 , l0 }. Es folgt |a al | < , und l n0 . ii) Umgekehrt w ahle l(1) = 1 und deniere (l(n))n induktiv, wie folgt. Sei n , und seien l(1) < l(2) < < l(n) bereits bestimmt. Es gilt dann 1 > 0 und n0 = l(n) + 1 existiert automatisch l(j ) j , 1 j n. Zu = n nach Annahme ein Index l(n + 1) := l n0 > l(n) mit |a al | < 1/n. Die so konstruierte Teilfolge (al(n) )n konvergiert oenbar gegen a.
F ur k
|an | < M.
ck = inf an sup an = bk . Oenbar gilt M c1 ck ck+1 bk+1 bk b1 M, k Mit Satz 3.3.2 folgt die Existenz von b = lim bk =: lim sup an
k
b = lim supn an
c = lim inf n an
n0
48
Lemma 3.4.1. b und c sind H aufungspunkte von (an )n . mit Beweis. Seien > 0 und n0
OBdA sei k0 n0 . (Ersetze sonst k0 durch n0 .) Fixiere k = k0 . Oenbar gilt f ur jedes l k0 die Absch atzung al sup an < b + .
nk0
Gem ass Lemma 2.2.1 gibt es zudem ein l k0 n0 mit al sup an = bk0 > b 2;
nk0
also |al b| < 2. Die Behauptung folgt mit Satz 3.4.1. Analog ist c H aufungspunkt von (an )n . Es folgt Satz 3.4.2. (Bolzano Weierstrass) Jede beschr ankte Folge (an )n in besitzt eine konvergente Teilfolge, also auch einen H aufungspunkt.
Bemerkung 3.4.1. i) Sei (an )n beschr ankt, und seien (bk ), b, (ck ) und c wie in Lemma 3.4.1. Zu > 0 w ahle k0 = k0 () mit k k0 : c < ck = inf an sup an = bk < b + .
nk nk
Insbesondere f ur k = k0 folgt dann n k0 : c < an < b + ; das heisst, f ur jedes > 0 liegen alle bis auf endlich viele Glieder der Folge (an )n im Intervall ]c , b + [. osste und c der kleinste H aufungspunkt von (an )n . ii) Insbesondere ist b der gr iii) Weiter gilt: Falls b = c, so ist (an )n konvergent mit
n
lim an = b = c.
iv) Umgekehrt konvergiert jede Teilfolge einer Folge an a (n ) ebenfalls gegen a, und es gilt a = b = c.
3.4. TEILFOLGEN, HAUFUNGSPUNKTE Satz 3.4.3. Sei (an )nN beschr ankt, a R. Es sind aquivalent: i) an a (n ); ii) lim inf k ak = lim supk ak = a; iii) Jede Teilfolge von (an )nN besitzt eine Teilfolge (a ) mit a a ( , ). Beweis. i) iii) Dies ist oensichtlich.
49
iii) ii) Nach Annahme iii) hat insbesondere die gem ass Lemma 3.4.1 gegen lim supk ak konvergente Teilfolge den Limes a; analog lim inf k ak = a. ii) i) Dies ist Bemerkung 3.4.1.iii). Beispiel 3.4.3. Sei g1 = 1, gn+1 = 1 + n ; aber
3 5 (gn )n = (1, 2, , , . . . ) 2 3 ist nicht monoton. Beachte jedoch, dass mit der Rekursionsformel gn+2 = 1 + 1 + 2gn 1 1 1 = =1+ =2 gn+1 1 + g 1 + gn 1 + g1 n n 1 gn gn2 1 = . 1 + gn2 1 + gn (1 + gn )(1 + gn2 )
1 gn ,
. Oenbar gilt 1 gn 2,
Da g1 = 1 < g3 = 3/2, ist die Teilfolge (g2n1 )n somit monoton wachsend; analog ist wegen g2 = 2 > g4 = 5/3 die Teilfolge (g2n )n monoton fallend. Da (gn ) zudem beschr ankt ist, existieren a = lim g2n1 ,
n
b = lim g2n .
n
Mit Satz 3.2.2 folgt 1 a, b 2; weiter erhalten wir a = lim g2n+1 = lim 1 +
n n
1 g2n 1
g2n1
1 =1+ , b 1 =1+ . a
Multiplikation dieser Gleichungen mit b, bzw. mit a ergibt die Beziehung ab = 1 + b = 1 + a, also a = b =: g , und g l ost die Gleichung g =1+ 1 g
Schliesslich enth alt jede Teilfolge (gl )l unendlich viele Folgenglieder g2n oder unendlich viele Folgenglieder g2n+1 . Es folgt g = lim sup gn = lim inf gn ,
n n
und (gn )n ist konvergent gem ass Satz 3.4.3 mit lim gn = g .
n
3.5
Cauchy-Kriterium
.
n, l n0 : |an al | < . (3.5.1)
Satz 3.5.1. Konvergente Folgen sind Cauchy-Folgen. Beweis. Es gelte an a (n ). Zu > 0 w ahle n0 = n0 () mit n n0 : |an a| < . Dann gilt , n n0 : |an a | |an a| + |a a | < 2. Gilt auch die Umkehrung? Satz 3.5.2. Cauchy-Folgen in R sind konvergent. Beweis. Sei (an )n eine Cauchy-Folge. ankt. Behauptung. (an )n ist beschr Beweis. Zu = 1 > 0 w ahle n0 mit l, n n0 : |an al | < 1. Fixiere n = n0 . Dann folgt l n0 : |al | < |an0 | + 1; also l
mit
al a (l , l ).
3.5. CAUCHY-KRITERIUM Zu > 0 w ahle l0 = l0 () mit l l0 , l : |al a| < und weiter n0 = n0 () mit l, n n0 : |al an | < . F ur beliebiges l mit l max{l0 , n0 } erhalten wir so n n0 : |an a| < |an al | + |al a| < 2; das heisst, an a (n ).
51
Gem ass Satz 3.5.1 und 3.5.2 ist das Cauchy-Kriterium (3.5.1) notwendig und hinreichend f ur die Konvergenz einer Folge in , wobei man den m oglichen Grenzwert nicht bereits kennen muss.
1 , n 2, so erhalten wir Beispiel 3.5.1. i) Setzen wir a1 = 1, an = an1 + n die harmonische Reihe mit
an = 1 +
1 1 + + = 2 n
k=1
1 , n k
gilt
1 n 1 1 + + = . n+1 2n 2n 2
(1)n1 , n
Also ist (an )n keine Cauchy-Folge und divergiert nach Satz 3.5.1. ii) Setzen wir a1 = 1, an = an1 + rende harmonische Reihe mit an = 1 Da f ur jedes k n 2, so erhalten wir die alternien
1 1 1 + . . . + (1)n1 = 2 3 n
gilt
k=1
1 (1)k1 , n N. k
a2k a2k2 =
und die Teilfolgen (a2k )k , bzw. (a2k+1 )k sind nach Satz 3.3.2 monoton konvergent. Da 1 n : |an an+1 | = , (3.5.3) n+1 haben sie zudem denselben Limes a, und (an )n konvergiert nach Satz 3.4.3. Schliesslich erhalten wir mit (3.5.2) und (3.5.3) noch die Fehlerabsch atzung
|a n a |
1 , n n+1
52
iii) Sei (an )n eine Folge positiver Zahlen mit ak1 ak 0 (k ). Analog zu ii) besitzt dann die Leibniz-Reihe einen Limes S , und es gilt die Fehlerabsch atzung |Sn S | an+1 , n Sn = a1 a2 + a3 + (1)n+1 an , n
Bemerkung 3.5.1. Satz 3.5.2 benutzt entscheidend die Vollst andigkeit von . Wir k onnen das Cauchy-Kriterium (3.5.1) jedoch auch aus anderer Perspektive betrachten. Metrische Vollst andigkeit. Sei M eine beliebige Menge. Denition 3.5.2. Ein d : M M R heisst Metrik auf M , falls gilt: i) x, y M : d(x, y ) 0, d(x, y ) = 0 x = y ; ii) x, y M : d(x, y ) = d(y, x); iii) x, y, z M : d(x, z ) d(x, y ) + d(y, z ). Das Paar (M, d) heisst dann ein metrischer Raum.
iii) (M, d) heisst metrisch vollst andig, falls jede Cauchy-Folge (an )n in M konvergiert. Beispiel 3.5.3. i) mit d(x, y ) = |x y | f ur x, y metrisch vollst andig.
mit d(x, y ) = |x y | f ur x, y ist nicht metrisch vollst andig. Z.B. ii) liefert Beispiel 3.3.1.iii) f ur c = 2 eine Cauchy-Folge ( a ) in . Fassen wir n n (an )n als Folge in auf, so existiert limn an = 2, und wegen Satz 3.2.1 kann (an )n keinen von a = 2 verschiedenen Limes haben. Da 2 / nach Satz 2.1.1, ist (an )n somit in nicht konvergent.
3.6. FOLGEN IN
D ODER
53
3.6
Folgen in
d oder
d
d mit an = (a1 n , . . . , an )
d, n , und sei
Beweis. F ur x = (x1 , . . . , xd )
i 1id
d gilt oenbar
d i=1
max x x =
|xi |
d max xi .
1id
(3.6.1)
gem ass Satz 3.2.2, also mit (3.6.1) auch an a (n ). Mit den S atzen 3.5.1 und 3.5.2 sowie (3.6.1) folgt aus Satz 3.6.1: Satz 3.6.2. Es sind aquivalent: i) (an )n konvergiert ii) (an )n ist Cauchy-Folge.
ii) i) Mit (an )n ist f ur jedes i {1, . . . , d} gem ass (3.6.1) auch (ai n )n eine Cauchy-Folge, also konvergent nach Satz 3.5.2. Die Behauptung folgt mit Satz 3.6.1. Denition 3.6.1. (an )n ist beschr ankt, falls gilt C
an C.
Mit Satz 3.4.2 und Satz 3.6.1 folgt Satz 3.6.3. (Bolzano-Weierstrass) Jede beschr ankte Folge (an )n in besitzt eine konvergente Teilfolge. Beweis. F ur 1 i d sch atze ab
ai n an C, n
54
i ai n a (n , n i ), 1 i d.
3.7
Reihen
oder
ak , n
lim Sn = lim
ak =:
k=1
ak
Sn :=
k=0 k=0 k=0 k=1
qk =
1 q n+1 . 1q
q k konvergent mit qk = 1 . 1q
1 k
Konvergenzkriterien.
oder
mit
Sn =
k=1
ak , n
3.7. REIHEN
k=1 n
55
ak 0 (n l ).
Beweis. |Sn Sl | =
k=1
ii) Die Bedingung ak 0 (k ) ist aber nicht hinreichend f ur Konvergenz, vergleiche die harmonische Reihe, Beispiel 3.5.1.i). Im folgenden suchen wir m oglichst leistungsf ahige hinreichende Bedingungen f ur Konvergenz von
Vergleich mit der geometrischen Reihe. Satz 3.7.2. (Quotientenkriterium) Sei ak = 0, k i) Falls lim sup
k
k=1
ak+1 < 1, ak
so ist
k=1
ak konvergent;
ak+1 > 1, ak
so ist
k=1
ak divergent.
W ahle q
ak+1 q, ak
k =l
ak
k =l
|a k | C
k =l
q k Cq l
1 0 (n l ), 1q
und
k=1
ak+1 ak+1 = lim inf > 1. n kn ak ak ak+1 ak+1 inf 1, kn0 ak ak ak an0 +1 |an0 | |an0 | > 0, ... ak 1 an0
zk k!
= 0, k
0. Wegen
ak+1 |z | = 0 (k ) ak k+1 erhalten wir mit Satz 3.7.2 Konvergenz. ii) F ur welche z konvergiert die Reihe f (z ) = OBdA sei z = 0. Setze ak =
z k k! , kk k k=0
z k k! ? kk
k =z
, mit
1 z 1 k e (1 + k ) (k ).
k ak+1 =z ak k+1
3.7. REIHEN Mit Satz 3.7.2 folgt Konvergenz von f (z ) f ur |z | < e, Divergenz f ur |z | > e.
57
Oen bleibt das Verhalten von f (z ) f ur |z | = e, also auf dem Rand des Konvergenzkreises. Das Quotientenkriterium versagt, wenn unendlich viele ak verschwinden oder ak+1 falls die Folge der Quotienten a stark oszilliert. Um auch solche F alle behank deln zu k onnen, ben otigen wir ein leistungsf ahigeres Kriterium. In der Tat ist das folgende Kriterium nahezu bestm oglich. Satz 3.7.3. (Wurzelkriterium) Sei (ak )k eine Folge in i) Falls lim sup
k
k
oder
k=1
ak ;
ak .
k=1
ur q Beweis. i) F
mit
lim sup
k
gilt
|a k | < q < 1
k n0 : also
|a k | q ;
k n0 : |ak | q k . F ur n l n0 folgt
n k =l
k =l
ak
qk =
ql 0 (l ), 1q
und
k=1
sup
kk0
|ak | 1 + .
k
F ur jedes k0
|ak | 1,
Potenzreihen. in z C:
Sei (ck )kN0 ein Folge in R oder C. Betrachte die Potenzreihe p(z ) = c0 + c1 z + c2 z 2 + . . . =
k=0
ck z k .
|a k | = | z |
|c k |, k
so erhalten wir mit Satz 3.7.3 die folgende Charakterisierung des Konvergenzbereichs von p. Satz 3.7.4. Die Potenzreihe p(z ) = |z | < :=
k=0
mit
1 lim sup
k
|c k |
sie ist divergent f ur alle |z | > . Die Zahl heisst Konvergenzradius der Reihe p(z ). Bemerkung 3.7.2. Insbesondere ist der Konvergenzbereich von p ein Kreis. Satz 3.7.4 liefert zudem eine pr azise Charakterisierung des Konvergenzradius, was das Quotientenkriterium nicht zu leisten vermag. Beispiel 3.7.3. Falls wir als Koezienten die Zahlen ck = 1, k ungerade 1 k , k gerade
k=0
ck z k f ur |z | < 1
und Divergenz f ur |z | > 1, w ahrend das Quotientenkriterium keine Aussage erm oglicht. Das Wurzelkriterium ist somit st arker als das Quotientenkriterium. ur s > 0 betrachte die Reihe Beispiel 3.7.4. (Zeta-Funktion). F (s) = F ur welche s > 0 ist (s) konvergent? i) Oenbar gilt f ur s 1 stets
n k=1 k=1
1 . ks
1 ks
n k=1
1 (n ). k
1 (k )
k k k s = ( k )s 1 (k );
59
Quotienten- und Wurzelkriterium versagen also. Zerlegen wir jedoch f ur beliebiges L die Summe u ber 1 k 2L+1 1 dyadisch in die L +1 Teilsummen u ber 2l k 2l+1 1, 0 l L, so erhalten wir
2L+1 1 k=1
1 = ks
2l+1 1 k=2l
l=0
1 ks
=
l=0
bl
mit bl =
2l+1 1 k=2l
1 1 2l ls = 2l(1s) = q l , s k 2
wobei q = 21s < 1. Mit Beispiel 3.7.1.i) folgt, dass (s) konvergiert f ur s > 1. 2 Zum Beispiel fand Euler (2) = 6 ; aber niemand weiss, welchen Wert (3) hat. Die Zeta-Funktion steht im Mittelpunkt einer der ber uhmtesten Vermutungen der Zahlentheorie (Riemannsche Vermutung, Riemann hypothesis).
3.8
Absolute Konvergenz
oder
.
k=1
k=1
|a k |
Bemerkung 3.8.1. i) Das Quotienten- und Wurzelkriterium sind Kriterien f ur absolute Konvergenz.
n
Notation:
|a k | <
k=1
|ak | konvergiert.
ak und
man die Produkte oenbar in sehr unterschiedlicher Weise summieren. Kommt es auf die Reihenfolge an? Betrachten wir zun achst nur eine Reihe! Beispiel 3.8.1. Die Reihe ist
k=1 1 2k k=1 (1)k k
k=1 ak b l
dass
1 >l+ 2k
l k=1
1 , 2k 1
60
k
1) )k nun so um, dass auf die ersten kj positiven und ordnet man die Folge ( (k alt man f ur Folgenglieder jeweils das j -te negative Glied folgt, j , dann erh die entsprechenden Partialsummen Skl +l der so umgeordneten alternierenden harmonischen Reihe den Wert 1 1 1 1 1 Skl +l = + + 1+ + + 2 2k1 2(k1 + 1) 2k2 3 1 1 1 + + + + + 2(kl1 + 1) 2kl 2l 1
kl
=
k=1
1 2k
k=1
1 > l, l 2k 1
das heisst, die so umgeordnete alternierende harmonische Reihe ist divergent! Anders verh alt es sich f ur eine absolut konvergente Reihe. Satz 3.8.1. Sei
k=1
bijektiv. Dann
a (k ) =
ak .
|ak | < .
Setze n1 = max{1 (1), . . . , 1 (n0 )}. Da injektiv, folgt (k ) > n0 , k > n1 ; also f ur n, l > n1 :
l k =n
a (k )
k=n0
|ak | < .
Also konvergiert
k=1 k=1
k=1
ak
a (k )
k=1
ak
a (k ) +
k=1
k=n0 +1
ak +
k=n1 +1
a (k )
k=n0
|ak | < 3.
61
Mit Satz 3.8.1 d urfen wir die Terme der Reihe auch wie folgt zerlegen, um den Wert dieser Reihe zu bestimmen.
k=1
kq k = q + q 2 + q 3 + . . . + q2 + q3 + . . . + q3 + . . . ... =
l=1 k=0
ql
qk =
q . (1 q )2
(Umordnung der Summation: Statt wird summiert.) Satz 3.8.2. Seien (an )n , (bn )n Folgen in hen
oder
bl ,
ak ,
absolut mit
k=1
k=1
ak b l =
k=1
ak
l=1
unabh angig von der Summationsreihenfolge. Beweis. Nach Satz 3.8.1 gen ugt es, die absolute Konvergenz der Reihe
k,l=1
ak b l
f ur eine Summationsreihenfolge zu zeigen. Mit Satz 3.2.2 erhalten wir dann auch
k,l=1 n n n
ak bl = lim
ak bl = lim
k,l=1
k=1
ak
bl =
l=1
k=1
ak
l=1
bl ,
und die Aussage des Satzes ist bewiesen. Somit folgt der Satz aus Behauptung.
l=1 k=1
|ak bl | konvergiert absolut. |ak |. (OBdA sei C0 > 0). Zu > 0 w ahle l0 = l0 () mit
l= l0
Beweis. Setze C0 :=
k=1
l=m k=1
|a k b l | =
l= m
|b l |
k=1
|ak | C0
l= m
|bl | C0
l= l0
|bl | < .
C 0
k=0
zk k!
yl l!
k,l=0
xk y l = k! l!
k=0 l=0
xk y l k! l!
= ().
Substituiere bei festem k den Laundex l durch die neue Summationsvariable n := k + l; das heisst, ersetze l durch n k . Wir erhalten () =
k=0 n=k
xk y nk = k ! (n k )!
n
k=0 n=k
n k
xk y nk . n!
k=0
n k nk x y = k
=(x+y )n
(x + y )n . n! n=0
3.9
1 1 1 = 1 + 1 + + = e = lim 1 + n k! 2 n
=
k=0 n
n k
1 = nk
k=0
n! k ! (n k )! nk
=
k=0
63
< 1 , ak
(n)
1 (n , k fest).
1 > Exp(1) , k!
n n1 :
k=0
(1 ak ) < .
(n)
<
k=0
1 (n) (1 ak ) + < 2. k!
Mit Korollar 3.8.1 folgt aus Satz 3.9.1 induktiv Exp(n) = Exp(1) Exp(n 1) = = (Exp(1))n = en , n Unter Beachtung von Exp(n) Exp(n) = Exp(0) = 1 erhalten wir dann weiter n Analog gilt f ur p, q
Exp(n) =
1 = e n . Exp(n)
Exp p q = Exp 1 q
p
(3.9.1)
insbesondere folgt f ur p = q Exp und mit (3.9.1) dann auch p, q das heisst, wir erhalten: Satz 3.9.2. x
zun achst
1 = Exp(1) q
1 q
= eq ,
Exp
1 p = eq q
= eq ;
Exp(x) = ex .
64
F ur rein imagin are Argumente z = iy , y , k onnen wir Exp(iy ) durch Umordnung gem ass Satz 3.8.1 in Real- und Imagin arteil zerlegen Exp(iy ) = =
k=0 l=0
=: Cos(y ) + iSin(y ). Mit Korollar 3.8.1 erhalten wir dann f ur z = x + iy Exp(x + iy ) = Exp(x) Exp(iy ) = Exp(x) Cos(y ) + iSin(y ) .
ater werden wir Cos und Sin als die trigonometrischen Bemerkung 3.9.1. Sp Funktionen cos und sin wiedererkennen und die Identit at herleiten z = x + iy : Exp(x + iy ) = ex cos(y ) + i sin(y ) .
m, n 1 <e k!
. Setze
und sch atze ab 0 < e Sn = = = Es folgt: 0 < n!(e Sn ) Andererseits gilt nach Annahme
n k=n+1
+ ...
1 (n + 2)
(geometrische Reihe)
k=0
n! Z. k!
Kapitel 4
Topologische Grundbegrie
4.1
Sei
Topologie des Rn
die euklidische Norm auf
n und
n
i=1
(xi yi )2 ,
x, y
Denition 4.1.1. i) Sei x0 n . Der oene Ball vom Radius r > 0 um x0 ist die Menge Br (x0 ) = {x n ; x x0 < r}.
n, falls
r x0
n ist oen.
66
ur x ii) Sei n = 1. F
das oene Intervall der L ange 2r um x. Mit i) ist jedes oene Intervall ]a, b[ ba b oen, da ]a, b[= Br (x) mit x = a+ 2 und r = 2 > 0. iii) Das halboene Intervall [a, b[= {x
a x < b}
ist nicht oen, da a kein innerer Punkt ist. F ur jedes r > 0 enth alt n amlich Br (a) =]a r, a + r[ Punkte y < a; das heisst, Br (a) = ]a r, a + r[ [a, b[. Satz 4.1.1. Es gilt:
Beweis. i) klar. ii) Sei x 1 2 i , i = 1, 2. Da i oen, existiert ri > 0 mit Bri (x) i , i = 1, 2. F ur r = min{r1 , r2 } > 0 gilt dann Br (x) Bri (x) i , i = 1, 2, also Br (x) 1 2 , und 1 2 ist oen. iii) Sei x mit
I
67
Bemerkung 4.1.1. Im allgemeinen ist der Durchschnitt unendlich vieler oener Mengen nicht oen; zum Beispiel gilt
k=1
Satz 4.1.1 motiviert die folgende Denition f ur eine beliebige Menge M . Denition 4.1.2. Eine Familie P (M ) heisst eine Topologie auf M , falls gilt: i) , M ; ii) 1 , 2 1 2 ; iii) , I
I
Beispiel 4.1.2. i) Gem ass Satz 4.1.1 denieren die oenen Mengen in Topologie auf n .
n eine
ur jede Menge M die diskrete Topologie = P (M ) sowie ii) Oenbar sind f die triviale Topologie = {, M } Topologien auf M . Wir kehren zur uck zu Denition 4.1.3.
n mit der Topologie der oenen Mengen. A n heisst abgeschlossen, falls n \A oen ist.
Beispiel 4.1.3. i) Das abgeschlossene Intervall A := [a, b] ist abgeschlossen, da \ A =] , a[ ]b, [ nach Beispiel 4.1.1.ii) und Satz 4.1.1.iii) oen ist.
ii) Der abgeschlossene Ball BR (x0 ) := {x ist abgeschlossen. ur Beweis. Sei x n mit x x0 > R. Setze r = x x0 R > 0. F y Br (x) gilt nach Dreiecksungleichung also ist
n ;
x x0 R}
} = {(0, . . . , 0)} n.
n1
Behauptung. A ist abgeschlossen. Beweis. Sei x = (x1 , x2 , . . . , xn ) Rn \ A = Ac , das heisst r = max{|x2 |, . . . , |xn |} > 0. Dann ist Br (x) Rn \ A; also Rn \ A oen.
68
Mit den de Morganschen Regeln, Satz 1.2.2, ergibt sich aus Satz 4.1.1 unmittelbar: Satz 4.1.2. Es gilt: i) ,
n sind abgeschlossen;
A abgeschlossen.
I
ii) A1 , A2 abgeschlossen A1 A2 abgeschlossen; iii) A abgeschlossen, I Beweis. i) klar. ii) Sei Ai abgeschlossen, also i = n \Ai = Ac i oen, i = 1, 2. Mit Satz 4.1.1.ii) folgt c (A1 A2 )c = (Ac 1 A2 ) = 1 2 ist oen; A1 A2 ist also abgeschlossen.
c
=
I
Ac
Bemerkung 4.1.2. Im Allgemeinen ist die Vereinigung unendlich vieler abgeschlossener Mengen nicht abgeschlossen. Betrachte dazu als Beispiel die Mengen 1 1 Ak = [ak , bk ] mit ak = k und bk = 1 k , k . Dann ist
Ak = ]0, 1[
k N
U =:
heisst oener Kern oder das Innere (engl.: interior) von . ii) Die Menge clos() =
A, A abgeschlossen
A =: A
heisst Abschluss (engl.: closure) von . iii) Die Menge = clos() \ int() = \ heisst Rand von . Bemerkung 4.1.3. i) ist die Menge der inneren Punkte von .
69
ii) Nach Satz 4.1.1.iii) ist oen. Oenbar ist U = die gr osste oene Menge U , und ist oen genau dann, wenn = . iii) Analog ist nach Satz 4.1.2.iii) die Menge A = die kleinste abgeschlossene Menge A , und ist abgeschlossen genau dann, wenn = . Beispiel 4.1.4. Sei zun achst n = 1. i) F ur a < b in
gilt:
[a, b]
= ]a, b]
= [a, b[
Beweis. ]a, b[ ist oen, also ]a, b[ [a, b] . Weder a noch b sind innere Punkte von [a, b], also ]a, b[ = ([a, b]) . Der Rest ist analog. ii) F ur a < b in
]a, b[ = ]a, b] = [a, b[ = [a, b] = [a, b]. iii) F ur a < b folgt mit i) und ii): ]a, b[ = [a, b[ = ]a, b] = ]a, b[ = {a, b}.
alt keinen inneren Punkt, da jedes Intervall Br (x) =]x r, x + r[ \ enth iv) auch rationale Punkte enth alt; das heisst ( \ ) = . alt mit q , v) = , da jedes Br (x) auch Punkte der Form y = 2+ q enth also y .
die Menge Ac ein vi) oenes Intervall enth alt und damit auch Punkte von Q und \ .
= \ = , da f ur jedes abgeschlossene A
Der Rand einer Menge kann also erstaunlich gross sein! viii) Sei n 1. F ur x0
BR (0) = BR (0)\BR (0) = {x; x = R}. Den Rand einer Menge kann man auch wie folgt charakterisieren. Satz 4.1.3. F ur
Beweis. Sei x n ein beliebiger Punkt. Falls Br (x) = f ur ein r > 0, so folgt x / . (W ahle A = n \ Br (x) .) Da abgeschlossen, n \ oen, gilt auch die Umkehrung; das heisst, x / r > 0 : Br (x) = , oder, dazu aquivalent, x r > 0 : Br (x) = .
70
r x0
Analog gilt Br (x) c = , also Br (x) , f ur ein r > 0 genau dann, wenn x ; das heisst, x / r > 0 : Br (x) c = .
x r
Zwischen , und bestehen folgende Beziehungen: Satz 4.1.4. F ur Rn gilt: i) = \ = ( iii) = . iv) = \ . Beweis. i) Abgeschlossenheit von folgt mit Satz 4.1.2.iii), Satz 4.1.3 liefert die Beziehung = (c ). Die Ausagen ii) - iv) folgen mit und der Denition = \ . Zusammen mit Bemerkung 4.1.3 erhalten wir das Kriterium Korollar 4.1.1. F ur Rn gilt: i) ist abgeschlossen genau dann, wenn . ii) ist oen genau dann, wenn = .
4.2
Sei a
n.
Denition 4.2.1. Eine Menge U n heisst Umgebung von a, falls a innerer Punkt von U ist, das heisst, falls ein r > 0 existiert mit Br (a) U .
71
Beispiel 4.2.1. Oenbar ist jeder Ball Br (a), r > 0, eine Umgebung von a. Sei (ak )k eine Folge in Aquivalenz der Aussagen
n, und sei a
k k0 : k k0 :
ak a < .
ak U.
Analoges gilt f ur H aufungspunkte. Umgekehrt k onnen wir auch topologische Eigenschaften von Mengen mittels Konvergenz geeigneter Folgen charakterisieren. Satz 4.2.1. (Folgenkriterium f ur Abgeschlossenheit) F ur A aquivalent: i) A ist abgeschlossen, ii) (ak )k A : ak a (k ) a A. Beweis. i) ii) (indirekt): Sei (ak )kN A eine Folge in A mit ak a (k ), und nimm widerspruchsweise an, a A. Da A nach Annahme abgeschlossen, ist Ac oen, und es gibt ein r > 0 mit Br (a) Ac ; das heisst, Br (a) A = . F ur k k0 (r) gilt jedoch ak Br (a). Da andererseits ak A f ur jedes k , erhalten wir den gew unschten Widerspruch. ii) i): Gem ass Korollar 4.1.1 gen ugt es zu zeigen, dass A A. Sei dazu x A. Nach Satz 4.1.3 gilt r > 0 : Br (x) A = .
1 F ur rk = k w ahle ak Brk (x) A, k . Dann gilt ak x (k ). Da (ak )k A nach Konstruktion, folgt mit Annahme ii), dass auch x A.
n sind
Beispiel 4.2.2. i) Sei 0 < < n, und setze A= Dann ist A abgeschlossen. Beweis. F ur jede Folge (ak )k A gilt
ak = (a1 k , . . . , ak , 0, . . . , 0), k
{(0, . . . , 0)} n.
n
72
n. Setze
Beweis. Sei (x ) eine Folge in A. Dann gibt es zu jedem mit 1 ak x < . Falls x x ( ), so folgt: ak x ak x + x x 0 ( );
4.3
Kompakte Mengen
Eine Menge Rn ist beschr ankt, falls supx x < . Denition 4.3.1. Eine Menge K Rn heisst kompakt, falls K beschr ankt und abgeschlossen ist. Beispiel 4.3.1. i) [a, b] ii)
iii) ]a, b[, Br (x) sind nicht abgeschlossen, also nicht kompakt. iv) Endliche Vereinigungen und beliebige Durchschnitte kompakter Mengen sind kompakt. ankte Folge in v) Sei (ak )k beschr
n. Setze
Dann ist K beschr ankt und abgeschlossen nach Beispiel 4.2.2.ii). also kompakt. Satz 4.3.1. F ur K i) K ist kompakt. ii) K ist folgenkompakt; das heisst, jede Folge (xk )k K besitzt einen H aufungspunkt in K . iii) K ist u K I berdeckungskompakt; das heisst, jede Uberdeckung mit oenen Mengen , I , besitzt eine endliche Teil uberdeckung ( )1L L mit K =1 (Heine-Borel-Eigenschaft). Bevor wir Satz 4.3.1 beweisen, illustrieren wir das Heine-Borel Kriterium mit Beispielen.
1 Beispiel 4.3.2. i) Die Familie (] k , 1[)k ist eine oene Uberdeckung von ]0, 1[, die keine endliche Teil uberdeckung enth alt. (Die Menge ]0, 1[ ist nicht abgeschlossen, also nicht kompakt.)
n sind aquivalent:
73
ii) Die Familie (]k, k + 2[)kZ ist eine oene Uberdeckung von ohne endliche ankt, also nicht kompakt.) Teil uberdeckung. (Die Menge ist unbeschr
Das Heine-Borel Kriterium hat verbl uende Anwendungen. Korollar 4.3.1. Sei K , I , eine Familie kompakter Mengen mit K1 K2 . . . KL = f ur jede endliche Auswahl 1 , . . . , L I . Dann gilt:
I
K = .
K = .
=
I I
n K .
0
Das heisst, ( )I ist oene Uberdeckung von K0 . Da K0 kompakt ist, existiert gem ass Satz 4.3.1 eine Auswahl 1 , . . . , L I mit
L L c
K0 also
L
=
=1 =1
=0
K = K0
K
=1
im Widerspruch zu Voraussetzung. ur oene und beschr ankte MenBemerkung 4.3.1. Korollar 4.3.1 ist falsch f 1 gen. Zum Beispiel besitzen die Mengen n = (]0, n [), n , die endliche Durchschnittseigenschaft
n jedoch gilt
n k=1
1 k = ]0, [ = , n
k=1
k = .
Die Kompaktheit der Mengen K in Korollar 4.3.1 ist also eine unverzichtbare Voraussetzung.
74
Beweis von Satz 4.3.1. i) iii) (indirekt). Sei K kompakt, und nimm an, es gibt eine oene Uberdeckung ( )I von K ohne endliche Teil uberdeckung. F ur urfel eines achsenparallelen jedes k wird K u berdeckt durch endlich viele W 2 Gitters der Maschenweite n , also auch durch endlich viele abgeschlossene k Kugeln
B1/k xj Setze Kj
(k )
(k )
1 j Jk .
(k )
= K B1/k xj
1 j Jk .
(k )
Behauptung 1. F ur jedes k gibt es jk {1, . . . , Jk } so, dass Kjk nicht von endlich vielen u berdeckt wird. jede der Mengen Kj , 1 j Jk , durch endlich Beweis. Falls f ur ein k uberdeckung von viele u berdeckt wird, liefert dies oenbar eine endliche Teil K , im Widerspruch zu unserer Annahme. Sei (ak )k eine Folge mit ak Kjk K , k , gem ass Behauptung 1. Da K beschr ankt, gibt es nach Satz 3.4.2 (Bolzano-Weierstrass) eine Teilfolge und a n mit ak a (k , k ). Da K zudem abgeschlossen, folgt mit Satz 4.2.1, dass a K . Wegen
(k )
(k )
,
I
gibt es 0 I mit a 0 ; da weiter 0 oen, existiert r > 0 mit Br (a) 0 . W ahle k0 = k0 (r) mit ak a +
(k ) (k ) B1/k xjk
3 < r, k
(k ) (k )
falls k k0 , k . Da ak Kjk B1/k xjk , gilt ak xjk Dreiecksungleichung folgt k k0 , k , die Inklusionskette Kjk B1/k xjk
(k ) (k )
B3/k (ak ), k
im Widerspruch zur Auswahl von jk nach Behauptung 1. iii) ii) (indirekt) Sei K u berdeckungskompakt, und sei (ak )k eine Folge in K , welche keinen H aufungspunkt x K besitzt; das heisst, x K r = r(x) > 0, k0 = k0 (x)
k k0 :
ak / Br (x).
Die Familie (Br(x) (x))xK ist eine oene Uberdeckung von K . Nach Annahme iii) gen ugen endliche viele B alle Br(x ) (x ), 1 L, um K zu u berdecken. Diese enthalten jedoch keines der Folgenglieder ak mit k max1L k0 (x ). Widerspruch. ii) i) Wir f uhren den Beweis in zwei Schritten.
75
Beweis (indirekt). Falls K unbeschr ankt, gibt es zu k ein ak K mit aufungspunkt haben, im Widerspruch ak k . Oenbar kann (ak )k keinen H zur Annahme ii). Behauptung 3. K ist abgeschlossen. Beweis. Sei (ak )k eine Folge in K mit ak a (k ). Nach Annahme ii) gilt a K ; also ist K abgeschlossen nach Satz 4.2.1. Der Satz ist somit vollst andig bewiesen. Abschliessend geben wir noch ein Beispiel zum Folgenkriterium, Satz 4.3.1.ii). Beispiel 4.3.3. Sei (ak )k eine Folge in n mit ak a (k ). Dann ist die Menge K = { ak ; k } { a}
4.4
Sei Rn beliebig. Denition 4.4.1. heisst zusammenh angend, falls f ur je zwei oene Mengen 1 , 2 gilt: (1 2 ), i = , i = 1, 2 1 2 = . Eine zusammenh angende Menge kann man also nicht disjunkt in relativ oene, nicht leere Teile zerlegen. Satz 4.4.1. Die zusammenh angenden Teilmengen von valle. Beweis. i) Sei
b = sup .
1 = ] , c[,
sind dann oen mit (1 2 ) = \ {c}. Nach Denition des Inmums, beziehungsweise des Supremums gilt weiter 1 = = 2 . Schliesslich gilt 1 2 = , also auch 1 2 = , und ist nicht zusammenh angend.
76
ii) Sei ein Intervall, und seien 1 , 2 oen mit (1 2 ), i = , i = 1, 2. W ahle xi i , i = 1, 2. OBdA x1 < x2 , x2 / 1 . (Sonst x2 1 2 , und wir sind fertig). Setze y1 = sup{x
; [x1 , x] 1}.
Dann gilt oenbar [x1 , y1 [ 1 . Da 1 oen, x2 / 1 , folgt zudem x1 < y1 x2 . Behauptung. y1 1 . Beweis. Falls y1 1 , so gibt es r > 0 mit ]y1 r, y1 + r[ 1 , also r [x1 , y1 + ] [x1 , y1 []y1 r, y1 + r[ 1 2 in Widerspruch zur Denition von y1 . Da nach Annahme ein Intervall ist, gilt [x1 , x2 ] . Mit y1 1 und y1 [x1 , x2 ] (1 2 ) folgt y1 2 . Da 2 oen, gibt es r > 0 mit ]y1 r, y1 + r[ 2 , also 1 2 [x1 , x2 ] [x1 , y1 [ ]y1 r, y1 + r[ = .
Kann man zusammenh angende Mengen in n f ur n 2 auf ahnliche Weise charakterisieren? Eine hinreichende Bedingung liefert der folgende Begri: Denition 4.4.2. Rn heisst konvex, falls f ur beliebige x0 , x1 gilt: t [0, 1] : xt = (1 t)x0 + tx1 . Satz 4.4.2. Eine konvexe Menge
Beweis. i = , i = 0, 1. W ahle xi i , i = 0, 1. OBdA x0 = x1 . Da konvex, gilt t [0, 1] = I : xt = (1 t)x0 + tx1 . Setze Ji = { t (4.4.1)
n ist zusammenh angend. Sei konvex, und seien 0 , 1 n oen mit (0 1 ) sowie
; xt i },
i = 0, 1 ,
Beweis. Sei t J0 , also xt 0 . Da 0 oen, gibt es r > 0 mit Br (xt ) 0 . Setze = r/ x0 x1 > 0. xs xt = |s t| x0 x1 < r; das heisst, xs Br (xt ) 0 , und B (t) J0 . Analog f ur J1 .
4.5. RELATIVTOPOLOGIE
77
Weiter gilt mit (4.4.1) und (0 1 ) auch I (J0 J1 ). Da I gem ass Satz 4.4.1 zusammenh angend, existiert t0 J0 J1 I , also xt0 0 1 , und 0 1 = . Beispiel 4.4.1. i) ii)
n ist konvex, also zusammenh angend. n Br (x) ist konvex fur alle x , r > 0, also zusammenh angend.
Beweis. Seien x0 , x1 Br (x), und sei xt wie in (4.4.1) deniert, 0 t 1. Sch atze ab xt x = (1 t)(x0 x) + t(x1 x) (1 t) x0 x + t x1 x < r. Also ist Br (x) konvex.
4.5
Relativtopologie
Sei M
n beliebig. Setze
M = {M ;
n oen}.
Satz 4.5.1. M ist eine Topologie auf M , die sogenannte Relativtopologie. Beweis. i) Oenbar gilt , M M . ii) Seien M1 = M 1 , M2 = M 2 M , wobei 1 , 2 Satz 4.1.1 ist = 1 2 oen, also M1 M2 = M (1 2 ) M . iii) Falls M = M M , wobei zun achst, dass I oen, also M = M
n oen. Nach
M .
n beliebig.
i) E M heisst relativ oen, falls E M . ii) F M heisst relativ abgeschlossen, falls M \ F M . Beispiel 4.5.1. i) Sei M = [0, 1[ oen. ii) M = ]0, 1[
1 [= M ] 1, 1 . Dann ist [0, 2 2 [ relativ
78
Satz 4.5.2. F ur F M sind aquivalent: i) F ist relativ abgeschlossen; iii) F ur alle Folgen (ak )k F mit ak a M (k ) gilt a F . Beweis. i) ii) Sei F relativ abgeschlossen; das heisst, E = M \ F M . Dann gilt E = M , wobei n oen. Setze A = n \ . Dann ist A abgeschlossen, und F = M \ E = M \ = M A. ii) F = M A, wobei A
n abgeschlossen;
ii) i) Falls F = M A mit einer abgeschlossenen Menge A = n \ A. Dann ist n oen, und
n, setze
ii) iii) Sei F = M A, wobei A n abgeschlossen, und sei (ak )k eine Folge in F A mit ak a (k ), wobei a M . Nach Satz 4.2.1 gilt a A, also a M A = F . iii) ii) Es gen ugt zu zeigen F = M F , wobei F = F F der Abschluss von F n . Daher gen ugt es zu zeigen M F F . Zu a F M gibt es wie im Beweis von Satz 4.2.1 eine Folge (ak )k in F mit ak a (k ). Da a M , folgt mit iii) auch a F .
M \ F = M \ A = M M .
Bemerkung 4.5.1. i) Oenbar ist C M relativ kompakt genau dann, wenn C beschr ankt und relativ abgeschlossen ist. ur C = M : Die Menge M ist relativ kompakt (in M ) ii) Insbesondere gilt f genau dann, wenn M beschr ankt ist. iii) Im Allgemeinen versagen jedoch das Folgenkriterium und das Heine-Borel Kriterium. Beispiel 4.5.2. M = ]0, 1[ ist relativ kompakt. Jedoch besitzt (ak )kN 1 M , k , keine in M konvergente Teilfolge, und die oene mit ak = k Uberdeckung ] 1 , 1[ von M besitzt keine endliche Teil uberdeckung.
k k
Bemerkung 4.5.2. Falls jedoch M Rn abgeschlossen, so gelten Folgen- und Heine-Borel-Kriterium. Vergleiche dazu die Ubungen. F ur uns ist haupts achlich folgender Satz von Interesse. Satz 4.5.3. Sei M n zusammenh angend, E M relativ oen und relativ abgeschlossen in M . Dann gilt E = M , oder E = . Beweis. Nach Annahme gilt E M sowie M \ E M , also existieren oene Mengen 1 , 2 Rn mit E = M 1 , M \ E = M 2 .
4.6. HAUSDORFFRAUME Es folgt: M = E (M \ E ) = M (1 2 ) (1 2 ) sowie M 1 2 = (M 1 ) (M 2 ) = E (M \ E ) = ; da M nach Annahme zusammenh angend, folgt E = M 1 = oder M \ E = M 2 = , E = M.
79
Korollar 4.5.1. Rn und sind die einzigen Teilmengen von Rn , die sowohl oen als auch abgeschlossen sind. Beweis. M = n ist zusammenh angend gema ass Beispiel 4.4.1.i). Somit folgt die Behauptung aus Satz 4.5.3.
4.6
Hausdorr aume
Zum Schluss ein Exkurs in die Welt abstrakter topologischer R aume. Sei M eine beliebige Menge, P (M ) eine Topologie auf M , das Paar (M, ) somit ein topologischer Raum. Denition 4.6.1. Sei a M . Eine Menge U M heisst -Umgebung von a, falls ein existiert mit a U . Mit Hilfe des Umgebungsbegris k onnen wir analog zu Abschnitt 4.2 Konvergenz in beliebigen topologischen R aumen denieren. Denition 4.6.2. Eine Folge (ak )k in M -konvergiert gegen a M genau dann, wenn f ur jede -Umgebung U von a eine Zahl k0 = k0 (U ) existiert, so dass ak U f ur jedes k k0 .
Beispiel 4.6.1. i) Sei M beliebig, = P (M ) die diskrete Topologie. Da f ur jedes a M gilt = {a} , ak a (k ) k0 , k k0 : ak = a.
ii) Sei M beliebig, = {, M } die triviale Topologie, (ak )kN eine Folge in M . F ur jedes a M ist U = M die einzige Umgebung von a in M . Also konvergiert (ak )kN gegen jedes a M . Oenbar ist es f ur Konvergenzbetrachtungen wichtig, eine gen ugend reichhaltige aber auch nicht zu feine Topologie zugrundezulegen. F ur einen vern unftigen Konvergenzbegri sollte der Limes einer konvergenten Folge eindeutig bestimmt sein.
80
Denition 4.6.3. Eine Topologie auf M erf ullt das Hausdorsche Trennungsaxiom, falls je zwei Punkte a = b in M disjunkte Umgebungen a U , b V , U V = besitzen. In diesem Fall heisst (M, ) ein Hausdorraum. Beispiel 4.6.2. n ist Hausdorraum mit der durch induzierten Topologie der oenen Mengen. Beweis. Zu x = y
1 n w ahle r = 2
x y mit Br (x) Br (y ) = .
Satz 4.6.1. Seien (M, ) ein Hausdorraum, (ak )kN eine Folge in M , a, b M mit ak a, ak b (k ). Dann folgt a = b. Beweis (indirekt). Nimm an, a = b. W ahle disjunkte Umgebungen U und V von a beziehungsweise b. F ur k max{k0 (U ), k0 (V )} folgt ak U V . Widerspruch.
4.7
Ausblick
In diesem Abschnitt haben wir gesehen, dass eine Norm eine Metrik und diese wiederum eine Topologie erzeugt. Es gibt also eine Hierarchie von Strukturen. Umgekehrt kann man sich fragen, wann eine Topologie metrisch ist, das heisst, welche Eigenschaften einer Topologie daf ur kennzeichnend sind, dass diese von einer Metrik induziert wird. Oenbar ist die Bedingung, dass Hausdorsch ist, hierf ur notwendig (aber allein nicht hinreichend). Die Suche nach geeigneten Metrisierbarkeitskriterien ist ein wichtiger Teil der Forschungsrichtung mengentheoretische Topologie.
Kapitel 5
Stetigkeit
5.1 Grenzwerte von Funktionen
ak b k + ck mit ak a, bk b, ck c, dk d = 0 (k ) dk
Bisher konnten wir mit Satz 3.2.2 Grenzwerte von Ausdr ucken der Form yk =
Allgemein untersuchen wir nun f ur eine Funktion f : n auf einer Menge d die Konvergenz von Folgen yk = f (xk ), wobei (xk )k mit xk x0 (k ). Der Limes x0 der Folge (xk )k muss dabei nicht notwendig selbst wieder in liegen; nach Satz 4.2.1 gilt aber stets x0 .
behandeln. Die Punkte xk := (ak , bk , ck , dk ) k onnen wir auassen als Elemente xk 4 mit xk x0 = (a, b, c, d) (k ).
1 Beispiel 5.1.1. Sei f (x) = x x1 , x = 1. Die Funktion f hat eine Denitionsl ucke bei x = 1. Wegen x2 1 = (x + 1)(x 1) kann man jedoch f ur x = 1 den Faktor (x 1) k urzen. F ur eine Folge 1 = xk x0 := 1 f ur k erhalten wir so f (xk ) = xk + 1 2 (k ).
Sei f :
n, x0 .
Denition 5.1.1. f hat an der Stelle x0 den Grenzwert a n , falls f ur jede Folge (xk )k in mit xk x0 (k ) gilt f (xk ) a (k ). Notation: lim f (x) = a.
xx0
atzlich x0 , Bemerkung 5.1.1. Falls lim f (x) =: a existiert, und falls zus so muss gelten a = f (x0 ). (Betrachte die konstante Folge xk = x0 , k 81
xx0
.)
82
KAPITEL 5. STETIGKEIT
d, f : n.
xx0
i) f heisst stetig an der Stelle x0 , falls lim f (x) =: a existiert (mit a = f (x0 ) gem ass Bemerkung 5.1.1). anzbar, falls lim f (x) =: a ii) f heisst an der Stelle x0 \ stetig erg
xx0
existiert. (In diesem Fall ist die durch f (x0 ) = a erg anzte Funktion f oenbar stetig an der Stelle x0 .) Beispiel 5.1.3. i) Sei p : das Polynom ,
, l = 0, . . . , n. Nach Satz 3.2.2 gilt f ur zk z0 (k ) den Grenzwert p(z0 ) und p ist stetig an
n p(zk ) = a0 + a1 zk + + an zk p(z0 ) (k ).
ii) Eine rationale Funktion p/q mit Polynomen p, q : ist stetig in jedem Punkt z des nat urlichen Denitionsbereichs = {z ; q (z ) = 0}.
1 iii) Sei f (x) = x onnen wir die x1 , x = 1. Wie in Beispiel 5.1.1 gezeigt, k Funktion f an der Stelle x = 1 durch f (1) = 2 stetig erg anzen.
2
v) Sei =
, : die charakteristische Funktion von mit 1, x , (x) = 0, x / . Dann besitzt an keiner Stelle x0 einen Grenzwert, denn zu jedem x0 \ gibt es gem ass Beispiel 4.1.4.vii) und Satz 4.1.3 eine Folge (xk )k mit xk x0 (k ) und limk (xk ) = 1 = (x0 ) = 0; analog f ur x0 . vi) Die st uckweise konstante Funktion f : \{0} mit
f (x) = a, x < 0 b, x > 0 ist stetig an jeder Stelle x0 = 0; sie ist jedoch f ur a = b an der Stelle x0 = 0 nicht stetig erg anzbar. F ur monotone Funktionen f auf charakterisieren.
1 1 = f (x0 ) (k ). xk x0 An der Stelle x0 = 0 besitzt f jedoch keinen Grenzwert. Betrachte zum Beispiel 1 0 (k ) mit f (xk ) = k (k ). xk = k f (xk ) =
83
Satz 5.1.1. Sei a < b , und sei f : ]a, b[ monoton wachsend, das heisst, x, y ]a, b[: x y f (x) f (y ). Dann existieren f ur jedes x0 ]a, b[ die links- und rechtsseitigen Grenzwerte f (x+ f (x), f (x lim f (x), lim 0 ) := 0 ) :=
xx0 , x>x0 xx0 , x<x0 + und f ist stetig an der Stelle x0 genau dann, wenn f (x 0 ) = f (x0 ) = f (x0 ). Analog, falls f : ]a, b[ monoton fallend.
xk < xk+1 x0 (k ), so ist die Folge (f (xk ))k monoton wachsend und beschr ankt. Gem ass Satz 3.3.2 existiert lim f (xk ) =: s.
k
Wir zeigen, dass der Limes unabh angig ist von der gew ahlten Folge. Behauptung. s =
xx0 , x<x0
lim
f (x).
Beweis. Sei (yk )k ]a, b[ mit yk x0 (k ), wobei yk < x0 , k > 0 gibt es k0 mit
. Zu
mit
k k1 : xk0 < yk < x0 . Zusammen mit der Monotonie von f folgt k k1 : s < f (xk0 ) f (yk ) lim f (xk ) = s;
k
das heisst, f (yk ) s (k ). Analog existiert f (x+ 0 ). Oenbar gilt lim f (x) = f (x0 ) genau dann, wenn
+ f (x 0 ) = f (x0 ) = f (x0 ). xx0
ochstens Satz 5.1.2. Sei f : ]a, b[ monoton wachsend. Dann ist f in h abz ahlbar vielen Punkten unstetig. Beweis. Gem ass Satz 5.1.1 existiert f ur jede Unstetigkeitsstelle x0 ]a, b[ stets ein r = r(x0 ) mit + f (x 0 ) < r < f (x0 ).
84
KAPITEL 5. STETIGKEIT
f (x + 0 ) r (x 0 ) f (x 0 )
x x0
Wegen der Monotonie von f gilt zudem f ur je zwei Unstetigkeitsstellen x0 < y0 von f auch stets r(x0 ) < r(y0 ); die Abbildung {x0 ]a, b[; f ist unstetig an der Stelle x0 } x0 r(x0 ) ist also injektiv. Die Behauptung folgt.
5.1.1
Wir untersuchen nun wieder Funktionen f auf einer Menge Beispiel 5.1.4. Die Norm
n.
Beweis. Mit der Dreiecksungleichung aus Satz 2.5.2.iii) gilt x y x y f ur alle x, y d . Nach Vertauschen von x und y folgt die Ungleichung
x y xk x0 Es folgt limxx0 x = x0 .
xy
(5.1.1)
Die Normfunktion ist ein Beispiel einer grossen Klasse stetiger Funktionen. Denition 5.1.3. Eine Funktion f : mit Lipschitz-Konstante L, falls gilt x, y :
f (x) f (y ) L x y .
ii) Die Funktionen x x = max{0, x} sind Lipschitz stetig mit Lipschitz-Konstante L = 1. iii) Die Addition n n (x, y ) x + y Lipschitz-Konstante L = 2. Beweis. Identizieren wir
85
n n folgt
2
n
+ y y0
x x0
+ y y0
2
n
= 2 (x, y ) (x0 , y0 )
wobei wir die elementare Ungleichung (a + b)2 2a2 +2b2 f ur a, b benutzen, welche sich unmittelbar aus der Youngschen Ungleichung, Satz 2.2.2, ergibt. Satz 5.1.3. Sei f : d n Lipschitz stetig mit Lipschitz-Konstante L 0. Dann ist f stetig (erg anzbar) an jeder Stelle x0 . Beweis. Sei x0 und sei (xk )k eine Folge mit xk x0 (k ). Mit (5.1.2) folgt f (xk ) f (x0 ) L xk x0 0 (k ). Also ist f an der Stelle x0 stetig. Falls x0 \ , (xk )k mit xk x0 (k ), so folgt mit (5.1.2) analog f (xk ) f (xl ) L xk xl 0 (k, l );
ass Satz 3.6.2 existiert a = lim f (xk ). (f (xk ))k ist also Cauchy-Folge, und gem Der Limes ist unabh angig von der Folge (xk ), denn f ur jede weitere Folge (yk )k mit yk x0 (k ) existiert ebenfalls der Limes b = lim f (yk ), und
k k
= 0.
Beispiel 5.1.6. Das Skalarprodukt n n (x, y ) x y ist auf jeder Kugel BR (0) n Lipschitz stetig mit Lipschitz-Konstante L = 2R.
Beweis. F ur x, y, x0 , y0 BR (0) sch atze ab mit Satz 2.5.1 |x y x0 y0 | |(x x0 ) y | + |x0 (y y0 )| x x0 y + x0 y y0 R x x0 + y y0 2R (x, y ) (x0 , y0 ) , analog zu Beispiel 5.1.5.iii). Denition 5.1.4. U heisst Umgebung von x0 relativ zu , falls r > 0 existiert mit Br (x0 ) U.
x0 U r
KAPITEL 5. STETIGKEIT
Denition 5.1.5. f : d n heisst lokal Lipschitz stetig, falls zu jedem x0 eine Umgebung U existiert, so dass die auf U eingeschr ankte Funktion f |U : U x f (x) n
auf U Lipschitz stetig ist. Analog zu Satz 5.1.3 gilt Satz 5.1.4. Sei f : jeder Stelle x0 .
stetig an
Beweis. Zu x0 w ahle eine Umgebung U von x0 mit f |U Lipschitz stetig. Es sei L eine Lipschitz-Konstante f ur f |U . Falls (xk )k Folge in ist mit xk x0 (k ), so gilt f ur k k0 (U ) auch xk U ; also f (xk ) f (x0 ) L xk x0 0 (k k0 , k ).
ater werden wir sehen, dass Funktionen der Klasse C 1 Bemerkung 5.1.2. Sp auf einer oenen Menge d lokal Lipschitz stetig sind, insbesondere die mit f (x) = 1/x, x = 0, aus Beispiel 5.1.4.iv). Wie Funktion f : \{0} dort gezeigt, ist diese Funktion aber im Gegensatz zur Aussage aus Satz 5.1.3 an der Stelle x0 = 0 nicht stetig erg anzbar.
5.2
Stetigkeitskriterien
Wir k onnen verschiedene Strukturen des Funktion f zu charakterisieren. Satz 5.2.1. Sei f :
n, x0 . Es sind aquivalent
i) (Folgenkriterium) f ist stetig an der Stelle x0 gem ass Denition 5.1.2; ii) (Weierstrasssches Kriterium); > 0 > 0 x : x x0 < f (x) f (x0 ) < ;
iii) (Topologisches Kriterium) F ur jede Umgebung V von f (x0 ) in U = f 1 (V ) eine Umgebung von x0 in .
n ist n
Beweis. i) iii) (indirekt): Nimm an, f ur eine Umgebung V von f (x0 ) in ist die Menge U := f 1 (V ) keine Umgebung von x0 , das heisst r > 0 : (Br (x0 ) ) \ U = .
1 F ur rk = k w ahle xk (B1/k (x0 ) ) \ U , k . Dann gilt xk x0 (k ). Mit xk / U erhalten wir jedoch andererseits f (xk ) / V f ur jedes k ; also f (xk ) f (x0 ) (k ) im Widerspruch zu Annahme i).
5.2. STETIGKEITSKRITERIEN
87
iii) ii): Sei > 0 vorgegeben. Zu V = B (f (x0 )) gibt es nach iii) ein > 0 mit B (x0 ) f 1 (V ); das heisst, x : x x0 < f (x) f (x0 ) < .
ahle > 0 gem ass ii) i): Sei (xk )k mit xk x0 (k ). Zu > 0 w ii), dazu k0 mit k k0 : xk x0 < . Mit Annahme ii) folgt k k0 : f (xk ) f (x0 ) < ;
das heisst, f (xk ) f (x0 ) (k ). Beispiel 5.2.1. Mit Satz 5.2.1 erkennt man nun sofort, dass f = : mit f (x) = an keiner Stelle x0 1, x 0, x /
1 3 f 1 ( ] , [ ) = 2 2
ist wegen Beispiel 4.1.4.v) keine Umgebung von x0 . Analog ist f in keiner Stelle x0 / stetig, denn 1 1 f 1 ( ] , [ ) = \ 2 2 hat leeres Inneres; vergleiche Beispiel 4.1.4.iv).
Aus Satz 5.2.1 ergibt sich nun das folgende, ausserst elegante topologische Kriterium f ur die Stetigkeit einer Funktion f : n in allen Punkten x0 . Satz 5.2.2. F ur f :
n sind aquivalent:
n ist relativ oen; Das Urbild A = f 1 (F ) jeder abgeschlossenen Menge F n ist relativ
f
U x0
r V y0 = f (x 0 )
88
KAPITEL 5. STETIGKEIT
Beweis. i) ii): Sei V n oen, x0 U = f 1 (V ). Da f stetig an der Stelle x0 , ist U nach Satz 5.2.1 eine Umgebung von x0 relativ zu . Da x0 U beliebig, ist U relativ oen. ii) iii): Sei F n abgeschlossen. Dann ist V = n \ F oen, mit ii) also U = f 1 (V ) relativ oen, und mit Denition 4.5.1.ii) folgt A = f 1 (F ) = f 1 ( ist relativ abgeschlossen. iii) ii): analog. ii) i): Da jede Umgebung W eines Punktes y0 = f (x0 ) eine oene Umgebung V von y0 enth alt, ist f 1 (W ) f 1 (V ) nach ii) Umgebung von x0 . Nach Satz 5.2.1 ist f also stetig an der Stelle x0 . Mit Satz 5.2.1 erkennen wir, dass Stetigkeit eine lokale Eigenschaft ist. Satz 5.2.3. Seien f, g : Rd Rn und sei f stetig an der Stelle x0 . Weiter sei f = g auf einer Umgebung U0 von x0 . Dann ist g stetig in x0 . Beweis. Sei V Umgebung von f (x0 ) = g (x0 ). Da f stetig in x0 , ist U = f 1 (V ) nach Satz 5.2.1 Umgebung von x0 , also auch U U0 g 1 (V ).
n \ V ) = \ f 1(V ) = \ U
5.3
Stetige Funktionen
Sei f :
d n.
.
Denition 5.3.1. f heisst stetig auf , falls f in jedem Punkt x0 stetig ist. Beispiel 5.3.1. i) Polynome sind stetige Funktionen auf ii) Rationale Funktionen p/q sind stetig auf = {z iii) Ist f :
ankte Funktion iv) Ist f : n stetig, U , so ist auch die eingeschr f U : U n stetig.
; q (z ) = 0}.
stetig (auf
g = a],0[ + b]0,[ :
\ {0}
Bemerkung 5.3.1. i) Insbesondere das letzte Beispiel illustriert einen wichtigen Aspekt unseres Stetigkeitsbegris. Die Funktion g ist stetig, obwohl der Graph von g an der Stelle x0 = 0 einen Sprung macht; die Sprungstelle x0 = 0 geh ort nicht zum Denitionsbereich von g . ii) Der heutige, auf Cauchy-Weierstrass zur uckgehende Stetigkeitsbegri unterscheidet sich grundlegend von dem Eulerschen, der kontinuierliche Funktionen mit Abbildungen gleichsetzt, die durch einen geschlossenen analytischen
89
Funktionsausdruck deniert sind. Auf der Mittelschule ist eine pr azise Denition in der Regel nicht m oglich, und die verschiedenen Vorstellungen verschwimmen zu einem diusen Bild. Der tiefere Grund hierf ur ist die Tatsache, dass Stetigkeit im Kern ein topologischer Begri ist. Satz 5.3.1. Sind f : Komposition g f :
Beweis. Sei W R oen. Da g stetig, ist V = g 1 (W ) oen; da f stetig, ist analog auch U = f 1 (V ) oen. Also ist U = f 1 (V ) = f 1 g 1 (W ) = (g f )1 (W ) oen, und die Behauptung folgt mit Satz 5.2.2. Mit Beispiel 5.1.5.iii), Beispiel 5.1.6 und Satz 5.3.1 folgt Satz 5.3.2. Sind f, g : d n stetig, so sind auch die Funktionen f + g und f stetig, wobei beliebig. Die stetigen Funktionen f : n bilden also einen -Vektorraum, den Raum
C 0 (;
n) = {f : n;
f ist stetig}.
5.3.1
Stetige Funktionen auf kompakten Mengen haben eine Reihe von besonderen Qualit aten. Satz 5.3.3. Sei K
=
I
U .
Da K kompakt, gen ugen nach Satz 4.3.1 endlich viele (U )1L , um K zu u berdecken. Es folgt
L L
f (K )
f (U ) =
=1 =1
V ,
und (V )1L ist endliche Teil uberdeckung von (V )I . Somit ist f (K ) kompakt nach Satz 4.3.1. Ubung: Beweise Satz 5.3.3 mit dem Folgenkriterium.
90
KAPITEL 5. STETIGKEIT
Lemma 5.3.1. Sei K kompakt. Dann ist K beschr ankt und es gibt a, b K mit a = inf K = min K, b = sup K = max K. Beweis. W ahle ak K mit ak inf K (k ). Da K kompakt, gibt es eine Teilfolge , a K mit ak a (k , k ), und
a=
k, k
lim
ak = inf K = min K.
Insbesondere ist inf K > . Analog f ur b. Mit Satz 5.3.3 folgt: Korollar 5.3.1. Sei K d kompakt, f : K Funktion f ihr Supremum und ihr Inmum an. Beispiel 5.3.2. i) Sei f : [a, b] existiert x0 [a, b] mit
5.3.2
Eine Norm fu r C 0 ( K ; Rn ) .
Die folgende Denition orientiert sich an den Eigenschaften der euklidischen Norm aus Satz 2.5.2. Denition 5.3.2. Sei X ein -Vektorraum. Eine Norm auf X ist eine Abbildung : X mit den Eigenschaften
i) Denitheit: x 0,
x = 0 x = 0, f ur beliebiges x X ;
(5.3.1)
Satz 5.3.4. Sei K Rd kompakt. Dann deniert (5.3.1) eine Norm auf C 0 (K ; d ), die Supremumsnorm.
91
Notation: Oft schreiben wir f C 0 statt f C 0(K ;Rn ) , wenn Denitionsbereich und Bildbereich von f aus dem Kontext klar sind. Beweis. i) Oenbar gilt f dann, wenn f 0. ii) F ur f
C0
0 f ur jedes f C 0 , und f
C0
= 0 genau
, f C 0 (K ; n) gilt:
C0
C0 .
iii) F ur f, g C 0 (K ;
+ g
C0 .
C0
+ g
C0 .
5.3.3
Hom oomorphismen
Satz 5.3.5. Sei K Rd kompakt, f : K Rd Rn stetig und injektiv. Setze = f (K ) Rn . K Rn K Rd stetig. Dann ist f 1 : K K . Sei A Rd abgeschlossen. Dann ist Beweis. Betrachte g = f 1 : K K A kompakt, das Urbild g 1 (A) = g 1 (K A) = f (K A) von A unter g nach Satz 5.3.3 also ebenfalls kompakt, insbesondere abgeschlossen. Nach Satz 5.2.2 ist f 1 stetig. Alternativ kann man Satz 5.3.5 auch bequem mit dem Folgenkriterium beweisen. n , f Denition 5.3.3. Eine bijektive Abbildung f : d ur die 1 sowohl f als auch f = f stetig sind, heisst ein Hom oomorphismus. Bemerkung 5.3.2. Nach Satz 5.3.5 induziert eine stetige injektive Abbildung oomorphismus von I = [0, 1] auf das Bild f (I ) 2 ; f : [0, 1] 2 einen Hom die Mengen I und f (I ) sind topologisch nicht unterscheidbar. Derartige Jordankurven k onnen jedoch h ochst kompliziert sein und eine Menge positiven zweidimensionalen Masses u berdecken. (Peano-Kurven; vergleiche dazu die Ubungen.) Es stellt sich dann die Frage, ob der Dimensionsbegri eine topologische Invariante ist. Dazu gilt der folgende Satz.
Satz 5.3.6. (Brouwer: invariance of domain) Sei f : A B ein Hom oomorphismus der Mengen A d , B n , wobei A = = B . Dann gilt d = n.
92
KAPITEL 5. STETIGKEIT
5.4
d .
Die Topologie der oenen Mengen in d ist durch die oenen B alle Br (x0 ) d deniert. Neben der euklidischen Norm aus Satz 2.5.2 kann man auf d jedoch auch andere Normen mit den Eigenschaften gem ass Denition 5.3.2 erkl aren. ur 1 p < deniert Beispiel 5.4.1. F
d
=
i=1
|xi |
1/p
, x = (x1 , . . . , xd )
d ,
d.
F ur p = 1 oder p = ist die Dreiecksungleichung oensichtlich; in den F allen 1 < p < 2 oder 2 < p < werden wir die Dreiecksungleichung sp ater beweisen. Oenbar gilt f ur alle x = (x1 , . . . , xd ) x
d , 1 p :
|xi | = x
1
= max |xi | x
i
d x
(5.4.1)
p= 2<p< p=2
p=1 1<p<2
(1)
(2)
d heissen aquivalent,
C x
(1)
d :
1 x C
(1)
(2)
(5.4.2)
Beispiel 5.4.2. Je zwei der in Beispiel 5.4.1 denierten Normen p , q , 1 p, q sind wegen (5.4.1) a quivalent.
D .
(1)
93 ,
(2)
also ist x0 innerer Punkt von bzgl. innerer Punkt ist bzgl. (1) .
(2)
(2)
(1)
(2)
d sind aquivalent.
Beweis. Es gen ugt, den Fall = x 2 zu betrachten, wobei 2 wie in Beispiel 5.4.1 die euklidische Norm bezeichnet. Der K urze halber schreiben wir (1) auch anstelle von . Behauptung. :
(2)
2.
d
Beweis. F ur x, y x y
zi ei sch atze ab
i=1
xy = z
d
zi ei =
i=1 i=1
|z i | e i
2
i=1
= Cd x y
Nach Satz 4.1.4.i) ist S d1 := B1 (0) = {x d ; x 2 = 1} d abgeschlossen. Da S d1 oenbar auch beschr ankt, ist S d1 kompakt. Gem ass Korollar d 1 5.3.1 gibt es xmin , xmax S mit := xmin =
x S d 1
inf
x sup
x = xmax =: ,
x S d 1
und 0 < wegen der Denitheit von gem ass Denition 5.3.2. W ahle 1 }. Es folgt C = max{, x wie gew unscht. Im folgenden schreiben wir zur besseren Ubersichtlichkeit stets |x| anstelle von x f ur die euklidische Norm von x d .
d \ {0} :
1 C
x x 2
x C, x 2
94
KAPITEL 5. STETIGKEIT
5.5
Stetige Fortsetzung
= f.
Unter welchen Bedingungen kann man f zu einer stetigen Funktion auf fortsetzen? Oenbar ist die Existenz des Grenzwertes
xx0 , x
lim
f (x) =: F (x0 )
notwendig und hinreichend f ur die stetige Erg anzung von f im Punkt x0 . Beispiel 5.5.1. i) Falls f : d gem ass Satz 5.1.3 auf stetig erg anzbar.
1 : \ {0} ist f ur x 0 unbeschr ankt, daher nicht ii) Die Funktion f (x) = x fortsetzbar; vergleiche Beispiel 5.1.3.iv). stetig auf
Eine allgemeine hinreichende Bedingung f ur stetige Fortsetzbarkeit liefert der folgende Begri. Denition 5.5.2. f : gilt:
Vergleiche dies mit dem Weierstrass-Kriterium f ur Stetigkeit nach Satz 5.2.1: > 0 x = (, x) > 0 y : |x y | < |f (x) f (y )| < . Beispiel 5.5.2. Lipschitz stetige Funktionen (mit Lipschitz-Konstante L) sind gleichm assig stetig. (Zu > 0 w ahle = /L.) Satz 5.5.1. Sei f : d n gleichm assig stetig. Dann existiert genau eine stetige Funktion F : n mit F = f .
Beweis. Sei > 0 vorgegeben. W ahle = () > 0 gem ass (5.5.1) und dazu k0 = k0 ( ) gem ass Satz 3.5.1 mit k, k0 : |xk x | < . Mit (5.5.1) folgt dann k, k0 : |f (xk ) f (x )| < , wie gew unscht.
95
Beweis. Sei (yk )k mit yk x0 (k ), und sei > 0 vorgegeben. ur jedes k k1 W ahle dazu = () > 0 wie in (5.5.1), k1 = k1 ( ) so, dass f gilt |xk x0 |, |yk x0 | < /2, also auch
k, k1 : |yk x | |yk x0 | + |x x0 | < . Dann folgt mit (5.5.1) f ur k k1 und beliebiges k1 : |f (yk ) a| |f (yk ) f (x )| + |f (x ) F (x0 )| < + |f (x ) F (x0 )|. Nach Grenz ubergang erhalten wir |f (yk ) a| , wie gew unscht. Setze f :
Behauptung 3. F : Rd Rn ist (gleichm assig) stetig. Beweis. Zu > 0 w ahle = () > 0 wie in (5.5.1) f ur f . Seien x0 , y0 mit |x0 y0 | < . W ahle x, y mit |x y | < und |F (x0 ) f (x)| + |F (y0 ) f (y )| < . Dies ist m oglich gem ass Behauptung 2. Mit (5.5.1) folgt: |F (x0 ) F (y0 )| |F (x0 ) f (x)| + |f (x) f (y )| + |F (y0 ) f (y )| < 2. Schliesslich sei F1 : n stetig mit F1 = f . Dann erhalten wir mit at Stetigkeit von F1 und Behauptung 2 f ur alle x0 die Identit F1 (x0 ) =
xx0 , x
lim
F1 (x) =
xx0 , x
lim
f (x) = F (x0 ),
und F1 = F . Die stetige Fortsetzung ist also eindeutig bestimmt. Denition 5.5.3. Seien M
Beispiel 5.5.3. i) Sei F : d n stetig und es gelte F 0, wobei d dicht in d . Dann gilt F 0 auf d . Insbesondere verschwindet jede stetige Funktion F : n mit F 0 identisch.
ii) Gem ass Satz 3.9.2 verschwindet die Funktion F (x) = Exp(x) ex : auf . Somit ist Exp die eindeutig bestimmte stetige Fortsetzung der elementar denierten Exponentialfunktion.
Beweis. Setze f = F : n . Dann ist f 0 gleichm assig stetig. Oenbar sind sowohl F als auch die Funktion F0 0 : d n stetige Fortsetzungen von f . Mit Satz 5.5.1 folgt F = F0 0.
96
KAPITEL 5. STETIGKEIT
Folgerung. Falls d beschr ankt, also kompakt, so ist gem ass den S atzen 5.5.1 und 5.5.2 die gleichm assige Stetigkeit von f : n nicht nur hinreichend sondern auch notwendig f ur die Existenz einer stetigen Fortsetzung von f .
Beweis von Satz 5.5.2. Sei > 0 vorgegeben. Da f stetig, gibt es zu jedem x0 K ein = (, x0 ) > 0 mit x K : |x x0 | < 2 |f (x) f (x0 )| < . (5.5.2) 2 Die B alle B(,x0 ) (x0 ) x0 K bilden eine oene Uberdeckung von K . Da K nach Annahme kompakt, gibt es x1 , . . . , xL K mit
L
K W ahle
B (x ),
=1
= (, x ) > 0,
1 L.
= min > 0. Seien x, y K mit |x y | < . W ahle {1, . . . , L} mit x B (x ). Da |x y | < , folgt x, y B2 (x ). Mit (5.5.2) erhalten wir |f (x) f (x )|, |f (y ) f (x )| < , 2 also |f (x) f (y )| |f (x) f (x )| + |f (y ) f (x )| < .
1L
5.6
Die Stetigkeit einer Funktion hat noch weitere Konsequenzen. Wir betrachten zun achst reelle Funktionen auf Intervallen. Satz 5.6.1. Seien < a < b < , und sei f : [a, b] stetig, f (a) f (b). Dann gibt es zu jedem y [f (a), f (b)] ein x [a, b] mit f (x) = y .
f ( b)
y f (a ) a x b
5.6. ZWISCHENWERTSATZ UND FOLGERUNGEN Nach Satz 4.4.1 ist Satz 5.6.1 ein Spezialfall des folgenden Satzes. Satz 5.6.2. Sei f : zusammenh angend. Beweis. Seien V1 , V2
97
f () V1 V2 ,
Da nach Annahme zusammenh angend ist, gibt es x0 U1 U2 ; also f (x0 ) f () V1 V2 , und f () V1 V2 = , wie gew unscht. Beweis von Satz 5.6.1. Gem ass Satz 4.4.1 ist I = [a, b] zusammenh angend, nach Satz 5.6.2 also auch das Bild f (I ) . Wieder nach Satz 4.4.1 ist dann f (I ) ein Intervall; insbesondere [f (a), f (b)] f (I ).
Bemerkung 5.6.1. Alternativ kann man zum Beweis von Satz 5.6.1 das Bisektionsverfahren benutzen. Deniere a1 = a, b1 = b. Setze a2 = a = a1 , b 2 = bzw. setze a+b a+b , falls f ( ) y, 2 2
a+b a+b , b2 = b = b1 , falls f ( ) < y, 2 2 so dass f (a2 ) < y f (b2 ) und |a2 b2 | = 21 |a b|. Allgemein seien a1 , . . . , ak sowie b1 , . . . , bk bereits deniert mit a2 = a1 ak b k b 1 und f (ak ) < y f (bk ), |ak bk | = 21k |a b|. Sei c =
ak +bk . 2
falls f (c) < y , setzen wir ak+1 = c, bk+1 = bk . Wir erhalten in jedem Fall ak+1 ak , bk+1 bk mit f (ak+1 ) < y f (bk+1 ), und 1 |ak+1 bk+1 | = |ak bk | = 2k |a b| . 2 Die Folgen (ak )k , (bk )k sind monoton und beschr ankt. Nach Satz 3.3.2 gibt es a = lim ak b = lim bk ,
k k
KAPITEL 5. STETIGKEIT
a b = lim |ak bk | = 0.
k
Das heisst, a = b =: x [a, b]. Da f stetig, folgt mit Satz 3.2.2 schliesslich y lim f (bk ) = f (x) = lim f (ak ) y ;
k k
also f (x) = y , wie gew unscht. Beispiel 5.6.1. i) Sei p : p eine Nullstelle.
Beweis. Beachte |p(x)| f ur |x| . OBdA p(x) f ur x . (Sonst betrachte p = p.) Da der Grad von p ungerade ist, folgt p(x) f ur x , und die Behauptung folgt mit Satz 5.6.1 und Beispiel 5.3.1.i). ii) Jede 3 3 Matrix A mit Koezienten in Eigenwert.
Beweis. Das charakteristische Polynom p von A hat Grad 3; die Nullstellen von p sind genau die Eigenwerte von A. (Siehe: Lineare Algebra). Eine weitere Anwendung von Satz 5.6.1 ist der folgende Fixpunktsatz. Satz 5.6.3. Sei f : [a, b] [a, b] stetig. Dann gibt es x0 [a, b] mit f (x0 ) = x0 . Beweis. Deniere die Funktion g (x) = x f (x), x [a, b]. Dann ist g : [a, b] stetig mit g (a) = a f (a) 0 b f (b) = g (b).
Nach Satz 5.6.1 existiert x0 [a, b] mit g (x0 ) = 0; das heisst, f (x0 ) = x0 .
5.6.1
Monotone Funktionen
Satz 5.6.4. Sei f : [a, b] stetig und streng monoton wachsend. Setze f (a) = c, f (b) = d. Dann ist f : [a, b] [c, d] bijektiv, und f 1 ist stetig. Beweis. f ist injektiv mit f ([a, b]) [c, d] wegen (5.6.1) und surjektiv gem ass Satz 5.6.1, also bijektiv. Die Stetigkeit von f 1 folgt mit Satz 5.3.5. Beispiel 5.6.2. Sei f : [0, 1[[2, 3] f (x) =
x, 0 x < 1, x 1, 2 x 3.
99
Die Annahme, dass der Denitionsbereich ein Intervall ist, scheint somit unentbehrlich. Hingegen gilt ein zu Satz 5.6.4 analoger Satz auf oenen Intervallen. Satz 5.6.5. Sei f : ]a, b[ stetig und streng monoton wachsend mit monotonen Limites c := lim f (x) < lim f (x) =: d .
x a x b
ist stetig.
Zum Nachweis der Stetigkeit von f 1 an einer beliebigen Stelle y ]c, d[ argumentieren wir mit dem Folgenkriterium. Seien a, b ]a, b[ mit f (a) < y < f (b) wie oben. Zu yk = f (xk ) ]c, d[ mit yk y (k ) w ahle k0 mit
Beweis. Wegen (5.6.1) ist f : ]a, b[]c, d[ injektiv. Weiter gibt es zu jedem ass Satz 5.6.1 y ]c, d[ Punkte a, b ]a, b[ mit a < b und f (a) < y < f (b). Gem existiert x [a, b] mit f (x) = y ; also ist f surjektiv und somit bijektiv.
k k0 : f (a) yk f (b), also auch a xk b. Sei f die auf das abgeschlossene Intervall [a, b] eingeschr ankte Funktion f . Auf f ist Satz 5.6.4 anwendbar, und wir erhalten xk = f 1 (yk ) = (f )1 (yk ) also ist f 1 stetig. Beispiel 5.6.3. i) Sei n . Die Potenzfunktion x xn gem ass Beispiel 5.3.1.i), und sie ist streng monoton wachsend auf gem ass (3.2.1). Mit Satz 5.6.5 folgt, dass die n-te Wurzelfunktion
(k, kk0 )
x := (f )1 (y ) = f 1 (y );
+ y y +
n
Behauptung. Exp > 0, Exp ist stetig und streng monoton wachsend mit Exp( ) =]0, [.
Beweis. Mit dem Additionstheorem gem ass Korollar 3.8.1 folgt zun achst x wegen Exp(x) Exp(x) = 1 also x Weiter gilt f ur |h| < 1 |Exp(h) 1| =
k=1
x Exp(x) = Exp( ) 2
0, (5.6.2)
Exp(x) > 0.
hk k!
k=1
|h | =
|h | 0 (h 0), 1 | h|
KAPITEL 5. STETIGKEIT
Exp(x) Exp(x0 ) = Exp(x0 )(Exp(h) 1) 0, und die Funktion Exp ist stetig. Da Exp(h) 1 =
k=1
(5.6.3)
hk > 0 f ur h > 0, k!
ergibt (5.6.3) zudem die gew unschte Monotonie Exp(x0 ) < Exp(x) f ur x0 < x = x0 + h. Schliesslich gilt oenbar Exp(x) (x ); mit (5.6.2) folgt dann auch Exp(x) = 1/Exp(x) 0 (x ).
u urlichen Logarithmus Log = log . (Die vielfach gebr auchliche berein mit dem nat Notation ln verwenden wir nicht.) Mit Exp(Log (x) + Log (y )) = Exp(Log (x)) Exp(Log (y )) = xy folgt zudem das Additionstheorem x, y > 0 : Log (xy ) = Log (x) + Log (y ). (5.6.4)
]0, [ die stetige Umkehrfunktion 1 : ]0, [ . Log = Exp| Wegen der Identit at Exp(x) = ex f ur alle x gem ass Satz 3.9.2 stimmt Log
Gem ass Satz 5.6.5 besitzt Exp :
Bemerkung 5.6.2. Die Eigenschaft (5.6.4) erm oglicht das vereinfachte Multiplizieren mittels Rechenschieber oder Logarithmentafel (Jost B urgi (15521632)).
5.6.2
Topologische Anwendungen
Der Zwischenwertsatz hat umgekehrt auch topologische Konsequenzen. Insbesondere erhalten wir nun einen eleganten Beweis f ur Satz 4.4.1. Satz 5.6.6. Sei I = [0, 1] = 0 1 , wobei 0 , 1 I relativ oen mit 0 = = 1 . Dann ist 0 1 = . Beweis (indirekt). Sei I = 0 1 , wobei 0 = = 1 relativ oen mit 0 1 = . Deniere f : [0, 1] mit
f (x) =
0 , x 0 1 , x 1 .
Dann ist f stetig gem ass Satz 5.2.2, denn alle m oglichen Urbilder , 0 , 1 , I sind relativ oen. F ur a 0 , b 1 mit f (a) = 0 < f (b) = 1 liefert Satz 5.6.1 die Existenz eines Punktes x [a, b] mit f (x) = 1/2, was der Denition von f widerspricht.
101
d Denition 5.6.2. Eine Menge heisst (stetig) wegzusammenh angend, falls zu je zwei Punkten x0 , x1 ein stetiger Weg : [0, 1] existiert mit (0) = x0 , (1) = x1 .
x0
x1
Beweis (indirekt). Sei = 0 1 , wobei 0 = = 1 relativ oen in mit 0 1 = , und sei : [0, 1] stetig mit (0) = x0 , (1) = x1 f ur zwei Punkte x0 0 , x1 1 . Dann sind Ei = 1 (i ) [0, 1] relativ oen, disjunkt und nichtleer, i = 0, 1, und [0, 1] = E0 E1 im Widerspruch zu Satz 5.6.6.
d oen, so gilt auch die Umkehrung von Satz 5.6.7. Satz 5.6.8. Sei d zusammenh angend und oen. Dann ist wegzusamFalls menh angend. Beweis. Fixiere einen beliebigen Punkt x0 . Setze 0 = {x1 ; C 0 ([0, 1]; ) : (0) = x0 , (1) = x1 },
und deniere 1 = \ 0 . Da oen, gibt es zu x1 0 ein r > 0 mit Br (x1 ) . Mit Beispiel 5.6.4.ii) erhalten wir f ur jedes x2 Br (x1 ) durch Aneinanderh angen eines Weges 1 von x0 nach x1 und eines Weges 2 von x1 nach x2 einen Weg von x0 nach x2 , mit (t) = 1 (2t), 0 t < 1/2, 2 (2t 1), 1/2 t 1.
Es folgt Br (x1 ) 0 ; die Menge 0 ist also oen. Analog ist 1 oen: Sei x2 1 = \ 0 und dazu r > 0 mit Br (x2 ) . Falls ein x1 Br (x2 ) existiert mit x1 0 , so liefert das obige Argument x2 Br (x2 ) 0 im Widerspruch zur Annahme x2 / 0 . Da x0 0 = , und da nach Annahme zusammenh angend ist, folgt 1 = , wie gew unscht.
102
KAPITEL 5. STETIGKEIT
5.7
5.7.1
Sei
d , und seien f,
fk :
n ,
Denition 5.7.1. Die Folge (fk )k konvergiert punktweise gegen f , falls gilt x : fk (x) f (x) (k ). Beispiel 5.7.1. Sei fk (x) = xk , k fk (x)
(k)
die Folge (fk )k ist also punktweise konvergent. Beachte, dass fk : [0, 1] f ur jedes k stetig ist, die Limesfunktion f : [0, 1] mit
0, x < 1 1, x = 1
fk
fk f (k ), falls
Bemerkung 5.7.1. i) Gleichm assige Konvergenz impliziert punktweise Konvergenz. ii) Falls d kompakt ist und falls f, fk stetig (oder stetig auf erg anzbar), dann ist gleichm assige Konvergenz von (fk ) gegen f aquivalent zur Bedingung fk f
C 0 (;
n)
0 (k ).
103
Daher sagt man anstelle von gleichm assiger Konvergenz auch normale Konvergenz oder Normkonvergenz Beispiel 5.7.2. Seien (ak )k0 mit Konvergenzradius 0= 1 lim supk
k
, p(z ) =
k=0
ak z k die Potenzreihe in z
|a k |
ak z k
gleichm assig gegen p auf Br (0) f ur jedes r < . Beweis. W ahle r < s < . F ur |z | < r sch atze ab |p(z ) pn (z )| =
k =n k =n
| a k | |z | | ak | r s
k
k =n
|a k | r k r s
n k=0
sk
|ak | sk 0 (n ),
<
gleichm assig in z . Welche Konsequenzen hat die gleichm assige Konvergenz? Ist p insbesondere stetig in B (0)? Satz 5.7.1. Seien fk : d n stetig, k glm. Weiter gelte fk f (k ). Dann ist f stetig. Beweis. Fixiere x0 . Zu > 0 w ahle k0
x
, und sei f :
n .
mit
k k0 : sup |fk (x) f (x)| < . Fixiere k = k0 . Da fk0 stetig, gibt es > 0, so dass gilt x : |x x0 | < |fk0 (x) fk0 (x0 )| < . F ur alle x mit |x x0 | < folgt |f (x) f (x0 )| |f (x) fk0 (x)| + |fk0 (x) fk0 (x0 )| + |fk0 (x0 ) f (x0 )| < 3. Nach Satz 5.2.1 ist f stetig in x0 ; da x0 beliebig, folgt die Behauptung. Korollar 5.7.1. Potenzreihen sind stetig im Innern ihres Konvergenzkreises. Beweis. Unmittelbar aus Satz 5.7.1 mit Beispiel 5.7.2.
104
KAPITEL 5. STETIGKEIT
5.7.2
(k ).
Falls dann f stetig ist, so konvergiert (fk )k sogar gleichm assig gegen f . Bemerkung 5.7.2. i) Das Beispiel 5.7.1 mit fk (x) = xk , k , zeigt, dass die Stetigkeit von f und die Kompaktheit von K notwendig sind. ii) Auch die Monotonie der Konvergenz ist notwendig, wie das Beispiel der Funktionen fk : [0, 1] zeigt mit
Beweis von Satz 5.7.2. Sei > 0. Zu x0 K w ahle k0 = k0 (, x0 ) k k0 : f (x0 ) < fk (x0 ) f (x0 ). Fixiere k = k0 und w ahle = (, x0 , k0 ) > 0 mit x K B (x0 ) : |f (x) f (x0 )| + |fk0 (x) fk0 (x0 )| < .
mit
F ur x K B (x0 ) und k k0 = k0 (, x0 ) folgt mit der punktweisen monotonen Konvergenz f (x) fk (x) fk0 (x) fk0 (x0 ) f (x0 ) 2 f (x) 3; das heisst, k k0 (, x0 ) : sup
xK B (x0 )
(5.7.1)
ur jedes x0 K zur Abk urzung Die Familie B(x0 ) (x0 ) x0 K , wobei wir f (x0 ) = (, x0 , k0 (, x0 )) schreiben, ist eine oene Uberdeckung von K . Da K nach Annahme kompakt ist, gibt es x1 , . . . , xL K mit
L
B (x ),
=1
wo = (x ) > 0, 1 L. Dann gilt f ur k max1L k0 (, x ) mit (5.7.1) gleichm assig f ur alle x K die Absch atzung |fk (x) f (x)| max also fk f (k ). Eine weitere Variante einer Monotoniebedingung erscheint im n achsten Satz.
glm. 1L xK B (x )
sup
105
Satz 5.7.3. (P olya-Szeg o) Sei I = [a, b], fk : I monoton wachsend, k . Weiter sei (fk )k punktweise konvergent gegen f : I . Dann ist f ebenfalls monoton wachsend. Falls f zudem stetig ist, so konvergiert (fk )k gleichm assig gegen f .
Bemerkung 5.7.3. Die fk m ussen nicht stetig sein. Beweis von Satz 5.7.3. Monotonie von f folgt mit Satz 3.2.2.iv). Sei f stetig, nach Satz 5.5.2 also gleichm assig stetig. Zu > 0 w ahle = () > 0 mit x, y I : |x y | < 2 |f (x) f (y )| < . Fixiere x0 I , und seien x1 , x2 I mit x0 < x1 x0 x2 < x0 + . W ahle k0 = k0 (, x1 , x2 )
mit
k k0 : |fk (xi ) f (xi )| < , i = 1, 2. F ur x [x1 , x2 ] I und beliebiges k k0 folgt mit Monotonie von fk und f die Absch atzung fk (x) f (x) fk (x2 ) f (x1 ) = fk (x2 ) f (x2 ) + f (x2 ) f (x1 ) < 2; analog fk (x) f (x) fk (x1 ) f (x2 ) = fk (x1 ) f (x1 ) + f (x1 ) f (x2 ) > 2. Das heisst, k k0 : sup
x 1 x x 2
Endlich viele Intervalle B (x ), 1 L, und damit endlich viele Intervalle ( ) ( ) ( ) ( ) [x1 , x2 ] mit geeigneten x1 , x2 B (x ), 1 L, u berdecken I . Es folgt k max k : sup |fk (x) f (x)| 2,
1L I
( )
( )
5.7.3
Sei
Der Raum C 0 ()
n)
= f
C0
gem ass Abschnitt 5.3.2. Sind Cauchy-Folgen (fk )k in C 0 (; Satz 3.6.2 konvergent?
n) analog zu
KAPITEL 5. STETIGKEIT
n) mit
0 (k, l ).
n) mit fk glm. f (k ).
x C0
Beweis. F ur jedes x0 ist wegen |fk (x0 ) fl (x0 )| sup |fk (x) fl (x)| = fk fl die Folge (fk (x0 ))k Cauchy-Folge in jedes x0 der punktweise Limes 0 (k, l )
Weiter gilt |fk (x) f (x)| = lim |fk (x) fl (x)| lim sup fk fl
l glm. l C0
0 (k ),
gleichm assig in x; das heisst, fk f (k ), und mit Satz 5.7.1 ist f zudem stetig auf . Bemerkung 5.7.4. i) Gem ass Satz 5.7.4 ist der Raum C 0 (; n ) metrisch vollst andig bez uglich der Supremumsnorm; er ist ein Banachraum. ii) Im Unterschied zu den uns bisher bekannten R aumen ist der Raum C 0 (; n ) unendlich-dimensional. Betrachte zum Beispiel die Funktionen fk C 0 ([0, 1]) mit fk (x) = max{min{2k x, 2 2k x}, 0}, k .
angig. Behauptung. Die Funktionen (fk )k sind linear unabh Beweis (indirekt). Seien a1 , . . . , an
n \ {0} mit
a1 f 1 + a2 f 2 + . . . + an f n = 0 ur k > k0 gilt f ur ein n 2. Sei k0 = min{k ; ak = 0}, und xiere x = 2k0 . F dann fk (x) = 0, w ahrend fk0 (x) = 1; also
n
ak0 =
k=1
ak fk (x) = 0
im Widerspruch zur Wahl von k0 . iii) Abgeschlossene und beschr ankte Teilmengen von C 0 () sind im Allgemeinen nicht folgenkompakt (und auch nicht u berdeckungskompakt), wie das Beispiel 5.7.1 zeigt. Die Folge der Funktionen fk C 0 ([0, 1]) mit fk (x) = xk , k , konvergiert punktweise gegen die unstetige Grenzfunktion
f (x) =
0, 0 x < 1, 1, x = 1,
5.7. FOLGEN STETIGER FUNKTIONEN kann also keine C 0 -konvergente Teilfolge haben. Die Menge A = {fk ; k
107
} C 0 ([0, 1])
ist somit (folgen-)abgeschlossen und beschr ankt aber nicht folgenkompakt. Ebenso wie die rationalen Zahlen als abz ahlbare dichte Teilmenge enth alt, ahlbare dichte Teilso gibt es u berraschenderweise auch in C 0 (; n ) stets abz mengen; das heisst, C 0 () ist separabel. Falls insbesondere ein Intervall in Satz.
Satz 5.7.5. (Weierstrass) Sei I = [0, 1], und sei f C 0 (I ) gegeben. Dann gibt es Polynome pk mit rationalen Koezienten, k
Beweis. Sei > 0 vorgegeben. Da f C 0 (I ) nach Satz 5.5.2 auf I gleichm assig stetig ist, gibt es ein = () > 0 mit x, y I : |x y | < |f (x) f (y )| < . W ahle 0 = x0 < x1 < . . . < xN = 1 mit /2 < |xn xn1 | < , 1 n N = N ( ) 2/. H (x) = 0, x < 0, 1, x 0, (5.7.2)
F ur H :
[0, 1] mit
g (x) = f (x0 ) +
n=1
f (xn ) f (xn1 ) H (x xn )
mit g (x) = f (xn ) f ur xn x < xn+1 , 0 n N. Mit (5.7.2) folgt sup |f (x) g (x)| = max
xI 0nN xn x<xn+1
sup
(5.7.3)
mit 0 q (x) 1 f ur
Beweis. Betrachte zun achst die Folge von Polynomen qk (x) = (1 xk )2 , 0 x 1. Mit Bernoulli folgt f ur 0 x :=
1 2
k
<
k
1 2
k k0 : 1 qk (x) qk () = (1 k )2 1 2k k = 1 (1 )k > 1 .
1 1 = k k0 : qk (x) qk ( ) 1+ also
2k k 1 + (1 + )k 1/ ; 1 k
k 1+ 1 k
2k
k k0 , 1 x : 0 qk (x) . Das Polynom q mit q (x) = qk0 erf ullt dann unsere Behauptung. Sei q gem ass Behauptung 1 gew ahlt. Setze
N
1x 2
p(x) = f (x0 ) +
n=1
f (xn ) f (xn1 ) q (x xn ).
Da /2 < xn xn1 < , 1 n N , gibt es zu x [0, 1] ein n0 {0, . . . , N } mit xn0 2 < x < xn0 x < xn0 +1 < x + < xn0 +3 ; insbesondere folgt x xn > f ur n n0 2 sowie xn x > f ur n n0 + 3. Mit (5.7.3) erhalten wir f ur jedes x I die Absch atzung |f (x) p(x)| |f (x) g (x)| + |g (x) p(x)|
N
n=1
atze ab mit (5.7.2) und Behauptung 1: W ahle n0 mit xn0 x < xn0 +1 und sch
N n=1
n=n0 1
|(H q )(x xn )| N + 4 6,
wobei wir benutzen, dass gem ass Behauptung 1 stets gilt |H (x) q (x)| 1. Es folgt die Absch atzung |f (x) p(x)| 7, gleichm assig in x. Schliesslich kann man oenbar p bis auf den Fehler auf I durch ein Polynom mit rationalen Koezienten ann ahern. Bemerkung 5.7.5. Die Menge der Polynome mit rationalen Koezienten ist analog zu Satz 2.4.1 und Bemerkung 2.4.1 abz ahlbar.
Kapitel 6
Dierentialrechnung auf
6.1
Sei
oen, f :
, x0 .
existiert. In diesem Fall heisst f (x0 ) die Ableitung oder das Dierential von f an der Stelle x0 .
Denition 6.1.1. i) f heisst dierenzierbar an der Stelle x0 , falls der Grenzwert df f (x) f (x0 ) =: f (x0 ) =: (x0 ) lim xx0 , x=x0 x x0 dx
ii) Analog heisst f = (f1 , . . . , fn ) : n an der Stelle x0 dierenzierbar, falls jede der Komponentenfunktionen fi an der Stelle x0 dierenzierbar ist, und f (x0 ) = (f1 (x0 ), . . . , fn (x0 )).
) f (x 0 ) Bemerkung 6.1.1. Geometrisch entspricht der Dierenzenquotient f (xx x 0 der Steigung der Sekanten durch die Punkte (x, f (x)), (x0 , f (x0 )) des Graphen G (f ), das Dierential f (x0 ) der Steigung der Tangente an G (f ) im Punkt (x0 , f (x0 )).
Denition 6.1.2. f : n heisst auf dierenzierbar, falls f an jeder Stelle x0 dierenzierbar ist. Beispiel 6.1.1. i) Sei f (x) = mx + b, x gilt x = x0 : also ist f an jeder Stelle x0 ii)
, mit Konstanten m,
. Es
f (x) f (x0 ) = m; x x0
dierenzierbar mit f (x0 ) = m. Die Funktion f (x) = |x|, x , ist an der Stelle x0 = 0 nicht dierenzierbar,
109
110 da lim
x 0
das heisst, die Funktion Exp : mit Exp (x0 ) = Exp(x0 ), oder
iv) Ebenso wie vektorwertige Funktionen werden Funktionen f : = 2 komponentenweise dierenziert. Betrachte die in Abschnitt 3.9. denierte Funktion f (t) = Exp(it) = Cos(t) + i Sin(t), t .
Exp(ih) 1 f (t) f (t0 ) = Exp(it0 ) t t0 h Exp(ih) 1 i (h 0). h Es folgt, dass f an jeder Stelle t0 dierenzierbar ist mit mit
f (t0 ) = Cos (t0 ) + i Sin (t0 ) = iExp(it0 ) = Sin(t0 ) + i Cos(t0 ). Das heisst, Cos = Sin, Sin = Cos. Dierenzierbarkeit ist mehr als Stetigkeit; genauer gilt: Satz 6.1.1. Ist f : Stelle x0 auch stetig.
Beweis. F ur (xk )k mit xk x0 (k ) gilt gem ass Satz 3.2.2 f (xk ) f (x0 ) = f (xk ) f (x0 ) (xk x0 ) 0 (k , xk = x0 ), xk x0
f (x0 ) 0
bzw. f (xk ) f (x0 ) = 0, falls xk = x0 . Also folgt in jedem Fall f (xk ) f (x0 ) (k ), wie gew unscht.
111
Bemerkung 6.1.2. i) Das Beispiel 6.1.1.ii) der Funktion f (x) = |x|, x , zeigt jedoch, dass stetige Funkionen nicht unbedingt u berall dierenzierbar sein m ussen; vergleiche auch Beispiel 6.4.3.iv). ii) Es gibt sogar stetige Funktionen f : , die an keiner Stelle x0 dierenzierbar sind (Koch-Kurven); vergleiche dazu die Ubungen.
6.1.1
Dierentiationsregeln
Satz 6.1.2. Seien f, g : an der Stelle x0 dierenzierbar. Dann sind die Funktionen f + g , f g und, falls g (x0 ) = 0, auch die Funktion f /g an der Stelle x0 dierenzierbar, und es gilt i) (f + g ) (x0 ) = f (x0 ) + g (x0 ), ii) (f g ) (x0 ) = f (x0 )g (x0 ) + f (x0 )g (x0 ), iii) (f /g ) (x0 ) = f (x0 )g (x0 ) f (x0 )g (x0 ) . g 2 (x0 )
Beweis. i) F ur x , x = x0 , folgt mit Satz 3.2.2 f (x) f (x0 ) g (x) g (x0 ) (f + g )(x) (f + g )(x0 ) = + x x0 x x0 x x0
(xx0 )
f (x0 ) + g (x0 );
also ist f + g dierenzierbar an der Stelle x0 mit (f + g ) (x0 ) = f (x0 ) + g (x0 ). ii) Analog folgt mit Satz 6.1.1 und (f g )(x) (f g )(x0 ) (f (x) f (x0 ))g (x) + f (x0 )(g (x) g (x0 )) = x x0 x x0 g (x) g (x0 ) f (x) f (x0 ) g (x) + f (x0 ) = x x0 x x0
(xx0 )
die gew unschte Aussage f ur f g . iii) Wegen ii) gen ugt es, den Fall f 1 zu betrachten. Mit Satz 6.1.1 folgt aus g (x0 ) = 0, dass g (x) = 0 f ur alle x in einer Umgebung von x0 , und g (x) g (x0 ) (x x0 , x ). Mit Satz 3.2.2 erhalten wir
1 g (x )
x x0
1 g (x 0 )
(xx0 , x=x0 )
g (x0 ) . g 2 (x0 )
112
Beweis (Induktion). n = 1: Siehe Beispiel 6.1.1.i). n n + 1: Setze f (x) = xn , g (x) = x. Nach Induktionsvoraussetzung sind f und g dierenzierbar mit f (x) = nxn1 , g (x) = 1. Mit Satz 6.1.2.ii) folgt dxn+1 (x) = (f g ) (x) = f (x)g (x) + f (x)g (x) = (n + 1)xn . dx ii) Polynome p(x) = an xn + + a1 x + a0 sind auf p (x) = nan xn1 + + a1 . iii) Rationale Funktionen r(x) =
p(x) q (x )
dierenzierbar mit
= {x dierenzierbar, und r =
q (x) = 0}
Satz 6.1.3. (Kettenregel) Sei f : an der Stelle x0 dierenzierbar, und sei g : an der Stelle y0 = f (x0 ) dierenzierbar. Dann ist die Funktion g f : an der Stelle x0 dierenzierbar, und es gilt
(g f ) (x0 ) = g (f (x0 ))f (x0 ). Beispiel 6.1.3. F ur ane Funktionen f (x) = mx + c, g (y ) = ly + d gilt und daher (g f )(x) = l(mx + c) + d = (lm)x + (lc + d), (g f ) (x0 ) = lm = g (f (x0 )) f (x0 ). Beweis von Satz 6.1.3. F ur x mit f (x) = f (x0 ) schreibe (g f )(x) (g f )(x0 ) g (f (x)) g (f (x0 )) f (x) f (x0 ) = . x x0 f (x) f (x0 ) x x0
Sei (xk )k mit xk x0 (k ), und sei f (xk ) = f (x0 ), k Satz 6.1.1 mit xk x0 auch f (xk ) f (x0 ) (k ), erhalten wir
k
. Da nach
(6.1.1)
lim
6.2. DER MITTELWERTSATZ UND FOLGERUNGEN Falls f ur eine Folge xk x0 (k ) gilt xk = x0 , f (xk ) = f (x0 ), k so erhalten wir f (x0 ) = lim und
k
113
f (xk ) f (x0 ) = 0, xk x0
g (f (xk )) g (f (x0 )) = 0 = g (f (x0 ))f (x0 ). xk x0 Zusammen mit (6.1.1) liefert dies die gew unschte Konvergenz nun auch f ur jede Folge (xk ) mit xk x0 (k ).
k
lim
Bemerkung 6.1.3. In der Notation dg df d(g f ) (x0 ) = (f (x0 )) (x0 ) dx df dx kann man sich die Kettenregel leicht merken. Beispiel 6.1.4. i) Die Funktion x (x3 + 4x + 1)2 = x6 + 8x4 + 2x3 + 16x2 + 8x + 1 ist von der Form g f mit g (y ) = y 2 , f (x) = x3 + 4x + 1. Beispiel 6.1.2.i) und Satz 6.1.3 ergeben d 3 (x + 4x + 1)2 = 2(x3 + 4x + 1) (3x2 + 4) = 6x5 + 32x3 + 6x2 + 32x + 8. dx
=g (f (x)) =f ( x )
ii) Die Funktion t et , wobei Mit Beispiel 6.1.1.i) und iii) folgt d t (e ) dt
t=t0
g (x) = ex , f (t) = t.
et0
=g (f (t0 ))
=f (t0 )
ee
x0
ex0 .
6.2
Im folgenden betrachten wir stets dierenzierbare Funktionen auf einem Intervall =]a, b[ .
114
Satz 6.2.1. Seien < a < b < . Sei f : [a, b] bar in ]a, b[. Dann existiert x0 ]a, b[ mit f (b) = f (a) + f (x0 )(b a); das heisst, f (x0 ) = f (b) f (a) ba
ist die Steigung der Sekante durch die Punkte (a, f (a)), (b, f (b)) G (f ).
f
x a x0 b
Beweis. i) Zun achst betrachten wir den Fall, dass zus atzlich gilt f (a) = f (b) = 0. Nach Korollar 5.3.1 und Beispiel 5.3.2.i) gibt es x, x [a, b] mit f (x) = min f (x) 0 max f (x) = f (x).
a x b a x b
ur alle x ]a, b[. Falls f (x) = 0 = f (x), so ist f 0; also gilt f (x) = 0 f Andernfalls sei oBdA f (x) > 0. (Sonst betrachte die Funktion f = f .) Dann gilt oenbar a < x < b, und es folgt 0 lim
xx
also f (x) = 0.
mit
f (b) f (a) (x a) . ba
Oenbar ist g stetig auf [a, b] und in ]a, b[ dierenzierbar mit g (x) = f (x) f (b) f (a) , x ]a, b[. ab
Weiter gilt g (a) = 0 = g (b). Mit i) folgt die Existenz von x0 ]a, b[ mit g (x0 ) = 0. Die Behauptung folgt.
6.2. DER MITTELWERTSATZ UND FOLGERUNGEN Als erste Anwendung folgt sofort: Korollar 6.2.1. Sei f wie in Satz 6.2.1. i) Falls f 0 auf ]a, b[, so ist f konstant.
115
ii) Falls f 0 (bzw. > 0) auf ]a, b[, so ist f (streng) monoton wachsend. Beweis. i) F ur a x < y b gibt es x0 ]x, y [ mit f (y ) f (x) = f (x0 ) = 0. yx ii) analog.
Beispiel 6.2.1. i) F ur eine dierenzierbare Funktion f : gelte die Beziehung f = f , also t Dann gilt t
und ein
Mit Satz 6.1.2 und Beispiel 6.1.4.ii) folgt g (t) = f ur alle t d t e f (t) + et f (t) = et f (t) + f (t) = 0 dt g (t) g (0) = f (0) f (t) = et g (t) = f (0)et .
; also
2x 1+x2
f (x) =
f ur x > 1; also ist f : ]1, []0, 1[ streng monoton fallend. Korollar 6.2.2. (Bernoulli-de lHospital) Seien f, g : [a, b] stetig und dierenzierbar in ]a, b[ mit g (x) = 0 f ur jedes x ]a, b[. Weiter gelte f (a) = 0 = g (a), und es existiere der Grenzwert lim
x a
f (x) =: A. g (x)
116
f (x) = A. g (x)
Beweis. i) Falls g (x) = 0 f ur ein x > a, so gibt es nach Satz 6.2.1 ein x0 ]a, x[ mit g (x0 ) = 0 im Widerspruch zu unserer Annahme. ii) F ur festes s > a betrachte die Funktion h(x) = f (s) g (x) f (x), x [a, s]. g (s)
Die Funktion h : [a, s] ist stetig und dierenzierbar in ]a, s[ mit h(a) = 0 = h(s). Nach Satz 6.2.1 gibt es x = x(s) ]a, s[ mit 0 = h (x) = das heisst, f (s) g (x) f (x); g (s)
lim
iii) Man kann die Bernoullische Regel auch mehrmals anwenden. Mit ii) folgt so Sin(x) 1 1 Cos(x) = lim = . lim x0 x0 x2 2x 2 Es gibt viele Varianten der Bernoulli-de lHospitalschen Regel. Oft kann man jedoch auch ohne Gebrauch dieser Regeln durch geschicktes Umformen zum Ziel gelangen. Beispiel 6.2.3. i) Beachte, dass mit xk+1 x 1 Exp(x) = (0 < x ) k x (k + 1)! xk (k + 1)!
117
lim xk ex = lim
1
Exp(x) xk
= 0.
ii) F ur beliebiges > 0 und x > 0 denieren wir x := Exp(Log (x)). Mit Korollar 3.8.1 erhalten wir im Falle = 1/n, n , f ur jedes x > 0 die Gleichung 1 n Exp( Log (x)) = Exp(Log (x)) = x. n Die abstrakte denierte Potenzfunktion stimmt also f ur = 1/n u berein mit der in Beispiel 5.6.3.i) denierten Wurzelfunktion; wie in Satz 3.9.2 erhalten wir dasselbe Resultat f ur jedes .
Analog zu i) wollen wir nun den Limes des Ausdrucks x Log (x) f ur x 0 bestimmen. Nach Substitution y = Log (x) mit y f ur x 0 erhalten wir x = ey und 1 lim(x Log (x)) = lim ey y = 0. x 0 y iii) Da Exp stetig, folgt mit ii) nun auch lim xx = lim Exp(xLog (x)) = Exp(0) = 1;
x 0 x 0
vergleiche Beispiel 3.2.1.iii). Eine weitere Anwendung des Mittelwertsatzes erhalten wir durch Koppelung von Korollar 6.2.1.ii) mit Satz 5.6.5. Satz 6.2.2. (Umkehrsatz) Sei f : ]a, b[ ]a, b[, und seien
a<x<b
Dann ist f : ]a, b[]c, d[ bijektiv, und die Umkehrfunktion f 1 : ]c, d[ dierenzierbar mit x ]a, b[: oder y ]c, d[: f 1 (y ) =
ist
f 1 (f (x)) = f (x)
1 . f (f 1 (y ))
Beweis. Gem ass Korollar 6.2.1.ii) ist f streng monoton wachsend und zudem stetig nach Satz 6.1.1. Nach Satz 5.6.5 ist f : ]a, b[]c, d[ bijektiv, und f 1 ist stetig. Behauptung. f 1 ist dierenzierbar mit f 1 (f (x0 )) =
1 f (x 0 )
f ur jedes x0 .
118
Beweis. Fixiere y0 = f (x0 ). Sei (yk )k ]c, d[ mit yk = f (xk ) y0 (k ), yk = y0 , k Es folgt xk = x0 f ur alle k . Da f 1 stetig, gilt zudem
xk = f 1 (yk ) x0 = f 1 (y0 ) (k ), also xk x0 f 1 (yk ) f 1 (y0 ) = = yk y0 f (xk ) f (x0 ) f ur k , wie gew unscht. Nach der Substitution f (x) = y erh alt man auch die zweite Darstellung von 1 f . Beispiel 6.2.4. i) Exp : ]0, [ ist dierenzierbar mit Exp = Exp > 0. 1 Also ist Log = Exp : ]0, [ dierenzierbar mit 1
f (x k ) f (x 0 ) x k x 0
1 f (x0 )
Log (Exp(x0 )) =
ii) Wir k onnen nun auch die in Beispiel 6.2.3.ii) denierte allgemeine Potenzfunktion x x = Exp(Log (x)), 0 < x < , f ur beliebiges > 0 dierenzieren. Mit der Kettenregel aus Satz 6.1.3 erhalten wir dx 1 . = Exp (Log (x0 )) Log (x0 ) = x 0 dx x=x0
=x 0
1 =x 0
ur die Ableitung der PotenzF ur = n stimmt dies u berein mit der Regel f funktion f (x) = xn gem ass Beispiel 6.1.2.i); auch f ur deren Umkehrfunktion f 1 (y ) = n y : ]0, [ liefert Satz 6.2.2 mit
n y
y =y 0
= f 1 (y0 ) =
1 1 1n 1 n 1 1 = n y0 = y0 ; f (f 1 (y0 )) n n
dasselbe Resultat. iii) Mit Ketten- und Produktregel sowie i) folgt nun auch: x > 0 : d d d x x = exp(x log(x) = xx x log(x) = xx 1 + log(x) . dx dx dx
119
6.3
Wir k onnen nun endlich auch die lange vermutete Verbindung zwischen den u ass Abschnitt ber ihre Potenzreihe denierten Funktionen Sin und Cos gem 3.9. und den elementargeometrisch erkl arten Funktionen sin und cos herstellen. Satz 6.3.1. (Euler) F ur alle
2
gilt
|Exp(i)| = Cos2 () + Sin2 () = 1, und Exp(i) = Cos() + iSin() = cos + i sin = ei , wobei cos , sin Real-, bzw. Imagin arteil der Zahl z = ei Polarwinkel bezeichnen (vergleiche Skizze). y 1 mit |z | = 1 und
1 1
Beweis. i) Da Cos() = Cos(), Sin() = Sin() f ur alle Exp(i) = Cos() iSin() = Exp(i), also
, gilt
ass Beispiel 6.1.1.iv) gilt weiter ii) Gem d Exp(i) = iExp(i) d mit d Exp(i) = |Exp(i)| = 1; d
die Kurve Exp(i) durchl auft also den Enheitskreis im Gegenuhrzeigersinn mit Geschwindigkeit 1. Da Exp(0) = 1, stimmt das Argument des Punktes ange am Einheitskreis. Exp(i) u berein mit der Bogenl
120
Korollar 6.3.1. z
Beweis. Gem ass Satz 6.3.1 gilt Exp(2i) = e2i = 1, und die Behauptung folgt mit Korollar 3.8.1. Polarform: Jede Zahl z besitzt nach Satz 6.3.1 eine Darstellung
z = rei = r(cos + i sin ), wobei r = |z |, . Falls z = 0, so ist das Argument bis auf Vielfache von 2 eindeutig bestimmt. Die Zahlen (r, ) heissen Polarkoordinaten f ur z . Das Additionstheorem Korollar 3.8.1 f ur die Exponentialfunktion ergibt f ur alle ur , die Beziehung ei ei = ei(+) . Somit folgt f
z = rei , w = sei die einfache Darstellung zw = rsei(+) . Beispiel 6.3.1. i) i + 1 = i 2e 4 ; also (1 + i)2 = 2ei/2 = 2i.
Zur Probe k onnen wir dies Ergebnis auch direkt berechnen: (1 + i) (1 + i) = 0 + i 2 = 2i. ii) 3 i = 2 e i 6 ; (i + 1)6 23 ei 2 = 3 = e2i = 1. 2 e 2 ( 3 i)3 die Gleichung Bemerkung 6.3.1. i) Mit Hilfe der Polarform kann man in z 2 = c f ur jede Zahl c = sei leicht l osen. Der Ansatz z = rei f uhrt auf z 2 = r2 ei2 = sei ; das heisst, r= oder s, = /2 mod , z = sei/2 .
3
,
mod 2 n
n sei , wobei = n
6.3. DIE TRIGONOMETRISCHEN FUNKTIONEN die n verschiedenen L osungen der Gleichung zn = c beschreibt. Insbesondere sind f ur jedes n n, die n-ten Einheitswurzeln.
121
iii) Korollar 6.3.1 zeigt, dass es nicht ohne weiteres sinnvoll ist, in irrationale oder imagin are Potenzen zu bilden, da das Argument einer Zahl z = rei nur modulo 2 bestimmt ist. Ausser f ur reelle z > 0 oder f ur sind daher Ausdr ucke der Form z im Allgemeinen nicht eindeutig deniert. Beispielsweise k onnte man mit i = ei/2 f ur ii den Ausdruck setzen ii = ei/2
i
= e 2 ;
mit i = e2ik+i/2 , k , w are jedoch auch ii = e2k/2 f ur beliebiges k gleichermassen plausibel. Diese und ahnliche Fragen werden in der Vorlesung Funktionentheorie/Komplexe Analysis vertieft; sie f uhren hin zur Idee der Riemannschen Fl ache).
6.3.1
Im folgenden schreiben wir cos statt Cos, etc. Mit Satz 6.2.2 k onnen wir diese Funktionen auf geeigneten Intervallen auch umkehren.
ass Satz i) Da sin = cos > 0 in ] 2 , 2 [, besitzt sin : ] 2 , 2 [] 1, 1[ gem 1 6.2.2 eine dierenzierbare Umkehrfunktion arcsin = sin : ] 1, 1[] 2 , 2 [, und
arcsin (x) =
1 1 1 , 1 < x < 1, = = cos(arcsin x) sin (arcsin x) 1 x2 ass Satz 6.3.1. 1 sin2 gem
ii) Analog besitzt cos : ]0, [] 1, 1[ mit cos = sin < 0 in ]0, [ die dierenzierbare Umkehrfunktion arccos: ] 1, 1[]0, [, und arccos (x) = 1 cos (arccos x)
sin cos
1 = , 1 < x < 1. 1 x2
: ] 2 , 2 [
mit
] 2 , 2 [ mit
cos2 (x) + sin2 (x) 1 = 1 + tan2 (x) = >0 2 cos (x) cos2 (x)
1 1 , x = tan (arctan x) 1 + x2
122
6.3.2
erf ullen die Gleichungen sinh = cosh, cosh = sinh, 1 cosh2 sinh2 = = 1 tanh2 > 0, 2 cosh cosh2 wobei wir die Beziehung ausnutzen tanh = cosh2 (x) sinh2 (x) = ex ex = 1. Insbesondere existieren die Areafunktionen arsinh = sinh1 : arcosh = cosh
1 1
bzw.
: [1, [
, : ] 1, 1[
123
6.4
Sei
oen, f : dierenzierbar.
Denition 6.4.1. f heisst von der Klasse C 1 , falls die Ableitungsfunktion x f (x) stetig ist. Notation: C 1 () = {f :
f, f stetig} .
Beispiel 6.4.1. i) Die Funktionen exp, cos, sin und Polynome sind in C 1 . ii) Sei die Funktion f :
gegeben durch
f (x) =
1 x2 sin x , x = 0, 0, x = 0.
Dann ist f stetig und an jeder Stelle x = 0 dierenzierbar mit f (x) = 2x sin Weiter existiert f (0) =
x0, x=0
1 1 cos , x = 0. x x
lim
jedoch ist f an der Stelle x0 = 0 unstetig. iii) F ur k 3 ist die Funktion f (x) = von der Klasse C 1 auf
1 , x = 0, xk sin x 0, x = 0,
.
g (k ), fk f, fk glm glm
wobei f, g :
Beweis. Nach Satz 5.7.1 sind f und g stetig. Die Aussage folgt somit aus Behauptung. f ist dierenzierbar mit f = g . Beweis. F ur x0 , x , x = x0 , gilt nach Satz 6.2.1 fk (x) fk (x0 ) f (x) f (x0 ) g (x0 ) = lim g (x0 ) = lim fk (xk ) g (x0 ), k k x x0 x x0
wobei xk = x0 + tk (x x0 ) mit geeignetem 0 < tk < 1, k . Mit fk g (k ), und da f ur jedes k gilt |xk x0 | < |x x0 |, folgt mit der Stetigkeit
glm
124 von g :
f (x) f (x0 ) g (x0 ) lim sup |fk (xk ) g (xk )| + |g (xk ) g (x0 )| x x0 k sup
| y x 0 | <| x x 0 |
|g (y ) g (x0 )| 0 (x x0 ).
Also ist f an der Stelle x0 dierenzierbar mit f (x0 ) = g (x0 ). Oenbar gilt Satz 6.4.1 auch f ur vektorwertige Funktionen.
Beispiel 6.4.2. Die gleichm assige Konvergenz fk g (k ) ist notwendig f ur die Aussage von Satz 6.4.1, wie das folgende Beispiel zeigt. Sei
x2 + (1/k )2 + |x| 1 (1/k )2 = 0 (k ) 1/k k |x| < 1, wobei f (x) = |x|. x>0 x=0 x < 0. x2 + (1/k )2 + |x|
glm
oder
1 lim sup
k
k
, und sei
f (x) =
ak xk , |x| < =
n
|a k |
fn (x) =
k=0
ak xk , x
kak xk1 .
kak xk1
125
denselben Konvergenzradius wie f , und wie in Beispiel 5.7.2 folgt f ur r < gleichm assige Konvergenz
fn f, fn g
in Br (0) (n ) .
k=0
Satz 6.4.1 liefert somit das folgende Resultat. Satz 6.4.2. Eine Potenzreihe f (x) = kreises dierenzierbar, und f (x) = ak xk ist im Innern ihres Konvergenz-
k=0
kak xk1 .
xk1 = k!
k=1
xk =
1 1x ,
1 = (1 x)2
iii) Analog zu Satz 6.4.2 zeigt man, die Zetafunktion (x) = ist f ur x > 1 dierenzierbar mit (x) =
n=1
log ne
x log n
l (x) =
n>l
n>l
wobei wir Beispiel 6.2.3.ii) benutzen. Die Behauptung folgt mit Satz 6.4.1.
126
Riemann-Funktion Sei (qk )k eine Abz ahlung von Behauptung. Die Funktion f : ]0, 1[ f (x) =
k=1
mit
]0, 1[.
2k |x qk |
mit Ableitung .
2k sign(x qk ), x ]0, 1[ \ ,
2k |x qk |, n
dierenzierbar mit
2k sign(x qk ).
k>n
k>n
2k = 2n 0 (n ),
gleichm assig in x ]0, 1[; also fn f in ]0, 1[, und nach Satz 5.7.1 ist f stetig. Zum Beweis der Dierenzierbarkeit an jeder Stelle x0 Zu vorgegebenem > 0 w ahle n0 = n0 () mit
, xiere x0 ]0, 1[ \.
(6.4.1)
2k = 2n0 < .
k>n0
Die Funktion fn0 ist an in B (x0 )]0, 1[ mit fn0 (x) fn0 (x0 ) (x0 ) = = fn 0 x x0
n0 k=1
2k sgn(x0 qk )
(6.4.2)
f ur alle x B (x0 )]0, 1[\{x0 }. Beachte weiter, dass die Funktionen k (x) = 2k |x qk | Lipschitz stetig sind mit Lipschitzkonstante Lk = 2k , k k onnen wir daher absch atzen f (x) f (x0 ) fn0 (x) fn0 (x0 ) x x0 x x0 Lk =
k>n0 k>n0
. F ur x = x0
2k = 2n0 < .
6.5. HOHERE ABLEITUNGEN Mit (6.4.1) und (6.4.2) folgt lim sup
xx0 ,x=x0
127
(x) = f
2k |x qk |
an jeder Stelle x0 ]0, 1[ \ und zus atzlich an der Stelle qk0 dierenzierbar. = k , im Widerspruch W are f an der Stelle qk0 dierenzierbar, so auch f f 0 zu Beispiel 6.1.1.ii). Sei nun
oen und beschr ankt. Analog zu Abschnitt 5.7.3 setzen wir C 1 (; n ) = {f C 1 (; n ); f und f sind stetig auf erg anzbar}. F ur f C 1 (; n ) gilt dann
f
C 1 ()
C 0 ()
+ f
C 0 ()
< .
Oenbar ist C 1 () eine Norm auf C 1 (; n ). Weiter liefern Satz 5.7.4 und Satz 6.4.1 das folgende Resultat analog zu Satz 5.7.4. Satz 6.4.3. Der Raum C 1 (; nachraum. andig bzgl. n) ist vollst
C 1 () ;
Beweis. Sei (fk )k C 1 (; n ) Cauchy-Folge. Dann sind (fk )k , (fk )k 0 n 0 Cauchy-Folgen in C (; ) mit Limites f = lim fk , g = lim fk C (; n )
gem ass Satz 5.7.4, und g = f gem ass Satz 6.4.1; also f C (; fk
C 1 -glm
), und
f (k ).
Bemerkung 6.4.1. Oenbar gilt C 1 () C 0 (), und f C 0 f C 1 f ur jedes f C 1 (). Gilt die Aussage von Satz 6.4.3 auch, wenn wir den Raum C 1 () mit der C 0 -Norm ausstatten? Beispielsweise im Falle =]0, 1[ gibt es nach Satz 5.7.5 f ur jedes f C 0 ([0, 1]) Polynome pk C 1 ([0, 1]) mit f pk C 0 0 (k ). Falls f / C 1 ([0, 1]), so hat die C 0 -Cauchy-Folge (pk )k keinen Grenzwert im Raum C 1 ([0, 1]). Versehen mit der C 0 -Norm ist der Raum C 1 ([0, 1]) also nicht vollst andig. Die C 0 -Norm und die C 1 -Norm sind daher auch nicht aquivalent.
6.5
6.5.1
Ho here Ableitungen
Der Raum C m ()
128
Denition 6.5.1. i) f heisst auf m-mal dierenzierbar, falls f (m 1)mal dierenzierbar ist mit dierenzierbarer (m 1)-ter Ableitung f (m1) . In diesem Fall heisst dm f df (m1) = m: f (m ) = dx dx die m-te Ableitung von f .
ii) f ist von der Klasse C m (), falls f m-mal dierenzierbar ist und falls die Funktionen f = f (0) , f = f (1) , . . . , f (m) stetig sind. Notation: C m (,
n) = {f : n;
Beispiel 6.5.1. i) Die Funktionen exp, sin, cos, Polynome und rationale Funktionen sind in C m f ur jedes m .
ii) Potenzreihen mit Konvergenzradius > 0 sind in C m (B (0)) f ur jedes m; die Ableitung erh alt man durch gliedweises Dierenzieren; vergleiche Satz 6.4.2. Falls
=
j =0
f (j )
C0
, f C m (;
n). n)
Cm
n)
C m1 (;
n )
f
C 0 (;
n ) :
C0
C1
C m (;
n)
Beweis. OBdA sei n = 1. Falls (fk )k Cauchy-Folge im Raum C m () ist, so ist (fk )k Cauchy-Folge in C 0 () mit lim fk = f =: g0 C 0 (). Analog existieren lim fk
k (j ) Satz 6.4.1 die Beziehung gj +1 = gj , 0 j < m; also
=: gj C 0 (), 0 < j m. Da fk
(j +1)
(j )
g1 = f , g2 = g1 = f , . . . , gm = = f (m) ,
und f C m () mit fk f
C m ()
129
6.5.2
Taylor-Formel
Satz 6.5.2. Sei f C m1 ([a, b]) auf ]a, b[ m-mal dierenzierbar. Dann gibt es ]a, b[ mit f (b) = f (a) + f (a)(b a) + f (a) (b a)2 + ... 2 (b a)m (b a)m1 + f (m) ( ) . + f (m1) (a) (m 1)! m!
Beweis. Wir f uhren den Satz zur uck auf den Mittelwertsatz, Satz 6.2.1. Betrachte die Funktion g (x) = f (x) + f (x)(b x) + . . . + f (m1) (x) (b x)m (b x)m1 +K f (b), (m 1)! m! (6.5.1)
wobei K so gew ahlt ist, dass g (a) = g (b) = 0. Nach Annahme an f ist g stetig auf [a, b], und in ]a, b[ dierenzierbar. Nach Satz 6.2.1 existiert ein ]a, b[ mit g ( ) = 0; das heisst, 0 = f ( ) + f ( )(b ) f ( ) + f ( ) (b )2 f ( )(b ) + . . . 2 (b )m1 (b )m1 (b )m2 + f (m) ( ) K f (m1) ( ) (m 1)! (m 2)! (m 1)! m1 (b ) , = f (m) ( ) K (m 1)!
da sich alle u brigen Terme paarweise aufheben. Da b > 0 folgt K = f (m) ( ), und mit g (a) = 0 erhalten wir nach Einsetzen von x = a in (6.5.1) die Behauptung. Bemerkung 6.5.1. Die Tangente an f C 1 ([a, b]) im Punkt x0 = a, T1 f (x; a) = f (a) + f (a)(x a), die Schmiegeparabel f ur f C 2 ([a, b]), T2 f (x; a) = f (a) + f (a)(x a) + f (a) (x a)2 , 2
und allgemein das Taylor-Polynom m-ter Ordnung f ur f C m ([a, b]), Tm f (x; a) = f (a) + f (a)(x a) + + f (m) (a) (x a)m , m!
hat nach Satz 6.5.2 die folgende Approximationseigenschaft. F ur a < x < b gilt f (x) Tm f (x; a) = f (m) ( ) f (m) (a) (x a)m =: rm f (x; a) m!
130
f ur ein ]a, x[. F ur den Restterm rm f erhalten wir die Absch atzung |rm f (x; a)| sup
a<<x
(x a)m . m!
Falls f C m+1 , k onnen wir dies mit Satz 6.2.1 noch verbessern zu |rm f (x; a)| sup f (m+1) ( )
a<<x
(x a)m+1 . m!
2 Beispiel 6.5.2. Was ist der Sinus von 47 = 4 + 180 ? Mit sin = cos, sin = cos = sin, usw., folgt aus Bemerkung 6.5.1 bei Wahl von m = 2 die N aherung
sin(
wobei
T3
4
sin(t)
6.5.3
Sei
Lokale Extrema.
oen, f : .
x U : f (x) f (x0 ), bzw. x U \ {x0 } : f (x) > f (x0 ) .
Denition 6.5.2. Ein x0 heisst (strikte) lokale Minimalstelle von f , falls in einer Umgebung U von x0 gilt
Falls f an einer lokalen Minimalstelle x0 dierenzierbar ist, so folgt wie im Beweis von Satz 6.2.1 0 lim f (x) f (x0 ) f (x) f (x0 ) = f (x0 ) = lim 0; x x 0 x x0 x x0
x x 0
131
ii) Falls m = 2k , und falls f (m) (x0 ) > 0, so ist x0 strikte lokale Minimalstelle. Beweis. Nach Satz 6.5.2 existiert f ur x nahe x0 ein zwischen x und x0 mit (x x0 )m . f (x) = f (x0 ) + f (m) ( ) m! i) Falls m = 2k + 1, und falls x0 lokales Minimum, so folgt (x ) f (x 0 ) m! lim f ( x x 0 )m 0 , x x 0 (m ) (m ) f (x0 ) = lim f ( ) = (x ) f (x 0 ) x0 m! lim f ( xx0 )m 0;
x x 0
ii) F ur m = 2k , x = x0 gilt (x x0 )m > 0. Falls f (m) (x0 ) = lim f (m) ( ) > 0, folgt f (x) > f (x0 ) f ur x = x0 nahe x0 ; also ist x0 striktes lokales Minimum. Beispiel 6.5.3. i) Sei f (x) = x4 x2 + 1, x . Nach Korollar 6.5.1.i) ist notwendig f ur das Vorliegen einer Extremalstelle im Punkt x0 die Bedingung
2 f (x0 ) = 4x3 0 2x0 = 2(2x0 1)x0 = 0; x0
das heisst,
liegt in x0 = 1/ 2, x0 = 1/ 2 jeweils ein striktes lokales Minimum, in x0 = 0 ein striktes lokales Maximum vor. ii) (Minimierungseigenschaft des arithmetischen Mittels) Seien a1 , . . . , an Gesucht ist die least square-N aherung x0 von (ai )1in mit
4 > 0, x = 1/ 2 2 < 0, x = 0
f (x0 ) =
k=1
Korollar 6.5.1.i) liefert die notwendige Bedingung: f (x0 ) = 2 das arithmetische Mittel x0 = 1 n (x0 ak ) = 2nx0 2
n
ak = 0;
k=1
k=1
ak
k=1
132
ist also die einzig m ogliche Minimalstelle. Zur Probe bestimmen wir noch f 2n > 0. Der Punkt x0 ist also tats achlich die gesuchte Minimalstelle.
6.5.4
Konvexe Funktionen.
Sei < a < b < . Satz 6.5.3. Sei f C 2 (]a, b[) mit f 0. Dann gilt f ur alle x0 = x1 ]a, b[, 0 < t < 1 die Ungleichung: f (tx1 + (1 t)x0 ) tf (x1 ) + (1 t)f (x0 ), und die Ungleichung ist strikt, falls f > 0. Beweis. i) Fixiere x0 = x1 ]a, b[. Betrachte die Hilfsfunktion g C 2 ([0, 1]): g (t) = f (tx1 + (1 t)x0 ) (tf (x1 ) + (1 t)f (x0 )) mit g (0) = g (1) = 0, g (t) = f (tx1 + (1 t)x0 )(x1 x0 )2 0, 0 t 1. Nimm widerspruchsweise an,
0t1
(6.5.2)
Gem ass Korollar 6.5.1.i) folgt g (tmax ) = 0. Nach Satz 6.5.2 gibt es ]tmax , 1[ mit 0 = g (1) = g (tmax ) + g (tmax )(1 tmax ) + g ( ) und es folgt der gew unschte Widerspruch. ii) Analog erh alt man einen Widerspruch im Falle f > 0, wenn man annimmt, dass g (t0 ) = 0 f ur ein 0 < t0 < 1. Denition 6.5.3. Eine Funktion f : ]a, b[ mit der Eigenschaft (6.5.2) heisst konvex; sie heisst strikt konvex, wenn gilt x0 = x1 ]a, b[, 0 < t < 1 : f (tx1 + (1 t)x0 ) < tf (x1 ) + (1 t)f (x0 ). Bemerkung 6.5.2. i) Oenbar ist f (strikt) konvex genau dann, wenn der Epigraph von f , epi(f ) := {(x, y ); x ]a, b[, y f (x)} eine (strikt) konvexe Menge ist. ii) Satz 6.5.3 liefert ein bequemes Kriterium f ur (strikte) Konvexit at von f . (1 tmax )2 g (tmax ) > 0, 2
2 ,
133
6.4.3.iv) konvex.
, ist konvex. ii) Mit f, g : ]a, b[ ist auch f + g : ]a, b[ konvex, mit fk : ]a, b[ , k , auch f = k=1 fk . Insbesondere ist die Riemann-Funktion aus Beispiel
iii) exp = exp > 0; also ist die Funktion exp strikt konvex. iv) Sei f (x) = x log x, x > 0. Es gilt f (x) = log x + 1, f (x) = also ist f strikt konvex gem ass Satz 6.5.3. v) F ur eine feste Zahl > 1 sei f (x) = x = exp( log x), x > 0. Da f (x) = x1 , f (x) = ( 1)x2 > 0, ist f strikt konvex gem ass Satz 6.5.3. Die Eigenschaft (6.5.2) gilt analog auch f ur mehr als zwei Punkte. Satz 6.5.4. (Jensen) Sei f : ]a, b[ 1 > 0; x
ti = 1 die Ungleichung
i=1
f
i=1
ti xi
ti f (xi ).
i=1
Beweis (Induktion nach N ). N = 1 ist klar; ebenso N = 2 nach Denition. N N + 1: OBdA sei t1 < 1. (Sonst sind wir im Fall N = 1.) Setze
N +1
x0 =
i=2
ti xi . 1 t1
f
i=1
f (x0 ) = f
i=2
ti xi 1 t1
N +1 i=2
ti f (xi ), 1 t1
folgt die Behauptung. Beispiel 6.5.5. (Vergleich von arithmetischem und geometrischem Mittel) F ur
n
i = 1 gilt
i=1
i xi .
i=1
134
Beweis. Da die Funktion exp nach Beispiel 6.5.4.i) konvex ist, folgt die Aussage mit Satz 6.5.4 aus der Darstellung
n
i x i =
i log xi
n
i=1
(Satz 6.5.4)
i exp(log xi ) =
i=1 i=1
i xi .
1 n,
1 i n, 1 n
n
xi
xi .
i=1
konvex. F ur y
(6.5.3)
f (y ) = sup xy f (x) .
=:x (y )
mit epi(f ) =
x
epi(x ).
Da der Durchschnitt konvexer Mengen konvex ist, ist epi(f ) konvex. Also ist f : {} konvex und
; f (y) < }
mit f (x) = (p 1)xp2 > 0 f ur x > 0. Also ist f konvex mit konjugierter Funktion xp . f (y ) = sup xy f (x) = sup xy p x>0 x>0 Das Supremum wird f ur jedes vorgegebene y > 0 angenommen in x0 > 0 mit 0 = xy
1
xp p
x =x 0
1 = y xp . 0
p p1
p p p 1 p xp yq 1 0 = y p 1 1 = y 1 = , p p p q
135
Sei f : konvex mit konjugierter Funktion f : unmittelbar die Absch atzung: x , y : xy f (x) + f (y ). Mit Beispiel 6.5.6 folgt: Satz 6.5.5. i) Seien 1 < p, q < konjugiert mit x, y > 0 : xy ii) Weiter gilt: x |x|p | y |q + p q
1 p 1 q
ist
= 1. Dann folgt:
(Youngsche Ungleichung).
, y > 0 :
xy ex + y log(y ) 1 .
Anwendung.
n die Norm
x
p p1
i=1
|xi |p ,
n.
= supyn ;
q 1
x, y ,
1 p
1 q
= 1.
Beweis. F ur x = 0 gilt die Behauptung trivialerweise. Betrachten wir f ur x = 0 x n , d u rfen wir oBdA annehmen x = 1. F u r y mit y q1 den Vektor x p p folgt aus Satz 6.5.5:
x, y =
i=1
xi yi
p p
x = p mit Gleichheit f ur y
y + q
i=1 q q
|xi |p | y 1 |q + p q 1 1 + = 1 = x p. p q
n die Minkowski-Ungleichung:
x + y, z = sup
z n z q 1
= sup
z n z q 1
x, z + y, z
+ y p;
das heisst, die Dreiecks-Ungleichung f ur die p-Norm aus Abschnitt 5.4. Weiter folgt f ur alle x, y
n :
x, y x
y q.
6.5.5
; f glatt} =
m=0
C () = {f :
C m ().
Beispiel 6.5.7. i) Polynome sowie rationale Funktionen sind glatt auf ihrem Denitionsbereich. ii) Potenzreihen sind glatt im Innern des Konvergenzkreises. iii) Die Funktionen exp, sin, cos sind glatt auf
Gibt es eine Taylor-Approximation der Ordnung m = ? - Kann man jede glatte Funktion exakt durch eine Potenzreihe darstellen? Denition 6.5.6. Sei f C (]a, b[), x0 ]a, b[. Die formale Potenzreihe pf (x; x0 ) =
k=0
f (k) (x0 )
(x x0 )k k!
heisst die Taylor-Reihe von f um x0 . Beispiel 6.5.8. i) Sei f (x) = 1 + x2 , x0 so erhalten wir die Darstellung f (x) = 1 + x0 + (x x0 )
2
. Zerlegen wir x = x0 + (x x0 ),
2 = 1 + x2 0 + 2x0 (x x0 ) + (x x0 )
(x x0 )2 = T2 f (x; x0 ) = pf (x; x0 ). 2
Analog kann man zeigen, dass jedes Polynom durch seine Taylorreihe um einen beliebigen Punkt x0 dargestellt wird.
6.5. HOHERE ABLEITUNGEN ii) Oenbar hat f (x) = ex um x0 = 0 die Taylor-Reihe exp(x) =
k=0
137
xk . k!
(x x0 )k = k!
ex0
k=0
(x x0 )k = pf (x; x0 ), k!
0.
k=0
ak xk
1 lim supk
k
|a k |
und sei x0 B (0). Dann ist die Taylor-Reihe pf (x; x0 ) von f f ur x Br (x0 ) mit r = |x0 | absolut konvergent, und x Br (x0 ) : f (x) = pf (x; x0 ) Beweis. Nach Satz 6.5.2 hat pf (x; x0 ) = die Koezienten bk bk =
k=0
f (k) (x0 )
(x x0 )k = k!
k=0
bk (x x0 )k
mit
=k
f (k) (x0 ) = k!
! xk , k ( k )!k ! 0
0.
k=0 =k
! xk (x x0 )k ( k )!k ! 0
=bk
=0
a
k=0
! xk (x x0 )k = f (x). ( k )!k ! 0
=(k )
= (xx0 )+x0
=x
138
Umordnen ist nach Satz 3.8.1 zul assig, falls pf (x; x0 ) absolut konvergiert. Betrachte dazu die Reihe (x) = f
k=0 L
k=0
|ak |xk , L
|a k |
= .
TL f L (x; x0 ) =
k=0 =k
|a k |
! xk (x x0 )k = f L (x) ( k )!k ! 0
(x) f f ur jedes L, analog zu Beispiel 6.5.8.i). Da f ur |x| < konvergiert, erhalten wir f ur 0 x0 < x < absolute Konvergenz der Reihe
L L
pf (x; x0 ) = lim
k=0 =k
|a k |
Also konvergiert auch pf (x; x0 ) absolut f ur |x x0 | < r = |x0 |. Beispiel 6.5.9. Sei 1 , x < 1. 1x mit x0 , x < 1 schreibe x = (x x0 ) + x0 . Es folgt: f (x) =
k=0 k
F ur x0 , x f (x) = =
1 1 1 1 = x x 0 = 1 (x x0 ) x0 1 x0 1 1x0 1 x0
k=0
x x0 1 x0
f (k) (x0 )
k=0
(x x0 ) = pf (x; x0 ), k!
= 1 x0 |x0 |.
Denition 6.5.7. Eine glatte Funktion f C () heisst analytisch, falls f in einer Umgebung eines jeden Punktes x0 durch die Taylor-Reihe pf (, x0 ) dargestellt wird. Notation: C () = {f C (); f ist analytisch}.
139
Bemerkung 6.5.3. Beispiel 6.5.9 zeigt, dass die durch die Potenzreihe f (x) = 1 k achst nur auf B1 (0) denierte Funktion durch f (x) = 1 k=0 x zun x auf = ] , 1[ analytisch fortgesetzt werden kann. Nicht alle glatten Funktionen sind analytisch, wie das folgende Beispiel zeigt. Beispiel 6.5.10. Sei f :
gegeben durch
f (x) = e1/x , x > 0, 0, x 0.
\ {0} mit
f (k) (x) =
x > 0, k
0,
wobei pk ein Polynom vom Grad k ist. Mit Beispiel 6.2.3.i) erhalten wir nach der Substitution y = 1/x f ur alle 0 die Identit at
Damit folgt rekursiv f ur alle k 0 , dass f (k) dierenzierbar ist an der Stelle (k+1) x0 = 0 mit f (0) = 0; das heisst, f C ( ). Jedoch ist f nicht analytisch, da f ur x0 = 0 < x gilt 0 = pf (x; 0) < f (x).
Schliesslich k onnen wir mit den Ideen aus Satz 6.5.2 einen Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra gem ass Abschnitt 2.6 gewinnen. Satz 6.5.7. Jedes Polynom p : Nullstelle. vom Grad 1 hat (mindestens) eine
Beweis(indirekt). Sei p(z ) = an z n + + a0 mit an = 0 ein Polynom vom .) Sei Grad n 1 ohne Nullstelle. OBdA sei an = 1. (Sonst betrachte p = ap n = inf |p(z )| 0.
z
Da wir f ur gen ugend grosses r0 > 0 f ur |z | r0 absch atzen k onnen |p(z )| = |z | (1 + an1 z 1 + + a0 z n ) k onnen wir einen Radius r0 > 0 w ahlen mit |p(z )| 1 + f ur |z | r0 . Nach Korollar 5.3.1 gibt es z0 Br0 (0) mit 0 < |p(z0 )| = min |p(z )| = inf |p(z )| = .
|z |r0 z n
1 n |z | , 2
p(z ) = p((z z0 ) + z0 ) =
k=0
bk (z z0 )k
140
von p als Polynom in (z z0 ), wobei Einsetzen von z = z0 die Identit at b0 = p(z0 ) ergibt. Setze k0 = min{k {1, . . . , n}; bk = 0}. Da p = const, ist 1 k0 n wohldeniert. Schreibe p(z ) = p(z0 ) + bk0 (z z0 )k0 + rk0 (z ; z0 ) mit dem Restterm rk0 (z ; z0 ) =
k=k0 +1 n
bk (z z0 )k .
Beachte, dass rk0 (z ; z0 )/(z z0 )k0 0 (z z0 ). Schliesslich seien s0 > 0, 0 0 < 2 mit p(z0 ) = s0 ei0 . bk0
F ur z = z0 + sei0 /k0 , s > 0 folgt |p(z )| = p(z0 ) + bk0 sk0 ei0 + rk0 (z ; z0 ) = |p(z0 )| 1 sk0 rk (z ; z0 ) 1 0 s0 p(z0 )sk0 .
unschte Widerspruch Da rk0 (z ; z0 )/sk0 0 (s 0), folgt der gew |p(z )| < |p(z0 )| = , falls 0 < s << 1.
6.6
Dierentialgleichungen erscheinen in vielf altiger Weise in der physikalischen Beschreibung der Natur und in technischen Anwendungen, deren Eigenheiten sich auch in den Eigenschaften gewisser nat urlich vorkommender Funktionen spiegeln. Beispiel 6.6.1. i) Die Funktionen exp, sin, cos, tan stehen mit ihrer Ableitung in Beziehung: exp = exp, sin = sin, cos = cos, tan = 1 + tan2 . Solche Beziehungen bezeichnet man allgemein als Dierentialgleichungen. Die Funktion f (x) = tan(x) l ost also f ur /2 < x < /2 die Dierentialgleichung f = 1 + f 2.
141
ii) Physikalische Prozesse lassen sich oft durch Dierentialgleichungen beschreiben. Beispielsweise ist beim radioaktiven Zerfall die pro Zeitenheit zerfallende Masse proportional zur noch vorhandenen Masse f (t) eines Stoes; das heisst, mit einer Zahl > 0 gilt df f = = f, f (0) = f0 . dt (6.6.1)
Gem ass Beispiel 6.2.1.i) ist die L osung dieser Dierentialgleichung stets von der Form f (t) = f0 et , t > 0, wobei die Konstante f (0) durch die Anfangsbedingung festgelegt ist. iii) Die Auslenkung f (t) eines unged ampften Federpendels aus der Ruhelage f = 0 erf ullt nach dem Newtonschen und Hookeschen Gesetz die Gleichung d(mf) = Kf, = mf dt wobei m > 0 die Masse des Pendels und K > 0 die Federkonstante bezeichnen; das heisst, wir haben die Gleichung + 2 f = 0, 2 = K > 0. f 0 0 m Nach i) sind die Funktionen f (t) = a cos(0 t) + b sin(0 t) f ur beliebige a, b dieser Form? (6.6.2)
iv) Beim mehrstugen radioaktiven Zerfall eines Substanz s1 in die stabile Substanz sn u ber Zwischenstufen s2 , . . . , sn1 mit Massen fi (t) und Zerfallsraten i > 0 erhalten wir das System von Dierentialgleichungen f1 = 1 f1 , f2 = 1 f1 2 f2 , . . . fn = n1 fn1 . Mit der Notation f1 . F = F (t) = . . : fn 1 1 n , A= 0
(6.6.3)
.. ..
. .
0 n1 n1
0 (6.6.4)
142
2
f 1 0 f 1 . 0 = AF,
ein, so l asst sich auch diese Gleichung in der Form (6.6.4) schreiben mit = F wo A= f = f 0 2 0 0 2 0
Denition 6.6.1. Die Gleichung (6.6.4) ist die Standardform eines homogenen Systems linearer Dierentialgleichungen mit konstanten Koezienten. Bemerkung 6.6.1. Mit F, F1 , F2 sind f ur jedes a, a1 , a2 oenbar auch die Funktionen aF und a1 F1 + a2 F2 L osungen von (6.6.4) (Superpositionsprinzip). Nat urlich k onnen wir die Gleichung (6.6.4) auch mit einer komplexen Matrix A und einer Funktion F : n betrachten.
Satz 6.6.1. (Existenz- und Eindeutigkeitssatz f ur (6.6.4)) Sei A eine n n-Matrix mit Koezienten in (oder ), F0 n (oder n ). Dann besitzt das Anfangswertproblem
dF = AF, F (0) = F0 dt
(6.6.5)
genau eine L osung F C 1 ( ; n ) (bzw. C 1 ( ; n )). Die Komponenten von F sind analytische Funktionen auf ; insbesondere F C ( ; n ) (bzw. F C ( ; n )).
Beispiel 6.6.2. Insbesondere ist die Funktion F (t) = L osung des Anfangswertproblems = F 0 1 1 F, F (0) = 0 1 . 0
cos t sin t
die einzige
(6.6.6)
Somit ist auch f (t) = cos t die einzige L osung des Anfangswertproblems + f = 0, f (0) = 1, f(0) = 0, f denn jede L osung f von (6.6.7) induziert eine L osung F = f f (6.6.7) von (6.6.6).
Beweis von Satz 6.6.1. Nach Identikation z = x + iy (x, y ) gen ugt es, den Fall reeller Koezienten zu behandeln.
143
dF dG dH = = AF AG = AH dt dt dt H (0) = 0.
(t) = |H (t)| =
i=1
|Hi (t)| , t
.
2
Mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gem ass Satz 2.5.1 folgt d dH = 2 H, dt dt Somit gilt = 2 H, AH 2 |H | |AH | C1 |H | = C1 .
d C 1 t d e (t) = C1 eC1 t 0, dt dt und Korollar 6.2.1.ii) ergibt t 0 : eC1 t (t) (0) = |H (0)|2 = 0. Das heisst, (t) = 0 und somit auch H (t) = 0 f ur alle t 0; analog f ur t 0. ii) (Existenz.) Analog zu Beispiel 6.6.1.ii) machen wir f ur die L osung von (6.6.5) den Ansatz (6.6.8) F (t) = Exp(At)F0 , t ,
Exp(At) =
k=0
Ak tk =: eAt k!
in jeder Matrix-Norm analog zu Beispiel 3.7.2.i) f ur beliebige t konvergiert. Weiter gilt analog zu Beispiel 6.4.3.i), dass Exp(At) C 1 ( ; nn ) mit
k=0
d Ak tk dt k !
= AExp(At);
wie gew unscht. Schliesslich sind nach Satz 6.5.6 die Komponenten von eAt , also auch die von F analytisch. Bemerkung 6.6.2. F ur invertierbares A ist die Denition A0 = id oenbar sinnvoll. Eine beliebige quadratische Matrix A kann man durch invertierbare Matrizen approximieren, was die Vereinbarung A0 = id f ur beliebige quadratische Matrizen rechtfertigt.
144
Denition 6.6.2. Die Matrix-wertige Funktion t (t) = Exp(At) mit heisst Fundamentall osung von (6.6.4). Die Darstellung (6.6.8) der allgemeinen L osung von (6.6.4) erlaubt die folgende pr azise Charakterisierung. Satz 6.6.2. i) Der L osungsraum X = {F C 1 ( ; d = A, (0) = id dt
n);
dF = AF } dt
von (6.6.4) f ur eine reelle nn-Matrix A ist ein n-dimensionaler ur eine n n-Matrix A mit Koezienten in ii) Analog ist f = {F C 1 ( , X von (6.6.4) ein n-dimensionaler
-Vektorraum.
der L osungsraum
);
dF = AF } dt
-Vektorraum.
Beweis. Gem ass Satz 6.6.1 ist jede L osung von (6.6.4) von der Gestalt (6.6.8). Da (0) = id, ist die lineare Abbildung L : n F0 (t)F0 C 1 ( ; n ) injektiv, ihr Bild L( n ) = X also wiederum ein Vektorraum der Dimension n. Analog in .
Bemerkung 6.6.3. i) Ohne Vorbereitung kann man (t) = Exp(At) nur mit M uhe berechnen. Falls man jedoch durch eine lineare Transformation T : n n die Matrix A in Diagonalform 1 0 .. T AT 1 = =: .
bringen kann, so l asst sich diese Rechnung wesentlich vereinfachen. Es gilt n amlich (T AT 1 )k = T AT 1 T AT 1 . . . T AT 1 = T Ak T 1 , k
0,
0 ,
. en t
145
jede Matrix A durch eine ii) Allgemein kann man u orper ber dem Skalark Ahnlichkeitstransformation T : n n auf Jordan-Normalform bringen; das heisst, 1 0 . . . 0 . . 0 2 . . . . 1 = T AT = . .. .. . . . 0 . 0 . . . 0 k mit Jordan-Bl ocken i = i 0 . . . . . . 0 1 .. . .. . 0 .. . .. .. . ... 0 . .. . . . .. . 0 .. . 1 0 i
. ... ...
wobei f ur 1 i gilt:
et = 1
e1 t .. 0 .
0 ek t
,
tmi 1 (mi 1)!
ei t
= ei t
t2 2
... .. .. 0
. .. . 0 .. . . . . .. .. . . .. . . . 0 ... ...
. .
. . . . . .
t 1
aquivalente Form ist f ur eine skalare Diereniii) Falls insbesondere (6.6.4) die tialgleichung n-ter Ordnung f (n) + an1 f (n1) + + a0 f = 0 mit F = f f . . . C 1( , 0 . . . n ), A = 0 0 1 .. . ... 1 0 .. . 0 ... ... .. . 1 0 0 . . . 0 1 n1 , (6.6.9)
f (n1)
so erwarten wir, dass die allgemeine komplexe L osung f von (6.6.9) dargestellt werden kann als Linearkombination von Funktionen der Form ei t oder tk ei t , wobei k < mi , die Vielfachheit des Eigenwerts i von A. In der Tat f uhrt der
146
wobei p() = det( id A) das charakteristische Polynom ist von A. Wir nennen p daher auch das charakteristische Polynom von (6.6.9). Ubertragen auf die Gleichung (6.6.9) ergibt Satz 6.6.2 das folgende Ergebnis. Korollar 6.6.1. Seien a0 , . . . , an1 Z = {f C n ( ;
Exponentialansatz f (t) = et f ur eine L osung von (6.6.8) auch direkt auf die Gleichung p() = n + an1 n1 + + a0 = 0,
(oder
). Der L osungsraum
n);
-Vektorraum (analog in
t
).
Beweis. Sei (6.6.4) das zu (6.6.9) aquivalente System erster Ordnung, X der zugeh orige L osungsraum nach Satz 6.6.2. Die Abbildung Z f F = f, f , . . . , f (n1) ist oenbar ein linearer Isomorphismus. Beispiel 6.6.3. i) Betrachte die Gleichung f (4) 3f (2) + 2f = 0. Das charakteristische Polynom lautet p() = 4 32 + 2 = (2 1)(2 2). Es hat die Nullstellen 1,2 = 1, 3,4 = 2.
2t t
(6.6.10)
Folglich l asst die allgemeine L osung von (6.6.10) sich in der Form darstellen f (t) = aet + bet + ce + de
2t
Durch Vorgabe von F (0) = f (0), . . . , f (3) (0) ist f gem ass Satz 6.6.2 eindeutig bestimmt, und man kann die Konstanten a, . . . , d aus den vorgegebenen Werten f ur f (0), . . . f (3) (0) bestimmen. ii) Die Dierentialgleichung (6.6.2) hat das charakteristische Polynom
2 p() = 2 + 0
mit den Nullstellen 1,2 = i0 . Die allgemeine L osung f C 1 ( ; ) hat die Gestalt f (t) = aei0 t + bei0 t , t ,
wobei a, b
f (0) = f0 , f(0) = f1
bestimmt sind. Da die Koezienten von (6.6.2) reell sind, sind mit f C 1 ( ; ) osungen; das heisst, die allgeauch die Funktionen Re(f ), Im(f ) C 1 ( ; ) L meine reelle L osung f C 1 ( ; ) hat die Gestalt
(6.6.11)
147
osungsraum von (6.6.2) ist 2-dimensional; die L osungen wobei a, b . Der -L f1 (t) = cos(0 t), f2 (t) = sin(0 t) sind linear unabh angig; also ist jede reelle L osung von (6.6.2) von der Form (6.6.11). Wir betrachten nun den Fall, dass das charakteristische Polynom p() der Gleichung (6.6.9) mit Koezienten a0 , . . . , an1 oder mehrfache Nullstellen besitzt. Gem ass Satz 6.5.7 k onnen wir p durch sukzessives Abspalten von Linearfaktoren darstellen als Produkt
n1
+ + a0 =
i=1
( i )mi ,
deren Vielfachheit.
l i=1
der zugeh origen Dierentialgleichung (6.6.9) darstellbar als Linearkombination der n linear unabh angigen Funktionen fik (t) = tk ei t , 1 i l, 0 k < mi . Beweis. Mit D =
d dt
f (n) + an1 f (n1) + + a0 f = p(D)f = 0, wobei p(D) = Dn + an1 Dn1 + + a0 id = Hier fassen wir D = d auf als lineare Abbildung dt D : C ( , ) f f C ( , ); analog id = D0 : f f . F ur q C 1 ( ) und beliebiges
l i=1
(D i id)mi .
gilt weiter:
(D id)(q (t)et ) = q (t)et + q (t)et q (t)et = q (t)et . Nach Iteration folgt f ur q C k ( ): (D id)k (q (t)et ) = q (k) et , k F ur i {1, . . . , }, k < mi erhalten wir damit (D i id)mi (tk ei t ) = Beachte, dass f ur , dmi tk i t e = 0. dtmi
, f C 2 ( ) stets gilt
Also l ost jede der Funktionen fik die Gleichung (6.6.9). angig. Behauptung. Die Funktionen (fik )1i, 0k<mi sind linear unabh Beweis (indirekt). Seien bik t , 1 i , 0 k < mi , mit
mi 1
i=1 k=0
ur ein i0 {1, . . . , }, k0 < mi0 . OBdA gelte wobei bi0 k0 = 0 f k0 = max{k < mi0 ; bi0 k = 0}. Gem ass Teil i) gelten die Gleichungen (D j id)mj
mi 1 i=i0 k=0
j =i0
fi0 k = 0,
k<k0
0=
j =i0
(D j id)mj (D i0 id)k0
=
j =i0
j =i0
Beispiel 6.6.4. i) Die Gleichung 2f + f = 0 f hat das charakteristische Polynom p() = 2 2 + 1 = ( 1)2 mit der doppelten Nullstelle 1 = 1. Jede L osung f der Dierentialgleichung (6.6.12) ist also von der Form f (t) = (a + bt)et , t (6.6.12)
wobei a, b
149
ii) Ein Federpendel mit D ampfung wird beschrieben durch die Dierentialgleichung + 2 f + 2 f = 0 f (6.6.13) 0 mit D ampfungskonstante > 0 und 0 > 0. Das charakteristische Polynom
2 p() = 2 + 2 + 0
2 b) Sei 2 = 0 (kritische D ampfung). Analog zu Beispiel i) ist die allgemeine L osung in diesem Fall von der Form
f (t) = c1 et + c2 tet = (c1 + c2 t)et . Die L osungen in den F allen a) und b) sind also stets exponentiell abfallend mit h ochstens einer Nullstelle (Stossd ampfertest).
2 c) Sei 2 < 0 (subkritische D ampfung). Schreibe 1,2 = i, wobei wir 2 2 > 0 setzen. Die allgemeine L diesmal = 0 osung von (6.6.13) in lautet f (t) = et c1 eit + c2 eit ,
wobei c1,2 C . Die allgemeine reelle L osung von (6.6.13) erhalten wir, indem wir hiervon den Realteil nehmen. Mit c1 + c2 =: a + ib, wobei a, b , ergibt
150 f (t)
dies die Darstellung f (t) = Re et (c1 eit + c2 eit ) = = 1 t (c1 + c2 )eit + (c1 + c2 )eit e 2
die allgemeine reelle L osung beschreibt also eine ged ampfte Schwingung.
6.7
Inhomogene Dierentialgleichungen
Bisher haben wir nur homogene lineare Dierentialgleichungen betrachtet. Sehr oft treten jedoch auch Zusatzterme in den Gleichungen auf. Beispiel 6.7.1. i) Ein ged ampftes Federpendel wird mit der periodischen Kraft b(t) = b0 cos(t) mit der Frequenz > 0 angetrieben. Mit dem Newtonschem und Hookeschem Gesetz folgt die Gleichung = Kf df + b. mf
2 Schreiben wir wieder 0 = K m
d m,
0 =
b0 m
+ 2 f + 2 f = 0 cos(t). f 0
Als partikul are L osung dieser Gleichung erwarten wir eine Schwingung mit derselben Frequenz . Am leichtesten gelingt die Rechnung im Komplexen. F ur eine L osung f C 2 ( ; ) der Gleichung + 2 f + 2 f = 0 eit f 0 machen wir den Ansatz f (t) = ceit , t (6.7.2)
151
lim
=0
ei = 0
2 (0 2 ) + 2i c 0 eit = 0
als Bestimmungsgleichung f ur c. Falls = 0 , oder falls > 0, kann diese Gleichung nach c aufgel ost werden, und wir erhalten c= 0 2 2 ) + 2i . (0
Schreiben wir 1
2 2 + 2i 0
2 0 2 2i i 2 2 )2 + 4 2 2 = Re , (0
1 2 )2 + 4 2 2
2 2 2 0
] , 0].
als Phasenverschiebung gegen uber der von aussen wirkenden Kraft deuten. Schliesslich liefert fpart (t) = 0 Rei(t+) , t ,
die gesuchte partikul are L osung von (6.7.2), bzw. f part (t) = Re(fpart (t)) = 0 R cos(t + ), t die gesuchte partikul are L osung von (6.7.1). Beachte: F ur 0 tritt bei = 0 ein unkontrolliertes Aufschaukeln der anregenden Schwingung ein (Resonanzkatastrophe).
152
kann man ebenfalls leicht erraten. Die Kraft der Gr osse 1 suf der rechten Seite 1 von (6.7.3) f uhrt zu einer Verschiebung der Ruhelage des Pendels um 2 ; neu 0 entspricht also die station are (zeitunabh angige) L osung fpart (t) = dem Pendelgleichgewicht. iii) Kommen beide Eekte aus i) und ii) zusammen, so ergibt dies die Gleichung + 2 f + 2 f = 1 + 0 eit . f 0 (6.7.4) 1 2, t 0
Nach dem Superpositionsprinzip erg anzen sich die oben bestimmten partikul aren L osungen von (6.7.2) und (6.7.3) zu einer partikul aren L osung f (t) = ceit von (6.7.4), wobei c 1 2, t 0
Wie ndet man L osungen zu vorgegebenen Anfangswerten? Wie ndet man alle L osungen? Die Antworten auf diese Fragen formulieren wir wie vorher im Kontext von Systemen linearer Dierentialgleichungen 1. Ordnung dF = AF + B, dt wobei B = B (t) C 0 ( ; (6.7.5)
n) (oder C 0(; n )). Satz 6.7.1. Sei Fpart C 1 (; n ) eine beliebige (partikul are) L osung von
(6.7.5). Dann ist jede L osung F von (6.7.5) von der Form F = Fpart + Fhom , (6.7.6) wobei Fhom eine beliebige L osung der homogenen Gleichung (6.6.4) ist. Insbesondere gibt es zu jedem F0 n stets genau eine L osung F von (6.7.5) mit F (0) = F0 . (Analog in .)
Beweis. i) Jedes F der Form (6.7.6) l ost (6.7.5). Sind umgekehrt F1 , F2 C 1 ( ; n ) L osungen von (6.7.5), so gilt
d(F1 F2 ) = A(F1 F2 ) + B B = A(F1 F2 ); dt das heisst, jede L osung von (6.7.5) ist von der Gestalt (6.7.6). osung des Anfangsii) Zu vorgegebenen Anfangswerten F0 n sei Fhom die L wertproblems (6.6.5) mit Fhom (0) = F0 Fpart (0). Dann l ost F = Fpart + Fhom das Anfangswertproblem (6.7.5) mit F (0) = F0 . Eindeutigkeit der L osung F folgt mit i) und Satz 6.6.1.
153
Beispiel 6.7.2. i) Radioaktiver Zerfall mit konstanter Zufuhr wird beschrieben durch die Modellgleichung f = f + s, (6.7.7)
wobei , s > 0 gegeben sind. Eine partikul are L osung ist oenbar die Gleichgewichtsl osung s fpart (t) = , t .
Mit der Darstellung fhom (t) = cet der allgemeinen L osung der homogenen Gleichung aus Beispiel 6.6.1.ii) erhalten wir die allgemeine L osung f (t) = cet + von (6.7.7), wobei c s
f ur y = y (t) > 0 mit a, b > 0 kann nach Division durch y 2 auf die Form 1 y
a y = b y2 y
gebracht werden. F ur die Funktion f (t) = erhalten wir die Gleichung f = af + b. Mit i) folgt die Darstellung f (t) = also y (t) = b b + ceat , c = f (0) , a a 1 y (t)
a 1 (t ). b/a + ceat b
Ein analoges Resultat gilt f ur allgemeine Dierentialgleichungen vom BernoulliTyp y = ay by , > 1. Wie ndet man im allgemeinen Fall eine partikul are L osung zu (6.7.5)? Bereits im Fall A = 0 m ussten wir in der Lage sein, zu vorgegebenem B = B (t) osen. Genau dies leistet die Integration, C 0 ( ; n ) die Gleichung dF dt = B zu l der wir uns nun zuwenden wollen.
154
Kapitel 7
Integration
7.1 Stammfunktionen
Seien < a < b < , f C 0 (]a, b[). Denition 7.1.1. Ein F C 1 (]a, b[) heisst Stammfunktion zu f , falls gilt F = dF = f in ]a, b[. dx
1 Beispiel 7.1.1. i) Wegen log (x) = x , x > 0, ist F (x) = log(x) Stammfunkti1 on zu f (x) = x , x > 0; ebenso F (x) = log(x) + 1, etc. 1 ii) Wegen arctan (x) = 1+ x2 ist die Funktion F (x) = arctan(x)+ c, wobei c 1 beliebig, Stammfunktion von f (x) = 1+ x2 .
Allgemein ist mit F auch F + c Stammfunktion zu vorgegebenem f , wobei c beliebig. Umgekehrt gilt:
Beweis. (F1 F2 ) = f f = 0, und die Behauptung folgt mit Korollar 6.2.1.i). Sei f C 0 (]a, b[) und F C 1 (]a, b[) eine Stammfunktion zu f . ur a < x0 < x < b heisst Denition 7.1.2. F
x x0
f ( )d := F (x) F (x0 )
156
KAPITEL 7. INTEGRATION
Bemerkung 7.1.1. i) Wegen Satz 7.1.1 ist die Denition unabh angig von der Wahl der Stammfunktion. ii) Das unbestimmte Integral f ( )d (ohne Grenzen) ist eine praktische und suggestive Notation f ur die Stammfunktion von f . Aus den Beispielen in Kapitel 6 ergeben sich sofort Stammfunktionen f ur eine Reihe von elementaren Funktionen wie in der folgenden Tabelle: f x , = 1 x1 exp(x) cos(x) . . .
1 1x2 1 1+x2
f ( ) d
x+1 +1
Das Aunden einer Stammfunktion und damit die Integration ist also eine Umkehrung der Dierentiation (Englisch: Anti-dierential). Weiter ergeben die Regeln aus Kapitel 6 unmittelbar die folgenden Regeln. at) Seien f, g C 0 (]a, b[) mit Stammfunktionen Satz 7.1.2. i) (Linearit 1 F, G C (]a, b[), und seien , . Dann ist F + G C 1 (]a, b[) Stammfunktion zu f + g ; das heisst,
(f + g ) dx =
f dx +
g dx.
ii) (Partielle Integration) Seien u, v C 1 (]a, b[), und es existiere eine Stammfunktion F zu f = uv C 0 (]a, b[). Dann besitzt die Funktion u v C 0 (]a, b[) die Stammfunktion u v dx = uv uv dx.
Beweis. i) Summen- und Produktregel gem ass Satz 6.1.2 ergeben (F + G) = F + G = f + g. ii) Analog folgt mit F = uv sofort (uv F ) = u v + uv F = u v. Beispiel 7.1.2. i) Sei p(x) = an xn + + a1 x + a0 . Mit k 0 , und Satz 7.1.2.i) erhalten wir xk dx =
xk+1 k+1 ,
p dx =
an n+1 x + + a0 x. n+1
7.1. STAMMFUNKTIONEN ii) Seien u(x) = x, v (x) = log(x) mit uv (x) = x 7.1.2.ii) folgt log(x) dx = u v dx = uv
1 x
uv dx
= x log(x)
1 dx = x log(x) x.
xk ex dx = xk ex + k
xk1 ex dx xk2 ex dx
k
= xk ex kxk1 ex + k (k 1)
k
= =
l=1
k ! l x x e + k! l!
ex dx =
ex
l=0
k ! l x xe . l!
(k + 1) := lim
xk ex dx = k !, k
Satz 7.1.3. (Monotonie) Seien f, g C 0 (]a, b[) mit Stammfunktionen F, G C 1 (]a, b[), und sei f g . Dann gilt f ur a < x0 < x1 < b:
x1 x0 x1
f dx
g dx.
x0
Beweis. OBdA f = 0. (Betrachte g = g f 0 und benutze Satz 7.1.2.i).) Mit Korollar 6.2.1.ii) folgt aus G = dG dx = g 0 und Denition 7.1.2
x1 x0 x1
g dx = G(x1 ) G(x0 ) 0 =
f dx.
x0
0 gilt
0 :
/2 0
sink+1 (x) dx
/2 0
KAPITEL 7. INTEGRATION
andererseits
sink+1 (x) dx =
0
/2
sin(x)
d ( cos(x)) = dx
sink (x) dx
/2 x=0 /2
+k
0 /2 0
=k
0
sink1 (x) dx k
das heisst, k
/2 0
sink+1 (x) dx =
k k+1
/2 0
sin2n (x) dx =
2n 1 2n 3 1 2n 2n 2 2 2n 2n 2 2 2n + 1 2n 1 3
/2
1 dx =
0 /2
sin2n+1 (x) dx =
sin(x) dx =
0 = cos(x)
/2 x=0
=1
Mit i) folgt (2n)! (2n1 (n 1)!)2 1 (2n n!)2 (2n n!)2 n 2 = (2n + 1)! (2 n!) 2 (2n 1)! 2n (2n)! oder (2n n!)4 2 2 (2n n!)4 2 ((2n)!) 2n + 1 2n ((2n)!)2 = lim 1 22n (n!)2 n n (2n)!
2
und somit
(Wallissches Produkt).
Satz 7.1.4. (Gebietsadditivit at des Integrals) Sei f C 0 (]a, b[) mit 1 Stammfunktion F C (]a, b[), und seien a < x0 x1 x2 < b. Dann gilt
x1 x2 x2
f (x) dx +
x0 x1
f (x) dx =
x0
f (x) dx.
7.1. STAMMFUNKTIONEN Beweis. Gem ass Denition 7.1.2 ist die linke Seite gegeben durch (F (x1 ) F (x0 )) + (F (x2 ) F (x1 )) = F (x2 ) F (x0 ), was genau der rechten Seite entspricht. Beispiel 7.1.4. (Stirlingsche Formel) F ur n
n
159
gilt
log(n!) =
k=2
log(k ).
Da F (x) = x log(x) x gem ass Beispiel 7.1.2.ii) Stammfunktion ist von f (x) = log(x), erhalten wir zudem f ur jedes k die Identit at
k+1/2 k1/2
log(x) dx = (x log(x) x)
k+1/2 x=k1/2
Entwickeln wir gem ass Bemerkung 6.5.1, so folgt 1 1 1 (k ) log(k ) (k ) = 2 2 2 1 1 1 1 = (k ) log(k ) 2 + t k k 2 2k 8k 2 1 1 = k log(k ) k log(k ) + + sk 2 8k mit t k also 1 , 2k 3 1 1 1 s ) 2, k = ktk (tk 2 8k 2 k log(x) dx = log(k ) rk 2 , k k2
(7.1.1)
k+1/2 k1/2
mit
|rk | s+ k + sk
(7.1.2)
log(n!) =
k1/2 k=2 n+1/2
log(x) dx + rk
n 3/2
=
1
log(x) dx +
k=2
rk
log(x) dx.
1
1 1 log(n) n + + s+ n +1 2 8n
3/2
+
k=2
rk
log(x) dx
1
=: n +
1 log(n) n + an , 2
160
KAPITEL 7. INTEGRATION
wobei wegen (7.1.2) die Folge (an ) konvergiert. Sei a = lim an . Exponenzieren n ergibt n ! = n n n e n e an mit bn = ean b = ea (n ). Uberraschenderweise kann man b bestimmen, da gem ass Satz 3.2.2 und Beispiel 7.1.3.ii) gilt b2 n !e n b = lim bn = lim n = lim n n n b2n n nn 2n 2 2 2 (n!) = 2. = lim n n (2n)! Wir erhalten somit die N aherungsformel n! 2n nn en . Satz 7.1.5. (Substitutionsregel) Seien f, g C 1 (]a, b[). Dann gilt f ur a < x0 < x1 < b:
x1 x0 2
x1 x =x 0
g (x 1 )
=
g (x 0 )
f (y ) dy.
Beweis. Mit der Kettenregel (Satz 6.1.3) (f g ) (x) = f (g (x))g (x) folgt die Behauptung unmittelbar aus Denition 7.1.2. Bemerkung 7.1.2. Wir k onnen formal in Satz 7.1.5 die Variable y = g (x) substituieren mit dy = g (x) dx. Beispiel 7.1.5. i)
2 0
x (y =1+x2 ) 1 dx = 2 2 1+x
5 1
dy = y y
5 y =1
5 1.
ii)
1 0
x (y =1+x2 ) 1 dx = 2 1+x 2
2 1
1 dy = log(y ) y 2
2 y =1
log 2 . 2
iii)
/2 /2
cos () d
(x=sin())
1 1
=cos() d
x2
dx
1sin2 ()=cos()
7.1. STAMMFUNKTIONEN Andererseits folgt nach partieller Integration (mit u = sin , v = cos )
/2
161
/2 =/2
/2
+
/2
sin2 () d
/2 /2
=
/2
(1 cos2 ()) d =
cos2 () d;
das heisst,
1 1 /2
1 x2 dx =
cos2 () d = /2.
/2
iv)
x1 x0
g (x 1 ) g (x 0 )
dy = log(y ) y
g (x 1 ) y =g ( x 0 )
= log
g (x1 ) g (x0 )
f ur 0 < g C 1 (]a, b[), a < x0 < x1 < b. v) Insbesondere k onnen wir nun das Anfangswertproblem f = af, f (0) = f0 > 0 (7.1.3)
auch f ur eine zeitabh angige Funktion a = a(x) C 0 ( ) mit Stammfunktion l osen. Solange f (x) > 0, gilt f = a (Separation der Variablen), f und Beispiel iv) liefert log das heisst,
x
f (x) = f (0)
x 0
f d = f
a( ) d ;
0
a( ) d
0
mit a, b C 0 ( ) kann man nun ebenfalls l osen. F ur eine partikul are L osung von (7.1.4) machen wir den Ansatz
t
fpart (t) =
0
b(s) e
t 0
t s
a( ) d t 0
ds (7.1.5)
s 0
=e
a( ) d
b(s) e
a( ) d
ds,
162
KAPITEL 7. INTEGRATION
sofern die Stammfunktionen existieren. Die rechte Seite in (7.1.5) kann man deu ten als Uberlagerung der Impulsantworten der Gleichung (7.1.3) auf die innitesimalen Auslenkungen um den Wert b(s) zu den Zeiten 0 s t. Andererseits erh alt man denselben Ausdruck auch leicht aus dem Ansatz fpart (t) = c(t)e
t 0
a( ) d
mit variablem c = c(t). Daher tr agt die Darstellung (7.1.5) auch den Namen Variation-der-Konstanten Formel. Wir verizieren fpart (t) = a(t)fpart (t) + e
t 0
a( ) d
d dt
t 0
b(s)e
s 0
a( ) d
ds
=b(t)e
t a( ) d 0
von (6.7.7); vergleiche Beispiel 6.7.2.i). vii) Analog k onnen wir vorgehen im vektorwertigen Fall. Sei A eine reelle n nur eine partikul are L osung der inhomogenen linearen Matrix, B C 0 ( ; n ). F Dierentialgleichung F = AF + B
eAs B (s) ds =
0
s=t
Hier nehmen wir wieder an, dass die Funktion eAs B (s) eine Stammfunktion besitzt. Wie wir sp ater sehen werden, ist dies f ur B C 0 ( , n ) jedoch immer der t Fall. Ein wenig Vorsicht ist dennoch geboten: Der Ansatz (t) = exp( 0 A(s) ds) f ur die Fundamentall osung der homogenen Gleichung F = AF funktioniert im Allgemeinen nur im Falle konstanter Koezienten. Falls A = A(t) mit der Zeit t variiert, so liefert die Produktregel beispielsweise f ur den quadratischen Term 2 t Q(t) = 0 A(s)ds in der Exponentialreihe die Identit at
Q (t) =
d dt
t 0
A(s)ds
A(s)ds = A(t)
0 t 0
A(s)ds +
0
A(s)ds A(t),
und die Gleichung Q (t) = 2A(t) 0 A(s)ds gilt im Allgemeinen nur dann, wenn s amtliche Kommutatoren [A(s), A(t)] = A(s)A(t) A(t)A(s) verschwinden. Analog kann man die Identit at d exp( dt
t t
A(s)ds) = A(t)exp(
0 0
A(s)ds)
7.1. STAMMFUNKTIONEN
163
auch nur in diesem Fall erwarten. Sp ater werden wir jedoch auch f ur beliebige A = A(t) der Klasse C 0 die Existenz einer Fundamentall osung mit anderen Methoden beweisen. viii) Mittels Separation wie in Beispiel v) kann man auch gewisse nichtlineare Dierentialgleichungen l osen. Beispielsweise geht die Gleichung y = 2xy 2 (7.1.6)
f ur eine Funktion y = y (x) > 0 mit der Anfangsbedingung y (0) = 1 nach Separation u ber in die Form y = 2x; y2 das heisst, 1 y
= (x2 ) .
Integration unter Beachtung der Anfangsbedingung ergibt nun sofort 1 also 1 = y (x) y (x) =
x 0
1 y
dx = x2 ,
1 . 1 x2 Beachte, dass im Unterschied zu linearen Dierentialgleichungen die L osung y von (7.1.6) nur f ur |x| < 1 existiert.
G(x) =
0
g ( ) d,
H (y ) =
y0
d . h( )
Nach Separation erhalten wir aus der Gleichung y (x) = g (x)h(y ) f ur eine Funktion y C 1 ( ) mit Anfangswert y (0) = y0 die Gleichung y (x) = g (x) h(y (x)) mit separierten Variablen x und y . Es folgt d(H (y (x)) y (x) = g (x) = G (x); = H (y (x))y (x) = dx h y (x) das heisst, Da H (y ) = 1/h(y ) > 0, ist H nach Satz 6.2.2 invertierbar mit H 1 C 1 , und wir erhalten als L osung unseres Anfangswertproblems y (x) = H 1 G(x) G(0) + H (y0 ) C 1 .
164
KAPITEL 7. INTEGRATION
Partialbruchzerlegung Mit Hilfe von Satz 7.1.5 kann man die rationalen (x ) Funktionen r(x) = p q(x) elementar integrieren. Beispiel 7.1.6. Das unbestimmte Integral dx = artanh(x) 1 x2 kann mittels der Zerlegung 1 x2 = (1 x)(1 + x) u ber den Ansatz 1 a b a(1 + x) + b(1 x) = + = 1 x2 1x 1+x 1 x2 mit a = b =
1 2
1 dx = 1 x2 2
Beispiel 7.1.6 l asst sich verallgemeinern mit Hilfe des folgenden Satzes. Satz 7.1.6. Seien p, q Polynome in
mit
i=1
(x xi )mi ,
wobei x1 , . . . , xl die paarweise verschiedenen Nullstellen xi mit Vielfachheit mi bezeichnen. Dann gibt es genau eine Partialbruchzerlegung
mi
i=1 k=1
ik (x xi )k
(7.1.7)
lim
p(x) q (x)
mi j =k+1
ij (x xi )k . (x xi )j
(7.1.8)
Beweis. i) Eindeutigkeit. Oenbar folgt (7.1.8) aus (7.1.7). ii) Existenz. Mache den Ansatz (7.1.7) und bringe die rechte Seite auf den Hauptnenner q (x). Der Z ahler ist ein Polynom p vom Grad < n. Die Gleichung p (x) p(x) = , x q (x) q (x)
7.1. STAMMFUNKTIONEN
165
also die Gleichung p (x) = p(x) f ur x , liefert ein System von n Gleichungen f ur die n Koezienten ik , 1 i l, 1 k mi . Da dieses Gleichungssystem linear ist und nach i) h ochstens eine L osung besitzt, folgt die Existenz einer L osung mit der Rangformel. Bemerkung 7.1.3. Da q nach Annahme reell ist, treten wegen der Identit at
l i=1 l
i=1
(x xi )mi , x
nicht reelle Nullstellen in komplex konjugerten Paaren xi , xi+1 = xi auf mit Vielfachheiten mi = mi+1 . Da f ur x ebenfalls gilt
mi
i=1 k=1
mi
=
i=1 k=1
ik , (x xi )k
folgt wegen der Eindeutigkeit der Zerlegung (7.1.1) dann auch (i+1)k = ik , 1 k mi . Wir k onnen die entsprechenden Terme somit zusammenfassen (i+1)k ik (x xi+1 )k + (i+1)k (x xi )k ik + = (x xi )k (x xi+1 )k (x xi )k (x xi+1 )k 2Re ik (x xi )k , 1 k mi . = 2k |x xi | Stammfunktionen lassen sich nun wieder elementar angeben. Beispiel 7.1.7. i) Berechne
dx 1x4 .
Zerlege dazu
1 x4 = (1 x2 )(1 + x2 ) = (1 x)(1 + x)(1 + x2 ). Satz 7.1.6 und Bemerkung 7.1.3 f uhren auf die Zerlegung a b c + dx 1 = + + 1 x4 1 x 1 + x 1 + x2 mit 1 1x 1 = , = 4 2 x1 1 x (1 + x)(1 + x ) x=1 4 1+x 1 1 = b = lim = , x1 1 x4 (1 x)(1 + x2 ) x=1 4 1 1 1 1 c + dx = (1 + x2 ) + 1 x4 4 1x 1+x 1 1 1 + x2 1 = = ; 2 2 1x 2 1x 2 a = lim das heisst, c= 1 , d = 0. 2
166 Es folgt
KAPITEL 7. INTEGRATION
1 1+x 1 dx = log + arctan(x) + c. 1 x4 4 1x 2 ii) Berechne x3 2x + 1 dx. x2 + 1 Polynomdivision liefert x3 2x + 1 = x(x2 + 1) 3x + 1. Nach Bemerkung 7.1.3 kann erhalten
3x1 x2 +1
x3 2x + 1 dx = x2 + 1 =
x dx
x2
x2
x2 3 log(1 + x2 ) + arctan(x) + c. 2 2
7.2
Wir wollen nun den Integralbegri ausdehnen auf eine m oglichst grosse Klasse von Funktionen f : [a, b] , wobei < a < b < . Insbesondere wollen wir zeigen, dass jedes f C 0 ([a, b]) eine Stammfunktion besitzt.
Ausgangspunkt ist die folgende geometrische Interpretation der Stammfunktion. Beispiel 7.2.1. i) Sei f c f ur ein 0 < c ur a < b das Integral x . Dann stimmt f
f dx =
a a
c dx = cx = c(b a)
u acheninhalt des Bereiches berein mit dem elementargeometrisch denierten Fl zwischen dem Intervall [a, b] und dem Graphen von f .
f (x)
ii) F ur f c mit c < 0, c gilt die Aussage i) analog, sofern wir den Fl acheninhalt mit der richtigen Orientierung messen; vgl. sp ater.
167
2 iii) Falls f (x) = mx f ur ein m mit Stammfunktion F (x) = 1 2 mx , x so k onnen wir f ur a < b das Integral b
mx dx =
a
1 mx2 2
b x =a
1 2 1 mb ma2 2 2
Fragen: F ur welche Funktionen f : [a, b] kann man den Fl acheninhalt zwischen [a, b] und G (f ) messen? - Liefert dies den gew unschten Integralbegri? f (x)
Denition 7.2.1. i) Eine Funktion f : [a, b] heisst Treppenfunktion, falls f ur eine Zerlegung von I = [a, b] in disjunkte (abgeschlossene, oene, halboene) Teilintervalle I1 , . . . , IK mit Konstanten ck gilt
f=
k=1
ck Ik ,
wobei Ik (x) = 1, 0, x Ik x / Ik
168
K
KAPITEL 7. INTEGRATION
ck Ik : [a, b] ck |Ik | ,
ist
ck Ik
k=1
dx =
k=1
c3 c1 c2 a I1 I2 I3 b
Bemerkung 7.2.1. i) Die konstante Funktion f c, c schreiben in der Form einer Treppenfunktion
K
f=
k=1
ck Ik mit ck = c, 1 k K,
f dx = c(b a) =
k=1
ck |Ik | .
K
ck Ik die
Zerlegungsintervalle Ik weiter zerlegen (verfeinern), und das Integral andert sich nicht. Die vorherige Bemerkung ist wichtig f ur den Beweis der folgenden Aussage, die f ur das Weitere fundamental ist. Lemma 7.2.1. Sind e, g : [a, b]
b a K
e dx
L
g dx.
a
ck Ik , g =
l=1
I = [a, b] =
k=1
Ik =
l=1
Jl .
7.2. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL Die Intervalle Ikl = Ik Jl , 1 k K, 1 l L sind dann ebenfalls disjunkt mit
L K
169
Ik =
l=1
Ikl , Jl =
k=1
Ikl
(7.2.1)
Ikl =
k,l k=1 l=1
Ikl =
k=1
Ik = I.
Aus der Annahme e g folgt f ur beliebige 1 k K , 1 l L die Ungleichung x Ikl : ck = e(x) g (x) = dl ; also ck dl , falls Ikl = . Da mit (7.2.1) auch gilt
L K
(7.2.2)
|Ik | =
l=1
|Ikl | , |Jl | =
k=1
|Ikl | ,
e dx =
a k=1 (7.2.2)
ck |Ik | =
k,l
ck |Ikl |
L b
k,l
dl |Ikl | =
l=1
dl |Jl | =
g dx,
a
|f (x)| c.
Dann gibt es stets (mindestens) ein Paar von Treppenfunktionen e, g : [a, b] mit e f g , und die folgende Denition ist sinnvoll. Denition 7.2.2. i) F ur beschr anktes f : [a, b]
b b
bezeichnen
f dx = sup
a a
e dx; e Treppenfunktion, e f ,
bzw.
b b
f dx = inf
a a
g dx; g Treppenfunktion, f g
170
KAPITEL 7. INTEGRATION
f dx =
a a
f dx =: A.
f dx
g f
e a b
ur jedes beschr ankte f die UngleiBemerkung 7.2.2. i) Lemma 7.2.1 liefert f chung
b a b
f dx
f dx.
a
ii) Eine Funktion f ist R-integrabel genau dann, wenn zu jedem > 0 Treppenfunktionen e, g : [a, b] existieren mit e f g und
b a
g dx
e dx < .
a
mit e f
g gilt nach
e dx sup
g dx;
a b b
also auch
a
f dx =
ef, e Treppenfkt. a
e dx
g dx,
a
und die Behauptung folgt nach Ubergang zum Inmum bzgl. g f . ii) Die Aussage ii) folgt nun unmittelbar aus der Ungleichung
b a b i) b a b
e dx
f dx
f dx
g dx
a
mit e f g.
7.2. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL Wir k onnen nun f ur eine grosse Zahl von Funktionen f : [a, b] sie R-integrabel sind. Satz 7.2.1. Sei f : [a, b]
171
zeigen, dass
f e a Ik b
Beweis. OBdA sei f monoton wachsend, also a x y b : f (a) f (x) f (y ) f (b) . Setze c = sup |f (x)| = max{|f (a)| , |f (b)|} < .
a x b
F ur K
und L ange
ba , 1 k K. K dk Ik mit
Dann sind e =
k=1
ck Ik , g =
k=1 Ik
ck = inf fk , dk = sup fk , 1 k K,
Ik
Treppenfunktionen mit e f g . Weiter gilt dk = sup f f (bk ) = f (ak+1 ) inf f = ck+1 , 1 k < K ;
Ik Ik+1
also
b a b K
g dx =
e dx =
a
k=1
(dk ck ) |Ik | =
K 1 k=1
ba K
k=1
(dk ck ) ba 0 (K ). K
ba dK c1 + K
2c
(dk ck+1 ) 2c
0
172
KAPITEL 7. INTEGRATION
Beweis. Da [a, b] kompakt, ist f nach Satz 5.3.3 und 5.5.2 beschr ankt und gleichm assig stetig. Zu > 0 w ahle > 0 mit
F ur K mit Endpunkten
ba , 1 k K, K
ck = inf f sup f = dk , 1 k K.
Ik Ik
Dann sind e=
ck Ik , g =
k=1 k=1
dk Ik
g dx
e dx =
a k=1
(dk ck ) |Ik |
k=1
|Ik | = (b a).
Die Behauptung folgt aus Bemerkung 7.2.2.ii). Das Integral einer Funktion f C 0 ([a, b]) kann man numerisch bequem approximieren. Es gilt Satz 7.2.3. Sei f C 0 ([a, b]). Dann gilt f ur eine beliebige Folge von Zerlegungen
Kn
I = [a, b] =
k=1
n Ik
n =
sup
1kKn
n |Ik | 0 (n )
173
Kn
dx =
k=1
k=1
n f (xn k ) |Ik |
b a
f dx (n )
Beweis. Zu > 0 w ahle () > 0 mit (7.2.3) wie in Satz 7.2.2, dazu n0 = n0 () mit n n0 : n < .
F ur n
setze weiter
n dn k ck sup |f (x) f (y )| , 1 k Kn .
Kn
n g f (xn n = k )Ik n. dn k Ik
en =
k=1
k=1
k=1
Da f gem ass Satz 7.2.2 R-integrabel ist, k onnen wir f ur n n0 () absch atzen
b b Kn
n f (xn k )Ik
Rn :=
a b
f dx gn dx
dx =
a
a b
k=1 Kn
f dx
Kn
fn dx
a n |Ik | = (b a) .
en dx =
a k=1
n n (dn k ck ) |Ik |
k=1
Analog erhalten wir Rn (b a), und die Behauptung folgt. Beispiel 7.2.2. i) Die stetige Funktion f (x) = ex ist u ber jedes Intervall [a, b] R-integrabel; eine Stammfunktion l asst sich jedoch nicht elementar berechnen. ist nicht R-integrabel. F ur jedes ii) Die Funktion f = [0,1] : [0, 1] Intervall I [0, 1] mit |I | > 0 gilt gem ass Beispiel 4.1.4.iv),v) I und daher 0 = inf f < sup f = 1.
I I L K
2
= = I \
F ur Treppenfunktionen e =
k=1 1 n
ck Ik f g =
1
l=1
dl Jl : [0, 1]
L
folgt
e dx =
0 k=1
ck |Ik | 0,
g dx =
0 l=1 1
dl |Jl | 1;
also
0
f dx 0 < 1
f dx.
0
174
KAPITEL 7. INTEGRATION
Mit Hilfe von Satz 7.2.3 k onnen wir den Wert gewisser Summen approximativ berechnen, indem wir sie als Riemann-Summen deuten. Dabei benutzen wir, dass nach dem im folgenden Abschnitt bewiesenen Korollar 7.3.4 die Stammfunktion F einer Funktion f = F mit dem R-Integral u bereinstimmt. Beispiel 7.2.3. i) F ur > 0 schreibe
n
k =
k=1 n+1
1 n
k=1
k n
1 n = |Ik | f ur eine a und deute n quidistante Zerlegung von I = [0, 1] in n disjunkte k n n Intervalle I1 , . . . , In . Setzen wir nun f ur festes n noch n = xn k , 1 k n, und denieren wir f (x) = x , x I , so k onnen wir die Summen deuten als Riemann-Summen f ur f . Gem ass Satz 7.2.3 erhalten wir somit n
k =
k=1 n+1
1 n
n k=1
k n
(n)
1 0
x dx =
1 . +1
(k) k=n+1 n
(n)
2 1
dx = log(2) . x
2 x=1
= 2 log(2) 1
n
1 n
k=1
k log 1 + n
1 n
= lim log
n k=1
k 1+ n
1 n
das heisst,
n n
lim
k=1
k 1+ n
= e2 log(2)1 =
4 . e
7.3
Integrationsregeln, Hauptsatz
Analog zu Satz 7.1.3 f ur das Rechnen mit Stammfunktionen gilt Satz 7.3.1. (Monotonie des R-Integrals) Seien f1,2 : [a, b] und R-integrabel mit f1 f2 . Dann gilt
b a b
beschr ankt
f1 dx
f2 dx.
a
175
f1 dx =
a a
f1 dx
g dx.
a
f1 dx
f2 dx =
a a
f2 dx,
wie gew unscht. Bemerkung 7.3.1. Mit der Interpretation des Integrals als (orientierter) Fl acheninhalt ist Satz 7.3.1 auch geometrisch evident. Satz 7.3.2. (Linearit at des R-Integrals) Seien f, f1 , f2 : [a, b] beschr ankt und R-integrabel, und sei . Dann sind die Funktionen f , f1 + f2 uber [a, b] R-integrabel, und
(f ) dx =
a b b a
f dx,
b
(f1 + f2 ) dx =
a a
f1 dx +
a
f2 dx.
Beweis. Die Behauptung gilt oenbar f ur Treppenfunktionen. Der allgemeine Fall l asst sich darauf zur uckf uhren. i) Sei 0. F ur Treppenfunktionen e, g mit e f g gilt e f g ; also
b a b
(f ) dx inf
(g ) dx; g Treppenfunktion, g f
b a
= b
g dx b
= inf
a (f R-int.)
g dx; g Treppenfunktion, g f
b b
=
a
f dx
f dx = sup
a b
e dx; e Treppenfunktion, e f
b
= sup
a =
e dx; e Treppenfunktion, e f
dx
(f ) dx .
a
b (e) a
(f )dx =
a a
f dx.
176
KAPITEL 7. INTEGRATION
(f1 + f2 ) dx inf
a =
g1 dx+
b a
g2 dx
= inf
a
g1 dx; g1 Treppenfunktion, g1 f1
b
+ inf
a b
g2 dx; g2 Treppenfunktion, g2 f2
b b b
=
a
f1 dx +
a b
f2 dx =
a
f1 dx +
a
f2 dx
= sup
a
e1 dx; e1 Treppenfunktion, e1 f1
b
+ sup
a b
e2 dx; e2 Treppenfunktion, e2 f2
= sup
a b
(f1 + f2 ) dx
(f1 + f2 ) dx .
a
(f1 + f2 )dx =
a a
f1 dx +
a
f2 dx .
f dx
|f | dx f
C0
(b a).
Beweis. Mit f |f | f
C0
fk dx
f dx
|fk f | dx (b a) fk f
C0
0 (k ).
7.3. INTEGRATIONSREGELN, HAUPTSATZ Beweis. Unmittelbar aus Satz 7.3.2 und Korollar 7.3.1. Gem ass Beispiel 5.7.2 sind Potenzreihen p(x) = f ur jedes r<= 1 lim sup
k
k
177
k=0
ck xk
|c k |
in Br (0) gleichm assig konvergent. Korollar 7.3.2 zusammen mit Korollar 7.3.4 ergibt somit f ur < a < b < die Darstellung
b b n n n
p(x) dx =
a a
lim
ck x
k=0 b
b n
dx = lim
k=0
ck xk dx
a k=0
= lim
ck
k=0 a
xk dx =
Korollar 7.3.3. Potenzreihen d urfen im Innern ihres Konvergenzkreises gliedweise integriert werden. ur 0 b < 1 erhalten wir Beispiel 7.3.1. F
1+b
log(1 + b) =
1 1+b
dx = x
k=0
1+b 1
dx 1 (1 x) dx =
k=1 k=0
=
1
(1 x)k
(1 x)k+1 k+1
1+b x=1
k=0
(1)k1 bk ; k
das heisst, wir erhalten die Taylor-Reihe der Funktion log um x0 = 1. Beachte, dass nach Beispiel 3.5.1.iii) die alternierende Reihe 0 b 1 konvergiert mit Fehlerabsch atzung
n k=0
log(1 + b)
k=1
(1)k1 = log 2 k
178
KAPITEL 7. INTEGRATION
Satz 7.3.3. (Gebietsadditivit at) Sei f : [a, b] beschr ankt und Rintegrabel u ber [a, b], und sei x0 [a, b]. Dann sind die Funktionen f [a,x0 ] , bzw. f
[x0 ,b]
x0
f dx =
a a
f dx +
x0
f dx.
f a x0 b
Beweis. i) Oenbar gilt die Aussage f ur Treppenfunktionen. ii) Sei f : [a, b] e f g und
g dx
e dx < .
a
Dann gilt e f g auf [a, x0 ], bzw. auf [x0 , b], und nach i) gilt weiter
x0 a x0 b b
g dx
0
e dx +
a x0
g dx
0
e dx
x0
=
a
g dx
e dx < .
a
Also ist f u ber [a, x0 ] sowie u ber [x0 , b] nach Bemerkung 7.2.2.ii) R-integrabel. Weiter gilt
b x0 b
A :=
a b
f dx g dx
f dx +
a x0 x0 b
f dx
b a b
e dx +
a x0
e dx =
g dx
e dx < ;
a
analog A > . Da > 0 beliebig, folgt die Behauptung. Aus Satz 7.3.3 folgt nun der Hauptsatz der Dierential- und Integralrechnung. Satz 7.3.4. Sei f C 0 ([a, b]). Setze
x
F: x
7.3. INTEGRATIONSREGELN, HAUPTSATZ Beweis. Fixiere x0 ]a, b[, und w ahle > 0 beliebig. W ahle > 0 mit x [a, b] : |x x0 | < |f (x) f (x0 )| < . Sei x0 < x < x0 + . Mit Satz 7.3.3 folgt:
x
179
f d.
x0
f d (x x0 ) f (x0 ) =
x0
f ( ) f (x0 ) d sup
|y x0 |<
|x x0 | Es folgt: sup
x0 <x<x0 +
|f (y ) f (x0 )| |x x0 | .
ur Funktionen mit Stammfunktion (elementar integrierbare Korollar 7.3.4. F Funktionen) ist deren R-Integral durch deren Stammfunktion gegeben. Beweis. Sei f = F mit F C 1 ([a, b]). Dann gilt nach Satz 7.3.4 d F (x) dx also wegen Korollar 6.2.1.i)
x x a
f dx = f f = 0,
F (x)
f dx = const = F (a).
a
( x =a)
7.3.1
Denition 7.3.1. f = (fi )1in : [a, b] n ist R-integrabel uber [a, b] genau dann, wenn fi : [a, b] n R-integrabel ist f ur 1 i n und
f dx =
a a
f1 dx, . . . ,
a
fn dx
. Dann gilt:
b
f dx
|f | dx |b a| f
C0 ,
n bezeichnet.
KAPITEL 7. INTEGRATION
P :=
a
f dx
n .
(Cauchy-Schwarz) b a
Dann gilt:
b
| P |2 =
f dx P
(Satz 7.3.2)
b a
(f P ) dx
|f | dx |P |;
f dx = |P |
|f | dx |b a| f
C0 .
7.4
Uneigentliches Riemann-Integral
Sei f : ]a, b[
ca, db
lim
f dx
c
x dx = lim
d 1
x dx = lim
1 d+1 1 = . d + 1 || 1
a=c=1
c0
b=d=1
x dx = lim
c 0 c
x dx = lim
c 0
1 c+1 1 = . +1 +1
181
dx 1 , = lim log c 0 x c
dx = lim log d d x
et dt = lim (1 ed ) = 1.
d
t1 et dt;
vgl. Beispiel 7.1.2.iii). Die Konvergenz gewisser Reihen l asst sich auf die Konvergenz von uneigentlichen Integralen zur uckf uhren. Satz 7.4.1. Sei f : [1, [
f dx konvergiert, und
k=1
f (k )
f dx f (1).
x 1
f (k + 1)[k,k+1[ , g =
k=1
f (k )[k,k+1[
erf ullen wegen der Monotonie von f die Ungleichung e f g ; somit folgt
n
e dx =
1
n1 k=1 n
f (k + 1) =
k=1 n1 k=1
f (k ) f (1)
n
f dx
1
g dx =
1
f (k ) =
k=1
f (k ) f (n) .
KAPITEL 7. INTEGRATION
k=1
f (k )
f dx f (1) .
1 ks
Beispiel 7.4.1.i); vgl. Beispiel 3.7.4. Satz 7.4.1 liefert zudem die Absch atzung 0 (s) f ur alle s > 1. ii) Die Reihe
k=2 1 k(log k)s 1
xs dx = (s)
1 1 s1
Beispiel 7.4.1.i)
2 (y =log x)
dy < . ys
7.5
Dierentialgleichungen
u(0) = u0 .
(7.5.2)
Beispiel 7.5.1. i) Die allgemeine lineare Dierentialgleichung (6.6.4) l asst sich in der Form (7.5.1) schreiben mit f (t, y ) = Ay , y n .
ii) Die Form (7.5.1) umfasst aber auch nichtlineare Gleichungen wie in Beispiel 6.7.2.ii) oder inhomogene Gleichungen. Geometrisch k onnen wir die L osungen u von (7.5.1) als Integralkurven des durch f gegebenen Richtungsfeldes deuten. Beispiel 7.5.2. i) Sei n = 2, 2 = , f: osung u C 1 ( ; ) von u . Die L
7.5. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
183
f (u)
ii) F ur n = 1 f uhrt man mit Vorteil die Zeit t = u0 als zus atzliche Variable ein. F ur U (t) = (t, u(t)) ergibt (7.5.1) das Gleichungssystem = U
dt dt du dt
1 f (t, u(t))
= F (U (t))
2, 2).
u = s au
Im Falle f (t, u) = s au mit Konstanten s, a > 0 erh alt man ein Richtungsfeld, das sehr sch on zeigt, wie jede L osung u C 1 ( ) der Gleichung
h=
s a
Fragen Was f ur lineare Dierentialgleichungen selbverst andlich war, muss im allgemeinen Fall des Anfangswertproblems (7.5.1), (7.5.2) nicht mehr gelten. Einige Fragen dr angen sich auf: i) Gibt es zu jedem u0 n stets eine lokale L osung u C 1 ([0, T ]; Anfangswertproblems (7.5.1), (7.5.2) f ur gen ugend kleines T > 0? ii) Ist diese L osung eindeutig durch ihre Anfangswerte bestimmt? iii) Kann man sie f ur alle t > 0 fortsetzen? iv) Was kann man in den F allen aussagen, wo eine Fortsetzung nicht m oglich ist?
n) des
184
KAPITEL 7. INTEGRATION
Beispiel 7.5.3. i) Sei n = 1, f (u) = u2 , u0 > 0. Nach Separation erh alt man zu dem Anfangswertproblem u = u2 , u(0) = u0 die aquivalente Form 1 u d = 2 = 1, u(0) = u0 dt u u mit der eindeutigen L osung u(t) = 1 , 0 t < 1/u0 . 1/u0 t (7.5.3)
Oenbar gilt u(t) f ur t 1/u0; die L osung u l asst sich demnach nicht f ur alle t > 0 fortsetzen.
u0 t
1 u0
Beachte, dass gilt f (u)/u (n ). ii) Sei n = 1. Das Anfangswertproblem u =2 |u|, u(0) = 0, (7.5.4)
hat neben der oensichtlichen L osung u 0 auch die Funktion u(t) = t2 als L osung. Tats achlich sind alle Funktionen
2 u(t) = (t t0 )2 + = (max{0, t t0 })
L osungen von (7.5.4), wobei der Parameter t0 0 beliebig gew ahlt werden kann.
u
t t0
7.5. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Beachte, dass die Funktion f (u) = 2 Lipschitz stetig ist, da |f (u) f (0)| = | u|
1 (u 0). |u |
Wenn wir uns nun der Aufgabe zuwenden, das Anfangswertproblem (7.5.1), (7.5.2) zu l osen, m ussen wir also einerseits damit rechnen, dass L osungen von (7.5.1), (7.5.2) im Allgemeinen in endlicher Zeit explodieren; andererseits gilt es, geeignete zus atzliche Voraussetzungen an f zu nden, welche die Eindeutigkeit der L osungen garantieren. Satz 7.5.1. (Picard-Lindel of ) Sei f = f (t, u) : n n stetig und bzgl. n lokal Lipschitz stetig, lokal gleichm assig in t ; das heisst, f ur alle u u0 n , alle t0 > 0 existieren r0 > 0, T0 > 0 und eine Konstante L, so dass
|f (t, u) f (t, v )| L|u v | f ur |t t0 | < T0 und alle u, v Br0 (u0 ). (7.5.5) Dann gilt osung i) Zu jedem u0 n existiert ein T = T (u0 ) > 0 und genau eine L u = u(t; u0 ) C 1 ([0, T ], n ) von (7.5.1), (7.5.2).
ii) Die L osung u = u(t; u0 ) h angt stetig ab von u0 im folgenden Sinn: F ur jedes u1 Br0 /2 (u0 ) sind die zum Anfangswert u1 geh origen L osungen u(t; u1 ) C 1 ([0, T ]) der Gleichung (7.5.1) f ur 0 t T erkl art, und mit einer Konstanten C gilt u(t; u0 ) u(t; u1 ) C 1 ([0,T ]) C |u1 u0 | .
wobei T > 0 wie in i) und r0 > 0 wie in (7.5.5) zu u0 und t0 = 0 gew ahlt sind. Beispiel 7.5.4. i) Die Funktion f : mit f (u) = u2 aus Beispiel 7.5.3.i) zeigt, dass wir im Allgemeinen nur die Existenz einer lokalen L osung von (7.5.1), (7.5.2) erwarten d urfen, das heisst, einer L osung in einer Umgebung von t = 0 . ii) Das Beispiel der Funktion f : mit f (u) = |u| aus Beispiel 7.5.3.ii) zeigt, dass die Annahme (7.5.5) im Allgemeinen notwendig ist f ur die Eindeutigkeit der L osungen von (7.5.1), (7.5.2). iii) Die Annahme (7.5.5) ist f ur autonome Funktionen f = f (u) C 1 ( ) stets erf ullt. F ur jedes R > 0 und beliebige u, v BR (0) gibt es n amlich gem ass dem Mittelwertsatz, Satz 6.2.1, ein w BR (0) mit f (u) f (v ) = f (w)(u v ). L= zu setzen. iv) Sei f : sup
w BR (0)
n n gegeben durch
f (t, u) = A(t)u + b(t)
186
KAPITEL 7. INTEGRATION
bzgl. mit stetigen Funktionen A, b. Dann ist die Funktion f lokal in t assig Lipschitz stetig. Zu gegebenem T < k onnen wir u n sogar gleichm n amlich f ur beliebiges |t| < T und beliebige u, v n absch atzen
C 0 ([T,T ]) |u
v| ;
C 0 ([T,T ]) .
Den Beweis der Aussage i) von Satz 7.5.1 f uhren wir zur uck auf ein Fixpunktproblem im Funktionenraum C 0 ([0, T ]; n) f ur geeignetes T > 0. Zur L osung dieses Fixpunktproblems verwenden wir das Kontraktionsprinzip von Stefan Banach, welches uns sp ater auch in anderem Kontext gute Dienste leisten wird.
7.5.1
Sei (M, d) ein metrischer Raum. Denition 7.5.1. Eine Abbildung : M M heisst kontrahierend, falls f ur eine Konstante q < 1 gilt x, y M : d (x), (y ) q d(x, y ). Satz 7.5.2. (Banachscher Fixpunktsatz, Kontraktionsprinzip) Sei (M, d) vollst andig, und sei : M M kontrahierend mit Konstante q < 1. Dann gibt es genau ein x M mit (x) = x. Zudem gilt f ur jedes x0 M und die Folge x1 = (x0 ), . . . , xk = (xk1 ) = = k (x0 ), k die Absch atzung d(xk , x) q k d(x0 , x), k
(7.5.6)
Beispiel 7.5.5. Sei (X, X ) ein Banachraum, M X mit der induzierten Metrik d(x, y ) = x y X , x, y M.
ahlen.) Dann ist (Im Beweis von Satz 7.5.1 werden wir X = C 0 ([0, T ]; n) w (M, d) vollst andig im Sinne von Denition 3.5.3.iii), falls M X abgeschlossen ist im Sinne von Satz 4.2.1, das heisst, falls gilt: (xk ) M : xk x (k ) x M. Weiter ist eine Abbildung : M M kontrahierend, falls gilt q < 1 x, y M : (x) (y )
X
q xy
das heisst, falls Lipschitz stetig ist mit Lipschitz Konstante q < 1. Bemerkung 7.5.1. Falls (X, X ) ein Banachraum, M X abgeschlossen, : M M kontrahierend, so existiert gem ass Satz 7.5.2 genau ein x M mit
7.5. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
187
ur jedes x0 M und die gem ass (7.5.6) denierte Folge (xk ) (x) = x, und f gilt xk x X q k x0 x X , k .
Beweis von Satz 7.5.2. i) W ahle ein x0 M und deniere (xk )k M wie in (7.5.6). Sch atze ab d(xk , xk+1 ) = d (xk1 ), (xk ) q d(xk1 , xk ) F ur l k
folgt so
q k d(x0 , x1 ), k
d(xk , xl )
l 1 j =k
d(xj , xj +1 )
l 1 j =k
q j d(x0 , x1 )
qk d(x0 , x1 ) 0 (l k ); 1q das heisst, (xk )k ist Cauchy-Folge in M . sondere stetig ist, ergibt (7.5.6) die gew unschte Beziehung x = lim xk = lim (xk1 ) = (x).
k k
Die behauptete Fehlerabsch atzung erh alt man nun mittels d(xk , x) = d((xk1 ), (x)) q d(xk1 , x) q k d(x0 , x). ii) Zum Beweis der Eindeutigkeit von x seien x, y M Fixpunkte von . Mit d(x, y ) = d((x), (y )) q d(x, y ) folgt d(x, y ) = 0, also x = y .
Die Annahme der Vollst andigkeit von M und die Kontraktionsbedingung kann man im Allgemeinen nicht weiter abschw achen, wie die folgenden Beispiele zeigen. Beispiel 7.5.6. i) Die Abbildung f : ]0, 1] x x ]0, 1] 2
ist kontrahierend mit der Konstanten q = 1/2, besitzt aber keinen Fixpunkt in ]0, 1]. (Die auf das abgeschlossene Intervall [0, 1] stetig fortgesetzte Abbildung f hingegen hat x = 0 als Fixpunkt.) ii) Die Funktion f : {0, 1} {0, 1} mit f (0) = 1, f (1) = 0 ist Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante L = 1, hat aber keinen Fixpunkt.
KAPITEL 7. INTEGRATION
f : [1, [ [1, [, x x + mit |f (x) f (y )| = (x y ) + Beachte, dass x, y 1 : 0 1 jedoch besitzt f oenbar keinen Fixpunkt. iv) Sei 1 a 2, und sei f : [1, [ f (x) = vgl. Beispiel 3.3.1.iii). Beachte
1 x
yx 1 |x y |. = 1 xy xy 1 < 1; xy
mit
1 a x+ ; 2 x
a 1 1 a 1 1 2 [ , ], f (x) = 3 > 0 f ur x 1 ; 2 x 2 2 x insbesondere hat f genau eine Minimalstelle bei x = a, und wir erhalten f (x) f ( a) = a 1 f ur x 1 ; f (x) = also f : [1, [ [1, [. Weiter gibt es zu 1 x < y gem ass Mittelwertsatz, Satz 6.2.1, ein ]x, y [ mit |f (y ) f (x)| = |f ( )| |y x| und f ist kontrahierend. Gem ass Satz 7.5.2 ist der Fixpunkt x = a von f eindeutig bestimmt. Satz 7.5.2 liefert zudem ein Verfahren zur n aherungsweisen Berechnung von a f ur jedes a [1, 2] mit der Fehlerabsch atzung xk 1 a 2
k
1 |y x| , 2
x0
0.
7.5.2
189
n);
0tT
sup |u(t) u0 | r0 }.
n).
F ur u1 Br0 /2 (u0 ) deniere die Abbildung u1 : M X wie folgt: Zu vorgegebenem v = v (t) M sei u1 (v ) C 0 ([0, T ]; n ) die Funktion mit
(u1 (v ))(t) := u1 +
0
Unser Ziel ist es nun zu zeigen, dass die Abbildung u1 einen Fixpunkt besitzt. Anschliessend benutzen wir Satz 7.3.4 zum Nachweis, dass dieser Fixpunkt die gesuchte L osung u = u(t; u1 ) C 1 ([0, T ], n) von (7.5.1)) mit u(0) = u1 ergibt. Dazu verizieren wir zun achst die Voraussetzungen des Satzes 7.5.2.
Behauptung 1. F ur alle u1 Br0 /2 (u0 ), v M gilt u1 (v ) M . Beweis. Sch atze ab mit Korollar 7.3.1
t
u1 (v ) (t) u0 |u1 u0 | +
f (s, v (s)) ds
0
Da wegen (7.5.7) f ur 0 s T weiter gilt |f (s, v (s))| |f (s, v (s)) f (s, u0 )| + |f (s, u0 )| L sup |v (s) u0 | + sup |f (s, u0 )| C0 ,
0sT r0 r0 2C0 0sT
u1 (v ) (t) u0 r0 , 0 t T, unscht. und u1 (v ) M wie gew Als Vorbereitung zum Nachweis der Kontraktionsbedingung sch atzen wir f ur alle u1 , u2 Br0 /2 (u0 ) und alle v, w M mit (7.5.7) und Satz 7.3.5 ab u1 (v ) (t) u2 (w) (t)
t
= u1 u2 +
(7.5.8)
|u 1 u 2 | + L
|v (s) w(s)| ds
C 0 ([0,T ])
Insbesondere erhalten wir nun die gew unschte Kontraktionseigenschaft. Behauptung 2. F ur alle u1 Br0 /2 (u0 ) ist u1 : M M kontrahierend.
190
KAPITEL 7. INTEGRATION
Beweis. Bei Wahl von u1 = u2 Br0 /2 (u0 ) ergibt sich wegen LT 1/2 aus (7.5.8) sofort v, w M : u1 (v ) u1 (w)
C0
1 vw 2
C0
Wir k onnen nun den Beweis vollenden. ass Beweis von Satz 7.5.1. i) Da u1 : M M kontrahierend, hat u1 gem Satz 7.5.2 f ur alle u1 Br0 /2 (u0 ) genau einen Fixpunkt u = u(t) M mit
t
u(t) = u1 +
0
(7.5.9)
n )
Da umgekehrt jede L osung dieses Anfangswertproblems auch (7.5.9) erf ullt, folgt mit Satz 7.5.2 auch die Eindeutigkeit dieser L osung, und Aussage i) von Satz 7.5.1 ist bewiesen. osungen des Anfangswertproblems ii) Seien v = u1 (v ), w = u2 (w) die L (7.5.1) mit v (0) = u1 , bzw. w(0) = u2 . Mit (7.5.8) folgt zun achst vw das heisst, vw
C0 C0
= u1 (v ) u2 (w)
C0
| u1 u2 | +
1 vw 2
C0
2 |u 1 u 2 | .
Gleichung (7.5.1) zusammen mit (7.5.7) ergibt weiter f ur 0 < t < T die Absch atzung |v (t) w (t)| = |f (t, v (t)) f (t, w(t))| Wir erhalten also vw
C1
L |v (t) w(t)| L v w
C0
vw
C0
= (1 + L) v w
+L vw
C0
C0
2(1 + L) |u1 u2 | ,
7.5. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN
191
7.5.3
Die L osung von (7.5.1), (7.5.2) h angt auch stetig ab von der rechten Seite f im folgenden Sinne. Satz 7.5.3. Seien f, fk : n n stetig und bez uglich u n lokal Lipschitz stetig, lokal gleichm assig in t , gleichm assig in k , und nimm an, fk f lokal gleichm assig auf n (k ).
Zu u0 , u0k n mit u0k u0 (k ) gibt es dann T = T (u0 ) > 0 und L osungen u, uk C 1 ([0, T ]; n) von (7.5.1), (7.5.2), bzw.
(7.5.10)
n) f ur k .
Beweis. Nach Annahme bez uglich f, fk k onnen die Zahlen r0 , T0 , L in (7.5.7) gleichm assig f ur f und alle fk gew ahlt werden. Wie in Satz 7.5.1 erhalten wir dann eindeutige lokale L osungen u, uk C 1 ([0, T ]; n ) von (7.5.1), (7.5.2), bzw. (7.5.10) auf einem von k unabh angigen Intervall [0, T ], wobei
|fk (t, uk (t)) f (t, u(t))| |fk (t, uk (t)) fk (t, u(t))| + |fk (t, u(t)) f (t, u(t))| L|uk (t) u(t)| + Ik , (7.5.11)
Es folgt:
t t
fk (s, uk (s))ds u0 +
T 0
f (s, u(s))ds
0
|u0k u0 | +
C0
+ T Ik ,
C 0 ([0,T ])
192
KAPITEL 7. INTEGRATION
C 0 ([0,T ])
+ Ik 0 (k ).
Beispiel 7.5.7. Mit Satz 7.5.3 erhalten wir insbesondere auch die stetige Abh angigkeit der L osung des Anfangswertproblems f ur (7.5.1) von der Anfangszeit. Beachte, dass wir analog zu Satz 7.5.1 das Anfangswertproblem auch f ur negative Zeiten l osen k onnen. F ur tk 0, u0k u0 betrachte L osungen vk des Anfangswertproblems v k (t) = f (t, vk (t)), vk (tk ) = u0k . Dann sind die Funktionen uk (t) = vk (t + tk ), k , L osungen des Anfangswertproblems u k (t) = fk (t, uk (t)), uk (0) = u0k , wobei fk (t, y ) = f (t + tk , y ) f (t, y ) lokal gleichm assig in t und y. ur geeignetes T0 = Satz 7.5.3 ergibt Konvergenz uk u in C 1 ([T0 , T0 ], n ) f T (u0 ) > 0, wobei u C 1 ([T0 , T0 ], n ) die L osung ist von (7.5.1), (7.5.2). Zu so, dass T + |tk | T0 (k k0 ). F ur vorgegebenem 0 < T < T0 w ahle k0 k k0 , T t T erhalten wir dann die gleichm assige Absch atzung
|vk (t) u(t)| |uk (t tk ) uk (t)| + |uk (t) u(t)| |tk | uk C 1 ([T0 ,T0 ]) + uk u C 1 ([T0 ,T0 ]) 0
das heisst, vk u C 0 ([T, T ], n). Mit (7.5.1), (7.5.7) sehen wir nun, dass auch v k u C 0 ([T, T ], n), also vk u C 1 ([T, T ], n) mit k f ur jedes T < T0 .
(k );
7.5.4
Globale Fortsetzbarkeit
Was kann man u osungen im Grossen sagen? ber den Verlauf der L Satz 7.5.4. Sei f : n n wie in Satz 7.5.1, und zu u0 n sei u = osung des Anfangswertprou(t; u0 ) C 1 ([0, T ]; n ) die eindeutig bestimmte L blems (7.5.1), (7.5.2) gem ass Satz 7.5.1. Dann gibt es ein maximales Tmax > T , so dass u fortgesetzt werden kann zu einer L osung umax C 1 ([0, Tmax [; n ) von (7.5.1), (7.5.2), und entweder gilt
193
Wegen der Eindeutigkeitsaussage in Satz 7.5.1 stimmen je zwei L osungen u(i) C 1 ([0, Ti ]; n ), i = 1, 2, von (7.5.1), (7.5.2) auf ihrem gemeinsamen Denitionsbereich [0, T1 ] [0, T2 ] u ur 0 t < Tmax die Funktion berein. Somit ist f umax (t) := u(t) wohldeniert, wobei u C 1 ([0, T ]; n) eine beliebige L osung von (7.5.1), (7.5.2) ist auf einem Intervall [0, T ] mit T t, und umax l ost (7.5.1), (7.5.2) auf [0, Tmax [.
Nimm an, Tmax < . Falls wir widerspruchsweise annehmen, dass lim inf |umax (t)| < ,
tTmax
so gibt es (tk )k mit tk Tmax , so dass f ur ein u0 n . W ahlen wir im Beweis von Satz 7.5.1 die Konstanten r0 > 0, T0 > 0, L so, dass (7.5.7)) gilt f ur alle v, w Br0 (u0 ), t mit osun|t Tmax | T0 , so liefert der Beweis ein von k unabh angiges T > 0 und L gen uk C 1 ([tk , Tmax + T ]) des Anfangswertproblems (7.5.1) mit uk (tk ) = u0k , k k0 , sofern k0 so gew ahlt ist, dass
ur alle k k0 . tk Tmax T , u0k Br0 /2 (u0 ) f Wegen der Eindeutigkeit der L osung u des Anfangswertproblems (7.5.1) mit Anfangswert u(tk ) = u0k stimmt uk f ur k k0 auf [tk , Tmax [ u berein mit umax . Wir k onnen daher umax durch uk0 auf das Intervall [0, Tmax + T ] fortsetzen, im Widerspruch zur angenommenen Maximalit at von Tmax .
umax (t)
Bemerkung 7.5.2. In jedem Fall ist gem ass Satz 7.5.4 das maximale Existenzintervall [0, Tmax [ der L osung u von (7.5.1), (7.5.2) rechtsseitig oen. Beispiel 7.5.8. i) Sei f (t, u) = A(t)u + b(t) mit stetigen Koezientenfunktionen A C 0 ( ; nn ), b C 0 ( ; n ). Dann besitzt das Anfangswertproblem osung (7.5.1), (7.5.2) f ur jedes u0 n eine eindeutig bestimmte globale L u = u(t; u0 ) C 1 ( ; n ).
194
KAPITEL 7. INTEGRATION
Beweis. Nimm an, das maximale Existenzintervall [0, Tmax[ f ur u w are endlich. Fixiere ein T Tmax . Sch atze ab v f (t, v ) sup |A(t)| |v |2 + sup |b(t)| |v | C (1 + |v |2 )
0tT
f ur alle 0 t T , v
n. Es folgt
0tT
d 1 d 2 2 (1 + |u(t)| ) = (u u)(t) = u(t) f (t, u(t)) C (1 + |u(t)| ); 2 dt dt das heisst, d 2 log(1 + |u(t)| ) 2Ct 0, 0 t < Tmax . dt Korollar 6.2.1 ergibt nun f ur alle 0 t < Tmax die Absch atzung log 1 + |u(t)|
2
insbesondere erhalten wir die gleichm assige Absch atzung 1 + |u(t)|2 (1 + |u0 |2 )e2CTmax im Widerspruch zur erwarteten Divergenz |u(t)| (t Tmax ) gem ass Satz 7.5.4. ii) W ahlen wir insbesondere b = 0, u0 = ei , 1 i n, so erhalten wir mit Beispiel i) nun auch f ur variable Koezienten A C 0 ( ; nn ) eine global denierte Fundamentall osung = (t, t0 ) der Gleichung (6.6.4) mit der Eigenschaft, dass d (t, t0 ) = A(t)(t, t0 ), (t, t0 ) t=t0 = id dt und jedes vorgegebene t0 . Wegen der Eindeutigkeit der f ur alle t L osung des Anfangswertproblems folgt zus atzlich die Identit at
s, t, t0
(7.5.12)
ist sowohl die Funktion denn f ur festes s und beliebig vorgegebenes t0 U1 (t) = (t, t0 ) als auch die Funktion U2 (t) = (t, s)(s, t0 ) eine L osung von d U (t) = A(t)U (t), dt U (t)|t=s = (s, t0 ) .
Wie in Beispiel 7.1.5.vi) erhalten wir dann mit (7.5.12) zu vorgegebenem b C 0 ( ; n ) eine partikul are L osung der inhomogenen Gleichung
upart (t) =
0
(0, s)b(s)ds .
195
3 3 gegeben durch
3 .
fortsetzbar.
F ur a = 0 = c gibt es zudem genau drei L osungen u = (u1 , u2 , u3 ) der Gleichung f (u) = 0, n amlich u1 = u2 = u3 = 0 oder u1 = u2 = c(b 1). Speziell f ur die Wahl a = 10, b = 28, c = 8/3 streben alle L osungen f ur t hin zu einem kompakten Attraktor K , der diese Gleichgewichtsl osungen enth alt, wobei das Langzeitverhalten der Bahnen u(t; u0 ) sehr empndlich auf kleinste Variationen des Startwerts u0 reagiert. Da nach Satz 7.5.1 die L osungen auf jedem kompakten Zeitintervall stetig vom Anfangswert abh angen, spricht man von deterministischem Chaos. Dieses System enstand als einfaches Modell des globalen Klimageschehens; die Sensitivit at bzgl. der Daten f uhrte zur Bezeichnung Schmetterlingseekt. Unter dem Stichwort Lorenz-Attraktor ndet man bei Wikipedia eine JavaAnimation im web.
196
KAPITEL 7. INTEGRATION
Kapitel 8
Dierentialrechnung im
8.1
Wie kann man die Konzepte der Dierentialrechnung in einer reellen Variablen auf Funktionen f : n erweitern?
2 gegeben durch
und sei (x0 , y0 ) 2 . Fassen wir y als Parameter einer Schar von Funktionen f (, y ) : auf, so k onnen wir f f ur festes y = y0 partiell nach x dierentieren und erhalten so die partielle Ableitung
f (x, y ) = xey , x, y
fx (x0 , y0 ) =
ebenso
f f (x, y0 ) f (x0 , y0 ) (x0 , y0 ) = lim xx0 x=x0 x x x0 xey0 x0 ey0 = ey0 ; = lim xx0 x=x0 x x0 fy (x0 , y0 ) = f (x0 , y0 ) = x0 ey0 . y 0, 1, 0 , . . . , 0), 1 i n.
i-te Stelle
Sei
Denition 8.1.1. Die Funktion f : heisst an der Stelle x0 in Richtung ei (bzw. nach xi ) partiell dierenzierbar, falls der Limes f (x0 + hei ) f (x0 ) f (x0 ) = fxi (x0 ) = lim i h0, h=0 x h i 1 i n f (x1 , . . . , x + h, . . . , xn 0 0 0 ) f (x0 , . . . , x0 , . . . , x0 ) = lim h0, h=0 h existiert. 197
198
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Notation: Von nun ab ist es zweckm assig, die Komponenten des Ortsvektors x = (xi )1in mit hochgestelltem Index zu schreiben. Wir werden bald erkennen, welche Vorteile dies bietet. In einer Raumdimension (n = 1) hat die Dierenzierbarkeit der Funktion f an einer Stelle x0 zur Folge, dass f f ur x nahe x0 gut durch die an-lineare Funktion x T1 f (x; x0 ) = f (x0 ) + f (x0 )(x x0 ) angen ahert wird: Aus lim f (x) f (x0 ) = f (x0 ) x x0
xx0 , x=x0
lim
Gilt eine vergleichbare Approximationseigenschaft auch f ur n > 1? Beispiel 8.1.2. i) Sei f (x, y ) = xey wie in Beispiel 8.1.1 und sei (x0 , y0 ) gegeben. F ur (x, y )
f (x, y ) f (x0 , y0 ) = f (x, y ) f (x0 , y ) + f (x0 , y ) f (x0 , y0 ) f f = ( (y ), y )(x x0 ) + (x0 , )(y y0 ) x y f f = (x0 , y0 )(x x0 ) + (x0 , y0 )(y y0 ) + R(x, y ) x y mit geeigneten Zwischenstellen = (y ), und Restterm R(x, y ) = f f f f ( (y ), y ) (x0 , y0 ) (x x0 )+ (x0 , ) (x0 , y0 ) (y y0 ). x x y y
Wegen der Stetigkeit der Funktionen f f (x, y ) = ey , (x, y ) = xey x y k onnen wir den Fehler R(x, y ) leicht absch atzen |R(x, y )| |x x0 | + |y y0 | sup
| x0 |<|xx0 | |y0 |<|yy0 |
|x x0 | + |y y0 |
x0 )
f y (x0 , y0 )(y
y0 )
(8.1.1)
199
(x0 , y )
(x, y )
(x0 , y0 )
ii) Sei f :
2 die Funktion
f (x, y ) =
2xy x 2 +y 2 ,
0,
Oenbar ist f an jeder Stelle (x0 , y0 ) 2 partiell nach x und y dierenzierbar. Insbesondere gilt f f (0, 0) = 0 = (0, 0). x y Jedoch gilt beispielsweise f (x, x) = 1 f (0, 0) = 0 (x 0, x = 0); die Funktion f ist also bei (x0 , y0 ) = (0, 0) noch nicht einmal stetig; schon gar nicht kann man die Approximationseigenschaft (8.1.1) erwarten. Denition 8.1.2. Die Funktion f : heisst an der Stelle x0 dierenzierbar, falls eine lineare Abbildung A : n existiert mit
xx0 , x=x0
lim
In diesem Fall heisst df (x0 ) := A das Dierential von f an der Stelle x0 . Bemerkung 8.1.1. i) Falls f dierenzierbar ist an der Stelle x0 , so gilt f ur jede Folge xk x0 oenbar f (xk ) f (x0 ); also ist f insbesondere stetig an der f Stelle x0 . Weiter existieren s amtliche partiellen Ableitungen x i (x0 ) = df (x0 )ei , 1 i n; die Umkehrung gilt aber nicht (vgl. Beispiel 8.1.2). ii) Ist f an der Stelle x0 dierenzierbar, so hat df (x0 ) die Darstellung df (x0 ) = f f (x0 ), . . . , n (x0 ) . x1 x
Notation: Es zeigt sich nun, wie vorteilhaft es ist, Zeilen- und Spaltenvektoren x1 . ur einen Vekzu unterscheiden. Schreiben wir n amlich x = (xi )1in = . . f tor x
xn
200 A:
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
A(x x0 ) =
i=1
interpretierbar als Matrixmultiplikation des co-Vektors A = (A1 , . . . , An ) mit dem Vektor x x0 . Diese Schreibweise l adt ein zur Einsteinschen Summenkonvention: Uber doppelt auftretende obere und untere Indizes wird stillschweigend summiert.
x1 x1 0 . . Ai (xi xi 0 ) = (A1 , . . . , An ) . xn xn 0
Beispiel 8.1.3. i) Jede an lineare Funktion f (x) = Ax + b, x jeder Stelle x0 n dierenzierbar mit df (x0 ) = A, denn es gilt
n, ist an
x, x0
n :
ii) Insbesondere sind die Koordinatenfunktionen xi : x = (xk )1kn xi an jeder Stelle x0 n dierenzierbar mit
i-te Stelle
dx
i x =x 0
= (0, . . . , 0,
, 0, . . . , 0), 1 i n.
wobei wir A L( ; ) mit der Darstellung A = (A1 , . . . , An ) bzgl. der Standardbasis e1 , . . . , en des n identizieren, und mit Ai = Aei , 1 i n.
n
Die Dierentiale dx1 , . . . , dxn bilden also an jeder Stelle x0 Raumes L( n ; ) = {A : n ; A linear},
ist (dxi )1in sogar die zur Standardbasis (ei )1in des L( n ; ).
iii) Jedes f C 1 ( ) besitzt das Dierential df (x0 ) = df (x0 )dx = f (x0 )dx; dx
das heisst, f (x0 ) ist die Darstellung von df (x0 ) bzgl. der Basis dx von L( ; iv) Die Funktion f (x, y ) = xey : 2 gem ass Beispiel 8.1.2.i) dierenzierbar, und es gilt df (x0 , y0 ) =
(Eigentlich m ussten wir auch hier und im folgenden schreiben; dies w are aber doch zu umst andlich!)
v) Die Funktion aus Beispiel 8.1.2.ii) ist an der Stelle (x0 , y0 ) = (0, 0) nicht stetig, nach i) also auch nicht dierenzierbar.
201
8.1.1
Die Funktionen in den Beispielen 8.1.2.i) und ii) sind beide partiell dierenzierbar, aber nur die Funktion in Beispiel 8.1.2.i) ist auch dierenzierbar. Was macht den Unterschied aus? Denition 8.1.3. Die Funktion f : heisst von der Klasse C 1 , f 1 n C (), falls f an jeder Stelle x0 in jede Richtung ei partiell dierenzierbar f ist und falls die Funktionen x x i (x), 1 i n, auf stetig sind.
Beispiel 8.1.4. Die Funktion f (x, y ) = x ey : 2 aus Beispiel 8.1.2.i) ist von der Klasse C 1 , die Funktion aus Beispiel 8.1.2.ii) nicht. Satz 8.1.1. Sei f C 1 (). Dann ist f an jeder Stelle x0 dierenzierbar. Insbesondere ist f auch stetig auf . Beweis. Der Beweis folgt dem Vorgehen in Beispiel 8.1.2.i). F ur x = (xi )1in sch atze ab mit Satz 6.2.1 f (x) f (x0 ) df (x0 )(x x0 )
n
=
i=1 n
+1 n 1 i n f (x1 , . . . , xi , xi 0 , . . . , x0 ) f (x , . . . , x0 , . . . , x0 )
f (x0 )(xi xi 0) xi
=
i=1
f f 1 +1 n (x , . . . , i , xi (x0 ) (xi xi 0) 0 , . . . , x0 ) xi xi
i f ur geeignete Punkte i zwischen xi ur 0 und x , 1 i n. Wir erhalten somit f x = x0 die Absch atzung
und die rechte Seite strebt wegen der Stetigkeit der partiellen Ableitungen mit x x0 gegen 0. Das heisst, f ist an der Stelle x0 dierenzierbar. Beispiel 8.1.5. i) Polynome auf n sind von der Klasse C 1 . Eine handliche Notation erh alt man mit Multi-Indices = (1 , . . . , n ) n 0 , indem man i f ur x = (x )1in n setzt
(xi )i .
i=1
wobei || = 1 + + n .
ii) Rationale Funktionen r = p/q sind von der Klasse C 1 auf ihrem nat urlichen Denitionsbereich = {x; q (x) = 0}.
202
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Schliesslich denieren wir analog zu Abschnitt 6.4 f ur beschr anktes, oenes n den Raum f C 1 () = {f C 1 (); f und sind stetig auf erg anzbar, 1 i n} xi mit der Norm n f . f C1 = f C0 + xi C 0 i=1
V ollig analog zu Satz 6.4.3 zeigt man nun die Vollst andigkeit von C 1 (). Satz 8.1.2. Sei Banachraum.
C 1 () )
ein
Beweis. Oenbar deniert die C 1 -Norm eine Norm. Sei (fk )k eine Cauchy0 k Folge in C 1 (). Dann sind (fk )k sowie f xi k Cauchy-Folgen in C (), und nach Satz 5.7.4 existieren die gleichm assigen Limites f = lim fk , gi = lim
k k
fk C 0 (), 1 i n. xi
Nach Satz 6.4.1 ist f in jeder Richtung xi partiell dierenzierbar mit f = gi C 0 (), 1 i n. xi Nach Satz 8.1.1 ist f C 1 () und fk f
C 1 () n
= fk f
C 0 ()
+
i=1
fk gi xi
C 0 ()
0 (k ).
8.1.2
Landau-Symbole
Viele Grenzwertbetrachtungen werden in h oheren Dimensionen schnell un ubersichtlich, wenn man versucht, alle Terme explizit mitzuf uhren. Suggestive Abk urzungen liefern die Landau-Symbole. Denition 8.1.4. F ur k 0 bezeichnen wir mit O(sk ) f ur s 0, beziehungsk weise o(s ) f ur s 0 irgendwelche Terme, abh angig von s > 0, mit lim sup
s0
|O(sk )| < , sk
bzw. lim
k s0
o(sk ) = 0. sk f ur s 0 (s 0).
Das heisst, f ur Terme O(s ) (s 0) existiert C > 0 mit |O(sk )| Csk und
o(sk ) 0 sk
203
f (x) f (x0 ) df (x0 )(x x0 ) = o(|x x0 |) (x x0 ), bzw. f (x) f (x0 ) = df (x0 )(x x0 ) + o(|x x0 |) = O(|x x0 |) (x x0 ). ii) Sei f :
iii) Sei f :
f (x) f (x0 ) = x2 1 = (x + 1)(x 1) = O(|x 1|) (x 1), bzw. f (x) f (x0 ) f (x0 )(x x0 ) = x2 1 2(x 1) = (x 1)2 = O(|x 1|2 ) = o(|x 1|) (x 1).
iv) Sei g : an der Stelle x0 dierenzierbar. Dann gilt g (x) g (x0 ) f ur x x0 , und die Notation o(|g (x) g (x0 )|) (x x0 ) ist sinnvoll. Weiter gilt o(|g (x) g (x0 )|) = o(|x x0 |) denn f ur g (x) = g (x0 ) folgt mit Beispiel i): o(|g (x) g (x0 )|) o(|g (x) g (x0 )|) |g (x) g (x0 )| (xx0 ) = = o(1) 0. |x x0 | |g (x) g (x0 )| |x x0 |
0 (xx0 ) C
(x x0 ),
Bemerkung 8.1.2. i) Das obige Beispiel 8.1.6.ii) zeigt, wie wichtig die korrekte Syntax beim Einsatz der Landau-Symbole ist. Ohne die Angabe des betrachteten Grenzprozesses x x0 ist das Landau-Symbol o(1) sinnlos. ii) Wie Beispiel iii) zeigt, erlauben die Landau-Symbole nur Absch atzungen; die Identit at O(|x 1|2 ) = o(|x 1|) (x 1) sagt nur aus, dass O(|x 1|2 ) 0 |x 1 | (x 1).
8.2
Sei
Dierentiationsregeln
n oen.
204
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Satz 8.2.1. Seien f, g : an der Stelle x0 dierenzierbar. Dann sind auch die Funktionen f + g und f g an der Stelle x0 dierenzierbar, und es gilt i) d(f + g )(x0 ) = df (x0 ) + dg (x0 ), ii) d(f g )(x0 ) = g (x0 )df (x0 ) + f (x0 )dg (x0 ). Falls zus atzlich g (x0 ) = 0, so ist auch f /g an der Stelle x0 dierenzierbar mit iii) d(f /g )(x0 ) = g (x0 )df (x0 ) f (x0 )dg (x0 ) . (g (x0 ))2
Beweis. Analog zu Satz 6.1.2. Zum Beispiel erhalten wir ii), indem wir entwickeln (f g )(x) (f g )(x0 ) g (x0 )df (x0 ) + f (x0 )dg (x0 ) (x x0 ) = f (x) g (x) g (x0 ) dg (x0 )(x x0 )
=o ( | x x 0 | )
= o(|x x0 |).
Satz 8.2.2. (Kettenregel, 1. Version) Sei g : an der Stelle x0 dierenzierbar, und sei f : dierenzierbar an der Stelle g (x0 ). Dann ist die Funktion f g : an der Stelle x0 dierenzierbar, und es gilt
f y0 = g (x 0 ) f (y0 )
x x0
f g
Beweis. F ur x x0 , x , gilt g (x) g (x0 ). Da f bei g (x0 ) dierenzierbar, folgt mit Beispiel 8.1.6.i) und iv) f ur x x0 die Absch atzung f (g (x)) f (g (x0 )) f (g (x0 )) g (x) g (x0 ) = o(|g (x) g (x0 )|) = o(|x x0 |).
8.2. DIFFERENTIATIONSREGELN Ebenso gilt g (x) g (x0 ) dg (x0 )(x x0 ) = o(|x x0 |) (x x0 ). Wir erhalten (f g )(x) (f g )(x0 ) f (g (x0 ))dg (x0 )(x x0 ) = f (g (x)) f (g (x0 )) f (g (x0 ))(g (x) g (x0 )) + f (g (x0 )) g (x) g (x0 ) dg (x0 )(x x0 ) = o(|x x0 |) (x x0 ),
205
2 mit
h(x, y ) = exy .
Schreibe h = f g mit f = exp und g (x, y ) = xy . Mittels direkter Rechnung erhalten wir dh(x, y ) = (yexy , xexy ) . Dasselbe Resultat erhalten wir durch Anwendung von Satz 8.2.2 in der Form dh(x, y ) = f (g (x, y )) dg (x, y ) = exy (y, x) . Satz 8.2.3. (Kettenregel, 2. Teil) Sei I und sei n oen. Sei weiter g : I an der Stelle t0 I dierenzierbar, und sei f : an der Stelle x0 = g (t0 ) dierenzierbar. Dann ist die Funktion f g : I an der Stelle t0 dierenzierbar, und es gilt
t0
g (t ) g (t 0 )
n Bemerkung 8.2.1. Im ersten Fall deuten wir dg als Geschwindigdt (t0 ) keitsvektor der Kurve t g (t) zur Zeit t0 , auf den die lineare Abbildung df (g (t0 )) : n wirkt. Im zweiten Fall deuten wir dg (t0 ) als Dierential der vektorwertigen Funktion g , das heisst, als lineare Abbildung dg (t0 ) : n, upfen. die wir mit der linearen Abbildung df (g (t0 )) : n verkn
206
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Beweis. Der Beweis ist vollkommen analog zum Beweis von Satz 8.2.2. Beispiel 8.2.2. i) Sei f (x, y ) = x2 + y 2 , (x, y ) Kurve cos t g (t) = , t . sin t
d (f g )(t) = 0. dt Dasselbe Ergebnis erhalten wir auch mit Satz 8.2.3, denn t
sin t cos t = 0.
= 2(cos t, sin t)
sin t cos t
dierenzierbar an der Stelle x0 , und sei e n \{0}. ii) Sei f : Betrachte die Gerade g (t) = x0 + te, t , durch x0 mit Richtungsvektor dg . dt (t0 ) = e, t0
Dann ist die Funktion f g in einer Umgebung von t0 = 0 deniert, und nach Satz 8.2.3 ist f g an der Stelle t0 = 0 dierenzierbar mit dg d (f g )(0) = df (g (0)) (0) = df (x0 )e. dt dt Wir deuten den Ausdruck df (x0 )e als Richtungsableitung von f in Richtung e. F ur e = ei ergibt sich insbesondere wieder f (x0 ) = df (x0 )ei , xi in Ubereinstimmung mit Bemerkung 8.1.1.
e g (t ) x0
8.2. DIFFERENTIATIONSREGELN Satz 8.2.4. Sei f : Br (0) Dann existiert 0 < < 1 mit
207
x0
x1 xt
Beweis. Setze g (t) = xt , 0 t 1. Dann ist nach Satz 5.3.1 und Satz 8.2.3 stetig und in ]0, 1[ dierenzierbar. Gem ass Satz die Funktion f g : [0, 1] 6.2.1 gibt es ]0, 1[ mit
d (f g )() dt
dg () = df (x )(x1 x0 ). dt
Beweis. Sei x0 , dazu r > 0 mit Br (x0 ) . Nach Satz 8.2.4 gilt x, y Br (x0 ) : |f (y ) f (x)| L |x y | , mit L = sup{|df (x)| ; x Br (x0 )} < . Integrale mit Parametern. Sei h = h(s, t) : 0 2 partiell dierenzierbar mit h ). Setze t C (
2 .
u(t) =
0
h(s, t) ds, t
Fragen i) Ist u C 1 ? ii) Wie l asst sich in diesem Fall die Ableitung u bestimmen? Deute u = f g mit
x
f (x, y ) =
0
h(s, y ) ds :
2 ,
g (t) =
t t
2 .
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
2), und nach Satz 7.3.4 ist f partiell bzgl. x dierenf (x, y ) = h(x, y ) C 0 ( x
2). 2).
h (s, y (s))(y y0 ) ds y
Behauptung. f ist partiell nach y dierenzierbar mit f (x, y ) = y Beweis. F ur festes x > 0, y0
x x 0
h (s, y ) ds C 0 ( y
f (x, y ) f (x, y0 ) =
(h(s, y ) h(s, y0 )) ds =
mit Zwischenstellen y (s) zwischen y0 und y , 0 s x. Mit Korollar 7.3.1 folgt f (x, y ) f (x, y0 ) y y0
x h h h (x, y0 ) ds (x, y (s)) (s, y0 ) ds y y 0 y 0 h h x sup (s, ) (s, y0 ) 0 (y y0 ), y y 0sx,| y0 |<|y y0 | x
ass da h y auf dem kompakten Streifen {(s, y ); 0 s x; |y y0 | 1} gem Satz 5.5.2 gleichm assig stetig ist. Ebenso erh alt man die Stetigkeit von
f y
f f f f f f (x, y ) (x0 , y0 ) (x, y ) (x0 , y ) + (x0 , y ) (x0 , y0 ) y y y y y y x x0 h h h = (s, y ) ds + (s, y ) (s, y0 ) ds y y y x0 0 h h h (s, y ) |x x0 | + x0 sup (s, y ) (s, y0 ) sup y 0sx0 y |sx0 |1, |y y0 |1 y 0 (x x0 , y y0 ) . Satz 8.2.3 ergibt somit u C 1 mit u (t) = f d f dg (f g )(t) = (g (t)), (g (t)) (t) dt x y dt t t h h 1 (s, t) ds (s, t) ds. = h(t, t) + = h(t, t), 1 t 0 t 0 (8.2.1)
u(t) =
0
209
Es folgt, u C 1 mit
t
u (t) = h(t, t) +
0
h (s, t) ds = b(t) u; t
vgl. Beispiel 7.1.5.vi) mit a = 1. Beachte, dass (s, t) = est die L osung ist des Anfangswertproblems u = u, u(s) = 1. ii) Die Gleichung (8.2.1) erm oglicht einen neuen Zugang zur Variation-derKonstanten Formel zur L osung der inhomogenen linearen Dierentialgleichung u (t) = A(t)u(t) + b(t) mit A C 0 ( ; nn ), b C 0 ( ; fangswertproblem (8.2.2)
d (t; s) = A(t)(t; s), (s; s) = id dt f ur alle s eine eindeutige L osung (t) = (t; s) C 1 ( ; A(t) = 1 erhalten wir (t; s) = est f ur alle s, t .)
nn). (F ur n = 1,
(8.2.4)
Den Ansatz
t
u(t) =
0
aus Beispiel 7.5.8.ii) f ur eine partikul are L osung von (8.2.2) k onnen wir nun auch ohne Benutzung von (7.5.12) leicht verizieren. Mit (8.2.1) erhalten wir u C 1 ( ; n ) mit
d (t; s)b(s) ds dt
t
b(t) + A(t)
0
wie gew unscht. Ebenso wie die Darstellung (7.1.5) einer partikul aren L osung im Falle n = 1 erh alt man auch in Dimensionen n > 1 die L osungsformel (8.2.4) aus dem Ansatz u(t) = (t; 0)c(t) mit variablem c = c(t).
210
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
8.3
In Abschnitt 7.5 haben wir bereits Funktionen v : n n als Vektorur jedes x als einen von felder gedeutet, wobei wir den Vektor v (x) n f diesem Punkt ausgehenden Richtungsvektor auassen, also als ein Element des Tangentialraums Tx n des n am Punkt x.
Analog k onnen wir auch Abbildungen : n L( n ; ) betrachten, welche jedem x eine lineare Abbildung (x) : Tx n zuordnen. = n n 1 n Bez uglich der Basis dx , . . . , dx von L( ; ) schreiben wir
(x) =
i=1
i (x)dxi
und k onnen jedes derartige so mit einer Abbildung = (1 , . . . , n ) : identizieren. Denition 8.3.1. Eine Abbildung : L( n ; ) heisst eine Dierentialform vom Grad 1 (kurz 1-Form oder Pfasche Form). Beispiel 8.3.1. i) F ur jedes f C 1 () ist das Dierential df eine 1-Form (von 0 der Klasse C ). ii) Der Ausdruck (x, y, z ) = 3dx + 2zdy + xydz deniert eine 1-Form auf (x, y, z ) = (3, 2z, xy ).
Bemerkung 8.3.1. i) Mit Hilfe des Skalarprodukts , n kann man ein Vektorfeld v = (v i )1in : n in eine 1-Form verwandeln. Setze dazu f ur jedes x w Tx n : (x)w := v (x), w n (8.3.1) Bez uglich der Standardbasis gilt = (i )1in mit x : i (x) = (x)ei = v (x), ei
= v i (x).
(8.3.2)
ii) Umgekehrt kann man via (8.3.1) (z.B. mit dem Rieszschen Darstellungssatz; siehe Beispiel 8.5.5.i)) auch 1-Formen auf in Vektorfelder v : n umwandeln; vergleiche Beispiel 8.5.5.i).
Speziell f ur = df ergibt Bemerkung 8.3.1.ii) die folgende Denition Denition 8.3.2. Sei f C 1 (). Das durch die Gleichung w
n
211
x : f (x) =
f xn (x)
Bemerkung 8.3.2. Sei f C 1 (), und sei x0 . Dann gibt f (x0 ) die Richtung und den Betrag des steilsten Anstiegs des Graphen G (f ) an der Stelle x0 an in dem Sinne, dass df (x0 ) f (x0 ) = |f (x0 )| = max df (x0 )e. |f (x0 )| eTx0 n , |e|=1
(Cauchy-Schwarz)
n
f (x0 ),
f (x0 ) |f (x0 )|
|f (x0 )|
= df (x0 )
f (x0 ) , |f (x0 )|
mit Gleichheit f ur e =
f (x0 ) |f (x0 )| . x 2 y 2 , 2
(x, y )
2, mit
x , y
df (x, y ) = (x, y ), f (x, y ) = und sei (x0 , y0 ) = (1, 1) mit |f (x0 , y0 )| = ii) Sei f C 1 ( 2,
1 f (x0 , y0 ) = |f | 2
1 . 1
2 ) mit
df (0) df (0) 0 1 1 1 = df (0)e2 = f (0) = 3, x2 f f (0) 2 (0) = 1. = 1 x x
Es folgt
f x1 (0)
212
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
8.4
Wegintegrale
Sei n oen, : [0, 1] ein Weg in von der Klasse C 1 (kurz C 1 ([0, 1]; )) mit Geschwindigkeitsvektorfeld d 1 dt (t) d . (t) = (t) = . . , 0 t 1. dt d n dt (t)
n
Sei weiter =
i=1
i (x)dxi mit = (1 , . . . , n ) C 0 (;
n)
d i (t) dt
t ( (t)) (t) = eine stetige Funktion auf [0, 1] deniert. Denition 8.4.1. Der Ausdruck
1
i ( (t))
i=1
:=
0
( (t)) (t) dt
(t ) (t )
Bemerkung 8.4.1. i) Anstelle [0, 1] kann man ein beliebiges Intervall [a, b] mit a < b als Parameterbereich betrachten. angig von orientierungserhaltenden Umparaii) Das Wegintegral ist unabh metrisierungen von . Bei orientierungsumkehrenden Umparametrisierungen von gilt
Beweis. Sei C 1 [0, 1]; , C 1 [a, b]; [0, 1] . Oenbar ist der Parameterwechsel C 1 [a, b]; [0, 1] orientierungserhaltend, falls (a) = 0, (b) = 1; er ist orientierungsumkehrend, falls (a) = 1, (b) = 0. Sei zun achst orientierungserhaltend mit (a) = 0, (b) = 1. Betrachte = C 1 [a, b]; .
213
=
0 (t=(s)) b
d d ((s)) (s) ds dt ds
=d ds (s)
=
a
(s)
d (s)ds = ds
F ur den Fall orientierungsumkehrender Umparametrisierungen gen ugt es, die Abbildung (t) = 1 t zu betrachten, mit (t) = (1 t), 0 t 1. Es gilt:
1
=
0
(1 t)
1
d (s=1t) (t) dt = dt
= (1t)
(s) (s)ds
1
(s) (s)ds =
Wir bezeichnen den obigen Weg (t) = (1 t), 0 t 1, als . angen iii) Wege 1 , 2 C 1 ([0, 1]; ) mit 1 (1) = 2 (0) kann man aneinanderh zu einem stetigen, st uckweise C 1 -Weg = 1 + 2 : [0, 2] mit t 1 (t), 0t1 2 (t 1), 1 t 2.
Oenbar kann man das Wegintegral einer 1-Form auch f ur derartige = 1 1 + 2 Cpw ([0, 2]; ) erkl aren (mit Index pw f ur Englisch piece-wise), und es gilt =
1 + 2 1
+
2
2) mit
cos t , 0 t 2, sin t
eine Parametrisierung des Einheitskreises, = (x, y ) die 1-Form mit (x, y ) = y dx + x dy, (x, y ) Dann gilt
2
2.
=
0
( sin t, cos t)
sin t cos t
dt =
0
214
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
ass ii) Sei n oen, C 1 ([0, 1]; ), f C 1 (). Betrachte = df . Gem Satz 8.2.3 gilt d df ( (t)) (t) = (f )(t); dt das heisst, 1 d (f )(t) dt = f ( (1)) f ( (0)) df = dt 0 h angt nur von Anfangs- und Endpunkt des Weges ab. Beispiel 8.4.1.ii) liefert ein Analogon zu Korollar 6.2.1.i). Satz 8.4.1. Sei n oen und (C 1 -)wegzusammenh angend im Sinne von Denition 5.6.2, und sei f C 1 () mit df = 0. Dann ist f konstant. Beweis. Zu je zwei Punkten x0 , x1 gibt es ein C 1 ([0, 1]; ) mit x0 = (0), x1 = (1). Mit Beispiel 8.4.1.ii) erhalten wir f (x1 ) f (x0 ) = f ( (1)) f ( (0)) = df = 0.
Bemerkung 8.4.2. Analog zu Satz 5.6.8 ist eine oene und zusammenh angende Menge n stets C 1 -wegzusammenh angend. Das Beispiel
zeigt jedoch, dass dies im Allgemeinen nicht mehr gilt, wenn nicht oen ist. Wie kann man entscheiden, ob eine Dierentialform von der Form = df ist f ur ein f C 1 ()? i) f C 1 (): = df . ( ist exakt mit Potential f .)
1 ii) F ur je zwei Wege 1,2 Cpw ([0, 1]; ) mit 1 (0) = 2 (0), 1 (1) = 2 (1) gilt
=
1 2
1 ur jeden geschlossenen Weg Cpw ([0, 1]; ) mit (0) = (1) gilt iii) F
= 0.
1 ii) i): Fixiere p0 . Setze f (p0 ) = 0. F ur x sei Cpw ([0, 1]; ) ein Weg mit (0) = p0 , (1) = x. Nach Annahme ii) ist die durch
f (x) :=
215
1 Beweis. Sei x0 , 0 Cpw ([0, 1]; ) ein Weg von p0 = 0 (0) nach x0 = 0 (1). Sei r > 0 mit Br (x0 ) . F ur beliebiges i {1, . . . , n}, 0 < |h| < r gilt
0 +
=
0
=
0
das heisst, f ist auf partiell in Richtung ei dierenzierbar mit f (x0 ) = (x0 )ei C 0 (), 1 i n, xi und f C 1 () mit df = .
1 ii) iii): Sei Cpw ([0, 1]; ) geschlossen mit (0) = (1) = x0 . W ahle zum Vergleich den konstanten Weg 1 (t) = x0 , 0 t 1. Mit ii) folgt
=
1
= 0.
x0 1
2 2 x1
1 iii) ii): Seien 1,2 Cpw ([0, 1]; ) mit 1 (0) = 2 (0), 1 (1) = 2 (1). Deniere 1 den Weg 2 (t) := 2 (1 t) Cpw ([0, 1]; ) mit 1 2
(2 (1 t)) 2 (1 t) dt =
.
2
0=
=
1
+
2
=
1
.
2
216
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Bemerkung 8.4.3. Der Beweis von Satz 8.4.2 liefert oenbar ein Verfahren zur Berechnung des Potentials f der 1-Form = df . Beispiel 8.4.2. i) Sei (x, y ) = 2xy 2 dx + 2x2 ydy, (x, y )
2.
Wir setzen an f (0, 0) = 0 und bestimmen zun achst einen Ansatz f ur f (x, 0), indem wir setzen f (x, 0) =
Da y = 0 l angs , folgt
1
f (x, 0) =
0
( (t)) (t) dt =
0
(2tx 0, 2t2 x2 0)
x 0
dt = 0.
2 den Ansatz
,
wobei wir nun den Weg w ahlen mit (t) = (x, ty ), 0 t 1. Dies ergibt
1
f (x, y ) = 0 +
0
0 y
dt =
0
2x2 ty 2 dt = x2 y 2 .
2 .
(x, y )
(x, 0)
ii) Das analoge Vorgehen im Fall (x, y ) = 2xy 2 dx + 2ydy, (x, y ) ergibt f (x, 0) = 0, x
, und
2 2.
1 0
f (x, y ) =
2ty 2 dt = y 2 , (x, y )
Die Probe versagt jedoch, da df (x, y ) = (0, 2y ) = (x, y ), falls x = 0 = y . iii) Ebenso besitzt die 1-Form (x, y ) = ydx + xdy aus Beispiel 8.4.1 kein Potential auf 2 .
8.4. WEGINTEGRALE
217
8.4.1
Konservative Vektorfelder
In Bemerkung 8.3.1 haben wir gesehen, dass wir Vektorfelder in 1-Formen verwandeln k onnen mittels dem Skalarprodukt. Somit k onnen wir auch das Wegintegral f ur Vektorfelder erkl aren. Sei n oen, v = (v i )1in C 0 (; 1-Form , wobei x , w Tx und sei C 1 ([0, 1]; ). Denition 8.4.2. Das Wegintegral von v l angs ist erkl art als
1
n :
(x)w = v (x), w
v ds =
=
0
v ( (t)), (t)
dt.
Das Symbol ds heisst gerichtetes L angenelement (mit der Darstellung ds = (t)dt). Denition 8.4.3. Das Vektorfeld v C 0 (; n ) heisst konservativ, falls f ur 1 jeden geschlossenen Weg Cpw ([0, 1]; ) mit (0) = (1) gilt
v ds = 0.
(Mit einem konservativen Kraftfeld v kann man also kein perpetuum mobile konstruieren.) Aus Satz 8.4.2 folgt unmittelbar: Satz 8.4.3. F ur v C 0 (; i) v ist konservativ; ii) f C 1 (): v = f . In diesem Fall heisst v Potentialfeld mit dem Potential f . Beispiel 8.4.3. Sei v :
n) sind aquivalent:
wobei g C 0 (]0, [). Behauptung. Das Vektorfeld v ist konservativ, ein Potentialfeld. Beweis. Sei G die Stammfunktion
r
G(r) =
1
g (s)ds,
0 < r < .
Setze f (x) =
1 G |x|2 . 2
218
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Mit der Kettenregel folgt: f (x) = G |x|2 xi = g (|x|2 )xi , xi das heisst,
f x1
1 i n;
v=
. . .
f xn
= f.
8.5
Sei
ohere Ableitungen H
n oen, f C 1(). 2 )
Denition 8.5.1. Die Funktion f heisst von der Klasse C 2 , f C 2 (), falls f 1 xi C (), 1 i n. Beispiel 8.5.1. Sei f (x, y ) = x2 + 4xy + y , (x, y ) 2 . Dann ist f C 2 ( mit f f (x, y ) = 2x + 4y, (x, y ) = 4x + 1 x y und 2f (x, y ) = 2, (x)2 Frage: 2f 2f (x, y ) = 4 = (x, y ), xy yx 2f (x, y ) = 0. (y )2
Bemerkung 8.5.1. Die Voraussetzung f C 2 () ist wichtig, wie das Beispiel der Funktion x 2 y 2 xy x (x, y ) = (0, 0) 2 +y 2 , f (x, y ) = 0, x=y=0 zeigt. Oenbar gilt f C 2 (
folgt zudem, dass f an der Stelle (x0 , y0 ) = (0, 0) dierenzierbar ist mit df (0, 0) = 0. Weiter gilt f (x, 0) = 0, x f (0, y ) = y, x f (x, 0) = x, y f (0, y ) = 0; y
219
also existieren an der Stelle (x0 , y0 ) = (0, 0) auch die zweiten Ableitungen. Jedoch gilt 2f 2f (0, 0) = 1 = (0, 0) = 1. yx xy Beweis von Satz 8.5.1. Sei x0 , i = j . F ur gen ugend kleine h, k > 0 betrachte den Ausdruck I := f (x0 + hei + kej ) f (x0 + hei ) f (x0 + kej ) f (x0 ) . Indem wir schreiben
1
df = k
0
f (x0 + tkej ) dt , xj
(t) = x0 + tkej , 0 t 1,
I =k
0
I = hk
0
Vertauschen der Summationsfolge l asst den Ausdruck I = f (x0 + hei + kej ) f (x0 + kej ) f (x0 + hei ) f (x0 ) . unver andert; jedoch werden dabei die Rollen von i und j vertauscht, und wir erhalten 1 1 2f I = hk (x0 + shei + tkej ) dt ds . j i 0 0 x x Da
2 f xi xj
Rij :=
0
analog Rji 0 (h, k 0). Subtraktion der obigen beiden Ausdr ucke f ur I und Division durch hk ergibt somit
1 1 0 1
0=
0
220
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
2f 2f (x0 ) = (x0 ), i j x x xj xi
wie gew unscht. Mit Satz 8.5.1 erhalten wir eine einfach zu handhabende notwendige Bedingung f ur ein konservatives Vektorfeld. Korollar 8.5.1. Sei v = (v i )1in C 1 (;
v j v i = , 1 i, j n. xj xi Beweis. Nach Voraussetzung ist v = f f ur ein f C 2 (). Mit Satz 8.5.1 folgt 2f 2f v j v i = = = , 1 i, j n. xj xj xi xi xj xi 2xy 2 , (x, y ) 2y
2. Es gilt
v 1 (x, y ) = 4xy, y
v 2 (x, y ) = 0; x
Denition 8.5.2. Die Funktion f C 1 () heisst von der Klasse C m , f f m1 C m (), falls x (), 1 i n. i C ass Satz 8.5.1 sind f ur f C m () partielle AbleitunBemerkung 8.5.2. Gem gen der Ordnung m beliebig vertauschbar. Beispiel 8.5.3. Sei f : f (x, y, z ) = ex sin(z ) + arctan(y ) cos2 (x). Dann folgt
3 f xyz
3 die Funktion
= 0 auf , da f = f1 + f2 mit f1 = 0, y f2 =0 z
auf .
8.5.1
8.5. HOHERE ABLEITUNGEN Gem ass Satz 8.2.3 ist die Funktion (t) = f (xt ) C m ([0, 1]) mit d (t) = df (xt )(x1 x0 ) = dt d2 (t) = dt i . . . . . . dm (t) = dt i
n n n i=1
221
f i (xt )(xi 1 x0 ) xi
1 ,i2
1 ,...,im
Satz 6.5.2, angewandt auf , ergibt Satz 8.5.2. (Taylorformel) Sei f C m (), und seien x0 , x1 mit (8.5.1). Dann gibt es eine Zahl 0 < < 1 mit f (x1 ) = f (x0 ) + df (x0 )(x1 x0 ) + + + 1 m! i
n
1 ,...,im
Beispiel 8.5.4. Sei f (x, y ) = x2 + 2xy + y 3 , (x, y ) R2 , mit f f 2f (x, y ) = 2, (x, y ) = 2x + 2y, (x, y ) = 2x + 3y 2 , x y (x)2 3f 2f 2f (x, y ) = 6y, (x, y ) = 6; (x, y ) = 2, 2 xy (y ) (y )3 alle weiteren Ableitungen verschwinden. Mit Satz 8.5.2 erhalten wir f ur m = 4 und (x0 , y0 ) = (0, 0) die Darstellung f (x, y ) = 1 2 2f 2f 1 3f 2 ( x, y ) x + 2 (0, 0)y 3 (0 , 0) xy + + (x)2 xy 6 (y )3
|| f (x1 )1 . . . (xn )n
f (x0 )(x1 x0 )
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Wie in Abschnitt 5.5 denieren wir das Taylor-Polynom m-ter Ordnung Tm f (x, x0 ) = f (x0 ) + df (x0 )(x x0 ) + . . . + 1 m! i
n
1 ,...,im
||=m
ass Satz 8.5.2 gilt f ur f C m () Bemerkung 8.5.4. i) Gem f (x) = Tm f (x; x0 ) + rm f (x, x0 ) mit |rm f (x1 ; x0 )| =
0<<1, ||=m m o(|x1 x0 | ) (x1
nm m!
sup
| f (x ) f (x0 )| |x1 x0 |m x0 ).
ii) Falls f C m+1 (), so liefert Satz 8.5.2 alternativ die Absch atzung |rm f (x1 ; x0 )|
iii) Insbesondere f ur m = 2 erhalten wir f ur f die quadratische N aherung f (x1 ) = f (x0 ) + df (x0 )(x1 x0 )+ 2f 1 j j i (x0 )(xi 1 x0 )(x1 x0 ) + r2 f (x1 , x0 ) 2 i,j =1 xi xj mit Fehler r2 f (x1 , x0 ) = o(|x1 x0 | ) (x1 x0 ). Analog zu Korollar 6.5.1 f ur n = 1 gilt nun: Satz 8.5.3. Sei f C 2 (), x0 . i) Falls x0 lokale Minimalstelle von f ist, so gilt df (x0 ) = 0. ii) Falls df (x0 ) = 0 und falls die symmetrische quadratische Hesse-Matrix Hessf (x0 ) = positiv denit ist im Sinne von
n 2 2
2f (x0 ) xi xj
1i,j n
2f (x0 ) i j > 0 xi xj
f ur alle
223
Beweis. i) Sei x0 eine lokale Minimalstelle von f , und nimm widerspruchsweise f (x0 ) an, df (x0 ) = 0. Setze e = | f (x0 )| . Dann hat die Funktion (t) = f (x0 + te), |t| << 1, bei t = 0 ein lokales Minimum; jedoch gilt d (0) = df (x0 )e = |f (x0 )| > 0 dt im Widerspruch zu Korollar 6.5.1.i). ii) Da S n1 = B1 (0;
S n1 : Hessf (x0 )(, ) | | . Mit Bemerkung 8.5.4.iii) folgt f ur x = x0 gen ugend nahe bei x0 die Ungleichung f (x) f (x0 ) |x x0 | + r2 f (x; x0 ) wie gew unscht.
2
2 |x x0 | > 0 , 2
Denition 8.5.3. i) Ein Punkt x0 mit df (x0 ) = 0 heisst kritischer Punkt, der zugeh orige Wert f (x0 ) kritischer Wert von f . ii) Die quadratische Form Hessf (x0 )(, ) heisst Hessesche Form. Bemerkung 8.5.5. Analog zu Satz 8.5.3.ii) ist ein kritischer Punkt x0 von f , wo die Hesse-Matrix negativ denit ist mit
n \ {0} :
eine strikte lokale Maximalstelle von f . Beispiel 8.5.5. i) (Rieszscher Darstellungssatz) Sei L( die Funktion f C ( n ) mit
n; ). Betrachte
f (x) = F ur x
1 2 |x| x. 2
n :
df (x0 )w = x0 , w
w = 0.
n \ {0} :
224
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
. Es
2f (x)2 2f xy
2f yx 2f (y )2
(x, y ) =
=: H.
Oenbar ist (x0 , y0 ) = (0, 0) kritischer Punkt von f . Die Eigenwerte von H entscheiden, um welchen Typ es sich handelt. Das charakteristische Polynom p() = det(H id) = (1 )( ) 2 = 2 (1 + ) + 2 der Matrix H hat die Nullstellen 1,2 = 1+ 2 (1 + )2 + 2. 4
(Beachte: (1 + )2 4 = (1 )2 0.) Um das Verhalten von f in der N ahe von (x0 , y0 ) = (0, 0) zu verstehen, unterscheiden wir die folgenden F alle: i) > 2 . In diesem Fall gilt 1,2 > 0; also ist H positiv denit, und der Punkt (x0 , y0 ) = (0, 0) ist eine strikte lokale (sogar die globale) Minimalstelle. ii) = 2 . Es gilt 1 > 0 = 2 , und H ist positiv semi-denit. Da f quadratisch ist, folgt (x, y ) 2 : f (x, y ) 0.
f (y, y ) = 0;
der Punkt (x0 , y0 ) = (0, 0) ist also ein (entartetes) lokales Minimum. iii) < 2 . Dann gilt 1 > 0 > 2 ; die Matrix H ist indenit. Der Punkt (x0 , y0 ) = (0, 0) ist also weder ein lokales Minimum noch ein lokales Maximum von f sondern ein Sattelpunkt: Jede Umgebung U von (0,0) enth alt Punkte p, q U mit f (p) > 0 > f (q ).
8.5.2
Der Raum C m ()
Falls
n beschr ankt, so ist analog zu Satz 6.5.1 und Satz 8.1.2 der Raum
= {f C m (); f und alle partiellen Ableitungen bis zur Ordnung m sind auf stetig erg anzbar.}
C m ()
= f
C 0 ()
+
||m
C 0 () .
225
8.5.3
Falls f C (), so k onnen wir an jedem x0 die formale Reihe bilden pf (x; x0 ) = 1 m ! m=0
||=m
f (x0 )(x x0 ) .
existiert mit m 0 || = m :
dann konvergiert pf (x; x0 ) f ur jedes x Beweis. Sch atze ab |pf (x; x0 )| mit am = 1 m!
||=m
n .
| f (x0 )| M m ,
m=0
am |x x0 |m nm M m , m!
| f (x0 )|
0.
n konvergent.
(x + y + z )k , k!
(x, y, z )
3 .
3 f ur jedes n 0:
Nach Satz 8.5.4 konvergiert pf (; p0 ) also auf ganz ii) Analog f ur exp, sin, cos : =
3.
Denition 8.5.5. Eine Funktion f C () heisst reell analytisch, falls f ur alle x0 in einer Umgebung U von x0 gilt: f (x) = pf (x; x0 ), x U.
Beispiel 8.5.7. i) Polynome, rationale Funktionen, die Funktionen exp, sin, cos : = 2 sind reell analytisch.
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
n mit
f (x) = e1/(1|x| ) , 0,
2
8.6
Sei
Vektorwertige Funktionen
n oen, f = (f i)1il : l .
dierenzierdierenzierbar ist.
Denition 8.6.1. i) Die Funktion f heisst an der Stelle x0 bar, falls jede Komponente f i , 1 i l, an der Stelle x0 Das Dierential df (x0 ) hat die Gestalt 1 df (x0 ) . n df (x0 ) = . = n T f (x 0 ) l . : Tx0
df l (x0 )
= l .
ii) f heisst auf dierenzierbar, bzw. von der Klasse C m , m 1, falls jedes f i dierenzierbar ist, bzw. f i C m (), 1 i l.
Tx0
f T f (x 0 )
df (x0 ) x0 f (x 0 )
Notation: C m (;
l) = {f = (f i)1il ;
f i C m (), 1 i l}.
Bemerkung 8.6.1. i) Bzgl. der Standardbasis dxj , 1 j n, erhalten wir mit n f i f i f i df i (x0 ) = (x0 )dxj = (x0 ), . . . , n (x0 ) j 1 x x x j =1 die Darstellung
n
df (x0 ) =
j =1
f (x0 )dxj = j x
. . . l f x1 (x0 )
f 1 x1 (x0 )
... ...
f 1 xn (x0 )
. . . . l f xn (x0 )
227
f i (x0 ) xj
1il, 1j n
heisst Jacobi- oder Funktionalmatrix von f an der Stelle x0 . ii) Auch im vektorwertigen Fall ist die Funktion f genau dann dierenzierbar an der Stelle x0 , wenn eine lineare Abbildung A : n l existiert mit
xx0 , 0=x
lim
2 2 gegeben mit
x2 y 2 , (x, y ) 2xy
2. 2. 3. 3.
2; 2) mit
2x 2y , (x, y ) 2y 2x
3 2 gegeben mit
f (x, y, z ) = x2 + y 2 + z 2 , (x, y, z ) xyz
Dann ist f C (
3; 2) mit
2x 2y yz xz 2z , (x, y, z ) xy
df (x, y, z ) =
Es gelten die u blichen Dierentiationsregeln: Satz 8.6.1. Seien f, g : l an der Stelle x0 dierenzierbar, . Dann sind die Funktionen f , f + g sowie das Skalarprodukt von f und g an der Stelle x0 dierenzierbar, und i) d(f )(x0 ) = df (x0 ), ii) d(f + g )(x0 ) = df (x0 ) + dg (x0 ), iii) d(f g )(x0 ) = f (x0 ) dg (x0 ) + g (x0 ) df (x0 ),
l
i=1
Beweis. Der Beweis von Satz 8.2.1 l asst sich unmittelbar u bertragen. Beispiel 8.6.2. Seien f (x) = g (x) = x mit df (x) = id, x ergibt x n , n : d(|x|2 ) = 2x .
n. Satz 8.6.1
228
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Satz 8.6.2. (Kettenregel, 3. Teil) Seien g : l an der Stelle x0 und f : l m an der Stelle y0 = g (x0 ) l dierenzierbar. Dann ist die Funktion f g : m an der Stelle x0 dierenzierbar, und
d(f g )(x0 ) = df (g (x0 )) dg (x0 ). Proof. Der Beweis ist derselbe wie von Satz 8.2.2. Bemerkung 8.6.2. i) Falls g : f (y ) = Ay, so ist f g :
n m linear mit
(f g )(x) = ABx, x
ii) Im folgenden Abschnitt sind die Rollen von f und g meist vertauscht. Das heisst, wir betrachten dierenzierbare Funktionen f : l , g : l m und wenden Satz 8.6.2 an auf die Funktion g f mit d(g f )(x0 ) = dg (f (x0 )) df (x0 ). (g f )i (x0 ) = xk
l j =1
(8.6.1)
In Koordinaten und mit y0 = f (x0 ) k onnen wir die Formel (8.6.1) schreiben g i (y0 ) f j (x0 ) , 1 i m, 1 k n. y j xk
Beispiel 8.6.3. Betrachte die Funktionen g = f1 : aus Beispiel 8.6.1. Die Funktion (g f )(x, y, z ) = ist dierenzierbar mit d(g f )(x, y, z ) = dg (f (x, y, z )) df (x, y, z ) = =
2 2, f = f2 : 3 2
:
3 2
2x 2y yz xz
2z xy
8.7
Sei
Der Umkehrsatz
Fragen i) Unter welchen Bedingungen ist die Umkehrabbildung f 1 : wieder von der Klasse C 1 ?
229
ii) Gibt es Bedingungen an df (x0 ), die gew ahrleisten, dass f in einer Umgebung von x0 injektiv ist?
x0 U
V f (x 0 )
Oenbar liefert Satz 8.6.2 eine notwendige Bedingung: Falls f C 1 (; g C 1 (; n ) zu f invers, so folgt f ur jedes x0 :
n),
Gem ass dem folgenden Satz ist diese Bedingung auch hinreichend f ur die lokale Invertierbarkeit von f . Satz 8.7.1. (Umkehrsatz) Sei f C 1 (; n ) und sei df (x0 ) : n n invertierbar an einer Stelle x0 . Dann existieren Umgebungen U von x0 , V von f (x0 ) = y0 und eine Funktion g C 1 (V ; n ) mit g = (f U )1 ; das heisst, x U : g (f (x)) = x, y V : f (g (y )) = y. Weiter gilt f ur alle x U gem ass (8.6.1) die Beziehung dg (f (x)) = df (x)
1
Bevor wir diesen Satz beweisen, diskutieren wir die Aussage durch Vergleich mit dem Fall n = 1 und anhand von Beispielen. Beispiel 8.7.1. i) Falls n = 1, f C 1 (]a, b[) mit f (x0 ) > 0 f ur ein x0 ]a, b[, so folgt aus der Stetigkeit von f die Existenz von r > 0 mit Nach Satz 6.2.2 ist f : ]x0 r, x0 + r[]c, d[ invertierbar mit g = f 1 C 1 (]c, d[), und 1 d f 1 df (x) = . dy dx y =f ( x ) Das heisst, das Dierential d f 1 (y ) wird bzgl. der Standardbasis dy an der Stelle y = f (x) dargestellt durch f 1 (x ) . ii) Betrachte die Funktion f C ( f (x, y ) = x ]x0 r, x0 + r[: f (x) > 0.
x2 y 2 , df (x, y ) = 2xy
230
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Da f ur (x, y ) = (0, 0) stets gilt det df (x, y ) = 4(x2 + y 2 ) > 0, ist f nach Satz 8.7.1 lokal um jeden Punkt (x0 , y0 )
Wegen f (z ) = f (z ), z , ist f nicht global invertierbar auf 2 \{(0, 0)}. oglich ist. Entsprechend Satz 8.7.1 zeigt jedoch, dass dies lokal auf 2 \{(0, 0)} m kann man lokal auf \{0} eine Quadratwurzelfunktion denieren.
iii) Polarkoordinaten in
f f (r, ), (r, ) = r
det(df (r, )) = r(cos2 + sin2 ) = r > 0. Gem ass Satz 8.7.1 kann man mittels f lokal Polarkoordinaten auf
f ist injektiv zum Beispiel auf ]0, [] 2 , 2 [=: U mit
2 einf uhren.
= g:
x y
r = x2 + y 2 . = arctan(y/x)
Die Koordinatenlinien (r) = f (r, ) ( fest) und () = f (r, ) (r fest) schneiden sich senkrecht, da in jedem Punkt (r, ) gilt d d f f = = 0. dr d r
(x, y ) (, r ) r r x
Beweis von Satz 8.7.1. OBdA seien x0 = 0, y0 = f (x0 ) = 0. (Betrachte (x) = f (x + x0 ) f (x0 ).) W sonst die Funktion f ahle r0 > 0 so, dass df (x) achst: invertierbar f ur alle x Br0 (0). Wir zeigen zun
8.7. DER UMKEHRSATZ Behauptung 1. F ur gen ugend kleines 0 < r < r0 und = (r) > 0 gilt: y B (0) !x Br (0) : y = f (x). Zum Beweis dieser Behauptung versuchen wir, f ur y als Fixpunkt der Abbildung y : x x + df (0)1 (y f (x))
231
zu erhalten. Gem ass Satz 7.5.2 gen ugt es daf ur, die folgenden Aussagen zu beweisen. Behauptung 2. 0 < r < r0 y Br (0): n x, x 1 |x x | . 2
|y (x) y ( x)|
Fixieren wir 0 < r < r0 gem ass Behauptung 2, so zeigen wir weiter: Behauptung 3. = (r) > 0 y B (0): y : Br (0) Br (0) . Beweis von Behauptung 1. Gem ass den Behauptungen 2 und 3 ist f ur jedes y B (0) die Abbildung y : Br (0) Br (0) kontrahierend. Mit dem Kontraktionsprinzip, Satz 7.5.2, folgt Behauptung 1 nun unmittelbar. Beweis von Behauptung 3. Zu gegebenem r > 0 w ahle 0 < < F ur |y | sch atze ab |y (0)| = df (0)1 y df (0)1 < Mit Behauptung 2 folgt f ur x Br (0): |y (x)| |y (x) y (0)| + |y (0)| 1 r r |x| + |y (0)| < + = r. 2 2 2 r . 2
r 2 df (0)1
Beweis von Behauptung 2. Schreibe f ur x, x Br (0) y (x) y ( x) = (x x ) + df (0)1 f ( x) f (x) Mit der Darstellung
1
f ( x) f (x) = =
0 1 0
232
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
sup
z Br (0)
df (z ) df (0) 0 (r 0).
Bemerkung: Das in Satz 7.5.2 eingef uhrte Iterationsverfahren liefert im obigen Kontext ein sehr ezientes Verfahren zur numerischen Bestimmung des Urbildes von y unter f , ausgehend von einer Startn aherung x0 Br (0), mittels der Vorschrift xn+1 = y (xn ), n 0 .
Insbesondere im Fall n = 1, y = 0 wird dieses Newton-Verfahren gern herangezogen zur n aherungsweisen Berechnung der Nullstellen einer Funktion f C 1 ( ).
n und deniere
U := f 1 (V ) Br (0). Dann sind U und V oen, und gem ass Behauptung 1 ist f Die Funktion 1 g := f U :V U
U
: U V bijektiv.
ist also wohldeniert. Beachte weiter, dass df (x) nach Wahl von r < r0 invertierbar ist an jeder Stelle x U . Behauptung 4. g C 1 (V ;
y V : dg (y ) = df (g (y ))
Beweis. i) F ur y = f (x), y = f ( x) V mit x = g (y ), x = g ( y) U Br (0) erhalten wir mit Behauptung 2 bei Wahl von y = 0 die Absch atzung |x x| = 0 ( x) 0 (x) + df (0)1 (f ( x) f (x)) |0 ( x) 0 (x)| + df (0)1 |y y| 1 |x x| + C |y y| ; 2 |x x| 2C |y y| . ii) Fixiere y = f (x) V mit x U . Falls V y = f ( x) y , y = y , so folgt mit i) auch x = g ( y ) x = g (y ), x = x. Schreibe Rg := g ( y )g (y ) df (x) = df (x)
1 1
also
( y y) = x x df (x)
(f ( x) f (x))
f ( x) f (x) df (x)( x x) .
8.8. IMPLIZITE FUNKTIONEN Mit i) erhalten wir |Rg | |f ( x) f (x) df (x)( x x)| 2C df (x)1 0 ( y y ). |y y| |x x| Das heisst, g ist an der Stelle y V dierenzierbar mit dg (y ) = df (x) und g C 1 (V ;
1
233
= df (g (y ))
n).
Mit Behauptung 4 ist nun auch Satz 8.7.1 vollst andig bewiesen.
8.8
Implizite Funktionen
Wir beginnen mit einfachen Beispielen. Beispiel 8.8.1. i) Der Einheitskreis S 1 = {(x, y )
2;
x2 + y 2 = 1}
mit der impliziten Darstellung S 1 = f 1 ({0}), wo f (x, y ) = x2 + y 2 1 l asst sich lokal darstellen als Graph der Funktion y = h(x) = 1 x2 , 1 < x < 1, bzw. als Graph der Funktion x = l(y ) = 1 y 2 , 1 < y < 1.
y y= 1 x2
Nat urlich k onnen wir M auch parametrisieren durch (t) = (cos(t), sin(t))t C 1 ( ; 2 ).
234
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
und f ur festes
Z = {(x, y, z )
3; x2 + y2 = 1},
M = {(x, y, z ) Z ; z = x}. Wie in i) k onnen wir M lokal als Graph (y, z ) = h(x) schreiben mit 1 x2 , 1 < x < 1, h(x) = x oder als Graph (x, z ) = (y ) mit (y ) = 1 y2 1 y 2 , 1 < y < 1.
Falls = 0, k onnen wir M auch darstellen als Graph der Funktion (x, y ) = m(z ) mit z/ , |z | < . m(z ) = 1 (z/)2 Wir k onnen M auch durch (t) = (cos(t), sin(t), cos(t))t C 1 ( ; metrisieren oder implizit darstellen als M = f 1 {0} mit f (x, y, z ) = iii) Sei Kb der Doppelkegel Kb = {(x, y, z ) x2 + y 2 1 z x :
3) para-
3 2.
3 ;
x2 + y 2 = b2 z 2 } z = 1 + x},
mit Onungsverh altnis b > 0. Indem wir Kb schneiden mit der Ebene E = {(x, y, z ) erhalten wir die Schnittkurven : x2 + y 2 = b2 (1 + x)2 = b2 + 2b2 x + b2 2 x2 , z = 1 + x. F ur b2 2 < 1 handelt es sich dabei um eine Ellipse, f ur b2 2 = 1 um eine Parabel, und f ur b2 2 > 1 um eine Hyperbel. Implizit lassen sich diese Kegelschnitte wiederum bequem darstellen in der Form = f 1 ({(0, 0)}), wobei f : 3 2 gegeben ist durch
3;
f (x, y, z ) =
x2 + y 2 b2 z 2 . z (1 + x)
Wie in i) lassen sich die betrachteten Schnittkurven oenbar ebenfalls lokal als Graph von Funktionen (y, z ) = h(x), bzw. (x, z ) = l(y ) bzgl. x oder y schreiben. Beachte: h und l sind vektorwertig und haben ebensoviele Komponenten wie f .
235
Kb
x E
iv) Sei f (x, y ) = x2 y 3 , (x, y ) 2 . Die implizit durch = f 1 ({0}) gegebene Kurve hat eine Spitze bei x = y = 0.
f 1 ({0})
y = |x| 3
Wodurch unterscheiden sich diese Beispiele? Gibt es eine allgemeine Theorie? Sei
n oen, f C 1 (; l), p0 .
df (p0 )(
Denition 8.8.1. Der Rang von df (p0 ) ist die Dimension des Bildraumes
n) = {df (p0);
n } l .
Bemerkung 8.8.1. Oenbar gilt stets Rang (df (p0 )) min{n, l}, und Gleichheit gilt in folgenden F allen: n l : falls df (p0 ) surjektiv, n = l : falls df (p0 ) bijektiv. Denition 8.8.2. Der Punkt p0 heisst regul arer Punkt von f , falls Rang (df (p0 )) = min{n, l} , n l : falls df (p0 ) injektiv,
236
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
das heisst, falls der Rang von df (p0 ) maximal ist. Falls n = l, so ist f in der N ahe eines regul aren Punktes invertierbar nach Satz 8.7.1. Im folgenden interessiert uns jedoch der Fall n > l. Wir betrachten erneut die Beispiele 8.8.1.i)-iii). Beispiel 8.8.2. i) F ur f (x, y ) = x2 + y 2 1, (x, y )
2, gilt
(x, y ) f 1 ({0}) : df (x, y ) = (2x, 2y ) = (0, 0); das heisst, jedes p0 = (x0 , y0 ) mit f (p0 ) = 0 ist regul ar. ii) Die Funktion f (x, y, z ) = x2 + y 2 1 z x 2x 2y 0 :
3 2
0 . 1
Oenbar hat df (x, y, z ) den Rang 2 f ur alle p0 = (x0 , y0 , z0 ) f 1 ({(0, 0)}); also sind alle diese Punkte regul ar. ur die Funktion iii) F f (x, y, z ) = mit Konstanten x2 + y 2 b2 z 2 z (1 + x) 2x 2y 0 :
3 2
, b > 0 hat
df (x, y, z ) =
2b2 z 1
den Rang 2 f ur alle p0 = (x0 , y0 , z0 ) f 1 ({(0, 0)}); diese Punkte sind also allesamt regul ar. ur f (x, y ) = x2 y 3 : iv) F
2 mit
df (x, y ) = (2x, 3y 2 )
ist der Punkt p0 = (0, 0) mit f (p0 ) = 0 nicht regul ar. v) Sei f (x, y ) = x3 + y 3 3xy : Beachte: in einem nicht regul aren Punkt (x, y ) gilt also die Gleichung x = x4 . Somit sind (x0 , y0 ) = (0, 0) sowie (x, y ) = (1, 1) die einzigen nicht regul aren Punkte von f . Die Kurve = f 1 ({0}) heisst Descartesches Blatt. Oenbar ist der Punkt p0 = (0, 0) der einzige Punkt in , wo nicht lokal als Graph beschrieben werden kann. df (x, y ) = (0, 0) x2 = y und y 2 = x ;
2 mit
3.
237
Der folgende Satz liefert die Erkl arung f ur den in den obigen Beispielen zutage tretenden Zusammenhang zwischen regul aren Punkten und der Existenz einer lokalen Darstellung der Niveau-Menge f 1 ({0}) als Graph. Satz 8.8.1. (Satz u ber implizite Funktionen) Sei f C 1 (; l ), l < n, und sei p0 regul ar mit f (p0 ) = 0. W ahle Koordinaten (x, y ) k l , n k l k + l = n, auf , so dass =
y f (p0 ) =
f i (p0 ) y j
1i,j l
invertierbar. Sei p0 = (x0 , y0 ) in diesen Koordinaten. Dann gibt es Umgebungen U von x0 in k , W von p0 in h C 1 (U ; l ) mit h(x0 ) = y0 , so dass gilt:
z f
1
({0}) F F (W ) 0
W y0 p0 (x, h(x))
x0 U
x0
238
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Beispiel 8.8.3. i) Im Falle des Beispiels 8.8.2.v) wird demnach die Menge S = f 1 {0} ausser bei p0 = (0, 0) lokal um jeden Punkt als ein Graph dargestellt. Bei p0 = (0, 0) kreuzt sich S ; es kann dort keine derartige Darstellung geben. ii) Im Falle des Beispiels 8.8.2.iv) mit f (x, y ) = x2 y 3 , (x, y ) S = f 1 {0} global als Graph der Funktion h(x) = 3 x2 , x
2 ist oenbar
darstellbar; jedoch ist h in x0 = 0 nicht dierenzierbar. (p0 = (0, 0) ist nicht regul ar.) Beweis von Satz 8.8.1. OBdA sei p0 = 0 F C 1 (; n ) mit
F:p= Beachte
x y
x f (x, y )
dF (p) = Es folgt
det(dF (p0 )) = det(y f (p0 )) = 0 ; das heisst, dF (p0 ) ist invertierbar. Nach dem Umkehrsatz, Satz 8.7.1, gibt es von p0 = 0 in , V von F (p0 ) = 0 in n und eine lokale Inverse Umgebungen U
1 ; k l ) G = (g1 , g2 ) = (F U C 1 (V )
von F . Mit der Darstellung von F folgt (x, z ) = F (G(x, z )) = g1 (x, z ), f (g1 (x, z ), g2 (x, z )) . f ur alle (x, z ) V Insbesondere erhalten wir f ur z = 0 die Identit at } g1 (x, 0) = x f ur alle x U := {x; (x, 0) V und somit auch x U : f (x, g2 (x, 0)) = 0. F ur h(x) := g2 (x, 0) C 1 (U ; Mit ) = {(x, 0) V } F (f 1 ({0}) U und (8.8.3) folgt nun = G({(x, 0) V }) = {G(x, 0); (x, 0) V } f 1 ({0}) U = {(x, h(x)); x U } = G (h) . erhalten wir dann auch (8.8.2). Bei Wahl von W := U (8.8.3)
239
Bemerkung 8.8.2. i) Mittels Kettenregel kann man aus (8.8.1) eine Gleichung f ur das Dierential dh der impliziten Funktion h herleiten. Sei dazu C 1 (U ; n ) die Funktion (x) = (x, h(x))t , x U . Dann folgt mit (8.8.1) die Identit at
0 = d(f )(x) = df (x, h(x))d(x) = x f (x, h(x)), y f (x, h(x)) = x f (x, h(x)) + y f (x, h(x))dh(x), also dh(x) = y f (x, h(x))
1
idk dh(x)
x f (x, h(x)) .
(8.8.4)
ii) Die obige Abbildung (x) = (x, h(x))t ist eine Parameterdarstellung der Niveaumenge S = f 1 ({0}) in einer Umgebung von p0 . iii) Falls in Satz 8.8.1 zus atzlich f C m () f ur ein m 1, so folgt mit (8.8.4) auch h C m (U ; l ).
2, mit
df (x, y ) = (1 + 2xy, 1 + x2 ). ar. Die Gleichung f (x, y ) = 0 deniert Da f y 1, ist jeder Punkt (x, y ) regul also lokal um x = 0 implizit eine Funktion h = h(x) mit h(0) = 0. Gem ass (8.8.4) gilt h (x) = das heisst, (1 + x2 )h(x)
Als L osung dieses Anfangswertproblems erhalten wir h(x) = Wir verizieren leicht f (x, h(x)) = x x (1 + x2 ) = 0 . 1 + x2
8.9
Auch diesen Abschnitt beginnen wir mit einem einfach zu durchschauenden Beispiel. Beispiel 8.9.1. Sei f (x, y ) = x(1 + y ), g (x, y ) = x2 + y 2 1, (x, y ) sei S = {(x, y ) 2 ; g (x, y ) = 0} = S 1 .
2, und
240
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Wir wollen das Maximum von f auf S = S 1 bestimmen. Parametrisiere dazu ur eine Extremalstelle von f S 1 via (t) = (cos(t), sin(t)), t . Notwendig f an der Stelle p0 = (t0 ) = (x0 , y0 ) S 1 ist die Bedingung
0=
d d cos(t)(1 + sin(t)) f ( (t)) = dt dt t=t0 t=t0 2 2 2 2 = cos (t0 ) sin(t0 )(1 + sin(t0 )) = x0 y0 y0 = 1 2y0 y0 ; y0 = 3 1 3 3 , x0 = , f (p0 ) = 2 2 4
also
Allgemein sei n und seien f C 1 (), g C 1 (; l ), l < n. Wir m ochten f unter der Nebenbedingung g (p) = 0 maximieren; das heisst, wir suchen max{f (p); p , g (p) = 0}. Kann man die gew unschten Extremalstellen auch ohne eine explizite Parametrisierung der zul assigen Menge S = {p ; g (p) = 0} nden? Notwendige Bedingungen f ur Extrema liefert Satz 8.8.1.
8.9.1
Notwendige Bedingungen
Sei p0 S eine lokale Maximalstelle von f in S . Nimm an, p0 ist regul ar f ur g . W ahle Koordinaten (x, y ) k l = n um p0 = (x0 , y0 ) wie in Satz 8.8.1, dazu Umgebungen x0 U k , p0 W n und eine Funktion h C 1 (U ; l ) mit
G (h) p0 S
x0 U
8.9. EXTREMA MIT NEBENBEDINGUNGEN Wie in Bemerkung 8.8.2.ii) liefert die Abbildung (x) = (x, h(x))t C 1 (U ;
241
n)
eine Parameterdarstellung f ur S nahe p0 . Nach Annahme ist p0 ein lokales Maximum von f auf S ; also ist x0 eine lokale Maximalstelle der Funktion f auf U . Mit Satz 8.5.3.i) und der Kettenregel folgt 0 = d f (x0 ) = df (p0 )d(x0 ) = x f (p0 ) + y f (p0 )dh(x0 ). Gem ass (8.8.4) in Bemerkung 8.8.2 gilt andererseits dh(x0 ) = y g (p0 ) Wir erhalten somit die Gleichung 0 = x f (p0 ) + x g (p0 ), wobei die lineare Abbildung = y f (p0 )(y g (p0 ))1 : (8.9.1)
1
x g (p0 ) .
(8.9.2)
bezeichnet, dargestellt durch = (1 , . . . , l ). Beachte, dass mit (8.9.2) automatisch auch gilt 0 = y f (p0 ) + y g (p0 ); (8.9.3) das heisst, es gilt 0 = df (p0 ) + dg (p0 ) . Wir haben gezeigt: Satz 8.9.1. (Lagrange-Multiplikatorenregel) Sei p0 S lokales Maximum oder Minimum von f unter der Nebenbedingung g (p0 ) = 0, und sei p0 regul arer ur L = f + g gilt Punkt von g . Dann existiert = (1 , . . . , l ) l , so dass f
dL(p0 ) = df (p0 ) + dg (p0 ) = 0. Satz 8.9.1 motiviert die folgenden Denitionen. Denition 8.9.1. i) Der Vektor = (1 , . . . , l ) = (p0 ) heisst Lagrange-Multiplikator.
mit (8.9.2)
ii) Die Funktion L = f + g mit = (p0 ) heisst Lagrangefunktion (am Punkt p0 ). iii) Der Punkt p0 S heisst kritischer Punkt von f auf S , falls dL(p0 ) = 0. Mit (8.9.3) erhalten wir dann auch die Charakterisierung (8.9.2) von = (p0 ). Beispiel 8.9.2. i) Sei f (x, y ) = x(1 + y ) wie in Beispiel 8.9.1. Satz 8.9.1 ergibt als notwendige Bedingung f ur das Vorliegen einer Maximalstelle unter der Nebenbedingung g (x, y ) = x2 + y 2 1 = 0 (8.9.4)
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
(8.9.5)
mit einer zu bestimmenden Zahl . Aus den Gleichungen (8.9.4), (8.9.5) wie folgt ermitteln. Die Identit at (8.9.5) k onnen wir (x0 , y0 ) 2 und ist oenbar aquivalent zu dem Paar von Gleichungen
1 + y0 + 2x0 = 0, x0 + 2y0 = 0. Nehmen wir an, y0 = 0, so folgt x0 = 2y0 = 0, g (x0 , y0 ) = 1, und die x0 Gleichung g (x0 , y0 ) = 0 f uhrt zu einem Widerspruch. Also gilt y0 = 0, = 2 y0 und x2 1 + y0 0 = 0 . y0 Zusammen mit (8.9.4) er gibt dies die Gleichung
2 2 0 = y0 + y0 x2 0 = 2 y0 + y0 1
wie in Beispiel 8.9.1. Mit (8.9.4) erhalten wir wiederum 3 3 1 3 , f (x0 , y0 ) = , y0 = , x0 = 2 2 4 oder y0 = 1, x0 = 0, f (x0 , y0 ) = 0. Die Funktion f nimmt daher auf S 1 ihr Maximum an im Punkt 1 . Minimum im Punkt 23 , 2 ii) Seien f (x, y ) = xy , g (x, y ) = x + y 1, (x, y ) S = {(x, y )
3 1 2 , 2
, ihr
2 ; x + y = 1 } = g 1
2, und sei
{0} .
Notwendig f ur das Vorliegen eines Maximum von f auf S am Punkt (x, y ) S sind die Bedingungen x + y = 1, f ur ein
; das heisst,
2. Oenbar gilt
falls x2 = y 3 ; Satz 8.9.1 versagt also. Der Grund ist nat urlich, dass der Punkt p0 = (0, 0) nicht regul ar ist f ur g .
243
8.9.2
Sei
Geometrische Deutung
n oen.
Denition 8.9.2. Eine Abbildung C m (; n ) heisst Dieomorphismus von auf V = () der Klasse C m , m 1, falls injektiv ist und 1 C m (V ; n ).
Eine geometrische Interpretation von Satz 8.8.1 ergibt sich mit dem Begri einer k -dimensionalen Untermannigfaltigkeit im n . Denition 8.9.3. Eine Menge S n ist eine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit der Klasse C m , m 1, falls zu jedem p0 S eine Umgebung W von p0 und ein Dieomorphismus C m (W ; n ) von W auf V = (W ) n existieren, so dass gilt:
(W S ) = V
S W p0
k {0} .
Rl V
Rk
Denition 8.9.4. Sei g C m (; l ), m 1. Ein b l heisst regul arer Wert von g , falls g 1 {b} nur regul are Punkte enth alt, andernfalls heisst b singul ar. Beispiel 8.9.3. i) Regul are Niveaumengen. Sei n oen, g C m (; l ), 1 l < n, S = g {0} , und sei p0 S regul ar. Dann gibt es nach Satz 8.8.1 eine Umgebung W von p0 so, dass S W eine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit der Klasse C m ist. Die im Beweis von Satz 8.8.1 konstruierte Abbildung F liefert einen Dieomorphismus F =: C m (W ; n ) von W auf V = (W ) n mit k (W S ) = V {0} .
Falls b = 0 regul arer Wert von g ist, also jeder Punkt p0 S regul ar ist, so ist ganz S eine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit der Klasse C m . ii) Graphen. Sei U
l . Setze (x, y) =
n.
x, y h(x) , x U . Oenbar
244 ist C m (W ;
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
n) injektiv, und
d(x, y ) = idk dh(x) 0 idl
ist an jeder Stelle (x, y ) W invertierbar. Nach Satz 8.7.1 ist 1 auf (W ) = W dierenzierbar mit d1 = (d 1 )1 C m1 ; das heisst, 1 C m (W ;
Sei S eine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit in n der Klasse C m , m 1. Zu p0 S betrachten wir Kurven C 1 (] , [; S ), wobei > 0, mit (0) = p0 . Denition 8.9.5. Der Raum (0); C 1 ] , [; S , (0) = p0 } Tp0 S = { heisst Tangentialraum an S in p0 . Satz 8.9.2. Tp0 S ist ein
k { 0 } = k . n).
R
p0
Rk
Die Aussage des Satzes folgt nun unmittelbar aus der Charakterisierung Tp0 S = d(0)(
. Dann ist (t) = (t ) C ] , [ Zum Beweis von (8.9.6) xiere Kurve durch (0) = (0) = p0 mit (0) = d(0) ; das heisst, d(0)(
k ).
1
(8.9.6)
k ) Tp S.
0
Sei umgekehrt C 1 ] , [; S ) Kurve durch (0) = p0 . Betrachte den Weg ( )(t) C 1 ] , [; U ) mit d ( )(0) = d(p0 ) (0) =: dt
k .
8.9. EXTREMA MIT NEBENBEDINGUNGEN Da = id, gilt insbesondere d(p0 )d(0) = id. Es folgt d(0) = d(p0 )
1
245
= (0),
und damit (8.9.6) und der Satz. Die Darstellung (8.9.6) des Tangentialraums Tp0 S im Beweis von Satz 8.9.3 liefert sofort eine analoge Charakterisierung im Falle von Graphen. Satz 8.9.3. Sei S = G(h) mit h C m (U ; sei p0 = (x0 , h(x0 )) S, x0 U . Dann gilt: Tp0 S = {(, dh(x0 ) )
k l; k }.
Beweis. Setze (x) = (x, h(x)), x U . Dann ist C m (U ; sierung von S , und die Behauptung folgt mit (8.9.6). Beispiel 8.9.4. Falls h C 1 ( ), x0 p0 = (x0 , h(x0 )) die Darstellung
t(s) = p0 + (s, h (x0 )s), die Tangentialvektoren sind also von der Form
}.
G(h)
p0
x0
F ur regul are Niveau achen erhalten wir die folgende Charakterisierung: Satz 8.9.4. Sei g C m (; l ), l < n, und sei b weiter S = g 1 {b} . Dann gilt: p0 S : Tp0 S = ker dg (p0 ) . Beweis. OBdA sei b = 0. Sei (x) = (x, h(x)), x U , wobei h C m (U ; wie in Satz 8.8.1 mit (x0 ) = (x0 , h(x0 )) = p0 . Dann ist C m (U ; Parametrisierung von S = g 1 ({0}) um p0 , und mit g 0 folgt d(g )(x0 ) = dg (p0 )d(x0 ) = 0; also mit Satz 8.9.2 und (8.9.6)
l ) n)
246
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Da die Dimension des Bildes von dg (p0 ) nach Annahme gleich l ist, ergibt die Rangformel dim ker(dg (p0 )) = n l = k, und die Behauptung folgt. Beispiel 8.9.5. Sei S n = {x n+1 ; |x| = 1}. Es gilt S n = g 1 ({0}), wobei g (x) = |x|2 1 mit x S n : dg (x) = 2xt = 0, . Es folgt, S n ist regul are n-dimensionale Untermannigfaltigkeit in liefert Satz 8.9.4 die Darstellung x S n : Tx S n = ker(dg (x)) = {
n+1. Weiter
n+1;
x = 0}.
x0 Tx0 S n
Sn
Bemerkung 8.9.1. i) Wir k onnen Satz 8.9.1 nun auch geometrisch deuten. ur ein l < n wie in Satz 8.9.1, Seien dazu n , f C 1 (), g C 1 (; l ) f dazu p0 = (x0 , y0 ) S = g 1 ({0}) regul ar, U , W , h C 1 (U, l ) wie in Satz 8.8.1 mit S W = G (h) = {(x, h(x)); x U },
und nimm an, f (p0 ) = maxS f . F ur jede Kurve C 1 ] , [; S ) durch (0) = p0 gilt gem ass Korollar 6.5.1.i) 0= das heisst, Tp0 S : df (p0 ) = f (p0 ) = 0, oder f (p0 ) Tp0 S. Andererseits gilt nach Satz 8.9.4 f ur 1 i l die Bedingung g i (p0 ) Tp0 S. Da nach Annahme Rang (dg (p0 )) = l, sind die Vektoren g 1 (p0 ), . . . , g l (p0 ) linear unabh angig; sie spannen daher den Normalraum
S = {v Tp0 Tp 0
d dt
t=0
n = n ; T p S :
0
v = 0}
247
l mit
df (p0 ) =
i=1
i dg i (p0 ) = dg (p0 ).
g=0 g ( p 0 ) p0 f ( p 0 ) f = const
T p0 S
g = const
ii) Speziell in Fall n = 2, l = 1 bedeutet die Relation f (p0 ) Tp0 S in einem kritischen Punkt p0 S = g 1 {0} , dass f (p0 ) auf der Niveaulinie g 1 {0} von g senkrecht steht, also proportional ist zu g (p0 ). Folglich existiert mit f (p0 ) + g (p0 ) = 0
8.9.3
Hinreichende Bedingungen
Analog zu Satz 8.5.3.ii) erhalten wir auch eine hinreichende Bedingung f ur das Vorliegen eines Minimums oder Maximums in einem kritischen Punkt von f in S = g 1 ({0}). Satz 8.9.5. Sei p0 S regul ar und sei p0 kritischer Punkt von f mit Lagrangeorige Lagrange-Funktion. Multiplikator = (p0 ) l , L = f + g die zugeh Falls HessL (p0 )(, ) > 0
f ur alle Tp0 S \{0}, so ist p0 ein striktes relatives Minimum von f auf S . Beweis. Sei (x) = x, h(x) C 1 (U ;
n )
248
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
eine lokale Parametrisierung von S = g 1 {0} in einer Umgebung W von p0 = (x0 ) gem ass Satz 8.8.1. Da g 0 auf U , folgt mit der Rechnung Hessf (x0 )(, ) = = d ds d2 ds2
s=0
(f )(x0 + s ) =
d2 ds2
s=0
(L )(x0 + s )
s=0
d (x0 + s ) ds
= dL(p0 )
=0
Beispiel 8.9.6. Seien f (x, y ) = x(1 + y ), g (x, y ) = x2 + y 2 1, (x, y ) 2 , wie in Beispiel 8.9.1, und sei S = g 1 {0} = S 1 . Wie in Beispiel 8.9.2.i) gezeigt, hat f auf S 1 die kritischen Punkte 3 1 p0 = (0, 1), p = S1 , 2 2 mit zugeh origen Lagrange-Multiplikatoren 3 . (p0 ) = 0, (p ) = 2
Mit folgt d(f g )(x, y ) = (1 + y 2x, x 2y ) HessL (p) = mit Eigenwerten = 1,2 , wobei 2 1 1 2
(2 + )2 1 = 0, = 1 2. F ur p0 = (0, 1) erhalten wir HessL (p0 ) = mit Eigenwerten 1,2 = 1, f ur p+ = HessL (p+ ) =
0 1
1 0 gilt: 1 3
3 1 2 , 2
3 1
1 mit Eigenwerten 1,2 = 3 1 < 0 und f folgt: ur p = 23 , 2 3 1 HessL (p ) = 1 3 mit Eigenwerten 1,2 = 3 1 > 0. Das heisst, p+ ist striktes lokales Maximum und p ist striktes lokales Minimum von f auf S = S 1 , in Ubereinstimmung mit Beispiel 8.9.2.i).
8.10. IMMERSIONEN
249
Bemerkung 8.9.2. Wie der Beweis von Satz 8.9.5 zeigt, ist die 2. Variation der eingeschr ankten Funktion f S ist nur in den kritischen Punkten p0 von f erkl art, und zwar durch HessL (p0 ).
8.10
Sei U
Immersionen
Denition 8.10.1. heisst Immersion, falls jeder Punkt x U regul ar ist; das heisst, falls gilt x U : Rang (d(x)) = k. Beispiel 8.10.1. i) Sei C 1 ]a, b[; n eine Kurve in n mit (t) = 0 f ur alle t ]a, b[. Dann ist eine Immersion. Beachte: kann Selbstschnitte haben. ii) Sei h C 1 (U ; l ), k + l = n, und sei (x) = (x, h(x)), x U . Dann ist C 1 (U ; n ) eine Immersion.
Wir zeigen, dass Beispiel 8.10.1.ii) typisch ist. Satz 8.10.1. (Immersionssatz) Sei C 1 (U ; k in n , n > k . Zu x0 U mit (x0 ) = p0 k l , wobei l = n k , so dass
d(x0 )(
k ) k {0}.
Nach Verschieben d urfen wir weiter annehmen, dass p0 = (x0 ) = (x0 , y0 ). Dann gibt es eine Umgebung V von x0 k , und einen Dieomorphismus T C 1 (V ; k ) mit T (x0 ) = x0 , sowie ein h C 1 (V ; l ) mit h(x0 ) = y0 , so dass gilt x V : ( T )(x) = x, h(x) .
Bemerkung 8.10.1. i) Das heisst, lokal um jeden Punkt x0 U parametrisiert jede Immersion C 1 (U ; n ) eine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit S = G(h) nach Beispiel 8.9.3.ii) mit Tangentialraum am Punkt p0 = (x0 ) S
k ) = d(x0 )(k )
gem ass (8.9.6) oder Satz 8.9.3. Hier benutzen wir, dass T (x0 ) = x0 und dass dT (x0 ) : n n ein linearer Isomorphismus ist.
Diese Aussage gilt im allgemeinen nicht lokal um jeden Punkt p0 (U ) in n ; betrachte beispielsweise eine Kurve mit Selbstschnitten wie in Beispiel 8.10.1.i). Jedoch auch im Falle einer injektiven Immersion C 1 (U ; n ) ist S = (U ) n nicht notwendig lokal als Graph darstellbar. Dies gilt im Allgemeinen nur, wenn die Umkehrabbildung 1 : S U zus atzlich stetig ist bez uglich der
250
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
vom umgebenden n induzierten Topologie auf S . In diesem Fall heisst eine Einbettung von U in n .
ii) Mit Satz 8.10.1 folgt, dass jede k -dimensionale Untermannigfaltigkeit S der Klasse C 1 lokal als Graph dargestellt werden kann. Sei p0 S , dazu W n und C 1 (W ; n ) ein Dieomorphismus wie in Denition 8.9.2 mit
(S W ) =: U
OBdA sei p0 = (x0 , y0 ) n = k l , wobei (p0 ) = x0 , und Tp0 S = k {0}. Dann ist := 1 U C 1 (U ; n ) Immersion mit (x0 ) = p0 und d(x0 )( k ) = k {0}. Nach Satz 8.10.1 existiert ein Dieomorphismus T C 1 (V, k ) in einer Umgebung V von x0 mit x0 = T (x0 ) sowie ein h C 1 (V ; l ), so dass ( T )(V ) = S W = G(h)
k {0}.
n = k l .
df (x0 ) = 1 d(x0 ) = d(x0 ) Rang k , ist also invertierbar. Gem ass Satz 8.7.1 gibt es Umgebungen U0 von x0 , V von f (x0 ) = x0 in k , so dass f U0 : U0 V ein Dieomorphismus ist. Setze
T = f
U0
C 1 (V ;
k ),
h = 2 T C 1 (V ;
l).
Dann folgt mit 1 T = f T = id f ur alle x V die Gleichung ( T )(x) = (1 , 2 ) T (x) = x, h(x) , wie gew unscht. Beispiel 8.10.2. Sei C 1 (
2, 3) gegeben mit
2x , 2y 1 x2 y 2 (x, y )
1 (x, y ) = 1 + x2 + y 2
2 .
2 S 2 = {(x, y, z ) 3; x2 + y2 + z 2 = 1}.
251
2 die Matrix
(x, y ).
, x y
2 0 0 2 2x 2y
Es folgt:
2 :
Rang (d(x, y )) = 2.
Beweis. Breitenkreis auf S 2 mit der e3 -Komponente = Die Funktion :r ist streng monoton fallend mit (0) = 1,
r
2) = S 2 \ {(0, 0, 1)}. F ur festes r > 0 bildet den Kreis Br (0) 2 bijektiv ab auf den
1 r2 . 1 + r2 1 r2 1 + r2
lim (r) = 1.
Behauptung 3. Die Inverse = ()1 von liefert die strereograsche Projektion vom S udpol mit der Darstellung : S 2 \ {0, 0, 1} (, , ) (, ) 1+
2 .
Beweis. Betrachte einen beliebigen Punkt (, , ) = (x, y ) S 2 \ {0, 0, 1}. OBdA sei = 0, also auch y = 0, und mit den Darstellungen = folgt 1 + =
2 1+x2 ,
2x , 1 + x2
1 x2 1 + x2
also x= , 1+
252
KAPITEL 8. DIFFERENTIALRECHNUNG IM
Kapitel 9
Integration im
9.1
Zur Denition des R-Integrals u ber einem n-dimensionalen Quader gehen wir vollkommen analog vor wie im Fall n = 1; vergleiche Abschnitt 7.2.
9.1.1
Q=
i=1
Ii = {x = (xi )1in ; xi Ii , 1 i n}
von (oenen, abgeschlossenen, oder halb-oenen) Intervallen I1 , . . . , In . Solch ein Q hat den Elementarinhalt
n
(Q) = n (Q) =
i=1
|Ii | .
K
ii) Eine Zerlegung P = {Qk ; 1 k K } eines Quaders Q = disjunkte Teilquader Qk Q, 1 k K , hat die Feinheit P = max diam Qk ,
1kK
Qk in
k=1
wobei diam Qk = sup |x y | , 1 k K, den Durchmesser von Qk bezeichnet. auf einem Quader Q heisst Treppenfunktion, iii) Eine Funktion f : Q falls f eine Darstellung der Form
K x,y Qk
f=
k=1
ck Qk 253
254
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Qk I2 Q
I1
= {Q j ; 1 j J } ist eine VerfeineDenition 9.1.2. Eine Zerlegung P j in rung der Zerlegung P = {Qk ; 1 k K } des Quaders Q, falls jedes Q einem Quader Qk enthalten ist.
Qk I2
j Q
I1
Beispiel 9.1.1. i) Seien P = {Qk ; 1 k K }, R = {Sl ; 1 l L} Zerlegungen von Q. Dann ist = {Qk Sl ; 1 k K, 1 l L} P Zerlegung von Q, welche sowohl P als auch R verfeinert. (Vgl. den Beweis von Lemma 7.2.1.)
n
ii) Sei Q =
i=1
Pi =
i=1
Iiki ; 1 ki Ki
n max Pi .
1in n
255
9.1.2
Sei Q
K
Das Riemann-Integral
n ein Quader.
ck Qk wie in Denition 9.1.1.iii) ist
f d =
Q Q k=1
ck Qk
d =
k=1
ck (Qk ).
(9.1.1)
Bemerkung 9.1.1. Analog zu Bemerkung 7.2.1 ist die Denition des R-Integrals einer Treppenfunktion f : Q unabh angig von der gew ahlten Darstellung
K
f=
k=1
ck Qk ; insbesondere andert sich der Wert der Summe (9.1.1) nicht bei
Verfeinerungen der Zerlegung. ankt. Wie in Denition 7.2.2 k onnen wir nun das R-Integral Sei f : Q beschr von f denieren. Denition 9.1.4. i) Das untere, bzw. obere R-Integral von f sind erkl art durch f d = sup{ f e d; e Treppenfunktion; e f },
Q Q
bzw.
Q
f d = inf {
g d; g Treppenfunktion; f g }.
f d =:
Q
f d.
Bemerkung 9.1.2. i) Analog zu Bemerkung 7.2.2 gilt (unter Verwendung von Beispiel 9.1.1) f ur jedes beschr ankte f die Ungleichung f d f d.
Q
ii) Weiter ist f R-integrabel genau dann, wenn f ur jedes > 0 Treppenfunktionen e, g : Q existieren mit e f g und
g d
e d < .
Q
Vollkommen analog zu den S atzen 7.2.2 und 7.2.3 erhalten wir sodann die folgende Aussage.
256
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Satz 9.1.1. Sei f C 0 (Q). Dann ist f uber Q R-integrabel, und f ur jede Folge ( l) (P (l) )l von Zerlegungen P (l) = {Qk ; 1 k K (l) } von Q mit Feinheit ( l) ( l) P (l) 0 (l ) gilt f ur eine beliebige Auswahl von Punkten xk Qk , ( l) 1 k K , l , stets
K (l)
Q(l)
k
d =
k=1
f (xk ) (Qk )
( l)
( l)
f d (l ).
Bemerkung 9.1.3. Falls f : Q st uckweise stetig ist in dem Sinne, dass f ur eine Zerlegung P = {Qk ; 1 k K } des Quaders Q gilt, f Qk C 0 (Qk ), 1 k K , so ist f ebenfalls R-integrabel. Es gen ugt, in Denition 9.1.3 Treppenfunktionen auf Verfeinerungen der Zerlegung P zu betrachten. Monotonie des R-Integrals folgt ebenfalls analog zu Satz 7.3.1. Satz 9.1.2. Seien f, g : Q Dann gilt
g.
f d
g d.
Q
Weiter gilt die Linearit at des R-Integrals entsprechend Satz 7.3.2. Satz 9.1.3. Seien f, f1 , f2 : Q beschr ankt und uber Q R-integrabel, und sei . Dann sind die Funktionen f , f1 + f2 : Q uber Q R-integrabel, und f d, (f ) d =
bzw. (f1 + f2 ) d =
Q Q
f1 d +
Q
f2 d.
Auch die folgende Aussage k onnen wir ohne M uhe zeigen. Satz 9.1.4. Seien f, f1 , f2 : Q beschr ankt und R-integrabel. Dann sind die Funktionen |f |, min{f1 , f2 } sowie max{f1 , f2 } ebenfalls uber Q R-integrabel. Beweis. i) Seien ei fi gi Treppenfunktionen, i = 1, 2. OBdA seien die zugeh origen Partitionen von Q gleich. (Betrachte sonst ihre gemeinsame Verfeinerung.) Dann sind min{e1 , e2 }, min{g1, g2 } Treppenfunktionen mit min{e1 , e2 } min{f1 , f2 } min{g1 , g2 }, und min{g1 , g2 }d min{e1 , e2 }d =
Q
min{g1 , g2 } min{e1 , e2 } d
(g1 e1 )d +
(g2 e2 )d,
257
Mit f1 und f2 ist somit gem ass Bemerkung 9.1.2.ii) auch min{f1 , f2 } R-integrabel; analog auch max{f1 , f2 }. ii) Sei f beschr ankt und R-integrabel. Aus der Darstellung |f | = max{f, f } folgt mit i) die R-Integrabilit at von |f |. Kombination von Satz 9.1.2 mit den S atzen 9.1.3 und 9.1.4 ergibt die den Korollaren 7.3.1-7.3.3 analogen Aussagen. Korollar 9.1.1. Sei f : Q
Q
f d
|f | d sup |f | (Q).
Q
Beachte, dass gem ass Satz 9.1.4 mit f auch |f | u ber Q R-integrabel ist. Korollar 9.1.2. Seien f, fk C 0 (Q) mit fk f (k ). Dann gilt
Q glm.
fk d
f d
|fk f | d fk f
C0
(Q)
(k)
0.
Schliesslich gilt auch Satz 7.3.3 analog. Satz 9.1.5. (Gebietsadditivit at) Sei f : Q beschr ankt und uber Q Rintegrabel, und sei P = {Qk ; 1 k K } eine Zerlegung von Q in disjunkte Quader Qk , 1 k K . Dann gilt
K
f d =
Q k=1 Qk
f d.
9.2
Soweit die Theorie; wie kann man jedoch das R-integral konkret berechnen? Ausser im Falle von Treppenfunktionen gelingt dies mit den Mitteln aus Abschnitt 9.1 allenfalls approximativ; vergleiche Satz 9.1.1. Der folgende Satz hilft uns weiter. Satz 9.2.1. (Fubini) Sei Q = [a, b] [c, d] gilt
b d
f d =
Q a c
f (x, y ) dy dx =
f (x, y ) dx dy.
Das heisst, das Integral von f u ber Q kann iterativ durch 1-dimensionale Integration bestimmt werden!
258
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Beispiel 9.2.1. Sei Q = [0, 1] [0, 2 ], f (x, y ) = sin(y x) C 0 (Q). Nach Satz 9.2.1 gilt
1 2 0
f d =
Q 0
sin(y x) dy dx = 0.
=0
Bemerkung 9.2.1. i) Die Voraussetzung f C 0 (Q) in Satz 9.2.1 ist wichtig. Insbesondere kann man f ur allgemeine beschr ankte Funktionen f : Q aus der Existenz eines der iterierten Integrale nicht auf die Existenz der R-Integrale Q f d schliessen, wie auch das folgende Beispiel 9.2.2 zeigt.
ii) In der Lebesgueschen Mass- und Integrationstheorie erh alt man die Aussage von Satz 9.2.1 allgemein f ur integrable Funktionen f . Beispiel 9.2.2. Sei Q = [0, 1] [0, 2 ]
2 , .
2 0
f (x, y ) dy = (x)
sin(y x) dy = 0
1 0
f ur alle x [0, 1]; jedoch ist f u ber Q nicht R-integrabel, und auch existiert f ur kein y [0, 2 ]. Beweis von Satz 9.2.1. Seien P1 = {I1j ; 1 j J }, P2 = {I2k ; 1 k K } Zerlegungen von I1 = [a, b], bzw. I2 = [c, d],
f (x, y ) dx
P = P1 P2 = {Qjk = I1j I2k ; 1 j J, 1 k K, } die zugeh orige Produktzerlegung gem ass Beispiel 9.1.1.ii) mit Feinheit P 2 max{P1 , P2 }. F ur x I1 setze g (x) =
c d
f (x, y ) dy.
Beweis. Wir benutzen das Folgenkriterium. F ur (xk )k I1 mit xk x0 (k ) gilt gem ass Korollar 7.3.2
d
Behauptung. g C 0 (I1 ).
|g (xk ) g (x0 )| =
f (xk , y ) f (x0 , y ) dy
259
F ur beliebig gew ahlte Punkte xj I1j , 1 j J , yk I2k , 1 k K , gilt nun gem ass Satz 9.1.1, bzw. Satz 7.2.3 f d
Q (Satz 9.1.1)
P1 ,P2 0 J
lim
f (xj , yk ) (Qjk )
j,k K =|I1j ||I2k |
= lim
P1 0
j =1
P2 0 =
lim
k=1
d c
(Satz 7.2.3)
= lim
P1 0
j =1
g (xj ) |I1j |
g (x) dx =
a a c
f (x, y ) dx dx.
Die 2. Identit at erh alt man analog nach Vertauschen von x und y . urfel Q = [0, 1] [0, 1] = [0, 1]2 . Mit dem AdBeispiel 9.2.3. i) Sei Q der W x +y x y ditionstheorem e = e e und Satz 9.2.1 erhalten wir ex+y d =
Q 0 1 1 0 1
ex+y dy dx
1 0
=
0
ex
ey dy dx =
0
ex
= (e 1)2 .
ii) Ebenso erhalten wir bei geschickter Wahl der Integrationsreihenfolge und Substitution
1 1
yexy d =
[0,1]2 0 (z =xy ) 0 1 0
yexy dx dy
y 0
ez dz dy =
0
(ey 1) dy = e 2.
i=1
f d =
Q a1 a2
...
an
f (x1 , . . . , xn ) dxn . . .
dx2
dx1 ,
und die Reihenfolge der Integration darf beliebig vertauscht werden. Beispiel 9.2.4. i) Das folgende Integral kann elementar berechnet werden xy 2 z 3 d =
[0,1]3 0 1 1 0 1 0 1 1
xy 2 z 3 dz dy dx y 2 dy
1 0
=
0
x dx
z 3 dz =
1 1 1 1 = . 2 3 4 24
260
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
ii) Im n achsten Beispiel kommt es wieder auf die geschickte Wahl der Integrationsreihenfolge an.
1 0 = 0
(t=xyz ) xy 0
x2 y cos(xyz ) d =
[0, ][0,1]2 0
x2 y cos(xyz ) dz
x cos t dt=x sin(xy )
dy dx
=
0 = 0
(s=xy)
x sin(xy ) dy
x 0
dx =
0
(1 cos x) dx = sin = .
sin s ds=1cos x
9.3
Jordan-Bereiche
Mit dem in Abschnitt 9.1 eingef uhrten Integralbegri k onnen wir nun auch gewisse krummlinig berandete Gebiete n ausmessen.
9.3.1
Denition 9.3.1. Die Menge heisst Jordan-messbar, falls u ber Q Rintegrabel ist. In diesem Fall ist () =
Q
Bemerkung 9.3.1. i) Wegen Satz 9.1.5 ist die Denition 9.3.1 unabh angig von der Wahl von Q. ii) Mit Satz 9.1.2 folgt f ur beschr ankte, Jordan-messbare 1 2 Ungleichung (1 ) (2 ). Das Jordansche Mass ist also monoton.
n die
Beispiel 9.3.1. i) Jeder Quader Q0 n ist Jordan-messbar, und das JordanMass von Q0 stimmt mit dem Elementarinhalt u berein.
9.3. JORDAN-BEREICHE
261
ur jeden Beweis. Q0 ist eine Treppenfunktion, und Denition 9.1.3 ergibt f beliebigen Quader Q Q0 den Wert Q Q0 d = (Q0 ).
K
messbar, und () =
1kK
d =
1kK
Gem ass Beispiel 9.3.1.ii) sind Elementarguren Jordan-messbar. Satz 9.3.1. Sei
(G \ E ) = (G) (E ) < ; iii) ist Jordan-messbar, und ( ) = 0. In jedem dieser F alle gilt () = inf {(G); G El.Fig.} = sup{(E ); E El.Fig. } (9.3.1)
Beweis. i) ii): Zum Beweis der Messbarkeit von gen ugt es oenbar, in Bemerkung 9.1.2.ii) Treppenfunktionen e g mit Werten 0 oder 1 zu betrachten, also e = E , g = G f ur Elementarguren E G. Weiter gilt in diesem Fall G \E = G E , also (G \ E ) = (G) (E ), und die Behauptung folgt aus Bemerkung 9.1.2.ii). Die Identit at (9.3.1) ergibt sich analog aus Denition 9.1.3.
G E
ii) iii): Die Menge ist messbar mit ( ) = 0 genau dann, wenn zu
262
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
jedem > 0 eine Elementargur U n existiert mit U und (U ) < . Dann sind E = \ U, G = U Elementarguren mit E G, und U = G \ E , also (G \ E ) = (U ) < , und umgekehrt. Beispiel 9.3.2. i) Sei C 0 ([a, b]), 0. Dann ist die Menge = = {(x, y ) Jordan-messbar, und
b b m
2;
a x b, 0 y (x)}
( ) =
a
(x) dx =
a 0
(x, y ) dy dx,
wobei m eine beliebige Zahl ist mit m supaxb (x). (Es gen ugt an0 zunehmen, dass Cpw ([a, b]) st uckweise stetig ist.) Wir k onnen also den Fl acheninhalt von berechnen, indem wir die die L angen der Schnittmengen (x) = {y ; (x, y ) } bestimmen und bzgl. x integrieren (Cavalierisches Prinzip). Analog in h oheren Dimensionen; vergleiche die Beispiele iv) und v). Beweis. Die Funktion ist gem ass Satz 7.2.2 R-integrabel; also existieren zu vorgegebenem > 0 gem ass Bemerkung 7.2.2.ii) Treppenfunktionen e, g : [a, b] mit 0 e g und
b a
g dx
e dx < .
a
(G) =
a
g dx, (E ) =
a
e dx.
dx =
a a
dx.
2 ;
|x| + |y | 1}
1
(x, y ) dy dx = 4
0
(1 x) dx = 2.
2; = {(x, y ) 2 ;
der obere Teil einer Ellipse mit Halbachsen a und b. Mit i) folgt
a
( ) =
a
x2 (x=a sin ) = dx ab a2
/2 /2
cos2 d =
ab. 2
(x ) dn1 (x ),
wobei das letztere Integral mittels Satz 9.2.2 weiter umgeformt werden kann. Der Deutlichkeit halber bezeichnet hier n das n-dimensionale Jordansche Mass. v) Insbesondere erhalten wir f ur Q = [1, 1]2 und mit der Funktion (x, y ) = die obere Halbkugel = {(x, y, z ) Mit iv) sowie Satz 9.2.1 folgt
1
max{0, 1 x2 y 2 } C 0 (Q ),
3;
x2 + y 2 + z 2 1, z 0}.
3 ( ) = =
(x, y ) d2 (x, y ) =
1 1
1x2
(1 x2 )
/2
1x2
1 x2 y 2 dy dx 2 . 3
cos2 d dx =
=/2
/2
2 ur jedes x wiederum dem Fl acheninhalt des Schnittes Beachte, dass 2 (1 x ) f (x) = {(y, z ); (x, y, z ) } entspricht analog zu i).
vi) Die Menge = n [0, 1]n ist nicht Jordan-messbar, da = [0, 1]n positives Mass ( ) = 1 besitzt.
Denition 9.3.3. Eine beschr ankte, Jordan-messbare Menge heisst eine Jordan-Nullmenge, falls () = 0.
264
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Bemerkung 9.3.2. Eine beschr ankte Menge n ist messbar mit () = 0 genau dann, wenn zu jedem > 0 eine beschr ankte Jordan-messbare Menge existiert mit und () < . Gem ass Satz 9.3.1 k onnen wir n amlich eine Elementargur G n nden mit G und zu > 0 und + < 2, und die Behauptung folgt mit Satz 9.3.1.ii) (bei Wahl (G) < () von E = ) und (9.3.1).
Wir stellen einige weitere Eigenschaften des Jordanschen Masses zusammen. Satz 9.3.2. i) Sei n beschr ankt und Jordan-messbar, Q ein Quader mit Q. Dann ist auch c := Q \ Jordan-messbar.
ankt und Jordan-messbar, 1 k K . Dann ist ii) Seien k n beschr K = k=1 k Jordan-messbar, und
K
()
(k ),
k=1
mit Gleichheit, falls k l = f ur k = l . ankt und Jordan-messbar, und sei a iii) Sei beschr + a = { x + a ; x } ebenfalls Jordan-messbar, und ( + a) = ().
iv) Sei beschr ankt und Jordan-messbar, R SO(n). Dann ist die Menge R = {Rx; x } ebenfalls Jordan-messbar, und (R) = (). Das heisst, das Jordansche Mass ist subadditiv und translationsinvariant sowie invariant unter Rotationen. Beweis von Satz 9.3.2. i) Die Funktion c = Q : Q Satz 9.1.3 R-integrabel; also ist c Jordan-messbar. ii) (Induktion nach K ) K = 2. Mit der Darstellung 1 2 = max{1 , 2 } 1 + 2 und den S atzen 9.1.2 - 9.1.4 folgt, dass 1 2 Jordan-messbar ist und (1 2 ) (1 ) + (2 ), mit Gleichheit in (9.3.2) (und dann auch in (9.3.3)), falls 1 2 = . K K + 1: Setze 1 =
k=1 K
ist nach
(9.3.2)
(9.3.3)
k ,
2 = K +1
und verfahre wie oben. iii) Die Behauptung gilt f ur Elementarguren. Mit Satz 9.3.1 erhalten wir die Aussage dann auch f ur beliebige beschr ankte Jordan-messbare Mengen.
9.3. JORDAN-BEREICHE
265
iv) Zum Beweis der Rotationsinvartianz des Masses ben otigen wir ein Lemma.
Lemma 9.3.1. Sei A Gl(n) ein linearer Isomorphismus. Es gibt eine Zahl mA > 0 mit folgende Eigenschaft: F ur jedes beschr ankte und Jordan-messbare n ist die Menge A = {Ax; x } Jordan-messbar, und (A) = mA ().
Beweis. Sei beschr ankt und Jordan-messbar. Zu gegebenem > 0 k onnen wir durch Elementarguren E G mit (G \ E ) < einschachteln. Indem wir n mittels eines Gitters der Kantenl ange 0 = 0 () in W urfel zerlegen, k onnen wir annehmen, dass E = 1kKE Qk , G = 1kKG Qk disjunkte Vereinigungen von achsenparallelen, zu einem W urfel Q0 der Kantenl ange 0 kongruenten W urfeln Qk sind.
Das Bild AQk eines W urfels kann oenbar durch achsenparallele Hyperebenen durch die Eckpunkte von AQk in endlich viele Mengen vom Typ mit stetigem zerlegt werden, ist also messbar. Zudem gehen die Bilder AQk durch Verschiebung aus dem Bild AQ0 hervor, haben nach Satz 9.3.2.iii) also dasselbe Mass (AQk ) = (AQ0 ) = mA (Q0 ) mit der Zahl mA := mA (Q0 ) := (AQ0 )/(Q0 ) > 0. Da A ein Isomorphismus, ist AE die disjunkte Vereingung der Bilder AQk , 1 k KE ; analog AG und A(G \ E ) = AG \ AE . Es folgt dann mit Satz 9.3.2.ii) auch (AE ) = mA (E ), (AG) = mA (G), (9.3.4) sowie Angewandt auf den W urfel E = N Q0 =: R0 , N , ergibt (9.3.4) die Gleichung mA (R0 ) := (AR0 )/(R0 ) = mA = mA (Q0 ). Die Zahl mA ist also f ur jede Kantenl ange N 0 dieselbe, nach Ersetzen von 0 durch 0 /N dann auch f ur angig. jede Kantenl ange 0 /N , N . Insbesondere ist die Zahl mA von unabh (AG \ AE ) = (A(G \ E )) = mA (G \ E ) < mA .
Da > 0 beliebig und da (A) = A( ) A(G \ E ) = AG \ AE, ist (A) somit gem ass Bemerkung 9.3.2 eine Nullmenge, und die Menge A ist nach Satz 9.3.1 Jordan-messbar. Schliesslich folgt mit AE A AG auch mA (E ) = (AE ) (A) (AG) = mA (G), und mit erhalten wir (G) () + () (E ) = (G \ E ) < |(A) mA ()| < mA ; da > 0 beliebig, also (A) = mA ().
266
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Beweis von Satz 9.3.2, vollendet. Falls A = R SO(n) in Lemma 9.3.1, so ergibt die Wahl = B1 (0) mit RB1 (0) = B1 (0) den Wert mR = 1, und damit (R) = () f ur jedes beschr ankte, Jordan-messbare n .
Denition 9.3.4. Ein Gebiet n ist von der Klasse C 1 , (bzw. von der 1 Klasse Cpw , C k ), falls zu jedem Punkt x0 Koordinaten (x , xn ) n1 n1 um x0 = (0, xn um x 0 ), eine Zahl d > 0, ein oener Quader Q 0 = 0 1 und eine Funktion C 1 (Q ), (bzw. Cpw (Q ), C k (Q )), existieren mit 0 2d, wobei (0) = d = xn 0 , so dass
n;
x Q , 0 xn < (x )} = .
iii) Falls eine (n 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit der Klasse C k ist, k 1, so ist gem ass Bemerkung 8.10.1.ii) von der Klasse C k . Es folgt: Satz 9.3.3. Sei ist Jordan-messbar.
Beweis. Gem ass Beispiel 9.3.3 kann man als Vereinigung von Mengen der Gestalt bzgl. geeignet gew ahlter Achsen mit C 0 darstellen. Somit folgt die Behauptung aus Satz 9.3.2.
9.3.2
Sei n beschr ankt. Weiter sei ankt und Jordan-messbar, f : beschr Q n ein Quader mit Q, und sei f : Q mit f | = f .
Denition 9.3.5. f heisst R-integrabel u ber ber , falls die Funktion f u Q R-integrabel ist, und f d :=
Q
f d.
ii) Korollar 9.1.1 liefert f ur beschr anktes, Jordan-messbares Q n und beschr anktes, R-integrables f : mit der Fortsetzung f (x) = 0 f ur x Q \ die zu Korollar 9.1.1 analoge Absch atzung
Bemerkung 9.3.3. i) Die Denition ist unabh angig von der Fortsetzung f und wegen Satz 9.1.5 auch unabh angig von Q. Insbesondere k onnen wir die ur x Q \ w ahlen. Fortsetzung f (x) = 0 f
f d =
Q
f d
f d =
Q
|f | d
m d = m(),
Q
9.3. JORDAN-BEREICHE
267
beschr ankt und R-integrabel. iii) Sei Q ein Quader in n , und sei f : Q Weiter sei Q Jordan-messbar. Dann ist f u ber R-integrabel. Beweis. Sei m = supQ |f | < , s = max{s, 0}, s . Gem ass Satz 9.1.4 ist (f )+ = min{f+ , m } R-integrabel u ber Q und ebenso (f ) , also auch f = (f )+ (f ) . Satz 9.3.4. (Gebietsadditivit at) Sei f : beschr ankt und u ber Rintegrabel, und sei = 1kK k eine Zerlegung von in disjunkte, messbare k , 1 k K . Dann gilt
K
f d =
k=1 k
f d.
1kK
Beweis. F ur R-integrables f folgt die Aussage direkt aus Bemerkung 9.3.3.ii). F ur den allgemeinen Fall sei Q ein Quader mit Q, und sei f : Q Fortsetzung von f durch f (x) = 0 f ur x Q \ . Sei weiter m = sup |f | = supQ |f | < . Zu > 0 sei G Q eine Elementargur mit G und (G) < gem ass Satz 9.3.1. Setze e = mG , g = mG . Dann sind e, g Treppenfunktionen auf Q mit e f g , und m
Q
e d
g d m.
Grenz ubergang 0 ergibt die Behauptung. Zusammen mit Satz 9.3.4 folgt aus Satz 9.3.5, dass Jordan-Nullmengen bei der Integration vernachl assigt werden k onnen.
Mit Satz 9.2.1, bzw. Satz 9.2.2 k onnen wir f ur Mengen = wie in Beispiel 9.3.2.i) und iv) das Integral aus Denition 9.3.4 auf iterierte 1-dimensionale Integrale zur uckf uhren. Beispiel 9.3.4. i) Sei 0 C 0 ([a, b]), = {(x, y )
2 die Menge
2;
a x b, 0 y (x)},
f d =
a 0
f (x, y ) dy dx.
268
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
F ur allgemeines C 0 ([a, b]) betrachte eine Folge von Zerlegungen P (l) = {Ik ; 1 k K (l) } von I = [a, b] mit Feinheit P (l) 0 (l ) und setze
K (l) ( l)
( l)
=
k=1
( l)
( l)
Ik
(l)
Dann gilt oenbar 0 (l) , und (l) , l , mit ( \ (l) ) 0 (l ). Mit ahnlichen Argumenten wie im Beweis von Satz 9.3.5 folgt, dass
f d
(l)
f d m( \ (l) ) 0 (l ),
wobei m = sup |f |, und analog f ur das untere Riemann-Integral. Andererseits erhalten wir gleichm assig in x [a, b] die Absch atzung
(l) (x) 0 (x )
f (x, y ) dy
(l)
0,
und
b (l) (x) b (x )
f d =
(l) a 0
f (x, y ) dy dx
(l)
f (x, y ) dy dx.
a 0
f d =
a
y dy =
1 2
a a
b2 1
2ab2 x2 . dx = 2 a 3
9.4
Sei
f=
h g x y
asst sich das Integral von f u mit g, h C 1 (), so l ber auf ein Randintegral zur uckf uhren. Beispiel 9.4.1. i) Sei Q = [a, b] [c, d], g C 1 (Q). Mit Satz 9.2.1 folgt
Q
g d = y
b a
g (x, y ) dy dx = y
b a
9.4. DER SATZ VON GREEN Analog erhalten wir f ur h C 1 (Q) die Gleichung
Q
269
h d = x
d c a
h (x, y ) dx dy = x
d c
h(b, y ) h(a, y ) dy ;
also h g x y d =
1 + 2 3 4
(gdx + hdy ) =
Q
(gdx + hdy ),
wobei die Kurven 1 (x) = (x, c), 3 (x) = (x, d), a x b, sowie 2 (y ) = (b, y ), 4 (y ) = (a, y ), c y d, den Rand von Q parametrisieren. Die Teilst ucke 1 , . . . , 4 werden dabei so aneinander geh angt, dass der zusammengesetzte Weg 1 + 2 3 4 eine Parametrisierung von Q ergibt, die so orientiert ist, dass stets zur Linken des Weges liegt. ii) Insbesondere erhalten wir bei Wahl von g (x, y ) = y , h(x, y ) = 0 den Fl acheninhalt (Q) = g d = y
b a
Analog k onnen wir f ur eine grosse Klasse von Gebieten argumentieren. Denition 9.4.1. i) 2 heisst Normalbereich bzgl. y der Klasse C 1 , falls = {(x, y ) 2 ; a x b, (x) y (x)}
f ur geeignete < a < b < und mit Funktionen C 1 ([a, b]). Analog 1 denieren wir einen Normalbereich bzgl. x, oder von der Klasse Cpw , C k , etc.
ii) 2 heisst Normalbereich, falls sowohl bzgl. x als auch bzgl. y ein Normalbereich ist. Beispiel 9.4.2. i) Ein bzgl. der Achsen gedrehter Quader ist ein Normalbe1 reich der Klasse Cpw . ii) B1 (0) = {(x, y ) 2 ; |y | 1 x2 , |x| 1} 2 ist ein Normalbereich der Klasse C 0 .
iii) Der Kreisring B2 \ B1 (0) ist kein Normalbereich. Die folgende elementare Beobachtung wird sp ater entscheidend benutzt. Bemerkung 9.4.1. i) Mit Beispiel 9.3.4 erhalten wir f ur jeden Normalbereich = {(x, y )
2;
a x b, (x) y (x)}
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
(x )
f d =
a (x )
f (x, y ) dy dx.
1 ii) Jedes beschr ankte Gebiet 2 der Klasse Cpw kann man in endlich viele 1 disjunkte Gebiete 1 , . . . , L Cpw zerlegen, wobei jedes l ein Normalbereich ist bzgl. geeignet gew ahlter Achsen. 1 iii) Selbst f ur C 1 sind die Gebiete l in der Regel nur von der Klasse Cpw .
Beispiel 9.4.3. i) = B1 (0) und ii) = B2 \ B1 (0) sind in endlich viele disjunkte Normalbereiche zerlegbar. Satz 9.4.1. (Green) Sei seien g, h C 1 (). Dann gilt
h g x y
d =
(gdx + hdy ),
wobei der Rand von so parametrisiert wird, dass zur Linken liegt. Beweis. i) Sei zun achst ein Normalbereich, insbesondere also von der Form = {(x, y ); a x b, (x) y (x)} ,
1 wobei a < b, Cpw ([a, b]), und sei h = 0. Mit Bemerkung 9.4.1.i) folgt b (x )
g y
d =
a b
(x )
g (x, y ) dy dx y
=
a
Parametrisiere = 1 + 2 3 4 , wobei 1 (x) = (x, (x)), a x b, 2 (y ) = (b, y ), (b) y (b), 3 (x) = (x, (x)), a x b, 4 (y ) = (a, y ), (a) y (a). Dann gilt
b b
g dx =
1 + 2 3 4 1
g dx
g dx =
3 a
g (x, (x)) dx
g (x, (x)) dx ;
a
das heisst,
g y
d =
g dx .
ii) Analog zu i) erhalten wir im Falle g = 0 f ur h C 1 () nach Vertauschen von x und y unter Beachtung der Orientierung von die Identit at h d = x h dy ;
271
h g x y
d =
(gdx + hdy ) ,
wie gew unscht. iii) Zerlege = 1 L in disjunkte Normalbereiche. Beachte, dass jede innere Randkomponente zu genau zwei Gebieten k , l geh ort und als Teil von k mit der entgegengesetzten Orientierung durchlaufen wird wie als Teil von l ; die entsprechenden Wegintegrale heben einander also auf. Es folgt h g x y
L
d =
l=1 L l
h g x y
=
l=1 l
(gdx + hdy ) =
gdx + hdy .
Beispiel 9.4.4. i) Mit g (x, y ) = y , h(x, y ) = 0 erhalten wir wie in Beispiel 1 9.4.1.ii) f ur ein beliebiges beschr anktes Gebiet 2 von der Klasse Cpw den Fl acheninhalt
() =
g y
d =
g dx =
y dx.
h d = x
h dy =
x dy,
ii) F ur = B1 (0) mit der Parametrisierung (t) = (cos t, sin t)t , 0 t 2 , des Randes ergibt i) den Wert B1 (0) = 1 2 xdy ydx = 1 2
2 0
( sin t, cos t)
sin t cos t
dt = .
Denition 9.4.2. Sei 2 oen, und sei = gdx + hdy eine 1-Form auf der Klasse C 1 . Dann heisst d := h g x y d
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
f 2 oen, und sei f C 2(), = df = f x dx + y dy . Dann gilt
d = d2 f =
2f 2f xy yx
d = 0.
Mit Denition 9.4.2 k onnen wir Satz 9.4.1 nun auch wie folgt formulieren.
1 Satz 9.4.2. Sei 2 beschr ankt und von der Klasse Cpw , und sei = 1 gdx + hdy eine 1-Form auf der Klasse C (). Dann gilt
d =
wobei so orientiert durchlaufen wird, dass zur Linken liegt. Statt als Kozienten einer 1-Form k onnen wir die Funktionen g und h in Satz 9.4.1 auch als die Komponenten eines Vektorfeldes v = (g, h)t C 1 (; 2 ) auassen. Setzen wir noch in diesem Fall
rot v :=
h g , x y
so nimmt Satz 9.4.1 die folgende Gestalt an. Satz 9.4.3. (Stokes) Sei v C 1 (; 2 ). Dann gilt
rot v d =
v ds,
wobei so orientiert durchlaufen wird, dass zur Linken liegt. arke von v , das RandBemerkung 9.4.2. Der Ausdruck rot v heisst Wirbelst integral
v ds
die Zirkulation von v l angs . Die Orientierung von kann man wie folgt pr azisieren. Sei n der nach aussen zeigende Normalenvektor l angs und = / | | der durch eine Parametrisierung von mit = 0 induzierte Einheitstangentialvektor. Denition 9.4.3. i) Eine Orthonormalbasis (v, w) von 2 heisst positiv orientiert oder ein Rechtssystem, falls (v, w) durch eine Drehung aus der Standardbasis (e1 , e2 ) hervorgeht, sonst heisst (v, w) negativ orientiert. ii) Eine Parametrisierung von heisst positiv orientiert, falls in jedem Punkt p das Paar n(p), (p) eine positiv orientierte Orthonormalbasis von 2 bildet.
Der Rand in Satz 9.4.2 oder 9.4.3 ist also positiv orientiert zu verstehen. Satz 9.4.3 liefert insbesondere ein Kriterium f ur konservative Kraftfelder.
273
1 Denition 9.4.4. Sei 2 beschr ankt und von der Klasse Cpw ; weiter sei wegzusammenh angend. Dann heisst einfach zusammenh angend, falls nur eine Komponente hat.
Beispiel 9.4.6. i) B1 (0) ist einfach zusammenh angend. ii) B2 (0) \ B1 (0) ist nicht einfach zusammenh angend. Bemerkung 9.4.3. i) Eine andere Charakterisierung einfach zusammenh angender Mengen 2 ist oft n utzlich. Sei C 1 ([0, 1]; ) geschlossen mit (0) = (1) und ohne Selbstschnitte; also (s) = (t) f ur alle 0 s < t < 1. Nach dem Jordanschen Kurvensatz berandet ein beschr anktes Gebiet 2 , und ist eindeutig bestimmt. Die Menge ist nun genau dann einfach zusammenh angend, wenn die Relation f ur alle derartigen Kurven gilt. Beispiel 9.4.6 illustriert diesen Zusammenhang auf einfache Weise.
oheren Dimensionen n 3 ist der Begri einer einfach zusamii) Auch in h menh angenden Menge von grosser Bedeutung, und es gibt eine zu i) analoge Charakterisierung. Die Denition 9.4.4 gilt jedoch nur im Fall n = 2.
1 , beschr ankt, zusamSatz 9.4.4. (Poincar e) Sei 2 von der Klasse Cpw menh angend sowie einfach zusammenh angend, und sei v C 1 (; 2 ). Dann sind aquivalent
i) v ist konservativ, ii) rot v = 0. Beweis. i) ii) Nach Satz 8.4.3 besitzt jedes konservative Vektorfeld v C 1 (; 2 ) ein Potential f C 2 () mit v = f , und
(f /y ) (f /x) 2f 2f = =0 x y xy yx
ii) i) Sei C 1 ([0, 1]; ) ein geschlossener Weg in . OBdA sei ohne Selbstschnitte, und sei das von berandete Gebiet. Nach Bemerkung 9.4.3.i) gilt , und die Annahme rot v = 0 zusammen mit Satz 9.4.3 ergibt
v ds =
rot v d = 0,
wie gew unscht. Beispiel 9.4.7. i) Sei v (x, y ) = (y + sin x, x + cos y )t C 1 ( rot v = (y + sin x) (x + cos y ) + = 0. y x
2 ; 2) mit
angend. Also ist v konservativ Jede Kugel BR (0) 2 ist einfach zusammenh nach Satz 9.4.4. Die Funktion f (x, y ) = xy + sin y cos x, (x, y )
2,
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
2(x2 + y 2 ) 2 2 = 0, 2 +y (x + y 2 )2
jedoch ist BR (0) \ {0} nicht einfach zusammenh angend f ur R > 0. sin t sin t cos t cos t
v ds =
dt = 2 = 0;
das heisst, v ist nicht konservativ. Auf der einfach zusammenh angenden Menge v die Argumentfunktion
f (x, y ) = arctan
als Potential. Weiter gilt auf jedem einfach geschlossenen st uckweise C 1 -Weg 2 : [0, 1] \ {0} mit 0 / nach Satz 9.4.3
v ds =
rot v d = 0.
Wir beschliessen den Abschnitt mit einer weiteren Interpretation von Satz 9.4.1. Sei 2 oen, v = (g, h)t C 1 (; 2 ), und setze
div v :=
g h . + x y
Die 1-Form = hdx + gdy ist dann von der Klasse C 1 mit d = div v d, und Satz 9.4.1 ergibt: Satz 9.4.5. (Gauss) Sei v C 1 (; 2 ). Dann gilt
div v d =
v n ds,
wobei ds das skalare L angenelement l angs bezeichnet und n die aussere Normale. Bemerkung 9.4.4. i) F ur v = (v 1 , v 2 )t C 1 (;
2
2) gilt:
div v =
i=1
v i . xi
9.5. SUBSTITUTIONSREGEL
275
ii) Der Ausdruck div v heisst Quellst arke des Vektorfeldes v , das Integral v n ds
Beispiel 9.4.8. Sei = B1 (0), v (x, y ) = (x, y ) das Ortsvektorfeld mit div v = 2. Da n(p) = p = v (p) f ur alle p S 1 = B1 (0), erhalten wir mit der positiv orientierten Parametrisierung (t) = (cos(t), sin(t))t C 1 ([0, 2 ]; von B1 (0) die Identit at
2
2 )
| (t)|dt = 2 ;
2(B1 (0)) =
div v d =
v n ds =
ds =
0
9.5
Substitutionsregel
Gibt es eine zur Substitutionsregel Satz 7.1.5 analoge Regel in n ? Wird insbesondere eine messbare Menge n bei Transformation mit einer Abbildung C 1 (; n ) wieder in eine messbare Menge () u uhrt? berf
9.5.1
Lineare Transformationen
Wir betrachten zun achst lineare Abbildungen. Lemma 9.5.1. Sei A : n n linear, und sei n beschr ankt und Jordan-messbar. Dann ist die Menge A = {Ax; x } Jordan-messbar, und (A) = |det(A)|(). Beweis. i) Betrachte zun achst den Fall det(A) = 0. Dann gibt es eine Drehung ankt, so ist R SO(n), so dass RA( n ) n1 {0}. Falls n beschr
276
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
ankt und Jordan-messbar mit (RA()) = 0; also RA() n1 {0} beschr ist nach Satz 9.3.2.iv) auch A = R1 (RA()) Jordan-messbar mit (A) = (RA()) = 0 = |det(A)|(). ii) Sei nun A = diag (1 , . . . , n ) diagonal mit Eigenwerten i = 0. Nach Lemma 9.3.1 ist f ur jede beschr ankte Jordan-messbare Menge n die Menge A Jordan-messbar, und (A) = mA () mit einer von unabh angigen Konstanten mA > 0.
n i=1 [0, i ]
mit
(AQ) =
i=1
|i | = |det(A)| = mA (Q) = mA ,
und mA = |det(A)|. iii) Schliesslich sei A Gl(n) eine beliebige invertierbare Matrix. Die symmetrische Matrix M = At A ist wegen t M = |A |2 > 0 f ur jedes 0 =
positiv denit. Also existieren eine Matrix R SO(n) und eine Diagonalmatrix 2 = diag (1 , . . . , n ) mit Eigenwerten i = i > 0, wobei i > 0, 1 i n, so dass M = RRt = RD(RD)t , wobei D = diag (1 , . . . , n ) = Dt . Dann erf ullt die Matrix B = ARD1 die Bedingung B t B = idn ; das heisst, B O(n), und A = BDRt . Nachdem wir allenfalls B weiter zerlegen in das Produkt von Rotationen und einer Spiegelung S = diag (1, . . . , 1, 1), folgt |det(D)| = |det(A)|, und mit ii) und Satz 9.3.2.iv) erhalten wir die Behauptung.
9.5.2
Ahnliches gilt auch f ur geeignete Transformationen mit C 1 (; n ). Sei n oen, C 1 (U ; n ) ein Dieomorphismus von U auf (U ) = V U gem ass Denition 8.9.2; das heisst, ist injektiv mit Umkehrabbildung = 1 C 1 (V ; n ).
Bemerkung 9.5.1. Nach dem Umkehrsatz, Satz 8.7.1, ist eine injektive Abbildung C 1 (U ; n ) genau dann ein Dieomorphismus, wenn gilt
x0 U : det(d(x0 )) = 0.
Beispiel 9.5.1. i) Eine lineare Abbildung A : n n mit Matrixdarstellung A ist ein Dieomorphismus genau dann, wenn det A = 0. ii) Eine Abbildung g C 1 (]a, b[) mit g > 0 ist gem ass Satz 6.2.2 ein Dieomorphismus auf g (]a, b[).
277
2,
x 0}, wobei
2 +
2 2 + \{(x, 0);
Satz 9.5.1. (Transformationssatz) Sei U n oen, C 1 (U ; n ) ein ankt Dieomorphismus von U auf V = (U ) n , und sei U beschr und Jordan messbar. Dann ist () Jordan messbar, und
(()) =
|det(d(x))| d(x).
Beweis. i) Wir zeigen zun achst, dass () Jordan messbar ist. Nach Satz 9.3.1.iii) und Bemerkung 9.3.2 gen ugt es zu zeigen, dass man zu jedem > 0 eine Elementargur F n nden kann mit (()) F und (F ) < .
Da ein Dieomorphismus ist, bildet innere Punkte von ab auf innere Punkte von (), ebenso innere Punkte von U \ auf innere Punkte des Komplements, und umgekehrt; also folgt (()) = ( ). Da beschr ankt und Jordan messbar, gibt es wie im Beweis von Lemma 9.3.1 zu jedem > 0 Elementarguren E G mit (G\E ) < , welche als disjunkte Vereinigungen E = 1lLE Ql , G = 1lLG Ql von achsenparallelen, zu einem W urfel Q0 der Kantenl ange kongruenten W urfeln Ql darstellbar sind. Es folgt G \ E = LE <lLG Ql , (G \ E ) = L n < , wobei L = LG LE . Weiter k onnen wir annehmen, dass f ur ein 0 > 0 und eine kompakte Menge K U gilt 0 < < 0 : G K = K U. Nach Korollar 5.3.1 existiert C > 0 mit
xK
F ur 1 l LG folgt
1 x,y Ql
sup |(x) (y )|
d x + t(y x) |x y | dt C n ;
Ql K n
(9.5.1)
das heisst, (Ql ) ist enthalten in einem W urfel Rl n der Kantenl ange C1 mit einer von unabh angigen Konstanten C1 . Somit gilt
LG LG
() = ( )
l=LE +1
(Ql )
Rl =: F
l=LE +1
278 mit (F )
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Da > 0 beliebig, folgt die Behauptung. ii) F ur einen beliebigen W urfel Ql G K sei xl der Mittelpunkt von Ql und sei A : n n die Abbildung
Ax = (xl ) + d(xl )(x xl ) . Da d auf K nach Satz 5.5.2 gleichm assig stetig, erhalten wir analog zu (9.5.1) f ur x Ql die Absch atzung |(x) A(x)| |x xl |
1 0
Verschieben wir den Koordinatenursprung in den Punkt xl , so erhalten wir f ur jedes > 0 und hinreichend kleines > 0 somit A (1 )Ql (Ql ) A (1 + )Ql , also mit A (1 )Ql = (1 )n (AQl ) auch (1 )n (AQl ) ((Ql )) (1 + )n (AQl ). Gem ass Lemma 9.5.1 gilt (AQl ) = |det(d(xl ))| (Ql ). F ur den Fehlerterm Il := ((Ql )) |det(d(xl ))| (Ql ) folgt so die Absch atzung |Il | |((Ql )) (AQl )| C 0 ( 0) , n (AQl ) gleichm assig in l. Zu vorgegebenem > 0 seien E G K Elementarguren wie in i) mit (G \ E ) < , bestehend aus W urfeln der Kantenl ange . Bei festem E und G k onnen wir durch 2k mit beliebigem k ersetzen und erhalten (mit LE = LE (k ) C (2k )n , Il = Il (k ) = o((2k )n ))
LE
LE
((E )) =
l=1
((Ql )) =
l=1
I :=
l=1
279
det d(x)
d(x).
Mit (())
d(x)
d(x) C(G \ E ) C
folgt die Behauptung nach Ubergang zum Limes 0. Beispiel 9.5.2. i) Sei g C 1 (]a, b[) mit g > 0 ein Dieomorphismus auf g (]a, b[) =]c, d[ gem ass Satz 6.2.2, und seien a < x0 < x1 < b, so dass :=]x0 , x1 [ U =]a, b[. Dann gilt g () =]g (x0 ), g (x1 )[, und
x1 x1 x0
g (x) dx =
x0
|det(dg (x))| dx .
Im Limes x0 a oder x1 b k onnen die auftretenden Terme divergieren. W ahlen wir g (x) = log(x) : + , so erhalten wir beispielsweise (g (]0, 1[)) = .
ii) Polarkoordinaten. Die Abbildung (r, ) = r cos , r > 0, 0 < < 2 r sin
erf ullt gem ass Beispiel 8.7.1.iii) die Gleichung det d(r, ) = r und ist f ur festes R > 0 ein Dieomorphismus von ]0, R[]0, 2 [ auf die Menge (]0, R[]0, 2 [) = BR (0) \ {(x, 0); 0 x < R}. Da ({(x, 0); 0 x < R}) = 0, folgt
2 R 0 = R 2 /2
r d(r, ) =
0
r dr d = R2 .
280
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
iii) F ur 0 < a < b, 0 < c < d betrachte die Menge Gabcd = {(x, y )
y = bx Gabcd y = ax d c xy = d xy = c a b
Stelle Gabcd dar als ]a, b[ ]c, d[ , wobei = 1 mit : Au osen der Gleichungen x y y = , x x= Die Abbildung : / , y/x xy =: .
xy =
f ur x, y, , > 0 ergibt y= .
ist oenbar auf ]0, [ ]0, [ bijektiv mit d(, ) = also det d(, ) = und
b d
1 2
x/ y/
x/ y/
xy 1 = <0 2 2
(Gabcd ) =
a c
det d) d d =
dc 2
b a
dc d = log 2
b a
9.5.3
Substitutionsregel
Analog zu Satz 9.5.1 erhalten wir auch eine Satz 7.1.5 verallgemeinernde Regel f ur Integrale. Satz 9.5.2. (Substitutionsregel) Sei U n oen, C 1 (U ; n ) ein Dieomorphismus von U auf V = (U ) n , U beschr ankt und ankt und R-integrabel. Jordan messbar, und sei f : () beschr
281
(f ) |det(d)| d.
V = (U ) U ()
f=
j =1
cj Qj
n, wobei
J J j =1
()
Qj
j =1
Qj V.
Gem ass Satz 9.5.1, angewandt auf = 1 , ist f ur jedes j die Menge j = 1 (Qj ) Jordan-messbar. Weiter sind die Mengen 1 , . . . , J disjunkt und u berdecken . Mit Satz 9.5.1 erhalten wir nun
J
f d =
() j =1 J
cj Qj ()
=(j )
=
j =1
cj
j
|det(d)| d =
(f ) |det(d)| d.
folgt
e d; e f, e TF
= sup
i)
(e ) |det(d)| d; e f, e TF
(f ) |det(d)| d,
282
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
wobei wir benutzen, dass nach Denition des R-Integrals gilt (e )|det(d)| d = sup sup =
(f )|det(d)| d.
(g ) |det(d)| d; f g, g TF g d; f g, g TF
=
()
f d .
Beispiel 9.5.3. Die Funktion f (x) = ex : hat keine elementar be2 rechenbare Stammfunktion. Das Integral ex dx k onnen wir jedoch mit Satz 9.5.2 explizit bestimmen. Nach dem Satz 9.2.1 von Fubini gilt
ex dx
= =
ex dx e (x
2 2
ey dy
+y )
dx dy =
er d,
wobei r2 = x2 + y 2 . Gem ass Satz 9.5.2 erhalten wir nach Einf uhrung von Polarkoordinaten entsprechend Beispiel 9.5.3.ii) f ur den letzten Term den Ausdruck
also gilt
er d =
2
2 0 0
rer dr d = ;
=1/2
ex dx =
9.6
Die S atze 9.5.1 und 9.5.2 zeigen einen nat urlichen Weg auf zur Denition des Inhalts von regul aren Fl achenst ucken im S 3 und von Ober achenintegralen. Der im Abschnitt 8.10 denierte Begri einer Immersion liefert hierf ur das geeignete Hilfsmittel.
283
9.6.1
Sei U 2 oen, C 1 (U ; 3 ) eine injektive Immersion gem ass Denition 8.10.1. Weiter sei U beschr ankt und Jordan messbar, und sei S = achenst uck. () 3 das durch parametrisierte Fl Zur besseren Unterscheidung w ahlen wir im folgenden meist die Bezeichnungen (u, v ) U 2 , bzw. (x, y, z ) 3 f ur die Koordinaten im Urbild- und Zielraum.
do :=
|u v | d(u, v ),
mit u =
u ,
Bemerkung 9.6.1. i) |u v | ist der Inhalt des von den Vektoren u und v aufgespannten Parallelogramms. ii) Falls (U ) 2 (oder falls wir zu gegebenem w = (u, v ) U Koordinaten (x, y, z ) f ur 3 w ahlen, so dass u (w), v (w) 2 {0}), so gilt
|u v | (w) = |det(d(w))| ; die Denition 9.6.1 ist somit konsistent mit Satz 9.5.1. iii) Allgemein gilt | u v | = wobei g = dt d = det(g ),
2
| u | u v
u v 2 | v |
die von induzierte Gramsche Matrix (Metrik) bezeichnet. Beweis. In geeigneten Koordinaten gilt d(w) :
2 2 {0} = 2 und
det(g ).
iv) Mit Satz 9.5.2 folgt aus iii), dass der Fl acheninhalt 2 (S ) von der Parametrisierung unabh angig ist. ankt und Beweis. Seien i C 1 (Ui ; 3 ) injektive Immersionen, i beschr Jordan-messbar mit i i Ui und i (i ) = S , i = 1, 2. Behauptung 1. Die Abbildung
1 1 f = 2 1 C (1 ;
2 )
284
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Behauptung 1 liefert die gew unschte Aussage: Mit 1 = 2 f , der Kettenregel d1 = (d2 f )df und Koordinaten wie in ii) folgt det(g1 ) = det(dt 1 d1 )
2 = det(df t )det (dt 2 d2 ) f det(df ) = det(g2 f )|det(df )| .
det(g1 )d =
1
det(g2 )d;
2
2 (S ) ist also unabh angig von erkl art. Beweis von Behauptung 1. Beachte, dass 2 : 2 S stetig und bi2 1 : S 2 stetig nach Satz 5.3.5, und jektiv ist. Da 2 kompakt, ist 2 f C 0 (1 ; 2 ).
Sei w1 1 , und sei w2 = f (w1 ) 2 . Sei weiter 2 (w2 ) = 1 (w1 ) = p S mit d2 (w2 )( 2 ) = d1 (w1 )( 2 ) = Tp S = 2
gem ass Bemerkung 8.10.1.i). In geeigneten Koordinaten gilt Tp S = 2 {0}, und wir k onnen d2 (w2 ) als linearen Isomorphismus d2 (w2 ) : 2 2 auffassen. Wir zeigen, f ist an der Stelle w1 dierenzierbar mit
(9.6.1)
wobei w 2 = f (w 1 ) f (w1 ) = w2 f ur w 1 w1 wegen der Stetigkeit von f . Da 2 (w2 ) = p = 1 (w1 ), folgt w 2 w2 = f (w 1 ) f (w1 ) = d2 (w2 )1 d1 (w1 )(w 1 w1 ) + o |w 1 w1 | + o |w 2 w2 | (w 1 w1 )
und damit zun achst w 2 w2 = O(|w 1 w1 |) f ur w 1 w1 und dann auch (9.6.1). Nach Vertauschen von 1 und 2 folgt dasselbe f ur f 1 ; das heisst, f C 1 ist ein Dieomorphismus, wie gew unscht.
285
1 (u, v ) = 1 + u2 + v 2
2; S 2) mit
2u , (u, v ) 2v 1 u2 v 2
2,
4 . (1 + u2 + v 2 )2
|u v | d(u, v ) =
4 d(u, v ) (1 + u2 + v 2 )2
4r dr (1 + r2 )2
d = 4,
4r dr =2 (1 + r2 )2
2 ds = 2 (1 + s) 1+s
s=0
= 2.
Wir k onnen nun auch stetige Funktionen u are Fl achenst ucke integrieber regul ren. Denition 9.6.2. Sei U 2 oen, C 1 (U ; 3 ) injektive Immersion, ankt und Jordan-messbar, und sei S = () das zugeh orige U beschr Fl achenst uck im 3 , f : S stetig. Dann ist
f do :=
S
(f ) |u v | d(u, v )
wohldeniert (unabh angig von ). Beispiel 9.6.2. F ur , S = S 2 wie in Beispiel 8.10.2 und f (x, y, z ) = z 2 erhalten wir f d =
S2
4 1 u2 v 2 2 d 2 + v2 2 + v 2 )2 1 + u (1 + u 2 4r 1 r2 2 dr . = 2 2 1 + r (1 + r2 )2 0 2 1 1 + r2
0 2
(f ) |u v | d
Mit
1 r2 1 + r2
4 4 +1 2 2 (1 + r ) 1 + r2
8 ds 2 ds 8 ds + 4 3 (1 + s) (1 + s) (1 + s)2
4 . 3
286
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
9.6.2
Sei U 2 oen, C 1 (U ; 3 ) injektive Immersion, U beschr ankt und Jordan-messbar, und sei S = () das zugeh orige Fl achenst uck im 3 . In jedem Punkt p = (w) mit w spannen die Vektoren u (w) und v (w) den Tangentialraum auf an S ; das heisst,
Tp S = d(w)(
2 ) = span{u(w), v (w)}.
Durch Auswahl eines Einheitsnormalenvektorfeldes n : S 3 mit n(p) Tp S , |n(p)| = 1 an jedem Punkt p S k onnen wir S orientieren, also oben und unten denieren. Die Parametrisierung liefert n= als eine kanonische Wahl. F ur ein (in einer Umgebung W von S erkl artes) Vektorfeld K = (P, Q, R)t 3 1 C (W ; ) deuten wir die Normalkomponente (K n)(p) als Flussdichte von K durch S am Punkt p. u v | u v |
heisst Fluss des Vektorfeldes K durch die mit n = S ; dabei heisst n do = u v d(u, v ) das durch n orientierte Fl achenelement auf S .
u v |u v |
Beispiel 9.6.3. i) Sei C 1 ( 2 ; S 2 ) wie in Beispiel 8.10.2, S = ( 2 ) = S 2 , und sei K das Ortsvektorfeld mit K (p) = p, p S 2 . F ur die durch denierte u v gilt oenbar n ( p ) = p ; also Orientierung n = | | u v
S2
K n do =
do = (S 2 ) = 4.
S2
ii) Mit , S = S 2 mit n(p) = p wie in i) und K (x, y, z ) = (0, 0, z )t erhalten wir K n do = z 2 do =
S2
S2
4 ; 3
9.7
Analog zu Denition 8.9.3 und unter Ber ucksichtigung von Bemerkung 8.10.1 k onnen wir allgemein den Begri einer Untermannigfaltigkeit mit Rand im n erkl aren. Die folgende Denition gilt f ur allgemeine Dimensionen 1 k < n.
287
Denition 9.7.1. i) Eine Menge S n ist eine eingebettete k -dimensionale 1 C m -Untermannigfaltigkeit mit Rand der Klasse Cpw , m 1, falls zu jedem p0 S eine Umgebung W von p0 und eine injektive Immersion C m (U ; n ) einer oenen Menge U k sowie eine beschr ankte Menge U von 1 der Klasse Cpw existieren, so dass S W = ().
ii) Ein Punkt p0 S geh ort zum relativen (intrinsischen) Rand S von S , falls f ur jedes wie in i) gilt p0 ( ). Im folgenden Abschnitt betrachten wir speziell den Fall k = 2, n = 3.
1 Sei S 3 ein Fl achenst uck mit Rand der Klasse Cpw , und sei p = (w) S 1 3 mit einer injektive Immersion C (U ; ), wobei U 2 oen, w 1 U beschr ankt und von der Klasse Cpw .
Wie in Abschnitt 9.6 k onnen wir S durch Auswahl eines Einheitsnormalenvektorfeldes n : S 3 lokal um p herum orientieren.
3) de-
Bemerkung 9.7.1. i) Falls S = () mit einer injektiven Immersion ankten Menge C m (U ; 3 ) einer oenen Menge U 2 und einer beschr U , so ergibt n = u v / | u v |
ii) Es gibt nicht orientierbare Fl achen, zum Beispiel das M obiusband. Nach Bemerkung i) lassen sich diese Fl achen nicht als S = () mit einer injektiven Immersion C 1 (U ; 3 ) und U 2 darstellen.
angend ist, so gibt es h ochstens zwei M oglichkeiten, ein iii) Falls S zusammenh stetiges Einheitsnormalenvektorfeld n auf S zu denieren.
1 Sei S ein orientierbares Fl achenst uck mit Rand der Klasse Cpw , und sei n 3 0 ur S . Wir wollen auch den Rand S von S orienC (S ; ) eine Orientierung f tieren. Sei dazu eine lokale Parametrisierung von S wie in Denition 9.7.1,i) um p = (w) S M := (U ) mit w .
n(p) (p ) p (p ) Tp M
288
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
und so, dass (p) aus S heraus zeigt; das heisst, (p) ist die aussere Normale von S in M . Dann ist das Tripel ( (p), (p), n(p)) eine Orthonormalbasis f ur 3 . Dabei ist (p) durch S eindeutig bestimmt, (p) bis auf das Vorzeichen.
Analog zu Denition 9.4.3 erkl aren wir: Denition 9.7.3. i) Die Orthonormalbasis ( (p), (p), n(p)) von 3 ist positiv orientiert oder ein Rechtssystem, falls ( (p), (p), n(p)) durch eine Drehung aus der Standardbasis (e1 , e2 , e3 ) hervorgeht; sonst heisst ( (p), (p), n(p)) negativ orientiert. = 0 heisst positiv orientiert, falls ii) Eine Parametrisierung von S mit t)/|( t)| in jedem Punkt p = (t) S das Tripel ( (p), (p), n(p)) mit (p) = ( 3 eine positiv orientierte Orthonormalbasis von bildet.
Beispiel 9.7.1. i) Sei U 2 oen, C 1 (U ; 3 ) injektive Immersion, 1 U beschr ankt mit Rand der Klasse Cpw , und sei S = () das 3 1 zugeh orige Fl achenst uck im . Sei Cpw ([0, 1]; 2 ) eine positiv orientierte Parametrisierung von in dem Sinne, dass beim Durchlaufen von zur 1 Linken liegt, und sei := Cpw ([0, 1]; 3 ) die davon induzierte Parametrisierung des intrinsischen Randes S = ( ) von S . Versehen wir S mit u v der durch induzierten Orientierung n = | u v | , so ist ebenfalls positiv orientiert: Wenn wir auf die Fl ache S umfahren, liegt S stets zur Linken.
n v u
U u W S = ()
Genauer sei p = (w) S mit w = (t) , und sei Tw 2 die aussere Normale an im Punkt w. OBdA d urfen wir annehmen, dass = eu , (t) = ev . Setze = d(w) = u (w), und normiere = /| |, = ( ( ))/| ( )|. = d(w) (t) = v (w)
Dann ist das Tripel (, , n) positiv orientiert, da mit einem Faktor cp > 0 gilt cp det(, , n) = det( , , n) = ( ) n = | | > 0. = ist somit positiv orientierte Parametrisierung von S um p.
289
ii) Sei insbesondere C 1 ( 2 ; 3 ) wie in Beispiel 8.10.2, und sei = B1 (0) U = 2 mit = B1 (0) = S 1 parametrisiert durch (t) = (cos(t), sin(t))t , 0 t 2 . Dann ist S = () die obere Halbsph are, orientiert durch n(p) = p, mit Rand S = S 1 , parametrisiert durch = und mit der ausseren Normalen = e3 .
Denition 9.7.4. Das Vektorfeld x Ry Qz rot K = Pz Rx = K = det y z Qx Py heisst Rotation (Wirbelst arke, engl. curl) von K . Es gilt das folgende Analogon zu Satz 9.4.3.
Satz 9.7.1. (Stokes) Sei S 3 ein kompaktes, orientiertes Fl achenst uck der 1 Klasse C 2 mit Rand der Klasse Cpw , und sei S positiv orientiert. Dann gilt rot K n do = K ds.
2, n = e3 gilt
rot K n = Qx Py
sowie
S
K ds =
P dx + Q dy,
3 ; 3) mit
E das Ellipsoid
x(y 2 + z 2 ) K (x, y, z ) = y (x2 + z 2 ) , z (x2 + y 2 ) y2 z2 x2 + + = 1} a2 b2 c2 , orientiert durch die aussere Normale, S das x2 y2 + 2 1, z > 0} 2
S = {(x, y, z ) E ;
mit 0 < < a, 0 < < b, und = S der (orientierte) Rand von S .
290 Beachte
also
K ds =
rot K n do = 0.
Auf direktem Wege ist die Berechnung der Zirkulation oenbar viel aufwendiger. Beweis von Satz 9.7.1. i) Sei zun achst S = () f ur eine injektive Immerankt mit Rand sion C 2 (U ; 3 ), wobei U 2 oen, U beschr 1 1 der Klasse Cpw , und sei Cpw ([0, 1]; 2 ) eine positiv orientierte Parametrisie1 rung von , = Cpw ([0, 1]; 2 ) die davon induzierte, positiv orientierte Parametrisierung von S .
Wir f uhren Satz 9.7.1 zur uck auf Satz 9.4.1. Setze dazu (K ) d =: = g du + h dv mit g = (K ) u , h = (K ) v , so dass (mit = d/dt)
1 S
K ds =
0 1
(K )(t)
=(K )( (t))
d (t) dt
=d( (t)) (t)
dt
=
0
( (t)) (t) dt =
g du + h dv.
Behauptung. Es gilt rot K u v = hu gv . Beweis: Die rechte Seite ergibt hu gv = (K )u v (K )v u , da sich die beiden u onnen wir brigen Terme aufheben. Die weitere Rechnung k mit der folgenden Uberlegung stark vereinfachen. Oenbar sind alle Ausdr ucke unabh angig von der Wahl der Koordinaten im 3 . F ur festes w , p = (w) S d urfen wir daher annehmen, dass
u (w) = a e1 , v (w) = b e1 + c e2 mit a, c > 0, b Wir erhalten (hu gv )(w) = aKx (p) (b e1 + c e2 ) (bKx (p) + cKy (p)) (ae1 ) Die linke Seite ergibt andererseits, mit (u v )(w) = ac e3 , rot K u v (w) = rot K (p) ac e3 = ac (Qx Py )(p), und die Behauptung folgt. = abPx + acQx abPx acPy (p) = ac(Qx Py )(p).
291
ii) Falls S nicht wie oben darstellbar ist als S = (), so zerlege S = 1j J Sj in endlich viele disjunkte, kompatibel orientierte derartige Teile Sj , 1 j J . Gemeinsame Randkurven von aneinander angrenzenden Fl achenst ucken Sj und Sk sind dann entgegengesetzt orientiert. Mit i) folgt
J S J Sj
K ds =
j =1
K ds =
j =1
Sj
rot K n do =
rot K n do ,
Denition 9.7.5. Sei W 3 oen und zusammenh angend. Dann heisst W einfach zusammenh angend, falls jede einfach geschlossene Kurve 1 Cpw ([0, 1]; W ) in W ein orientiertes Fl achenst uck S W berandet. Bemerkung 9.7.3. Die obige Denition ist f ur unsere Zwecke leicht vereinfacht. Genauer heisst W einfach zusammenh angend, falls jede einfach geschlos1 sene Kurve Cpw ([0, 1]; W ) in W null-homotop ist, das heisst, sich in W zusammenziehen l asst.
3) ist einfach zusammenh angend; 3 angend; ii) Die Kugelschale B2 (0)\B1 (0) ist einfach zusammenh angend. iii) B2 (0; 3 )\ B1 (0; 2 ) ist nicht einfach zusammenh
Beispiel 9.7.3. i) Der Ball B1 (0; iv) Das M obiusband hat nur eine einzige Randkomponente, ist aber kein orientiertes Fl achenst uck. Analog zu Satz 9.4.3 erhalten wir: Satz 9.7.2. (Poincar e) Sei W aquivalent: C 1 (W ; 3 ). Es sind
i) K ist konservativ; ii) rot K = 0. Beweis. i) ii) Sei K konservativ. Nach Satz 8.4.3 gibt es f C 2 (W ) mit K = f ; also ... rot K = 2 . . . 2 = 0. f f xy yx
ii) i) Sei W einfach geschlossen, S W orientiertes Fl achenst uck mit S = gem ass Denition 9.7.5. Dann gilt nach Satz 9.7.1 K ds = rot K n do = 0;
292
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Beispiel 9.7.4. Sei K wie in Beispiel 9.7.2. Nach Satz 9.7.2 ist K konservativ. In der Tat ist x2 y 2 + x2 z 2 + y 2 z 2 f (x, y, z ) = 2 eine Potentialfunktion. Bemerkung 9.7.4. Ein M obiusband S l asst sich so in W = 3 \ {(0, 0)} einbetten, dass die Projektion von S auf 2 {0} nach radialer Projektion w w/|w| dem doppelt durchlaufenen Einheitskreis entspricht.
F ur K C 1 (W ;
3) mit
gilt
y P 1 x = Q K (x, y, z ) = 2 x + y2 0 R 0 Ry Qz rot K = Pz Rx = 0 , Qx Py 0
S
K ds = 4 ;
vergleiche Beispiel 9.4.7.ii). Beachte, dass S nur eine Zusammenhangskomponente hat; jedoch ist S nicht orientierbar. In der Tat ist W nicht einfach zusammenh angend.
9.8
Sei
K i xi
heisst Divergenz (Quellst arke) von K . Allgemein bezeichnen wir f ur Vektorfelder = (i )1in C 1 (; n ) auf einer n n oenen Menge mit div () = i=1 i /xi die Divergenz von .
div (K ) d =
K n do,
wobei n die aussere Normale ist. Bemerkung 9.8.1. Nach Satz 9.8.1 ist also der Fluss des Vektorfeldes K durch gleich dem Integral u arke von K . ber die Quellst
293
Beweis von Satz 9.8.1. i) Sei zun achst ein Normalbereich bzgl. aller Achsen x1 , . . . , x3 . Vereinfachend gelte mit einem Quader Q 2 , 0 C 1 (Q): = {x = (xi ); (x1 , x2 ) Q, 0 x3 (x1 , x2 )}. Es folgt K 3 d3 = x3 =
Q (x1 ,x1 ) Q 0
K 3 dx3 d2 (x1 , x2 ) x3
(9.8.1)
Sei (x1 , x2 ) = (x1 , x2 , (x1 , x2 )) C 1 (Q; 3 ) die von induzierte Parametrisierung des oberen Teils S = G ( ) = (Q) von mit 1 d = (x1 , x2 ) = 0 /x1 x 1 x 2 und wir erhalten 0 1 . /x2
Es folgt
/x1 = /x2 , 1
(9.8.2)
0 0 n do = S K3
Entlang der vertikalen Teile von gilt n3 = 0; diese liefern also keinen Beiur dieses Vektorfeld trag zum Fluss des Vektorfeldes (0, 0, K 3 )t C 1 (; 3 ). F gilt somit die Identit at 0 0 0 n do; div 0 d = K3 K3
Analog gilt am unteren Teil Q {0} von n = e3 , also 0 0 n do = K 3 (x1 , x2 , 0) d2 (x1 , x2 ). 3 Q{0} Q K
1 ii) Zerlege ein beliebiges beschr anktes Gebiet W der Klasse Cpw gem ass Bemerkung 9.4.1.ii) in endlich viele disjunkte Normalbereiche 1 , . . . , L . Entlang gemeinsamer Begrenzungs achen von k und l heben sich die Fl usse
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
div (K ) d =
l=1 L l
div (K ) d
=
l=1 l
K nl do =
K n do,
Bemerkung 9.8.2. Mit einer zu (9.8.1) analogen Rechnung erhalten wir f ur 1 alle n auf jeder beschr ankten Menge n von der Klasse Cpw f ur jedes K = (K i )1in C 1 (; n ) mit K = 0 auf die Identit at
div (K ) d = 0.
Man kann Satz 9.8.1 insbesondere zur Volumenberechnung verwenden. Beispiel 9.8.1. i) Sei = B1 (0; Satz 9.8.1 33 B1 (0; also 3 B1 (0; ii) Sei das Innere = {(x, y, z )
3)
=
B1 (0;
div x dx =
3)
x n(x) do = 2 (S 2 ) = 4 ;
1
3 )
4 . 3
3 ;
x2 y2 z2 + 2 + 2 < 1} 2 a b c
des von dem Ellipsoiden S mit Halbachsen a, b, c > 0 umschlossenen Gebietes. F ur das Vektorfeld K (x, y, z ) = (0, 0, z )t , (x, y, z ) 3 , mit div K 1 ergibt Satz 9.8.1 und die in (9.8.1) durchgef uhrte Rechnung
3 () =
div K d3 =
K n do 1 x2 y2 4 d2 (x, y ) = abc ; a2 b2 3 1
x2 a2
= 2c
{(x,y );
x2 a2
+y <1} b2
y2 b2
auf .
Andererseits kann man auch gewisse Ober acheninhalte bestimmen. Beispiel 9.8.2. i) Sei der Kegelstumpf = {(x, y, z )
3;
x2 + y 2 < 1 z, z > 0}
295
x2 + y 2 = 1 z 1} = G ( ),
Wir bestimmen den 2-dimensionalen Inhalt von M , wie folgt. W ahle K e3 mit div (K ) = 0. Mit Satz 9.8.1 erhalten wir 0 0 0 n do = div 0 d = n3 do 2 B1 (0; 2 ) . 0= M 1 1
1 = . 2 1 + | (x, y )| 1
2
1 n3 do = 2 (M ) = 2 B1 (0; 2 2 (M ) = 2 .
2)
= ;
das heisst,
ii) Was ist die Ober ache der Sph arenkappe Sz0 = {(x, y, z ) Dz0 = {(x, y, z ) berandet Sz0 ein Gebiet
3; 3;
| p| x
x2 + y 2 + z 2 = 1, z > z0 } x2 + y 2 + z 2 1, z = z0 }
x2
y2
z2
+ = 0 in
3\{0}.
K n do =
Dz0
K e3 d(x, y ) = 2z0
0
= z0
Dz0
d(x, y ) x2 + y2 +
23 z0
2 1z0
2 1z0
r dr
2 r 2 + z0 3
2 1z0
= z0
0
ds
2 s + z0 3
= z0
2
2 s + z0
s=0
= 2 (1 z0 ).
296
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
ankt mit Rand von der Klasse C 1 , und iii) Sei 0 3 oen und beschr sei q . Betrachte das Vektorfeld
v (x) = q
x C ( |x|3
3 \ {0}; 3).
Wir wollen den Fluss von v durch bestimmen. Mit Satz 9.8.1 folgt f ur gen ugend kleine r > 0 mit Br (0) die Identit at div (v )d =
\Br (0)
v n do
Br (0)
x ds, |x|
div (v ) =
i=1
(xi /|x|3 ) = 3q xi
=0
Br (0)
9.8.1
Partielle Integration
3), f C 1 ().
div (f K ) =
i=1
f i K i K + f xi xi
= f K + f div (K ).
Mit Satz 9.8.1 folgt: Satz 9.8.2. (Partielle Integration) F ur , K und f wie oben gilt: f K d = (f K ) n do f div (K ) d.
Bemerkung 9.8.3. Nach Bemerkung 9.8.2 gilt Satz 9.8.2 in allen Dimensionen 1 n auf jeder beschr ankten Menge n von der Klasse Cpw , falls K = n 1 i 1 ), f C () mit f K = 0 auf . (K )1in C (;
Besonders interessante Anwendungen erm oglicht Satz 9.8.2, wenn K = u das Gradientenfeld einer Funktion u C 2 () ist. In diesem Fall erhalten wir
n
i=1
2u =: u (xi )2
n 2 i=1 (xi )2 .
297
9.8.2
Sei
Harmonische Funktionen
1 n beschr ankt mit Cpw , u C 2 () C 1 ().
Denition 9.8.2. Die Funktion u heisst harmonisch, falls u = 0. Beispiel 9.8.3. i) Sei u(x) = mit u = Wie in Beispiel 9.8.2.iii) gilt u = div (u) = 0 in das heisst, u ist harmonisch. ii) Sei n = 2, u C ( 1 C( |x| x , |x|3
3 \ { 0 } )
x = 0.
3 \ { 0 } ; 2.
2) die Funktion
(x, y )
u =
2u 2u + 2 = 0; x2 y
Mit Satz 9.8.2 erhalten wir die folgende variationelle Charakterisierung harmonischer Funktionen. F ur v C 1 () sei E (v ) = die Dirichlet-Energie von v . Satz 9.8.3. (Variationelle Charakterisierung harmonischer Funktionen) Sei 1 n beschr aquivalent: ankt mit Cpw , u C 2 () C 1 (). Es sind 1 2
|v |2 d
i) u = 0; ii) E (u) = min{E (v ); v C 1 (), v = u auf }. Beweis. i) ii): Sei u harmonisch und sei v C 1 () mit v = u auf . Setze = v u C 1 () mit = 0 auf . Mit |(u + )|2 = |u|2 + 2u + ||2 folgt E (v ) = E (u + ) = 1 2 |(u + )|2 d = E (u) + E () + u d. (9.8.3)
298
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Setzen wir u =: K und beachten wir, dass = 0 auf sowie div (u) = u = 0 in , so folgt mit Satz 9.8.2 u d = u n do div (u) d = 0;
also E (v ) = E (u) + E () E (u). ii) i): Betrachte v = u + t, wobei C 1 () mit = 0 auf , t Annahme gilt t : E (u + t) E (u).
. Nach
u d + t2 E ()
d dt
E (u + t) =
t=0
u d u d.
u n do
=0
u d =
(9.8.4)
Nimm widerspruchsweise an, dass u(x0 ) = 0 f ur ein x0 . OBdA u(x0 ) > 0. Da u C 2 (), gibt es r > 0 mit u > 0 in B2r (x0 ) . W ahle C () mit (x) = exp 0,
1 1|xx0 |2 /r 2
, x Br (x0 ), sonst;
Der Beweis von Satz 9.8.3 zeigt: Satz 9.8.4. F ur u C 2 () C 1 () sind aquivalent: i) u ist harmonisch, u = 0;
1 ii) C0 () :
u d = 0.
299
Denition 9.8.3. Bedingung ii) in Satz 9.8.4 heisst schwache Form der Gleichung u = 0.
9.8.3
Sei U n oen, C 2 (U ; n ) ein Dieomorphismus von U auf V = (U ) n mit = 1 C 2 (V ; n ). Sei weiter U beschr ankt mit von 1 der Klasse Cpw , und sei = () V . Betrachte u C 2 () C 1 () und dazu v = u C 2 ( ) C 1 ( ). Berechne
|v |2 = =
i=1 n
(u ) y i
i,j,k=1
u j u k = j i k x y x y i
hjk
j,k=1
u u , xj xk
wobei
n
h = (hjk )1j,kn =
i=1
j k y i y i
1j,kn
= dt d
= g 1
g = dt d = (gij ) =
k=1
k k xi xj
1i,j n
nach Bemerkung 9.6.1.iii). Wir schreiben h = g 1 =: (g ij )1i,j n . Mit Satz 9.5.2 und der Identit at |det(d)| =
n
det(g ) folgt g ij u u xi xj d
2E (v ) =
n
|v |2 d = g ij
i,j =1
()
=
i,j =1
u u xi xj
v d = Eg (u + ) g ij
= Eg (u) + Eg () +
i,j
u xi xj
(9.8.5)
|g | d ;
also
v d =
g ij
i,j =1
u xi xj
|g | d .
300
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
n .
Denition 9.8.4. Der Gradient von u bez uglich g an einer Stelle x ist der Vektor g u(x) mit
n
(g u)j =
g ij
i=1
u , 1 j n. xi
Bemerkung 9.8.4. i) Aus Denition 9.8.4 folgt die zu Denition 8.3.2 analoge Identit at w Tx n = n : (g u(x), w)g = du(x)w.
u = d(g u) = (g u, g )g ; xi xj
insbesondere Eg (u) = 1 2
n i,j =1
gij g ui g j
|g | d =
1 2
(g u, g u)g
|g | d.
Satz 9.8.5. Sei u C 2 () C 1 (), u = v mit v C 2 ( ) C 1 ( ) . Es sind aquivalent: i) Die Funktion v ist harmonisch, v = 0; ii) es gilt
1 C0 () :
g ij
u xi xj
|g |d = 0,
wobei wir die Einsteinsche Summenkonvention verwenden; iii) die Funktion u erf ullt die Gleichung g u = 1 x |g | i g ij |g | u xj = 0.
Denition 9.8.5. Der Operator g heisst Laplace-Beltrami-Operator in der Metrik g . Beweis von Satz 9.8.5. i) ii): Mit Satz 9.8.3 und (9.8.5) ist die Identit at v = 0 aquivalent zur Minimalit at von Eg (u). Analog zu (9.8.4) erhalten wir daraus die Identit at ii), und umgekehrt. ii) iii): Analog zu (9.8.4) folgt aus der Identit at ii) f ur C 1 () mit = 0
9.9. K -FORMEN IM
N
1 |g | xj u xi
301
u d = xi xj
=f
|g |g ij
|g |d
g u |g |d.
Wie im Beweis von Satz 9.8.3 ist dies aquivalent zur Gleichung g u = 0. ahle 2. W U = {(r, ); r > 0, < < }, V = 2 \ {(x1 , 0); x1 0}, und sei C (U ; 2 ) die Abbildung mit Beispiel 9.8.4. i) Polarkoordinaten in : Dann gilt d(r, ) = und wir erhalten g = dt d = mit |g | = det(g ) = r und g 1 = (g ij ) = 1 0 0 r 2 . 1 0 0 r2 cos() sin() r sin() r cos() , r x1 x2 = r cos() r sin() .
u u xi xj
|g | d(r, ) =
drd
1 2
u r
1 u r2
rdrd
und g u =
1 u 1 2u r + 2 2. r r r r
ii) Die Funktion u = u(r) = log (r), r > 0 erf ullt g u = 0; insbesondere ist v (x) = log (|x|) harmonisch auf 2 \ {0}.
9.9
k -Formen im
Seien k, n N .
302
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Setze k
F ur k n , l Abbildung mit
wobei wir u ber alle Permutationen p von {1, . . . , k + l} summieren mit sgn(p) = (1)#{P ermutationen
in p}
und mit C (k, l) = C (k )C (l), wobei C (k ) = k ! die Anzahl aller m oglichen Permutationen von {1, . . . , k } bezeichnet. Denition 9.9.2. : k heisst schiefes Produkt. Beispiel 9.9.1. i) Falls k = 1, so ist nach Beispiel 8.1.3.ii) die Familie der Dierentiale dx1 , . . . , dxn eine Basis f ur 1 n = L( n ; ). ii) F ur k = 2 erhalten wir f ur 2
n ln k+l n
n die Basis
1 i < j n.
1 i, j n, 1 k, l n; 1 i < j n.
n = span{dxi
n = {0}.
9.9. K -FORMEN IM
303
1i1 <...<ik n
n = k n n).
mit Koezienten i1 ,...,ik C m (). Wir schreiben C m (; k Beispiel 9.9.2. i) Die Volumenform im
ii) F ur n = 2 gilt:
iii) Im Falle n = 3 gilt = dx1 dx2 dx3 = dx2 dx3 dx1 = dx3 dx1 dx2 . Sei = wobei i1 ,...,ik dxi1 . . . dxik C 1 (; k
n),
n oen.
d =
i1 <...<ik
aussere Ableitung von ist die (k + 1)-Form d mit Denition 9.9.4. Die di1 ,...,ik dxi1 . . . dxik
n
i1 <...<ik
=
i1 <...<ik j =1
g h dy dx + dx dy y x h g h g dx dy = , x y x y
2 ist.
3; 13). Dann
2 2 3 3 1 1 2 3 1 3 dx dx dx dx dx dx + dx dx1 dx2 x1 x2 x3
3
304
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
n) gilt
d2 =
i1 <...<ik
Es gen ugt daher, den Fall k = 0 zu betrachten. F ur f C 2 () erhalten wir jedoch wegen Satz 8.5.1 und der Antisymmetrie von dy l dy m
n
d2 f = d
j =1
analog zu Beispiel 9.4.5.ii). Denition 9.9.5. i) Eine k -Form heisst geschlossen, falls d = 0; ii) heisst exakt, falls eine (k 1)-Form existiert mit = d . Bemerkung 9.9.1. Nach Satz 9.9.1 ist eine exakte Form stets geschlossen.
9.9.1
Sei U k oen, = (i )1in C 1 (U ; n ) injektive Immersion, beschr ankt und Jordan-messbar mit U , und sei S = () M = (U ). Denition 9.9.6. F ur = i1 <...<ik i1 ,...,ik dxi1 . . . dxik C 0 (S ; k 0 heisst C (; k k ) mit
n )
(v1 , . . . , vk ) oder
w =w0
= (w0 ) d(w0 )v1 (w0 ), . . . , d(w0 )vk (w0 ) , (i1 ,...,ik ) di1 . . . dik
=
i1 <...<ik
die mit zur uckgezogene (pull-back) k -Form auf . Beispiel 9.9.4. i) Sei k = 1, C 1 [0, 1]; mit (t) =
d (t) dt ,
, C0(
=
0
(t) (t)dt =
ii) Sei k = n, C 1 (U ; n ) ein Dieomorphismus auf V = (U ), und sei = dx1 . . . dxn die Volumenform im n . Dann gilt
(e1 , . . . , en ) =
, . . . , n = det(d). 1 x x
9.9. K -FORMEN IM
305
Somit k onnen wir den Transformationssatz 9.5.1 f ur orientierungserhaltende mit det(d) > 0 in folgender Form schreiben: n () =
det(d)d =
d =
das heisst, das Volumenelement d k onnen wir auch in der Form d = = dx1 . . . dxn darstellen. Die vorangehenden Beispiele motivieren die folgende Denition Denition 9.9.7. F ur S = (), C 0 (S ; k :=
S
Bemerkung 9.9.2. i) F ur Darstellungen 1 , 2 derselben k -dimensionalen Un1 termannigfaltigkeit S = 1 (1 ) = 2 (2 ) n deniert 1 2 = f k 1 ) analog zu Bemerkung 9.6.1.iv) einen Dieomorphismus. Nach DeC (2 ; nition 9.9.5 erhalten wir f ur C 0 (S ; k n die Darstellungen 1,2 mit
Falls die Parametrisierungen 1 und 2 gleich orientiert sind im Sinne, dass det(df ) > 0, so gilt nach Satz 9.5.2 also 1 = 2 ;
angig von der Darstellung S = () bei fester Oriendas heisst, S ist unabh tierung von S . ii) Sei
3 ein Normalbereich
= {x = (xi ); (x1 , x2 ) Q, 0 x3 (x1 , x2 )}
wie im Beweis vom Satz von Gauss, Satz 9.8.1, mit einem Quader Q einer Funktion 0 C 1 (Q). F ur K = (K i )1i3 C 1 (; 3 ) sei
2 und
= K 1 dy dz + K 2 dz dx + K 3 dx dy C 1 (; 1
3 )
wie in Beispiel 9.9.3.ii). Falls K 1 = K 2 = 0, so erhalten wir mit der Parametrisierung (x1 , x2 ) = (x1 , x2 , (x1 , x2 )), (x1 , x2 ) Q,
306
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Analog ergibt die Parametrisierung = id des unteren Teils von die Identit at =
Q{0} Q
=
Q
K 3 (x1 , x2 , 0) d2 (x1 , x2 ).
Verlangen wir, dass mit der a ur die Parametrisierung usseren Normale n f eines jeden Teils von gelten soll det(n, , ) > 0, x1 x2
so folgt mit Beispiel 9.9.3.ii) und der Rechnung (9.8.1) im Beweis von Satz 9.8.1 d =
=
Q
da die u brigen Randkomponenten nichts beitragen. Zusammen mit dem entsprechenden Resultat f ur die Komponenten K 1 , K 2 erhalten wir f ur allgemeines die Identit at d =
F ur eine allgemeine k -dimensionale Untermannigfaltigkeit S kann man Orientierbarkeit analog zu Bemerkung 9.9.2.i) wie folgt erkl aren. Denition 9.9.8. S heisst orientierbar, falls S j =1 Mj , mit Mj = j (j ) mit injektiven Immersionen j C 1 (Uj ; n ) auf oenen Mengen j j Uj k , 1 j J , wobei f ur alle 1 j, l J auf dem Denitionsbereich des 1 Kartenwechsels j l gilt
J
1 det d( j l ) > 0 .
Sj
Sl S l
j j
1 j l
9.9. K -FORMEN IM
307
Bemerkung 9.9.3. i) F ur eine orientierbare, kompakte k -dimensionale Unur jede k -Form termannigfaltigkeit S ist dann S mittels Denition 9.9.7 f C 0 (S ; k n ) bis auf das Vorzeichen wohldeniert.
ii) Im Falle k = 2 induziert die Wahl orientierter Karten (j )1j J gem ass Denition 9.9.8 f ur derartiges S analog zu Beispiel 9.7.1 eine damit kompatible Orientierung von S .
9.9.2
ankt mit Sei U k oen, C 2 (U ; n ) injektive Immersion, beschr 1 Cpw und U , S = () M = (U ) orientierbar, und sei C 1 (W ; l n ) in einer Umgebung W von S mit 1 k, l n.
2).
Beweis. Der Einfachheit halber beschr anken wir uns auf den Fall l = 1. Sei =
j =1
j dxj
mit
n n
d =
j =1
dj dxj =
i,j =1
j i dx dxj = xi
i<j
j i j dxi dxj . xi x
Es folgt (d) =
i<j
j i j di dj . xi x
n
Weiter gilt =
j =1
(j )dj
mit d =
k j l=1 y l
d( ) =
j =1
d(j )dj =
(
i,j =1
j )di dj xi
=
i<j
j i j di dj = (d), xi x
wie gew unscht; analog f ur l 2. Satz 9.9.2. (Stokes) Sei S eine kompakte, orientierbare 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit von n der Klasse C 2 mit relativem Rand S von der Klasse 1 Cpw , und sei C 1 (W ; 1 n ) in einer Umgebung W von S . Dann gilt
=
S S
d,
wobei S vertr aglich mit S orientiert ist gem ass Bemerkung 9.9.3.ii).
308
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Beweis. i) Sei zun achst S = (), wobei C 2 (U ; n ) injektive Immersion 1 ankt mit Cpw auf einer oenen Menge U 2 , U beschr und : S mit der Orientierung von S vertr aglich. Dann gilt gem ass Denition 9.9.6, Lemma 9.9.1 und Satz 9.4.2 die Identit at
=
S
d( ) =
(d) =
S
d,
wie behauptet. ii) F ur den allgemeinen Fall u achenberdecke S mit paarweise disjunkten Fl st ucken Sj = j (j ) Mj = j (Uj ), wobei j C 2 (Uj ; n ) injektive Immer1 sion einer oenen Menge Uj 2 , j j Uj beschr ankt mit Cpw -Rand, 1 j J . Weiter seien alle Mj sowohl untereinander als auch mit der von S induzierten Orientierung vertr aglich orientiert. Dann gilt
d =
S j Sj
d =
j Sj
=
S
da sich die Wegintegrale l angs gemeinsamer (innerer) Kanten von Sj und Sl f ur j = l aufheben. Es folgt ein zu Satz 9.7.2 analoges Kriterium f ur exakte 1-Formen. Satz 9.9.3. (Poincar e) Sei W n oen und einfach zusammenh angend, 1 1 n C (W ; ). Dann sind aquivalent:
i) ist exakt; ii) d = 0. Beweis. i) ii) : Nach Bemerkung 9.9.1 ist jede exakte 1-Form geschlossen.
ii) i) : Sei C 1 (W ; 1 n ) geschlossen, W einfach geschlossen, S W orientiertes Fl achenst uck mit S = gem ass Denition 9.7.5. Dann gilt nach Satz 9.9.2 = d = 0; =
S S
Sei S eine orientierbare, kompakte k -dimensionale Untermannigfaltigkeit im n . Analog zu Denition 9.7.2 k onnen wir eine Orientierung von S wie folgt erkl aren. Denition 9.9.9. Sei l = n k . Eine Orientierung von S ist eine Familie = (1 , . . . , l ) C 0 (S ;
und nach Satz 8.4.2 existiert f C (W ) mit = df ; das heisst, ist exakt.
n . . . n )
l-mal
Sei nun S = (), wobei C 2 (U ; n ) injektive Immersion auf einer oenen 1 ankt mit Cpw , und sei = (1 , . . . , l ) Menge U k , U beschr n n 0 ... C (S ; ) eine Orientierung f ur S .
l-mal
9.9. K -FORMEN IM
309
Denition 9.9.10. Die Parametrisierung von S ist mit der Orientierung = (1 , . . . , l ) vertr aglich, falls gilt det(1 , . . . , l , , . . . , k ) > 0 in . x1 x
Bemerkung 9.9.4. i) Sei S = () M = (U ) wie oben, und sei die Parametrisierung mit der Orientierung = (1 , . . . , l ) vertr aglich. Mit der Volumenform im n erhalten wir det(1 , . . . , l , 1 , . . . , k ) x x = (1 , . . . , l , 1 , . . . , k ) = (i( ) ), x x wobei i( ) die mit kontrahierte Volumenform bezeichnet, mit
i( ) (X1 , . . . , Xk ) = (1 , . . . , l , X1 , . . . , Xk ) f ur beliebige Vektorfelder X1 , . . . , Xk in W . ur p = (x) S ii) Seien S = () M = (U ), = (1 , . . . , l ) wie in i). F mit x sei weiter l+1 (p) Tp M Tp S die a ussere Normale an S in M . OBdA gelte l+1 (p) = (x) . x1 Dann ist = (1 , . . . , l+1 ) eine Orientierung f ur S , und wegen det(1 , . . . , l , l+1 , ,..., k) x2 x = det(1 , . . . , l , 1 , . . . , k ) > 0 x x
ist
iii) Wie in Bemerkung 9.6.1.iii) kann man zeigen, dass f ur mit = (1 , . . . , l ) vertr agliches gilt (i( ) )(e1 , . . . , ek ) = 1 , 2 , . . . , l , wobei g = dt d. Aufgrund der letzten Bemerkung k onnen wir analog zu Denition 9.6.1 im Falle k = 2 nun f ur beliebiges k das k -dimensionale Volumen von S denieren. ,..., k = x1 x det(g ),
Denition 9.9.11. Sei S = () wie oben mit Orientierung = (1 , . . . , l ), und sei mit vertr aglich. Dann bezeichnet k (S ) :=
S
i( ) =
(i( ) ) =
det(g ) dk
310
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Analog zu Bemerkung 9.6.1.iv) folgt, dass das k -dimensionale Volumen von S unabh angig von der Parametrisierung von S erkl art ist.
9.9.3
Nach diesen Vorbereitungen k onnen wir nun Satz 9.8.1 auf beliebige Dimen1 sionen n erweitern. Sei n oen und beschr ankt mit Cpw und i 1 n sei N die aussere Normale entlang , K = (K )1in C (; ).
Wie im Beweis von Satz 9.8.1 sei zun achst ein Normalbereich bzgl. aller Achsen x1 , . . . , xn . Vereinfachend gelte wieder mit einem Quader Q n1 und einer Funktion 0 C 1 (Q) die Darstellung
Mit der Parametrisierung (x ) = (x , (x ))t C 1 (Q; n ), x Q, des oberen Teils S = G ( ) = (Q) von erhalten wir /x1 . 1 . . N= . 2 n 1 1 + | | /x 1 Weiter ist v1 = d t Eigenvektor von g = dt d zum Eigenwert 1 + | |2 , und jeder Vektor v v1 ist oenbar Eigenvektor von g zum Eigenwert 1; also Falls K 1 = . . . = K n1 = 0, so folgt
S
det(g ) = 1 + | |2 .
K N don1 =
K n x , (x ) dn1 (x ),
wobei don1 das n 1-dimensionale Ober achenelement auf S ist mit der Darstellung don1 = det(g )dn1 bzgl. gem ass Bemerkung 9.9.4.iii), und K n dn = n x
K N don1
wie im Beweis von Satz 9.8.1. Argumentieren wir weiter analog zu Satz 9.8.1, so erhalten wir das folgende Resultat.
1 Satz 9.9.4. (Gauss) Sei n beschr ankt und von der Klasse Cpw mit n 1 ). Dann gilt ausserem Normalenvektor N , und sei K C (;
div (K ) dn =
K N don1 ,
9.9. K -FORMEN IM
311
=
i=1
d =
i=1
(1)i1
n
=
i=1
wie in Beispiel 9.9.3.ii). Falls K 1 = . . . = K n1 = 0, so erhalten wir mit der Parametrisierung (x ) = (x , (x )), x Q, des oberen Teils S = G ( ) = (Q) von wegen = (K n )d1 dn1 = (K n )dx1 dxn1 andererseits die Darstellung =
S Q
=
Q
K n (x , (x )) dn1 (x ) =
K N don1 ;
analog f ur den unteren Teils von . Da die u brigen Randkomponenten nichts beitragen, folgt die Gleichheit d =
Zusammen mit dem entsprechenden Resultat f ur die u brigen Komponenten erkennen wir, dass wir Satz 9.9.4 auch in der Form d =
f ur allgemeines C 1 (; n1
n) schreiben k onnen.
Aus Bemerkung 9.9.5 erhalten wir den allgemeinen Stokesschen Satz. Satz 9.9.5. (Stokes) Sei S eine kompakte, orientierbare k -dimensionale Untermannigfaltigkeit von n der Klasse C 2 mit Orientierung = (1 , . . . , l ) und 1 relativem Rand S von der Klasse Cpw , und sei C 1 (W ; k1 n ) in einer Umgebung W von S . Dann gilt
=
S S
d,
wobei S vertr aglich mit S orientiert ist gem ass Bemerkung 9.9.4.ii).
312
KAPITEL 9. INTEGRATION IM
Beweis. Der Beweis ist vollkommen analog zum Beweis von Satz 9.9.2. Sei zun achst S = (), wobei C 2 (U ; n ) injektive Immersion auf einer oenen 1 Menge U k , U beschr ankt mit Cpw und : S mit der Orientierung von S vertr aglich. Dann gilt gem ass Denition 9.9.6, Lemma 9.9.1 und Bemerkung 9.9.5 die Gleichheit
=
S
d( ) =
(d) =
S
d,
wie behauptet. Den allgemeinen Fall erh alt man nun genauso wie im Beweis von Satz 9.9.2.
Index
k -Form, 303 Aquivalenzklasse, 13 Aquivalenzrelation, 12 aquivalente Normen, 92 aussere Ableitung, 271, 303 u berdeckungskompakt, 72 Abbildung, 8 abelsche Gruppe, 19 abgeschlossen, 67 Ableitung, 109 Abschluss, 68 Absolutbetrag, 36 absolute Konvergenz, 59 abz ahlbar, 29 Additionstheorem f ur Log, 100 algebraisch vollst andig, 37 alternierende Abbildung, 302 alternierende harmonische Reihe, 51 analytische Fortsetzung, 139 analytische Funktion, 138 Anfangswertproblem, 142 Argument, 120 Aussagen, 3 Auswahlaxiom, 15 Axiom, 3 Banachraum, 106 Bernoullische Ungleichung, 28 beschr ankt, 53 beschr ankt, nach oben, 23 beschr ankt, nach unten, 23 beschr ankte Folge, 44 bijektiv, 10 Cauchy-Folge, 50, 52 Cauchy-Schwarzsche Ungleichung, 136 Cavalierisches Prinzip, 262 charakteristisches Polynom, 146 Dedekindscher Schnitt, 18 Descartesches Blatt, 236 dichte Menge, 95 Dieomorphismus, 243, 276 Dierential, 199 Dierentialform, 210 Dierentialgleichungen, 140 Dierentialgleichungssystem, 141 dierenzierbar, 109, 199, 226 Dirichlet-Energie, 297 divergente Folge, 40 Divergenz, 292 Einbettung, 250 einfach zusammenh angend, 273, 291 Einheitswurzel, 121 Einsteinsche Summenkonvention, 200 Elementargur, 261 Elementarinhalt, 253 Epigraph, 132 Euklidische Norm, 33 Eulersche Zahl, 45 exakte 1-Form, 214 exakte Form, 304 Exponentialreihe, 56 Feinheit, 253 Fibonacci Zahlen, 39 Fl acheninhalt, 283 Fluss, 275, 286 folgenkompakt, 72 Folgenkriterium, 86 Fundamentall osung, 144, 194 Funktion, 8 geometrische Reihe, 28, 39, 54 gerichtetes L angenelement, 217 geschlossene Form, 304 glatte Funktion, 136 Gleichgewichtsl osung, 153 gleichm achtig, 29 gleichm assige Konvergenz, 102 gleichmassig stetig, 94
313
314 Gradient, 300 Gradientenfeld, 210 Grenzwert, 81 Gruppe, 19 H aufungspunkt, 46 harmonische Funktion, 297 harmonische Reihe, 51, 54 Hausdorraum, 80 Hausdorsches Trennungsaxiom, 80 Heine-Borel-Eigenschaft, 72 Hesse-Matrix, 222 Hessesche Form, 223 Hom oomorphismus, 91 Identitivit at, 14 Imagin arteil, 36 Immersion, 249 Immersionsatz, 249 induktive Menge, 26 Inmum, 23 injektiv, 10 innerer Punkt, 65 Integral, 155 inverse Abbildung, 11 Jordan-messbar, 260 Jordan-Normalform, 145 Jordan-Nullmenge, 263 Jordansches Mass, 260 kanonische Basis, 32 kompakt, 72 komplexe Multiplikation, 35 Konjugation, 36 konjugiert konvexe Funktion, 134 konjugierte Exponenten, 135 konservatives Vektorfeld, 217 kontrahierende Abbildung, 186 kontrahierte Form, 309 Kontraktionsprinzip, 186 konvergente Folge, 40 Konvergenzradius, 58 konvex, 132 konvexe Menge, 76 kritischer Punkt, 223, 241 kritischer Wert, 223 Lagrange-Multiplikator, 241 Lagrangefunktion, 241 Landau-Symbole, 202
INDEX Laplace-Beltrami-Operator, 300 Laplace-Operator, 296 Leibniz-Reihe, 52 Limes inferior, 47 Limes superior, 47 linear geordnet, 15 Linearkombination, 32 Lipschitz stetig, 84 Lipschitz-Konstante, 84 lokal Lipschitz stetig, 86 lokale L osung, 185 lokale Minimalstelle, 130 maximales Element, 15 Maximum, 24 Metrik, 34, 52 metrisch vollstandig, 52 metrischer Raum, 52 Minimum, 24 Minkowski-Ungleichung, 136 monoton fallend, 44 monoton wachsend, 44, 98 nat urlicher Logarithmus, 100 negativ denit, 223 negativ orientiert, 272, 288 Norm, 90 Normalbereich, 269 Normalraum, 246 Normkonvergenz, 103 null-homotop, 291 obere Schranke, 15 oberes Riemann-Integral, 169 oen, 65 oener Ball, 65 oener Kern, 68 Ordnungsgraph, 14 Ordnungsrelation, 14 Ordnungsvollst andigkeit, 20 orientierbare Untermannigfaltigkeit, 306 Orientierung, 287, 308 orientierungserhaltend, 212 orientierungsumkehrend, 212 orthogonal, 33 orthonormal, 33 Partialbruchzerlegung, 164 Partialsummen, 54 partikul are L osung, 150
INDEX Polarform, 120 Polarkoordinaten, 120, 279 positiv denit, 222 positiv orientiert, 272, 288 Potential, 217 Potentialfeld, 217 Potenzreihe, 57 pull-back, 304 punktweise Konvergenz, 102 Quader, 253 Quellst arke, 275 Rand, 68 Rang, 235 Realteil, 36 Rechtssystem, 272, 288 reell analytisch, 225 Reexivit at, 12, 14 regul arer Punkt, 235 regul arer Wert, 243 relativ abgeschlossen, 77 relativ kompakt, 78 relativ oen, 77 relativer Rand, 287 Relativtopologie, 77 Richtungsableitung, 206 Riemann-integrabel, 170, 255 Riemann-Integral, 170, 255 Riemannsche Fl ache, 121 Rotation, 289 schiefes Produkt, 302 Schranke, obere, 23 Schranke, untere, 23 schwach harmonisch, 299 senkrecht, 33 separabel, 107 Separation der Variablen, 161 singul arer Wert, 243 skalares Fl achenelement, 283 Skalarprodukt, 33 Stammfunktion, 155 Standardbasis, 32 stetig, 82, 88 stetig erg anzbar, 82 stetige Fortsetzung, 94 Supremum, 23 Supremumsnorm, 90 surjektiv, 10 Symmetrie, 12 Tangentialraum, 210, 244 Taylor-Polynom, 129, 222 Taylor-Reihe, 136, 225 Teilfolge, 46 Topologie, 67 topologischer Raum, 79 topologisches Kriterium, 86 total geordnet, 15 Transitivit at, 12, 14 Treppenfunktion, 167, 253
315
Umgebung, 70, 79, 85 Umkehrabbildung, 11 Umkehrfunktion, 12 unbestimmtes Integral, 156 uneigentlich R-integrabel, 180 unteres Riemann-Integral, 169 Untermannigfaltigkeit, 243 Untermannigfaltigkeit mit Rand, 287 Urbildfunktion, 11 Variation-der-Konstanten Formel, 162 Vektorraum, 32 Verfeinerung, 254 Verzinsung, 39 Vollst andigkeitsaxiom, 20 Volumenform, 271, 303 Wahrheitstafel, 4 Wegintegral, 212 wegzusammenh angend, 101 Weierstrass-Kriterium, 86 Wirbelst arke, 272 Zahlen, ganze, 17 Zahlen, nat urliche, 17 Zahlen, rationale, 17 Zahlenstrahl, 17 Zahlk orper, 17 Zentralfeld, 217 Zerlegung, 253 Zirkulation, 272 zusammenh angend, 75