Primärradar
Primärradar bezeichnet Radaranlagen, die das Radar-Prinzip ausschließlich und unmittelbar umsetzen, d. h. die unmittelbaren (passiven) Echos des erfassten Objekts der zuvor ausgestrahlten Hochfrequenzimpulse analysieren.
Der Begriff dient der Abgrenzung zum Sekundärradar, einer Technik, bei der von erfassten Objekten (durch Empfang und Wieder-Aussenden mittels Transponder) aktiv erzeugte Echos verwendet werden.
Es oft gibt auch eine Kombination von Primär- und Sekundärradar in der Flugsicherung z. B. beim SRE-M-Radar (Surveillance Radar Equipment Medium-range) und beim Airport Surveillance Radar.
Reine Primärradar-Anwendungen sind beispielsweise:
- Primär-Radare der Flugsicherung, die Flugzeuge auch bei ausgefallenem Sekundärradar-Transponder erfassen können.
- Schiff-Radare auf Fluss- und Hochseeschiffen, die dazu dienen fremde Schiffe und Hindernisse erfassen.
- Militärische Überwachungsradare, die in der Lage sein müssen, feindliche Flugobjekte zu detektieren ohne Kooperation eins Transponders.
- Wetterradare, bzw. Niederschlagsradare, die Reflexionen von Regentropfen erfassen.
- Im Straßenverkehr eingesetzte Radar-Anlagen („Radarfalle“), die mittels Doppler-Effekt die gefahrenen Geschwindigkeit messen.
Funktionsweise
BearbeitenEin Primärradar führt folgende Messungen durch:[1][2]
- Entfernung zwischen dem Standort der Radarantenne und dem reflektierenden Objekt (z. B. einem Flugzeug) auf der Basis der Laufzeit des Radarsignals zum Objekt und vom Objekt zurück. Die Ausbreitungs-Geschwindigkeit des Radarsignals ist näherungsweise gleich der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Daher gilt:
- Winkel zwischen der aktuellen Position der drehenden Radarantenne, während sie das Objekt erfasst und der Nordrichtung (Azimut) mit Hilfe eines Winkelgebers an der Radarantenne.
- Radarquerschnitt, d. h. die effektive Reflexionsfläche des erfassten Objekts. Je größer diese Fläche ist, desto stärker ist das vom Objekt zurück-reflektierte Signal, umso markanter die die erscheints Objekts auf dem Radarschirm (Bildschirm z. B. eines Fluglotsen)
- Radialgeschwindigkeit der erfassten Objekts (Geschwindigkeitskomponente in Richtung des Radarstrahls) mit Hilfe des Doppler-Effekts
Für die Darstellung des erfassten Objekts auf einem Bildschirm, werden die Entfernungs- und Winkelmesswerte oft in geografische Koordinaten (Längengrad und Breitengrad oder Rechtswert und Hochwert) transformiert und auf einer Karte dargestellt.
Ferner wird oft die Änderung der Position des Objekts als Funktion der Zeit zu einer Spur (z. B. Flugspur) von einer Tracker-Software ergänzt und auf dem Bildschirm dargestellt.[3] Außerdem kann die Geschwindigkeit des Objekts in seiner Bewegungsrichtung ermittelt und auf dem Bildschirm dargestellt werden. Auf diese Weise sind z. B. Vorhersagen, wo sich das Objekt in der nahen Zukunft befinden wird.
Antennen der Primärradare arbeiten oft mit Parabolspiegel-Reflektoren (Parabolantennen). Es gibt aber auch balkenförmige Schlitzantennen oder flache Patchantennen mit elektronischer Bündelung des Strahls (Phased-Array-Antenne).[4] Ganz moderne Antennen drehen den Strahl nicht mechanische durch Drehung der Antenne mit Hilfe eines Motors, sondern elektronisch durch Steuerung der Signalphase von einzelnen Antennenelementen.[5]
Vorteile des Primärradars
BearbeitenPrimärradaranlagen sind nicht darauf angewiesen, dass ein Objekt aktiv Signale generiert, um es erfassen zu können. Dies ist z. B. im Bereich der Flugsicherung von Bedeutung, da Flugzeuge auch bei ausgefallenem Flugfunktransponder erfassbar sein müssen.
In der Zivilluftfahrt verfügen die Primärradare meist über zwei Radarfrequenzen, so dass bei Störungen einer Frequenz die andere Frequenzen weiter genutzt werden kann. Bei Sekundärradaranlagen kann ein solcher Wechsel nicht durchgeführt werden, da der Sekundärradar-Transponder lediglich mit einer festen Empfangsfrequenz (1030 MHz) und einer festen Sendefrequenz (1090 MHz) arbeitet.
Nachteile des Primärradars
BearbeitenPrimärradar kann nur die aus dem reflektierten Echo ermittelbaren Größen (z. B. Richtung, Entfernung und Geschwindigkeit) feststellen, während der Empfänger bei Sekundärradar weitere z. B. von einem Transponder gelieferte Angaben in seine Antwort integrieren kann (z. B. eine Kennung, von einem Höhenmesser gemessene Flughöhe, von einem GPS-Empfänger gemessene Position).
Primärradaranlagen benötigen eine erheblich höhere Sendeleistung als vergleichbare Sekundärradarsysteme, um die gleiche Reichweite erzielen zu können. Die Radar-Gleichung ergibt beim Primärradar eine Leistung des Empfangssignals, die umgekehrt proportional zur 4-ten Potenz des Abstands des Ziels ist. Hingegen ist die Leistung des Empfangssignals beim Sekundärradar lediglich umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands.
Dadurch, dass die Radarantennen meist (außer z. B. beim Präzisionsanflugradar) meist nicht in der Höhe geschwenkt wird, ist keine Bestimmung der Höhe des Objekts über der Erde oder dem Wasser möglich. Ein Sekundärradar hingegen kann die vom Flugzeug-Transponder ausgesendete Höheninformation auswerten.
Siehe auch
Bearbeiten- Portal:Radartechnik
- Radar
- Primärradare der Flugsicherung:
- Surveillance Radar Equipment Medium-range, SRE-M
- Airport Surveillance Radar, ASR
- Bodenradar (Flugsicherung), Surface Movement Radar (SMR) bzw. Airport Surface Detection Equipment (ASDE)
- Sekundärradar
- Flugsicherungsradar
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Radar: Introduction to Radar Systems — Online Course. In: https://www.ll.mit.edu/. Lincoln Laboratory, Massachusetts Institute of Technology (MIT), abgerufen am 30. November 2024 (englisch).
- ↑ Christian Wolff: Das Prinzip von Radargeräten. In: radartutorial.eu. Abgerufen am 30. November 2024.
- ↑ RADAR extractor/tracker. In: https://www.innovative-navigation.de. in-innovative navigation GmbH, Kornwestheim, 2011, abgerufen am 30. November 2024.
- ↑ Christian Wolff: Phased Array Antennen. In: radartutorial.eu. Abgerufen am 30. November 2024.
- ↑ An introduction to digital Active Electronically Scanned Array Radars. In: https://uk.leonardo.com. Leonardo UK, abgerufen am 30. November 2024 (englisch).