Oberlandesgericht Königsberg
Das Oberlandesgericht Königsberg war ein Oberes Gericht in Ostpreußen. Der Sitz war Königsberg (Preußen). Das Oberlandesgericht stand seit Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze in der Tradition des 1657 gegründeten früheren Oberappellationsgerichts Königsberg.[1]
Unterstellte Gerichte
BearbeitenZum Oberlandesgerichtsbezirk Königsberg gehörten am 1. Oktober 1879 zunächst sechs Landgerichte mit 70 Amtsgerichten; schon 1882 kam ein weiteres Amtsgericht in Wischwill hinzu und durch Teilung des Landgerichtsbezirks Tilsit entstand 1885 der neue Landgerichtsbezirk Memel; seither blieb die Anzahl der Gerichte – bis zum Verlust von Preußisch Litauen und Soldau – unverändert:
- Landgericht Allenstein (10) – Allenstein, Gilgenburg, Hohenstein, Neidenburg, Ortelsburg, Osterode, Passenheim, Soldau (1920 an Polen abgetreten), Wartenburg und Willenberg
- Landgericht Bartenstein (17) – Barten (Kreis Rastenburg), Bartenstein, Bischofsburg, Bischofstein, Domnau, Friedland, Gerdauen, Guttstadt, Heilsberg, Kreuzburg, Landsberg, Nordenburg, Preußisch Eylau, Rastenburg, Rößel, Schippenbeil und Seeburg
- Landgericht Braunsberg (10) – Braunsberg, Heiligenbeil, Liebstadt, Mehlsack, Mohrungen, Mühlhausen, Preußisch Holland, Saalfeld (Ostpreußen), Wormditt und Zinten
- Landgericht Insterburg (6) – Darkehmen, Goldap, Gumbinnen, Insterburg, Pillkallen und Stallupönen
- Landgericht Königsberg (8) – Allenburg, Fischhausen, Königsberg, Labiau, Mehlauken, Pillau, Tapiau und Wehlau
- Landgericht Lyck (10) – Angerburg, Arys, Bialla, Johannisburg, Lötzen, Lyck, Marggrabowa, Nikolaiken, Rhein und Sensburg
- Landgericht Tilsit (6) – Heinrichswalde, Kaukehmen, Ragnit, Skaisgirren, Tilsit und Wischwill
- Landgericht Memel (4) – Heydekrug, Memel, Prökuls, Ruß.
Der Gerichtsbezirk hatte eine Fläche von insgesamt rund 36.990 km2 mit einer Einwohnerzahl im Jahr 1890 von 1.958.663.[2] Das Landgericht Zichenau wurde während der deutschen Besetzung Polens 1939 mit Erlass vom 26. November 1940 als neuntes Landgericht im Bezirk des Oberlandesgerichtes Königsberg gebildet.[3] Im Zuge des am 22. Juni 1941 begonnenen deutschen Angriffs auf die Sowjetunion wurde Białystok von der Wehrmacht besetzt und dort später das Landgericht Bialystock als 10. Landgericht im Oberlandesgerichtsbezirk geschaffen. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurden evakuierte Teile des Gerichtspersonals in Rostock und ab 24. Februar 1945 in Schwerin zu einer „Auffangstelle für die Justiz aus dem Freimachungsgebiet Königsberg“ verlegt.[4][5]
Persönlichkeiten
BearbeitenBehördenleiter
Bearbeiten- Präsidenten
- 1819Carl von Wegnern :
- 1832–1868: Friedrich von Zander
- 1879–1885: Karl Gustav von Goßler
- 1886 : unbesetzt
- 1887–1899: Ernst von Holleben
- 1900–1911: Karl Ludwig von Plehwe
- 1913–1921: von der Trenck
- 1922–1925: Karl Eichner[6]
- 1926–1927: Max Witte
- 1928Bruno Krüger :
- 1929–1931: Hugo Holthöfer
- 1932–1933: Walter Moehrs, Präsident des OLG Frankfurt am Main (1946–1948)[7]
- 1933–1934: Otto Minde[8]
- 1934–1937: Otto Hardt
- 1937–1944: Max Draeger
- 1945Max Engel :
- Oberstaatsanwälte/Generalstaatsanwälte
- 1880–1888: Otto Saro
- 1889 : unbesetzt
- 1890– : Dahlke
- 1892–1899: Karl Ludwig von Plehwe
- 1901–1911: E. P. F. Voswinckel
- 1913–1920: Preuß
- 1922–1929: Krause
- 1930 : Krause-Harder
- 1930–1933: Hans Danckwortt
- 1934–Franz Hagemann :
- 1937–Günther Vollmer[9] :
- 1939–Curt Capeller :
- 1943–Fritz Szelinski[10] :
- 1945Heinz Büttner :
Weitere Richter
Bearbeiten- Hugo Hoerner (1895–1906)
- Alfred Funk (ab 1939 Senatspräsident)
Bedeutende Verfahren
BearbeitenIm Jahre 1842 wurde Johann Jacoby wegen Majestätsbeleidigung und „frechen, unehrerbietigen Tadels der Landesgesetze“ zu zweieinhalb Jahren Festungshaft verurteilt.[11] Im Jahre 1904 fand am Landgericht Königsberg der Königsberger Geheimbundprozess gegen Otto Braun und andere statt.[12]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Georg Conrad: Geschichte der Königsberger Obergerichte. Duncker & Humblot, Leipzig 1907.
- Gothaisches Jahrbuch für Diplomatie, Verwaltung und Wirtschaft. 163. Jg., Gotha 1926.
- Wilhelm Keil: Neumanns Orts-Lexikon des Deutschen Reichs. Ein geographisch-statistisches Nachschlagebuch für deutsche Landeskunde, 3. Auflage. Leipzig 1894.
- Christian Tilitzki: Alltag in Ostpreußen 1940–1945. Die geheimen Lageberichte der Königsberger Justiz. Sonderausgabe. Flechsig, Würzburg 2003, ISBN 3-88189-481-0.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Auch Königsberger Tribunal, ab 1808 bereits auch als Oberlandesgericht bezeichnet.
- ↑ Carl Pfafferoth: Jahrbuch der Deutschen Gerichtsverfassung. Hrsg.: Reichsjustizamt. Carl Heymanns, Berlin 1897, S. 157 (Scan des Originals an der Harvard University auf HathiTrust [abgerufen am 2. Juni 2023]).
- ↑ Erlaß über die Gerichtsgliederung in den eingegliederten Ostgebieten vom 26. November 1940, RGBl. I 1940, S. 1538, Digitalisat
- ↑ Peter Lindemann: territorial.de
- ↑ Pommersche Gerichtsbarkeit.
- ↑ Acta Borussica (PDF; 1,92 MB)
- ↑ Blog
- ↑ Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich
- ↑ Günther Vollmer in der englischsprachigen Wikipedia
- ↑ Szelinski erhängte sich in der Gestapohaft; siehe Max Draeger
- ↑ Blog
- ↑ Kurt Eisner: Der Geheimbund des Zaren. Berlin 1904 (Neuausgabe Berlin 1988). Nach Ernst-A. Seils: Hugo Haase (2016), S. 212–225