Als Hoysala-Tempel bezeichnet man die hinduistischen und jainistischen Tempelbauten der Hoysala-Dynastie, die vom 12. bis 14. Jahrhundert über weite Teile Südindiens herrschte; alle Tempel befinden sich im heutigen indischen Bundesstaat Karnataka. In der indischen Architektur bilden die Hoysala-Kunst und ihr zeitlicher und stilistischer Vorgänger, die Architektur und Skulptur der späten Chalukyas, einen Höhepunkt mittelalterlichen künstlerischen Schaffens, in welchem sich Stilelemente des nordindischen Nagara-Stils mit solchen aus dem südindischen Dravida-Stil vermischen. Insgesamt gab es wahrscheinlich ca. 1500 Tempelbauten in annähernd 950 Stätten, von denen jedoch nur gut 100 die Zeit überstanden haben. Die Hoysala-Tempel wurden im Jahr 2023 von der UNESCO in das Weltkulturerbe aufgenommen.[1]

Chennakesava-Tempel in Somanathapura (um 1268)
Hoysala-Tempel
UNESCO-Welterbe
Vertragsstaat(en): Indien Indien
Typ: Kultur
Kriterien: (i)(iii)(iv)
Fläche: 10.47 ha
Pufferzone: 195,87 ha
Referenz-Nr.: 1670
UNESCO-Region: Asien und Pazifik
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 2023  (Sitzung 45)

Geschichte

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Tempelkomplex von Belur. Der Hauptschrein (links) stammt aus der Hoysala-Zeit des 12. Jh., der Torturm (gopuram) aus der Vijayanagar-Zeit des 14. Jh.

Die Hoysala waren im frühen 12. Jahrhundert Vasallen der Chalukya-Dynastie, doch bereits im Jahr 1117 stiftete ihr Anführer Vishnuvardhana (reg. ca. 1108–1142) nach einem Erfolg gegen die über weite Teile Südindiens herrschenden Chola den Chennakeshava-Tempel in Belur, ihrer damaligen Hauptstadt. Um das Jahr 1122 attackierte er sogar – jedoch letztlich erfolglos – den Chalukya-König Vikramaditya VI. (reg. 1076–1127). Nach dessen Tod zerfiel jedoch das Chalukya-Reich und die Hoysala konnten unter Vishnuvardhanas Enkel Vira Ballala II. (reg. ca. 1173–1220) mit Siegen über die Chalukya unter König Someshwara IV. und den Yadava-König Sevuna Bhillama V. um das Jahr 1190 die Nachfolge übernehmen. Zur weiteren Absicherung ihres Machtanspruchs diente eine Heirats-Allianz mit den Chola. Vira Ballala II. baute auch am Tempel seines Großvaters in Belur weiter.

Nachbarn der Hoysala waren die Yadava-Könige von Devagiri und die Pandya-Könige von Madurai im Süden. Letztere traten im frühen 13. Jahrhundert die Nachfolge der Chola an und stellten unter Jatavarman Sundara (reg. 1251–1268) schließlich eine ernsthafte Gefahr für die Hoysala dar. Der Hoysala-König Someshvara II. (reg. 1234–1263) fiel in einer Schlacht gegen Jatavarman Sundara und die Nachfolgefrage verursachte eine etwa dreißig Jahre andauernde Reichsteilung, von der sich das Hoysala-Imperium letztlich nicht mehr erholte – im 14. Jahrhundert verloren die Herrscher mehrere Schlachten gegen islamische Heere aus dem Norden; König Vira Ballala III. erlitt 1342 (oder 1343) in der Schlacht von Trichinopoly gegen das Sultanat von Madurai unter Ghiyas-ud-din eine schwere Niederlage; er selbst wurde gefangen genommen und hingerichtet. Allmählich ging das Hoysala-Reich im Imperium der neuen Großmacht von Vijayanagar auf.

Architektur

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Lakshmi-Devi-Tempel in Doddagaddavalli (um 1115)

Typisch für die Frühzeit sind von einer Mauer umgebene, meist aus Speckstein gefertigte turmlose Tempelbauten mit nur einer Cella (garbhagriha) und in einer Reihe stehenden Vorbauten; später kamen horizontal gestufte Turmaufbauten (vimanas) über den manchmal drei Cellae (trikuta) umfassenden Tempelkomplexen hinzu. In Einzelfällen wurde die Horizontalabstufung auch durch aus dem Norden Indiens übernommene kleine Begleittürme (urushringas) überlagert, die jedoch in einer für Südindien typischen ‚Schirmkuppel‘ zusammenlaufen, die ihrerseits wiederum von einem aufsitzenden Krug (kalasha) überhöht wird. Während die frühen Bauten zumeist ebenerdig stehen, erheben sich die späteren Bauten auf einer ca. 1 m hohen Umgangsplattform (jagati), deren Grundriss oft dem stark gegliederten Tempelbau folgt. Der Eingang befindet sich zumeist im nach Osten orientierten Teil des Bauwerks, wohingegen die Cellae sich meist im Westen der Anlage befinden; die von gedrechselten oder beschnitzten Specksteinsäulen gestützte Vorhalle (mandapa) ist – vor allem bei den kleeblattförmigen Bauten – harmonisch in den Tempel integriert und somit von außen kaum als gesonderter Bauteil erkennbar.

 
Hoysalesvara-Tempel, Halebid

Während die in hohem Maße geradlinig verlaufenden Außenwände der frühen Tempel oft die für die späte Chalukya- und die Hoysala-Architektur typischen gedrechselten Säulen zeigen, zwischen denen steinerne Fenstergitter (jalis) gespannt sind, sind die späteren Tempelbauten sehr viel stärker gegliedert und mit skulpturalen Elementen (Figuren, Ornamente) geschmückt. Als Steinmaterial wurde meist eine Art Speckstein verwendet, der relativ leicht zu bearbeiten war. Im Innern der Tempel dominieren die auf kubischen Sockeln stehenden gedrechselten und/oder reichbeschnitzten Säulen, über denen steinerne Architravbalken quadratische Felder bilden, die ihrerseits in vielen Fällen mit reich ornamentierten Kragkuppeln versehen sind.

Skulptur

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Auch die Skulptur der Hoysala gehört zum Feinsten, was mittelalterliche indische Bildhauer zu leisten in der Lage waren. Die beinahe vollplastischen Figuren von Göttern und Halbgöttern sind äußerst detailreich gestaltet und wirken elegant und lebendig. Zum Skulpturenprogramm eines Tempelbezirks gehören manchmal auch Siegessäulen und figürliche Stelen.

Liste bedeutender Tempel

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Bucesvara-Tempel, Korvangla
 
Jain-Tempel in Halebid
 
Tempelteich (kalyani) in Belur
 
Tempelteich (kalyani) in Hulikere
Name Ort Bauzeit/ca. König Gottheit
Kaitabheshvara-Tempel Kubaturu 1100 Vinayaditya(?) Shiva
Lakshmi-Devi-Tempel Doddagaddavalli 1113 Vishnuvardhana Lakshmi
Chennakesava-Tempel Belur 1117 Vishnuvardhana Vishnu
Hoysaleswara-Tempel Halebidu 1120 Vishnuvardhana Shiva
Basadi-Tempelkomplex Halebidu 1133 Vishnuvardhana Parshvanata
Rameshvara-Tempel Kudli 12. Jh. Vishnuvardhana Shiva
Brahmeshvara-Tempel Kikkeri 1171 Narasimha I. Shiva
Bucesvara-Tempel Korvangla 1173 Vira Ballala II. Shiva
Akkana-Basadi-Tempel Shravanabelagola 1181 Vira Ballala II. Parshvanata
Amrutesvara-Tempel Amruthapura 1196 Vira Ballala II. Shiva
Shantinatha-Basadi-Tempel Jinanathapura 1200 Vira Ballala II. Shantinatha
Nageshvara-Chennakeshava-Tempel Mosale 1200 Vira Ballala II. Shiva, Vishnu
Veera-Narayana-Tempel Belavadi 1200 Vira Ballala II. Vishnu
Kedareshwara-Tempel Halebidu 1200 Vira Ballala II. Shiva
Ishvara-Tempel Arsikere 1220 Vira Ballala II. Shiva
Harihareshwara-Tempel Harihar 1224 Vira Narasimha II. Harihara (Shiva, Vishnu)
Mallikarjuna-Tempel Basaralu 1234 Vira Narasimha II. Shiva
Someshvara-Tempel Haranhalli 1235 Vira Someshwara Shiva
Lakshminarasimha-Tempel Haranhalli 1235 Vira Someshwara Vishnu
Panchalingeshwara-Tempel Govindanahalli 1238 Vira Someshwara Shiva
Lakshmi-Narasimha-Tempel Nuggehalli 1246 Vira Someshwara Vishnu
Sadasiva-Tempel Nuggehalli 1249 Vira Someshwara Shiva
Lakshminarayana-Tempel Hosaholalu 1250 Vira Someshwara Vishnu
Lakshminarasimha-Tempel Javagal 1250 Vira Someshwara Vishnu
Chennakeshava-Tempel Aralaguppe 1250 Vira Someshwara Vishnu
Chennakesava-Tempel Somanathapura 1268 Narasimha III. Vishnu

Literatur

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  • Henry Cousens: The Chalukyan Architecture of Kanarese Districts. Archaeological Survey of India, New Delhi 1996, OCLC 37526233.
  • Gerard Foekema: Complete Guide to Hoysala Temples. Abhinav Publ., New Delhi 1996, ISBN 81-7017-345-0.
  • Gerard Foekema: Architecture decorated with architecture. Later medieval temples of Karnataka, 1000–1300 AD. Munshiram Manoharlal Publ., New Delhi 2003, ISBN 81-215-1089-9.
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Commons: Hoysala-Architektur – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eintrag in die UNESCO-Welterbe-Liste