Bedingte Varianz

Begriff aus der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik

Die bedingte Varianz beschreibt in der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik die Varianz einer Zufallsvariablen unter der Voraussetzung, dass noch zusätzliche Informationen über den Ausgang des zugrunde liegenden Zufallsexperiments verfügbar sind. Sie ist definiert als der bedingte Erwartungswert der quadratischen Abweichung der Zufallsvariablen von ihrem bedingten Erwartungswert. Wie bei diesem kann die Bedingung beispielsweise darin bestehen, dass bekannt ist, ob ein gewisses Ereignis eingetreten ist oder welche Werte eine weitere Zufallsvariable angenommen hat; abstrakt kann die Zusatzinformation als Unterraum des zugrunde liegenden Ereignisraums aufgefasst werden.

Eine wichtige Anwendung ist die Varianzzerlegung, eine Formel, mit der Varianzen durch bedingte Varianzen und bedingte Erwartungswerte dargestellt werden können und die auch in der Regressionsanalyse eine Rolle spielt. Zeitreihenmodelle wie ARCH-Modelle oder dessen Verallgemeinerung GARCH-Modelle verwenden bedingte Varianzen, um gezielt stochastische Abhängigkeiten in Prozessen zu modellieren, wie sie vor allem in finanzmathematischen Fragestellungen auftreten.

Definition

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Es seien   und   zwei reelle Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum  , dann heißt

 

die bedingte Varianz von   gegeben   (oder Varianz von   bedingt auf  ).

Analog zum bedingten Erwartungswert betrachtet man auch die bedingten Varianzen

  •   gegeben ein Ereignis  ,
  •   gegeben, dass   den Wert   annimmt,

sowie allgemein

  •   gegeben eine Teil-σ-Algebra  .

Dazu werden in der Definition die beiden Erwartungswerte jeweils auf  ,   bzw.   bedingt.

Im Folgenden werden alle Formeln nur für die Bedingung auf eine weitere Zufallsvariable angegeben, für die anderen Fälle gelten sie entsprechend. Es ist jedoch zu beachten, dass   und   nichtnegative reelle Zahlen (oder  ) sind, während es sich bei   und   um Zufallsvariablen handelt. Alle folgenden Gleichungen und Ungleichungen für Letztere sind wegen der Nichteindeutigkeit von bedingten Erwartungswerten als  -fast sicher zu verstehen, ohne dass dies explizit angegeben wird.

Definition im diskreten und stetigen Fall

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Im diskreten und stetigen Fall sind die bedingten Varianzen definiert durch

Falls   diskret Falls   stetig
   

Hierbei stellt   den bedingten Erwartungswert und   die bedingte Dichte dar.

Einfache Rechenregeln

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Aus der zur (unbedingten) Varianz analogen Definition ergibt sich zusammen mit den Rechenregeln für bedingte Erwartungswerte, dass die Rechenregeln für Varianzen entsprechend weiterhin gelten. Insbesondere hat man:

  • Nichtnegativität:  
  • Affine Transformationen:   für alle  
  • Verschiebungssatz:  

Varianzzerlegung

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Eine wichtige Aussage im Zusammenhang mit der bedingten Varianz ist die Varianzzerlegung (auch Satz von der totalen Varianz genannt), nach der die (unbedingte) Varianz einer Zufallsvariablen die Summe aus dem Erwartungswert ihrer bedingten Varianz und der Varianz ihres bedingten Erwartungswerts ist:

 .

Das sieht man so: Der bedingte Erwartungswert   ist eine Zufallsvariable mit Erwartungswert   und Varianz

 .

Die bedingte Varianz hat den Erwartungswert

 .

Addition der letzten beiden Gleichungen ergibt

 .

Beispiele

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Wie viele Küken?
  • Ein Huhn legt in einem festen Zeitraum eine zufällige Anzahl   von Eiern, von der angenommen wird, dass sie Poisson-verteilt mit Erwartungswert   ist. Aus jedem dieser Eier schlüpfe – unabhängig von den anderen – mit einer festen Wahrscheinlichkeit   ein Küken. Die Zufallsvariable   bezeichne die Anzahl der geschlüpften Küken. Unter der Bedingung   mit   ist dann   binomialverteilt mit Parametern   und  , es gilt daher
  und  ,
also
  und  .
Mit dem Satz vom totalen Erwartungswert folgt
 
und mit der Varianzzerlegung
 .
  • Die Zufallsvariablen   und   seien bivariat normalverteilt mit Erwartungswerten   und  , Varianzen   und   sowie dem Korrelationskoeffizienten  . Dann ist   bedingt auf   normalverteilt mit Erwartungswert   und Varianz  . Insbesondere ist also in diesem Beispiel die bedingte Varianz
 
konstant (unabhängig von  ).

Literatur

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