„Erotische Literatur“ – Versionsunterschied
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Und schließlich fehlt im Allgemeinen der Kontext. Es fällt schwer, Worte und Texte einzuordnen. „Vulva“ und „Fotze“ bezeichnen dasselbe, das eine fachsprachlich-medizinisch, das andere derb. Im Deutschen können wir solche Nuancen und Sprachebenen unterscheiden, bei sumerischen Texten dagegen nicht. Und auch den sachlichen Kontext einzuordnen fällt oft schwer. Wir können nicht sicher sagen, ob ein Text von einer mythischen Begegnung eines Gottes mit einer Göttin, von einem von Priestern und Priesterinnen vollzogenen Ritual einer [[Hierogamie|heiligen Hochzeit]] oder schlicht von einer sexuellen Begegnung spricht. Ein bekanntes Beispiel solcher Einordnungsschwierigkeit ist das [[Hoheslied|Hohelied Salomos]] in der [[Bibel]], das in einer traditionellen Interpretation von der Liebe Gottes zu seinem auserwählten Volk beziehungsweise von der Liebe Christi zur Kirche als seiner Braut spricht, der nüchternen Geist der [[Aufklärung]] dagegen sah darin eine Sammlung hebräischer Liebeslyrik.<ref>Gwendolyn Leick: ''Sex and Eroticism in Mesopotamian Literature.'' London 1994, Einleitung, S. 1ff.</ref>
Herausragende, auch modern rezipierte Werke der asiatischen erotischen Literatur sind das indische [[Kamasutra]] – wahrscheinlich zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 5.Jahrhundert n. Chr. verfasst – und das chinesische Hauptwerk der taoistischen Liebeskunst: ''Su-nü-ching'' (Sunü jing 素女经) – in heutiger Übersetzung und Interpretation: [[Das Tao der Sexualität]] –, das dem legendären chinesischen „[[Huangdi|Gelben Kaiser]]“ ''Huang-Ti'' zugeschrieben wird, der laut Überlieferung von 2697–2597 v. Chr. regierte.
Eine weitere Quelle der Verwirrung sind die verschiedenen Schichten der Rezeption von Texten des Altertums und der Antike. Im Beispiel der Rezeption der mesopotamischen Literaturen beginnt das mit der Wahrnehmung babylonischer Sitten in der Antike, etwa der babylonischen [[Tempelprostitution]] bei [[Herodot]]<ref>Herodot, ''[[Historien des Herodot|Historien]]'' 1, 199</ref>, dann der „[[Hure Babylon]]“ in der [[Offenbarung des Johannes]]<ref>Offenbarung des Johannes, 17 und 18 {{Bpur|Off|17}}</ref>, was eine Wahrnehmung dieser Kulturen im Christentum begründete, in der „Babylon“ zum Inbegriff sexueller Freizügigkeit und Lasterhaftigkeit wurde, was es [[Martin Luther|Luther]] erlaubte, die „Hure Babylon“ als [[Metapher]] für das als sittlich verkommen wahrgenommene [[Papsttum]] zu verwenden. Aber auch die Rezeption dieser Texte durch die neuzeitliche Wissenschaft färbte die Wahrnehmung. So führte der ungeheure Einfluss von [[James George Frazer|James Frazers]] ''[[Der goldene Zweig|Golden Bough]]'' ab 1890 dazu, dass jeder Text, in dem irgendwo von [[Inanna]] und [[Dumuzi]] die Rede war, als Beschreibung einer „heiligen Hochzeit“ gelesen wurde. Und schließlich darf nicht vergessen werden, dass „Sexualität“, „Erotik“ und mithin „erotische Literatur“ moderne Begriffsprägungen sind, die als Konzepte in Altertum und Antike schlicht nicht existierten. Ob es zum Beispiel sinnvoll ist, von etwas wie „antiker Pornographie“ zu sprechen, ist spätestens seit [[Michel Foucault|Michel Foucoult]]s ''Der Wille zum Wissen'' (1976) durchaus umstritten.<ref>Gwendolyn Leick: ''Sex and Eroticism in Mesopotamian Literature.'' London 1994, Einleitung, S. 5f.</ref>▼
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=== Griechische und römische Antike ===
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