„Elastizitätstheorie“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bien-dang-dan-hoi.gif|mini|Elastische Verformung]]
[[Elastizität (Physik)|Elastizität]] ({{grcS|ελαστικός|elastikos}}, „anpassungsfähig“) ist die Eigenschaft eines [[Körper (Physik)|Körpers]], unter [[Kraft]]<nowiki/>einwirkung seine Form zu verändern ([[Verformung]]) und bei Wegfall der einwirkenden Kraft in die Ursprungsform zurückzufedern (Beispiel: [[Sprungfeder]]). Das Teilgebiet der [[Physik]] und [[Mathematik]], das sich mit Verformungen und ihrer Beschreibung in elastischen kontinuierlichen Medien befasst, wird '''Elastizitätstheorie''' genannt. Sie bildet neben der Theorie des [[Newtonsches Fluid|linear-viskosen Fluids]] die Basis der klassischen [[Kontinuumsmechanik #Materialtheorie|Materialtheorie]], auf der andere Theorien für [[Plastizitätstheorie|Plastizität]] und [[Viskoplastizität]] aufbauen.
Die '''Elastizitätstheorie''' beschäftigt sich mit elastischen [[Körper (Physik)|Körpern]] wie der Scheibe im Bild und wie ihre Eigenschaften mit einem [[Materialmodell]] dargestellt werden können.
 
[[Elastizität (Physik)|Elastizität]] ({{grcS|ελαστικός|elastikos}}, „anpassungsfähig“) ist die Eigenschaft eines Körpers, unter [[Kraft]]<nowiki />einwirkung seine Form zu verändern ([[Verformung]]) und wie in der Animation bei Wegfall der einwirkenden Kraft in die Ursprungsform zurückzufedern. Alle Materialien haben einen mehr oder weniger ausgeprägten elastischen Bereich, selbst [[Keramik]], [[Eigenschaften des Wassers|Wasser]] oder [[Ideales Gas|Luft]]. Hier kündigen sich die beiden Hauptzweige der Elastizitätstheorie an:
* die elastischen [[Fluid]]e (Flüssigkeiten und Gase), die auf [[Hydrostatischer Druck|hydrostatischen Druck]] elastisch reagieren, und
* die elastischen [[Festkörper]], die auch auf einachsigen [[Mechanische_SpannungMechanische Spannung #Schub-,_Druck Druck-_und_Zugspannung und Zugspannung|Zug/Druck]] und [[Scherung (Mechanik)|Scherung]] elastisch antworten.
 
Als Ursache der Elastizität kommen in Frage:
* Verzerrungen des [[Atomgitter]]s (bei [[Metalle]]n)
* das Dehnen von [[Molekül]]<nowiki />ketten ([[Gummi]] und [[Kunststoffe]]) oder
* die Änderung des mittleren [[Atomabstand]]es (Fluide).
 
Reale Materialien besitzen eine [[Elastizitätsgrenze]], innerhalb derer sie sich elastisch verformen und jenseits derer [[Dissipation|dissipative]] Vorgänge wie [[Viskosität|viskoses]] oder plastisches Fließen, [[Kriechen (Werkstoffe)|Kriechen]] oder [[Bruchmechanik|Brüche]] auftreten. Reale Flüssigkeiten, Gase und manche Feststoffe (wie [[Eisen]] und [[Glas]]) sind bei schnellen, geringfügigen Volumenänderungen (z.&nbsp;B. [[Schallwelle]]n) in guter Näherung elastisch. Die Elastizitätsgrenze kann bei Feststoffen bei langsamen und hinreichend kleinen Verformungen eingehalten werden, die in vielen Anwendungen, insbesondere im technischen Bereich, vorliegen. Richtungsabhängigkeiten des Materials wie die [[Orthotropie]] von [[Holz]] oder materielle Zwangsbedingungen wie [[Inkompressibilität]] kommen in der Elastizität, aber auch bei anderem Materialverhalten vor.
 
Die Gesetze der [[Mechanik]] und [[Thermodynamik]] geben einen Rahmen vor, in dem sich reale Körper bewegen. Die mathematischen Gleichungen dieser Gesetze treffen keine Aussagen über die individuellen Eigenschaften der Körper und reichen daher nicht aus, die Bewegungen der Körper eindeutig zu bestimmen. Dazu bedarf es noch ''[[Materialmodell|konstitutiver Gleichungen]]'', die hier die materialspezifische Antwort des Körpers auf eine äußere Kraft beschreiben, ob es also z.&nbsp;B. wegfließt oder sich nur eindrückt. Mit der mathematischen Formulierung dieser Beziehung in elastischen Körpern beschäftigt sich die Elastizitätstheorie.
 
Die Elastizitätstheorie beschäftigt sich mit der mathematischen Formulierung dieser Beziehung in elastischen Körpern. Sie bildet neben der Theorie des [[Newtonsches Fluid|linear-viskosen Fluids]] die Basis der klassischen [[Kontinuumsmechanik #Materialtheorie|Materialtheorie]], auf der andere Theorien für [[Plastizitätstheorie|Plastizität]] und Viskoplastizität aufbauen.
 
== Makroskopisches Verhalten ==
{{Hauptartikel|Elastizität (Physik)}}
[[Datei:kraftwegelast.png|mini|Kraft-Weg-Diagramm im einachsigen Zug-Versuch bei nichtlinearer Elastizität]]
[[Makroskopisch]] lassen sich folgende Eigenschaften an einem elastischen Körper beobachten:
* Bei gegebener Verformung (Fluide: Volumenänderung) haben die Reaktionskräfte (der Druck) unabhängig von der Vorgeschichte immer denselben Wert.
* Das Materialverhalten hängt nicht von der Geschwindigkeit der Verformung (Fluide: der Volumenänderung) ab; diese Geschwindigkeit hat also keinen Einfluss auf den Widerstand (Druck), den der Körper der Verformung entgegensetzt.
Diese beiden Merkmale kennzeichnen die Elastizität als eine zeitunabhängige [[Materialeigenschaft]]; zusammen mit den folgenden beiden machen sie die [[Cauchy-Elastizität]] aus.
* Ist der Ausgangszustand unbelastet, so wird dieser nach jedweder Verformung wieder eingenommen, wenn die [[Belastung (Physik)|Belastungen]] entfernt werden. Bei elastischen Flüssigkeiten und Gasen ist der Zustand durch das eingenommene Volumen bestimmt, das unter gleichen Bedingungen immer gleich ist.
* Im einachsigen [[Zugversuch]] erfolgen Be- und Entlastung stets entlang des gleichen Weges, wie im nebenstehenden Bild. Bei Flüssigkeiten und Gasen entspricht das einem Kompressions- und Expansionsversuch.
Wenn zusätzlich noch folgende Eigenschaft vorliegt, ist das Material [[Hyperelastizität|hyperelastisch]]:
* Die aufgewendete [[Verformungsarbeit]] (Fluide: [[Kompressionsarbeit]]) wird vollständig als [[Verzerrungsenergie]] im Körper gespeichert., Dasdas Material ist also [[Konservative Kraft|konservativ]].
Die ersten beiden Merkmale kennzeichnen die Elastizität als eine zeitunabhängige [[Materialeigenschaft]], die ersten vier Merkmale bestimmen die [[Cauchy-Elastizität]]. Wenn zusätzlich noch die letzte Eigenschaft vorliegt, die Konservativität, dann ist das Material [[Hyperelastizität|hyperelastisch]].
 
Bei hinreichend kleinen Verformungen ist die Kraft-Weg-Beziehung bei Feststoffen [[Linearität|linear]], und kann die Elastizität kann mit Moduln beschrieben werden. Diese Materialeigenschaften quantifizieren das Verhältnis zwischen den [[Spannung (Mechanik)|Spannungen]] (Kraft pro Wirkfläche) und den [[Dehnung]]en (Verformungsweg pro Abmessung):<ref name="remarks">Weil die aufzuwendende Kraft und der zurückgelegte Weg bei einer Deformation maßgeblich von den Dimensionen des Körpers abhängen, wird die Kraft auf ihre Wirkfläche bezogen (ergibt die Spannung) und der Weg auf eine geeignete Abmessung des Körpers (ergibt die Dehnung).</ref>
 
* Der [[Elastizitätsmodul]] gilt bei [[Zugversuch|einachsigem Zug]]; hier tritt nicht nur in Zugrichtung eine Verformung auf, sondern auch quer dazu, was die [[dimensionslos]]e [[Querdehnzahl]] quantifiziert.
Weil die aufzuwendende Kraft und der zurückgelegte Weg bei einer Deformation maßgeblich von den Dimensionen des Körpers abhängen, wird die Kraft auf ihre Wirkfläche und der Weg auf eine geeignete Abmessung des Körpers bezogen. Die bezogene Kraft ist die [[Spannung (Mechanik)|Spannung]] und der bezogene Weg die [[Dehnung]].
 
Die Moduln quantifizieren das Verhältnis zwischen den Spannungen und den Dehnungen und sind Materialeigenschaften:
* Der [[Elastizitätsmodul]] gilt bei [[Zugversuch|einachsigem Zug]]; hier tritt nicht nur in Zugrichtung eine Verformung auf, sondern auch quer dazu, was die [[dimensionslos]]e [[Querdehnzahl]] quantifiziert.
* der [[Schubmodul]] gilt bei [[Scherung (Mechanik)|Scherung]]
* der [[Kompressionsmodul]] gilt bei [[Hydrostatischer Druck|allseitigem Zug/Druck]].
Die vollständige Beschreibung
* der [[isotrop]]en linearen Elastizität benötigt zwei der genannten Größen (ein Elastizitätsmodul und eine Querdehnzahl)
* der [[kubischeKubische Anisotropie|kubischen Anisotropie]] benötigt drei Größen (ein Elastizitätsmodul, eineine SchubmodulQuerdehnzahl und eineein QuerdehnzahlSchubmodul)
* der [[transversaleTransversale Isotropie|transversalen Isotropie]] benötigt bereits fünf Größen (zwei Elastizitätsmoduln, zwei Querdehnzahlen und einen Schubmodul)
* der [[Orthotropie]] benötigt neun Größen (je drei Elastizitätsmoduln, Querdehnzahlen und Schubmoduln).
Maximal werden 21&nbsp;Parameter benötigt, um einen realen linear elastischen Stoff zu beschreiben, siehe den Abschnitt [[#Materialmodelle der Hyperelastizität]].
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=== Cauchy-Elastizität ===
{{Hauptartikel| Cauchy-Elastizität}}
Die vier im vorigen Kapitel als erstes genannten Eigenschaften bestimmen die ''Cauchy-Elastizität'',. beiBei ihr hängen die Spannungen, welcherd.&nbsp;h. der Widerstand gegen Verformung, ausschließlich von der gegenwärtigen Verformung und evtl. von Anfang an vorkommenden [[Eigenspannung]]en ab, nicht aber von derender Vorgeschichte oder der VerformungsgeschwindigkeitGeschwindigkeit abhängtder Verformung.
 
BeiAußerdem sind bei Cauchy-Elastizität sinddie Verformungen (innerhalb der Elastizitätsgrenze) reversibel, was bedeutet, dassd.&nbsp;h. der Körper kann durch eine Kraft verformt werden kann, er aber nach Wegnahme der Kraft immerfedert er wieder in den ursprünglichen Zustand zurückfedertzurück. Die Spannungen sind eindeutige Funktionen nur der aktuellen Dehnungen und evtl. von Anfang an vorkommenden [[Eigenspannung]]en.

Bei allgemeiner, anisotroper, linearer Elastizität kann der Zusammenhang zwischen den [[Spannungstensor|sechs Spannungen]] und den [[Verzerrungstensor|sechs Dehnungen]] mit maximal 36&nbsp;[[Proportionalitätskonstante]]n dargestellt werden.
 
==== Bezugssysteminvarianz ====
{{Hauptartikel|EuklidischePrinzip Transformationder materiellen Objektivität}}
Ein bewegter Beobachter misst immer dasselbe Materialverhalten wie ein ruhender, was sich im ''Prinzip der materiellen Objektivität'' niederschlägt. An der Cauchy-Elastizität können bereits die Bedingungen festgestellt werden, unter denen Materialgleichungen [[bezugssystem]][[invariant]] oder genauer, invariant gegenüber einer [[Euklidische Transformation|euklidischen Transformation]] des Bezugssystems eines Beobachters sind. Materialgleichungen für elastische Fluide sind automatisch bezugssysteminvariant. Bei Feststoffen wird diese Forderung dadurch genüge getan, dass die Materialgleichungen zwischen Spannungen und Dehnungen in der [[Lagrangesche Betrachtungsweise|lagrangeschen Fassung]] aufgestellt werden.
 
==== Elastische Fluide ====
Fluide unterscheiden sich aus [[Kontinuumsmechanik|kontinuumsmechanischkontinuumsmechanischer]]er Sicht von Feststoffen dadurch, dass sich in ihnen der [[Spannungszustand]] bei beliebigen, volumenerhaltenden Verformungen nicht ändert (ihre [[Symmetriegruppe]] bilden die [[unimodular]]en [[Tensor]]en aus der [[Spezielle lineare Gruppe|speziellen linearen Gruppe]]). In elastischen Fluiden wirkt nur eine Spannungskomponente, der Druck; Schubspannungen dagegen, wie sie in [[Newtonsches Fluid|viskosen Fluiden]] oder Feststoffen auftreten können, sind in ihnen ausgeschlossen oder vernachlässigbar klein.
 
Zu den elastischen Fluiden gehören die [[ideale Flüssigkeit]], das [[Ideales Gas|ideale Gas]] und das [[Reales Gas|reibungsfreie reale Gas]]. Viele Materialgleichungen der elastischen Gase nennen sich [[Zustandsgleichung]], was unterstreicht, dass der Druck in ihnen unter gleichen Bedingungen immer gleich ist und sie somit Cauchy-elastisch sind. Der Druck hängt [[Kinematik|kinematisch]] nur von der augenblicklichen Volumendehnung oder [[Dichte]] ab.
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Ein wichtiger Spezialfall liegt vor, wenn die Flüssigkeit barotrop, die [[Volumenkraft]] (u.&nbsp;a. die [[Schwerkraft]]) konservativ und das [[Geschwindigkeitsfeld]] [[Stationäre Strömung|stationär]] ist. Dann führt die [[Integralrechnung|Integration]] der Euler-Gleichungen entlang einer [[Stromlinie]] auf die [[Bernoulli-Gleichung|Bernoulli’sche Energiegleichung]], die technische [[Rohrströmung]]en gut beschreibt.
 
Wenn das Geschwindigkeitsfeld zusätzlich [[Rotation (Mathematik)|rotationsfrei]] ist, dann liegt eine [[Potentialströmung]] vor, in der die Bernoulli’sche Energiegleichung sogarnicht globalnur entlang von Stromlinien gilt, sondern zwischen zwei beliebigen Punkten gilt. Potentialströmungen können mit analytischen Mitteln mathematisch exakt berechnet werden.
 
==== Thermodynamische Konsistenz ====
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=== Hyperelastizität ===
{{Hauptartikel| Hyperelastizität}}
Hyperelastische Stoffe sind Cauchy-elastisch und zusätzlich konservativ. Die Formänderungsarbeit ist bei Hyperelastizität wegunabhängig, und die Spannungen stehen in einer [[Potential (Physik)|PotenzialbeziehungPotenzial]]<nowiki />beziehung zu den Dehnungen. Das Potenzial ist bei Feststoffen die [[Helmholtzsche freie Energie|Helmholtz’sche freie Energie]], aus der sich gemäß der [[Clausius-Duhem-Ungleichung]] in isothermen[[isotherm]]en Prozessen die Spannungen durch [[Differentialrechnung #Ableitungsfunktion|Ableitung]] nach den Dehnungen berechnen.<!-- Während alle barotropen elastischen Fluide automatisch auch hyperelastisch sind, worauf bereits in der Cauchy-Elastizität eingegangen wurde, ist bei den Feststoffen die Hyperelastizität ein echter Spezialfall der Cauchy-Elastizität. -->
 
EsHyperelastische kannMaterialien gezeigt werden, dass hyperelastische Materialiensind genau dann isotrop und bezugssysteminvariant sind, wenn die Helmholtz’sche freie Energie eine Funktion der Änderung von materiellen Volumen-, Flächen- und Linienelementen bei einer Deformation ist.<ref>P. G. Ciarlet (1988), Theorem 4.4-1, siehe auch [[Strecktensor#Hauptinvarianten des rechten Cauchy-Green Tensors]].</ref>
 
==== Konservativität ====
Die Wegunabhängigkeit der Formänderungsarbeit drückt sich dadurch aus, dass die Formänderungsarbeit nur vom Start- und Endpunkt des Verformungsweges, nicht aber von dessen Verlauf abhängt. Im Spezialfall der Übereinstimmung von Start- und Endpunkt ergibt sich: Entlang eines geschlossenen Verformungsweges wird keine Arbeit verrichtet oder Energie verbraucht.; Aufgewandteaufgewandte Arbeiten werden vom Körper bis zur Rückkehr zum Ausgangspunkt vollständig zurückgegeben. Die Konservativität folgt hier auch daraus, dass die Verformungsleistung exakt die Rate der [[Formänderungsenergie]] ist, aufgewandte Arbeiten also vollständig (dissipationslos) in Formänderungsenergie umgesetzt werden.
 
==== Materialmodelle der Hyperelastizität ====
Für isotrope Feststoffe liegen eine Reihe von Materialmodellen vor, mit denen sich reale, reversible und große Verformungen in guter Näherung nachbilden lassen. Das einfachste dieser Modelle ist das [[Hookesches Gesetz|Hooke’sche Gesetz]] für lineare Elastizität, dass jedwedes Materialmodell der Hyperelastizität bei kleinen Deformationen in erster Ordnung approximiert. Eine Approximation zweiter Ordnung bei inkompressiblem Material stellt das Mooney-Rivlin-Modell dar. Das Hooke’sche Gesetz ist ungeeignet große Verformungen nachzubilden. Das Neo-Hooke-Modell, das ein Spezialfall desdieses Mooney-Rivlin-Modells ist, verallgemeinert das Hooke’sche Gesetz in geeigneter Weise auf große Deformationen, für die es ansonsten ungeeignet ist.
 
Der [[Elastizitätstensor]] ergibt sich in der Hyperelastizität aus der zweiten Ableitung der Formänderungsenergie nach den Dehnungen. Weil die Reihenfolge der Ableitungen vertauschbar ist, ist der Elastizitätstensor [[Symmetrische Matrix|symmetrisch]] und sind von den 36 &nbsp;Materialparametern in der linearen Cauchy-Elastizität nur &nbsp;21 in der Hyperelastizität unabhängig.; Einein linear-hyperelastisches Material kann daher mit maximal 21 &nbsp;Parametern beschrieben werden.
 
=== Lineare isotrope Hooke’sche Elastizität von Feststoffen ===
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==== Navier-Cauchy-Gleichungen ====
{{Hauptartikel|Navier-Cauchy-Gleichungen}}
Die lokale [[Kontinuumsmechanik #Impulsbilanz|Impulsbilanz]] ist eine Gleichung, in der nur die Spannungen, die [[Beschleunigung]] und die Schwerkraft vorkommenauftreten. Nun können die Spannungen über das Hooke’sche Gesetz mit den [[Verzerrungstensor #Linearisierter Verzerrungstensor|Dehnungen]] und diese wiederum mit den [[Translation (Physik)|Verschiebungen]] ausgedrückt werden, was auf die Navier-Cauchy-Gleichungen führt. Diese enthalten [[Wellengleichung]]en als Lösung für [[Longitudinalwelle|longitudinale]], primäre weil schneller laufende [[Seismische Wellen #P-Wellen|P-Wellen]] und [[Transversalwelle|transversale]], sekundäre weil langsamer laufende [[Seismische Wellen #S-Wellen|S-Wellen]]. Im Fall einer [[Harmonische Funktion|harmonischen]] Schwerkraft ist das Verschiebungsfeld eine [[Biharmonische Funktion]].
 
==== Satz von Clapeyron ====
* Die Arbeit <math>\int_a \vec t \cdot \vec u \, \mathrm{d}a</math>
Wenn <math>\boldsymbol{\sigma}</math> ein Spannungsfeld ist, das die [[Kontinuumsmechanik#Impulsbilanz|Gleichgewichtsbedingung]] erfüllt, und <math>\vec u</math> ein Verschiebungsfeld ist, dann ist die Arbeit der auf der Oberfläche a eines Körpers angreifenden Kräfte <math>\vec t</math> und der im Volumen v des Körpers wirkenden Volumenkraft <math>\vec b</math> an den Verschiebungen gleich der Arbeit der Spannungen an den aus den Verschiebungen resultierenden Verzerrungen <math>\boldsymbol{\varepsilon}\,:</math>
** der auf der Oberfläche&nbsp;a eines Körpers angreifenden
** Kräfte <math>\vec t</math>
plus
* die Arbeit <math>\int_v \vec b \cdot \vec u \, \mathrm{d}v</math>
** der im Volumen&nbsp;v des Körpers wirkenden
** Volumenkraft <math>\vec b</math>,
jeweils am Verschiebungsfeld <math>\vec u</math>,<br />
ist gleich
:* der Arbeit <math>U^c\int_v =\boldsymbol{\sigma}:\boldsymbol{\varepsilon}-U \,. \mathrm{d}v</math>
** des Spannungsfeldes <math>\boldsymbol{\sigma}</math>, das die [[Kontinuumsmechanik #Impulsbilanz|Gleichgewichtsbedingung]] erfüllt,
** an den aus den Verschiebungen resultierenden Verzerrungen <math>\boldsymbol{\varepsilon}</math>:
 
:<math>\int_a \vec t \cdot \vec u \, \mathrm{d}a
+ \int_v \vec b \cdot \vec u \, \mathrm{d}v
= \int_v \boldsymbol{\sigma}:\boldsymbol{\varepsilon} \, \mathrm{d}v \, .</math>
\,.</math>
 
Dieser Satz von Clapeyron setzt hinreichende [[Glattheit]] und [[Stetige Funktion|Stetigkeit]] der Felder voraus.<ref>M.E. Gurtin (1972), S. 60, {{Literatur |Autor=Martin H. Sadd |Titel=Elasticity - Theory, applications and numerics |Verlag=Elsevier Butterworth-Heinemann |Datum=2005 |ISBN=0-12-605811-3 |Seiten=110}}</ref>

In einem linear elastischen Körper ist das Produkt aus den Spannungen und den Dehnungen die halbe Formänderungsarbeit.

Sind die äußeren Kräfte konservativ, dann folgt das
 
==== Prinzip vom Minimum der potentiellen Energie und der Ergänzungsenergie ====
Das Prinzip vom Minimum der [[Potentielle Energie|potentiellen Energie]] besagt, dass von allen Verschiebungsfeldern, die bestimmte [[Randbedingungen]] in einem von konservativen äußeren Kräften belasteten, elastischen Festkörper erfüllen, diejenigen Verschiebungen, die die [[Gleichgewichtsbedingungen]] erfüllen, die potentielle Energie minimieren. (Die potentielle Energie ist die Summe aus den Arbeiten der konservativen, äußeren Kräfte und der Formänderungsenergie.)
 
Das Prinzip vom Minimum der Ergänzungsenergie besagt, dass in einem elastischen Festkörper von allen Spannungszuständen, die die Randbedingungen erfüllen, derjenige Zustand, der die Gleichgewichtsbedingung erfüllt, die Ergänzungsenergie minimiert. Die spezifische Ergänzungsenergie U<sup>c</sup> und die spezifische [[Formänderungsenergie]] U stehen im Zusammenhang
 
Die [[Spezifische Größe|spezifische]] Ergänzungsenergie U<sup>c</sup> und die spezifische Formänderungsenergie&nbsp;U stehen im Zusammenhang
:<math>U^c =\boldsymbol{\sigma}:\boldsymbol{\varepsilon}-U\,.</math>
 
:<math>U^c = \boldsymbol{\sigma}:\boldsymbol{\varepsilon} - U \, .</math>
 
==== Satz von Betti ====
{{Hauptartikel| Satz von Betti}}
Wird ein linear hyperelastischer Körper äußeren Kräften ausgesetzt, so ergibt sich daraus eine Deformation, welche die Formänderungsenergie minimierende Deformationminimiert. Das System aus Spannungen, Dehnungen und Verschiebungen ist ein elastischer Zustand (EZ) des Körpers, der zum angreifenden [[Kraftsystem]] gehört.

Liegt ein zweites Kraftsystem vor, das einen zweiten EZelastischen Zustand hervorruft, dann gilt der Satz von Betti:

: Die [[Arbeit (Physik)|Arbeit]] des ersten Kraftsystems an den Verschiebungen des zweiten EZelastischen Zustandes ist gleich der Arbeit des zweiten Kraftsystems an den Verschiebungen des ersten EZ.elastischen Zustandes.

Diese reziproken Arbeiten der äußeren Kräfte entsprechen reziproken Formänderungsarbeiten:

: Die Arbeit der Spannungen des ersten EZelastischen Zustandes an den Dehnungen des zweiten EZelastischen Zustandes ist gleich der Arbeit der Spannungen des zweiten EZelastischen Zustandes an den Dehnungen des ersten EZ.elastischen Der Satz von Betti ist eine Grundlage der [[Randelementmethode]]Zustandes.
 
Der Satz von Betti ist eine Grundlage der [[Randelementmethode]].
 
==== Kompatibilitätsbedingungen ====
{{Hauptartikel| KompatibilitätsbedingungenKompatibilitätsbedingung}}
Bei der Bewegung eines Körpers durch den Raum treten in den für die Kontinuumsmechanik interessanten Fällen Verformungen auf, die sich durch die Verzerrungen quantifizieren lassen. Von den Verzerrungen gibt es im Allgemeinen dreidimensionalen Fall sechs Komponenten. Sollen aus ihnen die drei Komponenten der Bewegung (d.&nbsp;h. die Verschiebungen) in den drei Raumrichtungen rekonstruiert werden, istso klar, dasskönnen die Verzerrungen nicht voneinander unabhängig sein; könnenstattdessen müssen sie die für sie formulierten Kompatibilitätsbedingungen einhalten. Indem die Verzerrungen im linear elastischen Material mit den Spannungen ausgedrückt werden, entstehen entsprechende Kompatibilitätsbedingungen für die Spannungen.
 
Die Rekonstruktion der Verschiebungen aus den Verzerrungsfeldern kann genau dann gelingen, wenn die Verzerrungen die für sie formulierten Kompatibilitätsbedingungen einhalten. In dem die Verzerrungen im linear elastischen Material mit den Spannungen ausgedrückt werden, entstehen Kompatibilitätsbedingungen für die Spannungen. In der linearen Elastizität sind die Kompatibilitätsbedingungen mit vertretbarem Aufwand erfüllbar und eröffnen so die Möglichkeit ein [[Randwertproblem]] mit Spannungsfunktionen zu lösen.
In der linearen Elastizität sind die Kompatibilitätsbedingungen mit vertretbarem Aufwand erfüllbar und eröffnen so die Möglichkeit, ein [[Randwertproblem]] mit [[Spannungsfunktion]]en zu lösen.
 
==== Spannungsfunktionen ====
{{Hauptartikel| Spannungsfunktion}}
Im Gleichgewicht kommen in der lokalen Impulsbilanz nur die Spannungen und die Schwerkraft vor. Hier können die Spannungen als primäre Unbekannte gewählt und mit Spannungsfunktionen ausgedrückt werden, diewelche die Gleichgewichtsbedingungen automatisch einhalten. So reduziert sich die Lösung eines Randwertproblems auf das Auffinden von Spannungsfunktionen, die die vorliegenden [[Randbedingung]]enRandbedingungen und die Kompatibilitätsbedingungen für die Spannungen erfüllen. Letztere Bedingungen stellen sicher, dass sich aus den Spannungen die Verschiebungen ableiten lassen.

Besonders gut untersucht ist der ebene Fall mit der [[Airysche Spannungsfunktion|Airy’schen Spannungsfunktion]], mit deren Hilfe heute [[Gleichung #Analytische Lösung|analytische Lösungen]] vieler Randwertaufgaben in der Ebene vorliegen.
 
== Mathematische Theorie ==
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Dagegen garantieren die [[Polykonvexe Funktion|Polykonvexität]] nach [[John M. Ball]]<ref>J. M. Ball: ''Convexity conditions and existence theorems in non-linear elasticity''. In: ''Archive for Rational Mechanics and Analysis'', 63, 1977, S. 337–403 und<br />J. M. Ball: ''Constitutive inequalities and existence theorems in nonlinear elasto-statics''. In: R. J. Knops (Hrsg.): ''Herriot Watt Symposion: Nonlinear Analysis and Mechanics'', Band 1. Pitman, London 1977, S. 187–238, ISBN 0-273-01128-6; ISBN 0-273-08461-5.</ref> und Koerzitivität der Formänderungsenergie die Existenz einer die Formänderungsenergie minimierenden Deformation:
* für isotrope Hyperelastizität liegt eine Reihe solcher Formänderungsenergiefunktionen vor, die polykonvex und koerzitiv sind.<ref>S. Hartmann und P. Neff: ''Polyconvexity of generalized polynomial type hyperelastic strain energy functions for near incompressibility''. In: International Journal of Solids and Structures 40 (2003), S. 2767–2791.</ref>
* für den Fall anisotroper Hyperelastizität stellte J.&nbsp;M.&nbsp;Ball die Frage:<ref>J. M. Ball: ''Some open problems in elasticity''. In: P. Newton, P. Holmes (2002), S. 3–59.</ref> „Are there ways of verifying polyconvexity […] for a useful class of anisotropic stored-energy functions?“ (zu Deutsch: „Gibt es Wege, die Polykonvexität […] für eine nützliche Klasse anisotroper Formänderungsenergiefunktionen nachzuweisen?“) Die Suche nach der Antwort auf diese Frage ist noch im einundzwanzigsten Jahrhundert Gegenstand reger ForschungsaktiviätForschungsaktivität.
 
== Siehe auch ==
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|Verlag=Springer
|Datum=2006
|ISBN=978-3-540-33796-62}}
* {{Literatur
|Autor=P. G. Ciarlet
|Titel=Mathematical Elasticity
- |Band=Volume I: ''Three-Dimensional Elasticity''
|Verlag=North-Holland
|Datum=1988
Zeile 166 ⟶ 200:
|Verlag=Wiley
|Datum=2000
|ISBN=978-0-471-82319-38}}
* {{Literatur
|Autor=J. E. Marsden und, J. R. Hughes
|Titel=Mathematical Foundations of Elasticity
|Verlag=Prentice Hall
|Datum=1983
|ISBN=978-0-486-67865-82}}
* {{Literatur
|Hrsg=Paul Newton, Philip Holmes
Zeile 178 ⟶ 212:
|Verlag=Springer
|Datum=2002
|ISBN=978-0-387-95518-6}}
* {{Literatur
|Autor=M. Silhavy
Zeile 184 ⟶ 218:
|Verlag=Springer
|Datum=1997
|ISBN=978-3-540-58378-35}}
* {{Literatur
|Autor=M. E. Gurtin
Zeile 190 ⟶ 224:
|Titel=The Linear Theory of Elasticity
|Sammelwerk=Handbuch der Physik
|Band=Band VI2/a, Bandherausgeber [[Clifford Truesdell|C. Truesdell]]
|Verlag=Springer
|Datum=1972
|ISBN=3-540-05535-5}}
* [[Karl-Eugen Kurrer]]: ''The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium''. Ernst & Sohn, Berlin 2018, ISBN 978-3-433-03229-9.
 
== Einzelnachweise und Fußnoten ==
<references />