Wetten, er liebt mich...: Der kleine Fürst 425 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Es wird dir sicher gefallen in München«, sagte Baron Friedrich von Kant zu seinem jungen Freund Baron Jakob von Meul, der nach längerer Zeit der Abwesenheit wieder einmal auf Schloss Sternberg weilte, wo Friedrich mit seiner Familie lebte. »Das ist eine interessante Stadt, Jakob – und du bist, gestatte einem alten Freund, dir das zu sagen, durchaus in Gefahr, ein Eigenbrötler zu werden. Deshalb denke ich, dass es gut für dich ist, wenn du an einen Ort ziehst, wo viel los ist, wo du interessante Menschen kennenlernen wirst und wo du dich nicht so ohne weiteres verstecken kannst.« Das ausdrucksvolle Gesicht des schmalen, dunkelhaarigen jungen Mannes an seiner Seite verzog sich zu einem skeptischen Lächeln. »Ich weiß nicht, Fritz«, erwiderte Jakob. »Wenn diese Stelle an der Universität, die man mir angeboten hat, nicht außerordentlich interessant wäre, dann hätten mich keine zehn Pferde nach München gebracht. Du weißt, mir ist Trubel zuwider, und all diese schönen, begabten Menschen, die sich dort tummeln, schrecken mich eher ab.« »Vorurteile!«, rief Friedrich. »Du bist jung, Jakob, genieß endlich dein Leben, statt dich ständig nur der Arbeit zu widmen. Du bist doch bereits ein bekannter Biologe – mit nicht einmal dreißig Jahren. Wie weit willst du es denn noch bringen?« Jetzt war Jakobs Lächeln verlegen. »Das ist das Einzige, was ich kann, Fritz. Ohne meinen Beruf wäre ich verloren. Und außerdem, du weißt ja…« Seine Stimme verklang. »Ja, ich weiß«
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Wetten, er liebt mich... - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 425 –
Wetten, er liebt mich...
Viola Maybach
»Es wird dir sicher gefallen in München«, sagte Baron Friedrich von Kant zu seinem jungen Freund Baron Jakob von Meul, der nach längerer Zeit der Abwesenheit wieder einmal auf Schloss Sternberg weilte, wo Friedrich mit seiner Familie lebte. »Das ist eine interessante Stadt, Jakob – und du bist, gestatte einem alten Freund, dir das zu sagen, durchaus in Gefahr, ein Eigenbrötler zu werden. Deshalb denke ich, dass es gut für dich ist, wenn du an einen Ort ziehst, wo viel los ist, wo du interessante Menschen kennenlernen wirst und wo du dich nicht so ohne weiteres verstecken kannst.«
Das ausdrucksvolle Gesicht des schmalen, dunkelhaarigen jungen Mannes an seiner Seite verzog sich zu einem skeptischen Lächeln. »Ich weiß nicht, Fritz«, erwiderte Jakob. »Wenn diese Stelle an der Universität, die man mir angeboten hat, nicht außerordentlich interessant wäre, dann hätten mich keine zehn Pferde nach München gebracht. Du weißt, mir ist Trubel zuwider, und all diese schönen, begabten Menschen, die sich dort tummeln, schrecken mich eher ab.«
»Vorurteile!«, rief Friedrich. »Du bist jung, Jakob, genieß endlich dein Leben, statt dich ständig nur der Arbeit zu widmen. Du bist doch bereits ein bekannter Biologe – mit nicht einmal dreißig Jahren. Wie weit willst du es denn noch bringen?«
Jetzt war Jakobs Lächeln verlegen. »Das ist das Einzige, was ich kann, Fritz. Ohne meinen Beruf wäre ich verloren. Und außerdem, du weißt ja…« Seine Stimme verklang.
»Ja, ich weiß«, erwiderte Baron Friedrich ruhig. »Euer völlig verschuldeter Vater hat die Familie sitzenlassen und sich mit allem Geld, das er noch auftreiben konnte, ins Ausland geflüchtet, und du versuchst jetzt, deinen beiden jüngeren Schwestern den Vater zu ersetzen, was wohl auch nicht ganz einfach ist.«
»Einfach? Lieber würde ich einen Sack Flöhe hüten, das darfst du mir glauben. Aber ich kann ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen, denn sie sind, genau wie ich, im Grunde nur verunsichert, weil unsere Familie mit einem solchen Knall auseinandergeflogen ist. Dabei war sie eigentlich der Ort, von dem wir Geborgenheit erwartet haben.«
»Wie alt sind deine Schwestern jetzt?«
»Clara ist achtzehn, sie hat nach der Mittleren Reife die Schule verlassen – das war die Zeit, als mein Vater sich aus dem Staub gemacht hat. Jetzt nimmt sie mal hier einen Job an, mal da, es ist zum Verzweifeln. Ich bringe sie einfach nicht dazu, eine vernünftige Ausbildung zu machen. Dieses Problem wenigstens habe ich mit Stefanie nicht. Sie ist einundzwanzig. Studieren wollte sie nach dem Abitur nicht, jetzt macht sie eine Lehre bei einem Fotografen, der behauptet, dass sie Talent hat. Wir werden sehen.«
»Und deine Mutter?«
»Ach, meine Mutter«, erwiderte Jakob traurig. »Sie kommt über den Verrat meines Vaters nicht hinweg – und natürlich auch darüber nicht, dass sie jetzt nicht mehr wohlhabend ist. Du weißt ja, dass wir das Haus aufgeben mussten, sie hat natürlich keine Angestellten mehr, und jeden Cent dreht sie dreimal herum, bevor sie ihn ausgibt. Das empfindet sie als große Demütigung. Manchmal überlegt sie, ob sie nach Frankreich zurückgeht, zu ihrer Familie – aber dort wäre sie dann natürlich auch ›die arme Verwandte‹, und das schreckt sie ab.«
»Marie-Rose«, sagte Friedrich nachdenklich. »So ein schöner Name – und deine Mutter ist eine sehr schöne Frau, Jakob. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie lange allein bleibt.«
»Oh, Verehrer hat sie genug«, erklärte Jakob, »aber sie hat kein Vertrauen mehr zu den Männern, und deshalb denke ich schon, dass sie allein bleibt.«
»Sie kann froh sein, dass sie dich hat, du bist ihr sicherlich eine große Hilfe.«
»Ja, aber es belastet mich auch«, gestand Jakob. »Ich bin jetzt für alles zuständig, weißt du? Aber das wird sich natürlich zwangsläufig ändern, wenn ich nicht länger in Stuttgart lebe, sondern in München. Ihr graut davor, glaube ich.«
»Du warst ohnehin schon immer so ernst – mir scheint, jetzt lachst du noch seltener als früher.«
»Das kann sein«, meinte Jakob. »In der Presse habe ich das auch schon gelesen.«
Friedrich lachte. »Du meinst, weil du jetzt ›der ernste Baron‹ bist?«
»Nicht erst jetzt, so haben sie mich früher auch schon gelegentlich genannt. Aber sollen sie doch, mir ist das gleichgültig.«
Am anderen Ende des Schlossparks sahen sie eine schmale Gestalt einen Hügel herunter laufen, zusammen mit einem fröhlich bellenden Hund. »Da ist Chris«, stellte Jakob fest. »Bewundernswert, wie er mit dem Verlust seiner Eltern fertig wird.«
Der Junge, der jetzt gemächlich auf sie zukam, war Prinz Christian von Sternberg, der seit dem tragischen Unfalltod seiner Eltern Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold in der Familie von Kant lebte: Friedrichs Frau Sofia war eine Schwester der verunglückten Fürstin gewesen.
»Es war wohl ein Glück«, stellte Friedrich fest, »dass wir schon lange hier auf Sternberg leben – so konnte er in seiner vertrauten Umgebung bleiben und vor allem dort, wo seine Eltern ihre letzte Ruhe gefunden haben. Es ist ihm sehr wichtig, ihnen jeden Tag einen Besuch abzustatten.«
»Ach, sie liegen da hinten, auf dem Hügel?«
»Ja, dort ist der Familienfriedhof untergebracht.«
»Und er ist immer noch ›der kleine Fürst‹?«
»Natürlich, jetzt erst recht, da sein Vater ja nicht mehr da ist. Aber warte nur ab, in drei Jahren wird er volljährig sein und ist dann der nächste Fürst von Sternberg.«
»Du meinst, dann nennen ihn die Leute ›der große Fürst‹?«
»Ich weiß es nicht, Jakob. Manchmal bleiben einem ja die Namen, die man als Kind bekommen hat, ein Leben lang erhalten.«
Christian hatte sie erreicht. Er war ein gut aussehender Junge mit einem klaren, offenen Gesicht und klugen Augen. Sehr schmal war er und groß für sein Alter – schon jetzt wollte der Kosename nicht mehr recht zu ihm passen, doch die Leute hielten daran fest, und ihn störte es nicht. Er wusste ja: Die Bezeichnung war liebevoll gemeint. Sein junger Boxer Togo umkreiste Friedrich und Jakob vergnügt bellend, als wollte er sagen: Kommt doch mit uns, zusammen haben wir noch mehr Spaß.
»Macht ihr einen größeren Spaziergang?«, fragte Christian.
»Nein, ich habe Jakob nur ein wenig herumgeführt«, erklärte Friedrich. »Er wollte gern die Pferde sehen, seit wir die Zucht haben, ist er ja nicht mehr bei uns gewesen.« Liebevoll kraulte er Togo hinter den Ohren.
»Und was sagst du dazu, Jakob?«, erkundigte sich der kleine Fürst.
»Großartig«, antwortete Jakob aus tiefstem Herzen. »Ihr macht es genau richtig, denke ich. Und ihr habt wundervolle Tiere hier.«
»Das ist ja erst der Anfang«, lächelte Baron Friedrich. »Wir denken daran, das Ganze auszubauen. Wollen wir zurückgehen?«
»Ja, gern«, antwortete Jakob.
Christian schloss sich ihnen an. Togo schoss laut bellend voraus. Er hatte bereits begriffen, dass er sich selbst vergnügen musste – wenn Menschen in angeregte Gespräche vertieft waren, hatten sie für einen Hund meistens keine Zeit mehr.
»Wie lange bleibst du eigentlich noch, Jakob?«, fragte der kleine Fürst.
»Am Sonntag fahre ich direkt von hier nach München, im Laufe der Woche werde ich mich an der Universität