Das Lied der Erleuchtung
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Über dieses E-Book
Ehrw. Myokyo-ni Irmgard Schlögl
Die Zen Meisterin Myokyo-ni, Irmgard Schlögl (1921-2007), erhielt ihre Ausbildung in der Rinzai Tradition im Kloster Daitoku-ji in Japan, wo sie über zwölf Jahre unter den Meistern Oda Sesso Roshi und Sojun Kannun Roshi studierte. Später wurde sie Äbtissin von zwei Übungstempeln des Zen Centre: Shobo-an in London und Fairlight in Luton. Myokyo-ni ist Autorin von vielen lehrreichen Büchern über Zen Training und sie übersetzte auch viele wichtige Chinesische und Japanische Zen Klassiker. Dazu gehören unter anderen Die Sanfte Wandlung des Bullen, Das Lied der Erleuchtung, Die Suche nach der Ganzheit und Die Abhandlung über die Unauslöschliche Lampe der Zen Schule von Torei Enji.
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Das Lied der Erleuchtung - Ehrw. Myokyo-ni Irmgard Schlögl
Die Zen Meisterin Myokyo-ni, Irmgard Schlögl (1921–2007), erhielt ihre Ausbildung in der Rinzai-Tradition im Kloster Daitoku-ji in Japan, wo sie über zwölf Jahre unter den aufeinander folgenden Meistern Oda Sesso Roshi und Sojun Kannun Roshi arbeitete. 1977 gründete sie das Zen Centre in London und 1984 wurde sie als Ehrwürdige Myokyo-ni vom Abt des Daishu-in, Soko Morinaga Roshi, ordiniert, der während der ersten fünf Jahre ihres Trainings in Daitoku-ji leitender Mönch gewesen war. Gleichzeitig wurde das Grundstück des Zen Centre als Übungstempel eingeweiht unter dem Namen Shobo-an. 1995 wurde ein weiterer Übungstempel, Fairlight, in Luton gegründet.
Der Hokun Trust ist erfreut, die Übersetzung dieses Buches, erstmalig in die deutsche Sprache, unterstützen zu können, zumal Deutsch die Muttersprache der Ehrwürdigen Myokyo-ni war. Die klaren und praktischen Kommentare über dieses einflussreiche Zen Gedicht von Yoka Daishi wird von noch unerfahrenen Suchenden, aber auch von schon jahrelang Übenden als bedeutsam empfunden werden. Wenn diese Lehren nur wenige Herzen ansprechen und Frieden und Freude bringen, wird die Herausgabe des Buches von großem Wert sein. Mögen alle Wesen Buddhaschaft erlangen!
Inhalt
Einleitung
Erster Teil:
Yoka Daishis Lied über die Verwirklichung des Weges
Das Gedicht
Zweiter Teil:
Das Lied der Erleuchtung
Kommentare der Ehrwürdigen Myokyo-ni
über das Lied von Yoka Daishi
Einleitung
In China gilt die Tang Dynastie (618–907 n. Chr.) als das Goldene Zeitalter des Buddhismus, denn sie war eine Periode des unabhängigen Wachstums und eine Blütezeit der einheimischen chinesischen Schulen. Über viele Jahrhunderte hinweg übersetzten, studierten und interpretierten Gelehrte und Lehrer sorgfältig buddhistische Texte aus Indien, die über den asiatischen Kontinent nach China gelangt waren. Langsam und bedächtig wurde diese überwältigende Vielfalt von Ideen und Brauchtum durchgearbeitet und assimiliert, so dass sich allmählich ein tieferes Verständnis dieser Lehren heranbilden konnte. Durch Anpassung und Rücksichtsnahme auf die chinesische Mentalität und ihre natürliche Veranlagung konnten diese neuen Ideen nun harmonisch in die einheimische Kultur integriert werden. Dies gab den Anlass zu neuen Formulierungen des Buddha-Dharma, und es tauchten Schulen mit speziellen Lehrausrichtungen unter der Führung einzelner Meister auf. Die Entwicklung dieser Schulen einschließlich der Zen Schule stützte sich jetzt überwiegend auf Texte, die in China verfasst worden waren. Zen (chinesisch Chan) entwickelte sich als Reaktion gegen die intellektuellen und weitschweifigen Formulierungen des indischen Buddhismus. Die Zen Schule vertrat stattdessen die Ansicht, dass die Ausübung des Buddhismus sich nicht auf das Studium der Texte oder auf Meditation allein beschränken sollte, sondern dass sie auf alle Tätigkeiten des Alltagslebens angewandt werden könnte. Und ihre hauptsächliche Zielsetzung bestand darin, Übende aufzufordern, zu der ihnen innewohnenden Buddha-Natur zu erwachen.
Yoka Daishi, oder Yongjia, wie er in chinesischer Sprache bekannt ist, gehört zeitlich dieser frühen Periode der Zen Schule an. Er wurde 665 n. Chr. in Yongjia in der Provinz Zhejiang geboren, von wo sich sein Name ableitet. In jungem Lebensalter verließ er sein Elternhaus, um Mönch zu werden und begann mit seinem Studium und der Praxis des Buddhismus in der Tiantai Schule, wo er von verschiedenen gebildeten Meistern Unterweisungen erhielt. In gleicher Weise wie der Sechste Patriarch Huineng beim Hören des »Diamant Sutras« zum Erwachen gekommen sein soll, führte das »Vimalakirti Sutra« Yoka Daishi zu seiner tiefsten Einsicht.
Man redete ihm zu, seine Einsicht durch einen erleuchteten Meister bestätigen zu lassen, und dies veranlasste ihn, den Sechsten Patriarchen im Baolin Kloster in Caoqi aufzusuchen. Seine Begegnung mit Huineng ist gut dokumentiert, sowohl in Huinengs »Plattform Sutra« als auch in der »Aufzeichnung über die Weitergabe der Leuchte«. Bei diesem »hossen« (eine Begegnung von zwei erleuchteten Menschen) wurde Yoka Daishis Einsicht schnell bestätigt. Daher wurde er sowohl als Dharma Erbe und auch als Schüler des Sechsten Patriarchen angesehen, obwohl er seine Einsicht unabhängig von ihm erlangt hatte. Kurze Zeit nach dieser Begegnung wollte er wieder abreisen, aber Huineng überredete ihn, zumindest die Nacht dort zu verbringen. So wurde er bekannt unter dem Namen »Der Über Nacht Erleuchtete«.
Er kehrte zu seinem Tempel in Longxiong zurück und verbrachte die restlichen acht Jahre seines kurzen Lebens mit Lehren. Dort schrieb er »Das Lied über die Verwirklichung des Weges«, und seine übrigen hinterlassenen Werke sind in »Yongjias Chan Sammlung« zusammengestellt worden. Er starb im Jahre 713 n. Chr. im Alter von 38 Jahren, in demselben Jahr wie der Sechste Patriarch.
Der Titel dieses Gedichts »Das Lied über die Verwirklichung des Weges« wird unterschiedlich übersetzt, ist aber allgemein bekannt als »Das Lied der Erleuchtung«. Die Ehrwürdige Myokyo-ni betont, dass das chinesische Schriftzeichen, welches Yoka Daishi im Titel für Erleuchtung oder Verwirklichung benutzt auch die Bedeutung von Nachweis oder Beweis hat, nämlich vom Zeugnis Ablegen oder Beglaubigen. So enthält es sowohl einen Nachweis oder Bestätigung dieser Erfahrung als auch die praktische Anwendung, dementsprechend zu leben. Das Lied ist also ein Hymnus oder eine Lobrede auf die Buddha-Lehren und auch eine Anleitung, wie sie zu verwirklichen und in die Praxis umzusetzen sind.
Mit lebendiger bildhafter Sprache und eindrucksvollen Redewendungen werden die unterschiedlichen Mahayana Lehren in die sechsundsiebzig Strophen des Textes hineingewoben. Yoka Daishi berichtet uns, dass die Lehre, an welche er sich hält, »die Kraft der Mahaprajnaparamita ist/Die über ein gewöhnliches menschliches Verständnis hinausgeht/Und die nicht einmal das Himmelsgewölbe umspannen kann.« Dennoch versucht er mit Mitgefühl und Geschick, uns durch die zahllosen Dualitäten zu führen, welche unsere menschliche Erfahrung kennzeichnen. Indem er uns jenseits von Gut und Schlecht, von Gewinn und Verlust, Lob und Tadel, Geburt und Tod steuert, deutet er auf das »Mani Juwel… welches behaglich im Leib des Tathagata enthalten ist.« Dieses Juwel liegt am Herzen des Mahayana Denkens und symbolisiert den Keim der Buddha-Natur, die allen Lebewesen innewohnt – verborgen und schlummernd, aber in dem das Potential und das Versprechen der Befreiung enthalten sind. Wenn wir dann entdecken, dass dieses »Juwel der Buddha-Natur unveräußerlich dem Herzensgrund eingeprägt ist«, können wir angeregt werden, diesen Pfad selbst zu gehen.
Bei dieser Aufgabe wirkt Yoka Daishi, der »Mann des Weges«, welcher alle Buddha-Lehren verkörpert, als unser Führer. Er wendet sich sowohl an den Anfänger, der gerade auf dem Pfad beginnt, als auch an die in ihrer Übung gut Gefestigten. Er zeigt auf, wie man sogar unter widrigen Umständen üben kann, und warnt vor den Fallstricken, die entlang des Weges liegen. Wir werden ermahnt, uns nicht von Sinnesobjekten überwältigen zu lassen, denn es ist unser Herz, welches alle unsere Handlungen in Gang setzt, und der Körper muss die unliebsamen Folgen erdulden. Es ist daher zwecklos, sich zu beklagen oder andere zu tadeln. Er betont wiederholt die Bedeutsamkeit der Abstammung und des korrekten Weiterreichens der Lehren. Aber er betont vor allen Dingen, dass die Übung die Gesamtheit unseres täglichen Lebens durchdringt: »Gehen ist Zen, Sitzen ist Zen,/Reden oder Schweigen, Bewegung oder Ruhe.« Und vor allem sollte es in »freudigem Dienst zum Wohle aller Wesen« geschehen.
»Das Lied über die Verwirklichung des Weges« wird noch in Zen Tempeln des heutigen Japan studiert, und es ist einer der vier Klassiker in der »Aufzeichnung von Vier Abschnitten«, welche den »Glauben im Herzen«, »Die Bilder des Bullen und seines Hirten« und die »Grundlagen der Zen Meditation« enthalten. Yoka Daishis Arbeiten hatten auch Einfluss auf die Entwicklung des koreanischen Son (Zen) während der Koryo und Choson Perioden, in denen seine Texte studiert und häufig zitiert wurden.
Die Ehrwürdige Myokyo-ni (1921–2007) studierte diesen Text während ihrer Trainingszeit im Daitoku-ji in Japan, und benutzte ihn ihrerseits beim Teisho (formale Reden, wobei ein Text vorgestellt und kommentiert wird). Diese Ansprachen fanden in einem Zeitraum von acht Jahren (1994–2002) statt und wurden im Zen Zentrum London und der Sommer Schule der Buddhistischen Gesellschaft gehalten. Die vorliegende Übersetzung und der Kommentar stammen aus dieser Periode.
Myokyo-nis Reden waren stets erdverbunden und benutzten eine Vielfalt von Lehrgeschichten aus mehreren Traditionen, wie auch bekannte Märchen und praktische Beispiele aus dem alltäglichen Leben. Dieses Teisho war eine wichtige Inspiration für alle, die es damals hörten. Möge es weiterhin andere auf dem Weg unterstützen.
Michelle Bromley
2010
Yoka Daishis Lied über die
Verwirklichung des Weges
Das Gedicht
1. Kennt ihr nicht den Mann des Weges, der nichts weiter zu suchen hat?
Er meidet weder umherschweifende Gedanken, noch sucht er nach der Wahrheit,
Denn in der Wahrheit sind Täuschung und Buddha-Natur eins,
Und dieser illusorische Körper ist der Körper des Dharma.
2. Wahrlich zum Dharmakaya erwacht, bleibt nichts mehr übrig.
Die Quelle der eigenen Natur ist die Essenz der Buddha-Natur.
Die Fünf Skandhas treiben wie Wolken am leeren Himmel umher,
Und die Drei Gifte kommen und gehen wie über Wasser geblasener Schaum.
3. Wenn die Wahrheit erkannt ist, gibt es weder Selbst noch Anderes.
In dem Augenblick wird jegliches Karma ausgelöscht, selbst das der Avici Hölle.
Wer jedoch Lebewesen falsche Lehren als Bewirtung anbietet,
Muss das Herausreißen seiner Zunge über unzählige Kalpas hinweg erleiden.
4. Beim plötzlichen Erwachen zum Dhyana der Tathagatas
Sind die Sechs Paramitas und die 10.000 Übungen bereits vollendet.
Obgleich dem Träumenden die Sechs Reiche als überzeugend wirklich erscheinen,
Ist nach dem Erwachen sogar der Große Chiliokosmos nichtig und leer.
5. Dann gibt es weder Fehler noch Nutzen, weder Gewinn noch Verlust;
Nichts mehr fehlt in diesem Zustand tiefer Ruhe!
Bislang wurde der Spiegel niemals gereinigt,
Aber jetzt scheint er leuchtend klar.
6. Wer ist ohne Gedanken, wer ungeboren?
Wenn wirklich nicht geboren, ist auch Nicht-Geburt verschwunden.
Frage eine hölzerne Marionette, ob und wann die Suche nach Buddha
Und das Training zur Erleuchtung führen können.
7. Macht euch los von den Vier Großen Elementen und haltet nicht daran fest.
Esst und trinkt nach Belieben, im Einklang mit dem Zustand tiefer Ruhe.
Vergänglich sind alle Formen, und so sind alle leer –
Dies ist die vollständige unübertroffene Einsicht des Buddha.
8. Der echte Mönch zeigt festen Entschluss.
Wenn es jemand gibt, der nicht von Leidenschaften beherrscht wird, so zeigt!
Wirklich abgetrennt von Wurzel und Ursprung ist das Buddha Siegel;
Das Sammeln von Blättern und Suche nach Zweigen stehen dem Ziel im Wege.
9. Die Menschen kennen nicht das Mani Juwel,
Noch dass es behaglich im Leib des Tathagatas enthalten ist.
Das Sechsfache Wunderbare Wirken ist leer und wiederum nicht leer.
Bei vollem Licht ist der Eine Weg Form und ist nicht Form.
10. Wenn einmal die Fünf Sichtweisen geklärt und die Fünf Kräfte erlangt sind,
Werden sie bestätigt und damit bekannt; unnötig sind Messen und Spekulieren.
Wenn auch alle Reflexionen im Spiegel zu sehen sind,
Wie könnte man das Spiegelbild des Mondes im Wasser ergreifen?
11. Stets auf sich gestellt, Schritt für Schritt allein,
So geht der Befreite spielerisch auf dem einen Weg zu Nirvana hin
Und summt eine alte klassische Melodie. Sein Herz ist leer, natürlich höflich sein Betragen,
Von schlanker Gestalt und starken Knochen, nichts kann ihn ablenken.
12. Alle Söhne des Buddha sind arm,
Aber ihre Armut ist materiell und nicht von geistiger Art.
Obwohl ihr Körper mit groben abgenutzten Roben bekleidet ist,
Beherbergt das Herz den unvergleichlichen spirituellen Schatz.
13. Wie viel er auch verwandt werden mag, so wird dieser Schatz niemals ausgeschöpft
Beim freudigen Dienst zum Wohle aller Wesen je nach Bedarf.
Die Drei Körper und die Vier Weisheiten reifen im Körper heran,
Die Acht Befreiungsarten und die Sechs Übernatürlichen Kräfte prägen das Herz.
14. Der überragende Mann klärt es ein für alle Mal,
Der Mittelmäßige oder nur schwach Begabte lernt viel, glaubt aber wenig.
Werft einfach die schmutzigen alten Kleider beiseite, die ihr schätzt
Und prahlt nicht vor anderen mit eurer reinen Lebensweise.
15. Ertragt es, von anderen verleumdet und gekränkt zu werden;
Diejenigen, welche den Himmel in Brand setzen wollen, werden dabei rasch ermüden.
Wenn das Anhören ihrer Bosheiten wie das Trinken von Nektar ist,
Dann schmilzt alles dahin, und plötzlich wird das Undenkbare betreten.
16. Wenn üble Nachrede wie Gewinn von Verdienst angesehen wird,
Dann werden die Spötter zu wirklich guten Freunden und Lehrern.
Wenn bei grundloser Beschimpfung weder Hass noch Zuneigung auflodern,
Entstehen Mitgefühl und Geduld, die Kräfte des Ungeborenen.
17. Bei einem solchen Wesen, bewandert sowohl in der Lehre als auch in ihrer Darlegung,
Sind Dhyana und Prajna ganz und vollendet, ungehindert durch Sunyata.
Aber dies erreicht er nicht allein, denn hierin liegt die Essenz
Aller Buddhas, so zahlreich wie die Sandkörner des Ganges.
18. Das Hören des Löwengebrülls der Furchtlosigkeit
Zerschmettert das Gehirn von Hunderten von Tieren;
Sogar der Duft-tragende Elefant wird erregt und verliert seine Würde.
Nur der himmlische Drache hört heiter zu und erfreut sich daran.
19. Ich überquerte Flüsse, bestieg Berge und watete durch Strömungen,
Um Meister nach dem Weg zu befragen und unter ihnen zu üben.
Aber seitdem es mir gelang, den Weg von Sokei (Huineng) zu finden,
Habe ich gelernt, mich nicht um Geburt und Tod kümmern zu müssen.
20. Gehen ist Zen, Sitzen ist Zen,
Beim Reden oder Schweigen, Bewegung oder Ruhe, die Essenz bleibt stets gelassen.
Sogar bei der Begegnung mit Speeren und Schwertern bleibt sie ganz und vollkommen,
Und auch Gifte können ihre Heiterkeit nicht stören.
21. Unser Lehrer übte unter Buddha Dipankara
Und nahm geduldig über viele Kalpas hinweg Entbehrungen als Eremit auf sich.
Auch ich durchlief vielmals Geburt und Tod –
Geburten und Tod in endloser Runde ohne Stillstand.
22. Bei der plötzlichen Verwirklichung des Nicht-Entstandenen
Rufen weder Lob noch Tadel Freude oder Kummer hervor.
Ich lebe in einer verfallenen Hütte, fern in den Bergen –
Steil und weit ragen sie empor, während ich unter einer alten Kiefer sitze.
23. In der Wildnis duftet meine Hütte nach der Ruhe des Zazen,
Rundherum ist es friedlich und ruhig.
Einmal erwacht gibt es nichts mehr zu tun,
Aber ständig wechselnde Erscheinungen sind nicht von dieser Art.
24. Mit Anhaftung ausgeteilte Almosen können zwar Glück bringen,
Aber selbst die Wiedergeburt im himmlischen Bereich ist wie ein Pfeilschuss in den Himmel.
Wenn seine Flugkraft erlischt, fällt der Pfeil wieder herab und
Bewirkt entgegen jeder Absicht nur unglückliche Wiedergeburt im nächsten Leben.
25. Dann ist es viel besser, zur Absoluten Wahrheit aufzusteigen,
Und mit einem Schritt das Reich des Tathagata zu betreten.
Haltet euch an die Wurzel, und kümmert euch nicht um die Zweige;
Es ist wie bei dem Mond, der sich in einer Lapislazuli Schale widerspiegelt.
26. Jetzt weiß ich, dass dieses wunderbare Mani Juwel
Einem selbst und anderen unerschöpflich Nutzen bringt.
Der Mond spiegelt sich im Strom, eine sanfte Brise weht durch die alte Kiefer,
Die Nacht ist tief und ruhig – wozu denn nur?
27. Das Juwel der Buddha-Natur ist im Herzensgrund eingeprägt.
Nebel, Tau und Wolken bilden das Kleid des Erleuchteten.
Seine Almosenschale besänftigt Drachen und an seinem Stab, der Tiger bändigt,
Klingen die goldenen Ringe, ach, so klar!
28. Dies sind nicht bloß Erfindungen meiner leeren Einbildung,
Denn die Spuren vom kostbaren Stab des Tathagata sind inniglich vertraut.
Weder suche ich nach Wahrheit, noch meide ich Irrtümer
Und habe erkannt, dass die Zwei Wahrheiten leer sind ohne Gestalt und Form.
29. Ohne Form liegt jenseits, sowohl von leer als auch nicht leer;
Und eben dies ist die wahre Form des Tathagata.
Es gibt keine Hindernisse auf dem Herzens Spiegel;
Klar und hell beleuchtet er so viele Welten wie Sandkörner im Ganges.
30. All die Zehntausend Dinge sind in einem leuchtenden Edelstein enthalten,
Der weder Innen noch Außen besitzt.
Allein leere Leerheit bestreitet das Gesetz von Ursache und Wirkung
Und schafft Verwirrung, die Missgeschick und Unglück nach sich zieht.
31. Ebenso falsch verstanden ist das Leugnen von Sein, und sich stattdessen an Leerheit zu klammern,
Wie ein Sprung ins Feuer, um sich vom Ertrinken zu retten.
Legt die Täuschungen beiseite und ergreift die Wahrheit.
Jedoch sind Loslassen und Festhalten immer noch Lug und Trug.
32. Wenn ein Übender Disziplin als sein Ziel statt als Hilfsmittel betrachtet
Verkennt er tatsächlich den Räuber als seinen eigenen Sohn.
Dabei geht das Glück des Dharma verloren, angesammeltes Verdienst wird vergeudet,
All das wegen des Herzens wählerischer Wahl.
33. Daher besteht die Zen Schule auf gründlicher Einsicht in das Herz.
Durch die Kraft dieser Weisheit wird das Todlose plötzlich erreicht.
Der Erleuchtete ergreift das Schwert der Weisheit,
Das Banner von Prajna, den strahlenden Vajra-Diamant.
34. Er macht nicht nur die schlauen Kapriolen der Anhänger Anderer Wege zunichte,
Sondern bezwingt sogar die größten Dämonen.
Er lässt den Dharma-Donner grollen und die Dharma-Trommel erschallen,
Wolken des Mitgefühls steigen auf und lassen süßen Tau herabregnen.
35. Majestätisch wie ein Elefant oder Drache, unendlich hilfreich für alle;
Die Anhänger der Drei Fahrzeuge und Fünf Arten werden zum Erwachen gebracht.
Hini, das üppige Gras, findet sich nur an den höchsten Hängen des Himalayas;
Von diesen Weiden stammt die köstliche Milch, die meine Freude ist.
36. Eine Natur durchdringt alle Naturen.
Das Eine Dharma enthält alle Dharmas;
Ebenso wie sich der eine Mond in allen Gewässern widerspiegelt,
Sind alle Monde in allen Gewässern nur der eine Mond.
37. Der Dharma-Körper aller Buddhas durchdringt meine eigene Natur,
Und meine eigene Natur ist auch der Natur aller Buddhas gleich.
Ein Bereich umfasst vollständig alle Bereiche,
Dort gibt es weder Form, noch Herz, noch Karma.
38. Mit einem Fingerschnippen sind die achtzigtausend Lehren vollendet,
Und das gesamte schlechte Karma der drei Asamkya-Kalpas sofort ausgelöscht.
Worte und Redewendungen von außen sind lediglich Schatten,
Die das Licht meiner tiefsten Einsicht nicht widerspiegeln können.
39. Jenseits von Tadel und Lob,
Und grenzenlos wie der Raum,
Ist es gerade hier, stets ruhig und heiter –
Wenn ihr jedoch danach sucht, ist es nicht zu finden.
40. Es kann weder ergriffen noch abgeschüttelt werden,
Und da ihr keines von beiden könnt, ist es wie es eben ist.
Wenn ihr schweigt, spricht es, und wenn ihr sprecht, dann schweigt es.
Dieses segenspendende Tor steht weit offen ohne Schloss und Riegel.
41. Wenn man mich fragt, welcher Lehre ich anhänge,
Antworte ich, dass es die Kraft des Mahaprajnaparamita ist,
Welche über das gewöhnliche menschliche Verständnis hinausgeht,
Und nicht einmal das Himmelsgewölbe kann sie umfassen.
42. Über viele Kalpas hinweg habe ich das Training beharrlich weitergeführt,
Und ich möchte euch nicht mit hohlen Worten betören.
Ich hisse das Dharma-Banner von Sakyamunis Lehre,
Deren Erbe auch ich geworden bin.
43. Kasyapa war der erste, dem die Leuchte übertragen wurde,
Und sie wurde in Indien über achtundzwanzig Generationen weitergereicht.
Dann brachte sie Bodhidharma selbst über das Meer
In unser eigenes Land und ist hier der erste Patriarch.
44. Seine Robe wurde, wie bekannt, über sechs Generationen weitergereicht,
Und es kamen viele, um zuzuhören und betraten den Weg.
Die Wahrheit muss nicht bewiesen werden und was das Falsche betrifft, so ist es ursprünglich leer.
Wenn sowohl Sein als auch Nicht-Sein beiseite gestellt werden, wird das Nicht-Leere geleert.
45. Die zwanzig Lehren über die Leere werden nicht zu Beginn offenbart;
Die (Wahre) Natur ist dasselbe wie Tathagata zu sein (Buddhaschaft).
Wenn das Herz durch den Staub der Sinnesobjekte ins Wanken gerät,
Dann sind Herz und Dinge wie Spuren, welche die Spiegelfläche trüben.
46. Wenn die Spuren abgewischt sind, erscheint der Glanz;
Wenn Herz und Dinge vergessen sind, erstrahlt die Wahre Natur.
Oh, diese traurige Welt des Dharma Untergangs,
Wo die Lebewesen schlecht ausgestattet sind und Beherrschung schwierig finden.
47. Irrtümliche Ansichten werden häufiger mit zunehmendem Abstand vom Buddha.
Wenn das Dharma untergeht, wächst Maras Macht und damit auch der Hass.
Auch wenn sie die Darlegung der plötzlichen Lehren des Tathagata hören,
Würde sie das nicht so schnell aus dem Niedergang herausreißen, wie ein Ziegel durch einen Schlag zerschmettert wird.
48. Das Herz ruft alle Handlungen hervor, und der Körper erleidet die daraus folgenden Missgeschicke,
So beklagt euch nicht über andere noch tadelt sie.
Wenn ihr nicht endlos schlechtes Karma auf euch laden wollt,
Dann beleidigt nicht des Tathagatas Rad des Wahren Dharma.
49. In einem Sandelholzhain wachsen nur Sandelholzbäume.
Nur Löwen bewohnen den Urwald,
Und nur sie spielen in der weiten Wildnis herum.
Keine anderen Tiere leben dort, und es fliegen keine Vögel.
50. Nur Löwenjunge folgen ihren Eltern auf dem Fuße;
Im Alter von drei Jahren brüllen sie aus voller Kehle.
Wie könnten Schakale den Herrn des Dharma verfolgen?
Tausende von Gespenstern mit wechselnder Gestalt glotzen mit offenen Mündern.
51. Die vollständigen und plötzlichen Lehren haben mit menschlichen Gefühlen nichts zu tun;
Wenn es Zweifel gibt, ist nichts bereinigt, und es wird mit Sicherheit zu Streitigkeiten kommen.
Dies ist nicht nur das Geplapper eines alten Bergmönches,
Ich fürchte nur, dass eure Gelehrtheit euch entweder in die Höhle von
Ewigkeitsglaube oder Nihilismus befördern wird.
52. Nein ist nicht Nein, noch ist Ja auch Ja;
Nur ein Unterschied von Haaresbreite, und es geht um tausend Meilen auseinander.
Bei einem »Ja« wird ein Naga Mädchen plötzlich zu einem Buddha,
Bei »Nein« stürzt Zensho Bikkhu lebendig in die Hölle.
53. Von Jugend auf habe ich mich an Gelehrsamkeit erfreut.
Ich studierte die Sutras, Sastras und die Kommentare,
Stritt herum über Namen und Form und vergaß dabei den Körper.
All das ist wie ein Abtauchen in den Ozean, um dort die Sandkörner zu zählen!
54. Der Tathagata verurteilte entschieden derartige Unternehmungen,
Denn was nützt es, die Schätze anderer aufzuzählen?
Meine früheren Leistungen und Bemühungen
erscheinen jetzt zwecklos,
Aber über die Jahre hinweg wurde ich wie Staub im Wind umher geweht.
55. Wenn die Saat-Natur (aus der wir hervorgehen) nicht klar verstanden wird,
Können die vollständigen und plötzlichen Lehren des Tathagata nicht begriffen werden.
Obwohl die Zwei Fahrzeuge andächtig bemüht sind, fehlt ihnen der Weg des Herzens.
Und was die Anhänger Anderer Wege betrifft, so sind sie intelligent, aber es
fehlt ihnen an echter Weisheit.
56. Es gibt törichte und kindische Menschen,
Welche die leere Faust oder den zeigenden Finger irrtümlich für die Wahrheit halten.
Wenn sie aber den zeigenden Finger als Mond verkennen, wird ihr ganzes Verdienst zunichte.
Und sie geistern wie Trugbilder in den Sinnesfeldern der Objektivität umher.
57. Die Leere in allen Dingen zu sehen bedeutet, Buddha zu werden.
Wenn man dies benennen kann, wird es Bodhisattva Kanjizai (»Das Sehen aller Dinge«) genannt.
Wenn dies wirklich durchschaut wird, sind die karmischen Fesseln ursprünglich leer.
Wenn dies nicht vollständig durchschaut wird, werden die karmischen Schulden aller früheren Taten eingefordert.
58. Wenn sich die Verhungernden weigern, vom dargebotenen Festmahl zu essen,
Oder die Kranken die Hilfe des Arztes verschmähen, wie könnte ihnen dann geholfen werden?
Die Übung von Zen im Reich der Begierde wird zur Kraft von Prajna.
Der Lotus blüht unbefleckt inmitten der Flammen.
59. Yuse (Bikkhu) hatte ein schreckliches Verbrechen begangen, aber durch die echte Einsicht in Nicht-Geburt
Wurde er plötzlich zum Buddha (erwacht), und existiert immer noch.
Das Löwengebrüll verkündet die Furchtlosigkeit.
Doch, töricht und unnachgiebig wie altes Leder, wissen es die Menschen leider nicht.
60. Sie wissen nur, dass schwere Vergehen das Erreichen der Erleuchtung verhindern,
Und so sehen sie nicht das Tor zu den geheimen Lehren des Tathagata.
Bezüglich des Mönches, der einen Mord begangen hatte und des anderen, der sich eines fleischlichen Vergehens schuldig gemacht hatte,
War Upalis Verständnis ihres Vergehens seicht und schnürte die Fesseln nur noch enger.
61. Aber Vimalakirti beseitigte ihre Zweifel sofort,
So wie Eis und Schnee beim Strahlen der heißen Mittagssonne verschwinden.
Die Kraft der Erleuchtung ist gänzlich unverständlich,
Und das wunderbare Wirken unermesslich wie der Sand des Ganges.
62. Dann werden die Vier Erfordernisse gerne dargeboten;
Zehntausend Stücke von gelbem Gold sind nicht genug,
Sogar zerbrochene Knochen und zerschmetterte Körper reichen nicht aus
Für ein Wort, welches das Karma von Millionen Kalpas auslöscht.
63. Tathagatas, unzählbar wie die Sandkörner des Ganges, versichern,
Dass der Dharma König an Glanz nicht zu übertreffen ist.
Da ich jetzt dieses Mani Juwel verstehe, weis ich,
Dass alle wirklich Glaubenden mit ihm übereinstimmen.
64. Bei klarem Sehen existiert kein einziges Ding,
Und es gibt weder Menschenwesen noch Buddha.
Ein großer Chiliokosmos ist wie auf den Ozean gewehte Gischt,
Und Weise und Heilige sind nichts anderes als das Aufleuchten des Blitzes.
65. Sogar wenn sich ein eisernes Rad auf unserem Kopf drehen würde,
Auch wenn die Sonne erkalten und der Mond glühend heiß würde,
So kann das klare Leuchten von Dhyana und Prajna niemals verloren gehen.
Nicht einmal alle Maras zusammen können die wahren Lehren zerstören.
66. Der Elefant zieht den Wagen unerschütterlich bergauf;
Wie könnte ihn der Grashüpfer aus der Fahrspur drängen?
Ein großer Elefant spielt nicht in einer Hasenfährte