Schiffbau heute: Wie ein Schiff entsteht
Von Peter Andryszak
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Über dieses E-Book
Der Autor, ein versierter Kenner der Branche, erläutert die verschiedenen Prozesse, Phasen, Arbeitsschritte und Tätigkeitsfelder der Beteiligten anschaulich und in angenehm verständlicher Art - auch für Laien.
Angefangen bei der Idee und Konstruktion, dem Einkauf und der Metallvorbereitung wird über die Teilefertigung und Montage bis hin zur Ausrüstung in Form von Maschinen, Elektrik, Lüftung, Isolierung und Einrichtung berichtet.
Auch auf Probefahrten, Übergaben, Bauaufsichten und Vorschriften wird eingegangen, so dass ein stimmiges Bild von der Entstehung eines Schiffs entsteht."
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Buchvorschau
Schiffbau heute - Peter Andryszak
THETIS.
EINLEITUNG
SCHIFFSNEUBAUTEN SIND IMMER WIEDER ein begehrtes Thema aus der deutschen maritimen Wirtschaft. Modernste Technik und neueste Fertigungsmethoden werden mit Neubauten in Verbindung gebracht und deren Konstruktion und Bau als Meisterleistung menschlichen Ingenieurwesens beschrieben.
Selten bleibt in den Medien oder der Literatur der Hinweis aus, wie technologisch wegweisend die Werften sind und dass deren Zulieferer nicht nur von der Küste, sondern zum großen Teil auch aus Süddeutschland kommen. Somit gehe uns der Schiffbau volkswirtschaftlich alle an – gerade weil dieser Industriezweig in Deutschland zunehmend vom Aussterben bedroht sei.
Dem interessierten Beobachter präsentiert sich das Werden zum vollwertigen Schiff dabei stets in einer mehr oder weniger großen Anzahl von markanten Ereignissen und einem Benennen technischer Daten. Im Verborgenen bleibt allerdings, was es denn für so ein Bauwerk alles braucht, um überhaupt zum berichtenswerten Ereignis heranwachsen zu können.
Genau da setzt dieses Buch an. Es will seinen Lesern einen bildlichen Eindruck von der Vielfalt an Material, Aufgaben und Tätigkeiten vermitteln, die aus einen Schiffbauauftrag erst ein Schiff werden lassen.
Oldenburg im Januar 2013
PETER ANDRYSZAK
Leere Schwimmdocks wie hier auf der Norderwerft in Hamburg: Ein Symbol gleichermaßen für eine Schiffbau-Krise wie für den Anfang eines Schiff-Neubaus, wozu es auf einer Werft viel freie Fläche braucht.
BEGINN
ALLEN ANFANG IM SCHIFFBAU macht die grundsätzliche Entscheidung für ein neues Schiff. Die Entscheider können sowohl Privatpersonen sein als auch Behörden, Industriefirmen, Schiffsfonds oder private Reeder, die mit ihren Frachtschiffen verschiedenster Art rund 90 Prozent (2010) aller bewegten Güter weltweit über die Meere transportieren. Dahinter steht eine ganze Armada weiterer Schiffe – zum Beispiel aus dem Schlepp-, Rettungs- und Lotswesen, aus Militär, Polizei, Zoll und Schifffahrtsverwaltung etc. -, mit denen der Schifffahrtsverkehr unterstützt, geschützt, kontrolliert und geleitet wird. Nicht zu vergessen die Vielzahl weiterer Einsatzbereiche, in denen Schiffe für Forschung, Umwelt- und Küstenschutz, Fischerei, Passagiertransport oder »just for fun« für die rein private Nutzung unterwegs sind.
All diese Schiffe unterscheiden sich in Form, Größe, Ausstattung und Baumaterial teils erheblich voneinander – häufig erst auf den zweiten Blick, obwohl manche von ihnen einer gemeinsamen Bauserie entstammen. Schiffe sind einfach mehr oder weniger ausgeprägte Unikate. Und in Anbetracht von Baukosten, Größe und Masse gibt es im Schiffbau, anders als zum Beispiel bei der Autoproduktion, kein dem Original eins zu eins entsprechendes Versuchsmodell. Die »Elchtests« müssen hier in der Konstruktionsphase theoretisch durchgespielt werden, man kann die Tests bestenfalls am Modell durchführen. Erst mit dem fertigen Unikat können sich die Tests dann als praktisch bestanden erweisen. Dennoch haben nahezu alle geplanten Schiffe etwas gemeinsam: Ihre Auftraggeber machen sich schon weit vor Baubeginn viele Gedanken über sie. Neben einer Klärung der Finanzierungsfragen legen sie bereits sehr früh deren Aufgabenfeld, Leistungsdaten und -merkmale fest. Selbst die Farbgebung, die Einrichtung und sogar der Name sind gleich von Beginn an Thema. In vielen Fällen wird auch noch ein Schiffsdesigner beauftragt, basierend auf möglichst allen Vorgaben, einen konkreten Schiffsentwurf auf dem Reißbrett zu entwerfen.
Sind die wesentlichen Fragen beantwortet, beginnt für den Auftraggeber die Suche nach einer möglichen Bauwerft. Hier spielen Kriterien wie Baupreis, Qualität, regionale oder nationale Zugehörigkeiten, vermutliche Bauzeiten und Übergabetermine sowie eventuelle Spezialisierungen eine individuell gewichtete Rolle. Die Gewinnerwerft ist in der Folge bestrebt, die eigenen Entwick-lungs- und Konstruktionsabteilungen frühzeitig in die Feinplanung einzubeziehen und das Projekt erfolgreich zu realisieren. Nun kann die Maschinerie anlaufen.
Bevor das erste Metall auch nur angefasst wird, stehen Konferenzen und Konstruktionsplanungen auf dem Programm, wie hier für UTHLANDE und CESIS.
KONSTRUKTION & BAUPLANUNG
BEVOR AUF DER WERFT der Fertigungsprozess beginnt, sind erst einmal die »Theoretiker« dran. Es ist Aufgabe der werftangehörigen Entwickler, Konstrukteure und Bauplaner bis ins kleinste Detail zu planen und festzulegen, was die Schiffsbauer und alle anderen Gewerke wie Ausrüster, Einrichter und Konservierer später konkret zu tun haben.
Den Anfang macht die Entwicklungsabteilung. Auftraggeberwünsche, Entwurfspläne des Vorentwicklers, Werftvorschläge und zwingende Regularien gilt es nun in einem ersten Schritt kooperativ zu einem für die Werft umsetzbaren Schiffsentwurf zu vereinen. Ist das geschehen, beziehen die Entwickler die Kollegen aus der Konstruktionsabteilung mit ein. Diese erstellen dann mit Hilfe moderner Computer-Aided-Design-Systeme (CAD) alle für die Fertigung nötigen Berechnungen und Zeichnungen. Oft entstehen dabei noch neue Ideen. Oder es werden mit den Kollegen von der Entwicklungsabteilung alternative Möglichkeiten durchgespielt und auch aus verschiedensten Gründen nicht umsetzbare Entwicklungsgedanken geklärt.
Aufgabenspezifisch differenzierte Ingenieure sitzen nun als ausgewiesene Spezialisten an der Planung für Basic-Design, Metallschiffbau, Schiffsantriebs- und Maschinenmontage, Rohrmontage, Ausrüstung, Einrichtung, Ausbau, Kälte-, Klima- und Lüftungsanlagen, Konservierung, Schallschutz, Isolierung, Elektrotechnik, Schwingungen, Akustik, Festigkeit und Schwimmstabilität. Anschließend bringen sie ihre Arbeitsergebnisse mit denen ihrer Kollegen in einem einzigen digitalen Konstruktionsplan zusammen.
Ein erster Spantenriss zum Entwurf des Notschleppers NORDIC für die Peene-Werft.
Teilweise ist es heute schon Praxis, dass diese Pläne per Datenleitung direkt an die Produktion übermittelt und dort in Aktion umgesetzt werden. »Kollege« Computer ist mit seiner laufend optimierten Software dabei als planerisches, koordinierendes und steuerndes Arbeitsmittel natürlich unentbehrlich.
Vom überdimensionalen Spantenriss bis zur haarfeinen Elektro-installation zeigen sich den Planern auf ihren Bildschirmen alle Bauelemente bis ins kleinste Detail, sogar in 3-D-Ansichten. Den Anwendern ist es damit weitgehend möglich, sich virtuell durch die jeweiligen Konstruktionen zu bewegen. So können sie die von ihnen beeinflussten räumlichen Gegebenheiten untersuchen und schnell bestehende oder mögliche Schwachstellen aufspüren, die sich infolge ihrer Planungsschritte ergeben könnten. »Problem erkannt« kann so zumindest planerisch schnell zum »Problem gebannt« werden.
Aber papierlos ist der Schiffbau damit noch lange nicht. Davon zeugen zahlreiche ausgedruckte Baupläne in den Schiffbauhallen. Sie sind den Werkern direkt vor Ort zur Orientierung immer noch unentbehrlich. Denn erst dort erweist sich im Einzelfall, ob sich alle virtuellen Konstruktionen auch tatsächlich in die Realität umsetzen lassen.
Etwa bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs fand die Schiffbauplanung auf riesig langen und meist oberhalb der Werkshallen liegenden Schnürböden statt. Die minutiös