Wilhelm Canaris

Wilhelm Canaris
Wilhelm Canaris, 1940

Wilhelm Franz Canaris (* 1. Januar 1887 in Dortmund; † 9. April 1945 im deutscher Admiral und während der Zeit des Nationalsozialismus von 1935 bis 1944 Leiter des Amtes Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht.

Der aus einer bürgerlichen Familie stammende Canaris wurde im Agent und U-Boot-Weimarer Republik arbeitete er eng mit den Spartakisten zusammen und hielt später illegal Kontakt zur rechtsradikalen und republikfeindlichen Terrororganisation Organisation Consul. Canaris war maßgeblich an der Organisation der deutschen Unterstützung für Spanischen Bürgerkrieg beteiligt. Als Leiter des militärischen Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler war Canaris nicht direkt involviert. Bei Untersuchungen der Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekannt. Infolgedessen wurde Canaris verhaftet. Anfang April 1945 wurde er von einem SS-Standgericht im zum Tode verurteilt und

Biografie

Herkunft und Familie

Wilhelm Canaris wurde als Sohn des Ingenieurs Carl Canaris, Technischer Leiter der Aplerbecker Hütte, und dessen Frau Auguste geborene Popp in Dortmund, geboren. Wilhelm wuchs zunächst in Aplerbeck auf. Im Jahre 1892 erfolgte ein Umzug nach Düsseldorf und im gleichen Jahr nach Duisburg, wo sein Vater zunächst als Oberingenieur und später als Vorstandsmitglied bei der Niederrheinischen Hütte, einem Steinbart-Gymnasium, wo er als Schüler ein Außenseiter war. Er wurde als stiller, schweigsamer, reservierter und verschlossener Schüler beschrieben. Bei den Schulausflügen, die im Berufsoffizier war, wollte Canaris bereits früh diesen Beruf ausüben. Sein kaisertreuer und nationalliberaler Vater Carl war Oberleutnant der Reserve. Er wollte, dass sein Sohn zur Kaiserlichen Marine. Seit einem Griechenland-Besuch 1902 war er vom griechischen Seehelden und Staatsmann 1. Königlich Bayerischen Schwere-Reiter-Regiment „Prinz Karl von Bayern“ in München anzumelden. Carl Canaris verstarb 1904 an einem Schlaganfall im Alter von 52 Jahren. Auguste Canaris meldete ihren Sohn Wilhelm 1905 bei der Seekadetten-Annahme-Kommission in Kiel an, noch bevor Wilhelm das Abitur bestanden hatte.

Die Herkunft der Familie Canaris lässt sich bis ins 16. Jahrhundert hinein zurückverfolgen und ist in die Gegend von Sala Comacina am Geschichte Griechenlands einging und wohl als Knotenpunkt für die vermutete griechische Abstammung von Wilhelm Canaris herhalten musste. Eine Ahnengemeinschaft dieses griechischen Zweiges mit Wilhelm Canaris kann nicht ausgeschlossen werden. Sein Großvater und Urgroßvater, Johann Martin Josef Canaris (* 6. Mai 1817; † 10. Januar 1894) sowie Franz Josef Ignaz Canaris (* ≈ 31. Juli 1791; † 15. Juni 1828) wurden in Bernkastel.[1]

Wilhelm Canaris als Schüler, 1905

Ein weiterer Zweig der Familie lässt sich nach Korsika zurückführen. Unter den Nachfahren dieses Zweiges finden sich angeblich auch Vorfahren von Napoleon Bonaparte. Der entscheidende Familienzweig geht jedoch auf Thomas Canaris zurück, der am 13. Dezember 1659 in Sala Comacina geboren wurde, nach Norden in den heute Heiligen Römischen Reich auswanderte und schließlich am 3. November 1735 in Trierer Gegend gehörte die Familie zum Bürgertum und zog im Zuge der Nordrhein-Westfalen. Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte die Familie dort zur Montanindustrie. Sein Großvater Johann war königlicher Bergrat und Bergwerksdirigent in Bigge, heute Olsberg-Bigge, im Sauerland.[2] Sein 1881 geborener Bruder Carl wurde Ingenieur und stieg in der Montanindustrie auf. Carl wurde Krauss-Maffei in [2] Der SS-Standartenführer Constantin Canaris war der Neffe von Wilhelm Canaris.[3]

Wilhelm Canaris war seit 1919 mit der geistigen Behinderung die Volksschule verlassen und lebte dann in den von Bodelschwinghsche Anstalten Bethel bei Internat geschickt. Mit seiner musischen Frau soll Canaris keine Gemeinsamkeiten gehabt haben. Selbst an Festtagen soll sich der arbeitssüchtige in Arbeit gestürzt haben.

Laufbahn

Marinezeit bis zum Ersten Weltkrieg (1905–1914)

SMS Stein
Canaris als Seekadett, 1905
SMS Bremen

Canaris trat am 1. April 1905 als Seekadett in die Mark für die ersten vier Jahre der Marinelaufbahn aufzubringen. Mit 50 anderen Seekadetten wurde er auf der SMS Stein, ausgebildet. Nach einer etwa einjährigen Ausbildung an Bord der Stein folgten 18 Monate Ausbildung des am 7. April 1906 zum Marineakademie. Ein Ausbilder bescheinigte ihm dort: „Theoretisch sehr gut begabt, von eisernem Fleiße.[4]

Im Oktober 1907, nach erfolgtem Kleinen Kreuzers SMS Bremen versetzt. Der „Er ist von kleiner Figur, sehr bescheiden und zurückhaltend, so daß man einige Zeit braucht, ihn kennen zu lernen. Sehr tüchtig und gewissenhaft. Er verspricht, ein guter Offizier zu werden, sobald er etwas mehr Zuversicht und Selbstvertrauen bekommen hat.[5]

1908 half Canaris dem Kommandanten der SMS Bremen, ein V-Mann-System in Argentinien und internationalen Blockadeflotte, welche die Küste Venezuelas blockierte. Canaris, der am 28. September 1908 zum Adjutant der Bremen und bewährte sich bei den Verhandlungen derart, dass er vom venezolanischen Präsidenten und General Bolivar-Orden V. Klasse ausgezeichnet wurde. Die SMS Bremen nahm im September 1909 mit drei anderen deutschen Kriegsschiffen an der rund 1000 Schiffe umfassenden Parade zur 300 Jahrfeier von New York auf dem Zweiter Wachoffizier auf dem Torpedoboot SMS V 162. Im Juni 1910 wurde Canaris als Kompanie- und Wachoffizier auf das Torpedoboot SMS S 145 versetzt. Wegen eines katarrhs wurde er für ein halbes Jahr in Erholungsurlaub geschickt. Die Beförderung zum Oberleutnant zur See erfolgte am 29. August 1910. Nach der Rückkehr an Bord der S 145 urteilte sein Kommandant:

„Für den Spezialdienst auf Torpedobooten hat er Geschick und sicheren Blick bewiesen, er eignet sich zur späteren Verwendung als Kommandant eines Bootes.[6]

Im Dezember 1911 erfolgte die Versetzung von Canaris auf den Kleinen Kreuzer SMS Dresden. Wegen des Mittelmeer befohlen. Canaris erhielt den Spezialauftrag, an Land die Bauarbeiten an der Mexikos geschickt, um deutsche Bürger während des US-amerikanische Bürger auf der Dresden einquartiert. Am Ende des Bürgerkrieges im Juli 1914, brachte die Dresden den gestürzten Präsidenten und General Victoriano Huerta nach Dolmetscher. Am 28. Juli 1914, vier Tage vor Ausbruch des Port-au-Prince auf Saint Thomas Proviant und befohlen, einen Kreuzerkrieg im Erster Weltkrieg (1914–1918)

SMS Dresden vor New York

Die Dresden steuerte nach Ausbruch des Krieges Argentinien an, um dort Schiffe in Richtung Jericoacoara (Brasilien) 570 Tonnen Kohle vom deutschen Royal Navy im Anmarsch seien, wich die Dresden in den Pazifik aus, um sich dort mit dem Geschwader von Vizeadmiral Geschwader über seine V-Leute in Seegefecht bei Coronel (Chile) konnte das deutsche Geschwader aus einem britischen Schiffsverband zwei von vier britischen Schiffen versenken. Es war die erste Seeschlacht des Ersten Weltkrieges und die erste Niederlage der Royal Navy nach der Schlacht bei Plattsburgh 1812 gegen die USA. Canaris wurde für seine Aufklärungsleistungen mit dem „Die Friedensaussichten sind wohl noch immer gering. Es wird wohl noch lange dauern, bis England erledigt ist.[7]

Das deutsche Geschwader steuerte die Port Stanley zu zerstören. Dort kam es am 8. Dezember zum Seegefecht bei den Falklandinseln mit weit überlegenen britischen Verbänden. Bis auf die Dresden wurden alle anderen fünf deutsche Schiffe versenkt. Nach der Schlacht bei den Falklandinseln floh die SMS Dresden in den Pazifik. Die Dresden versteckte sich vor fast der gesamten britischen Flotte im Südatlantik in einer unzugänglichen Bucht von Südchile, die nicht kartographiert war. Durch das von Canaris aufgebaute Netz von V-Leuten wurden ständig Berichte über britische Flottenbewegungen geliefert. Am 18. Januar 1915 konnte die Dresden Kohlen vom Frachter Sierra Cordoba übernehmen. Die Dresden versenkte am 27. Februar das britische Segelschiff Conway Castle. Am 8. März konnte sie noch einmal dem britischen Panzerkreuzer Kent entkommen. Da die Kohle bis auf 80 Tonnen verbraucht war und zudem die Munition verschossen war, fuhr die Dresden am 9. März in die Cumberland-Bucht der Robinson-Crusoe-Insel, damals Isla Más a Tierra, ein Teil des neutralen Chile, um das Schiff zu internieren. Am 14. März wurde die kampfunfähige Dresden von drei britischen Kriegsschiffen, unter Verletzung der Neutralität Chiles, beschossen. Canaris wurde mit einer

SMS Dresden mit weißer Fahne im März 1915

Nach der Selbstversenkung wurde Canaris mit den anderen Besatzungsmitgliedern auf der Insel Quiriquina bei der mittelchilenischen Stadt Internierungslager. Bei der Flucht Richtung Argentinien erhielt er Hilfe von Chilenen deutscher Abstammung. Mit einem Pferd überquerte er allein die Buenos Aires fuhr er, als chilenischer Staatsbürger Reed Rosas getarnt, mit dem niederländischen Frachter Frisia nach Amsterdam. Seine Tarnung war so perfekt, dass Abwehroffiziere der Royal Navy, bei der Kontrolle während der Zwischenstation Plymouth, keinen Verdacht schöpften. Am 4. Oktober 1915 erreichte er Hamburg und erstattete wenig später dem Admiralstab Bericht über die Fahrt der Dresden.

Canaris wurde am 30. November 1915 nach Spanien beordert, um dort eine Nachschuborganisation für die im westlichen Mittelmeer operierenden U-Boote zu schaffen sowie über V-Leute Informationen über feindliche Schiffe zu beschaffen. In Spanien führte er unter seinem Tarnnamen Reed Rosas ein Agentenleben. Canaris baute in den spanischen Küstenstädten ein Netz von V-Leuten für den Marine-Nachrichtendienst auf, wobei ihm die deutschfreundliche Stimmung in Spanien zugute kam. Canaris konnte eine Nachschuborganisation mit spanischen Schiffen aufbauen, die ab Frühjahr 1916 deutsche U-Boote mit Madrid, um über Italien in die Schweiz zu reisen. Kurz vor der Schweizer Grenze wurde er verhaftet, da Funksprüche durch den französischen Genua entflohen, wobei genaue Belege fehlen. Canaris kehrte nach Spanien zurück. Am 1. September wurde Canaris bei U 35 abgeholt. Canaris konnte mit zwei anderen Offizieren von einem Segelschiff von U 35 aufgenommen werden, obwohl das französische U-Boot Opale und ein Eisernen Kreuz I. Klasse für seinen Einsatz in Spanien ausgezeichnet und der U-Boot-Inspektion zugeteilt. Nach der Ausbildung als U-Boot-Kommandant wurde er am 16. November 1916 zum „Eignet sich besonders gut als Kommandant eines großen U-Bootes bzw. U-Kreuzers.[8]

Im U-Boot-Einsatzstab in Adria wurde er zunächst mit Adjutanten- und Admiralstabsarbeiten betraut. Er erhielt am 28. November 1917 das Kommando über das Transport-U-Boot UC 27. Wenig später erhielt er das stellvertretende Kommando über U 34. Am 19. Januar 1918 lief U 34 in Richtung westliches Mittelmeer aus. Die erste Versenkung eines feindlichen Schiffes erfolgte am 30. Januar. Er versenkte den 7293-„Die Unternehmung ist sachgemäß und mit gutem Erfolg durchgeführt worden. Die Leistung sind unter Berücksichtigung dessen, daß der Kommandant zum erstenmal ein großes Boot führt, besonders anzuerkennen.[9]

Im Mai 1918 fuhr er nach Kiel, um dort sein eigenes U-Boot zu übernehmen. Der erste Überführungsversuch von UB 128 wurde abgebrochen, da ein Besatzungsmitglied wegen seines [2] Näheres über den Torpedo-Angriff auf UB 128 ist nicht bekannt. Am 21. August wurde der französische Kohlefrachter Champlain, der auf dem Weg nach Senegal war, im Atlantik torpediert und danach mit dem U-Boot-Geschütz beschossen.[2] Der französische Kapitän wurde gefangen genommen und der Frachter von einem Sprengkommando versenkt. Mit UB 128 erreichte er am 4. September endlich Kotor. Als der Verbündete Österreich-Ungarn als Staat im Oktober zusammenbrach, musste die deutsche U-Boot-Pula und Kotor gesprengt. UB 128 fuhr mit 15 anderen U-Booten Richtung Kiel. Am Abend des 8. November versuchte Canaris die Absperrung der Straße von Gibraltar durch amerikanische und britische Kriegsschiffe zu durchbrechen.[2] Dabei wurde UB 128 von starken Scheinwerfern, welche auf der spanische Seite der Wasserbomben angegriffen. Die beiden Tiefenruder fielen aus und UB 128 sackte 60 m tief ab. Das U-Boot konnte abgefangen werden und nach dem Davonfahren des Angreifers wieder auf Sehrohrtiefe gehen. Erst am nächsten Morgen konnte das U-Boot die Sperre doch noch überwinden. Am 12. November erreichte Canaris auf See ein Waffenstillstand des Deutschen Reichs.

Weimarer Republik (1918–1933)

Kurz nach der Ankunft der U-Boote in Kiel hielt der Sozialdemokrat und Gustav Noske eine Rede, in der die Marinesoldaten über die Lage im Deutschen Reich informierte. Danach erfolgte die Außerdienststellung der U-Boote. Canaris wurde von der Marine zum Verbindungsoffizier zu Gouverneur Noske ernannt. Er hatte sich schon kurz nach der Ankunft einem Kreis von extrem rechten republikfeindlichen Marineoffizieren um Korvettenkapitän Wilfried von Loewenfeld angeschlossen. Canaris wurde bald zum engsten Mitarbeiter von Loewenfeld.[2]

Als es in Berlin zum Spartakusaufstand der Spartakisten kam, befand sich Canaris in Kabinett Volksbeauftragter für Heer und Marine war. Canaris erhielt von Noske den Auftrag, Kontakt zum Stab der Freikorps gehörte, zu halten. Bei der Division bekam er Kontakt mit Hauptmann Waldemar Pabst, welcher Erster Generalstabsoffizier der Division war. Bei den nun folgenden Kämpfen ab dem 11. Januar 1919 gegen die Spartakisten in Berlin befand sich Canaris an vorderster Front. Bei diesen Kämpfen gewannen die regulären Truppen gegenüber den Spartakisten sofort die Oberhand und brachten die Stadt unter Kontrolle. Am 15. Januar wurden Rosa Luxemburg und [2]

Als die Nationalversammlung in Weimar am 6. Februar die Beratungen aufnahm, befand sich Canaris dort, um für die Armee Einfluss zu nehmen. Dabei trat seine chamäleonhafte Begabung zu Tage, mit der er sich jedem Gesprächspartner scheinbar anpassen konnte. Als am 15. Februar das Reichsmarineamt, kurz darauf in Admiralität und 1920 in Beisitzer des Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht angeklagten Freikorpsmitglieder verantworten sollten. Canaris probte vorher mit den Angeklagten im Prozess, um die Spuren zu höheren Verantwortlichen wie Pabst zu verschleiern. Ein Großteil der Beschuldigten wurde von diesem Gericht freigesprochen. Nur zwei Angeklagte wurden zu Kurt Vogel aus dem Gefängnis und ermöglichte ihm die Flucht. Trotzdem wurde Canaris nur für vier Tage im Moabiter Gefängnis inhaftiert. Seine Haft wurde umgewandelt in eine Berliner Schloss, dem Stabsquartier der 3. Marinebrigade. Wenig später wurde Canaris freigesprochen von Kriegsgerichtsräten der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, – also von der Division, die hinter den Morden steckte. Angeblich sei Canaris zur Tatzeit gar nicht in Berlin gewesen.

Reichswehrminister Noske versetzte Canaris nun in seinen persönlichen Erich von Gilsa war Canaris der zweitwichtigste Mitarbeiter von Noske. Canaris bearbeitete dort ausgerechnet Fragen welche die Marinebrigaden betrafen. Als 1920 die Freikorps aufgelöst werden sollten, planten rechte Kreise um den Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp einen Putsch. Am Vorabend des Vizeadmiral Adolf von Trotha mit Canaris ins Lager der Marinebrigade in Hermann Ehrhardt geschickt, um diesen vom Putsch abzuhalten. Obwohl beide die Marinebrigade abmarschbereit antrafen, meldete Canaris Noske „keinerlei Anzeichen für Putschabsichten“. Schon kurz nach Mitternacht begann der Putsch. Canaris schlug sich wie die meisten Marineoffiziere sofort auf die Seite der Putschisten, während sein Vorgesetzter Noske zusammen mit Chefadjudanten Gilsa floh. Canaris rechtfertige dies später damit, dass er vor der Wahl gestanden hätte Noske oder der Truppe zu folgen. Durch einen Kommission im Reichswehrministerium den Putsch untersuchte, blieb Canaris ungeschoren, da eine Teilnahme an den Vorbereitungen des Putsches nicht nachweisbar war. Der neue Reichswehrminister Otto Geßler ließ die meisten Offiziere aus der früheren Umgebung von Noske versetzen.

Canaris (zweite Reihe, zweiter von rechts) mit anderen Mitarbeitern der Marinestation der Ostsee

Am 24. Juni 1920 wurde Canaris erst Zweiter und wenig später Erster Admiralstabsoffizier beim Kommando der [2] Canaris beschaffte Material und Waffen aus versteckten Lagern für die Ausstattung der neuen Marine. Um Geld zu beschaffen, fädelte er den Verkauf überzähliger Waffen und Geräte über Terrororganisation Organisation Consul (O.C.), die vom untergetauchten Ehrhardt geführt wurde. Die Mitglieder der OC wurden mit Geldern aus den illegalen Waffengeschäften bezahlt. Auch mit Waffen und Ausrüstung wurde die Terrororganisation versorgt. Canaris arbeitete also eng mit einer staatsfeindlichen Organisation zusammen, die von einem wegen Reichsaußenminister Walther Rathenau und dem ehemaligen Reichsfinanzminister und deutschem Erstunterzeichner des Waffenstillstand von Compiègne [2]:

„Mit zielbewußter unermüdlicher Arbeitskraft, umsichtigem und klarem Urteil, energischem und doch bescheidenem Auftreten, sicherer und vorausschauender Organisationsgabe hat er unter den schwierigen Verhältnissen an den Erfolgen im Wiederaufbau der Manneszucht und der Lösung aller militärischen Aufgaben und Bestrebungen des Stationskommandos hervorragenden Anteil.“

Im Juni 1923 wurde Canaris Erster Offizier auf dem Kleinen Kreuzer Berlin unter dem Kommando von Wilfried von Loewenfeld. An Bord der Berlin lernte er den Seekadetten Reinhard Heydrich kennen, welcher von Juli 1923 bis März 1924 an Bord der Berlin war. Canaris hatte ein Faible für Einzelgänger, und er fand Gefallen an dem bei anderen Marinesoldaten unbeliebten Heydrich, da dieser ein arrogantes und selbstgefälliges Auftreten hatte. Bald verbrachte Heydrich viel Zeit im Hause von Canaris und musizierte mit Erika Canaris während Canaris kochte.

Der am 1. Januar 1924 zum [2] Canaris zog sein Gesuch zurück. Im Mai 1924 wurde er in geheimer Mission nach Ōsaka in Dezernat für Mobilmachungsvorarbeiten. Die Schreibtischarbeit scheint Canaris nicht behagt zu haben, seine Stärke war der persönliche Kontakt zu Menschen. Sein Vorgesetzter Kapitän zur See Arno Spindler notierte:

„Ich hatte den Eindruck, daß ihm diese Art reiner Schreibtischarbeit, die zu einem großen Teil im Sichten und Zusammenfügen besteht, nicht liegt.[10]

Als im Januar 1925 in Spanien Verhandlungen über den Bau von U-Booten nach deutschen Plänen anstanden, reiste Canaris mit dorthin. Canaris sollte in Spanien auch ein neues Netz von V-Männern aufbauen. Dabei reaktivierte er teilweise seine V-Leute aus dem I. Weltkrieg. In den nächsten Jahren reiste Canaris wiederholt wegen der geheimen Rüstungszusammenarbeit und zum Aufbau eines Agentennetzes nach Spanien. Dabei kam es zu Kontakten bis in höchste Staatskreise, unter anderem traf er auch mit Alfonso XIII. zusammen. Er vermittelte auch Kredite für eine spanische Werft welche in die U-Boot-Baupläne involviert war. Canaris fungierte als eine Art inoffizieller Marineattache. Dabei kam ihm neben seinen hervorragenden Spanischkenntnissen seine Vorliebe zur spanischen bzw. iberospanischen Kultur zu gute.

Canaris als Korvettenkapitän, 1924-1931

Am 23. Januar 1926 war Canaris vor den Reichstagsausschuss „Ursachen des deutschen Zusammenbruchs im Jahr 1918“ in Berlin geladen. Dieser Untersuchungsausschuss untersuchte u. a. die revolutionären Vorgänge in der Marine in den Jahren 1917 und 1918, ferner die „Die Flotte war innerlich gesund. Der Keim des Aufruhrs wurde von außen hineingetragen.“

Canaris äußerte zahlreiche weitere Lügen der deutschen rechtsradikalen Marinekreise. Während seiner Aussage wurde Canaris wiederholt durch Gelächter und Zwischenrufe unterbrochen. Nach der Aussage rückte Canaris wie während des Prozesses um die Morde an Luxemburg und Liebknecht in den Blickpunkt der linken und militärkritischen Presse. Reichswehrminister Geßler bzw. das Ministerium dementierte bis zu seinem Sturz mehrfach die Beteiligung von Canaris an der Befreiung des Luxemburg-Mörders Vogel und an der geheimen Unterstützung der Organisation Consul mit Geld und Waffen. Zeitweise war Canaris Feindbild Nr. 1 für die linke Presse. Insbesondere „Wir haben gezeigt, daß es immer ein Mann war, der die Verbindung aufrechterhielt und der vor allen Dingen die Auszahlung von Staatsgeldern an rechtsradikale Organisationen veranlaßte: der Korvettenkapitän Canaris.[11]

Als 1927 Reichswehrminister Geßler wegen des Skandals um die geheimen Rüstungsgeschäfte zurücktreten musste, kam die Beteiligung von Canaris an diesen Geschäften zur Sprache. Canaris blieb bis Ende 1927 im Fokus der Presse.

Die Laufbahn und Arbeit von Canaris scheint aber von derartigen Presseberichten nicht gestört worden zu sein. Am 1. Oktober 1926 wurde er Referent beim Stab des Chefs der Marineleitung. Die meiste Zeit verbrachte Canaris in Spanien, um die geheime Rüstungszusammenarbeit zu verstärken. Trotz der jahrelangen intensiven Bemühungen von Canaris und anderen Deutschen, kam es wegen politischer und industriepolitischer Verwicklungen nur zum Bau eines U-Boots in Spanien. Die spanische Marine stellte der deutschen Marine immerhin eigene U-Boote für Versuche und Manöver zur Verfügung. Anfang 1928 handelte er mit General Bazan, dem Chef der spanischen Sicherheitspolizei (Jefe de la Seguridad), ein Geheimabkommen über die Zusammenarbeit der Polizei im Reich und Spanien aus. Dieses Geheimabkommen wurde am 17. Februar 1928 unterschrieben. Im Mai war Canaris in Argentinien wegen Gesprächen über Rüstungszusammenarbeit von Argentinien mit Spanien und dem Reich im Hintergrund tätig. Erst als im April 1931 in Spanien die Republik ausgerufen wurde, fand die Zusammenarbeit mit Spanien vorerst ihr Ende.

Linienschiff Schlesien

Um Canaris aus der politischen Schusslinie zu bekommen, wurde er am 22. Juni Erster Offizier auf dem Schlesien. Anfangs durfte Canaris noch weiter geheime Kontakte nach Spanien pflegen. Als dann schwere Fehler bei der Geheimhaltung der geheimen Zusammenarbeit mit Spanien durch die gerade geschaffene Abwehr aufgedeckt wurden, verbot der neue Marinechef Admiral Hans Zenker hatte wegen der Marinestation der Nordsee ernannt. 1931 kam im Gerichtsverfahren wegen Landesverrat gegen den Journalisten Berthold Jacob, aufgrund dessen Artikel über Reichswehr und rechtsradikale Organisationen, erneut die Beteiligung von Canaris an der Flucht des Luxemburg Mörders Vogel zur Sprache. Wieder konnten die Tatsachen vertuscht werden und das Reichswehrministerium gab zum wiederholten male eine Ehrenerklärung für Canaris ab. In Kiel erfolgte am 1. Oktober 1931 die Beförderung zum Adolf Hitler und seinen Ideen angezogen worden zu sein. Er galt als begeisterter Nationalsozialist. Diese Einschätzung beruht hauptsächlich auf Nachkriegsäußerungen von Conrad Patzig, dem Vorgänger von Canaris als Abwehrchef, und Werner Best, später zeitweise Chef der Hauptabteilung I (Recht, Personal, Verwaltung) im Reichssicherheitshauptamt. Überliefert ist ferner ein Bericht vom Befehlshaber der deutschen Linienschiffe Max Bastian vom 1. November 1934:

„Hervorheben muß ich das unermüdliche Bestreben des Kapitän z.S. Canaris, im zweiten Jahr durch persönliche Vorträge seine Besatzung mit dem Gedankengut der nationalen Bewegung und den Grundsätzen des staatlichen Aufbaus des neuen Reiches vertraut zu machen.[12]

Im Banne Hitlers (1933–1937)

Am 29. September 1934 erfolgte die Versetzung nach Swinemünde als Festungs-Kommandant. Mit diesem Posten war Canaris laut den meisten Biografien und Arbeiten, die sich mit Canaris beschäftigen, in einer Karrieresackgasse gelandet, unter anderem weil der Marinechef [2] Mueller zitiert einen persönlichen und im vertraulichen Ton gehaltenden Brief von Raeder an Canaris vom 11. Oktober 1934. Raeder schreibt u. a.:

„Ich habe immer den Plan gehabt, Sie wenn irgend möglich in die Stellung als Chef der Abwehrabteilung zu bringen. Leider waren die Verhältnisse bei dieser vor dem 1.10 noch nicht klar zu übersehen. Nun haben sie sich aber so entwickelt, dass ein Wechsel in der Leitung noch im Laufe dieses Winterhalbjahres, voraussichtlich um den 1. Januar herum, vom Minister verfügt ist. Der Minister hat meinen Vorschlag, dass Sie die Stellung übernehmen gebilligt.“

Am 2. Januar 1935 wurde Canaris zum Nachfolger von Kapitän zur See Conrad Patzig als Chef der deutschen Abwehr bestimmt. Die auf Nachkriegsäußerungen von Patzig zurückgehende Behauptung, dies sei auf Patzigs eigenen Vorschlag hin geschehen, scheint damit widerlegt; zumindest aber überschätzte Patzig seinen Einfluss auf die Ernennung. Schon in seinen Beurteilungen 1933 und 1934 hatte sein Vorgesetzter Bastian in der Rubrik „Für welche besonderen Stellen geeignet“ erstens Marineattaché und zweitens Reichswehrministerium (zunächst als Abteilungsleiter - Abwehrabteilung) geschrieben. Bei der Amtsübernahme warnte Patzig Canaris eindringlich vor der SS. Dieser soll geantwortet haben:

„Seien Sie ganz beruhigt, mit diesen Jungens werde ich schon fertig.[13]

Anfangs hatte es Canaris schwer, sich in der Abwehr und der gesamten Wehrmacht Geltung zu verschaffen. Dabei dürfte seine Größe von etwa 1,60 m, sein unmilitärisches Auftreten, seine zurückhaltende Art, sein leichtes Lispeln und sein müder Blick eine Rolle gespielt haben. Von Anfang an gab es Probleme mit der SS, genauer mit dem SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, dem Leiter des Geheimen Staatspolizeiamtes und des Sicherheitsdienstes (SD). Die SS wollte von Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft eine einheitliche Organisation, welche Geheimdienst unter der Führung der SS vereinigte. Canaris und Heydrich wohnten in [14] Beide hatten sich 12 Jahre nicht gesehen. Ihre Familien pflegten in den nächsten Jahren engen gesellschaftlichen Umgang. Später in Streichquartett Heydrich Erste und Erika Canaris Zweite Einzelgänger, denen menschliche Beziehungslosigkeit, ja unüberwindbare Distanz zur Umwelt nachgesagt wurde. Ab 1936 kam es morgens häufig zu gemeinsamen Ausritten im Berliner Walter Schellenberg ersetzt wurde, teilnahm. Trotz des engen Umgangs miteinander scheinen sich beide regelrecht belauert zu haben. Beide Geheimdienstchefs hatten Informanten im anderen Dienst. Typisch für Heydrich scheint der folgende Ausspruch über Canaris gegenüber SS-Kameraden gewesen zu sein:

„Der spioniert, der schnüffelt überall herum![15]

Schellenberg berichtete nach dem Krieg, dass beide sich gegenseitig mit Belastungsmaterial völlig in der Hand gehabt hätten. So konnte keiner etwas gegen den anderen unternehmen, da er sich sonst selbst in Gefahr brächte.[16] So soll Canaris Akten über eine nichtarische Großmutter des Rivalen gehabt haben, während Heydrich Material über Widerständler in der Abwehr sammelte. Der familiäre Kontakt beider Familien riss nie ab. So verbrachten die Familien von Canaris und Heydrich noch die Jahreswende 1941/42 zusammen auf Heydrichs Jagdgut Stolpshof.

Der Kontakt von Canaris zu anderen SS-Mitarbeitern, insbesondere zu Best, war Anfangs sehr eng. Mit Best traf sich Canaris bis Ende 1939 zeitweise täglich. SD und Abwehr luden sich gegenseitig zu ihren Tagungen ein.

In einer Vereinbarung vom 17. Januar 1936 zwischen Reichswehr und SS wurde die Militärische Spionage und SS-Verfügungstruppe, deren Abwehrabteilung wurde der Abwehr unterstellt.

Am 1. Mai 1935 erfolgte die Beförderung zum Korpsgeist in der Abwehr. Es wurden zahlreiche V-Männer in Hotels usw. geworben. In Rüstungsbetrieben wurden Abwehrbeauftrage ernannt. Canaris setzte sich persönlich für das Säubern von Rüstungsbetrieben von politisch unzuverlässigen, also politisch links stehenden Personen ein. Geheimnisträger in den Betrieben sollten schärfer kontrolliert werden und deren Aktentaschen bei Verlassen der Arbeitsstelle untersucht werden, ferner sollten private Telefongespräche verboten sein. Bis Ende der 30er Jahre forderte die Abwehr bzw. Canaris immer schärfere Überwachungsmaßnahmen in Grenznähe und in Rüstungsbetrieben. Diese gingen Anfangs über Forderungen und Maßnahmen der SS bzw. Gestapo hinaus. Canaris begann eine immer enger werdende Zusammenarbeit mit Geheimdiensten in Außenministerium, das Reichskriegsministerium und die Rüstungsindustrie hatten traditionell immer auf eine Zusammenarbeit mit NKWD-Chefs für den Osten, General Samoilowitsch Ljuschkow, teilnehmen durften.

Der Kontakt mit Hitler war Anfangs sehr intensiv, wie beispielsweise 17 Besprechungen von Dezember 1935 bis März 1936 zeigen. Canaris stand zu dieser Zeit voll hinter Hitler und der Regierung, wie die zwei folgenden Aussprüche über Hitler zeigen:

„Er ist ansprechbar und sieht etwas ein, wenn man es ihm nur richtig vorträgt.“

„Wer ein wirklich guter Soldat ist, der wird auch ein guter Nationalsozialist sein.[17]

Nach der Ernennung zum „Abwehrchef“ 1935 nutzte Canaris seine exzellenten Spanischkenntnisse und baute in Spanien ein Spionagenetzwerk auf. Canaris gilt als Hintermann der deutschen militärischen Unterstützung Spanischen Bürgerkrieg. Als am 17. Juli 1936 der Bürgerkrieg begann, lag der Hauptteil der putschenden Truppen in Spanisch-Marokko. Da die spanische Marine republiktreu war, bat Franco das Reich um zehn Transportflugzeuge, um Truppen nach Spanien zu fliegen. Canaris erreichte nach intensiven Gesprächen vom 25. bis 26. Juli mit Hitler, Werner von Blomberg, dass am 28. Juli die Entscheidung fiel, zwanzig Lufthansa nach Tétouan in Spanisch-Marokko zu entsenden. Später war Canaris mit dafür verantwortlich, dass deutsche Kampfverbände in Form der Salamanca, um über die weitere Zusammenarbeit zu sprechen. Am 6. Dezember 1935 war Canaris in Rom bei der Konferenz der Stabschefs der italienischen Streitkräfte dabei, wobei die Endsendung einer Division nach Spanien beschlossen wurde.

Canaris (links) bei der Beisetzung von Kaiser Wilhelm II. in Doorn, Niederlande, 9. Juni 1941

Canaris war wiederholt in Spanien, um Konflikte zwischen Spaniern, Deutschen und Italienern zu schlichten. Canaris persönlich sorgte für Ablösung des deutschen Botschafters Wilhelm Faupel und des Kommandeurs der Hugo Sperrle, da beide mit ihrer Art die Spanier vor den Kopf stießen. Die Bombardierung von Guernica soll Canaris erschüttert haben.

Die Abwehr übernahm die Gegenspionage der Legion Condor. Als Teil der Abwehr wurde die Gestapo aufgestellt. In Spanien wurde eine Einheit der GFP mit 30 Mann und der Bezeichnung „S/88/Ic“ eingesetzt. Diese Einheit arbeitete eng mit dem Geheimdienst der Franco-Truppen (Servicio Informacion Policia Militar) zusammen. Einer der Schwerpunkte der Arbeit in Spanien war die Verfolgung von Deutschen, die in der Volksgerichtshof gestellt zu werden oder sofort im Heinrich Himmler zu einem Besuch von Offizieren der Abwehr und ausgesuchten Offizieren des OKW im [2] Dabei wurden die Besucher von Theodor Eicke, dem Inspekteur der Konzentrationslager, begrüßt. Die Besucher sahen u. a. gerade „zur Begrüßung“ ausgepeitschte Häftlinge. Der Lagerkommandant und weitere SS-Offiziere gaben freimütig Auskunft über weitere Folterungen. Laut des Besuchsteilnehmers „Es ist mein Schicksal geworden. Wenn ich gehe, kommt Heydrich und dann ist alles verloren. Ich muß mich opfern.“

[18]

Helfer und Gegner Hitlers zugleich (1938–1944)

Canaris (3.v.l.) bei der Verabschiedung des südafrikanischen Verteidigungsministers Pirow, 1938
Canaris (links) beim Empfang zu Hitlers 50. Geburtstag, 1939

Zu Jahresbeginn 1938 kam es zur Reichskriegsministers und Oberbefehlshabers der Wehrmacht, Werner von Blomberg, und des Oberbefehlshabers des Werner von Fritsch, führte. Blomberg hatte im Januar 1938 eine Frau geheiratet, die seit 1932 in Polizeiakten als Prostituierte geführt wurde. Fritsch wurde fälschlicherweise als Ludwig Beck hingegen erteilte ein striktes Verbot, überhaupt über die Affäre zu reden. Bei der Aufklärung kam unter anderem heraus, dass die Gestapo frühzeitig die Verwechselung von Fritsch mit einem namensgleichem Mann bemerkt hatte und diese Information nicht weitergab. Die Blomberg-Fritsch-Krise scheint der endgültige Wendepunkt von Canaris im Verhältnis zur Regierung, insbesondere zur SS und Gestapo, gewesen zu sein und führte zur Hinwendung zu Widerstandskreisen gegen Hitler im Militär. Canaris ließ nun von der Abwehr Anti-Gestapo-Material sammeln und gab dieses Material an führende Offiziere der Wehrmacht weiter.

Am 4. Februar 1938 wurden 16 Generäle zwangspensoniert und 44 weitere versetzt. Das Kriegsministerium wurde in Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter Generalleutnant Wilhelm Keitel umbenannt. Canaris wurde am 7. Februar Chef der Amtsgruppe Allgemeine Wehrmachtsangelegenheiten (AWA) im OKW, unter Beibehaltung der Funktion als Chef der Abwehr. Canaris war nun auch kurzzeitig für Beziehungen des OKW zu Partei, Polizei, Presse und Öffentlichkeit zuständig.

Keitel erteilte am 13. Februar 1938 Canaris den Befehl, falsche aber glaubwürdige Nachrichten über Kriegsvorbereitungen gegen Österreich zu verbreiten, um auf Befehl von Hitler Druck auf die Regierung Österreichs aufzubauen. Diese Täuschungsaktionen wurden sofort vom Geheimdienst Österreichs durchschaut. Erstmals kam es zu einem doppelbödigen Lavieren von Canaris, als er sowohl für die nationalsozialistische Regierung arbeiten ließ und gleichzeitig, mit dem Leiter der Zentralabteilung der Abwehr Friedrich Hoßbach, Hitlers Wehrmachts-Adjutant, formulierten Forderungen, die Generaloberst Walther von Brauchitsch, der neue Oberbefehlshabers des Heeres, Hitler vorlegen sollte. Unter anderem fordert das Papier wesentliche Änderungen in der Führerstellenbesetzung der Gestapo. Dieses Papier wurde Hitler jedoch niemals von Brauchitsch vorgelegt. Am 1. April 1938 erfolgt die Beförderung von Canaris zum Vizeadmiral.

Nach dem Anschluss Österreichs flog Canaris am 11. März nach Wien. Er beschlagnahmte beim dortigen Geheimdienst persönlich Akten über Hitler, Göring, Himmler und Heydrich. Er kam dabei Schellenberg zuvor. Canaris machte den dortigen führenden Mitarbeitern Erwin von Lahousen sofort das Angebot, zur Abwehr zu wechseln, und kam auch dabei Schellenberg zuvor. Er sagte zu Lahousen:

„Bringen Sie, besonders in die Zentrale nach Berlin, keine Nazis mit, bringen Sie Österreicher, keine Ostmärker.“

Lahousen wurde tatsächlich Mitarbeiter der Abwehr und bald auch ein enger Mitarbeiter von Canaris. Ronge hingegen wurde von der SS verhaftet, kam später aber auf Betreiben von Canaris frei.

Die Abwehr wurde am 1. Juni in vier Abteilungen umorganisiert. Sie war nun auch für die Führung von Waffenattachés an Botschaften im Ausland und die Betreuung der ausländischen Militärattachés in Berlin zuständig. Canaris verlor gleichzeitig die Führung der Amtsgruppe Allgemeine Wehrmachtsangelegenheiten.

Canaris und die Abwehr waren ab dem 30. Mai 1938 auf Befehl von Hitler mit Kriegsvorbereitungen gegen die Tschechoslowakei beschäftigt. Die Abwehr arbeitete aber schon seit 1934 mit dem Führer der Sudetendeutschen Helmuth Groscurth Munitionslager und V-Leute auf tschechoslowakischem Staatsgebiet vorzubereiten bzw. anzuwerben. Die Abwehr ließ getarnte Kampf- und Sabotageverbände über die Grenze sickern, um bei Kriegsbeginn für Sabotage- und Terroraktionen bereit zu stehen. Die Abwehr führte auch die Aufstellung des Sudentendeutschen Freikorps (SFK) durch. Canaris war zu dieser Zeit, wie in den nächsten Jahren auch, einerseits Wegbereiter und andererseits Möchtegern-Verhinderer von Hitlers Eroberungskriegen zur gleichen Zeit. Oster und Canaris versuchten den Generalstabschef Generaloberst Beck zu Aktionen gegen einen Krieg zu drängen. Beck schrieb aber lieber Denkschriften gegen einen Krieg statt zu handeln und trat schließlich zurück. Mit Becks Nachfolger, Generaloberst Putsch vor, bei dem von Brauchitsch mitmachen sollte. Bei diesen Planungen schlug Friedrich Wilhelm Heinz und Berghof, wobei auch Canaris anwesend war. Trotz Verbot schrieb Canaris Stichworte auf. Nach der Rede schwiegen sämtliche Offiziere, auch untereinander kam es zu keinem Gespräch über die Rede. Canaris informierte am nächsten Tag die Abteilungs- und Gruppenleiter der Abwehr über die Rede und den voraussichtlichen Angriffstermin. Später las er engsten Vertrauten aus seiner Mitschrift vor. Oster verfälschte diese Stichworte von Canaris und spielte sie einem amerikanischen Journalisten zu. Am 25. August gab dieser das Manuskript an die britische Botschaft weiter. Die Widerstandskreise in der Wehrmacht erwogen mehrfach einen Putsch gegen Hitler, ließen den Plan jedoch fallen, da es keinen Rückhalt bei den Kommandeuren der Wehrmacht gab.

Bei Kriegsbeginn hielt Canaris eine kurze, markige Ansprache an seine Offiziere. Es kam zur Einnahme wichtiger Industriebetriebe durch die Abwehr in Oberschlesien, welche bis zu dem Eintreffen der Wehrmacht gehalten wurden. Die Abwehr begann die Zusammenarbeit mit Feinden der Kriegsgegner. Sie nahm Kontakte zur Afghanistan plante die Abwehr, den deutschfreundlichen Ex-König wieder an die Macht zu bringen.

Canaris half einzelnen Polen z.B. Halina Szymańska, der Frau des Militärattaches Polens in Berlin, zur Flucht in die Schweiz. Canaris ließ die Abwehr Daten über Verbrechen der SS und Gestapo in Polen sammeln. Canaris befahl seinen Abteilungsleitern auch die Anlage von Diensttagebüchern, in die beispielsweise die der Abwehr erteilten, aber nicht durchgeführten Mordaktionen eingetragen wurden. Aufgrund seines Diensttagebuches sagte etwa Lahousen als Kronzeuge beim Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher aus und unterstützte die Anklage durch sein Beweismaterial und seine persönlichen Wahrnehmungen. Canaris nutzte dieses Material auch um einige regimekritische kommandierende Generäle der Wehrmacht gegen die Johannes Blaskowitz über Verbrechen in Polen an die Kommandeure der drei Heeresgruppen im Westen kamen.

Canaris selbst protestiert nur einmal persönlich, am 14. September bei Keitel, wegen der Morde in Polen. Sein Mitarbeiter Lahousen schreibt in einem Aktenvermerk, welchen er auf Anordnung von Canaris verfasst:

„Ich (Canaris) machte Gen.Oberst Keitel darauf aufmerksam, dass ich davon Kenntnis erhalten habe, dass umfangreiche Füsilierungen in Polen geplant seinen und dass insbesondere der Adel und die Geistlichkeit ausgerottet werden sollen. Für diese Methoden werde die Welt schließlich doch auch die Wehrmacht verantwortlich machen, unter deren Augen diese Dinge geschähen.[19]

Keitel sagte u. a., da die Wehrmacht hiermit nichts zu tun haben wolle, fiele die „volkstümliche Ausrottung“ in die Verantwortung der jeweiligen Zivil-Befehlshaber. Auch der Protest von Canaris gegen die Bombardierung von Warschau blieb ohne jede Wirkung. Er unternahm aber nichts in Bezug auf die ihm unterstehende [20] Von 764 Erschießungen die vom 1. September bis zum 26. Oktober im besetzten Polen durchgeführt wurden, wurden 311 von der Wehrmacht durchgeführt.[2] Welchen Anteil daran die GFP hatte scheint unklar. Canaris äußert nach dem Polenfeldzug gegenüber seinem Bekannten aus Freikorpszeiten, Ehrhardt: „Der Krieg ist verloren, ganz gleich, wie viel Siege wir noch machen; aber er ist verloren.“

Am 1. Januar 1940 erfolgte die Beförderung von Canaris zum Admiral.

Die Abwehr konnte 1940 kaum geheime Daten zu Frankreich während der Vorbereitungen zum Westfeldzug liefern, was beim Generalstab des Heeres erstmals für Verstimmungen über die Abwehr und Canaris sorgte. Es wurden in der Abwehrzentrale in Berlin genauere Putschpläne durch Wilhelm von Leeb, Kommandant der Heeresgruppe C, war bereit mit zumachen. Die Abwehr nimmt Kontakt zu Papst Pius XII. über die Abwehroffiziere Wilhelm Schmidhuber auf. Der Papst soll indirekten Kontakt zu den Westmächten herstellen. Diese Kontaktaufnahme zum Papst, natürlich ohne die eigentlichen Hintergründe, teilte Canaris auch Heydrich mit. Er bat Heydrich um Spielmaterial über die innenpolitische Lage. Heydrich wich mit dem Argument aus, dass er erst Himmler fragen müsste, dies aber nicht wolle. Canaris neutralisierte so geschickt Heydrich und den SD. Nach der Kontaktaufnahme erklärte der Papst sich bereit, Nachrichten des Widerstands an britische Regierung weiterzuleiten. Der Georg Thomas zu Halder weitergereicht. Da Halder als Generalstabschef keine Befehlsgewalt hatte brauchte dieser Brauchitsch für konkrete Maßnahmen. Über Halder kam der X-Bericht zu Brauchitsch. Schon Halder misstraute dem Bericht wegen dessen unklarer Herkunft und inhaltlicher Widersprüche. Brauchitsch bezeichnete den Bericht gar als Landesverrat und verlangte die Verhaftung der Urheber. Halder konnte dies aber verhindern. Brauchitsch und weitere Generäle weigerten sich auch später bei Aktionen gegen Hitler mitzumachen.

Als Hitler am 5. November 1940 gegenüber Brauchitsch und Halder davon sprach den „Geist von Zossen“ (Sitz des OKH) auszulöschen, geriet Halder in Panik. Halder gab

Canaris mit Sowjetunion zu verschleiern. Die Brandenburger waren beim Überfall auf die Sowjetunion, insbesondere im 1. Armee an die Ostfront. Dort wurde er auch über ein Bukarest waren an der Planung des Massakers beteiligt. Canaris schickte ein Schreiben, verfasst von Völkerrechts angemahnt wurde. Canaris ließ Ende Juli einen Bericht anfertigen, in dem alles Material zusammen gestellt war, was die Abwehr über Stärke und Kampfkraft der Roten Armee vor dem Angriff lieferte, denn Canaris wollte nicht dafür verantwortlich gemacht werden dass der Angriff nicht so lief wie erwartet. Die Abwehrzentrale wurde über die Abwehrkommandos bzw. Abwehrtrupps bei den Heeresgruppen und Armeen genau über Verbrechen an Kriegsgefangenen und Borissow. Ende Oktober reiste Canaris mit Mitarbeitern zu den Heeresgruppen an die Ostfront. Beim Besuch der spanischen Division erlebte Canaris einen heftigen Angriff der Roten Armee. Sein Begleiter Lahousen schrieb auf, dass die Spanier „keine Gefangenen machten“. Wegen Partisanengefahr fuhr man mit entsicherten Pistolen weiter. Bei der Rastenburg las Canaris Hitler Augenzeugenberichte über Massenerschießungen in Riga vor. Hitler antwortete:[2]

„Sie wollen wohl weich werden. Ich muss das tun. Nach mir tut es kein anderer.“

Am 7. März 1943 transportierte das Flugzeug, welches Canaris, Lahousen und Dohnanyi ins Hauptquartier der Smolensk brachte, auch Sprengstoff für das Abwehr II – Kommando. Dieser Sprengstoff war für einen Anschlag gegen Hitler bei einem Truppenbesuch bestimmt. Ob Canaris über den Grund dieser Sprengstofflieferung informiert war ist unklar. Eine Bombe mit diesem Sprengstoff zündete am 13. März, aus unbekannten Grund, beim Rückflug in Hitlers Flugzeug nicht.

Sturz und Hinrichtung
Verbannungsort Anzio in Italien (Operation Shingle) nicht erkannt. Am 5. Februar wurde Hitler das Überlaufen des Abwehr-Mitarbeiters Vermehren in Apfelsinen in Sprengstoff versorgte Francogegner gekommen war, tobte Hitler. Nun schlug SS-Brigadeführer Verbindungsoffizier der Waffen-SS im Wilhelm Keitel und Jodl für die Wehrmacht zustimmten. Hitler unterzeichnete am 13. Februar einen entsprechenden Befehl. Jodl und Keitel überbrachten Canaris in der Abwehrzentrale Zossen die Nachricht, dass Abwehr und SD zusammengefasst würden. Canaris sollte sich auf die Frankenwald begeben. Dort befand sich eine Dienststelle der Abwehr mit Forschungsstelle für Deutschen Kreuzes in Silber an Canaris.

Canaris fuhr mit Fahrer und seinen beiden Dackeln zur Burg. Am 10. März wurde die Entlassung von Canaris aus dem Wehrdienst zum 30. Juni verfügt. Die Abwehr wurde am 1. Juni aufgelöst. Schellenberg reiste kurz darauf zu Canaris, um ihn darüber zu informieren. Im Juni wurde Canaris wieder zum Wehrdienst als Admiral z. V. (zur Verfügung) einberufen, und er wurde zum 1. Juli Chef des OKW-Sonderstabs für Eiche bei Potsdam. Canaris hatte einen Adjutanten, ein paar nicht frontfähige Offiziere und einige kriegsverpflichtete Zivilisten zur Verfügung. Diese sollten den Handelskrieg und den Kampf gegen die alliierte Wirtschaftsblockade steuern. Im Jahr 1944 war diese Dienststelle wegen der Kriegslage praktisch ohne Aufgabe. Er lebte mit einem algerischen Diener und einer polnischen Köchin in seinem Haus. Seine Frau lebte wegen der anhaltenden Ammersee. Canaris nahm russischen Sprachunterricht, und sein Nachbar Helmut Maurer, ein Pianist, spielte für ihn zu Hause Claus Schenk von Stauffenberg erfahren.[2] Wie Canaris auf diese Mitteilung reagierte ist nicht überliefert. Sicher ist, dass Canaris in früheren Jahren immer eine Ermordung Hitlers abgelehnt hatte. Wie Canaris am 20. Juli vom Attentat erfuhr, ist unklar, da es dazu zwei Versionen gibt. Nach der ersten Version wurde Canaris am 20. Juli um 17 Uhr von Generalstabsrichter Attentat vom 20. Juli 1944, über den Anschlag unterrichtet. Nach der zweiten Version soll Stauffenberg persönlich Canaris am Nachmittag des 20. Juli angerufen haben, als Sack mit zwei weiteren Freunden anwesend war.[2] Die zweite Version erstaunt, da Stauffenberg und Canaris ein schlechtes persönliches Verhältnis zueinander hatten. Im sogenannten Kaltenbrunner-Bericht der SS über die Untersuchung des Attentats ist jedenfalls kein Hinweis enthalten, obwohl die Anwesenheit von Sack bei Canaris dort vermerkt ist. Trotzdem soll Stauffenberg bei seinem Anruf Canaris ohne Umschweife erklärt haben, der Führer sei durch eine Bombe getötet worden. Canaris, dem bekannt war, dass er abgehört wurde, soll geantwortet haben:

„Tot? Um Gottes willen, wer war es denn? Die Russen?“

Canaris hatte von seiner Dienststelle in Eiche sofort eine Wolfsschanze gesendet, in der er Hitler zur wundersamen Rettung beglückwünschte.

Der Chef des Amtes M (auch Amt Mil oder Militärisches Amt, Name der ehemaligen Abwehr im SD) Oberst Heinrich Müller seine Teilnahme am Umsturzversuch und nannte Canaris als „geistigen Treiber der Umsturzbewegung“. Am 23. Juli wurde Canaris beim Kaffeetrinken mit zwei Freunden von SD-Chef Schellenberg persönlich verhaftet. Die folgenden Einzelheiten der Festnahme sind nur durch Aussagen von Schellenberg überliefert. Canaris soll Schellenberg gebeten haben, ihm innerhalb von drei Tagen eine Unterredung mit Himmler zu verschaffen. Schellenberg soll ferner Canaris angeboten haben, eine Stunde im Wohnraum zu warten, worauf Canaris gesagt haben soll, er denke weder an Flucht, noch wolle er sich erschießen.

Canaris wurde zur Grenzpolizeischule in Fürstenberg gebracht. Dort befanden sich weitere 20 Offiziere, die von der Gestapo verdächtigt wurden, in das Attentat vom 20. Juli verwickelt gewesen zu sein. Die Ermittlungen wurden durch SS-Sturmbannführer Walter Huppenkothen und Kriminalkommissar Sonderegger geführt. Canaris wurde wenig später ins Gefängnis des RSHA überführt. Er wurde in einer eineinhalb mal zweieinhalb Meter großen Zelle untergebracht und hatte keinen Hofgang. Der Kontakt zu anderen Häftlingen war verboten. Nur morgens beim Duschen waren Gespräche möglich. Als Verpflegung gab es nur Hungerrationen; während andere Häftlinge Besuch und Esspakete bekamen, fehlte beides bei Canaris.

Hinrichtungsplatz im KZ Flossenbürg
Gedenktafel für die gehängten Widerstandskämpfer am Hinrichtungsplatz im KZ Flossenbürg
Gedenktafel im KZ Flossenbürg

Bei Vernehmungen sagte Brandenburg (Spezialeinheit), die Canaris unterstand, für Umsturzpläne vorgesehen war. Deren Kommandeur Generalmajor Alexander von Pfuhlstein bestätigte dies. Oster bezichtigte Canaris wenig später nach Vorlage der Aussage Pfuhlsteins der Mitwisserschaft für Umsturzpläne. Canaris bestätigte nur Gespräche über „Änderung der Kriegsführung“, er habe diesen theoretischen Gesprächen keinen Wert zugemessen. Auch bei einer Gegenüberstellung blieb Canaris bei seiner Linie.

Am 19. September wurde ein von Ernst Kaltenbrunner, dem Otto Thorbeck und dem Ankläger Walter Huppenkothen.

Oster bekannte sich vor dem SS-Standgericht zum Widerstand. Canaris hingegen bestritt alle Vorwürfe. Oster bestätigte auch bei einer Gegenüberstellung mit Canaris alle Vorwürfe. Nun antwortete Canaris auf die Frage, ob sein ehemaliger Stabschef lüge, mit Nein. Die Angeklagten, neben Canaris Ludwig Gehre, Hans Oster und Karl Sack, wurden zum Tode verurteilt. Canaris klopfte zur Nachbarzelle eine letzte Nachricht:

„Bei letzter Vernehmung Nase gebrochen. Meine Zeit ist um. War kein Landesverräter. Habe als Deutscher meine Pflicht getan. Sollten Sie weiterleben, grüßen Sie meine Frau.[21]

Canaris und vier weitere SS-Opfer mussten sich wenig später nackt ausziehen und wurden gehängt. Ein SS-Mann sagte später als Zeuge:

„Bei dem kleinen Admiral hat es sehr lange gedauert. Er ist ein paar Mal rauf und runter gezogen worden.[22]

Die Toten wurden im Krematorium verbrannt und deren Asche verstreut.

Der Vorsitzende des Standgerichts Otto Thorbeck und der Ankläger Walter Huppenkothen wurden nach dem Ende des NS-Regimes in der Mord angeklagt. Otto Thorbeck wurde vom Kriegsgericht zuständig, da es sich nicht um SS-Angehörige handelte. Nach Kriegsstrafverfahrensordnung war kein Standgericht möglich, da dieses nur für eben begangene Straftaten zuständig war, deren sofortige Aburteilung zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit der Truppe notwendig war. Ferner lagen noch die folgenden Verfahrensfehler vor: keine militärischen Richter, falscher Gerichtsort, keine Verteidiger, keine Bestätigung und Überprüfung der Urteile.

Haltung gegenüber Juden

Sein Biograf Höhne behauptet, dass Canaris in einer Atmosphäre eines gemäßigten Antisemitismus des Ruhr-Bürgertums und der Marine aufgewachsen beziehungsweise gelebt hat. Er glaubte offenbar an ein „Judenproblem“ im Deutschen Reich. Umstritten ist Canaris' Haltung gegenüber dem Judenstern erfunden zu haben. Die Gerechter unter den Völkern, weil er deren Rabbi Yosef Yitzchak Schneersohn im September 1939 und zahlreichen weiteren Juden zur Flucht verholfen habe.[23]

Rezeption der Gegenwart

Straßenschild der Canarisstraße in Dortmund-Aplerbeck

Aus heutiger Sicht war Canaris einer der wenigen Widerstandskämpfer gegen Hitler, deren Einordnung in die Geschichte noch Anfang des 21. Jahrhunderts umstritten ist. Die Einordnung Canaris' wird dadurch erschwert, dass praktisch keine eigenen schriftlichen Hinterlassenschaften vorliegen. Es gibt nur wenige persönliche Briefe und winzige Fragmente des Diensttagebuchs.

Direkt nach dem Krieg wurde er von rechten Kreisen vor allem als Verräter gesehen. Seine Frau Erika und Tochter Brigitte lebten deshalb lange in Spanien, um Anfeindungen zu entgehen. In konservativen Kreisen wurde ab den 1950er Jahren sein Widerstand gegen Hitler hervorgehoben. In eher linken Kreisen wurde der Blick auch auf seine Beteiligung am Prozess gegen die Mörder von Luxemburg und Liebknecht gelenkt. Seit der Biografie von Auszeichnungen


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